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EINFACH BESSER LAUFEN
Yoga für Läufer
Einfach besser laufen
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© 2021 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen
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9783840313837
eISBN 9783840337451
E-Mail: verlag@m-m-sports.com
www.dersportverlag.de
Vorwort
1Einleitung
1.1Die Intention des Buchs
1.2Die Erleuchtung – das „Warum“?
1.3Die Umsetzung – das „Wie“?
1.4Wie das Buch entstanden ist – Writing by Doing
2Hintergrund
2.1Yoga – ein Kurzporträt
2.2Laufen und Yoga – wie sich die Wege kreuzten
2.3Was Yoga für mich bedeutet
3WARUM passen Laufen und Yoga gut zusammen?
3.1Was Laufen und Yoga unterscheidet
3.2Mehr Gemeinsamkeiten, als du glaubst
3.3Die Wechselwirkung von Körper, Nervensystem und Geist
4Benefit für Läufer – wo Yoga für Läufer ansetzt
4.1Die Laufbewegung optimieren – Yoga als Ergänzung
4.2Von der Laufbelastung regenerieren – Yoga als Ausgleich
5WIE? – Von der Theorie zur Praxis
5.1Mindset – es ist deine Entscheidung
5.2Die Kraft der Routinen
5.3Keep-It-Simple-Prinzip – alltagstauglich und für jeden Läufer
5.4Yogaprogramm für Läufer – Aufbau und Praxisgestaltung
6Yoga im (Läufer-)Alltag
7Food: Keep It Simple
7.1Laufen – Yoga – Ernährung – die drei Säulen
7.2Selbstversuch vor Wissenschaft!
7.3Keep It Simple – Rezepte
Anhang
1Literaturverzeichnis
2Bildnachweis
Bewegung – Einheit von Laufen und Yoga
Bewegung bedeutet für mich Energie, Leichtigkeit, Stärke und Fortschritt. Dafür liebe ich das Laufen. Eine Leidenschaft, die meinen Alltag bereichert, die ich teilen kann, die mich herausfordert und abschalten lässt. Die Bewegung ist die Quelle meiner Energie, meiner Gedanken und Kreativität. Die Voraussetzung dafür ist ein gesunder und leistungsfähiger Körper, Wohlbefinden und Spaß an der Bewegung.
Yoga sorgt dafür, dass ich mich leicht und geschmeidig – und dennoch stabil und kraftvoll – bewegen kann. Und Yoga hat mich gelehrt, dass Bewegung noch mehr bedeuten kann: den Körper mit dem Geist wieder enger zu verbinden. Das Zusammenspiel ist faszinierend. Ich bin überzeugt davon, dass das eigene Potenzial nur dann voll auszuschöpfen ist, wenn auch der Geist in Bewegung bleibt.
Durch Yoga verstehe ich meinen Körper nicht nur in der Theorie, sondern vielmehr in der Praxis: „In den Körper hineinspüren“, macht plötzlich Sinn. Yoga erinnert mich daran, was der Körper beim Laufen leistet und was er dafür braucht: Kraft, Beweglichkeit und Ausgleich. Das Ergebnis ist eine verbesserte Fähigkeit, den Körper effizient einzusetzen und gleichzeitig vor Verletzungen zu schützen.
Die Idee von Yoga ist es, alles miteinander zu verbinden. Mit diesem Buch möchte ich meine Erfahrung teilen und dich davon überzeugen, dass auch Laufen und Yoga eine Einheit bilden können. Mit dem Ziel, dass Yoga viel mehr zu einem natürlichen Bedürfnis und Teil des (Läufer-)Alltags werden kann. Als Läuferin und Yogini nehme ich dich mit auf die Yogamatte und zeige dir, wie du als Läufer von Yoga profitieren kannst.
Was, wenn ich sagen würde, dass du dein Laufpotenzial steigern kannst – dass du schneller, länger, schöner und gesünder laufen könntest? Dass du besser laufen könntest – mit Yoga.
„Das Laufen war zuerst da, aber seit ich regelmäßig Yoga praktiziere, laufe ich besser.“
Bevor ich euch mit auf die Yogamatte nehme, möchte ich erzählen, was für mich besser laufen bedeutet, warum es sinnvoll ist, Yoga und Laufen zu verbinden und wie daraus eine Einheit entstehen kann, von der du nur profitieren kannst.
