MORITEX
Band II – Die Töchter der Zeit
Stefan Breuer
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Die MORITEX-Reihe:
Band I - Das Erz der Götter
Band II - Die Töchter der Zeit
Die Spiele des Apuleius (Ergänzungsband)
„Wir verstehen viel Falsches,
wie Wirklichem gleich zu verkünden.
Wir verstehen, wenn wir wollen,
auch anzusagen die Wahrheit.
Also sprachen die Orakel,
der Zeit wohlredende Töchter.“
Theogonie, Vers 27 bis 29
(im Jahre 46 der varronischen Ära)
I
Wenn Götter sterben, geschieht Unvorhersehbares und Unkontrollierbares. Remuks letzter göttlicher Akt lag nicht in dem Bemühen, seinen Tod hinauszuzögern oder gar zu verhindern, sondern ihm einen letzten Sinn zu geben. So rang er nicht mit Aris, sondern wand sich um ihn wie eine Schlange. Seine Arme und Beine verknoteten sich mit denen des Kriegsgottes, und sein Geist legte sich wie eine Schale um den seines Gegners. So starb Remuk, Schriftführer der Götter und Hüter der Portale. Und im Moment seines Todes wurden sein Körper und sein Geist zu Stein; göttlicher Granit, in den sein Bezwinger eingeschlossen war. Selbst der zornerfüllte Schrei des Aris, als er sich dessen gewahr wurde, vermochte die Hülle nicht zu durchdringen.
◆◆◆
Der Hohepriester ritt die Passstraße hinab und erreichte den Talkessel. Zu dieser Jahreszeit ähnelte die Landschaft in der Ebene mehr einer Wüste als einer Steppe. Es gab kaum Niederschlag im Sommer. Der große flache See am Rande der Oase trocknete vollständig aus und wurde zu einem Salzsee. Die Bewohner machten sich dies zunutze, indem sie in dieser Zeit das leicht zugängliche Salz abbauten.
Der Straßenverlauf war hier unter dem Staub und Sand, den der Wind umherblies, zuweilen kaum auszumachen. Was den Bewohnern der Oase und der umliegenden Stammesgebiete keine Schwierigkeiten bereitete. Die Straßen waren ohnehin nur für die Fremden und die durchreisenden Handelskarawanen wichtig. Tathmurener brauchten keine Straßen, um sich in Wüste und Steppe zurecht zu finden und ihre Ziele zu erreichen.
Auch ohne Regen lieferten die Quellen der Oase beständig Wasser. Heiß und schwefelhaltig trat es aus dem Boden, zum Trinken ungenießbar, aber unverzichtbar als Bewässerung für den Ackerbau und die Palmengärten. Auch wenn die Oase und die Stadt an ihrem Rand lange nicht mehr hauptsächlich von dem lebten, was der bewässerte Boden hergab, sondern von denen, die über diesen Boden hinwegzogen. Tathmur war der wichtigste Handelsposten in der gesamten surischen Wüste; keine Karawane, die zwischen tuskischem und arsakidischem Großreich hin- und herzog oder weiter nach Südosten bis ins ferne sagenumwobene Dwarka, konnte Tathmur umgehen.
Der Übergang von der sandigen Steppe in die Oase war nicht abrupt, sondern fließend. Auch darin unterschied sich Tathmur von einer typischen Oasenstadt in den Sandwüsten, wo die Wüste wie ein Meer aus Sand an den Palmenwald einer Oase unmittelbar anschlug. Die eigentliche Oase von Tathmur umfasste ein Gebiet von 30 Quadratmeilen, doch noch einige Meilen darüber hinaus reichten die Bewässerungsbauten und Wasserleitungen, mit denen die Tathmurener umliegendes Steppenland für ihre Landwirtschaft nutzbar machten. Außerhalb dieses bewässerten Gebietes lag das große Gebiet der Nomaden, im Sommer eine Wüste, im Winter mit seinen geringen Niederschlägen einer Steppe gleich.
Mit Eintritt in die Oase wurde die Straße wieder deutlich und zog sich schnurgerade zwischen Hirsefeldern hindurch, bis sie den Rand der Kern-Oase erreichte. Hier stand ein regelrechter Wald aus Dattelpalmen, die so hoch waren, dass zwischen und unter ihnen weitere Feigen- und Granatapfelbäume gepflanzt waren, unter denen am Boden wiederum weitere Anbaufläche für Hirse genutzt wurde. Die Landwirtschaft der Oase spielte sich in drei Etagen ab und nutzte damit die fruchtbare Grundfläche optimal aus.
Zarostra durchquerte die Oase in ihrem westlichen Teil. Man hätte die Straße auch in einem leichten Bogen um die Oase herumführen können, doch die Tathmurener opferten gerne wertvollen Oasengrund für eine Straße, auf der Fremde zu ihnen kommen mussten. Auf dem Weg in die Stadt sollte der Reisende vom Reichtum der Oase beeindruckt werden, und das gelang um einiges besser, wenn man durch sie hindurch statt um sie herum ritt.
Die Stadt Tathmur lag nicht innerhalb der Oase, das wäre dann doch eine unsinnige Verschwendung von landwirtschaftlicher Nutzfläche gewesen. Sie lag in ihrer Nähe, aber außerhalb, erbaut auf dem Boden der Steppe, hellgrauer Stein, der in der Sonne strahlte. Eine Großstadt an einem Ort, an dem man keine erwartet hätte. Denn so groß und fruchtbar die Oase auch war, für die Versorgung einer Großstadt reichte ihr Ertrag nicht aus. Die meisten Städte des Reiches konsumierten, was ihr Umland und die Dörfer darin an Überproduktion erwirtschafteten. Tathmur besaß andere, ergiebigere Quellen.
Keine Mauer umzog die Stadt. Ihre Mauer waren Wüste und Steppe um sie herum, und die wehrhaften Nomadenstämme, die darin lebten. Wo sonst im tuskischen Imperium Land und Stadt in einem Spannungsverhältnis standen (mit der Stadt als dem Umland übergeordneter Zentrale), bildeten hier in Tathmur die Stämme des Umlandes und die Stadtbewohner eine komplizierte, auf Verwandtschaftsbeziehungen fußende Einheit. Jeder Stadtbewohner war nicht nur Bürger, sondern gleichzeitig auch Stammesangehöriger.
Bevor die Straße die Stadtgrenze erreichte, durchzog sie die Nekropole von Tathmur, das Gräberfeld mit den Grabstätten der angesehensten Bürger und Familien. Zarostra ritt zwischen den bis zu fünf Stockwerken hohen Grabtürmen hindurch, in denen Hunderte von Verstorbenen bestattet lagen. Die Vornehmsten unter ihnen lagen im Erdgeschoss dieser Türme in gewaltigen steinernen Sarkophagen, geschmückt mit Statuen der hier Bestatteten, weniger bedeutende Angehörige in einfachen Schiebegräbern in den oberen Geschossen. Daneben gab es Grabstätten, die nicht in die Höhe, sondern in die Tiefe gebaut waren: große unterirdische Kammern, von der Erdoberfläche aus nur erkennbar an den aufwendig gestalteten Treppeneinstiegen. Das Gräberfeld zog sich weit zu beiden Seiten der Straße in die Steppe, und auch in der Ferne sah man noch die hoch aufragenden Grabtürme vergangener Zeiten.
