Die Crew der Enterprise ist schockiert: In einem Labor des Raumschiffes wird die berühmte Wissenschaftlerin Lynn Costa ermordet aufgefunden. Sie und ihr Mann Emil haben für ihre Forschungserfolge die höchsten Starfleet-Auszeichnungen erhalten. Captain Picard beauftragt Lieutenant Worf und Counselor Troi mit der Aufklärung des Verbrechens.
Die Nachforschungen der beiden Enterprise-Offiziere enthüllen ein Gespinst aus persönlichem Ehrgeiz, Intrigen und Betrug hinter der glanzvollen Fassade der wissenschaftlichen Forschung. Karn Milu, Leiter der Schiffslaboratorien, soll Lynn Costa mit Morddrohungen unter Druck gesetzt haben.
Schlüssel zur Lösung des Verwirrspiels scheint eine von dem Ehepaar geheim gehaltene Entdeckung zu sein. Doch Emil Costa schweigt beharrlich – selbst dann noch, als ein zweiter Mord geschieht …
Über das Buch
Widmung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
JOHN VORNHOLT
KONTAMINATION
Star Trek™
The Next Generation
WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN
www.diezukunft.de
Für Nancy,
den Captain meines Herzens
Furcht. Unsicherheit. Zorn. Verwirrung. Schmerz. Die Flut aus Emotionen brandete Deanna Troi mit solcher Wucht entgegen, dass die Counselor fast vor der Frau zurückwich, die nervös durchs Zimmer wanderte. Lynn Costa strich mit beiden Händen durch ihr zerzaustes rotes Haar, in dem sich hier und dort graue Strähnen zeigten, zerrte dann den Saum der königsblauen Jacke nach unten. Ihre schmalen Schultern, krumm von stundenlanger Laborarbeit, bebten vor Wut.
»Wie konnte er es wagen, mich fortzuschicken!«, stieß sie hervor. »Wie konnte er es wagen!«
»Dr. Milu hat sich nur an die Vorschriften gehalten«, erwiderte Deanna ruhig. »Nachdem Sie zugaben, die Aufzeichnungen zerstört zu haben. Was hat Sie dazu veranlasst?«
»Es waren meine Aufzeichnungen«, zischte die Frau. »Und sie betrafen mein Projekt! Wie lange muss ich hierbleiben?«
Troi rang sich ein Lächeln ab. »Dies ist keine Zelle, sondern ein Beratungszimmer.«
Lynn Costa blieb stehen, und Hoffnung leuchtete in ihren aquamarinfarbenen Augen. »Ich kann also jederzeit gehen?«
»Natürlich«, bestätigte Deanna gelassen. »Aber vielleicht möchten Sie mit mir sprechen. Was beunruhigt Sie so sehr?«
»Wissen Sie das nicht?«, fauchte die Wissenschaftlerin. »Sie sind doch eine verdammte Betazoidin! Ich dachte, Sie sind imstande, Gedanken zu lesen, wie Dr. Milu.«
»Ich nehme Gefühle wahr«, erläuterte Troi mit einem Hauch Befangenheit. »Im Gegensatz zu Dr. Milu fließt in meinen Adern nicht nur betazoidisches Blut. Und selbst er kann keine Gedanken lesen. Seine Fähigkeiten beschränken sich auf telepathische Kommunikation.«
»Und wenn schon!« Die Frau beugte sich über Deannas Schreibtisch. »Selbst ein kleines Kind wäre in der Lage, meine Gedanken zu erraten! Ich möchte dieses Schiff verlassen! Hier halte ich es einfach nicht mehr aus!«
Deanna seufzte und fragte sich, wann ihr Vorrat an Geduld zur Neige ging, wann sie schließlich entschied, Dr. Beverly Crusher zu verständigen und sie zu bitten, Lynn Costa mit einem Sedativ zu beruhigen. Es spielte keine Rolle für sie, dass diese Frau zu den besten und meistgeehrten Wissenschaftlern der Föderation gehörte. Dr. Costa brauchte Hilfe. Und um diese Hilfe zu empfangen, musste sie bereit sein, sich hinzusetzen und auf die Stimme der Vernunft zu hören.
