Der Autor: Werner Koczwara, Jahrgang 1957, ist seit 1983 auf den Kabarettbühnen der Republik zu Gast. 1989 wurde er mit dem »Salzburger Stier« ausgezeichnet, in den neunziger Jahren war er Chef-Autor für die ARD-Shows »Spott-light« und »Verstehen Sie Spaß« sowie für die »Harald-Schmidt-Show«. Sein Programm »Am achten Tag schuf Gott den Rechtsanwalt« ist ein Dauerbrenner und wurde bisher mehr als 500mal aufgeführt.
Man glaubt ja nicht, wie rasch einen die Realität bisweilen überholt. Der satirische Vorschlag »Ben Becker liest das BGB« erschien erstmals in der Hardcover-Ausgabe dieses Buches. Das war am I. März 2010. Circa sechs Monate später erschien im C.H.-Beck-Verlag eine Hör-CD: Das BGB. Gelesen von – nicht Ben Becker – aber Christoph Maria Herbst. Ohne einen einzigen witzigen Kommentar, nur Paragrafen vorgelesen. Sie sollten diese CD übrigens NICHT kaufen! Sie ist trostlos und 100 % humorfrei. Das war ja der Witz an meinem Vorschlag, Herrschaft nochmal! Das ist die gerechte Strafe für Ideenklau.
AG Frankfurt a. M., FVE ZiVR Nr. 218
LG Frankfurt a. M., NJW-RR 1987, 368
AG Düsseldorf, 19.1.1999, 38 C, 18499/97
LG München I, 23.4.1986, 31 S. 20927/85
AG Hamburg, RRa, 1994, 79
AG Düsseldorf, 48 C 13671/98
AG Frankfurt a. M. 30 C 4289/85–45
AG Frankfurt a. M. 30 C 1379786–45
LG Hamburg, NJW-RR, 1993, 1465: Null Prozent Minderung. Aber: AG Düsseldorf: 40 Prozent!
NJW, 1990, S. 2212
Gut, diese Zahl ist anfechtbar, denn ich habe sie persönlich zwischen dem dritten Weißwein und Mitternacht erfunden. Es handelt sich dabei aber um eine sozusagen gefühlte statistische Wahrheit, die voraussichtlich ihren Weg hinein in die offizielle Statistik finden wird. Derlei funktioniert durchaus. Gestatten Sie mir an dieser Stelle eine kleine Abschweifung.
Ich habe im Mai 2000 erstmals folgende Passage zitiert, auf die ich zufällig in einem Büchlein mit Minimalauflage gestoßen war: »Die Zehn Gebote haben 179 Wörter. Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung hat 300 Wörter. Und die EU-Verordnung über die Einfuhr von Karamellbonbons hat 23.911 Wörter.«
Soweit dieser Passus. Ich habe das irgendwann Jahre später recherchiert, mit folgendem Ergebnis: Weder haben die Zehn Gebote 179 Wörter (es sind 63), noch hat die amerikanische Unabhängigkeitserklärung 300 Wörter (es sind 1.322). Und die Karamellbonbonverordnung hat null Wörter, denn es gibt sie überhaupt nicht. Dennoch war nach der TV-Ausstrahlung meines Programms Folgendes zu beobachten: In – allein von mir – wahrgenommenen insgesamt drei Fernsehspielen und fünf Zeitungsartikeln tauchte diese Statistik auf. Sie kommt eben der allgemeinen Empfindlichkeit in Sachen EU schwer entgegen und wird daher als wahr empfunden.
NJW, 1983, 2456
Hessisches Landesarbeitsgericht vom 15. 11. 2006,5 5 Ca 475/05
Sozialgericht Koblenz vom 28. 5. 2008, S 11 AS 317/05
StVO § 47.2.2
Der Dialog soll übrigens noch weitergegangen sein. Die Dame rief: »Mister Churchill, Sie sind ja betrunken!« Und Churchill hierauf: »Und Sie sind hässlich. Aber ich bin morgen früh wieder nüchtern.«
NJW 1996, 2245
§ 1995/884
BGH GRUR 1961, 544f
OVG NRW, Bechluss vom 17.1.2002, 19 B 99/02
Hierzu habe ich leider keine Quelle. Mehrere Juristen haben mir gegenüber aber sehr glaubhaft versichert, dass dieses Urteil existiert.
Zitiert aus: Unternchtsblätter für die Bundeswehrverwaltung
BAT 2.2 Tod des Arbeitnehmers
Vergleiche Kapitel Juristische Höchstleistungen, Teil 4
Allerdings nur im angelsächsischen Recht. Deutsche Richter haben keinen Hammer.
