1 Börse: Grundwissen, Strategie, Psychologie

1.1 Allgemeines: Umgang mit dem Kolumnenbuch Band II

Da der Band I nachgedruckt wird, erübrigt es sich, die Kolumnen von 2016, 2017 und großteils 2018 zu überarbeiten und Kurslisten zu aktualisieren. Um mich nicht unnötig zu wiederholen und Überschneidungen weitgehend zu vermeiden, habe ich in den Kolumnen für 2019 und den Jahresanfang 2020 großteils neue Themenfelder ausgewählt.

Auch dieses Kolumnenbuch ersetzt kein systematisch aufgebautes Sachbuch. Es bietet wichtige, spannende Episoden auf wenigen Seiten in leicht verständlichem Deutsch mit Verzicht auf Schachtelsätze und schwierige Fachbegriffe. Ich bringe die Kolumnen nicht kalendarisch geordnet, sondern reihe sie in Schwerpunktthemen ein. Deshalb lädt Sie auch dieses Kolumnenbuch zum Stock Picking ein. Greifen Sie sich das heraus, was Sie besonders interessiert, wo Sie vielleicht Wissenslücken und manches bislang nicht verstanden haben. Gehen Sie also ähnlich vor wie beim Stock Picking mit Aktien, ETFs oder Aktienfonds.

Nehmen Sie das handliche Buch mit, wenn Sie unterwegs sind und damit Wartezeiten Sie nicht länger langweilen, also in Trambahn, Bus und Zug – gern auch als Urlaubsbegleiter. Haben Sie die eine oder andere kurze Frage, schreiben Sie mir eine E-Mail. Aber dies bedeutet natürlich nicht, mir im Anhang Depotübersichten zuzuschicken. Das geht allein aus Zeitgründen nicht.

Beginnen Sie mit den Themenfeldern, die für Sie wichtig und interessant sind. Ich freue mich, wenn Sie dadurch Ihre Aktienauswahl optimieren. Aber schon jetzt muss klar sein: Meine Kolumnen sind kein Ratgeber für spekulatives Trading mit Hebeln, Long und Short. Sie sind keine Anleitung für ein schnelles, riskantes Rein und Raus. Da winken ungewöhnlich hohe Renditen. Aber es drohen auch extrem hohe Verluste. Als Erfinderin der Hoch-/Tief-Mutstrategie will ich Sie für eine breit gestreute Langzeitstrategie gewinnen. Wird sie richtig angewandt, ohne die ganz großen Fehler zu machen, dürfen Sie auf ansehnliche Renditen hoffen. Dies gilt für Value- wie für Growth-Aktien. Die Dividendenstars mit jährlich steigenden Ausschüttungen spielen eine wichtige Rolle bei Ihrem Vermögensaufbau.

1.2 Die Neuordnung der deutschen Indizes als große Chance

Die Deutsche Börse AG reformierte am 24. September 2018 das Regelwerk für deutsche Indizes. Viel Arbeit kam damit auf die aktiv gemanagten Aktienfonds und die passiven ETFs zu, die ja ein Börsenbarometer exakt abbilden müssen. Die anstehenden Änderungen sind gewaltig. Im MDAX mit nunmehr 60 und im SDAX mit sogar 70 Titeln ging es richtig zur Sache. Warum das alles? Ziel war, Technologieaktien auch im bislang klassisch ausgerichteten MDAX und SDAX zu verankern und damit deren Attraktivität zu steigern. Also kommt jetzt nicht nur Value, sondern zugleich auch Growth in Ihr Depot, das dadurch farbig und zukunftsfähig wird.

Was geschah beim DAX?

Der deutsche Leitindex ist nur indirekt beteiligt. Die Änderungen sind mit der Doppelnotiz der vier Technologiewerte Dt. Telekom, Infineon, SAP und Wirecard begrenzt. In den USA geschieht dies schon lange. Apple und Microsoft sind im Dow Jones wie auch im Nasdaq 100 gelistet. Die passiv gemanagten TecDAX-ETFs müssen die Aktien der vier DAX-Firmen aufnehmen. Die aktiv gemanagten TecDAX-Aktienfonds lassen sich diese Chance auch bei viel Freiraum nicht entgehen, auf vier DAX-Titel mit über 260 Mrd. Euro Börsenwert zuzugreifen.

Die Commerzbank stieg aus dem Leitindex ab und Wirecard vom TecDAX auf. Es folgte 2019 eine weitere Verschiebung, nämlich Aufstieg MTU AERO, Abstieg ThyssenKrupp. Der ins Gerede gekommene Onlinebezahldienstleister Wirecard konnte allein 2018 den Kursgewinn verdoppeln und mit einer Marktkapitalisierung von 24 Mrd. Euro die Commerzbank mit 10 Mrd. Euro überrunden. Können Sie sich an 2016 erinnern, als ein dubioses Research-Institut aus Geldgier und Eigennutz den Leerverkauf bei Wirecard einleitete mit Kursziel null? Ich griff bei 33 € zu.

Was passierte beim TecDAX?

