Marquis de Sade

Justine

oder Vom Missgeschick der Tugend

Marquis de Sade

Justine

oder Vom Missgeschick der Tugend

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019
3. Auflage, ISBN 978-3-943466-78-2

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Inhaltsverzeichnis

Au­tor - Le­ben und Werk

Ers­ter Band

I. Ka­pi­tel

II. Ka­pi­tel

III. Ka­pi­tel

IV. Ka­pi­tel

V. Ka­pi­tel

VI. Ka­pi­tel

Zwei­ter Band

Drit­ter Band

XII. Ka­pi­tel

XIII. Ka­pi­tel

XIV. Ka­pi­tel

XV. Ka­pi­tel

Vier­ter Band

XVI. Ka­pi­tel

XVII. Ka­pi­tel

XVIII. Ka­pi­tel

XIX. Ka­pi­tel

XX. Ka­pi­tel

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Autor - Leben und Werk

Do­na­ti­en-Alphon­se-François, Mar­quis de Sade (✳ 2. Juni 1740 in Pa­ris; † 2. De­zem­ber 1814 in Cha­ren­ton-Saint-Mau­ri­ce bei Pa­ris) war ein fran­zö­si­scher Ade­li­ger aus dem Haus Sade. Er wur­de be­kannt dank ei­ner Rei­he por­no­gra­fi­scher, kir­chen­feind­li­cher und phi­lo­so­phi­scher Ro­ma­ne, die er wäh­rend ver­schie­de­ner Ge­fäng­nis­auf­ent­hal­te schrieb. Sa­des Wer­ke be­ein­fluss­ten eine Rei­he von wich­ti­gen Be­we­gun­gen in Li­te­ra­tur und bil­den­der Kunst und nah­men Freuds Prin­zip von Eros und Tha­na­tos um mehr als ein Jahr­hun­dert vor­weg. Von Sa­des Na­men ist der Be­griff Sa­dis­mus ab­ge­lei­tet.

In »Die Ge­schich­te der Jus­ti­ne oder die Nach­tei­le der Tu­gend« ord­ne­te De Sade den ein­zel­nen Epi­so­den cha­rak­te­ris­ti­sche Tu­gen­den zu wie Scham­haf­tig­keit, Ehr­lich­keit, Grau­en vor Un­tat, Keusch­heit, Fröm­mig­keit, Mild­tä­tig­keit, Mit­leid, Vor­sicht, Güte und Wahr­heits­lie­be. Die han­deln­den Per­so­nen sind Cha­rak­ter­mas­ken des Bö­sen oder des Gu­ten.

Die sinn­fäl­li­ge Moral der Ge­schich­te ist die kon­se­quen­te Be­loh­nung der Ver­bre­cher für ihre Schand­ta­ten und die Ent­lar­vung der Un­na­tür­lich­keit des Gu­ten. Der ho­mo­se­xu­el­le Mut­ter­mör­der Bressac erbt ein Ver­mö­gen, der mör­de­ri­sche Chir­urg wird Leib­arzt des Schwe­den­kö­nigs, der Abt wird im An­schluss an sein or­gias­ti­sches Klos­ter­le­ben in Rom zum Or­dens­ge­ne­ral er­nannt. Der Falsch­mün­zer wird ver­mö­gend, die ver­dor­be­ne Schwes­ter Ju­li­et­te wird reich; Jus­ti­ne hin­ge­gen wird für ihre Tu­gend­haf­tig­keit von der Na­tur im Blitz aus­ge­löscht.

In dem Werk fin­den sich Ein­flüs­se aus dem Sys­te­me de la na­ture ou des loix du mon­de phy­si­que et du mon­de mo­ra­le des Paul Hen­ri Thi­ry d’Hol­bach und aus den Ques­ti­ons de Za­pa­ta von Vol­taire.

Der Au­tor, in des­sen Ro­ma­nen eine statt­li­che An­zahl von Schur­ken einen ge­ra­de­wegs missio­na­ri­schen Ei­fer an den Tag legt, die Welt mit ih­rer wol­lüs­ti­gen und per­ver­sen Wel­tauf­fas­sung und Ideo­lo­gie zu ver­der­ben, kam im rea­len Le­ben weit schlech­ter weg als sei­ne ima­gi­nären Ver­bre­cher­hel­den. Der wirt­schaft­li­che Er­folg sei­ner Schrift­stel­ler­kar­rie­re war ge­ring, statt­des­sen wur­de er we­gen der Ver­öf­fent­li­chung der »Jus­ti­ne« so­wie des nach­fol­gen­den Ro­mans mit dem Ti­tel »Ju­li­et­te« sei­ner Frei­heit be­raubt und in die Ir­ren­an­stalt ge­steckt. Auch dem Ver­le­ger der Erst­ver­öf­fent­li­chung des Ro­mans, Gi­rouard, ging es nicht bes­ser, er wur­de be­reits 1794 guil­lo­ti­niert.

Erster Band

I. Kapitel

Ein­lei­tung. – Jus­ti­nes ers­tes Aben­teu­er.

Es wäre die Haupt­auf­ga­be der Phi­lo­so­phie, die Mit­tel auf­zu­de­cken, de­ren sich das Schick­sal zur Er­rei­chung sei­ner Zwe­cke be­dient. Dann müss­te sie die­sem un­glück­se­li­gen zwei­fü­ßi­gen We­sen Ver­hal­tungs­maß­re­geln für sei­nen dor­nen­vol­len Le­bens­weg auf­zeich­nen, da­mit es nicht von den bi­zar­ren Lau­nen die­ses Schick­sals – das man bald Be­stim­mung, bald Gott oder Vor­se­hung, dann wie­der Zu­fall oder Vor­aus­be­stim­mung ge­nannt hat – ab­hän­gig sei.

So sehr wir auch durch­tränkt sind von ei­ner un­nüt­zen, lä­cher­li­chen und aber­gläu­bi­schen Ehr­furcht für un­se­re un­sin­ni­gen ge­sell­schaft­li­chen Ge­bräu­che, wird es doch vor­kom­men, dass Leu­te, die ent­we­der grund­sätz­lich oder aus Nei­gung oder aus Tem­pe­ra­ment las­ter­haft sind, glau­ben, dass es bes­ser ist, sich dem Las­ter hin­zu­ge­ben, als sich ihm zu wi­der­set­zen: Denn wie oft se­hen sie nicht, dass Bö­se­wich­te für ihre Mis­se­ta­ten nur sü­ßen Lohn ern­ten?

Wer­den sie nicht mit ei­ni­ger Be­rech­ti­gung sa­gen, dass die Tu­gend, so schön sie sein mag, der schlech­tes­te Teil ist, denn man er­grei­fen kann, wenn sie zu schwach ist, um ge­gen das Las­ter an­zu­kämp­fen und dass in ei­nem so ver­derb­tem Zeit­al­ter, wie das un­se­re ist, das Bes­te dar­in be­steht, so wie die an­de­ren zu han­deln? Bei mehr phi­lo­so­phi­scher Be­trach­tung könn­ten sie auch mit dem En­gel Zes­rad de Za­dig sa­gen, dass es nichts Bö­ses gibt, aus dem nicht Gu­tes ent­stün­de und dass sie sich dem­nach dem Bö­sen so viel hin­ge­ben könn­ten, wie sie woll­ten, da das in Wirk­lich­keit nur eine Form ist, Gu­tes zu tun? Wer­den sie nicht hin­zu­fü­gen, dass, wenn die Tu­gend vom Un­glück ver­folgt wird, das Las­ter ge­deiht und bei­des in den Ab­sich­ten der Na­tur liegt, es un­end­lich bes­ser ist, mit den Bö­se­wich­tern zu ge­hen, die be­güns­tigt sind, als mit den Tu­gend­haf­ten, die zu­grun­de ge­hen.

Um die­se An­schau­ung zu un­ter­stüt­zen – ein län­ge­res Ver­schlei­ern ist un­nütz – wol­len wir der Öf­fent­lich­keit die Ge­schich­te der tu­gend­haf­ten Jus­ti­ne be­rich­ten. Es han­delt sich dar­um, dass die Dumm­köp­fe end­lich auf­hö­ren, je­nes lä­cher­li­che Göt­zen­bild der Tu­gend an­zu­be­ten, das sie nur mit Un­dank­bar­keit be­lohnt und dass Leu­te mit Ver­stand sich umso si­che­rer füh­len, wenn sie die ver­blüf­fen­den Bei­spie­le von Glück und Wohl­fahrt se­hen, die das Las­ter und die Aus­schwei­fung fast mit un­um­stöß­li­cher Ge­wiss­heit be­glei­ten. Es ist zwei­fel­los pein­lich, ei­ner­seits die schreck­li­chen Un­glücks­fäl­le schil­dern zu müs­sen, von de­nen die sanf­te und emp­find­sa­me Frau über­häuft wird, die aufs Bes­te der Tu­gend ge­horcht und an­de­rer­seits zei­gen zu müs­sen, wie die Leu­te glück­lich sind, die die­se sel­be Frau quä­len und zu Tode het­zen. Aber der Schrift­stel­ler, der ge­nug Phi­lo­soph ist, um die Wahr­heit sa­gen zu kön­nen, steht über die­sen Unan­nehm­lich­kei­ten und durch die Not­wen­dig­keit zur Grau­sam­keit ge­zwun­gen, reißt er mit un­barm­her­zi­ger Hand die aber­gläu­bi­schen Hül­len her­ab, mit de­nen die Dumm­heit die Tu­gend ver­schö­nern will, und zeigt dem un­wis­sen­den Mann, den man be­trog, das Las­ter in­mit­ten der Rei­ze und Genüs­se, die ihm un­un­ter­bro­chen fol­gen.