DIE DREI MEISTGESTELLTEN FRAGEN an Kabarettisten nach der Vorstellung lauten:
In meinem Fall kommt regelmäßig noch eine vierte Frage hinzu: »Haben Sie Jura studiert?«
Die Antwort: Nein! Keinen Tag.
Was beim Schreiben aber sehr geholfen hat, war die Frage Nummer fünf:
»Ich hatte neulich ein sehr heiteres juristisches Erlebnis. Darf ich Ihnen mal was schicken?«
Die Antwort: Ja! Sehr gerne!
Wenn Sie also beim Projekt »Lachen über die Justiz« mitmachen möchten, hier die Adresse:
werner.koczwara@t-online.de
Und damit nun zu jenem Satz, mit dem ich seit Jahren jedes meiner Bühnenprogramme beende, und der nun auch dieses Buch beschließen soll:
So leise und verhalten möge dieser Beitrag nun sein wohlverdientes Ende finden. Und wenn es mir gelungen sein sollte, auch nur sieben Milliarden Menschen ein klein wenig nachdenklich gemacht zu haben, so soll es mir die Mühe wert gewesen sein.
EIN HERR IM ANZUG SITZT AUF EINER PARKBANK. Ein weiterer Herr im Anzug, der Räuber, setzt sich neben ihn.
RÄUBER: Schönen guten Tag, das ist ein Überfall.
MANN: Ein Überfall, so, so.
RÄUBER: Ein Überfall, genau. Wenn Sie mir bitte daher rasch Ihre gesamte Barschaft herüberreichen möchten.
MANN: Guter Mann, haben Sie da nicht etwas vergessen? Wo, bitte schön, ist denn Ihre Pistole?
RÄUBER: Hab ich hier in der Jackentasche, ehrlich.
MANN: Die würde ich dann ganz gerne mal sehen.
RÄUBER: Wozu? Könnte ja eine Attrappe sein.
MANN: Hmm. Da haben Sie natürlich irgendwo recht.
RÄUBER: Sehen Sie.
MANN: Moment. Sie können ja einfach mal so in die Luft feuern.
RÄUBER: Sicher. Könnte dann aber immer noch eine Schreckschusspistole sein.
MANN: Gut. Trotzdem würde ich jetzt ganz gern Ihre Pistole sehen.
RÄUBER: Warum?
MANN: Aus Prinzip.
RÄUBER: Sie glauben mir also nicht?
MANN: Die Pistole bitte.
RÄUBER: Hören Sie. Vor uns liegt eine größere finanzielle Transaktion. Ein bisschen Vertrauen schadet da nicht.
MANN: Trotzdem.
RÄUBER: Kommt überhaupt nicht in Frage. Wenn ich jetzt das Ding raushole, löst sich eventuell versehentlich ein Schuss und – bumms – sind Sie mausetot.
MANN: Mausetot?
RÄUBER: Das kann schon passieren. Sie sehen, dass ich Sie ohne Pistole überfalle, dient allein Ihrer Sicherheit.
MANN: Hmm. Das erste Argument, das mich einigermaßen überzeugt. Also, damit wir das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren: Das ist ein Überfall.
RÄUBER: So viel steht fest. Ich überfalle Sie gerade.
MANN: Und wie gehen wir weiter vor?
RÄUBER: Sie geben mir Ihr Bares, und der Vorfall ist erledigt.
MANN: Bargeld? Auf keinen Fall. Wenn Sie mir Ihre Pistole nicht zeigen, kann ich Ihnen maximal einen Scheck ausstellen.
RÄUBER: Kommt nicht infrage. Woher weiß ich denn, dass der gedeckt ist?
MANN: Ein bisschen Vertrauen in finanziellen Fragen … Sie wissen schon. Also, ich stelle Ihnen einen Scheck über, sagen wir … (will sich in die Jackeninnentasche greifen)
RÄUBER: Finger weg! Woher weiß ich denn, dass Sie keine Pistole da drin haben?
MANN: Ich habe keine Pistole.
RÄUBER: Das sagen Sie! Dann greifen Sie rein und – bumms – bin ICH mausetot!
MANN: Aha. Also, Sie wollen mich nicht ordentlich überfallen, und ich darf Ihnen keinen Scheck geben.
RÄUBER: Zu unserer eigenen Sicherheit. Genau.
MANN: Das ist jetzt irgendwie eine recht bizarre Situation. (kurze betretene Pause)
Also, so kommen wir nicht weiter. Jetzt sagen Sie mal ganz ehrlich: Haben Sie eine Pistole?