Die Neuordnung deutscher Indizes bewirkt, dass vom DAX die Dt. Telekom, Infineon, SAP und Wirecard auch im TecDAX gelistet sind. Die übrigen 26 von insgesamt 30 TecDAX-Firmen ziehen zusätzlich in den MDAX oder SDAX ein. Umgekehrt ist das nicht erlaubt. Wofür mir allerdings jegliches Verständnis fehlt, ist die Tatsache, dass seit der Neuordnung die Tagespresse aus Platzgründen den TecDAX als erfolgreichsten deutschen Index überhaupt nicht mehr abbildet. Die Aufstockung von 50 auf 60 MDAX-Titel und von 50 auf 70 SDAX-Aktien, also insgesamt 30 Aktien, ließ sich bequem ausgleichen durch die TecDAX-Streichung. Geht man so mit Tabellenführern im Drei-, Fünf- und Zehn-Jahresvergleich um?

Wie präsentiert sich nun der MDAX?

Für den MDAX verändert sich einiges. Er umfasst nun 60 mittelgroße Werte aller Branchen, da seit der Neuordnung auch offensive Growth-Aktien aus den Technologie-, Software- und Biotechfirmen Mitglied im MDAX sein dürfen.

Von Börsenwert, Streubesitz und Umsatz hängt es ab, ob es einen Platz im begehrten MDAX oder im Kleinwerteindex SDAX gibt. Vom TecDAX zogen zwischenzeitlich 18 Unternehmen zusätzlich in den MDAX ein: Bechtle, Cancom, Carl Zeiss Meditec, Compugroup, Dialog Semiconductor, Evotec, Freenet, MorphoSys, Nemetschek, Qiagen, Sartorius, Siemens Healthineers, Siltronic, Software AG, Telefónica, Teamviewer, VARTA und United Internet.

Der MDAX wird noch attraktiver, weil die Zukunftsmärkte Industrie 4.0 mit dem Internet der Dinge, der Künstlichen Intelligenz mit Robotik, der vernetzten und digitalisierten Welt dabei sind.

Was änderte sich beim SDAX?

Der SDAX mit den Small Caps ist durch die Aufnahme von TecDAX-Titeln und den Abstieg mehrerer MDAX-Aktien kaum wiederzuerkennen. Vom TecDAX sind aktuell acht Firmen zusätzlich gelistet: 1&1 Drillisch, Aixtron, Jenoptik, New Work (früher XING), Nordex, Pfeiffer Vacuum, RIB Software und S&T.

Folgen: Jeder SDAX-ETF muss den gesamten Index abbilden. Innovative Aktienfondsmanager sollten die Chance aufgreifen, aus 70 Werten die besten Aktien herauszufiltern. Angereichert mit TecDAX-Technologie, zieht Growth in den bislang klassischen SDAX ein. Im Bullenmarkt spielt die Zukunftsmusik groß auf.

Nachteil: Der SDAX wird mit 70 Titeln sehr unübersichtlich. Ein schwacher Trost: Vor 2003 umfasste er auch schon 70 Werte. Aber der Markt von damals ist mit der heutigen Vielfalt kaum zu vergleichen.

Anlegertipp: Sie sollten nicht in Herdentriebmanier abwarten und nachmachen, was andere tun. Ordern Sie als kluger Perlenfischer möglichst frühzeitig chancenreiche Aufsteiger bei Kursschwäche. Wer in den Fußstapfen anderer geht, kann nichts bewegen.

Börsenaltmeister André Kostolanys Aktienerfolgsformel lautet sinngemäß fünfmal G: Geld, Geduld, Glück, gute Gedanken!

Time schlägt Timing. Wer 1996 ca. 5.000 € in Amazon-Aktien steckte, bei dem wuchs sein Einsatz auf über eine Million. Im Langzeitvergleich steigt auch die Dividende. Sartorius und Nemetschek schafften in 10 Jahren Kursgewinne von 4.000 %.

1.3 Weg mit haltlosen Vorurteilen! Nutzen Sie die Kursschwankungen bei Nebenwerten

Klammern Sie sich nicht an überholte Vorurteile. Nutzen Sie die zu Unrecht verteufelten Kursschwankungen an den Aktienmärkten. Denn: Kursschwankungen sind gut – für Anleger mit Mut! Konzentrieren Sie sich auf gute Nebenwerte, nachhaltig wirtschaftende Familienfirmen vom TecDAX, MDAX, SDAX und noch kleinere Titel! Anregungen bietet mein Musterdepot „Klein & Fein“. Der DAX, um den sich immer alles dreht, wird abgehängt.

Der MDAX mit jetzt 60 mittelgroßen Werten, vergleichbar mit der 2. Fußballbundesliga, schneidet seit 20 Jahren mehr als doppelt so gut ab wie der DAX. Er springt von einem zum nächsten Allzeithoch, ohne dass darüber groß berichtet wird. Das neue Allzeithoch liegt bei rund 28.800 Punkten. Nachdem im MDAX jetzt auch die 18 größten TecDAX-Aktien Mitglied sind, dürfte er noch mehr an Zuspruch gewinnen. Technologie wird nicht länger ausgebremst.

Gleiches gilt für den auf 70 Werte aufgestockten Kleinwerteindex SDAX, an die 3. Fußballliga erinnernd. Er erfreut mit einem Höchststand von 12.750 Zählern und schnitt im Mehrjahresvergleich doppelt so gut wie der DAX ab. Er nimmt acht TecDAX-Titel zusätzlich auf. Auch hier ist Technologie angesagt.

Der TecDAX für Technologie-, Software-, Biotech- und Medtechtitel, dessen Mitglieder gleichzeitig den MDAX und SDAX bevölkern, konnte die Traummarke von 3.250 Punkten knacken. Da alle Titel mit Doppelnotiz auch im Mid und Small Cap MDAX und SDAX gelistet sind, müssen die ETFs diese Aktien übernehmen. Das sorgt bei gutem Börsenklima für Kursauftrieb.

