Aus dem Leben des Schlosses zu Altenburg.

Von George Hesekiel.

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Altenburg, 1843.

Verlag von Julius Helbig.

Druck von Hochhausen und Stiebritz in Ronneburg.



Digitale Neufassung des altdeutschen Originals

von Gerik Chirlek

Reihe: Alte Reihe / Band 5

 

Technische Anmerkungen

Die vorliegende digitale Neufassung des altdeutschen Originals erfolgte im Hinblick auf eine möglichst komfortable Verwendbarkeit auf eBook Readern. Dabei wurde versucht, den Schreibstil des Verfassers möglichst unverändert zu übernehmen, um den Sprachgebrauch der damaligen Zeit zu erhalten. 

Vorrede.

Dem herzoglichen Residenzschloss zu Altenburg, dem ehrwürdigen Schauplatz alter und neuer, lieber und großer Erinnerungen.

 

Nimm diese Blätter, altes Fürstenhaus,

Die laut erzählen, was du mir vertraut

Aus jenen Zeiten, wo du Kaisern nütztest,

Das Unglück pflegtest und die Not beschütztest;

 

Wo kühne Fürsten mächtig hier geherrscht,

Die jedem Frevel ernst und streng abgewehrt,

Von Zeiten, wo dich Mutterangst durchzittert,

Und wo dich Luthers feurig Wort erschüttert;

 

Dann wie man deinen Herren dich entriss,

Und wie das Unrecht fast zu siegen schien,

Wie Kaiser betend hier in dir verweilten

Und drauf zum großen Völkerkampfe eilten;

  

Wie endlich Fürsten dich aufs Neu' beglückt,

Wie dich ein holder Schwesterkranz umblüht,

Wie dir die Zeiten rauschen unbekümmert,

Und du das End' erwartest unzertrümmert.

 

Gebäude sind Wesen, sie fühlen und reden, sie dulden und schweigen, gleich uns Menschen, nur mit anderen Sinnen; sie haben eine Jugend, eine kräftige Periode des Bestehens, und ein Alter; freilich aber sind die Phasen ihres Lebens von längerer Dauer, als die des Menschenalters.

Gebäude haben eine unsterbliche Seele; Beispiele erweisen es leicht – die Bastille ward von der Revolution getötet – die arme, milde Bastille büßte für die Verbrechen von vier Generationen, – sie ward getötet, aber ihr Geist lebt und schleicht als Gespenst umher durch die schmutzigen Straßen der Cité; er wandelt mit unhörbarem Schritt nach dem Faubourg St. Germain, um alte Bekannte zu sehen, oder doch deren Söhne; der alte französische Adel und die Bastille, sie waren einst beide heiter und guter Dinge, sie lachten und tranken Champagner, hatten ihre kleinen Vergnügungen, ihre Lettres de cachet, ihre Witze und ihre Schweizer, jetzt sind sie beide – Gespenster, – aber die Gespensterfurcht ist noch nicht ausgerottet, selbst in Paris nicht. Mit dem neuen Adel, von des Geldsacks Gnaden, an der Chaussee d'Antin hat die alte, noble Bastille nichts zu tun, dieser neue, pour ainsi dire, Adel wandelt höchstens Wechselschulden halber nach St. Pelagie; doch genug von der Bastille. Wie viel Schlösser aber gibt es, und wie viel Tempel, deren Leib zernichtet ist, deren Geist aber unsterblich fortlebt in der Geschichte?

Diese steinernen Gestaltungen, die der Zeitgeist mit gewaltiger Hand auf die Erde geschrieben, an denen er gelöscht, gekünstelt, die er verbessert und verbösert hat: was können sie alles mitteilen aus dem weiten Kreis ihrer Anschauungen, die ihnen Jahrhunderte, oft Jahrtausende gebracht haben?