Sol­che Emp­fin­dun­gen wer­den die­se Schrift lei­ten. Und aus die­sen Grün­den wer­den wir mit der zy­ni­sche­s­ten Spra­che, den un­sitt­lichs­ten und gott­lo­ses­ten Ide­en das Ver­bre­chen be­schrei­ben, wie es ist, das heißt, stets tri­um­phie­rend, im­mer zu­frie­den und be­glückt und die Tu­gend wird man glei­cher­wei­se im­mer un­glück­lich, be­küm­mert und ge­pei­nigt se­hen.

*

Ju­li­et­te und Jus­ti­ne, bei­de Töch­ter ei­nes sehr rei­chen Pa­ri­ser Ban­quiers, wur­den bis zu ih­rem vier­zehn­ten, be­zie­hungs­wei­se fünf­zehn­ten Le­bens­jahr in ei­nem der be­rühm­tes­ten Stif­te von Pa­ris er­zo­gen. Dort wur­de ih­nen kein Rat­schlag, kein Buch, kei­ne Un­ter­wei­sung vor­be­hal­ten, und so­wohl die Sitt­lich­keit, wie die Re­li­gi­on und die frei­en Be­ga­bun­gen schie­nen je­des der jun­gen Mäd­chen für sich aus­ge­bil­det zu ha­ben.

Zu die­ser für die Tu­gend der bei­den jun­gen Mäd­chen sehr be­droh­li­chen Zeit kam es, dass ih­nen ei­nes Ta­ges plötz­lich al­les fehl­te. Ein voll­stän­di­ger Ban­ke­rott brach­te ih­ren Va­ter in eine so pein­vol­le Lage, dass er an dem Kum­mer starb. Sei­ne Frau folg­te ihm ei­ni­ge Mo­na­te nach­her nach.

Zwei gleich­gül­ti­ge ent­fern­te Ver­wand­te be­rie­ten, was mit den jun­gen Wai­sen ge­sche­hen soll­te. Ihre Erb­schaft be­trug, da al­les von den Gläu­bi­gern ver­schlun­gen wor­den war, 100 Ta­ler für jede. Da sich nie­mand um sie wei­ter küm­mern woll­te, öff­ne­te man ih­nen die Pfor­ten des Klos­ters und ließ ih­nen die Wahl, zu wer­den, was sie woll­ten.

Die leb­haf­te, sehr hüb­sche, eit­le und ver­dor­be­ne äl­te­re Ju­li­et­te schi­en nur er­freut zu sein, nicht mehr in ei­nem Klos­ter ve­ge­tie­ren zu müs­sen, ohne an die Ur­sa­chen zu den­ken, wäh­rend die harm­lo­se­re, in­ter­essan­te­re, vier­zehn­jäh­ri­ge Jus­ti­ne, die von der Na­tur einen düs­te­ren und ro­man­ti­schen Cha­rak­ter er­hal­ten hat­te, mehr das Furcht­ba­re ih­res Ge­schickes emp­fand.

Die­ses jun­ge, so viel­sei­tig be­gab­te Mäd­chen be­saß die Schön­heit je­ner wun­der­vol­len Jung­frau­en Ra­phaels. Gro­ße brau­ne, see­len­vol­le Au­gen, eine wei­che, schmelzar­ti­ge Hand, eine zar­te und bieg­sa­me Tail­le, run­de und von der Lie­bes­göt­tin selbst ge­zeich­ne­te For­men, eine be­zau­bern­de Stim­me und ne­ben ei­nem ent­zücken­den Mun­de wa­ren die schöns­ten Haa­re der Welt ihr ei­gen, de­ren Rei­ze weit über dem stan­den, was die Fe­der leb­los be­schrei­ben kann.

Der Le­ser möge sich al­les vor­stel­len, was sei­ne Fan­ta­sie an Ver­füh­re­ri­schem sich an­deu­ten kann, und es wird hin­ter der Wirk­lich­keit zu­rück­blei­ben.

Man hat­te bei­den vier­und­zwan­zig Stun­den Frist zum Ver­las­sen des Stif­tes ge­ge­ben. Ju­li­et­te war be­müht, die Trä­nen Jus­ti­nens zu stil­len. Als sie ah, dass ihr das nicht ge­lang, be­gann sie, sie aus­zu­zan­ken, statt sie zu trös­ten. Sie warf ihr ihre Emp­find­lich­keit vor. Sie sag­te mit weit über ih­ren Jah­ren ste­hen­den Ge­dan­ken, dass man über nichts in die­ser Welt be­stürzt sein sol­le und dass man in sich ge­nug star­ke phy­si­sche Er­re­gun­gen fin­den könn­te, um sol­che An­grif­fe ab­zu­schla­gen. Dass die wah­re Klug­heit dar­in be­stän­de, die Zahl sei­ner Freu­den und nicht die sei­ner Lei­den zu ver­meh­ren. Mit ei­nem Wort, dass man nichts un­ter­las­sen dür­fe, um in sich jene nie­der­träch­ti­ge Emp­find­sam­keit zu er­tö­ten, aus der bloß die an­de­ren Nut­zen zö­gen, wäh­rend sie uns nur Sor­gen ein­trü­ge.

»Ich,« sag­te sie, in­dem sie sich vor den Au­gen ih­rer Schwes­ter auf ein Bett warf und die Rö­cke bis über den Na­bel em­por­hob, »so ma­che ich es, wenn ich Kum­mer habe. Ich kitz­le mich … ich ent­la­de und das trös­tet mich.«

Der an­stän­di­gen und tu­gend­haf­ten Jus­ti­ne war die­se Hand­lung ein Greu­el. Sie wand­te die Au­gen ab, und Ju­li­et­te fuhr fort, in­dem sie ihr hüb­sches, klei­nes Lö­chel­chen wei­ter rieb:

»Jus­ti­ne, du bist dumm. Du bist schö­ner als ich, trotz­dem wer­de ich im­mer die glück­li­che­re sein.« Nun fing die Hure an zu stöh­nen und ihre jun­ge Sa­men­flüs­sig­keit, die vor den ge­senk­ten Au­gen der Tu­gend aus­ge­spritzt wur­de, ließ die Trä­nen ver­sie­gen, die sie an­ders viel­leicht eben­so wie ihre Schwes­ter ver­gos­sen hät­te.

»Du bist toll, dass du dir Sor­gen machst,« fuhr die­ses wol­lüs­ti­ge Mäd­chen fort, in­dem sie sich ne­ben Jus­ti­ne setz­te. »Bei der Ge­stalt und dem Al­ter, das wir bei­de ha­ben, ist es un­mög­lich, dass wir vor Hun­ger um­kom­men.« Bei die­ser Ge­le­gen­heit mach­te sie sie auf die Toch­ter ei­ner ih­rer Nach­ba­rin­nen auf­merk­sam, die, nach­dem sie aus dem El­tern­haus ent­wi­chen war, heu­te mit glän­zen­den Mit­teln aus­ge­hal­ten wur­de und zwei­fel­los viel glück­li­cher war, wie wenn sie in dem Schoß der Fa­mi­lie ge­blie­ben wäre. »Man muss sich wohl hü­ten, zu glau­ben,« füg­te sie hin­zu, »dass die Hei­rat ein Mäd­chen glück­lich macht. Wenn sie ein­mal am Al­tar Hy­mens ge­fes­selt wur­de, hat sie ne­ben vie­len Unan­nehm­lich­kei­ten bloß eine sehr klei­ne Men­ge Ver­gnü­gen zu er­war­ten; wäh­rend sie, wenn sie sich dem frei­en Le­ben hin­gibt, sich im­mer vor den Ge­walt­tä­tig­kei­ten ih­res Lieb­ha­bers be­schüt­zen oder sich durch die große Zahl trös­ten kann.« Bei die­ser Rede schau­der­te Jus­ti­ne. »Eher wür­de ich den Tod vor­zie­hen,« sag­te sie und so­viel ihr auch ihre Schwes­ter vor­hal­ten moch­te, sie wei­ger­te sich hart­nä­ckig mit ihr zu­sam­men zu woh­nen, wenn sie sich ei­ner Le­bens­füh­rung zu­wen­den wür­de, die ihr ein Greu­el war.

So trenn­ten sich also die bei­den jun­gen Mäd­chen, ohne ein Wie­der­se­hen zu be­spre­chen. Hät­te Ju­li­et­te, die eine große Dame wer­den soll­te, ein klei­nes Mäd­chen emp­fan­gen sol­len, de­ren tu­gend­haf­te Nei­gun­gen ihr Schan­de ge­macht hät­ten; und an­de­rer­seits hät­te Jus­ti­ne sich in die Ge­fahr be­ge­ben sol­len, ihre Sit­ten durch die Ge­sell­schaft ei­nes per­ver­sen Gechöp­fes ver­der­ben zu la­sen, das sich der öf­fent­li­chen Lust in die Arme warf?

Wenn der Le­ser ge­stat­tet, ver­las­sen wir jetzt auf ei­ni­ge Zeit die­ses klei­ne wol­lüs­ti­ge Mäd­chen, da­mit wir aus­führ­lich die Le­bens­ge­schich­te un­se­rer keu­schen He­ro­i­ne er­zäh­len kön­nen.

Man kann leicht sa­gen: Es muss ein we­nig Tu­gend in der Welt ge­ben; und es ist für einen Bio­gra­fen1 viel an­ge­neh­mer, an dem Hel­den, den er be­schreibt, Züge von Rein­heit und Wohl­tä­tig­keit zu zei­gen, als den Geist un­un­ter­bro­chen auf Aus­schwei­fun­gen und Grau­sam­kei­ten rich­ten zu müs­sen, wie der es tun muss, der in der Fol­ge die­ses Wer­kes die sehr skan­da­lö­se und aus­schwei­fen­de Ge­schich­te der scham­lo­sen Ju­li­et­te aus­brei­tet.

