Geek Girl
Paradiesvögel küsst man nicht
Aus dem Englischen
von Elvira Willems
Weitere Titel in dieser Reihe:
Geek Girl. Mode ist ein glitzernder Goldfisch
Geek Girl. Ein Kolibri auf dem Catwalk
Geek Girl. Hotdogs und High Heels
1. Auflage 2016
Text © Holly Smale 2015
© für die deutsche Ausgabe: ArenaVerlag GmbH, Würzburg 2016
Zuerst erschienen unter dem Titel »Geek Girl. Geek Drama« bei Harper
Collins Children’s Books, London 2015
Umschlag: nach einer Vorlage von Harper Collins Children’s Books 2015
Umschlagfotos: © Shutterstock/Syda Productions
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-401-80602-0
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Drama, das; -s, -men <Substantiv>
Herkunft:vom spätlateinischen drama bzw.griechischen drãma für Handlung, Geschehen
1. a) Bühnenstück;Trauer- und Lustspiel umfassende literarische Gattung
b) Schauspiel mit tragischem Ausgang
2. aufregendes, erschütterndes oder trauriges Ereignis
dramatisch <Adjektiv>
Herkunft: vom spätlateinischen dramaticos bzw. griechischen dramatikós
1. das Drama betreffend
2. a) aufregend, spannend
b) drastisch, einschneidend
1
Ich heiße Harriet Manners und ich bin eine Idiotin.
Ich weiß, dass ich eine Idiotin bin, weil …
1. eine Hälfte von mir in einer Abstellkammer mit Putzsachen steckt und die andere Hälfte nicht,
2. ich mich keine zwei Zentimeter bewegen kann – weder vor noch zurück,
3. ich mit den Füßen nicht mehr den Boden berühre,
4. das Regal, über das ich auf dieses Fensterbrett geklettert bin, vor mindestens vierzig Minuten zusammengebrochen ist,
5. ich immer wieder »Hilfe, hilfe, ich stecke fest« rufe, obwohl mich niemand hören kann.
Mein räumliches Vorstellungsvermögen ist eindeutig genauso schlecht, wie meine Tanzlehrerin nach der Vorführung im zehnten Schuljahr behauptete, nachdem ich bei einem begeistert, aber dilettantisch ausgeführten Cancan einer anderen Schülerin ins Gesicht getreten hatte.
Ich passe nicht durch dieses Fenster.
Definitiv nicht.
Dass ich überhaupt dachte, ich könnte hindurchpassen, ist, offen gestanden, schon ein Grund, sich ernsthaft Sorgen um mich zu machen.
Aktuelle Studien haben gezeigt, dass domestizierte Küken eine sehr feine Sensorik besitzen und die Fähigkeit zu denken, Schlussfolgerungen zu ziehen, Logik anzuwenden und im Voraus zu planen bei ihnen bereits weiter entwickelt ist als bei Kleinkindern.
Wie ich da also seit inzwischen fast 40 Minuten in dem halb offenen Fenster einer Abstellkammer bei Infinity Models feststecke, komme ich nicht umhin, darüber nachzudenken, dass bei meiner Entwicklung irgendetwas so richtig schiefgelaufen sein muss.
Es wirft kein gutes Licht auf den IQ eines fünfzehnjährigen Mädchens, wenn sie weniger gesunden Menschenverstand besitzt als frisch geschlüpftes Federvieh.
2
Na, wie auch immer, da es so aussieht, als würde ich noch ein Weilchen hier feststecken, kann ich euch ja auch erzählen, wie ich hierhergekommen bin, richtig?
Das interessiert euch bestimmt.
Ihr fragt euch, wie es dazu kommt, dass ein Mensch mit über 6.000 Tagen Lebenserfahrung und einem IQ von 135 in einem Loch feststeckt wie Pu der Bär nach einer besonders ausgedehnten Honigschleckerei?
Wundert mich nicht.
Ehrlich gesagt habe ich es selbst immer noch nicht so ganz kapiert.
Vor zwei Stunden war ich genau da, wo ich sein sollte: Ich wartete schweigend im Empfangsbereich von Infinity Models.