Wie reagiert die führende Wirtschafts- und Börsenpresse auf die Neuordnung der deutschen Börsenbarometer? Wie auch sonst so oft im Leben, in der Schulzeit ständig eingeübt, schreibt einer vom anderen ab. Da wird auf die Abbildung des TecDAX mit der Begründung verzichtet, all diese Titel im DAX, MDAX und SDAX zu entdecken. Doch – Börsenwissen vorausgesetzt – wer begibt sich schon auf diese mühsame Suche? Hat es der siegreiche TecDAX, vergleichbar im Fußball mit dem FC Bayern München, nicht verdient, eigenständig abgebildet zu werden? Ich bin entsetzt, wenn ich lese: „Der MDAX-Konzern Sartorius …“ usw.

Die Erkenntnis, dass Kursschwankungen große Chancen bieten, hinterfragen selbst Profis nur selten. Durch die negative Einschätzung wachsen Angst und Furcht vor einem neuen Crash. Das Millionärsziel lässt sich am ehesten erreichen mit einer langfristigen Aktienanlage und mutigem Ausnutzen von Kursschwankungen. Volatilität nach oben dient dazu, Gewinne mitzunehmen und Geld zu beschaffen für einen günstigen Einstieg und Zukauf bei einbrechenden Kursen. Allerdings sollte es bei den besten Aktien nur Teilverkäufe geben getreu dem Motto: „Meine besten Rennpferde bleiben im Stall und sind unverkäuflich.“

Studieren Sie die Kursliste „Klein & Fein“. Diese Aktien besitze ich. Die Dividendenrendite wächst mit fortlaufender Dauer oft zweistellig an. Dies gilt z. B. für ATOSS Software, Datagroup, Mensch & Maschine, SIXT und VIB Vermögen.

1.4 Börsengänge überschuldeter Start-ups: Es herrschen Zustände wie am Neuen Markt

Sobald Sie über geplante Börsengänge mit neuen Aktien etwas erfahren, fragen Sie sich: Wann mitmachen? Wann verzichten? Wie auf zu hohe Nachfrage mit Kursanstieg reagieren? Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht. Was Sie nicht mögen, kennen und verstehen, sollten Sie am Aktienmarkt eher meiden!

Vorsicht: Die hochkapitalisierten, deshalb Einhorn genannten milliardenschweren Börsenneulinge sind oft hoch verschuldet. Die Neulinge LYFT, UBER, Pinterest und vor allem WEWORK aus den USA dürfen einen schweren Stand an der Börse haben. Es wird lange dauern, bis sie schwarze Zahlen schreiben. Erinnerungen an den im Abgrund endenden Neuen Markt werden wach. Ob ein paar Jahre später eine Traumkarriere winkt wie bei Amazon, ist bei der starken Konkurrenz im In- und Ausland keineswegs sicher. Nur Spekulanten sollten zugreifen. Geduldiges Abwarten ist angesagt. Nur wenig besser sieht es bei SLACK aus.

Ein Steckbrief der zum Börsengang angetretenen US-Firmen

LYFT: Der kleinere Konkurrent von UBER erlebte einen denkbar schlechten Börsenstart. Seit dem IPO Ende März 2019 büßte die Aktie über 15 % vom Ausgabekurs ein. Im Preiskampf mit dem UBER-Fahrdienst wurden bei einem Umsatz 2018 mit 2,16 Milliarden US-Dollar Verluste in Höhe von minus 911 Mrd. Dollar geschrieben. Wie soll LYFT (WKN A2P E38) aus der Schuldenfalle herausfinden mit UBER im Nacken? Der Ausgabepreis lag bei 72 Dollar. Im Mai waren es nur noch 50 Dollar – und das beim vorbörslichen Kurs von mehr als 88 Dollar. Mitte Dezember 2019 kostet die LYFT-Aktie noch 42,60 €.

UBER: Positiver als bei LYFT sind einige Experten bezüglich der Zukunftschancen von UBER (A2P HHG) gestimmt. Es ist nicht sicher, ob es dem Taxikonkurrenten gelingt, die milliardenschwere Verschuldung abzubauen und ein ertragreiches Geschäftsmodell zu entwickeln. Auch dieser Börsengang verlief enttäuschend. Der Ausgabepreis lag bei 45 Dollar, der Schlusskurs mit 42 Dollar um 7 % niedriger. Da konnte das große Spektakel an der Wall Street auch nichts mehr ausrichten. Es scheinen doch viele Anleger aus ihren schlimmen Erfahrungen am Neuen Markt einiges gelernt zu haben.

Pinterest: Etwas besser sieht das Börsenleben bei Pinterest (A2P GMG) aus, der Plattform für Fotos und Bildeindrücke. Auch dieses US-Unternehmen ist verschuldet; aber das Verhältnis zwischen Umsätzen von 756 Mio. Dollar gegenüber 63 Mio. Dollar Schulden ist nicht ganz so dramatisch. Die Plattform verfügt immerhin über 265 Millionen aktive Nutzer. Pinterest versteht sich als eine Art visuelle Suchmaschine beispielsweise für Einrichtungsideen in Gebäuden und Wohnungen. Der Ausgabepreis von 19 Dollar wurde schon am ersten Börsentag um ein Viertel auf 25 Dollar aufwärtskatapultiert. Am 10. Mai 2019 kostete die Fotospezialistaktie 29 Dollar. Mitte Dez. 2019 waren es nur noch 18,50 Dollar.