Jus­ti­ne hat­te seit ih­rer Kind­heit eine müt­ter­li­che Freun­din an der Schnei­de­rin ih­rer Mut­ter und so glaub­te sie, dass sie auch jetzt für ihr Miss­ge­schick emp­fäng­lich sein wür­de. Sie such­te sie auf, teil­te ihr ihr Un­glück mit und ver­lang­te von ihr Ar­beit. Aber man woll­te sie kaum er­ken­nen und schick­te sie mit rau­en Wor­ten fort.

»Him­mel,« sag­te die­ses arme Ge­schöpf, »müs­sen schon die ers­ten Schrit­te, die ich in der Welt ma­che, von Kum­mer be­glei­tet sein! Die­se Frau lieb­te mich frü­her, warum stößt sie mich heu­te zu­rück? Ach! Ich bin ja jetzt eine Wai­se und arm, ich habe kei­ne Un­ter­stüt­zung mehr auf Er­den und man liebt nur Leu­te, von de­nen man hofft, An­nehm­lich­kei­ten zu emp­fan­gen.«

In Trä­nen ge­ba­det, wen­det sich Jus­ti­ne an ih­ren Beicht­va­ter und schil­dert ihm ihre Lage mit der Lei­den­schaft ih­res Al­ters. Sie war weiß ge­klei­det, ihre Haa­re wa­ren nach­läs­sig in ein großes Tuch ein­ge­schla­gen. Ihre zart ent­wi­ckel­te Brust blieb dem Auge des Lüst­lings durch einen dop­pel­ten Ga­ze­schlei­er ver­bor­gen. Ihr hüb­sches Ge­sicht war bleich durch die Auf­re­gung und Trä­nen stan­den ihr in den Au­gen, was ihr Ge­sicht noch in­ter­essan­ter mach­te. Man konn­te un­mög­lich schö­ner sein.

»Sie se­hen mich, mein Herr,« sag­te sie zu dem hei­li­gen Kir­chen­mann, »in ei­ner Lage, die für ein jun­ges Mäd­chen fürch­ter­lich ist. Ich habe Va­ter und Mut­ter ver­lo­ren. Der Him­mel hat sie mir in ei­nem Al­ter ent­führt, in­dem ich ihre Hil­fe am meis­ten be­nö­tigt hät­te. Sie sind als zu­grun­de ge­gan­ge­ne Leu­te ge­stor­ben. Ich be­sit­ze nichts mehr. Das ist al­les, was sie mir hin­ter­las­sen ha­ben,« fuhr sie fort, in­dem sie ihm 12 Louis zeig­te, »ich be­sit­ze kein Plätz­chen auf dem ich mein ar­mes Haupt aus­ru­hen könn­te. Sie wer­den mit mir Mit­leid ha­ben, nicht wahr? Sie sind ein Die­ner der Re­li­gi­on und die Re­li­gi­on ist der Schoß al­ler Tu­gen­den. Im Na­men Got­tes, den ich mit al­len Kräf­ten mei­ner See­le lie­be, im Na­men des höchs­ten We­sens, des­sen Werk­zeug Sie sind, sa­gen Sie mir als mein zwei­ter Va­ter, was ich tun soll, was ich wer­den soll?« Der barm­her­zi­ge Pries­ter er­wi­der­te dar­auf, in­dem er Jus­ti­ne durch sein Glas be­trach­te­te, dass die Pfar­re sehr über­las­tet wäre, so­dass es schwie­rig sei, neue Al­mo­sen von ihr zu er­hal­ten; aber wenn Jus­ti­ne ihn be­die­nen wol­le, wenn sie die gro­be Ar­beit ver­rich­ten wol­le, gäbe es im­mer ein Stück Brot für sie in sei­ner Kü­che. Und da der Got­tes­mann bei die­sen Wor­ten ihr sach­te die Rö­cke über ih­ren Popo zu­sam­men­ge­zo­gen hat­te, um sie bes­ser be­trach­ten zu kön­nen, stieß ihn Jus­ti­ne, die sei­ne Ab­sich­ten er­riet, zu­rück, in­dem sie sag­te:

»Mein Herr, ich ver­lan­ge we­der ein Al­mo­sen noch eine Stel­le als Die­ne­rin. Ich wünsch­te Ratschlä­ge, weil ich ih­rer bei mei­ner Ju­gend und mei­nem Un­glücke be­darf, aber Sie wol­len Sie mir zu teu­er er­kau­fen las­sen.« Der Die­ner Chris­ti, der sich schäm­te, durch­schaut zu sein, er­hob sich wü­tend. Er rief sei­ne Nich­te und sei­ne Magd: »Ja­gen Sie mir die­se klei­ne Schur­kin hin­aus,« rief er ih­nen zu, »Sie wer­den nicht er­ra­ten, was sie mir so­eben vor­schlug. So ver­dor­ben schon und noch so jung! Und das ei­nem Man­ne, wie ich es bin! … Hin­aus mit ihr, hin­aus oder ich las­se sie ver­haf­ten!« Und die Un­glück­li­che, Ver­sto­ße­ne und Be­schimpf­te sah sich ge­zwun­gen, ein klei­nes mö­blier­tes Zim­mer im fünf­ten Stock zu mie­ten, um ih­ren Trä­nen frei­en Lauf las­sen zu kön­nen. Sie be­zahl­te es im vor­aus und gab sich nun ganz ih­rem Kum­mer hin, der umso bit­te­rer war, als sie von Na­tur aus sehr emp­find­lich und ihr Stolz grau­sam be­lei­digt wor­den war.

Aber da­mit wa­ren für sie die Schick­sals­schlä­ge noch nicht zu Ende. Es gibt eine Un­men­ge von Ver­bre­chern in der Welt, die, statt über das Un­glück ei­nes an­stän­di­gen Mäd­chens, weich zu wer­den, nur da­nach trach­ten, sie wei­ter zu pei­ni­gen, um sie so bes­ser in der Ge­walt zu ha­ben. Aber von al­len Un­glücks­fäl­len fäl­len, die ihr am An­fang ih­rer Lauf­bahn zu­stie­ßen, wol­len wir nur den mit Du­bourg be­rich­ten, ei­nem der herz­lo­ses­ten und reichs­ten Leu­te der Haupt­stadt.

Die Frau, bei der Jus­ti­ne wohn­te, hat­te sie zu ihm ge­schickt, als zu je­man­dem, de­ren Ein­fluss und des­sen Reich­tum am ehe­s­ten die Grau­sam­keit ih­res Ge­schickes mil­dern könn­ten. Nach­dem sie lan­ge im Vor­zim­mer ge­war­tet hat­te, führ­te man sie end­lich hin­ein. Herr Du­bourg, ein di­cker, un­ter­setz­ter und gleich al­len Geld­leu­ten un­ver­schäm­ter Mann, stieg eben, mit ei­nem Mor­gen­ro­cke dürf­tig be­klei­det, aus dem Bett. Man woll­te ihn ge­ra­de fri­sie­ren. Er schick­te sei­ne Um­ge­bung hin­aus und wand­te sich zu dem jun­gen Mäd­chen: »Wo­mit kann ich Ih­nen die­nen, mein Kind?« frag­te er sie. »Mein Herr,« er­wi­der­te ihm un­se­re Klei­ne, ganz ver­wirrt, »ich bin eine arme Wai­se, kaum vier­zehn Jah­re alt und ken­ne schon alle Abar­ten des Miss­ge­schickes. Ich fle­he Ihr Mit­leid an. Hel­fen Sie mir, ich be­schwö­re Sie.« Und sie zähl­te mit Trä­nen in den Au­gen dem al­ten Ver­bre­cher alle Lei­den auf, von de­nen sie heim­ge­sucht war, wel­che Schwie­rig­kei­ten es habe, eine Stel­lung zu fin­den und wel­chen Ab­scheu sie von die­sen Stand habe, für den sie nicht ge­bo­ren sei. Sie schil­der­te die Furcht, die sie vor der Zu­kunft habe und stam­mel­te schließ­lich, dass sie hof­fe, ein so rei­cher und ver­eh­rungs­wür­di­ger Mann wie Herr Du­bourg wer­de ihr zwei­fel­los die Exis­tenz­mit­tel ver­schaf­fen.

Du­bourg hät­te man wäh­rend die­ser Rede ma­len müs­sen. Da er sich für das jun­ge Mäd­chen zu er­hit­zen be­gann, kit­zel­te er sich mit der einen Hand un­ter sei­nem Schlaf­rock, mit der an­de­ren rich­te­te er eine Lor­gnet­te auf die sich ihm dar­bie­ten­den Rei­ze. Wenn man ihn ge­nau be­ob­ach­te­te, konn­te man die Gra­de sei­ner Geil­heit an den Zu­ckun­gen der Ge­sichts­mus­keln wahr­neh­men, die im­mer statt­fan­den, wenn die pa­the­ti­schen Kla­gen Jus­ti­nens lau­ter oder schwä­cher wur­den.