»Hallo«, sagte ich, als ich mich dem Empfangstresen näherte und dabei an den zu langen Ärmeln meines gestreiften Pullovers zog. »Ich bin Harriet Manners. Freut mich, Sie kennenzulernen. Ich bin zum Casting hier.«
Schweigen.
»Für Brink, die Zeitschrift.«
Das Schweigen hielt an.
»Ich bin … ähm … Model?« Ich räusperte mich. »Für Mode.« Dann streckte ich die Hand zur Begrüßung aus.
Ich bin erst seit drei Monaten in der Modeindustrie und das letzte Mal, als ich so etwas gemacht habe, dachte die Empfangsdame, ich wäre die Praktikantin. Bis jemand sie eines Besseren belehren konnte, hatte ich schon zwölf Tassen Kaffee und sechs Tassen Tee zubereitet und im Kopierraum den Boden geputzt.
Diese Dame hier schaute nicht mal zu mir auf.
»Setz dich einfach, ja?«, sagte sie und wies mit wedelnder Hand von sich weg. Die Spiegelung im Fenster hinter ihr verriet mir, dass sie gerade in einem sozialen Netzwerk unterwegs war.
»Oooooh«, sagte ich begeistert und beugte mich vor. »Haben Sie gewusst, dass diese Webseite 140 Milliarden Fotos enthält? Das sind vier Prozent aller Fotos, die jemals gemacht worden sind.«
Sie sah hoch und blickte mich finster an. »Bitte?«
»Und Sie haben deprimierend falsch geschrieben«, fügte ich hilfsbereit hinzu und zeigte auf ihr Status-Update. »Der Job hier ist echt deprimierend. Das schreibt man nur mit einem p. Sie haben zwei.«
Sie schloss rasch die Seite und starrte mich wütend an.
»Ich glaub, ich setz mich dann mal«, sagte ich mit rotem Kopf. Sie fixierte mich immer noch mit ihrem finsteren Blick. »Ich bin gleich hier drüben, falls Sie noch mal Hilfe brauchen.«
Vielleicht hätte ich meinen Vater doch nicht überreden sollen, mich allein zum Casting gehen zu lassen. Es sah aus, als könnte ich einen bewaffneten Bodyguard gebrauchen.
Schnell setzte ich mich zwischen eine sonnengebräunte Schönheit mit braunem kurzem Haar und eine Blondine mit unglaublich blasser Haut und tiefschwarzen Augenbrauen. Dann verschränkte ich die Hände, damit ja keiner sah, dass sie anfingen zu schwitzen.
Viel habe ich noch nicht über die Modewelt gelernt, aber ich weiß, dass man so tun muss, als gehörte man dazu, sonst kann jeden Augenblick einer kommen und kapieren, dass man nicht dazu gehört, und einen wieder rausschmeißen.
Also setzte ich mein strahlendstes Lächeln auf.
»Hallo«, sagte ich. »Ich bin Harriet Manners. Seid ihr auch wegen Brink hier?«
»Mhm.« Die Blonde musterte mich von oben bis unten. »Was trägst du denn?«
Verwirrt schaute ich an mir runter. Wie wörtlich sollte ich das beantworten?
»Einen gestreiften Pullover«, sagte ich ängstlich. »Und eine gestreifte Leggings.« Ich machte eine Pause. »Und Unterwäsche natürlich und Socken. Und grüne Turnschuhe.«
»Mhm«, meinte sie noch einmal.
Schnell, Harriet, wechsel das Thema.
»Bist du das?«, fragte ich und zeigte auf die Mappe, die die Braunhaarige auf ihren Knien liegen hatte. Sie war bei einem fantastischen Schwarz-Weiß-Foto eines sehr schönen Mädchens aufgeschlagen, das einen Bikini trug und eine riesige Katze um den Hals geschlungen hatte.
Sie hob ein wenig das Kinn. »Natürlich.«
»Katzen sind interessant, nicht wahr? Anscheinend ist das Gehirn einer Katze so groß wie das eines weißen Hais und ihre Kiefermuskulatur so stark wie die eines Komodowarans.«
Ja. Das ist die Art von Gesprächsdynamit, die dafür sorgt, dass beim Mittagessen in der Schule keiner mit mir am Tisch sitzen will.