SLACK: Hier erfolgte der Börsengang in Form einer ungewöhnlichen Direktplatzierung. Die Büro-App wurde mit 17 Mrd. Dollar bewertet, erwirtschaftete bei einem Umsatz von 400 Mio. Dollar im Vorjahr jedoch einen Verlust von 140 Mio. Dollar. Vom Jahreshoch bei 42 € blieb Mitte Dez. 2019 nur die Hälfte übrig: 21 Dollar.

WEWORK: Der Co-Working-Spezialist bietet neue Arbeitsformen an, wo berufstätige Menschen einen zeitlich flexiblen Arbeitsplatz mieten und den Vorteil gemeinsamen Arbeitens nutzen können. Kritische Analysten fragten sich, wie man mit einem Umsatz von 1,8 Mrd. Dollar Verluste von 1,9 Mrd. Dollar einfahren kann. Die Warnung war berechtigt: besser Finger weg! Der Börsengang wurde zum Desaster.

Börsengang (IPO): Wann zeichnen? Wann Finger weg?

Ein IPO, Abkürzung Initial Public Offering, bezeichnet das öffentliche Wertpapierangebot, also das Börsenlisting. Gewöhnlich wird der Börsengang gemeinsam mit einem Bankenkonsortium durchgeführt. Das Hauptmotiv ist, sich Eigenkapital zu beschaffen, um zu wachsen, sich neue Geschäftsfelder zu erschließen und Schulden abbauen zu können.

Das schlechte Börsenjahr 2018 hat vielen Anlegern das Ergebnis verhagelt – eine Erfahrung, die verarbeitet werden muss. So mancher muss noch lernen, mit Kurseinbrüchen umzugehen und eigene Strategien zu entwickeln. 2019 war zwar ein gutes Börsenjahr. Nachdem vor allem die großen amerikanischen Neuemissionen enttäuschten, gab es hierzulande weniger Börsengänge als erwartet.

Tipp: Nutzen Sie vorbörsliche Kursprognosen zur Orientierung! Selbst wenn Sie die Aktien nicht außerbörslich ordern wollen, tun Sie gut daran, beim Brokerhaus Lang & Schwarz (645 932) nachzuschauen, wie viel die Aktien kosten. Liegt der aktuelle Aktienkurs über dem oberen Ende der Handelsspanne, deutet dies auf eine Überzeichnung hin. Dann ist es sinnlos zu limitieren, also eine obere Preisgrenze zu setzen. Vielleicht bekommen Sie die Aktie einige Wochen später günstiger.

2019 war kein gutes Jahr für Börsengänge nach dem doch recht hoffnungsvollen Auftakt 2018

Im Jahr 2018 gab es in Deutschland immerhin 16 Börsengänge mit rund 211 Milliarden Euro Emissionsumfang. Im ersten Halbjahr 2019 sank der Wert der neu ausgegebenen Aktien um rund zwei Drittel auf nur noch 3,6 Milliarden Euro. Insgesamt ist 2019 seit der globalen Finanzkrise das schlechteste Jahr für neue Börsengänge nach dem erfreulichen Verlauf ein Jahr zuvor.

Hauptursachen sind die zahlreichen Krisenherde, Brexit, Sanktionen, Strafzölle sowie die Null- und Strafzinspolitik. Hinzu kommt der Einfluss der Untergangspropheten, die seit Jahren einen Crash in düstersten Farben ausmalen. Im Interesse der Aktienkultur wäre es besser, die Bevölkerung zu ermutigen, übriges Geld in Aktien anzulegen und über Dividenden den pauschalen Sparerfreibetrag von 801 € zu nutzen. In einem Jahrzehnt sind dies 8.000 € verschenktes Geld.

Gründliche Informationen als das A und O beim Börsengang

Freier Raum zum Eintragen neuer interessanter Börsengänge

1.5 Große Aktienrückkaufprogramme als eine willkommene Kursspritze?

Der Einzug von eigenen Aktien durch börsennotierte Konzerne dürfte weltweit erneut die alte Rekordmarke von einer Billion US-Dollar deutlich überschreiten – eine Zahl mit zwölf Nullen. Die Großkonzerne aus dem DAX wie Allianz, Adidas, Münchener Rück (Munich Re) und Siemens kaufen für Milliardenbeträge Aktien zurück. Sie ziehen Aktien ein und steuern damit in Deutschland auf einen Zehnjahresrekord von bald 5 Mrd. € zu.

Anleger lieben Rückkaufprogramme, wenn die Aktien eingezogen und vernichtet werden. Dadurch gewinnt jeder Anteilsschein an Wert. Ebenso ist die Zustimmung groß, wenn die eigenen Aktien für Übernahmen, Wandelanleihen oder als Belegschaftsaktien dienen. Der aktuelle Nachhaltigkeitstrend bezieht Mitarbeiter und Kunden mit ein. Da ist es durchaus ein Gebot der Stunde, als börsennotiertes Unternehmen mit guter Kursentwicklung und attraktiven Dividenden die Ausgabe von Belegschaftsaktien zu planen. Umgekehrt ist der Ärger ist groß, wenn der Rückkauf nur deshalb erfolgt, um Führungskräfte der oberen Ebenen mit Aktienoptionen bei Laune zu halten. Erfreulicherweise geschieht dies jedoch immer seltener.