Nur ein schmaler Streifen trennte das Ende der Nekropole von dem Anfang der Stadt. Eine einfache Schranke, die Zollschranke von Tathmur, lag über der Straße. Einzelne Reisende zu Fuß, zu Pferd oder zu Kamel umritten sie einfach und nickten dabei der Stadtwache zu. Nur Wagen und Karawanen wurden angehalten und mussten einen langwierigen Prozess der Zollerhebung hinter sich bringen. Nicht die einzige Stelle, an der Tathmur aus seiner vorteilhaften Lage als Handelsstadt Gewinn zog.
Unmittelbar hinter dem Eintritt in die Stadt stieg Zarostra aus dem Sattel und führte sein Pferd am Zügel weiter. So war es Brauch in Tathmur, und nur wenigen höchsten Würdenträgern war es vorbehalten, durch die Stadt zu reiten. Doch die meisten von diesen zogen den Transport in einer Sänfte vor.
Der Hohepriester betrat eine der Hauptstraßen von Tathmur, eine Säulenstraße von gewaltigen Ausmaßen: Fast fünfzig Schritt breit, an den Rändern mit Säulen geschmückt, die eine Höhe von fast fünfundzwanzig Fuß erreichten. Auf halber Höhe waren vorragende Konsolen an den Säulen angebracht, auf denen lebensgroße bronzene Statuen besonders ehrwürdiger Bürger Tathmurs aus den vergangenen Jahrzehnten angebracht waren, jeweils versehen mit einer Inschrift, um wen es sich dabei handelte.
Links und rechts der Straße sorgten zahlreiche Ladenlokale für ein emsiges Treiben, so dass Zarostra trotz der immensen Breite der Straße darauf achten musste, sich seinen Weg durch das Getümmel zu schlagen. Zu seiner Linken unterbrach eine breite Seitenstraße die Fassaden. Trotz ihrer Ausmaße war sie fast menschenleer. An ihrem Ende lag die imperiale Kaserne, ein von den Tuskern zu Zeiten der Eroberung Tathmurs in das Stadtbild hineingezwungener martialischer Bau, der so gar nicht zu der umliegenden Architektur passen wollte. Eine tuskische Besatzung lag hier schon lange nicht mehr, und nur eine kleine Abordnung der Stadtwache Tathmurs sorgte dafür, dass die Anlage nicht verfiel.
Zarostra führte sein Pferd weiter die Säulenstraße entlang bis zu ihrem Ende, einem großen quadratisch angelegten Platz. Dort wandte er sich nach rechts, durch einen dreitorigen Bogen hindurch auf eine weitere Hauptstraße, etwas schmaler als die erste, dafür mit umso höheren und noch prächtigeren Säulen geschmückt. Der Hohepriester wusste, dass es vom Anfang bis zum Ende der Straße genau 300 Säulen waren, alle geschmückt mit den Statuen verdienter Bürger. Die größten und prächtigsten standen an den Einmündungen der Seitenstraßen, die in die umliegenden Stadtviertel führten.
Zarostra bahnte sich seinen Weg durch die Menge und achtete nicht weiter auf die prachtvolle Architektur, die jeden neuen Besucher Tathmurs in ihren Bann schlug. Das Theater, der Marktplatz, mehrtorige Straßenbögen, Plätze mit aufwendigen Säulenbauten – inmitten der Steppe und Wüste war eine Stadt entstanden, die es an Glanz und Pracht mit den meisten imperialen Großstädten aufnehmen konnte und daraus auch kein Hehl machte. Und wenn ein Besucher aus Tuska, Iskandariyya oder Antioquia auch viele architektonische Formen und Typen wiedererkannte, so strahlte Tathmur doch auch etwas Fremdes aus. Details der Ornamente, Proportionen und Formen waren nicht so wie in den anderen Städten. Die Bewohner Tathmurs waren nicht nur Bürger der Stadt, sie waren auch Angehörige ihres jeweiligen Stammes, deren Zentren außerhalb der Stadt in den Weiten der Steppe lagen. Tathmur war keine Kopie Tuskas, auch wenn es auf den ersten Blick so aussah.
Am Ende der langen Prachtstraße erreichte der Hohepriester sein Ziel, die zentrale Tempelanlage von Tathmur. Hohe Mauern umschlossen das heilige Areal, jede an die zweihundertfünfzig Schritt lang. Es gab nur einen erkennbaren Zugang an der Westseite, einen prachtvollen mit gewaltigen Säulen geschmückten Torbau. An dessen Eingang standen wie vor dem Felsenheiligtum in den Bergen zwei Ordensbrüder, doch hier standen sie nicht alleine. Ein halbes Dutzend Stadtwachen blockierte den Durchgang, die Passanten erst nach einem zustimmenden Nicken der Brüder hindurchließen. Es waren nicht viele, die Einlass begehrten. Für Normalbürger oder Gläubige war die Tempelanlage nur an besonderen Feiertagen zugänglich. Ansonsten blieb der Orden innerhalb der hohen Mauern unter sich, und nur Personen mit einem besonderen Ansinnen oder Auftrag erhielten Zugang. Dementsprechend ruhig war es im Inneren des Hofes, den Zarostra betrat, nachdem er sein Pferd in die Obhut der Brüder übergeben hatte.
An den Hofmauern waren an allen vier Seiten Säulenhallen angebaut. Darin befanden sich die Unterkünfte der Ordensbrüder, ihre Aufenthalts- und Lagerräume. Die große Freifläche war nur von wenigen Gebäuden unterbrochen: ein mit einem Baldachin überdachter Altar auf einem Podest, zu dem eine Rampe führte, auf der man die Opfertiere hinauftrieb; ein langgezogenes Gebäude mit einem Speisesaal für rituelle Bankette; ein ovales in den Boden eingelassenes Wasserbecken für rituelle Waschungen; und als größter Bau im Zentrum der Tempel selbst!
Eine langgezogene, sanft ansteigende Rampe führte an einer der beiden Schmalseiten zum Eingangsportal des Tempels, einem einflügeligen Tor aus Metall, das jetzt offenstand. Auch die Kapitelle der Säulen, die den Tempelbau umliefen, waren aufwendig und kostspielig mit Metall verziert. Dies war nur eines von vielen Details, in denen sich der Haupttempel Tathmurs von den tuskischen Tempeln in vielen anderen Städten des Reiches unterschied, in denen Metall als Architekturverzierung weitgehend unbekannt war. Im Inneren des Heiligtums, das Zarostra betrat, erstrahlte Tageslicht. In die Tempelwände waren große Fensteröffnungen eingelassen – ebenfalls völlig unüblich für einen tuskischen Tempel. Über der Mitte des Innenraumes wölbte sich eine Kuppel mit einer Abbildung des Himmelsgewölbes. Unter der Kuppel standen die bronzenen Statuen der drei Gottheiten, denen der Tempel geweiht war: der streng blickende Bol mit seinen göttlichen Begleitern, dem grimmigen Aglibol und dem lächelnden Yarhibol. Jede der Statuen war über zehn Fuß hoch.