Die­ser Du­bourg war ein aus­ge­mach­ter Lüst­ling, ein Lieb­ha­ber von klei­nen Mäd­chen, und hat­te in al­len Him­mels­rich­tun­gen Frau­en, die ihm sol­ches Wild zu­führ­ten. Da er nicht im­stan­de war, sich an ih­nen zu be­frie­di­gen, so rich­te­te er sein Au­gen­merk ge­wöhn­lich auf eine eben­so grau­sa­me wie selt­sa­me Lieb­ha­be­rei. Sei­ne ein­zi­ge Lei­den­schaft be­stand näm­lich dar­in, die Kin­der, die man ihm zu­führ­te, wei­nen zu se­hen. Und man muss sa­gen, nie­mand auf der Welt be­saß ein sol­ches Ta­lent, sie in die­sen Zu­stand zu brin­gen, wie er. Die­ser un­glück­se­li­ge Schuft hat­te so viel Bös­ar­tig­keit in sich, dass es un­mög­lich für ein jun­ges Mäd­chen war, sich vor sei­nen Aus­fäl­len zu schüt­zen. Die Trä­nen flos­sen dann reich­lich und der über­se­li­ge Du­bourg füg­te noch rasch ei­ni­ge ma­te­ri­el­le Schmer­zen zu den mo­ra­li­schen, die er eben her­vor­ge­ru­fen hat­te. Die Trä­nen ran­nen dann noch hef­ti­ger, wo­bei er ent­lud, in­dem er das Ge­sicht mit Küs­sen be­deck­te, das sei­ne Re­den un­ter Trä­nen ge­setzt hat­te:

»Sind Sie im­mer an­stän­dig ge­blie­ben?« frag­te Du­bourg und ging da­mit auf sein Ziel los. – »Ach, mein Herr,« er­wi­der­te Jus­ti­ne, »ich wäre nicht so arm und in so be­dräng­ter Lage, wenn ich es nicht im­mer ge­we­sen wäre.« – »Also un­ter wel­chem Vor­wand ver­lan­gen Sie, dass rei­che Leu­te Sie un­ter­stüt­zen, wenn Sie ih­nen kei­ner­lei Dienst er­wei­sen?« – »O, mein Herr, ich ver­lan­ge ja nach nichts Bes­se­rem, als ih­nen alle Diens­te er­wei­sen zu kön­nen, die die Schick­lich­keit und mei­ne Ju­gend mir ge­stat­ten.« – »Ich spre­che nicht da­von, dass Sie mir die­nen sol­len: dazu fehlt Ih­nen das Al­ter und die Ge­stalt. Ich spre­che da­von, dass Sie dem Ver­gnü­gen der Män­ner ent­ge­gen­kom­men sol­len. Jene Tu­gend, von der Sie so viel Auf­he­bens ma­chen, taugt in der Welt zu nichts. Man schätzt heut­zu­ta­ge nur das, mein Kind, was et­was ein­bringt oder was er­götzt. Und wel­chem Nut­zen oder wel­chen Ge­nuss kann uns die Tu­gend ei­ner Frau ein­brin­gen? Ihre Geil­heit ge­fällt und er­freut uns, aber ihre Keusch­heit lang­weilt uns. Wenn Leu­te mei­ner Art et­was hin­ge­ben, so ge­schieht es nur, um wie­der zu er­hal­ten. Und wie kann ein klei­nes, ziem­lich häss­li­ches und auch ziem­lich dum­mes Mäd­chen, wie Sie es sind, an­ders loh­nen, als dass sie sich ganz her­gibt? Also vor­wärts, hin­auf mit den Rö­cken, wenn Sie wol­len, dass ich Ih­nen Geld gebe.« Und Du­bourg streck­te sei­nen Arm aus, um Jus­ti­ne zwi­schen sei­ne Bei­ne zu zie­hen. Aber sie flüch­te­te nach rück­wärts, in­dem sie un­ter Trä­nen aus­rief: »O, mein Herr, es gibt also kei­ne Red­lich­keit und kei­ne Wohl­tä­tig­keit un­ter den Men­schen?«

»Bei Gott, sehr we­nig,« er­wi­der­te Du­bourg, des­sen gei­le Zu­ckun­gen an­ge­sichts der Trä­nen zu­nah­men. »Man ist von die­sem Wahn, sich an­de­re ohne Ge­gen­leis­tung zu ver­pflich­ten, ab­ge­kom­men. Man hat er­kannt, dass die Freu­de der Wohl­tä­tig­keit nur die Wol­lust des Stol­zes ist und man will jetzt tat­säch­li­che­re Genüs­se ha­ben. Der Ruf ei­nes li­be­ra­len, frei­ge­bi­gen Man­nes wiegt nicht, so glän­zend er im­mer sein mag, die kleins­te Sin­nes­lust auf.« – »Ah, mein Herr, bei sol­chen Grund­sät­zen muss also der Un­glück­li­che um­kom­men?« – »Was liegt dar­an! Es gibt mehr We­sen auf der Welt, als nö­tig sind.« – »So wäre es also bes­ser, wenn man uns in der Wie­ge er­würgt hät­te?« – »Si­cher­lich, das ist in vie­len Län­dern Brauch. Das war Sit­te bei den Grie­chen und ist es bei den Chi­ne­sen. Dort wer­den die un­glück­li­chen Kin­der aus­ge­setzt oder ge­tö­tet. Wozu Ge­schöp­fe, wie Sie es sind, le­ben las­sen, die, da sie nicht mehr auf Un­ter­stüt­zung sei­tens ih­rer El­tern rech­nen kön­nen oder weil sie kei­ne mehr ha­ben, bloß dem Staat zur Last fal­len? Ba­star­de, Wai­sen­kin­der, schlecht ver­sorg­te Kin­der müss­ten schon bei ih­rer Ge­burt zum Tode ver­ur­teilt wer­den. Die ers­ten und zwei­ten weil sie die Ge­sell­schaft be­schmut­zen und ihr ei­nes Ta­ges so­gar ver­häng­nis­voll wer­den kön­nen, und die lez­te­ren, weil sie ihr nie­mals nütz­lich wer­den kön­nen. Alle sind sie für die Ge­sell­schaft Aus­wüch­se, die sich von den ge­sun­den Glie­dern näh­ren, sie ent­kräf­ten und er­nied­ri­gen. Sie sind wie jene Pa­ra­si­ten, die sich an die ge­sun­den Pflan­zen an­hef­ten und ih­nen die Le­bens­säf­te her­aus­sau­gen. Das Al­mo­sen, das ei­nem sol­chen Ab­schaum Nah­rung zu­führt, und jene reich un­ter­stütz­ten Häu­ser, die man für sie ge­baut hat, sind ein schrei­en­der Miss­brauch. Wie wenn die Men­schen­art so sel­ten wäre! So wert­voll, dass mann sie selbst in ih­ren scheuß­lichs­ten Ver­tre­tern pfle­gen müss­te. Mit ei­nem Wort, wie wenn es nicht mehr Men­schen auf der Welt gäbe, als nö­tig ist und wie wenn es nicht für das Staats­le­ben und die Na­tur viel nö­ti­ger wäre, zu zer­stö­ren als zu er­hal­ten.«

Hier zeig­te ihr Du­bourg, in­dem er den Rock, der sei­ne Be­we­gun­gen ver­deck­te, aus­ein­an­der­schlug, dass sich sein klei­nes, schwar­zes, ver­trock­ne­tes Glied, das sei­ne Hand seit lan­gem be­ar­bei­te­te, zu re­gen be­gann. »Vor­wärts,« rief er jetzt in ro­hem Ton, »vor­wärts, hö­ren wir auf, wei­ter zu schwät­zen und be­kla­ge dich nicht län­ger über dein Schick­sal, wenn es in dei­ner Hand liegt, es zu ver­be­sern.« – »Aber um wel­chen Preis, ge­rech­ter Gott!« – »Um einen äu­ßerst mä­ßi­gen, da es sich nur dar­um han­delt, dass du die Rö­cke auf­hebst und mir zeigst, was un­ter ih­nen ist. Ein zwei­fel­los ma­ge­rer Kö­der, den du nicht so hoch schät­zen soll­test. Vor­wärts, ent­schei­de dich. Mir steht er. Ich will Fleisch se­hen. Man zei­ge mir so­fort wel­ches oder ich wer­de böse.« – »Aber, mein Herr …« – »Dum­mes Ge­schöpf, stumpf­sin­ni­ge Hure, glaubst du, dass ich mit dir mehr Um­stän­de ma­chen wer­de, wie mit den an­de­ren!« Da­bei er­hob er sich wü­tend, ver­rie­gel­te die Türe und sprang auf Jus­ti­ne, de­ren Trä­nen reich­lich flos­sen. Der Lüst­ling küsst sie ihr weg, er ver­schluckt die­se wert­vol­len Trä­nen. Dann schürzt er ihr selbst mit ei­ner Hand die Rö­cke auf, legt sie um ihre Arme, wäh­rend die an­de­re das zum ers­ten Male be­schmutzt, was die Na­tur sel­ten noch so vollen­det ge­schaf­fen hat.

»Ab­scheu­li­cher Mann!« schrie Jus­ti­ne, in­dem sie eine ver­zwei­fel­te Be­we­gung zu ent­schlüp­fen mach­te. »Grau­sa­mer Mann,« fuhr sie fort, in­dem sie die Türe auf­rie­gel­te und flüch­te­te, »möge der Him­mel dich ei­nes Ta­ges stra­fen, wie du es ver­dienst! Du bist we­der des Reich­tums wür­dig, von dem du einen so nie­der­träch­ti­gen Ge­brauch machst, noch der Luft, die du at­mest, um sie durch dei­ne Grau­sam­keit und dei­ne Ver­bre­chen zu ver­pes­ten.« Dann ging sie hin­aus.