Die Brünette sah mich an, doch dann flog eine Tür so plötzlich auf, dass ich vor meinem dritten »Mhm« bewahrt wurde.
»Baby Baby Koala!«, rief mein Agent Wilbur und öffnete die Arme so weit, dass er in seinem rosafarbenen, paillettenbesetzten Poncho irgendwie aussah wie eine Disco-Fledermaus. »Komm her und knuddel mich! Natürlich nicht wirklich – das hier ist Versace«, sagte er und zeigte auf sein Outfit, »und Knuddeln würde den ganzen Glanz zerknittern.«
»Hi, Wilbur«, murmelte ich, als er mich vom Sitz hochzog und mich im Kreis herumwirbelte, als wären wir bei einem Volkstanz.
»Munchkin, ich freue mich sehr, dass du hier bist. Dieser Fotograf ist desperatistisch, dich zu sehen.«
Ich wurde rot vor Überraschung. »Ehrlich?«
»Aber gewiss doch«, sagte er und hielt mich auf Armeslänge von sich weg. »Ab und zu lieben die einfach einen hübschen Rotschopf. Und, oh, mein heiliges Hühnchen-Einhorn, was trägst du da?«
Ich verzog das Gesicht.»Es war das Erste, was mir heute Morgen aus dem Kleiderschrank entgegenpurzelt ist. Tut mir leid.«
»Genial! Ich hab mich schon oft gefragt, wie ein menschliches Zebra aussehen würde, und jetzt weiß ich es!« Wilbur gab mir ein Luftküsschen. »In vier Minuten sind wir für dich bereit, Häschenkuchen. Offen gestanden können alle anderen jetzt nach Hause gehen.Brink ist absolut erpicht auf dich, mein kleiner Pfirsich-Drops. Der Auftrag ist so gut wie deiner.«
Und dann breitete mein Agent seine glitzernden rosafarbenen Flügel aus und verschwand mit so viel Getöse, wie er gekommen war.
Langsam drehte ich mich zu den Models um, die hinter mir saßen.
Irgendwo habe ich gelesen, dass Ameisen in einer Mikrowelle überleben, weil sie so klein sind, dass sie sich unter den tödlichen Strahlen wegducken können.
Den Mienen der anderen Models nach zu urteilen, hatte ich jetzt die Möglichkeit, mich in eine Ameise zu verwandeln oder mich langsam im Kreis zu drehen, bis ich am Ende explodierte.
»Ähm«, sagte ich nervös, und die wütenden Blicke wurden intensiver. »Kennt ihr Wilbur schon?«
»Er ist auch unser Agent«, antwortete das blonde Model zickig, »ob du’s glaubst oder nicht.«
»Aha. Okay.« Ich hustete und schaute verzweifelt zur Empfangsdame. »Gibt es hier … ähm … vielleicht irgendwo eine Toilette?«
»Die Treppe runter, am Ende des Korridors«, sagte die Empfangsdame und zeigte mit gesenkten Augenlidern in die entsprechende Richtung. »Korridor. Buchstabiert man K-OR-R-I-D-O-R.«
Ich wurde noch röter.
»Danke.«
Dann verschwand ich, so schnell mich meine Zebrabeine trugen, im Treppenhaus.
In vier Minuten kann eine Menge passieren.
In vier Minuten schlagen im Durchschnitt 14.000 Blitze auf die Erde ein, gibt es zwanzig Erdbeben und in den USA werden 218.949 Kilo Lebensmittel weggeschmissen.
Alle vier Minuten sterben rund um den Globus 418 Menschen.
Und es sah immer mehr danach aus, als würde ich, wenn ich hier bleiben würde, bald eine von ihnen sein.
3
Es reicht wohl, wenn ich sage, dass ich die Toilettentür hinter mir schloss.