Ob Stressbewältigung, körperliche Fitness und Gesundheit oder Leistungsgedanke, jeder Läufer hat ein Motiv, seine Schuhe zu schnüren. So unterschiedlich die Beweggründe sein mögen, eins bleibt unterm Strich gleich: Laufen macht unseren Alltag besser! Grund genug, darauf achtzugeben, damit wir nicht zur Laufpause gezwungen werden. Damit fängt besser laufen an: mit dem Verständnis, dass wir uns um den Körper kümmern müssen, damit wir noch lange verletzungsfrei, leistungsfähig und vor allem mit Spaß laufen können.
Yoga hat mich gelehrt, meinen Körper besser kennenzulernen, Zusammenhänge und Abläufe nicht nur in der Theorie zu verstehen, sondern vor allem zu spüren. Die Kombination aus Wissen und Körpergefühl ermöglicht mir, neben dem verbesserten Einsatz des Bewegungsapparats, auch ein schnelleres Reagieren auf Körpersignale. Übertragen auf das Laufen, gelingt es mir dadurch, den Bewegungsablauf zu optimieren: eine aufrechte Körperhaltung, der Armeinsatz, große, geschmeidige Schritte aus der Hüfte.
Das sieht nicht nur schöner aus, es fühlt sich auch besser an. Und schließlich ist eine gute Lauftechnik die Grundlage für schnelleres und längeres Laufen. Der Körper kann Belastungen kraftvoller und über einen längeren Zeitraum standhalten. Yoga zeigt mir, dass es besser läuft, wenn ich meinen Körper achtsam behandle und ihm Ausgleich und Pausen ermögliche, um Überlastungen und Verletzungen zu vermeiden und den Spaß am Laufen zu behalten.
Auf den ersten Blick haben Laufen und Yoga nicht so viel gemeinsam. Aber der zweite Blick lohnt sich: Du wirst überrascht sein, wie viel Yoga und Laufen verbindet und dass Läufer sogar für Yoga gemacht sind. Mein Ziel ist es, zwei scheinbar unterschiedliche Welten näher zusammenzurücken, und das Verständnis für einen ganzheitlichen Ansatz zu schärfen.
Noch immer beobachte ich häufig, dass Yoga Vorstellungen weckt, die fern von dem Ansatz sind, den Yoga im Sport verfolgt. Meine Motivation ist es, die Distanz oder Abwehr abzuschwächen und möglichst viele Läufer davon zu überzeugen, dass Yoga für Läufer wie gemacht ist.
Dieses Buch beantwortet die Frage: „Warum ist es sinnvoll, Yoga und Laufen zu verbinden?“, und bietet eine Lösung, wie daraus eine Einheit entstehen kann, von der du nur profitieren kannst.
Solange wir beschwerdefrei sind, sehen wir die Notwendigkeit einer Veränderung nicht. Aber was, wenn der Schmerz plötzlich da ist? Ein Ziepen hier, ein Wehwehchen dort. Und schon fühlt sich das Laufen gar nicht mehr so rund an. Das Drama ist vorprogrammiert.
Spätestens jetzt ist es Zeit, der Tatsache in die Augen zu schauen: Laufen allein ist nicht gesund für unseren Körper. Repetitive Bewegungsmuster allein sind nie gut für den Körper, denn eine einseitige Belastung verursacht über kurz oder lang Überlastungserscheinungen und Dysbalancen, die das Verletzungsrisiko enorm steigern.
Wenn uns die Tatsache bewusst ist, dass unsere Lauffähigkeit durch Laufen allein gefährdet ist und wir die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer Methode erkennen, die das Laufen unterstützt und folglich verbessert, besteht die Chance, unsere Freude am Laufen und die Bereicherung des Alltags durch das Laufen langfristig zu retten – und das im besten Fall schon, bevor die Beschwerden auftreten. Nur wenn wir den Sinn und Zweck von Yoga für Läufer verstehen, wird Yoga einen festen Platz finden.
Und das ist das Ziel. Über die offensichtlichen Unterschiede und das Aufdecken von Gemeinsamkeiten von Laufen und Yoga nähern wir uns den vielseitigen Vorteilen, die Yoga Läufern zu bieten hat, und damit auch der Antwort, warum es sich lohnt, endlich mit Yoga zu starten.