So­bald die Un­glück­li­che nach Hau­se zu­rück­ge­kehrt war, wuss­te sie nichts Wich­ti­ge­res zu tun, als sich bei ih­rer Wir­tin über die Auf­nah­me zu be­kla­gen, die man ihr bei dem an­emp­foh­le­nen Man­ne hat­te zu­teil wer­den las­sen. Aber wir war sie er­staunt, als sie sich von die­ser Elen­den mit Vor­wür­fen über­häuft sah. »Arm­se­li­ges dum­me Ding,« sag­te sie ihr zor­nig, »glaubst du, dass die Män­ner so ver­rückt sind, klei­nen Bett­le­rin­nen, wie du es bist, Al­mo­sen zu ge­ben, ohne Vor­teil aus ih­rem Gel­de zu zie­hen? Herr Du­bourg hat noch zu gut an dir ge­han­delt. Der Teu­fel soll mich ho­len, wenn ich dich an sei­ner Stel­le hin­aus­ge­las­sen hät­te, ohne mich be­frie­digt zu ha­ben. Aber da du von der Hil­fe, die dir mein Wohl­tä­tig­keits­sinn an­bot, kei­nen Ge­brauch ma­chen willst, rich­te dich ein, wie es dir passt. Du bist mir Geld schul­dig: zah­le so­gleich oder du wan­derst mor­gen ins Ge­fäng­nis.« – »Ma­da­me, ha­ben Sie Mit­leid!« – »Ja, ja, Mit­leid. Mit Mit­leid kommt man vor Hun­ger um. Von 500 klei­nen Mäd­chen, die ich die­sem an­stän­di­gen Man­ne ver­schafft habe, bist du die ers­te, die mir einen sol­chen Streich ge­spielt hat. Wel­che Schan­de für mich. Die­ser so an­stän­di­ge Mann wird sa­gen, dass ich mei­nen Be­ruf nicht ver­ste­he und er hat recht. Vor­wärts, mein Fräu­lein, Sie müs­sen zu Herrn Du­bourg zu­rück­ge­hen. Sie müs­sen ihn zu­frie­den­stel­len, müs­sen mir Geld mit­brin­gen. Ich wer­de mit ihm spre­chen, ihn vor­be­rei­ten und ver­söh­nen, so­viel ich kann. Ich wer­de ihm Ihre Ent­schul­di­gung über­mit­teln, aber trach­ten Sie da­nach, sich das nächs­te­mal bes­ser zu be­tra­gen.«

Jus­ti­ne saß nun al­lein da und hing den trau­rigs­ten Ge­dan­ken nach. »Nein,« sag­te sie zu sich, »nein, ich wer­de ge­wiss nicht zu die­sem Lüst­ling zu­rück­ge­hen. Ich bin noch nicht al­ler Hilfs­quel­len be­raubt, ich be­sit­ze fast noch mein gan­zes Geld und das ge­nügt für lan­ge Zeit zum Le­ben. Ich wer­de viel­leicht bis da­hin we­ni­ger har­te, mit­lei­di­ge­re Her­zen fin­den.« In­dem sie die­se Wor­te vor sich hin­sprach, war ihr ers­ter Ge­dan­ke, ih­ren klei­nen Schatz zu zäh­len. Sie öff­ne­te die Schub­la­de …. »O! Him­mel! Er ist ge­stoh­len …« Es blieb ihr nur das, was sie in der Ta­sche hat­te, was kaum 6 Pfund wa­ren. »Ich bin ver­lo­ren,« rief sie aus. »Ah, ich sehe nur zu gut, wo­her der Streich kommt. Die­ses nie­der­träch­ti­ge Ge­schöpf will mich dazu zwin­gen, mich in den Schoß des Las­ters zu wer­fen. Aber ach,« fuhr sie un­ter Trä­nen fort, »bleibt mir noch ein an­de­res Mit­tel, da­mit ich mein Le­ben fris­ten kann? Und sind nicht in der pein­vol­len Lage, in der ich mich be­fin­de, je­ner Un­se­li­ge oder je­mand noch Bös­ar­ti­ge­rer die ein­zi­gen We­sen, von de­nen ich über­haupt Hil­fe er­war­ten kann?«

In ih­rer Verzweif­lung ging Jus­ti­ne zu ih­rer Wir­tin hin­ab. »Ma­da­me,« sag­te sie, »ich bin be­stoh­len. Bei Ih­nen ist mir die­ser böse Streich ge­sche­hen, aus ei­nem Mö­bel­stück, das Ih­nen ge­hört, ist die­ses Geld ge­raubt wor­den. Ach! Es war al­les, was ich be­saß. Es war der un­glück­se­li­ge Rest mei­ner vä­ter­li­chen Erb­schaft. Da ich die­ser schwa­chen Hil­fe be­raubt bin, bleibt mir nichts als der Tod. O, Ma­da­me, tö­ten Sie mich, ich be­schwö­re Sie.« – »Un­ver­schäm­te Klei­ne!« er­wi­der­te hef­tig Ma­da­me Des­ro­ches. »Ehe Sie mir sol­che Kla­gen vor­tra­gen, soll­ten Sie mein Haus bes­ser ken­nen; Sie müs­sen wis­sen, dass es bei der Po­li­zei in sehr gu­ten Ruf steht und dass ich Sie auf den blo­ßen Arg­wohn hin, den Sie ge­äu­ßert ha­ben, so­gleich be­stra­fen las­sen könn­te, wenn ich woll­te.« – »Arg­wohn, Ma­da­me? Ich habe kei­nen. Aus dem, was ich sage, spricht kein Ver­dacht, son­dern Kum­mer. O, Ma­da­me, was soll aus mir wer­den, nach­dem ich die­se ein­zi­ge Hilfs­quel­le ver­lo­ren habe?« – »Wer­det, was Ihr wollt, das geht mich nichts an. Es gäbe wohl Mit­tel, al­les wie­der gut zu ma­chen, aber Sie wol­len sie ja nicht be­nüt­zen.« – »Aber, Ma­da­me, ich kann die­nen,« er­wi­der­te die Un­glück­se­li­ge mit trä­nen­den Au­gen, »es ist doch nicht ge­sagt, dass dem Un­glück nur durch das Las­ter auf­ge­hol­fen wer­den kann.« – »O ja! Das ist heut­zu­ta­ge das bes­te. Was wol­len Sie im Dienst er­hal­ten? 10 Ta­ler im Jahr? Wol­len Sie da­von le­ben? O! glau­ben Sie mir, mei­ne Freun­din, auch die­je­ni­gen, die die­nen, sind ge­nö­tigt, zur Wol­lust Zuf­lucht zu neh­men, um sich er­hal­ten zu kön­nen. Ich lie­fe­re je­den Tag wel­che von der Art. Ich bin, wie ich wohl be­haup­ten kann, eine der bes­ten Kupp­le­rin­nen in Pa­ris. Es gibt kei­nen Tag, an wel­chem mir nicht 25 bis 30 Mäd­chen durch die Hän­de ge­hen. Das bringt mir auch et­was ein. Weiß Gott! Ich bin über­zeugt, dass kei­ne Frau mei­nes Stan­des so gute Ge­schäf­te macht, wie ich. Se­hen Sie,« fuhr sie fort, in­dem sie der Un­glück­li­chen 500 oder 600 Louis, für eben­so­viel Ju­we­len und den schöns­ten Wä­sche- und Klei­der­schrank zeig­te, nur der Wol­lust, vor der Sie so er­schre­cken, ver­dan­ke ich das. Teu­fel, es gibt heut­zu­ta­ge nur mehr die­sen Be­ruf. Glau­ben Sie mir, schla­gen Sie die­sen Weg ein. Und dann ist die­ser Du­bourg ein bra­ver Mann: »Er wird sie we­nigs­tens nicht ent­jung­fern. Er bringt sein Glied nicht mehr zum Ste­hen, wie wol­len Sie, dass er fickt? Ei­ni­ge schwa­che Schlä­ge auf den Popo und ein paar auf die Wan­gen. Und wenn Sie sich, gut bei ihm be­tra­gen, wer­de ich Sie mit an­de­ren Män­nern be­kannt ma­chen, die Sie, bei Ihrem Al­ter und Ihrem Wuchs, in den Stand set­zen wer­den, in Pa­ris in der Ka­ros­se her­um­zu­fah­ren.« – »Ich habe kei­ne so ho­hen Ab­sich­ten, Ma­da­me,« er­wi­der­te Jus­ti­ne, »ich will kein Ver­mö­gen be­sit­zen, na­ment­lich, wenn ich es um den Preis mei­ner Ehre er­kau­fen muss. Ich ver­lan­ge nur le­ben zu kön­nen; und ich bie­te dem, der mir das gibt, alle Diens­te an, die ich mit mei­nem Al­ter leis­ten kann, ab­ge­se­hen da­von, dass ich ihm auf­rich­tig dank­bar sein wer­de. Ach, Ma­da­me, da Sie so reich sind, füh­len Sie doch Mit­leid mit mir. Ich er­bit­te ja nicht, dass Sie mir eben­so­viel lei­hen, wie ich bei Ih­nen ver­lo­ren habe. Ge­ben Sie mir nur einen Louis, bis ich einen Platz ge­fun­den habe. Sei­en Sie ver­si­chert, ich wer­de ihn zu­rück­ge­ben, gleich von dem ers­ten Gel­de, das ich ver­die­nen wer­de.« – »Ich gebe dir kei­ne zwei Sous,« sag­te Ma­da­me Des­ro­ches, sehr er­freut, ihr Op­fer da zu se­hen, wo­hin ihre Nie­der­tracht es brin­gen woll­te, »nein, kei­ne zwei Sous. Ich bie­te dir das Mit­tel an zu ver­die­nen, be­nüt­ze es oder du kommst ins Ho­spi­tal. Herr Du­bourg ist ei­ner der Ver­wal­ter die­ses Hau­ses und es wird ihm leicht fal­len, dich hin­ein­ste­cken zu las­sen. Gu­ten Tag, mei­ne Freun­din,« fuhr die grau­sa­me Des­ro­ches zu ei­nem großen und hüb­schen Mäd­chen ge­wandt fort, die zwei­fel­los we­gen ei­nes Rat­schla­ges ge­kom­men war, »und dir, mei­ne Toch­ter, auf Wie­der­se­hen! Mor­gen Geld oder Ge­fäng­nis.« – »Nun, Ma­da­me,« sag­te wei­nend Jus­ti­ne, »su­chen Sie Herrn Du­bourg auf; ich will noch­mals zu ihm hin­ge­hen, ja, ich will hin­ge­hen, mein Un­glück ge­bie­tet es mir. Aber in­dem ich mich vor dem Schick­sal beu­ge, müs­sen Sie, Ma­da­me, dar­an den­ken, dass mir we­nigs­tens das Recht bleibt, Sie zu ver­ach­ten.« – »Un­ver­schäm­tes Ge­schöpf!« rief die Des­ro­ches aus, in­dem sie die Tür hin­ter ihr zu­warf, »du wür­dest ver­die­nen, dass ich mich in dei­ne An­ge­le­gen­hei­ten nicht län­ger ein­misch­te. Aber ich tue es ja nicht für dich, so sind mir auch dei­ne Ge­füh­le gleich­gül­tig.«