Der Hohepriester ging um die Kultbilder herum und steuerte den dem Eingangsportal gegenüberliegenden hinteren Bereich des Tempels an. Dort führte eine sechs Fuß hohe Treppe zu einer metallenen Tür in der ansonsten schmucklosen Wand. Zarostra stieg die Stufen hoch, drückte die Tür nach innen auf und betrat den dahinterliegenden Raum.
Fast so breit wie die Schmalseite des Tempels war dieser Raum nur wenige Schritte tief. Die niedrighängende Decke war ebenso wie die Wände mit Metallplatten beschlagen. Hier gab es keine Fenster. Licht spendeten mehrere Öllampen, die von der Decke hingen. Etwas Tageslicht fiel von einer Öffnung in der Decke in hinteren linken Ecke herein; dort führte eine schmale Treppe hinauf auf das Tempeldach.
In früheren Zeiten waren in diesem thalamos die Kultbilder anderer Götter aufbewahrt worden, die bei Prozessionen durch die Stadt mitgeführt wurden. Zarostra hatte den thalamos räumen und die Kultbilder auf andere Tempel der Stadt verteilen lassen, was dort dankbar angenommen wurde. Jetzt nutzte er den Raum für Treffen und Gespräche, die er nicht in seinen hellhörigeren Gemächern führen wollte. Gespräche und Treffen mit den wenigen Mitgliedern seines Ordens, denen er weit genug vertraute, um sie in Teile seiner Pläne einzuweihen. Er tat dies nur widerwillig, denn im Grunde vertraute er nur sich selbst und keinem anderen. Aber er brauchte Helfer und Unterstützer, um seinen Zielen näher zu kommen. Und so reduzierte er das Risiko, in dem er seine Adepten immer wieder auswechselte und bewährte Verbündete an andere Stellen des Reiches schickte, wo sie die Kontrolle über Außenposten des Ordens übernahmen, der sich unauffällig aber stetig ausbreitete.
Jetzt erwartete ihn hier Plinius, sein aktuell engster Vertrauter. Plinius war seiner Herkunft nach Argeade, ein studierter Philosoph und Redner, Lehrer der Söhne reicher Familien in seiner fernen Heimatstadt. Widrige Umstände – waren die Umstände nicht meistens widrig? – hatten ihn aus seiner friedlichen Lebenswelt in Krieg und Vertreibung, letztlich in die Sklaverei getrieben. Ein Karawanenhändler erwarb ihn auf Daelos, der berühmten Insel mit dem größten Sklavenmarkt des gesamten tuskischen Reiches, und brachte ihn nach Tathmur. Da er letztlich nicht wusste, was er mit einem zwar hoch gebildeten, aber in praktischen Dingen eher ungeschickten Sklaven anfangen konnte, verkaufte er ihn wieder – und ein diesmal glücklicher Umstand ließ Zarostra just zu diesem Zeitpunkt über den Sklavenmarkt von Tathmur gehen. Er kaufte den argeadischen Sklaven und ließ ihn unmittelbar danach frei. Zarostra wusste, dass die Loyalität eines Freigelassenen um ein Vielfaches höher war als die eines Sklaven, sofern der Freigelassene intelligent genug war, die neuen Lebenschancen zu erkennen, die ihm die Freilassung bot. Und Plinius war intelligent genug. Er beherrschte mehrere Sprachen, besaß Kenntnisse in Geschichte, Landeskunde und Philosophie, auch in Mathematik und Physik. Natürlich trat er als Bruder in den Orden seines Herrn ein, doch betrachtete er – wie sein Herr – den Glauben als eine rationale und pragmatische Angelegenheit. Standen kultische Traditionen oder Lehren in offensichtlichem Widerspruch zu seinem philosophischen Verstand oder ließen sie sich gar praktisch widerlegen, so waren sie eben falsch. Wie jeder Philosoph genoss er das Streitgespräch mit den Priestern anderer Gottheiten und zerlegte ihre Argumentationen nach allen Regeln der Kunst. Er glaubte nicht an die Götter, er wusste, dass es sie gab. Aber er glaubte nicht an all den Unsinn, den Jahrhunderte kreativen Priestertums rund um das tatsächlich Göttliche in dieser Welt herumgedichtet und erfunden hatten, um sich selbst wichtiger und bedeutender zu machen – oder aus purer Freude am Erfinden. Der Mensch wollte Schöpfer sein, und so schuf er sich auch in der Religion Erklärungen des Unerklärlichen, bis hin zur Erfindung von Gottheiten, die es tatsächlich nicht gab und nie gegeben hatte.
Zarostra vertraute Plinius wie keinem anderen Adepten vor ihm. Aber auch ihn weihte er nicht in alle seine Überlegungen ein, und sie waren weit davon entfernt, Freunde zu sein. Irgendwann würde er einen Ersatz für ihn finden müssen und ihn dann auf einen neuen Außenstützpunkt seines Ordens schicken, wo er sicherlich weiter wertvolle Dienste leisten würde. Aber noch war es nicht so weit, noch brauchte er ihn hier im Zentrum des Ordens.
„Ihr wart erfolgreich, Herr?“, fragte der Adept den Hohepriester und reichte ihm einen Becher Wasser.
Zarostra nickte, nahm den Becher ohne ein Wort oder eine Geste des Dankes und trank. „Wie erwartet. Timaios hat uns einen wertvollen Fund gebracht.“ Damit ließ er sich auf einen thronartigen hölzernen Stuhl nieder, schlug die Kapuze zurück, schwieg und dachte nach. Plinius blieb still an seinem Platz stehen und wartete ab. Sein Herr konnte gut nachdenken in seiner Anwesenheit, und er musste abwarten, bis und ob der Hohepriester ihn mit Fragen an seinen Gedanken teilhaben ließ oder ihm Anweisungen gab, die aus den Ergebnissen seiner Überlegungen folgten.
„Timaios soll sich wieder auf den Weg machen und die Häfen entlang der Küste aufsuchen – auf beiden Seiten der Meerenge. Es wird nicht in die Tiefen der See zurückkehren, aus denen es aufgescheucht wurde. Ich denke, es wird sehr bald neue Geschichten über Seeungeheuer im Norden geben. Und ich will wissen, was daran wahr und was erfunden sein wird.“
Plinius nickte. Er hatte mit dieser Anweisung gerechnet und alles vorbereitet. Bruder Timaois würde innerhalb der nächsten Stunde aufbrechen.
„Artemisia hat nach Euch schicken lassen.“
Zarostra zog fragend eine Braue hoch.