Der erste Schritt ist getan. Nun schlagen wir die Brücke von der Theorie zur Praxis und starten auf der Yogamatte. Es erwartet dich ein Yogaprogramm, das ohne viel zusätzlichen Zeitaufwand in jeden Laufalltag einzubinden ist, das für jedermann – simpel, aber effektiv – konzipiert ist, und vor allem auf die Bedürfnisse von Läufern zugeschnitten ist.
Sinnvolle Übungen für die Optimierung und den Ausgleich des Laufens sollen dir eine Orientierung und die notwendige Unterstützung geben, um deine eigene Yogaroutine in deinen (Trainings-)Alltag einzubinden. Die Übungen und Bewegungsabfolgen orientieren sich am Bewegungsmuster des Läufers. Sie sind so ausgewählt, dass sie zum einen dabei helfen, die Laufbewegung zu optimieren, und zum anderen die Laufbelastung ausgleichen.
Aus der Praxis heraus! Nur wenn ich selbst ausführe, was ich vermittle, kann ich meine Erfahrung mit Überzeugung weitergeben. Ich habe schnell gemerkt, dass mir das Yogaunterrichten für Sportler besonders viel Freude bereitet, denn hier kann ich mitfühlen und verstehen. Die Leiden eines Läufers kenne ich aus eigener Erfahrung zu gut, denn ich laufe viel. Ob feste Beine oder steifer Rücken, nach dem Lauf komme auch ich nicht mehr geschmeidig an meine Fußzehen.
Ich habe eine Methode gefunden, die mir das Gefühl von Leichtigkeit zurückgibt, und für mehr als einen entspannten Rücken sorgt: Yoga. Das war das Beste, was mir begegnen konnte, um mein Laufen zu verbessern. Dabei bereichert es längst nicht mehr nur das Laufen, sondern meinen gesamten Alltag. Das möchte ich mit möglichst vielen Läufern teilen.
Schließlich ist das Buch eine Sammlung meiner Erfahrungen und (Er-)Kenntnisse, die ich über Jahre aus meiner Trainingsgestaltung, meiner Lauferfahrung, meiner Yogapraxis, diversen Yogaaus- und -fortbildungen sowie aus dem Unterrichten von unzähligen Yogastunden gefiltert habe. Es soll als Orientierung und vor allem als Inspiration für einen ganzheitlichen und achtsamen Bewegungsansatz beim Laufen dienen.
Dabei sind viele Gedanken und Ideen in der Bewegung – beim Laufen und auf der Yogamatte – entstanden. Wenn meine Gedanken unklar wurden, musste ich zurück in die Bewegung, damit sich wieder Energie, Klarheit und Struktur einstellen konnte. Die Wirkung der Bewegung wird uns zu einem späteren Zeitpunkt noch mal ausführlicher begegnen. Die Ausdauerfähigkeit durch das Laufen und die gewonnene Gelassenheit und Beharrlichkeit durch die Yogapraxis haben mir schließlich geholfen, nicht nachzulassen, sondern immer weiterzugehen. Mein Motivationsgedanke – wie beim Marathon – war immer das Ankommen.
Nur wenn ich selbst „fühle“, was beim Laufen und beim Yoga mit meinem Körper passiert, wo Schwachstellen entstehen und wie Lösungsansätze helfen, kann ich meine Erfahrung teilen und die Essenz bestmöglich vermitteln. Durch die Selbsterfahrung erlange ich die notwendige Inspiration und kann mit Ideen und Ansätzen überzeugen.
Was ist eigentlich Yoga? Vorweggenommen: Yoga ist nicht gleich Yoga. Yoga ist das, was wir selbst daraus machen. Heutzutage gibt es unzählige Ausrichtungen von Yoga und Motive, um auf die Matte zu gehen. Dabei gibt es kein Richtig und kein Falsch. Yoga kann z. B. eine Bewegungsform, eine Meditationsmethode, eine Sportart oder aber auch eine Einstellung und Lebensweise bedeuten. Dass Yoga sich in so viele Richtungen bewegt und entwickelt hat, weckt verschiedene Meinungen.
Ich finde es großartig, dass Yoga Teil so vieler Bereiche geworden ist, verschiedene Rollen einnimmt und auf unterschiedlichste Weise wirkt. Ich sehe Yoga als Instrument, das ich meinen Bedürfnissen anpassen kann. Nur so kann Yoga für mich funktionieren. Denn es bedarf Hingabe und Kontinuität. Es muss ins Leben integrierbar und adaptierbar sein. Yoga muss zu einem natürlichen Bedürfnis werden, nach dem wir verlangen und es benötigen, um unser Leben ein Stück besser zu machen.