Was macht Aktienrückkäufe attraktiv?

Bei Aktienrückkäufen wird Geld aus der Unternehmenskasse gegen einen höheren Aktienkurs und zufriedene Aktionäre eingetauscht. Damit ist oft die folgende Einschätzung verbunden: „Wer sich milliardenschwere Rückkäufe leisten kann, dem muss es gut gehen. Da kreist nicht der Pleitegeier!“ Laut Untersuchungen der US-Investmentbank Morgen Stanley laufen die Aktien von Firmen, die Anteilsscheine zurückkaufen, im ersten Jahr nach der Ankündigung im Schnitt um 13 % besser als der Gesamtmarkt. „Bei der Auswahl von Aktien sind Rückkäufe ein gutes Kriterium“, urteilt Analyst Ben Funnell von Morgan Stanley.

Aktienrückkäufe über 5,7 Milliarden Euro wurden bei DAX-Titeln für 2019 angekündigt und dürften neue Rekordstände bringen. Allianz, Adidas, BASF, Münchener Rück, Siemens und weitere Großkonzerne aus dem deutschen Leitindex kaufen für Milliardenbeträge Aktien zurück. Die dafür notwendigen Hauptversammlungsbeschlüsse zum Einziehen der eigenen Papiere sind bei den meisten Aktionären beliebt. Warum wohl? Wenn ein Unternehmen Aktien zurückkauft, um sie zu vernichten, gewinnen die verbleibenden Aktien an Wert. Bei gleichem Ergebnis erhöht sich durch die geringere Gesamtmenge der Gewinn pro Aktie.

Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis, wird der Titel preiswerter. Darauf schauen Analysten. Aktienrückkäufe bewahren ein Unternehmen davor, zu hohe Summen in Forschung & Entwicklung zu stecken. Investitionen sind jedoch viel besser, als Prachtbauten zu errichten oder Geld für Schnickschnack auszugeben.

Eigene Aktien werden auch eingesammelt, um sie bei Übernahmen einzusetzen. Die Konzerne wollen durch Einverleibung neue Märkte erschließen und lästige Mitbewerber abschütteln. Eine „freundliche“ Übernahme liegt vor, wenn das Bieterunternehmen und die Zielfirma den Zusammenschluss begrüßen. Ganz anders sieht dies bei „feindlichen“ Übernahmen aus. Hier wird oft heftiger Widerstand geleistet. Dies trifft vor allem zu, wenn „Heuschrecken“ die Angreifer sind, wozu auch Hedgefonds gehören.

Es fehlt gegenüber Aktienrückkaufprogrammen nicht an Kritik. Die Vorwürfe lauten: Wäre es nicht wichtiger, sich mit dem übrigen Kapital aussichtsreiche Wachstumsfelder zu erschließen? Gäbe es keine bessere Idee, als eigene Aktien zurückzukaufen? Mancher Großaktionär meint, eine üppige Dividende sei günstiger. Andererseits ist es sinnvoller, ein Rückkaufprogramm zu starten, als in den Zeiten von Null- und Strafzinsen das Geld längere Zeit zu parken.

Wie sollen Privatanleger reagieren? Es kann sich durchaus lohnen, zielstrebig und entschlossen auf angesehene Konzerne mit Rückkaufprogrammen zu setzen. Voraussetzung ist, dass in der Fachpresse und im Internet darüber rechtzeitig informiert wird. Die Rendite dürfte in nächster Zeit überdurchschnittlich hoch sein.

Was bislang kaum jemand wusste: Es gibt jetzt sogar ETFs, die sich auf Aktienrückkauf konzentrieren. Ich habe zwei Produkte ausfindig gemacht: das eine für Europa, das andere für die USA.

Anmerkung: Beide ETFs schütten die Dividende nicht alljährlich gebündelt aus, sondern legen sie in weitere Anteile an. Nachdem auch alle neuen Anteile die Dividenden wieder anlegen, erhöht sich in ein oder zwei Jahrzehnten die Menge erheblich, ohne dass dafür Transaktionskosten anfallen. Auf ideale Weise wächst Ihr Vermögen durch die Zauberformel mit thesaurierenden Produkten, nämlich den Zinseszinseffekt.

1.6 Lassen Sie sich nicht durch die Börsenpsychologie verunsichern (Teil I)

Vielleicht verbinden Sie mit der Börsenpsychologie Herdentrieb und Verdrängung. Sie denken an übermächtige Gier, die den Verstand raubt, und Panik, bei der alle vernünftigen Verhaltensgrundsätze über Bord geschmissen werden. Ich erinnere an meinen Börsenspruch: „Meide die gefährlichen Vier – Euphorie, Panik, Angst und Gier.“

Sie sind den Fallstricken der Börsenpsychologie jedoch nicht hilflos ausgeliefert. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Professor Daniel Kahneman erkannte nach jahrelangen Beobachtungen und Untersuchungen, dass viele Anleger nicht mehr vernünftig reagieren, wenn die Kurse übertrieben nach oben katapultieren oder in den Keller stürzen. Die meisten Menschen hassen Verluste mehr, als dass sie Gewinne lieben. Machen Sie sich das Wissen und den Erfahrungsschatz der Experten zunutze. Ein Crash zeigt seine hässlichste Fratze, wenn Aktien in wenigen Tagen ein Drittel, die Hälfte und mehr vom Börsenwert verlieren, obgleich sich die wesentlichen Geschäftszahlen nicht dramatisch verschlechtern. Computerverkaufsprogramme verstärken den Abwärtstrend. Stoppkurse lösen Kettenreaktionen aus. Und der Herdentrieb bremst jegliche Vernunft aus.