Troi kleidete ihre Überlegungen in Worte. »Bitte setzen Sie sich, Dr. Costa. Und hören Sie mir zu.«
Erstaunlicherweise nahm die Wissenschaftlerin tatsächlich Platz, auf der anderen Seite des Schreibtischs, und starrte die jüngere Frau stumm an. Ihr Blick verharrte nur für wenige Sekunden auf den Zügen der Counselor – dann hob sie zitternde Hände vors Gesicht und schluchzte. Ein Teil des wirren, ungekämmten Haars rutschte nach vorn. »Er will sich von mir trennen!«, kam es von ihren Lippen.
Deanna erhob sich halb und berührte die schmalen Schultern. »Wer will sich von Ihnen trennen?«
»Emil.«
Lynn Costa wirkte jetzt mehr wie ein Kind, obgleich sie achtzig Jahre alt war. Deanna musterte sie und konnte sich kaum vorstellen, dass diese Frau – zusammen mit ihrem Mann Emil – das Projekt Mikrokontamination zu verblüffenden Erfolgen geführt hatte. Die Ehe stellte mehr dar als nur eine private Angelegenheit; sie bildete das Fundament für die Zusammenarbeit von zwei berühmten Wissenschaftlern.
»Seit wann sind Sie verheiratet?«, fragte die Counselor leise. Ein kurzer Blick auf den Datenschirm hätte ausgereicht, um die Antwort zu bekommen, aber Deanna wollte Lynn Costas emotionale Reaktion feststellen.
Die Frau lehnte sich zurück, strich mit einer Hand widerspenstige Strähnen aus der Stirn und wischte mit der anderen Tränen aus den Augen. »Seit achtundvierzig Jahren. Offenbar zu lange, soweit es Emil betrifft. Aber nicht für mich.«
Liebe, dachte Troi. Ein besonders unberechenbares Gefühl. »Warum will er sich von Ihnen trennen?«
»Er möchte sich in den Ruhestand zurückziehen.« Es klang verächtlich. »Irgendwo in der Schweiz. Zu Anfang haben wir hart gearbeitet, um die Erde zu verlassen und ins All zu gelangen. Und jetzt denkt er an die Rückkehr.«
»In der Schweiz soll es sehr schön sein«, sagte Deanna. »Ich halte den Ruhestand nicht für eine schlechte Idee. Sie und Ihr Mann haben viel geleistet und es verdient, Ihren Lebensabend zu genießen. Nach der Perfektionierung des Biofilters …«
»Nicht schon wieder der verdammte Biofilter!«, entfuhr es Lynn Costa. Sie sprang auf und hob die Fäuste, schlug damit auf einen unsichtbaren Gegner ein. »Warum wird dauernd der Biofilter erwähnt? Er ist inzwischen eine Generation alt. Glauben die Leute, wir hätten seitdem nichts anderes zustande gebracht?«
Die Wissenschaftlerin taumelte, und Deanna trat rasch hinter dem Schreibtisch hervor, um sie zu stützen. Troi war nicht sehr groß, aber in ihren Armen schien Lynn Costa so klein und hilflos zu sein wie ein verletzter Spatz.
»Na, na«, murmelte sie, als die alte Frau erneut schluchzte. »Es ist sicher nicht so schlimm.«
Lautes Schniefen. »Ich habe noch nie zuvor auf diese Weise empfunden. Es gab nur immer Arbeit, Arbeit, Arbeit. Eine ganze Galaxis voller Mikrokontamination. Substanzen, die klassifiziert, kategorisiert und isoliert werden mussten. Um herauszufinden, wie man sie filtern kann. Ich dachte, der Aufenthalt an Bord dieses Schiffes wäre die Krönung unserer beruflichen Laufbahn. Statt dessen ist er ihr Ruin.«
Deanna hob verblüfft die Brauen: Es geschah sehr selten, dass jemand schlecht über die Enterprise sprach. Doch in den aufgewühlten Emotionen der Wissenschaftlerin deutete nichts darauf hin, dass sie einen Groll gegen das Raumschiff oder seine Besatzung hegte. Die Enterprise war der Schauplatz für den letzten Akt einer hervorragenden Karriere – und vielleicht auch einer Ehe.
Troi bezweifelte, ob sie die Möglichkeit hatte, Lynn Costas beruflichen Werdegang zu verlängern. Es erschien ihr nicht einmal angebracht. Aber sie wollte alles versuchen, um eine achtundvierzig Jahre alte Ehe zu retten.