„Ein Tusker ist angekommen und hat für heute Abend seinen Besuch bei der Herrin der Stadt angekündigt.“
„Was für ein Tusker?“
„Ein – Offizier.“
„Ein tuskischer Offizier auf der Durchreise?“
„So scheint es nicht zu sein. Zumindest ist mir von einer geplanten Weiterreise nichts bekannt.“
„Und er hat um eine Audienz bei der Herrin der Stadt gebeten?“
„Nun – er hat es etwas anders formuliert. Er hat seinen Besuch durch einen Soldaten ankündigen lassen. Und Artemisia wünscht Eure Anwesenheit dabei.“
Der Hohepriester fuhr sich mit der flachen Hand über seinen tätowierten Schädel. Tuskische Kaufleute, die ihre Karawanen begleiteten statt sie von angeheuerten Führern alleine auf die Reise zu schicken, nutzten den Aufenthalt in Tathmur nicht selten für eine Audienz bei der Herrin der Stadt. Tuskisches Militär aber war seit Jahren nicht mehr hier gewesen, und es war Zarostra ebenso wenig wie Plinius entgangen, dass dieser Offizier nicht um eine Audienz gebeten, sondern seinen Besuch angekündigt hatte, ohne zu fragen, ob dieser genehm sei. Ein feiner Unterschied im diplomatischen Spiel.
„Wie groß ist seine Eskorte?“
„Eine vexillatio, vielleicht zwanzig Mann.“
„Zu wenig, um sich zu sorgen; aber genug, um sich Gedanken zu machen.“
Plinius nickte.
„Nun, wir werden hören, was er zu sagen hat. Bis dahin lass uns unsere Dinge regeln.“
Und er ließ sich von Plinius die Vorgänge des Tages berichten, das Kommen und Gehen offizieller und inoffizieller Besucher. Es galt Fragen zu beantworten und Entscheidungen zu treffen. Timaois war nicht der einzige Bruder, der im geheimen Auftrag für den Hohepriester im Reich unterwegs war. Und über die Reichsgrenzen hinaus. Zarostra und seine Vorgänger hatten ein Netz gesponnen und über die Welt geworfen, ein Netz, das keine Rücksicht auf die künstlichen Grenzen nahm, allenfalls auf die unverrückbaren Grenzen der Natur – und des Übernatürlichen. Wie eine Spinne, die jede kleinste Erschütterung, jedes Zittern spürt, das durch ihr Netz läuft, erreichten ihn die Nachrichten und Spuren außergewöhnlicher Vorfälle. Und in den vergangenen Jahren hatte es immer häufiger unerklärliche Vorkommnisse gegeben, weit voneinander entfernt, scheinbar ohne Zusammenhang. Zarostra erkannte auch jetzt noch nicht das Gesamtbild, das hinter diesen Ereignissen und Erscheinungen lag, aber er wusste, dass etwas im Geschehen war. Etwas entstand neu oder erstand wieder, und was bislang geschehen war, waren nur Vorboten, Zuckungen von etwas Großem. Der Hohepriester hatte nicht die Absicht, interessiert dabei zuzusehen, vielmehr wollte er Handelnder werden und sich Wissen und Funde zunutze machen.
Nachdem sie fertig waren, verließen Zarostra und sein Adept den thalamos und den Tempel und begaben sich über den Hof in die nördliche Säulenhalle, wo sich im Obergeschoss die Gemächer des Hohepriesters befanden. Zarostra speiste alleine, dann wechselte er seine Priesterkutte und legte die Zeremonienkette an, die er ansonsten nur zu offiziellen Anlässen trug. Sie war schwer, aus massivem Gold getrieben und trug drei handtellergroße runde Scheiben mit den Abbildungen von Bol, Aglibol und Yarhibol. Offiziell war er der Hohepriester der traditionellen Trias mit Bol als Hauptgott. Dass sein Orden im Geheimen Aglibol, Kriegsgott und Zerstörer, in das Zentrum ihres Kultes gerückt hatte, war weitgehend unbemerkt geblieben. Es hätte aber auch niemanden in der Stadt besonders gestört, solange die kultischen Handlungen für Bol und Yarhibol den Regeln entsprechend vollzogen wurden. Orthopraxie, die korrekte Durchführung traditionell vorgeschriebener Handlungen, galt in Tathmur wie im gesamten Reich als Richtschnur für den Göttern ergebenes Verhalten. Orthodoxie, der Glaube an die richtigen Inhalte, spielte eine untergeordnete Rolle.
Als Zarostra seine Gemächer hinter sich abschloss, wartete Plinius bereits auf ihn. Gemeinsam verließen sie die Tempelanlage, ohne weitere Begleitung. Der Hohepriester benötigte keine Eskorte, weder aus Prestige noch zur Sicherheit.
Es war noch hell – die Dämmerung hatte gerade erst eingesetzt –, als sie das Haus Artemisias erreichten. Es war kein Palast, allenfalls so palastartig wie die Stadthäuser der anderen großen Familien Tathmurs. Am Eingang standen auch keine Stadtwachen, sondern bewaffnete Angehörige von Artemisias eigenem Stamm, so wie es bei den anderen großen Stadthäusern ebenfalls üblich war. Die Männer ließen den Hohepriester und seinen Adepten wortlos passieren. Zarostra war ein häufiger Besucher und betrat und verließ das Haus auch durch andere, verstecktere Zugänge als den präsentablen Haupteingang.
Im Atrium hatte sich bereits eine Ansammlung von Würdenträgern und Vornehmen der Stadt versammelt. Artemisia saß auf einem Stuhl, den zwar eine hohe Rückenlehne schmückte, der aber ansonsten keinerlei Ähnlichkeit mit einem Thron besaß. Der Stuhl stand auch nicht auf einem Podest, sondern frei in der Mitte des Raumes unter der großen Öffnung im Dachstuhl. Allein der Umstand, dass dies der einzige Stuhl war und alle anderen Anwesenden standen, wies der Frau eine erkennbare Sonderstellung zu. Alle anderen Anwesenden hatten sich so positioniert, dass sie und ihre neben ihr stehenden Berater das Zentrum des Raumes und der allgemeinen Aufmerksamkeit bildeten.
Der Hohepriester gesellte sich nicht zu diesen Beratern, sondern nahm einen Platz am Rande ein. Artemisia hatte sein Eintreffen bemerkt und ihm zugenickt, wandte sich aber dann wieder den beiden Männern zu, die direkt neben ihr standen und flüsternd auf sie einredeten.
Die Herrin von Tathmur war eine wahrhaft schöne Frau von noch nicht dreißig Jahren. Langes dunkles lockiges Haar fiel über ihre Schultern und umrahmte ein makelloses Gesicht. Ein filigranes goldenes Schmuckstück war so geschickt in die Frisur gesteckt, dass es links und rechts aus den Locken herauszuwachsen schien und die Schläfen schmückte, die Stirn jedoch freiließ. Sie trug weite lilafarbene Hosen und ein gleichfarbiges ärmelloses Hemd, darüber eine enganliegende rote Lederweste mit einem eingehängten Dolch. An den Oberarmen trug sie schmale metallene Spangen, an den Unterarmen breite lederne Armschienen, in denen kleine Wurfdolche steckten. Halb Prinzessin, halb Amazone, war Artemisia ohne Zweifel die schönste Frau Tathmurs, und es war keine Überraschung gewesen, als Pyrrhaenathus sie vor zehn Jahren zu seiner Frau erwählt hatte. Dass nicht er, sondern sie jetzt auf dem Stuhl seines Hauses saß, war allerdings nicht zu erwarten gewesen.