Yoga kann nicht einfach übergestülpt werden, es muss sich anschmiegen und einfügen und ein natürlicher Teil unseres Alltags werden. Der schwierige Part ist, die Orientierung zwischen all den Angeboten und Versprechen zu finden.
»Welche Art passt zu mir?
»Wo finde ich, was ich suche?
»Was suche ich eigentlich?
Ich möchte dir in diesem Buch einen Leitfaden mit auf den Weg geben und dir eine Idee bieten, welche Rolle Yoga für dich als Läufer spielen kann. Und wie du dich auf den Weg machen kannst, um Yoga auf dich und deine Situation zuzuschneiden und daraus dein individuelles Instrument zu kreieren.
Aber noch einmal zurück zum Yogaursprung: Yoga ist eine jahrtausendalte indische Lehre. Aus der heiligen Schrift Sanskrit kann man Yoga mit Vereinigung übersetzen. Zwischen all den verschiedenen Yogastilen bleibt das die Gemeinsamkeit: etwas zusammenbringen und vereinen. Körper und Geist, Laufen und Yoga, Anspannung und Entspannung und so weiter.
Das Ergebnis ist Balance. Die Intention ist es, Gleichgewicht herzustellen, auf körperlicher und geistiger Ebene. Der Bezug, die „Einheit zu schaffen“, wird dir in diesem Buch immer mal wieder begegnen.
Einzuordnen ist Yoga als eines der sechs klassischen indischen Philosophiesysteme (Sichtweisen der Wirklichkeit bzw. Weltanschauung). Hierbei bezieht sich Yoga auf das von Patanjali verfasste Yoga Sutra – ein Schriftwerk in 196 Versen in vier Kapiteln, das die indische Philosophie des Yoga übermittelt und als Yogaleitfaden dient.
In einem der Kapitel wird die Yogapraxis als achtgliedriger Pfad Ashtanga dargestellt. Im Rahmen dieses Buchs gehen wir auf zwei dieser acht Glieder tiefer ein: Asana – das Praktizieren der körperlichen Übungen und Pranayama – die Atemübung. Und bleiben damit hauptsächlich auf der körperlichen Ebene.
Das Ziel des Yogawegs anhand des (Leit-)fadens von Patanjali wird Samadhi genannt – darunter versteht man die vollständige Ruhe des Geistes.
Die Tatsache, dass Yoga ursprünglich in Indien nur den Männern erlaubt war, wandelte sich Mitte der 1950er-Jahre, als eine Schülerin des „Vater des modernen Yoga“, T. Krishnamacharya, in die USA kam und dort begann zu unterrichten. Yoga entwickelte sich von dort an bis heute zu einer frauendominierten Praxis. Jedoch ist u. a. dank der Sportwelt, die Yoga mehr und mehr Beachtung schenkt, wieder eine Rückkehr der Männer auf die Yogamatte zu beobachten.
Erfahrungsgemäß erweist sich die körperliche Ebene als sinnvoller Einstieg ins Yoga für Sportler, denn mit Bewegung und Atmung sind sie durch den Sport vertraut. Auf diesem Weg gelingt der Zugang leichter und die Chance auf mehr Zuwendung und Offenheit Yoga gegenüber ist groß. Es gibt diverse Yogaprogramme, die auf verschiedene Sportarten und die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten sind. So hat sich Yoga in der Sportwelt in den letzten Jahren stark etabliert.
Profivereine und Athleten praktizieren und empfehlen Yoga, was die Akzeptanz und ein Zusammenrücken von Sport und Yoga enorm positiv beeinflusst. Auch in der Läuferwelt beobachte ich das steigende Interesse und die Neugier auf die Wirkungsweise von Yoga. Es fällt auf, dass sich das Bild und die Einstellung Yoga gegenüber dahin gehend verändert, dass es als Teil der jeweiligen Sportart gesehen und in Einklang gebracht wird.
Sportler erkennen die Vorteile und erfahren die Wirkung, die das Sporttreiben ergänzt, ausgleicht und bereichert. Die Distanz und Ablehnung aufgrund einer überholten Vorstellung wird glücklicherweise immer geringer.
