LEKTÜRESCHLÜSSEL
FÜR SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER
Philipp Reclam jun. Stuttgart
Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe: Annette von Droste-Hülshoff: Die Judenbuche. Stuttgart: Reclam, 2001 [durchges. Ausg. 2010]. (Universal-Bibliothek. 1858.)
Alle Rechte vorbehalten
© 2001, 2010, 2012 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
Durchgesehene Ausgabe 2010
Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen
Made in Germany 2012
RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und
RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken
der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN 978-3-15-960092-5
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015305-5
www.reclam.de
1. Erstinformation zum Werk
2. Inhalt
3. Personen
4. Werkaufbau
5. Wort- und Sacherläuterungen
6. Interpretation
7. Autorin und Zeit
8. Rezeption
9. Checkliste
10. Lektüretipps
Die »Droste« wurde wiederholt und unbestritten als die bedeutendste deutschsprachige Dichterin des 19. Jahrhunderts bezeichnet.
Das Lob gilt gleichermaßen ihren realistischen Balladen, ihren beeindruckenden Naturgedichten und ihrer geistlichen Lyrik, die in ihrer Ausdruckskraft sehr vieles von dem übertreffen, was von ihren Zeitgenossen geschrieben wurde, ob man sie nun den Klassik-Nachfolgern, der Romantik oder dem Biedermeier zurechnet. Die Texte aus dem Geistlichen Jahr zeigen, wie sehr Annette von Droste-Hülshoff im christlichen Glauben verankert ist. Trotz ihrer inneren Kämpfe bleibt sie zeitlebens eine überzeugte katholische Christin, die auch ihre Kirche bewusst bejahte.
Obwohl die Droste in erster Linie Lyrikerin war, ist ihr Name für viele mit einer epischen Dichtung, der Judenbuche, verbunden. Dieses Werk beruht auf einer wahren Begebenheit, die Annette von Droste-Hülshoff seit ihrer Kindheit vertraut war. Die novellenhafte Erzählung Die Judenbuche wurde auf lange Sicht zu einem großen Erfolg. Der Nachruhm der Dichterin beruht vor allem auf dieser Geschichte. Dass ihr Portrait in Deutschland jahrelang den 20-Mark-Schein zieren durfte, verdankt sie nicht ihren Gedichten und anderen Werken, sondern vor allem der Judenbuche, wie die Rückseite des Geldscheins auch deutlich macht.
Die Bedeutung der Dichterin kann man u.a. daran ablesen, dass es eine recht aktive Droste-Gesellschaft gibt, die in unregelmäßigen Abständen ein Jahrbuch herausgibt. Annette von Droste-Hülshoff ist auch über die deutschen Sprachgrenzen hinaus bekannt. Im Jahrbuch 1991–1996 kann Zhang Yushu in einem Beitrag mit dem Titel »Annette von Droste-Hülshoff nun in China« berichten, dass ein Band mit ins Chinesische übersetzten Gedichten der Droste veröffentlicht worden ist.
Die Novelle spielt in dem abseits gelegenen, aber waldreichen westfälischen Dorf B., wo Holz- und Jagdfrevel nur als Kavaliersdelikt gelten. Dadurch entsteht eine Verwirrung des Rechtsgefühls, weil das Gewohnheitsrecht sowie die öffentliche Meinung einerseits und das offizielle Recht andererseits einander entgegenstehen.
In diesem Dorf B. wird 1738 Friedrich Mergel als einziger Sohn eines Halbmeiers geboren. Sein Vater hatte zuvor nach einer missglückten ersten Ehe die frühere Dorfschönheit Margreth geheiratet. Diese Verbindung kann seinen Abstieg zum verkommenen Säufer nur kurzzeitig aufhalten. Mergels sozialer Niedergang hat zur Folge, dass auch Margreth immer mehr herunterkommt und der Hof zusehends verfällt. Friedrich wächst deshalb in Armut und als Außenseiter auf, was sich noch verstärkt, als sein Vater im Brederholz tot aufgefunden wird und im Bewusstsein des Dorfes zu einer Spukgestalt wird.
Als Friedrich zwölf Jahre alt ist, kommt Margreths jüngerer Bruder Simon Semmler zu Besuch, um sich des Jungen anzunehmen und ihm Arbeit zu geben. Die Art, wie er von der Dichterin beschrieben wird, weckt unheimliche, fast diabolische Assoziationen. Simons Motive sind auch alles andere als uneigennützig. Die Dichterin lässt durchblicken, dass Semmler der Chef der »Blaukittel«, einer berüchtigten Bande von Holzdieben, ist. Als Hirtenjunge eignet Friedrich sich hervorragend zum Kundschafter für die Raubzüge der Bande. Der Kontakt zum Onkel verändert sein Leben. Er wird zu Semmlers rechter Hand, hat von nun an Geld und entwickelt sich zum Dorfelegant. Bald steht Friedrich sogar an der Spitze des jungen Volkes im Dorfe. Sein ständiger Begleiter wird Johannes Niemand, der für Simon als Schweinehirt arbeitet und wahrscheinlich sein unehelicher Sohn ist. Die große Ähnlichkeit zu Friedrich erschüttert Margreth. Sie ist davon überzeugt, dass Simon die Vaterschaft durch einen Meineid abgestritten hat.