Es wäre ver­geb­lich, die qual­vol­le Nacht be­schrei­ben zu wol­len, die Jus­ti­ne ver­brach­te. Sie hat­te die Grund­sät­ze der Re­li­gi­on, der Scham und der Tu­gend so­zu­sa­gen mit der Mut­ter­milch auf­ge­so­gen und konn­te sich von ih­nen nicht ohne hef­ti­ge Kämp­fe tren­nen. Die trau­rigs­ten Ge­dan­ken schwirr­ten ihr durch den Kopf, als es hef­tig an der Türe klopf­te.

»Komm, Jus­ti­ne!« sag­te Ma­da­me Des­ro­ches kurz, »komm zum Früh­stück und dan­ke mir für mei­ne Bot­schaft. Ich habe Er­folg ge­habt. Herr Du­bourg ist in­fol­ge des Ver­spre­chens, das ich ihm be­züg­lich dei­ner Un­ter­wür­fig­keit ge­macht habe, be­reit, dich wie­der­zu­se­hen.« – »Aber, Ma­da­me …« – »Vor­wärts, sei nicht kin­disch. Die Cho­ko­la­de war­tet, fol­ge mir nach.« Jus­ti­ne stieg hin­un­ter und fand beim Früh­stück als drit­te Per­son eine sehr schö­ne, un­ge­fähr 28­jäh­ri­ge Frau. Die­se geist­vol­le, aber ver­derb­te und eben­so rei­che wie lie­bens­wür­di­ge Frau wird, wie wir bald se­hen wer­den, die­je­ni­ge sein, de­ren sich Du­bourg be­die­nen wird, um un­ser lie­bens­wür­di­ges Kind vollends um­zu­stim­men. Man früh­stück­te. »Sie ist ein rei­zen­des Mäd­chen,« sag­te Ma­da­me Del­mou­se, »ich be­glück­wün­sche den­je­ni­gen auf­rich­tig, der so glück­lich sein wird, sie zu be­sit­zen.« – »Sie sind sehr gut, Ma­da­me,« er­wi­der­te trau­rig Jus­ti­ne. – »Nun, nun, mein Herz­chen, er­rö­ten Sie nicht so. Die Scham ist eine Kin­de­rei, die man sorg­fäl­tig ent­fer­nen muss, so­bald man das ver­nünf­ti­ge Al­ter er­reicht hat.« – »O! Ich bit­te Sie, Ma­da­me,« sag­te die Des­ro­ches, »bil­den Sie die­ses klei­ne Mäd­chen ein we­nig aus. Sie glaubt sich ver­kauft und ver­ra­ten, weil ich sie ei­nem Man­ne ver­spro­chen habe.« – »Ah, gu­ter Gott! wel­che Ver­ir­rung,« fuhr Ma­da­me Del­mou­se fort, »statt sich ge­gen die­sen Gang zu sträu­ben, müs­sen Sie im Ge­gen­teil eine un­end­li­che Dank­bar­keit für die fas­sen, die Sie dazu ein­la­det. Welch falscher Ge­dan­ken­gang, teu­res Mäd­chen. Neh­men Sie doch Ver­nunft an. Wie kön­nen Sie glau­ben, dass sich ein jun­ges Mäd­chen et­was ver­gibt, wenn sie sich dem hin­gibt, der sie be­gehrt. So­bald sich die Lei­den­schaf­ten in Ih­rer See­le ent­zün­den wer­den, wer­den Sie ein­se­hen, dass es für uns un­mög­lich ist, so zu le­ben. Wie will man, dass eine Frau, die im­mer der Ver­füh­rung aus­ge­setzt ist, dem Zau­ber des Ge­nus­ses, der sich im­mer ih­ren Sin­nen dar­bie­tet, wi­der­ste­hen soll? Und wie kann man ein Ver­bre­chen dar­aus ma­chen, wenn sie un­ter­liegt, wenn al­les, was sie um­gibt, Blu­men über den Ab­grund streut, und sie ein­la­det, sich hin­ein­zu­stür­zen? Täu­schen Sie sich nicht, Jus­ti­ne, nicht die Tu­gend ver­langt man von uns, son­dern ihre Mas­ke, und wenn wir nur heu­cheln kön­nen, mehr ver­langt man nicht von uns. Nicht das Op­fer, das man mit sei­nen Sin­nen der Tu­gend bringt, macht glück­lich, was zum wah­ren Glück führt, ist nur der An­schein je­ner Tu­gend, zu der die lä­cher­li­chen Vor­ur­tei­le des Man­nes un­ser Ge­schlecht ver­dammt ha­ben. Ich könn­te mich dir als Bei­spiel vor­füh­ren, Jus­ti­ne. Ich bin seit 14 Jah­ren ver­hei­ra­tet. Nie­mals noch habe ich das Ver­trau­en mei­nes Gat­ten ver­lo­ren. Er wür­de mei­ne An­stän­dig­keit und mei­ne Tu­gend bei sei­nem Le­ben be­ei­den. Und doch gibt es in ganz Pa­ris kei­ne ver­derb­te­re Frau, wie ich es bin. Es ver­geht kein Tag, an dem ich mich nicht 7–8 Män­nern und ge­wöhn­lich drei­en gleich­zei­tig, hin­ge­be. Es gibt kei­ne Kupp­le­rin, die mich nicht be­die­nen wür­de, kei­nen hüb­schen Mann, der mich nicht ge­habt hät­te: Und mein Gat­te wür­de dir auf Wunsch schwö­ren, dass Ves­ta we­ni­ger rein war, wie ich. Die voll­kom­mens­te Geis­tes­ge­gen­wart, die vollen­dets­te Heu­che­lei, viel Kunst­fer­tig­keit und Falsch­heit, das sind die Mit­tel, die mir hel­fen, das ist die Mas­ke, die mir die Klug­heit auf die Stir­ne drückt. Und ich tue das je­der­mann ge­gen­über. Ich bin eine Hure wie Mes­sa­li­ne, man glaubt mich keusch wie Lu­cre­tia; ein Frei­geist wie Va­ni­ni; man hält mich für fromm wie die hei­li­ge The­re­se; ich bin falsch wie Ti­be­ri­us; man hält mich für auf­rich­tig wie So­kra­tes; lei­den­schafts­los wie Dio­ge­nes: und Api­ci­us war tem­pe­ra­ment­vol­ler wie ich. Ich bete mit ei­nem Wort alle Las­ter an und has­se jede Tu­gend. Aber wenn Du mei­nen Gat­ten oder mei­ne Fa­mi­lie be­fra­gen wür­dest, wür­de man Dir sa­gen: Die Del­mou­se ist ein En­gel. Aber ich sehe, es ist die Pro­sti­tu­ti­on, die Dir Angst ein­jagt; nun so wol­len wir ihre Ge­fähr­lich­keit nach je­der Rich­tung hin prü­fen.

Fügt sich ein jun­ges Mäd­chen selbst Scha­den zu, wenn sie der Wol­lust lebt? Zwei­fel­los nein; denn sie folgt nur den sü­ßes­ten Re­gun­gen der Na­tur, die nicht da sein wür­den, wenn sie ihr scha­den könn­ten. Hat sie denn nicht in jede Frau den Wunsch hin­ein­ge­legt, sich je­dem Man­ne hin­zu­ge­ben, und gibt es eine ein­zi­ge Frau, die be­haup­ten kann, sie habe nicht das Be­dürf­nis, zu fi­cken, wie sie das Be­dürf­nis zu es­sen oder zu trin­ken hat? Nun so fra­ge ich Dich, Jus­ti­ne, wie hat die Na­tur ein Ver­bre­chen dar­aus ma­chen kön­nen, wenn eine Frau den Wün­schen nach­gibt, die den er­he­bends­ten Teil ih­rer Exis­tenz bil­den. Be­trach­ten wir aber das aus­schwei­fen­de Le­ben ei­nes We­sens in Be­zug auf die Ge­sell­schaft, so glau­be ich, dass es schwer­lich für das an­de­re Ge­schlecht eine Hand­lung gibt, die ihm an­ge­neh­mer ist, als wenn eine Frau sich hin­gibt. Und wo käme die­ses Ge­schlecht hin, wenn sich alle wei­gern wür­den, sei­nen Be­gier­den nach­zu­kom­men. Da die Män­ner ge­zwun­gen wä­ren, sich zu kit­zeln oder ein­an­der von hin­ten zu, be­ar­bei­ten, wür­den sie ganz auf den Ver­kehr mit uns ver­zich­ten. Die Ehe kann da nichts nüt­zen; denn Du wirst mir zu­ge­ste­hen: Es ist für einen Mann eben­so un­mög­lich, sich auf eine Frau zu be­schrän­ken, wie um­ge­kehrt. Glau­be mir, Jus­ti­ne, glau­be je­man­dem, der Er­fah­rung hat und sei über­zeugt, dass ein jun­ges Mäd­chen nichts Bes­se­res tun kann, als sich Al­len hin­zu­ge­ben, die sie be­geh­ren, wo­bei sie aber, wie ge­sagt, die äus­ser­li­che Sitt­sam­keit be­wah­ren muss. Du hast ges­tern der bra­ven und ehr­li­chen Des­ro­ches ge­zürnt, weil sie an Dir In­ter­es­se hat­te. Nun, mei­ne arme Jus­ti­ne, was wür­den wir ohne die­se dienst­ba­ren Geis­ter tun? Müs­sen wir ih­nen nicht zu Dank ver­pflich­tet sein für die Mühe, die sie sich mit un­se­rer Wohl­fahrt ge­ben? Gibt es einen Be­ruf, den man mehr ach­ten muss? Ist nicht die­ses Ta­lent das kost­bars­te, für die Ge­sell­schaft wert­volls­te? Und die barm­her­zi­gen Men­schen, die die­se Be­schäf­ti­gung ha­ben, müss­ten ge­ehrt und be­lohnt wer­den.«