In den nächsten vier Minuten habe ich dann Folgendes gemacht:
1. einen schmerzenden Pickel auf meiner Wange ausgedrückt,
2. mir den Angstschweiß von den Händen gewaschen,
3. begriffen, dass den Pickel mit verschwitzten Händen auszudrücken das Problem wahrscheinlich nur noch schlimmer gemacht hat,
4. im Spiegel Goldfischgrimassen geschnitten,
5. mir die Hände mit Toilettenpapier abgetrocknet, denn die Wissenschaft hat nachgewiesen, dass sich die Anzahl der Bakterien auf den Händen durch die Verwendung von Händetrocknern um 255 Prozent erhöht.
Schließlich versuchte ich meine wuscheligen Haare zu glätten, indem ich sie mir seitlich an den Kopf drückte, und sah auf meine Uhr. Dann machte ich mich gemächlich auf den Weg zurück in den Flur.
Wo ich abrupt stehen blieb.
Beide, das blonde und das braunhaarige Mädchen, lehnten im Korridor an der Wand.
»Ähm, hallo?«
»Wir sind früher zum Brink-Casting runtergeschickt worden«, sagte die Blonde, zuckte mit den Achseln und zeigte auf eine schwarze Tür am Fuß der Treppe. »Die Empfangsdame wollte ein privates Telefonat führen.«
Überrascht glotzte ich auf die Tür.
»Da unten?« Ich war in meinem ganzen Leben erst auf einer Handvoll Castings gewesen und die hatten alle in einem Hinterzimmer der Agentur oben stattgefunden. »Ehrlich?«
»Ach, du modelst wohl noch nicht lange, oder?« Die Brünette neigte den Kopf mitleidig zur Seite.
»N…nein«, gestand ich und merkte, dass meine Wangen schon wieder rot anliefen.Sugar Cookies, woher wusste sie das?
Die beiden lächelten.
»Also, Infinity reserviert seinen wichtigsten Kunden immer den Raum hier unten. Das ist der größte, er hat die beste Beleuchtung und ein gewisses … Wie nennt man das …?«
»Bouquet.« Die Blonde zupfte einen unsichtbaren Fussel von ihrer hautengen Jeans und schritt die Treppe hinunter. Die Brünette folgte ihr.
»Ja. Bouquet.«
»Oh.« Seht ihr? Das ist so etwas, was ich gewusst hätte, wenn ich die Empfangsdame nicht so schnell genervt hätte. »Danke, dass ihr mir Bescheid sagt.«
Ich ging die Treppe hinunter und stellte mich verlegen zu ihnen.
»Ähm«, sagte ich nach ein paar Sekunden noch verlegenerem Schweigen. »Tut mir wirklich leid, was Wilbur gesagt hat. Macht euch keine Sorgen, ich bin nicht besonders gut. Sobald die von Brink mich kennenlernen, ändern sie ihre Meinung und nehmen stattdessen eine von euch.«
Die Models zuckten nur mit den Achseln.
Ich strahlte sie an. »Dann können wir vielleicht noch mal ganz von vorn anfangen?«
Au ja, dachte ich, und dabei durchfuhr mich ein aufgeregter Schauer. Das ist es jetzt, dachte ich, ich freunde mich mit zwei wunderschönen Models an und gehöre von jetzt an zu ihrer Models-Clique! Wir sind unzertrennlich und bestehen fortan als Trio unsere Mode-Abenteuer – wie in Harry Potter, nur eben in der Modewelt.
Ich habe Sommersprossen und rotes Haar, also bin ich eindeutig Ron Weasley.
»Weißt du, was?« Die Blonde lachte.
Ich lachte mit. Das lief ja absolut fantastisch. Wir hatten schon unsere kleinen privaten Witze, auch wenn ich sie nicht ganz verstand. »Was?«
»Ich schätze, das ist der perfekte Ort, um ganz neu anzufangen. Du wirst so neu und sauber sein, du wirst gar nicht wissen, was du mit dir anfangen sollst.«
Und als ich an den Armen gepackt und in eine Abstellkammer voller Putzsachen geschubst wurde, war alles, was ich denken konnte: Einen Menschen, der alles glaubt, was man ihm sagt, nennt man blauäugig.
Trifft auf mich absolut zu.