»Sie und Emil sollten Urlaub machen«, sagte die Counselor schließlich. »Nur Sie beide. Wenn Sie nicht mehr an Bord des Schiffes sind, wenn Sie Gelegenheit finden, sich zu entspannen … Dann können Sie in aller Ruhe entscheiden, auf welche Weise Sie den Rest Ihres Lebens verbringen möchten.«
»Ja!« In den Augen der Wissenschaftlerin flackerte es. »Wir müssen dieses Raumschiff verlassen. So schnell wie möglich. Aber wo?«
»Sie haben Glück.« Die Betazoidin schmunzelte. »In einigen Tagen erreichen wir eine neue Starbase auf einem großen Asteroiden namens Kayran Rock. Ich vermute, die Enterprise setzt ihre Reise unmittelbar nach der Einweihungsfeier fort, aber Sie und Emil können bestimmt länger bleiben. Es handelt sich um die erste Starbase auf einem Asteroiden – sicher ist es ein einzigartiger Ort, der einen Besuch lohnt.«
Dr. Costa griff nach Deannas Uniformpulli und hielt sich fast verzweifelt daran fest. »Bitte … Sorgen Sie dafür, dass wir dieses Schiff verlassen können. Wie auch immer. Bevor …«
»Bevor was?«, fragte Deanna. Sie spürte, wie sich neuerliche Furcht in der Wissenschaftlerin regte. »Wovor haben Sie Angst?«
Die Unruhe in der alten Frau wich jähem Argwohn. Ruckartig wandte sie sich von der Counselor ab, als hätte sie bereits zuviel gesagt. »Ich muss jetzt ins Laboratorium zurück.«
»Gehen Sie noch nicht«, erwiderte Troi sanft.
»Mir bleibt keine Wahl.« Die Wissenschaftlerin eilte zum Schott, das sich vor ihr beiseite schob.
»Dr. Costa!«, rief ihr Deanna nach. »Ich schlage einen zweiten Beratungstermin vor. Für Sie und Ihren Mann.«
Die Frau zögerte kurz im Korridor und sah Troi aus traurigen, wie gequält blickenden Augen an. »Bringen Sie uns zu der Starbase.«
Deanna folgte der Wissenschaftlerin, aber Lynn Costa verschwand in der Transportkapsel eines Turbolifts.
Tief im Bauch der Enterprise glitt die Doppeltür eines Turbolifts auseinander, und Lieutenant Worf stürmte in den Gang, gefolgt von vier Sicherheitswächtern. Rote Warnlichter blinkten, und eine Sirene heulte. Fünf Gestalten liefen zur Tür des Maschinenraums, doch das Schott öffnete sich nicht vor ihnen.
»Elektronische Blockierung aufheben«, knurrte Worf.
Eine kräftig gebaute Blondine namens Kraner löste die Kontrollplatte, und darunter kamen Schaltkomponenten zum Vorschein. Die Finger der Frau bewegten sich so schnell, dass sie nur mehr undeutliche Schemen bildeten, als sie neue Anschlüsse herstellte. Der Klingone Worf runzelte die dunkle Stirn und brummte leise. Er wusste, dass Kraner ihr Handwerk verstand – er selbst wäre nicht in der Lage gewesen, die notwendigen Verbindungen schneller zu schaffen –, aber trotzdem fühlte er seine Geduld auf eine harte Probe gestellt.
Nach einigen fast unerträglich langen Sekunden schoben sich die beiden Türhälften schließlich auseinander. Worf sprang vor und zog den Phaser. Er sah sich einigen Technikern gegenüber, schenkte ihnen jedoch keine Beachtung …
»Zeit!«, rief Geordi LaForge, der auf einem Laufsteg über dem Antimaterie-Reaktor stand. Der Chefingenieur strahlte, und sein Grinsen war fast so breit wie jenes Gerät, das er vor den Augen trug.
»Zwei Minuten und sechzehn Komma zwei Sekunden«, antwortete der Computer. Das Heulen der Sirenen verstummte, und es pulsierte kein rotes Licht mehr.
»Ausgezeichnet!«, lobte Geordi, trat über die Stufen einer Wendeltreppe und erreichte das Bodenniveau.
»Schrecklich!«, grollte der Klingone und maß die vier Sicherheitswächter mit finsteren Blicken. »Wir hätten es in weniger als zwei Minuten geschafft, wenn die Tür nicht blockiert gewesen wäre.«
»Hat Ihnen die Überraschung gefallen?«, fragte Geordi. »Ich dachte, dadurch wirkt alles echter. Es geschähe nicht zum ersten Mal, dass sich irgendwelche Eindringlinge hier häuslich einrichten und nicht gestört werden möchten. Zum Beispiel Ihre klingonischen Kumpel.«
Solche Bemerkungen konnte sich nur LaForge leisten.