Der 87-jährige Starinvestor Warren Buffett klagt darüber, dass die Anleger Aktien ablehnen, wenn sie zum Schnäppchenpreis zu haben sind. Umgekehrt stürzen sie sich wie Geier darauf, sobald sie zum Höhenflug ansetzen und bald ganz oben notieren. Ein Crash ermutigt zum umgekehrten klugen Verhalten.

Warum fragte sich wohl Altmeister André Kostolany, ob es mehr Aktien oder Dummköpfe an der Börse gäbe? Ein rasant fahrender Börsenexpress mit überteuerten Aktien dient kaum als Warnsignal, sondern heizt die Gier weiter an. Eine sich aufblähende und danach platzende Spekulationsblase lässt ein Tal der Tränen zurück. Der Markt wird durch Verdrängung geprägt. In ruhigen Phasen sind dies 30 bis 40 %, in Krisen 80 bis 90 %. Ein Crash lässt sich jedoch nicht verhindern.

Aber Sie selbst müssen kein Spielball der Börsenpsychologie sein! Lernen Sie aus Fehlern. Was war richtig? Was war falsch? Wo muss ich mich verbessern?

Gefühlsüberschwang und Herdentrieb als Einflussfaktoren

Die beiden schlimmsten Fehler: Einerseits ist dies der viel zu frühe komplette statt nur teilweise Verkauf aussichtsreicher Aktien. Andererseits ist das zu lange Aussitzen und Mitschleppen langjähriger Verlierer ohne nennenswertes Erholungspotenzial zu nennen. Nachteilig ist die Scheu, Qualitätsaktien zu kaufen, wenn der Kurs schon eine Weile bergauf gerichtet ist. Die Abwehrhaltung: „Viel zu teuer! Deshalb kein Einstieg!“ hält davon ab, trotz Wachstumschance und angemessener Bewertung dabei zu sein. Erinnert sei an die Börsenweisheit: „Der Trend ist dein Freund! – Das schnelle Rein und Raus dein Feind!“

Was sagt die Statistik zu Gewinnmitnahmen? Die langfristig erfolgreichen, mit hohem Kursgewinn verkauften Aktien weisen meist auch in Zukunft höhere Renditen auf als die dafür neu ins Depot aufgenommenen Titel. Die Fortführung eines bestehenden Trends ist wahrscheinlicher als eine Trendumkehr. Eine Aktie ist nicht mit einer Rakete vergleichbar, deren Treibstoff begrenzt ist. Für die Verliereraktien gilt Gleiches. Sie binden Kapital und dürften sich kaum erholen, wenn der Kursrutsch fundamental begründet ist und die Charttechnik eindeutige Verkaufssignale sendet. Erinnert sei an die Börsenwarnung: „Viel hin und her macht Taschen leer!“

Die Psychofalle schnappt zu, wenn Sie als Anleger die Fehlspekulation als persönliche Niederlage empfinden und sich rechtfertigen wollen. Jetzt wird der Misserfolg verdrängt, jede Information, die sich nicht mit der eigenen Sichtweise deckt, ignoriert. Selbstüberschätzung, verbunden mit dem Anspruch, den Markt schlagen zu können, ist hinderlich. Meist wird nach Ausflüchten und Sündenböcken gesucht. Schuld sind immer nur die anderen. Dabei sind das Erkennen und Aufarbeiten eigener Fehler so wichtig. Dazu gehört, sich für sein Handeln verantwortlich zu fühlen, anstatt gleich nach einem Anwalt zu schielen.

Was haben Börsenpsychologie und Glücksspiel gemeinsam?

Warum steigen Casinospieler am Roulettetisch oft vorzeitig aus, wenn sie sich gerade in einer Glücksphase befinden? Weshalb hören sie dagegen nicht auf, wenn sie eine Pechsträhne erleiden? Sind solche Verhaltensprobleme auf das Spielcasino begrenzt? Namhafte Experten glauben, dass genau dieses Verhalten auch den Investoren an der Börse einige Prozent Rendite pro Jahr kostet. Die Verlustängste sind viel stärker ausgeprägt als die Freude über stattliche Kursgewinne. Als Anleger dürfen Sie sich nicht von Ihren Gefühlen und den von Angst geprägten Stimmungen ausbremsen lassen, um erfolgreich zu sein und in schwierigen Zeiten mit dem Börsengeschehen zurechtzukommen.

1.7 Nutzen Sie Ihr Börsenpsychologiewissen für den eigenen Vermögensaufbau (Teil II)

Wie sieht die psychologisch untermauerte Fehleranalyse mit Ihrer Erfolgsstrategie als verdiente Belohnung aus? Der Teil II dieser Börsenpsychologiekolumne setzt die Erkenntnisse der Börsenpsychologie auf das Anlegerverhalten um und bietet konkrete Hilfestellungen für mehr finanziellen Erfolg.