4
Ich bin nicht nur in einer Abstellkammer eingesperrt, ohne funktionierende Glühbirne, ohne Handyempfang und mit dem intensiven Geruch eines ungepflegten Swimmingpools, sondern stecke auch noch in einem Fenster fest.
Nach ungefähr zwanzig Minuten war mir klar, dass ich kleine, beengte Räume nicht ausstehen kann und dass ich bei Weitem nicht so gelenkig oder sportlich bin, wie ich es gern wäre. Und dass es recht unwahrscheinlich war, dass jemand verzweifelt nach mir suchte.
Denn das passiert, wenn man andere Leute auf ihre Rechtschreibfehler aufmerksam macht: Sie verwenden nicht gerade viel Energie und Zeit darauf, einen wiederzusehen.
Das Positive daran ist, dass ich, während ich feststeckte, nicht vollkommen unproduktiv war. Ja, in den letzten vierzig Minuten habe ich:
1. im Staub auf dem Fensterbrett sechzehn Mal Drei gewinnt gespielt,
2. eine Taube auf der Straße studiert,
3. das Periodensystem rückwärts, vorwärts und von der Mitte nach außen aufgesagt,
4. meine Lieblingslieder aus mindestens sieben Disney-Filmen gesungen.
Ich überlege gerade, ob das achte Lied »Supercalifragilisticexpialigetisch« aus Mary Poppins oder »Ein Traum wird wahr« aus Aladdin sein soll, da höre ich, wie hinter mir die Tür geöffnet wird.
»Oh, Sugar Cookies sei Dank.« Ich atme erleichtert auf und wackel ein wenig mit den Zehen. »Tut mir leid, Wilbur. Ich bin eine leichtgläubige Idiotin.«
Zwei Hände packen mich behutsam um die Taille.
»Wissen Sie, was paradox ist?«, sage ich, als mein Jeansgürtel von dem Fensterrahmen gelöst wird, an dem er sich verhakt hat, und ich vorsichtig zu Boden gelassen werde.»Ich war noch nie in einem Raum, der so schmutzig ist, obwohl hier doch angeblich Putzsachen aufbewahrt werden.«
Ein warmes Lachen ertönt und meine Zehen hören augenblicklich auf zu wackeln.
Der heißeste Ort auf der Erde ist Furnace Creek im Death Valley: 1913 wurden dort 56,7 Grad Celsius beziehungsweise 134 Grad Fahrenheit gemessen. Das muss womöglich neu berechnet werden, denn im Augenblick stellen meine Wangen die kalifornische Wüste weit in den Schatten.
Ich drehe mich um und blicke in die dunklen, schräg stehenden Augen des schönsten Jungen, dem ich je begegnet bin.
Seine Haare sind schwarz und lockig, seine Haut hat die Farbe von Kaffee, seine Unterlippe ist ein bisschen zu dick und seine Nasenspitze zeigt wie eine Sprungschanze ein wenig nach oben. Ein Mundwinkel ist leicht nach oben gezogen. Wenn er lächelt, verändert sich sein Gesicht völlig, und es ist kein Geheimnis, dass bei diesem Lächeln alle dahinschmelzen wie Butter in der Sonne.
Von allen Menschen, von denen ich dabei erwischt werden wollte, wie ich mit dem Hintern halb in einem Fenster feststecke, steht der einzige Junge, den ich je geküsst habe, ziemlich weit unten auf der Liste.
Knapp vor den Leuten, die den Nobelpreis verleihen.
Nur für alle Fälle.
»Ähm, hallo, Nick«, sage ich cool und recke das Kinn so majestätisch wie möglich in die Luft.
Er duftet grün, selbst in einer Abstellkammer voller Putzund Bleichmittel.
»Hi, Harriet. Hast du gedacht, du hättest dich kürzlich in eine Katze verwandelt?«
Es ist dunkel hier drin, aber nicht dunkel genug: Ich kann immer noch sehen, dass seine Nasenspitze amüsiert zuckt.
»Natürlich nicht.« Ich versuche, das Kinn noch ein bisschen mehr zu recken. »Ich wollte nur … ähm …« Was?umfassenden