Zarostra ließ den Blick betont gelangweilt über die übrigen Anwesenden kreisen. Die üblichen Verdächtigen, allerdings überraschend vollzählig. Er registrierte die Oberhäupter wohl aller Stämme, die Vertreter der führenden Familien innerhalb der Stadt und die Vorsteher der Handelsgilden und Handwerkerzünfte. Neben den Befehlshabern der Stadtwache waren auch hohe Offiziere von Tathmurs Heer anwesend, was darauf schließen ließ, dass die beweglichen Truppenverbände, die kein festes Lager besaßen, sich in der Nähe der Stadt aufhielten. Zarostra war vermutlich einer der wenigen Anwesenden, der auch genau wusste, wo.
Zarostra und Plinius waren die einzigen Priester unter den Anwesenden. Tathmurener hielten traditionell praktische Politik und Kult voneinander getrennt. Bei hohen Festen und Feierlichkeiten gehörten die Priester der verschiedenen Heiligtümer der Stadt selbstverständlich zu den Honoratioren, politische oder gar diplomatische Verhandlungen führten die Mächtigen dagegen lieber ohne vermeintlich göttliche Ratschläge. Pyrrhaenathus hatte mit dieser Tradition im Hinblick auf den Hohepriester gebrochen, weil er dessen Ratschlag und seinen scharfen Verstand schätzte, und seine Witwe hatte dies ebenfalls getan. Allerdings war Zarostra klug genug, sich in großen Versammlungen wie dieser zurückzuhalten. Es gab andere Gelegenheiten für ihn, auf die Herrin der Stadt Einfluss auszuüben.
Das Stimmengewirr brach ab, als das Klappern nägelbeschlagener Militärstiefel vom Eingang bis ins Atrium drang. Der Hohepriester verkniff sich ein Grinsen. Das in Fleisch und Blut übergegangene martialische Auftreten tuskischer Soldaten amüsierte ihn. Er fragte sich, ob Tarnung und Anschleichen im tuskischen Militärkanon überhaupt vorkamen. Vermutlich nicht.
Das Klappern wurde lauter, und ein halbes Dutzend Legionäre in voller Rüstung, mit Schild, Speer und Kurzschwert, marschierte im Gleichschritt in das Atrium, angeführt von einem Centurio, der seinem Rang entsprechend nur ein Schwert trug. Ohne dass es eines Befehls bedurft hätte, hielt die Truppe wenige Schritte vor dem Stuhl Artemisias an. Zarostra grinste nicht mehr. Disziplin nötigte ihm immer Respekt ab.
Während die Legionäre gleichzeitig Schild und Speer auf dem Mosaikfußboden absetzten – was einen ordentlichen Knall, aber zum Glück keinerlei Schäden an den Mosaiken verursachte –, knüpfte der Centurio betont gelassen seinen Kinnriemen auf und nahm den Helm ab.
„Seid gegrüßt, Männer von Tathmur. Ich bin Caius Crispus Glaucia, primuspilus der legio XVI.“ Er ließ eine kurze Pause. „Und sei auch du gegrüßt, Artemisia, Frau des Pyrrhaenathus und … Herrin dieses Hauses.“
Die Arroganz war weder gespielt noch aufgesetzt, sie war echt. Ein echter Tusker. Noch ehe einer der Stammesältesten Luft holen und etwas erwidern konnte, sprang Wadud al-Din Tayeb, Artemisias erster Berater, ein. „Sei auch du gegrüßt, Caius Crispus.“ Er verließ seinen Platz neben dem Stuhl der Herrin von Tathmur und ging betont freundlich und mit offenen Händen einige Schritte auf den Centurio zu. „Dürfen wir Euch eine Erfrischung anbieten? Der Weg war sicher staubig und heiß.“
„Nein, danke.“ Der Dank klang unüberhörbar schroff. „Ich werde nicht lange bleiben.“
„So seid Ihr auf der Durchreise?“ Wenn in seiner Frage Hoffnung mitschwang, so ließ Tayeb sich dies nicht anmerken.
„Nein. Wir sind, wo wir sein sollen. Und wir sind nur die Vorhut.“
Tayeb und alle anderen blickten den Centurio fragend an. „Die Vorhut? Von was?“
„Von Tribun Maximus Lucilius Martinus.“ Tayeb wusste mit dieser Antwort nicht recht etwas anzufangen, so dass eine kurze Pause des Schweigens eintrat, die die Herrin des Hauses beendete.
„Warum ist der Tribun nicht mit Euch gekommen, Centurio? Lahmt sein Pferd?“ Artemisia schlug die Beine übereinander und legte lässig die rechte Hand auf die Stuhllehne. Dabei lächelte sie den Centurio kalt an.
„Der Rappe des Tribuns ist wohlauf und trägt seinen Herrn an der Spitze der Kohorte, die in wenigen Tagen die Oase erreichen wird.“ Bei diesen Worten sah der Centurio Artemisia nicht einmal an, sondern drehte sich langsam um seine Achse und sprach so alle Anwesenden direkt an. Der Hohepriester sah, wie die Wangen der Herrin von Tathmur erröteten und ihre Hand auf der Stuhllehne sich für einen Moment verkrampfte. Die Verärgerung über die Arroganz dieses Unteroffiziers drohte sich in unverkennbare Wut zu steigern. Doch noch ehe sie reagieren konnte, fiel ihr ihr Berater ins Wort.
„So seid Ihr gekommen, um den Besuch Eures Herrn anzukündigen“. Tayebs Stimme war hörbar kälter und strenger als seine vorangegangenen Begrüßungsworte. „Wünscht Ihr, dass wir für den Tribun … wie war gleich noch sein Name? … eine Unterkunft vorbereiten?“
„Das ist nicht notwendig. Ich habe sein Quartier bereits inspiziert, es ist – tauglich.“
„Ich wusste nicht, dass der Tribun ein Quartier in unserer Stadt besitzt.“ Tayeb war ehrlich verwirrt, doch der Centurio lächelte nur und antwortete: „Ich denke, jeder Tathmurener kennt das Quartier des tuskischen Stadtkommandanten.“
Die Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Maruf Imen, einer der Befehlshaber der Stadtwachen, trat einen Schritt vor. Er war fast einen Kopf größer als der primuspilus und in seiner Uniform mit dem Krummschwert an der Seite eine furchteinflößende, kämpferische Erscheinung. Mit Grimm in der Stimme fuhr er den Centurio an: „Ihr redet von der Kaserne?“
Caius Crispus Glaucia blieb vollkommen unbeeindruckt von dem unverhohlenen Einschüchterungsversuch. „Wir nennen es ein Kastell, aber ihr dürft natürlich eure eigene Begrifflichkeit weiterverwenden. Und ja, wo sonst sollte ein Befehlshaber mit seinen Truppen besser unterkommen als in einem tuskischen Kastell?“
Berater Tayeb hatte sich, wie es seine diplomatische Art war, schnell wieder gefangen. „Nun, mein lieber Centurio, es ist schon ein wenig ungewöhnlich. Natürlich freuen wir uns über hohen Besuch aus dem fernen Tuska“, er wählte jedes Wort mit Bedacht, „aber der Einzug einer ganzen Kohorte in unsere Stadt könnte womöglich – zu Missverständnissen Anlass geben. Wäre es nicht klüger, die tapferen Legionäre würden ihr Marschlager am Rande der Oase aufschlagen und der Tribun und seine Offiziere wären Gäste in unseren Stadthäusern? Das – Kastell – ist sicherlich in einem ordentlichen Zustand, aber der Komfort dort ist wohl kaum mit dem unserer Häuser zu vergleichen.“
„Tribun Maximus Lucilius kommt nicht eures Komforts wegen“, erwiderte der Centurio und setzte sich den Helm wieder auf. „Und er benötigt kein Marschlager, denn er ist nicht auf der Durchreise.“ Er band sich den Lederriemen unter dem Kinn zu und wandte sich um. Den Rücken der Herrin von Tathmur zugewandt setzte er hinzu: „Tuska ist zurückgekehrt!“ Seine Legionäre machten kehrt, und in ihrer Mitte verließ Caius Crispus Glaucia, primuspilus der 16. Legion, das Atrium und das Haus Artemisias. Zarostra flüsterte seinem Adepten eine kurze Anweisung zu, und dieser verließ unauffällig ebenfalls das Haus und folgte der Eskorte.