Börsenerfolg setzt eine kritische Selbstanalyse voraus. Wie hoch sind Ihre Renditeansprüche? Was können Sie sich leisten, wenn Sie sich Ihre Vermögensdecke, Ihren monatlichen Aufwand, Ihre Verpflichtungen und Ziele vor Augen halten? Wo haben Sie in der Vergangenheit Fehler gemacht? Einmal (verständlich) oder mehrmals (darf nicht wieder vorkommen)? Denken Sie an einen ungesicherten Abgrund in einer bergigen Landschaft, von dem Sie sich besser fernhalten.

Haben Sie auf Kursgewinne leichtfertig reagiert, alles auf eine Karte gesetzt, mit Ihren Erfolgen geprahlt? Kauf in 2 oder 3 Tranchen beziehungsweise Sätzen mit jeweils über 1.000 € und Teilverkauf bei hohem Kursgewinn sind die richtige Antwort. Nicht jede Aktie entwickelt sich zu einer Kursrakete bzw. zu einem „Einhorn“. Selbst in einem Fußballspitzenteam wie dem FC Bayern München bringt nicht jeder Spieler immer seine Höchstleistung. Geht Ihre Strategie daneben, suchen Sie nicht nach Sündenböcken. Fühlen Sie sich verantwortlich. Wo haben Sie Chancen ausgelassen? Was war der Grund für Ihr Zögern? Ein einmaliger Fehler sollte Denkanstoß sein, dass er sich nicht wiederholt.

Falls Sie sich schon von aggressiver Werbung beeinflussen ließen oder bei Angeboten von Anlagebetrügern auf dem Grauen Kapitalmarkt schwach wurden, bewerten Sie Werbung als reinen gefühlsmäßigen Kaufanreiz: vielleicht gut für Ihre Bauchstimmung und Gefühlswelt, dagegen schlecht und gefährlich als Grundlage für Börsenentscheidungen. Werbung bringt kein dauerhaftes Glücksgefühl und beeinträchtigt Ihre Sparziele, die auch auf Konsumverzicht gründen.

Wählen Sie unter Tausenden nur jene Aktien aus, die Sie bezüglich Nachhaltigkeit, Substanzkraft, Umweltschutz, Ethik, Kommunikation, Produkten und Finanzzahlen kennen und mögen. Ist Ihnen das Geschäftsmodell zuwider, sollten Sie nicht zugreifen. Gleiches gilt für unbekannte Aktien, wo es kaum Informationen gibt.

Mangelt es Ihnen nicht an Zeit, Geld, Mut und Lust, können Sie mehr Einzelaktien aufnehmen. Dies gilt vor allem dann, wenn Sie ein gutes „Elefanten“-Gedächtnis haben. Sie erhöhen breit gestreut die Chancen, auch beste Titel zu besitzen und langfristig zu halten – die Voraussetzung für meine Hoch-/Tief-Mutstrategie.

Kriminelle Gurus und Stammtischgeschwätz gefährden Ihren Börsenerfolg. Lassen Sie sich nicht manipulieren und billig austricksen. Schwimmen Sie mal bewusst gegen den Strom. Tote Fische treiben mit dem Fluss. Waren Sie selbst schon Opfer vom Massenphänomen Herdentrieb? Was tun Sie, damit dies nicht wieder vorkommt? Oft genügen hier schon couragiertes Denken und Handeln.

In Anlehnung an den Investorstar Warren Buffett sollten Sie bevorzugen, was Sie kennen, verstehen und mögen. Decken Sie Bereiche, über die Sie wenig wissen, am besten mit einem ETF ab, der das Börsenbarometer exakt abbildet. Allerdings können Sie auch lernen, Dinge zu verstehen. Da helfen verständliche Fachliteratur und Informationen aus dem Internet. Ließen Sie sich schon einmal zu unüberlegten riskanten Geldanlagen hinreißen? Das größte Risiko ist allerdings in den Nullzinszeiten, überhaupt kein Risiko eingehen zu wollen. Treue zum beliebten Sparbuch bedeutet eine schleichende Kapitalvernichtung.

Wer das schnelle Rein und Raus liebt, für den gilt: „Wer zu spät kommt, den bestraft der Markt.“ Bei langem Anlagezeitraum ist der Kaufzeitpunkt weniger entscheidend. Das gilt insbesondere für ETFs und Aktienfonds. Im Vorfeld der 5G-Auktion habe ich mir preisgünstig 1&1 Drillisch und United Internet, beide TecDAX, zugekauft. Einen Tag später wurde ich mit einem Kursgewinn von 10 % belohnt.

Hand aufs Herz! Haben Sie sich bislang ganz auf den DAX konzentriert, die Nebenwerteindizes MDAX, TecDAX, SDAX sowie ausländische Aktien weitgehend verschmäht? Höchste Zeit, eine Kehrtwendung einzuleiten! Schon um das Währungsrisiko zu senken, sind substanzstarke Aktien aus Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq 100 interessant. Ostasien und Lateinamerika, bei Risikofreude auch Russland, sollten mit klug ausgewählten Aktien, ETFs oder Aktienfonds in Ihr Depot einziehen. Der Zukunftsmarkt Künstliche Intelligenz und die Unberechenbarkeit von Donald Trump erfordern es, neue Schwerpunkte zu setzen. Die Zukunftsmusik spielt in der US-Technologiebörse Nasdaq und im deutschen TecDAX.