RÄUBER: Ganz ehrlich? Nein.
MANN: Sehen Sie. Jetzt haben wir wenigstens eine ehrliche Geschäftsgrundlage. Passen Sie auf, wir machen das so: Sie haben sich für diesen Überfall keine Pistole kaufen müssen, und diese Einsparung geben Sie an mich weiter.
RÄUBER: Und wie soll das funktionieren?
MANN: Einen Raub in Höhe von 1000 Euro krieg ich bei Ihnen für 800.
RÄUBER: Ich 800, Sie sparen 200 … Gut, hat jeder was davon.
MANN: Das Problem ist nur: Ich hab gerade nicht so viel dabei. Ich könnte allerdings heute Abend bei Ihnen daheim vorbeikommen und mich dort überfallen lassen.
RÄUBER: Nein. Die Kinder mögen es nicht, wenn ich zu
Hause arbeite. Wie sieht es bei Ihnen morgen aus?
MANN: Morgen? Hmm. Das Arbeitsessen mit Kowalski, dann die Besprechung um 14 Uhr, anschließend der Termin bei der Buchhaltung – nein, morgen ist es schlecht.
RÄUBER: Und wenn Sie mir das Geld einfach überweisen?
MANN: Wenn Sie mit eine Rechnung schicken?
RÄUBER: Kein Problem. Zahlbar binnen zehn Tagen.
MANN: Mit zwei Prozent Skonto! Das muss klar sein.
RÄUBER: Selbstverständlich!
MANN: Hand drauf?
RÄUBER: Ehrensache! Und ich darf doch hoffen, dass Sie mich weiterempfehlen?
MANN: Mit dem allergrößten Vergnügen. Leute wie Sie müssen doch unterstützt werden. Sonst geht’s in diesem Land bald zu wie in einer Räuberhöhle.
DIES IST EIN BUCH über deutsche Gesetze und Paragrafen. Also ein Thema, das wie kein anderes für große Unterhaltung und unbeschwertes Lachen steht.
Kein anderes Volk der Welt hat sich derart viel Ordnung ausgedacht. Wir sind Paragrafenweltmeister. Und wo viel Ordnung ist, ist zwangsläufig viel Komik.
Denken wir nur an den Hausmeister, der – mit der Hausordnung unterm Arm – auf Patrouille durchs Treppenhaus geht. Was für eine begnadete Witzfigur!
Die Hausordnung umfasst Tausende von Vorschriften. Wer sich der deutschen Ordnung unter dem Aspekt der schieren Komik nähert, stößt daher auf einen gigantischen Schatz. Eine Goldküste der Komik. Ein Pointen-Eldorado. Wir Deutschen, im Ruch der Humorlosigkeit stehend, sitzen auf einem Goldschatz an Humor, nämlich unserem Recht. Über viele lange Jahre hinweg ist dieser Schatz zusammengetragen worden, er muss nur gehoben werden!
AMERIKANISCHE WISSENSCHAFTLER haben festgestellt: In zwei Millionen Jahren gibt es auf der Erde nur noch zwei Lebensformen: Termiten und Rechtsanwälte. Termiten und Rechtsanwälte sind ganz einfach auseinanderzuhalten. Das eine sind diese enorm gefräßigen, nimmersatten Dinger, das andere so kleine weiße Ameisen.
Der Unterschied zwischen diesen beiden Spezies ist übrigens nicht sehr groß. Egal, welche der beiden uns befällt, anschließend ist immer das halbe Haus weg.
Worum also geht es?
Es geht im Großen um Anwälte und im Ganzen um die Justiz.
Für all jene, die davon nichts verstehen, hier ein kurzer juristischer Crashkurs:
Es gibt Polizisten, Richter, Gefängnisaufseher. Das sind die Guten. Und es gibt Diebe, Räuber, Betrüger. Das sind die Bösen.
Der Anwalt steht exakt zwischen diesen zwei Gruppen. Er unterscheidet nicht zwischen Gut und Böse. Das heißt, er steht auf einer Stufe mit dem Tier.
Das ist vielleicht ein bisschen derb formuliert, man kann es auch geschmeidiger ausdrücken:
Die Linie, die zwischen Gut und Böse steht,
das ist der Strich, auf den der Anwalt geht.
Ansonsten ist über diesen Berufsstand herzlich wenig bekannt, nur so viel kann als gesichert gelten: Der Anwalt ist Warmblüter und lebendgebärend. Durchaus menschliche Züge also, auch wenn’s in einem arabischen Sprichwort heißt: »Der Anwalt ist nur das Kamel, auf dem der Geschäftsmann durch die Wüste reitet.«
Der Anwalt ist heute notwendiger denn je. Man sieht’s ja schon daran: Wer im Leben alles falsch macht, der muss hohe Strafen zahlen. Wer hingegen im Leben alles richtig macht, der muss hohe Steuern zahlen. Und herauszufinden, was jetzt für den Einzelnen das bessere Modell ist, dabei helfen Anwälte.