Die Tür hatte sich kaum geschlossen, da brach sich die Empörung unter den Anwesenden Bahn. Die Arroganz und Unverschämtheit eines tuskischen Unteroffiziers hätte schon gereicht, um die Stammesältesten, die sich selbst als Könige in ihrem Gebiet betrachteten, in Rage zu bringen. Die vollkommen unerwartete Ankündigung einer ganzen Kohorte, die sich innerhalb der Stadt in der zwar genau zu diesem Zweck erbauten, aber seit Jahren nicht mehr genutzten Befestigung einquartieren wollte, versetzte die meisten der Anwesenden in Unruhe, wenn nicht in Panik. In zumindest äußerlicher Gelassenheit verblieben nur Tayeb, der oberste General Majid Khalil, der Hohepriester und – Artemisia.
Sie war es auch, die das Stimmengewirr mit lauter Stimme unterbrach. „Ruhe!“ Sofort verstummte der Chor der Männerstimmen.
„Bewahren wir Ruhe! Womöglich hört dieser – Tusker – noch draußen auf der Straße euer Gejammer und amüsiert sich darüber!“
„Aber Artemisia, eine tuskische Kohorte … und sie wollen das Kastell besetzen …“ Es warNasib Iqbal, der Vorsteher der Zünfte der Karawanenführer, dessen Ängstlichkeit weder zu überhören noch zu übersehen war, und die ihn Umstehenden nickten ihm zustimmend zu.
„Sei doch froh“, brummte Maruf Imen, „dann sind deine Kamelherden außerhalb der Stadt doch vor tuskischen Übergriffen sicher.“
„Ein zutreffender Hinweis, aber nicht sehr hilfreich“, wies Artemisia den Kommandeur der Stadtwache sanft zurecht. „Es besteht durchaus Anlass zur Verärgerung ob des unverschämten Auftritts dieses … Lakaien“, sie spie diesen Begriff verächtlich aus, um umso ruhiger fortzufahren, „aber es besteht keinerlei Anlass zu Angst oder gar Panik. Dies ist Tathmur, und der Tribun oder wer auch immer auf dem Weg zu uns ist kommt mit einer Kohorte, nicht mit mehreren Legionen. Wir werden gute Gastgeber sein, uns mit ihm unterhalten und hören, ob Tuska uns etwas Neues zu sagen hat, und dann sehen wir weiter. Dies ist Tathmur, keine zweitklassige Provinzstadt im hintersten Winkel ihres Imperiums!“
„So spricht die Löwin von Tathmur!“, rief Wadud al-Din Tayeb, ihr erster Berater, und die Versammelten nickten zustimmend, sei es, weil sie der stolze Auftritt Artemisias überzeugt hatte, sei es nur, weil sie hinter ihrer demonstrativen Selbstsicherheit und Zuversicht nicht zurückstehen wollten. So gab es keine weitere Aussprache zu dem bevorstehenden Einmarsch einer tuskischen Kohorte in die Stadt und man wandte sich mit gespielter Gelassenheit anderen Themen zu.
Treffen wie diese fanden häufig, aber unregelmäßig statt. Dies war keine Versammlung gewählter Ratsherren, kein Senat; jeder Anwesende war nicht hier, weil er in diese Runde gewählt worden war, sondern weil er von allen anderen als würdig angesehen wurde, dabei zu sein. Waren Entscheidungen zu treffen, so wurde nicht abgestimmt, sondern solange diskutiert, bis eine offensichtliche Mehrheit zustande gekommen war, oder zumindest eine schweigende Mehrheit einem gestellten Antrag nicht widersprach. Nicht Stand alleine, sondern Stand und Status waren entscheidend, um zur Machtelite Tathmurs dazu zu gehören. Und je nach Thema, um das es ging, war dieser Kreis größer oder kleiner.
Nachdem nun die aktuelle Lage auf den wichtigsten Handelsrouten von und nach Tathmur diskutiert sowie entschieden worden war, welche Tathmurener in für den Handel neu erschlossene Städte fern im Osten als Vertreter geschickt werden sollten, beendete Tayeb die Zusammenkunft, und die Männer verließen einzeln oder in Gruppen Artemisias Haus. Zurück blieben neben der Hausherrin Tayed, General Khalil und der Hohepriester sowie sein Adept Plinius, der zwischenzeitlich zurückgekehrt war.
Seufzend erhob sich Artemisia. „Lasst uns in meine Gemächer gehen und die wichtigen Dinge besprechen. Die Luft hier ist stickig geworden.“ Sie ging voran, und die Männer folgten ihr. Hinter dem Atrium öffnete sich ein mit einem umlaufenden Säulengang eingerahmter bepflanzter Innenhof, an dessen Ende sich die privaten Gemächer Artemisias befanden. Diener und Dienerinnen erwarteten die Ankommenden im Salon der Hausherrin, rückten Kissen auf Sofas zurecht und schenkten Wein und Wasser in kunstvoll verzierten Pokalen aus.
Tayeb ließ sich ächzend auf einem Sofa nieder und griff nach einem großen gläsernen Pokal voll roten Weines. „Das kann ich jetzt wahrlich gut gebrauchen!“ Er nahm einen tiefen Schluck, dann drehte er den Pokal interessiert in seiner Hand. „Ein wunderschönes Stück, Artemisia. Aus dem Norden?“
„Aus Buronia inferior, ja. Man kann über die Barbaren dort sagen was man will, das Glashandwerk beherrschen sie besser als jeder Glasbläser im Osten.“
„Ohne die Meister des Handels wäre alles meisterliche Handwerk vergeblich, denn erst durch den Handel findet es die Verbreitung, die es verdient.“
„Natürlich“, lächelte Artemisia. „Deswegen sind wir reich und mächtig, und deswegen müssen wir uns vor dieser tuskischen Kohorte auch nicht verkriechen wie Kaninchen in ihrem Bau.“ Bei den letzten Worten lächelte sie nicht mehr.
Bis auf Plinius, der etwas abseits am Rand des Salons einen Stehplatz eingenommen hatte, hatten es sich inzwischen alle auf den Sofas bequem gemacht.
„Nun?“
„Nun ja …“.