Verzetteln Sie sich nicht, indem Sie zu viele Internetmeldungen studieren. Belasten Sie sich nicht mit Nebensächlichkeiten. Auch die Spieltheorie empfiehlt, nicht in der Vergangenheit herumzuwühlen, sondern zielgerichtet zu handeln. Dies gilt umso mehr, wenn Sie berufstätig sind und eine Familie haben. Als Ruheständler kann dies anders aussehen. Da dürfte die gründliche Suche auch eine Art Zeitvertreib sein. Konzentrieren Sie sich auf solche Nachrichten, die inhaltlich und sprachlich überzeugen, verständlich und gut lesbar sind. Schieben Sie Unangenehmes nicht unnötig auf die lange Bank! Bei der ARD-Börse und NTV sind Sie gut aufgehoben.

Setzen Sie einen Teil Ihrer Aktienauswahl für antizyklisches Handeln ein. Dies bedeutet nicht, gegen den vorherrschenden Trend zu handeln, sondern frühzeitiges Reagieren auf eine mögliche Trendumkehr. Greifen Sie neben Value zu günstigen Kursen auch bei Growthtiteln zu. Bei Neuentwicklungen wie Brennstoffzellen und möglicherweise auch bei Medizincannabis sind kleinere Einsätze vertretbar.

In den Zeiten des Neuen Marktes stand das Wachstum an erster Stelle. Gewinn und Dividende spielten eher eine Nebenrolle. Diese Einstellung hat sich grundlegend gewandelt. Wer Qualitätsaktien jahrelang hält, bei dem steigt die Ausschüttung oft zweistellig an. Trotz Übergewichtung von Dividendenstars sollten Sie auch Aktien aus Bereichen erwerben, die wenig oder gar nicht ausschütten. Dies gilt für die Biotech-, Hightech- und Internetbranche. Bei dem niedrigen Zinssatz nahe null kann allein die Dividende eine schleichende Kapitalvernichtung stoppen.

Sie müssen aus Börsenverlusten ist kein persönliches Versagen ableiten und Gesichtsverlust befürchten. Nicht jede Aktie kann ein Kurstreiber sein. Wichtig ist ein dauerhaft gutes Ergebnis insgesamt. Auch in der Bundesliga spielt nicht jeder Spitzenspieler stets auf höchstem Niveau, sondern kennt schwächere Auftritte. Als schlimmer Patzer gilt, Verluste mit spekulativen Anlagen ausgleichen zu wollen.

Wünsche erhöhen keineswegs die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre eigene Einschätzung stimmt. Verdrängung, Herdentrieb und Sündenbocksuche helfen nicht weiter. Wann haben Sie überteuerte Aktien gekauft und Kursschwäche bei guten Titeln nicht genutzt? Zeichnen Sie von sich ein ehrliches Selbstbild, und analysieren Sie Ihre Schwachpunkte ungeschönt und aufrichtig.

Viele Privatanleger verharren weiterhin passiv am Rand des Börsenspielfelds, weil die Crashwunden nicht verheilen. Dagegen gab es nach jedem Crash neue Höchststände. Und wer breit gestreut 14 Jahre in Aktien angelegt hat, machte nie Verluste. Hier hilft die Erkenntnis, dass Sie mit dem Sparbuch bei Nullzinsen Ihr Kapital schleichend vernichten. Die Dividende bildet den Ersatzzins von heute.

Militärisch klingt dies so: Kaufen Sie, wenn die Kanonen donnern. Abseits von Kriegsgeschrei gilt: Greifen Sie zu, wenn Angsthasen all ihre Papiere zum Tiefstkurs in den Markt werfen. Machen Sie mit Teilverkäufen Gewinne, wenn Gierige überteuert ordern. Der Crash verliert seinen Schrecken bei überlegtem Handeln.

Wissen lässt sich durch gute Literatur und Seminare aufbauen. Und Sie erkennen, dass an dem Spruch „100 minus Lebensalter = Aktienanteil“ wenig Wahres dran ist. Junge Leute wollen, aber können oft nicht: zu geringes Einkommen, Wohnung, Familie, Auto, Karriere, Anschaffungen, Immobilie. Bei Senioren kann dies ganz anders aussehen. Auffällig ist, dass insbesondere junge Frauen mit gutem Gewissen anlegen wollen. Sie mögen die Aktien von Unternehmen, die nachhaltig, ethisch einwandfrei wirtschaften. Ältere Anleger wollen risikoarm investieren, ihre Rente aufbessern und einer drohenden Altersarmut entgehen.

1.8 Der Jahresausblick 2020: Welche Erwartungen, Chancen und Gefahren?

Im Gegensatz zum grottenschlechten Börsenjahr 2018 hat das zu Ende gehende Jahr 2019 die Erwartungen großteils erfüllt. Es gab zwar keine neuen Allzeithochs bei den deutschen Indizes, aber auch keine heftigen Kurseinbrüche. Ein Crash blieb bislang aus. Dabei verkünden Untergangspropheten düstere Prognosen vom längsten und schlimmsten Crash aller Zeiten. Nachtrag: Am 22.01.20 schaffte der DAX ein Allzeithoch von 13.600 Punkten.

Mit Untergangsstimmung lässt sich viel Geld verdienen. Lassen Sie sich nicht Ihre gute Laune verderben. Die Null- und Strafzinsen, so scheußlich sie für Sparbuchfans sind, wirken als Bollwerk gegen den Crash. Wohin mit dem Geld bei einem Kurssturz? Es gibt keine Alternativen zu Aktien, wenn Sie reich statt arm werden wollen.

Was ist vom neuen Jahr 2020 an der Börse zu erwarten?