»Sie sind sehr lie­bens­wür­dig, Ma­da­me,« sag­te die Des­ro­ches, die vor Freu­de strahl­te, dass man ihre Par­tei er­griff.

»Nein, nein, ich spre­che so, wie ich den­ke,« er­wi­der­te die Del­mou­se, »und nach­dem ich den Be­ruf im All­ge­mei­nen ge­prie­sen habe, muss ich Jus­ti­ne im be­son­de­ren be­glück­wün­schen, dass sie Ih­nen be­geg­net ist. Möge sie sich blind­lings Ihren Ratschlä­gen, Ma­da­me, an­ver­trau­en; möge sie bloß Ih­nen fol­gen und ich bür­ge da­für, dass sie bin­nen kur­z­em die höchs­ten Le­bens­freu­den und die Vor­tei­le ei­nes großen Ver­mö­gens ge­nie­ßen wird.«

Die­ses Ge­spräch war kaum be­en­det, als es an der Tür klopf­te. »Ah,« sag­te Ma­da­me Des­ro­ches, die öff­ne­te, »das ist der jun­ge Mann, den Du von mir ver­langt hast, Del­mou­se.« Und als­bald trat ein pracht­vol­ler, fünf Fuß zehn Zoll ho­her Mann her­ein, der stark wie Her­ku­les und schön wie Amor aus­sah. »Er ist ent­zückend,« sag­te un­se­re Le­be­da­me, in­dem sie ihn be­trach­te­te, »es han­delt sich jetzt bloß dar­um, ob er auch so viel kann, wie sei­ne Fi­gur ver­spricht. Schon seit lan­gem habe ich nicht sol­che Lust zum Fi­cken ge­habt wie heu­te. Sieh mei­ne Au­gen an, Des­ro­ches, wie feu­rig sie sind. Ah, Him­mel;« fuhr die Hure fort, in­dem sie den jun­gen Mann hef­tig küss­te, »ich kann mich nicht mehr hal­ten.« – »Das hät­test Du mir frü­her sa­gen müs­sen,« sag­te die Des­ro­ches, »dann hät­te ich Dir drei oder vier sol­che Leu­te ver­schafft.« – »Ver­su­chen wir erst den da,« und die Scham­lo­se leg­te einen Arm um den jun­gen Mann, den sie in ih­rem Le­ben noch nicht ge­se­hen hat­te, mit dem an­de­ren knöpft sie ihm sei­ne Hose auf ohne sich ir­gend­wie zu schä­men. »Ma­da­me,« sag­te Jus­ti­ne pur­pur­rot, »ge­stat­ten Sie, dass ich hin­aus­ge­he.« – »Nein, bei Gott nein,« sag­te die Del­mou­se, »nein; Des­ro­ches sa­gen Sie ihr, dass sie blei­ben soll. Ich möch­te ihr gleich prak­ti­schen Un­ter­richt er­tei­len, nach­dem ich ihr theo­re­ti­schen schon ge­ge­ben habe. Ich möch­te, dass sie Zeu­ge mei­ner Ver­gnü­gen sei, und auch Du, Des­ro­ches, bist mir so­gar not­wen­dig; denn du weißt, mei­ne Gute, dass die Ein­füh­rung des männ­li­chen Glie­des mir nur dann an­ge­nehm ist, wenn sie durch Dei­ne Hän­de ge­schieht. Du kit­zelts mich au­ßer­dem so gut, wenn ich fi­cke, und trägst so viel Sor­ge für mei­nen Popo und mei­ne Schei­de! Vor­wärts, vor­wärts, Du Hure, be­gin­nen wir. Jus­ti­ne, set­zen Sie sich hier vor mich hin und wen­den Sie kei­nen Au­gen­blick den Blick ab.« – »O, wel­che Fol­ter, Ma­da­me,« rief die Arme wei­nend aus, »las­sen Sie mich hin­aus­ge­hen, ich be­schwö­re Sie, und glau­ben Sie, dass der An­blick der Greu­el, die Sie be­ge­hen wer­den, in mir im­mer nur Ab­scheu her­vor­ru­fen wird.« Aber die schon ganz auf­ge­lös­te Del­mou­se wi­der­setz­te sich hef­tig, dass Jus­ti­ne hin­aus­ge­he und bald be­gann das Schau­spiel.

Alle Ein­zel­hei­ten der wei­test­ge­hen­den Aus­schwei­fung wur­den vor den Au­gen un­se­res ver­schäm­ten Kin­des aus­ge­brei­tet. An Stel­le der Des­ro­ches wur­de es ge­zwun­gen, das un­ge­heu­re Glied des jun­gen Man­nes zu er­grei­fen und es in die Schei­de der Del­mou­se ein­zu­füh­ren. So bringt sie der kräf­ti­ge Ath­let fünf­mal hin­ter­ein­an­der zum Ent­la­den, wäh­rend die Del­mou­se un­ge­heu­res Ver­gnü­gen an dem Ab­scheu Jus­ti­nes fin­det.

»Don­ner­wet­ter,« sag­te die Mes­sa­li­ne, als sie sich wie eine Bac­chan­tin er­hob, »welch Ver­gnü­gen habe ich ge­habt! Weißt du, Des­ro­ches, was ich jetzt ger­ne se­hen wür­de? Ich möch­te jetzt dies klei­ne Mu­schel­chen von dem un­ge­heu­ren Glied, das mich be­ar­bei­te­te, ent­jung­fern las­sen. Was sagst Du dazu?« – »Nein, nein,« er­wi­der­te die­se, »wir wür­den sie tö­ten und ich hät­te nichts an ihr ver­dient.« Wäh­rend des­sen ge­wan­nen un­se­re bei­den Käm­pen wie­der Kräf­te. Die Del­mou­se leg­te sich wie­der hin und Jus­ti­ne wur­de wie­der zu ih­rer Ar­beit be­auf­tragt. Man muss­te es se­hen, mit wel­chem Ab­scheu, wel­cher Mühe sie ih­ren Auf­trag voll­zog. Dies­mal woll­te die Hure, dass sie ihr in der Schei­de kitz­le. Die Des­ro­ches führ­te ihr die Hand, aber sie er­wies sich als zu lin­kisch für die ra­sen­de Del­mou­se. »Hilf mir, hilf mir, Des­ro­ches,« rief sie aus, »ich sehe, dass ein Ver­füh­ren nur dem Ver­stan­de und nicht dem Kör­per an­ge­nehm ist. Na­ment­lich nicht mir, die zehn Hän­de wie die der Sapp­ho und zehn Glie­der wie die des Her­ku­les nicht er­mü­den wür­den!« – Auch die­se zwei­te Sit­zung schloss mit reich­li­chen Op­fern für Ve­nus. Del­mou­se rich­te­te sich wie­der auf, ihr Rei­ter ging hin­aus und die Des­ro­ches ent­schul­dig­te sich, in­dem sie ein Män­tel­chen um­häng­te, dass eine Verab­re­dung mit Du­bourg sie län­ger zu blei­ben hin­der­te. »Des­ro­ches,« sag­te Ma­da­me Del­mou­se nach ei­ni­gem Nach­den­ken, »je mehr ich be­ar­bei­tet wer­de, de­sto wil­der wer­de ich. Las­se mich zu Du­bourg mit­ge­hen. Ich seh­ne mich au­ßer­or­dent­lich da­nach, zu se­hen, was die­ser alte Schuft er­fin­den wird, um sich an die­sem klei­nen Mäd­chen wie­der zu be­le­ben. Vi­el­leicht kann ich ihm hel­fen. Oft zie­hen ja die­se al­ten Ver­bre­cher mich vor, wie Du weißt.« – »Was Du von mir ver­langst, ist aus­führ­bar,« er­wi­der­te die Des­ro­ches. »Ich ken­ne mei­nen Du­bourg zur Ge­nü­ge, um zu wis­sen, dass es ihm nicht un­an­ge­nehm ist, wenn ich ihm ein hüb­sches Weib mehr mit­brin­ge.« Ein Fia­ker fuhr vor. Die im­mer er­schro­cke­ne, be­schei­de­ne Jus­ti­ne stieg als ers­te ein und man fuhr fort.

Du­bourg war al­lein.