»Die Bedingungen der Übung stellten kein Problem dar«, erwiderte Worf. Erneut sah er zu seinen Begleitern, die noch immer ihre – gesicherten – Phaser in den Händen hielten. »Rühren.«
»Besser geht's kaum, Worf«, fügte der Chefingenieur hinzu. »Es gibt praktisch keine Möglichkeit, den Maschinenraum von der Brücke aus noch schneller zu erreichen. Es sind insgesamt fünfunddreißig Decks!«
»Computer«, sagte der Sicherheitsoffizier. »Wie viel Zeit haben wir während der gerade beendeten Übung im Turbolift verbracht?«
»Eine Minute und achtundvierzig Komma drei Sekunden.«
»Das ist viel zu lange!«, stieß Worf hervor. »Die Turbolifte sollten schneller sein!«
»Sie können auf eine wesentlich höhere Geschwindigkeit programmiert werden«, sagte Lieutenant Commander LaForge. »Aber nach zehn oder zwanzig Decks wären die Personen in den Transportkapseln bewusstlos oder vom Andruck an die Decke gequetscht. Wir müssen dabei künstliche Schwerkraft und Trägheitsmoment berücksichtigen. Und noch etwas, Worf: Nicht jeder hat die Konstitution eines Klingonen.«
Der Sicherheitsoffizier schürzte abfällig die Lippen, doch gleichzeitig entstanden nachdenkliche Falten in seiner Stirn. »Es liegt mir nichts daran, dass jemand auf dem Weg zum Gesellschaftsraum im zehnten Vorderdeck ohnmächtig wird, aber bei einem Notfall sollten die Turbolifte um zehn oder zwanzig Prozent schneller sein. Das lässt sich doch bewerkstelligen, oder?«
Geordi rollte mit den hinter dem VISOR verborgenen Augen. »Ja. Aber wir brauchen dazu die Erlaubnis des Captains oder des Ersten Offiziers Riker. Außerdem sollten Sie eine Einsatzgruppe aus Sicherheitswächtern zusammenstellen, denen sich nicht gleich der Magen umdreht.«
Worf nickte zufrieden. »Teilen Sie mir mit, wann ein erster Test stattfinden kann.« Er nickte Fähnrich Kraner und ihren Kollegen zu. »Wegtreten.«
Der Klingone folgte seinen Leuten, als sie den Maschinenraum verließen, und Geordi schüttelte den Kopf. »Der Bursche sollte sich ein Hobby zulegen«, murmelte er. »Dann wäre er nicht mehr so verkniffen.«
»Logbuch der Counselor, Sternzeit 44261.3«, sagte Deanna Troi langsam. Sie lehnte sich zurück und ordnete ihre Gedanken. Im Vergleich zu dem Gespräch vor einigen Minuten herrschte nun eine gespenstisch anmutende Stille im Beratungszimmer. Lynn Costa war vor einer Viertelstunde gegangen, und Deanna hatte die Zeit genutzt, um ihre Personalakte zu lesen. Ohne konkretes Ergebnis.
»Ich habe mich mit Dr. Lynn Costa unterhalten und damit der Bitte ihres Vorgesetzten Dr. Karn Milu entsprochen«, begann Troi. Der Computer zeichnete ihre Worte auf. »Nach Dr. Milus Angaben liegt dem Verhalten von Lynn Costa schon seit einer ganzen Weile eine gewisse Wechselhaftigkeit zugrunde, die ihren Höhepunkt in der bewussten Zerstörung von Aufzeichnungen und Laborunterlagen erreichte. Dr. Costa nannte mir keine Erklärung dafür, aber ich konnte feststellen, dass sie sehr besorgt ist und große Angst vor etwas hat. Unser Gespräch war zu kurz, um eindeutige Schlussfolgerungen zu ermöglichen, doch die Intensität von Furcht und Zorn legt einen paranoischen Zustand nahe.