Beim Yoga war es Liebe auf den zweiten Blick. Laufen war zuerst da, bis ich entdeckte, dass mich Yoga zu einer besseren Läuferin machen kann. Ich hatte das Glück, den Zugang zu finden, das gelang mir über den Sport. Lange nutzte ich Yoga als zusätzliche sportliche Aktivität und wählte Yogastunden, die vor allem eins versprachen: Anstrengung, Tempo und Herausforderung. Atemübungen, langes Verharren in Positionen und Endentspannung hingegen empfand ich damals als befremdlich und überflüssig, ja sogar als nervig. Als Startschuss für meine Yogareise war der sportliche Ansatz das Richtige, denn hier fühlte ich mich sicher und blieb dran. Der Beginn eines Prozesses, der mich geduldig lehrte, dass Yoga noch viel mehr als ein Fitnessprogramm zu bieten hat.
Als ich begann, mich tiefer mit dem Thema Yoga zu beschäftigen, stellte ich mir die Frage, wo mein Platz in der Yogawelt wohl ist. Die unzähligen Yogastile und -ideologien waren überwältigend und verursachten Verwirrung und Orientierungslosigkeit. Ich entschloss mich zu einer Grundausbildung im Vinyasa Yoga – einer modernen, dynamischen und sehr sportlichen Yogarichtung. Von dort an rückte neben dem eigenen Praktizieren auch das Unterrichten in den Vordergrund.
Und wen wollte ich unterrichten? „Own Your Road“ – einen Leitsatz, den ich während meiner Ausbildung zur Yogalehrerin aufschnappte und der sich tief in mir verankerte. „Da, wo du selbst stehst, bist du gut in dem, was du tust.“ Läuferin, Yogalehrerin und Schülerin zugleich, das zu geben, was ich selbst benötige: Yoga, zugeschnitten für Läufer, ist das Ergebnis. Hier fühle ich mich am richtigen Platz.
Dahinter steht ein Yogaprogramm, das sowohl die Laufbewegung optimieren als auch die Laufbelastung ausgleichen soll, mit dem Ziel, besser zu laufen. Dabei rückt das Bewegungsmuster des Läufers immer in den Fokus und ist der Ausgangspunkt für die Auswahl und den Aufbau der Yogaübungen, die im zweiten Teil des Buchs vorgestellt werden.
Laufen und Yoga miteinander verbinden, eine Einheit bilden, das entspricht genau der Idee von Yoga. Alles in Einklang und ins Gleichgewicht bringen, nichts voneinander trennen. Übertragen ins Laufen, bietet das einen ausgeglichenen und ganzheitlichen Trainingsansatz: die Balance und die Verbindung von Anspannung und Entspannung, Kraft und Flexibilität, Herausforderung und Routine.
Yoga gehört einfach dazu. Tägliches Laufen ohne meine Übungsroutinen vorher oder danach kann ich mir mittlerweile nicht mehr vorstellen. Mein Körper soll nicht nur einfach laufen können, er soll sich auch gut dabei anfühlen. Ich möchte Stabilität, Bewegungsfreiheit und Geschmeidigkeit spüren, damit mir das Laufen Spaß macht. Ich bin überzeugt, dass ich ohne diese Verschmelzung längst nicht so lange und oft, beschwerdefrei, leistungsfähig und mit Spaß laufen könnte. Und ich habe noch viel vor: Mein Leben lang in der Lage zu sein, einfach loszulaufen, um nicht darauf verzichten zu müssen, was mir das Laufen gibt, das ist meine Motivation.
2018 bin ich meiner bisher größten Laufherausforderung begegnet, dem TransAlpine Run. 265 km und 16.000 Höhenmeter in sieben Tagen über die Alpen. Nicht nur körperlich, sondern auch mental eine Probe der Leidensfähigkeit. Das Gleichgewicht von Beharrlichkeit und Gelassenheit brachte mich Etappe für Etappe ins Ziel.
Yoga findet nicht nur auf der körperlichen Ebene statt, sondern berührt über kurz oder lang sowohl Mindset als auch unsere Emotionen. Was ich damit sagen möchte: Nicht nur das Dehnen und die Entspannung der Muskulatur leisten einen erheblichen Beitrag dazu, das Ziel zu erreichen, sondern auch das Bewusstsein meiner Fähigkeiten, das Vertrauen auf den eigenen Körper, Fokus und Willenskraft.