„Warum habt Ihr das nicht kommen sehen?“ Die Frage Artemisias richtete sich sowohl an ihren Berater wie an den General. „Bezahle ich unseren Spionen so wenig, dass sie nicht einmal eine anrückende tuskische Kohorte bemerken?“
„Spione sind Sache der Diplomaten“, erwiderte der General verärgert. „Unsere Truppen schauen nach Osten und Norden, nicht nach Westen. Wir halten die Arsakiden auf Abstand und bekämpfen Räuberbanden aus Europos, so wie wir es schon unter Eurem Gemahl, dem Löwen von Tathmur, getan haben.“
„Und Ihr tut es so erfolgreich, dass Tathmur sicher und in Frieden seinen Handel treiben kann“, warf der Hohepriester ein.
„Danke.“
„Das war kein Lob, nur eine Feststellung.“
„Womit Ihr was sagen wollt?“, frage Artemisia, bevor der verwirrte General etwas sagen konnte.
„Euer Gemahl, Herrin, Pyrrhaenathus, der Löwe von Tathmur, hat vor Jahren in der Schlacht am Wadi gegen das übermächtige Heer der Arsakiden gesiegt und damit unsere Stadt, die Oase und die gesamte Region gerettet. Kein tuskischer Legionär war an dieser Schlacht beteiligt, Tathmur stand allein. Und so glorreich dieser heldenhafte Sieg auch gewesen war, er musste danach immer wieder neu verteidigt werden. Auch wenn die Arsakiden keinen Großangriff mehr gewagt haben, so haben sie unsere Ostgrenze immer wieder mit Überfällen auf ihre Standhaftigkeit geprüft und unsere erbärmlichen Nachbarn im Norden zu Raubzügen gegen uns ermuntert.“
„Wir haben all dieser Angriffe abgewehrt und unsere Verteidigung noch weiter verstärkt“, fiel der General ein.
„Das habt Ihr“, erwiderte Tayeb. Er hatte verstanden, worauf der Hohepriester hinauswollte. Zarostra nickte ihm freundlich zu und lehnte sich demonstrativ zurück, dem Berater Artemisias die weiteren Ausführungen überlassend. Er hatte nicht den Ehrgeiz, sich gegenüber der Löwin von Tathmur mit klugen Ausführungen zu profilieren. Er hatte andere Pläne und Absichten.
„Unsere Ost- und Nordgrenzen sind gesichert“, fuhr Tayeb fort. „Aus dem Süden bedroht uns nur der Sand der ewigen Wüste.“
„Und im Westen ist Tuska“, ergänzte Artemisia.
„Ja und nein.“
„Ja und nein?“
„Unsere Westgrenze an der Bergkette, Herrin, ist für Tuska keine Grenze. Für Tuska reicht die Provinz Surja über Stadt und Oase hinweg bis an unsere Ostgrenze.“
„Sie haben diesen Anspruch verwirkt, seit sie uns im Kampf gegen die Arsakiden alleine gelassen haben!“
„Das haben sie, Herrin, natürlich. Aber ich befürchte, die Tusker sehen das anders.“
„Wie das?“
„Tuska hat einen langen Atem, und der Kaiser denkt in großen Dimensionen, sowohl zeitlich wie räumlich. Die Schlacht am Wadi fand noch unter seinem Vorgänger statt. Tuska hatte uns alleine gelassen, weil es zur gleichen Zeit andere Schlachten an anderen Stellen seiner ausgedehnten Grenzen schlug. Ganz zu schweigen von den Konflikten im Inneren, die es damals zu bewältigen gab.“
„In Tuska gibt es immer innere Konflikte“, in Artemisias Stimme klang Verachtung mit.
„Das ist wohl so. Auf jeden Fall hat man die Verteidigung der Ostgrenze stillschweigend uns überlassen. Jetzt sind die Grenzen gesichert, und Tuska kehrt zurück in den Ostteil seiner rechtmäßigen Provinz Surja.“
„Rechtmäßig?!“
„Ich formuliere nur so, wie es der Tribun vermutlich tun wird. Damit wir vorbereitet sind.“
„Ich schätze Euren Rat, Tayeb, und ich bin sicher, dass Ihr auf diplomatische Verhandlungen mit diesem Tribun gut vorbereitet sein werdet. Seid Ihr, General, auch auf … andere Verhandlungsarten mit einer tuskischen Kohorte vorbereitet?“ Und an Tayeb gewandt fügte sie lächelnd hinzu: „Nur für den Fall, dass die diplomatischen Gespräche nicht so verlaufen, wie wir es wünschen.“
„Eine tuskische Kohorte, das sind höchstens tausend Mann“, antwortete General Khalil.
„Also keine ernste Bedrohung für uns?“
„Wir wären ihnen haushoch überlegen, auch wenn unsere Truppen in einzelne Verbände aufgeteilt und in verschiedenen Zonen unterwegs sind.“
„Redet Ihr von einer offenen Feldschlacht in der Steppe oder von tausend Legionären in einem befestigten Kastell inmitten unserer Stadt? Wollt Ihr das Kastell stürmen und niederbrennen und dabei vermutlich auch das halbe Stadtviertel, in dem es liegt?“ Tayeb war sichtlich verärgert.
„Das habe ich nicht gemeint … ich …“.
„Wir wissen, was Ihr gemeint habt, General“, sprang Artemisia ihrem Befehlshaber bei „ich danke Euch. Ich bin zuversichtlich, was Zahl und Stärke unserer Truppen angeht. Vertrauen wir zunächst einfach auf unser diplomatisches Geschick, und danach sehen wir weiter.“ Sie lehnte sich zurück, ließ sich ihren Pokal mit Wasser auffüllen und gab somit zu verstehen, dass die Besprechung zu Ende war.
Tayeb und Khalil erhoben sich von ihren Sofas, nickten Artemisia zu und verließen den Salon. Auf dem Weg durch den Säulenhof hörte man sie noch intensiv über die Vor- und Nachteile diplomatischer und militärischer Vorgehensweisen diskutieren.
Der Hohepriester war sitzen geblieben, und auch Plinius stand noch auf seinem Platz am Rande des Salons.
„Nun, Priester, was meint Ihr dazu?“
„Ihr habt kluge Berater und fähige Befehlshaber.“
„Ich weiß. Was von beidem seid Ihr?“
Zarostra lächelte. „Ich verfüge nicht über die diplomatischen Erfahrungen Eurer Berater, und über Truppen schon gar nicht.“
„Macht Euch nicht kleiner als Ihr seid. Ihr habt schon meinen Gemahl in schwierigen Fragen beraten, und was den Orden angeht, so scheint er nicht nur mir in den letzten Jahren stetig gewachsen zu sein; Männer müssen nicht unbedingt Rüstungen tragen, um sie wie Truppen zu befehligen. Eure Brüder befolgen jeden Eurer Befehle?“
„Der Orden ist keine Armee, Herrin, wir dienen Bol und seinen göttlichen Gefährten; und natürlich Tathmur, und damit Euch.“
Artemisia seufzte. „Ich weiß. Es ist zuweilen mühsam, den Überblick zu behalten.“ Dabei klang sie nicht mehr wie die Amazone und Löwin von Tathmur, sondern wie eine unsichere Prinzessin, die viel zu früh und unvorbereitet gezwungen worden war, den Platz ihres verstorbenen Mannes und Helden der Stadt einzunehmen. Zarostra kannte diese zwei Gesichter Artemisias wie kaum ein anderer, und er nutzte dieses Wissen geschickt im Sinne seiner eigenen Ziele.