Ich möchte daher zunächst mal mit einem verbreiteten Vorurteil aufräumen. Juristen sind gar nicht so. Juristen sind ganz normale Menschen. Es ist ja oft so: Man sieht irgendjemanden und sagt dann: »Guck mal, der da drüben, das ist mit Sicherheit ein Jurist.« Aber das ist völliger Quatsch. Es hat zum Beispiel mal ein Schwerverbrecher jahrelang direkt neben einem Juristen gewohnt, und der Schwerverbrecher hat später gesagt: Das war ein ganz normaler Nachbar, höflich, zuvorkommend; er habe nie und nimmer vermutet, dass das ein Jurist sei.
Also: Juristen sind ganz normale Zeitgenossen. Die wollen einfach zufrieden leben und alt werden. Der älteste lebende Jurist ist übrigens 104 Jahre alt. Respekt! Das ist so schon ein stolzes Alter. Aber in Menschenjahren sind das ja über 125! Wir wollen im Folgenden versuchen, dem edlen Berufsstand des Juristen etwas von seinem alten Glanz und seiner Würde zurückzugeben. Denn die Juristerei ist eine großartige Geistesdisziplin. Aber wo und wann hat der Spaß eigentlich angefangen?
Nun, genau weiß man’s nicht. Vielleicht schon bei den Frühmenschen. Wir erinnern uns: Unsere Vorfahren lebten in Höhlen und sahen alle ein bisschen aus wie der unrasierte Didi Hallervorden. Man hat übrigens auf Papua-Neuguinea einen Stamm Urjuristen entdeckt. Juristen, die seit Jahrhunderten völlig abgeschnitten von der Zivilisation sind. Hier trifft man Juristen in ihrer ursprünglichen, natürlichen Form: Sie tragen Roben aus Kuhhäuten und Krawatten aus Zedernrinde. Die gegnerische Partei jagen sie noch mit dem Speer. Die Sprache ist auf die juristischen Grunzlaute reduziert, also »Vorschuss«, »Fristverlängerung« und »Rechtsschutzversicherung«.
Der Urjurist steht bereits im Morgengrauen auf, studiert ein paar Holztafel-Schriftsätze und geht dann in den Wald, um Klienten zu fangen. Er hebt dazu eine Erdgrube aus und bedeckt sie mit losem Blattwerk. Deswegen nennt man Gesetzestexte ja bis heute noch »Loseblattsammlungen«. Fällt ein Klient hinunter, dann tritt der Anwalt aus dem Gebüsch und beschwatzt ihn mit losem Mundwerk. Also ein Ritual, das sich in ähnlicher Form ebenfalls bis heute gehalten hat. Dieses aktuelle deutsche Recht indes geht nicht zurück auf Papua-Neuguinea, sondern auf das Römische Reich.
Die alten Römer haben uns wunderbare Sachen gebracht, außer dem Recht übrigens auch die Unterhaltungsshows, Comedy im großen Rahmen. Im Colosseum gab es zwischen den Gladiatorenkämpfen immer Unterhaltungsblocks. Man hat ein paar Gehbehinderte mitsamt den Krücken in die Arena geworfen, und die Versuche dieser Krüppel, vor den Löwen davonzuhumpeln, fanden die Römer sensationell komisch. Das war der Beginn von Comedy. Und das ist keine schlechte Tradition! Denn wenn ich mir heute Comedy anschaue, dann frage ich mich immer öfter: Wann kommt endlich der Löwe?
Im Gedenken an diese schöne Tradition beschäftigen wir uns ein wenig mit Gesetzen und Paragrafen. Einige nennen das Juristerei, andere die größte Verschwendung menschlicher Intelligenz außerhalb einer Werbeagentur.
Betrachten wir das Recht zur besseren Orientierung einfach als eine Stadt.
Dementsprechend ist dann das Grundgesetz der Bahnhof, wo man ankommt.
Das Reiserecht ist das Vergnügungsviertel.
Das Strafrecht ist das Elendsviertel.
Das Kriegsrecht ist das Bankenviertel.
Und das Verwaltungsrecht ist der Friedhof.
Wir werden natürlich die ganze Stadt besichtigen, aber uns vorwiegend im Vergnügungs- und im Elendsviertel aufhalten.