Wahrscheinlich basiert Lynn Costas Paranoia auf dem Wunsch ihres Mannes Emil, sich in den Ruhestand zurückzuziehen. Er setzt sie unter Druck, und deshalb ist sie gereizt. Darüber hinaus fürchtet sie, dem Projekt Mikrokontamination zu schaden, wenn sie keine Beiträge mehr dazu leistet. Nach Dr. Milus Ansicht verfügt das Projekt über alle notwendigen personellen sowie technischen Ressourcen und hat in den Laboratorien der Enterprise beträchtliche Fortschritte erzielt. Lynn und Emil Costa haben es begonnen, aber alles deutet darauf hin, dass es auch ohne sie erfolgreich sein wird.«
Deanna seufzte und trank einen Schluck vom vergessenen Kräutertee. Er war lauwarm. »Des weiteren möchte ich auf folgendes hinweisen: Dr. Costa scheint kaum mehr jene Person zu sein, der ich mehrmals begegnet bin. Heute präsentierte sich mir eine nervöse, deprimierte und desorientierte Frau, deren Gebaren in einem krassen Gegensatz zum Psychoprofil in ihrer Personalakte steht. Bisher ist sie immer sehr selbstsicher, zuversichtlich und kompetent gewesen. Ich hoffe, das neue Verhaltensmuster bleibt vorübergehender Natur und entpuppt sich nicht als Symptom eines ernsten seelischen Leidens.«
Troi runzelte die Stirn und presste kurz die vollen Lippen zusammen. »Ich möchte Dr. Costas geistige Stabilität nicht noch mehr in Frage stellen, aber eins steht fest: In ihrer derzeitigen Verfassung kann sie die Arbeit nicht fortsetzen. Ich empfehle einen sofortigen Urlaub für sie und ihren Mann auf Kayran Rock. Von dort aus können sie zu jedem beliebigen Planeten in der Föderation reisen. Vielleicht setzen sie ihre Forschungen anschließend fort. Oder Lynn Costa begleitet ihren Mann in den Ruhestand auf der Erde.
Wenn der Urlaub keine positive Wirkung hat oder Dr. Costa ihn aus irgendeinem Grund ablehnt … In dem Fall muss sie von ihren Pflichten entbunden werden und sich einer vollständigen psychologisch-medizinischen Analyse unterziehen. Das ist alles. Jeweils eine Kopie dieses Eintrags geht an Dr. Crusher und Commander Riker.«
»Bestätigung«, erwiderte der Computer.
Deanna Troi nahm die Tasse Tee, erhob sich und schritt eine Zeitlang umher. Zufälligerweise fiel ihr Blick auf die Kom-Tafel neben der Tür, und die Counselor dachte daran, dass Lynn Costa derzeit viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt war. Sie brauchte jede Hilfe, die sie bekommen konnte. »Computer? Befindet sich Commander Riker auf der Brücke?«
»Negativ«, erwiderte die Glucke der Enterprise. »Commander Riker hat die Brücke vor fünfzehn Komma fünf Minuten verlassen und hält sich nun im Gesellschaftsraum auf.«
Die Betazoidin nickte aus einem Reflex heraus, hob die Hand zur Kom-Tafel und berührte ein Sensorelement. »Counselor Troi an Commander Riker.«
»Hier Riker«, ertönte ein heiterer Bariton. »Hallo, Deanna.« Er schien gerade gelacht zu haben – oder klang seine Stimme immer so?
»Offenbar vergnügen Sie sich«, sagte Troi und siezte den Ersten Offizier, da sie ihn in der Gesellschaft anderer Personen wusste. Vager Ärger vibrierte in ihr, weil er von keinen Sorgen um Lynn Costa belastet wurde. Das wird sich bald ändern, dachte sie.
»In der Tat«, erwiderte Riker. »Geordi ist hier, und Guinan hat Dienst. Warum kommen Sie nicht zu uns?«
»Danke für die Einladung«, sagte Deanna und versuchte, fröhlich zu klingen. »Ich bin gleich da.«
Aber zuerst begab sie sich in ihre Kabine. Es war kein Umweg nötig, rechtfertigte sie ihre Entscheidung, obgleich es ihr nur darum ging, einen Blick in den Spiegel zu werfen. Eigentlich zeigte er Troi immer das gleiche Bild: eine rotschwarze Uniform, die den größten Teil ihres Körpers bedeckte und an einigen Stellen knapper saß, als ihr lieb war; seidene, dunkelbraune Locken, die einem Wasserfall gleich auf feste Schultern herabströmten und ein Gesicht mit sanften Zügen umrahmten.