„Tayeb hat sicher Recht mit seiner Einschätzung“, begann er. „Tuska sieht sich wieder stark genug, seinen Anspruch auf unsere Oase zu erneuern. Das kann eine ernsthafte Bedrohung werden.“
„Kann?“
„Wir wissen noch nicht, was der Tribun wirklich will. Aber es wird sicher kein Höflichkeitsbesuch werden.“
„Nicht mit tausend Schwertern.“
„Nein“, lächelte der Hohepriester. „Das ist ein bisschen viel für eine persönliche Eskorte. Dennoch solltet Ihr das Gespräch mit ihm abwarten und keine vorschnellen Entscheidungen fällen.“
„Unsere Truppen?“
„Sollten keine neuen Befehle erhalten. Ich schätze, die tuskischen Kundschafter – wenn nicht gar Spione – würden Veränderungen bemerken und es zumindest nicht als freundlichen Akt einstufen.“
„Wir sollen sie in Sicherheit wiegen?“
„Solange wir nicht wissen, ob und wie sie unsere eigene Sicherheit bedrohen – ja.“
„Aber sie wollen in die Stadt einmarschieren, das Kastell besetzen!“
„Das werdet Ihr nicht ohne offenen Konflikt verhindern können. Aber es sollte nicht in der Art eines Triumphzuges ablaufen. Die Bevölkerung würde das nicht akzeptieren, es könnte zu unkontrollierten Tumulten kommen. Und die Kontrolle darf auf keinen Fall verloren gehen.“
„Was schlagt Ihr vor?“
„Sorgt dafür, dass die Tusker die Stadt von Westen betreten, dann müssen sie nur ein kurzes Stück durch das Fakhri-Viertel marschieren, um den Hintereingang des Kastells zu erreichen.“
Artemisia nickte zustimmend.
„Dann lasst dem Tribun eine Nachricht zukommen. Empfangt ihn alleine, nur mit Euren engsten Beratern.“
„Außerhalb des Protokolls?“
„Ja.“
„Das wird den Stammesführern nicht gefallen.“
„Sie werden nichts davon wissen. Und sich im Nachhinein nicht beschweren, wenn dieses Treffen erfolgreich verläuft.“
„Aber wird der Tusker sich darauf einlassen?“
Jetzt lächelte der Hohepriester. „Das hängt von der Überzeugungskraft Eurer Einladung ab.“
Artemisia verschränkte die Arme und runzelte die Stirn. „Wie meint Ihr das, Priester? Soll ich mich in einen Teppich einrollen und in seiner Kammer auswickeln lassen?“
„Nein“, grinste Zarostra, „auch wenn dies, wie wir alle wissen, an einem anderen Ort und zu einer anderen Zeit ein sehr erfolgreiches Vorgehen gewesen ist. Aber Ihr seid nicht Netjeret, und dieser Tribun ist nicht Caius Iulius der Große – zumindest sollten wir alle hoffen, dass er mit diesem nicht zu vergleichen ist. Ihr seid Artemisia, die Löwin von Tathmur, und er ist Maximus Lucilius Martinus, als Tribun einer Kohorte vermutlich ein noch unerfahrener Sprössling aus ritterlicher, allenfalls senatorischer Familie, vielleicht zum ersten Mal soweit im Osten des Reiches. Vermutlich waren die Hafenstädte an der surischen Küste für ihn bereits – exotisch. Wie sehr müssen ihn dann erst die Oase und unsere Stadt beeindrucken. Und wenn es gelingt, ihn zu einem Gespräch im kleinen Kreis, ohne seine Begleiter, zu bewegen, dann habt Ihr die Chance, ihn noch weiter – zu beeindrucken.“
„Ohne seine Begleiter?“
„Der Centurio, Caius Crispus Glaucia.”
“Der Lakaie der Vorhut?”
“Kein Lakaie, und auch nicht irgendein Centurio. Er ist der primuspilus der Legion, was im Übrigen den Verdacht nahelegt, dass es nicht irgendeine Kohorte der 16. Legion ist, die auf uns zu marschiert, sondern die erste.“
„Was bedeutet das?“
„Die erste Kohorte einer Legion ist die größte und schlagkräftigste, und der primuspilus der erste aller Centurionen der gesamten Legion. Dieser Crispus ist ein erfahrener Veteran, und auch wenn der Tribun in Rang und Stand weit über ihm steht, so wird er auf den Ratschlag seines primuspilus hören – außer in Fragen, die er nicht als militärisch ansieht. Ihr müsst dafür sorgen, dass er ohne ihn zu dem Treffen kommt. Das Treffen muss – einen eher privaten Charakter haben.“
„Ich wusste gar nicht, dass der Orden des Bol auch Erfahrungen mit Tempelprostitution hat!“ Artemisias Stimme war kalt und ihre Augen blitzten. Jetzt war sie wieder ganz Amazone, und Zarostra stellte einmal mehr fest, dass sie in dieser Rolle perfekt war. Wäre er nicht der Mann, der er war, hätte er ihr verfallen können.
„Der Dienst von Priesterinnen zum Gefallen der Götter, von dem Ihr hier spricht, ist anderen Kulten vorbehalten, nicht dem Orden des Bol“, was so nicht ganz stimmte, aber Zarostra hatte nicht die Absicht, Geheimnisse seines Ordens gegenüber der Herrin von Tathmur offenzulegen, „aber ich sage auch nicht, dass Ihr den Tribun verführen sollt.“
„Was erlaubt Ihr Euch?“
„Nichts, Herrin, ich berate Euch nur.“
„Dann ratet klug und bedenkt die Folgen – für Euch!“
„Meine Bedenken gelten in allererster Linie Euch – und Eurem Sohn.“ Die Spannung Artemisias ließ bei diesen Worten sofort nach, und sie lehnte sich zurück.
„Ihr seid die Platzhalterin für Euren Sohn seit dem viel zu frühen Tod Eures Gemahls, des Löwen von Tathmur. Ihr müsst Euren Platz sichern und verteidigen, bis er selbst zum Löwen herangewachsen ist und ihn übernehmen kann.“
„Er ist erst acht Jahre alt“, murmelte Artemisia, mehr zu sich selbst als zu ihrem Gesprächspartner. Zarostra nickte. Dies war die dritte Rolle, die Artemisia ausfüllte: Amazone, Prinzessin – und Mutter. Und in dieser Rolle war sie am anfälligsten für seine Einflussnahme.
„Er ist der Sohn Pyrrhaenathus‘ und Artemisias‘, und er wird der nächste Löwe von Tathmur werden. Eure Aufgabe ist es, alle Bedrohungen und Anfeindungen gegen ihn abzuwehren, bis er alt und stark genug ist, dies selbst zu tun. Dann wird er Euch und die Stadt beschützen, und es wird eine strahlende Epoche für Tathmur anbrechen!“