Die Da­men fan­den ihn in noch we­ni­ger be­klei­de­ten Zustn­de als er am Tage vor­her ge­we­sen war. Geil­heit und zü­gel­lo­se Wol­lust spra­chen aus sei­nen fins­te­ren Bli­cken.

»Sie rech­ne­ten wahr­schein­lich bloß auf eine Frau,« sag­te die Des­ro­ches beim Ein­tre­ten zu ihm, »nun ich glau­be, dass es Ih­nen nicht miss­fal­len wird, wenn ich zwei mit­brin­ge.« »Wer ist die­ses Mäd­chen?« frag­te Du­bourg, ohne sich zu stö­ren »Eine hüb­sche Frau aus mei­ner Be­kannt­schaft,« er­wi­der­te die Des­ro­ches, »de­ren Lie­bens­wür­dig­keit auf der glei­chen Höhe mit ih­ren Rei­zen steht und die uns in der Fol­ge bei den Zu­sam­men­künf­ten mit der schö­nen Jus­ti­ne nütz­lich sein wird.« »Wie,« sag­te Du­bourg, »du glaubst, dass es nicht bei ei­nem­ma­le blei­ben wird?« »Es wäre mög­lich,« er­wi­der­te die Des­ro­ches. »Nun wir wol­len se­hen,« sag­te Du­bourg, »ge­hen Sie hin­aus, Des­ro­ches, es ist gut, set­zen Sie es auf die Rech­nung. Wie ste­hen wir denn?« »Aber, mein Herr,« sag­te die Des­ro­ches, »seit drei Mo­na­ten ha­ben wir nicht ver­rech­net, es macht na­he­zu 100.000 Franks aus.« »100.000 Franks, ge­rech­ter Gott!« »Aber der Herr möge be­den­ken, dass ich ihm mehr als 800 Mäd­chen ge­lie­fert habe; ich habe sie alle auf­ge­schrie­ben. Der Herr kennt mich wohl, er weiß wohl, dass ich ihn nicht um einen Sous be­trü­gen könn­te.« »Schön, schön, wir wer­den schon se­hen. Aber ge­hen Sie jetzt Des­ro­ches, ich füh­le, dass ich mit die­sen bei­den Frau­en al­lein blei­ben muss. Und Sie, Jus­ti­ne, be­dan­ken Sie sich bei Ih­rer Be­schüt­ze­rin, be­vor sie weg­geht, denn nur ihr zu Lie­be er­wei­se ich Ih­nen die Gna­de, mich mit Ih­nen zu be­schäf­ti­gen. Sie wer­den ein­se­hen, dass Sie nach Ihrem gest­ri­gen Be­tra­gen die­ses Glücks nicht wür­dig sind. Soll­ten Sie aber heu­te mei­nen Wün­schen auch nur den lei­ses­ten Wi­der­stand ent­ge­gen­set­zen, so er­war­ten Sie in mei­nem Vor­zim­mer zwei Män­ner, die Sie an einen Ort brin­gen, aus dem Sie in Ihrem Le­ben nie wie­der weg­kom­men wer­den.« Die Des­ro­ches ging. »O, mein Herr,« sag­te Jus­ti­ne wei­nend und stürz­te sich vor die Füße des Bar­ba­ren, »las­sen Sie sich er­wei­chen, ich be­schwö­re Sie. Sei­en Sie so barm­her­zig und hel­fen Sie mir, ohne von mir das zu ver­lan­gen, wo­für ich tau­send­mal lie­ber ster­ben wür­de. Gnä­di­ger Herr, zwin­gen Sie mich nicht, ich fle­he Sie an. Kön­nen Sie denn bei mei­nen Trä­nen Freu­de ge­win­nen? Kön­nen Sie Ver­gnü­gen fin­den, wo Sie Wi­der­wil­len se­hen? Sie wer­den Ihr Ver­bre­chen noch nicht be­en­digt ha­ben und schon wer­den Sie bei mei­nem An­blick Ge­wis­sens­bis­se emp­fin­den.« Aber durch das, was jetzt ge­sch­ah, wur­de sie am Wei­ter­spre­chen ge­hin­dert. Die Del­mou­se, die auf Du­bourgs ei­ser­nen Stir­ne sei­ne Ge­dan­ken ge­le­sen hat­te, warf sich vor ihm nie­der und kit­zel­te ihn lei­den­schaft­lich mit der einen Hand, wäh­rend sie ihm mit der an­de­ren so­kra­ti­sier­te.2

»Höl­le und Teu­fel,« rief Du­bourg furcht­bar auf­ge­regt aus und er­hob sich wie ein Ra­sen­der. »Ich soll dir Gna­de ge­wäh­ren, ich möch­te dich eher er­wür­gen, du Hure!« Da­bei zeig­te er ein klei­nes ver­trock­ne­tes, schwar­zes Glied, er­griff sei­ne Beu­te mit ro­hen Hän­den und riss ihr al­les vom Kör­per ab was sei­ne wol­lüs­ti­gen Au­gen stör­te. Bald Be­schimpf­te, bald lieb­kos­te, bald miss­han­del­te, bald strei­chel­te er sie. Gro­ßer Gott! Welch’ ein An­blick. Es schi­en als ob die Na­tur durch die­ses Schau­spiel in Jus­ti­ne gleich bei ih­rem ers­ten Aben­teu­er je­den Schre­cken von die­ser Art Ver­bre­chen er­we­cken soll­te. Jetzt wur­de sie nackt auf das Bett ge­wor­fen und wäh­rend die Del­mou­se sie hielt, ent­deck­te der Lüst­ling plötz­lich einen neu­en Kö­der. »War­ten Sie,« sag­te die Schur­kin, »ich mer­ke, dass mei­ne Rö­cke Sie stö­ren. Ich wer­de so­gleich das Ding blos­le­gen, das, wie es scheint, Ge­gen­stand Ih­rer Be­wun­de­rung ist. Sie wol­len mei­nen Popo se­hen. Ich be­grei­fe, ich ehre die­se Nei­gung bei Leu­ten Ihres Al­ters.«3

»Hier ist er, mein Freund; er ist ein we­nig vol­ler wie der die­ses Kin­des. Aber die­ser Ge­gen­satz wird Ih­nen Ver­gnü­gen be­rei­ten. Wol­len Sie sie ne­ben­ein­an­der se­hen?« – »Teu­fel, ja,« er­wi­der­te Du­bourg, »set­zen Sie sich auf Ihre Schul­tern, da­mit sie ru­hig lie­gen bleibt und ich wer­de ver­su­chen, ihr ihn von hin­ten hin­ein­zu­ste­cken und Ih­nen da­bei die Arsch­ba­cken zu küs­sen. – Ja, so ist es rich­tig,« fuhr der Lüst­ling fort, in­dem er so­wohl auf den einen wie den an­de­ren Popo ein paar Schlä­ge ver­setz­te, »und nun wol­len wir se­hen, ob ich die So­do­mie zu Stan­de brin­ge.« Der Schuft ver­sucht, aber sein hef­ti­ges Feu­er er­lischt bei den Schwie­rig­kei­ten des Un­ter­neh­mens. Der Him­mel rächt Jus­ti­ne für die Ver­ge­wal­ti­gun­gen, die sie er­lei­den soll­te und der Kräf­te­ver­lust des al­ten Lüst­lings be­wahrt die­ses un­glück­li­che Kind da­vor, hin­ge­op­fert zu wer­den.

Du­bourg wur­de nun­mehr noch aus­fal­len­der. Er gab Jus­ti­ne Schuld an sei­ner Schwä­che und ver­such­te durch neue Be­lei­di­gun­gen und Schmä­hun­gen den Ver­lust wie­der zu er­set­zen. Die Un­ge­schick­lich­keit Jus­ti­nes är­ger­te ihn. Aber selbst der Del­mou­se mit all ih­rer Kunst ge­lang es nicht in die­ses ent­kräf­te­te Glied Le­ben hin­ein­zu­ja­gen. Sie drück­te, kit­zel­te, leck­te, nichts half die­sem schlap­pen Ding auf. Al­len drei­en ge­lang es nicht, die­sem un­glück­se­li­gen Glied das ma­je­stä­ti­sche Aus­se­hen zu ge­ben, das zu ei­nem neu­en An­griff nö­tig ist. End­lich gab es Du­bourg auf. Er ließ sich von Jus­ti­ne ver­spre­chen, am nächs­ten Tage wie­der­zu­kom­men, und um sie bes­ser da­für zu stim­men, woll­te er ihr kei­nen Sou ge­ben. Man übergab sie der Des­ro­ches, wäh­rend die Del­mou­se bei Du­bourg blieb, der sich, nach­dem er gut ge­speist hat­te, an die­ser hüb­schen Frau für das Ver­gan­ge­ne räch­te. Es kos­te­te zwar von bei­den Sei­ten viel An­stren­gun­gen, aber schließ­lich ging al­les von Stat­ten und der wun­der­vol­le Popo der Del­mou­se emp­fing das, was ei­gent­lich für den ju­gend­li­che­ren Jus­ti­nens be­stimmt war. Die­se er­klär­te, als sie zu Hau­se an­ge­langt war, ih­rer Wir­tin, dass, soll­te sie selbst vor Not um­kom­men, sie sich nie­mals mehr sol­chen Sze­nen aus­set­zen wol­le. Von neu­em schmäh­te sie den Ver­bre­cher, der mit ih­rem Elend sol­chen Miss­brauch trieb. Aber das Ver­bre­chen tri­um­phiert, lacht über die An­grif­fe des Un­glücks und zeigt dem Men­schen, der zwi­schen Ju­gend und Las­ter wäh­len will, dass das letz­te­re der ein­zig wah­re Weg zum Glücke ist.