Mit einem feuchten Lappen betupfte sie sich Stirn und Hals, fügte dann ihrem Haar eine Nadel hinzu. Das genügte, um auf die Begegnung mit Will Riker vorbereitet zu sein. Warum bin ich so unruhig?, dachte die Counselor. Sie wollte Riker nur darum bitten, Lynn und Emil Costa die Möglichkeit zu geben, das Schiff zu verlassen, sobald die Enterprise Kayran Rock erreichte. Der Erste Offizier brachte sicher Verständnis dafür auf, wenn zwei Personen – insbesondere ein Liebespaar – allein sein wollten. Obwohl für ihn immer die Pflicht an erster Stelle kam.
Deanna zögerte, und in Gedanken tadelte sie sich selbst. Dies war nicht der geeignete Zeitpunkt, um persönliche Empfindungen in den Vordergrund zu schieben. Zurückhaltung, Takt und Objektivität stellten unabdingbare Voraussetzungen für ihren Dienst an Bord der Enterprise dar, und das bedeutete: Will Riker durfte für sie nur ein Besatzungsmitglied sein, nicht mehr und nicht weniger. Aber wenn sie beide Gelegenheit bekommen hätten, der Routine des Schiffes zu entkommen und an einem Ort wie Kayran Rock allein zu sein …
Deanna seufzte, stellte die Tasse ins Recyclingfach des Synthetisierers und verließ ihre Kabine.
Guinan lächelte auf eine besonders rätselhafte Weise und musterte die beiden Personen vor ihr. Eine besuchte den Gesellschaftsraum im zehnten Vorderdeck recht häufig, im Gegensatz zu der anderen. Die Wirtin stellte ein Glas mit frisch ausgepressten Valencia-Orangen vor Dr. Emil Costa und reichte seiner Begleiterin einen großen Fruchtsalat. Die Frau wandte schüchtern den Blick ab.
Der alte Wissenschaftler brummte wie üblich und kratzte sich am kurzen weißen Bart, als er den Fruchtfleischgehalt des Saftes mit einem Löffel prüfte. Das Haar war kaum länger als der Bart, und die Wangen erschienen recht blass, ohne dass er dadurch krank wirkte. Guinan fand ihn interessant, erst recht dann, wenn er seinen Getränken eigene Zutaten hinzufügte.
Damit verstieß Dr. Costa natürlich gegen die Vorschriften, aber Guinan drückte beide Augen zu. Der Geruch wies auf Äthylalkohol hin. Nun, in seinem Laboratorium stand ihm sicher genug Alkohol zur Verfügung, und er brauchte nicht die Bar aufzusuchen, wenn er trinken wollte. Die Wirtin wusste, dass sich Emil Costa nur hier im Gesellschaftsraum entspannte, und deshalb erhob sie keine Einwände. Er und seine Frau verdienten eine spezielle Behandlung.
Doch die Dame neben ihm war nicht etwa Lynn. Guinan hatte keine Ahnung, um wen es sich handelte, und aus diesem Grund blieb ihr Schmunzeln geheimnisvoll, als sie erst den geistesabwesenden Wissenschaftler musterte und dann die junge Frau ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit rückte. »Ich bin Guinan«, stellte sie sich vor und wurde der terranischen Tradition gerecht, indem sie die Hand ausstreckte. »Ich glaube, wir haben uns noch nicht kennengelernt.«
Die Frau lächelte scheu, und ihre Finger schlossen sich um die dargebotene Hand. Die Haut der Unbekannten war wesentlich heller als Guinans. »Shana Russel. Ich wollte immer einmal hierherkommen, aber …«
»Sie ist erst seit sechs Monaten an Bord«, grummelte Emil Costa, und in seiner Stimme ließ sich ein leichter deutscher Akzent vernehmen. »Außerdem hat sie gerade erst die Ausbildung hinter sich. Während der Einarbeitungsphase hatte sie hierfür keine Zeit.« Er winkte, und seine vage Geste galt dem matt erhellten sowie geschmackvoll eingerichteten Raum. Hinter breiten Panoramafenstern funkelten die Wunder des Universums: Myriaden Sterne und ferne Galaxien.
Shana nickte stolz, und das offene Lächeln verwandelte ihr bis dahin schlicht anmutendes Gesicht, verlieh der jungen Frau hinreißende Attraktivität. »Aber inzwischen habe ich mich eingearbeitet, und jetzt sind wir hier!«
»Um zu feiern«, sagte Emil Costa. Er griff in die Innentasche seiner Jacke und holte eine kleine blaue Phiole hervor, die Guinan schon ein- oder zweimal gesehen hatte. Er versuchte jetzt nicht mehr, sie zu verbergen.
»Ich hoffe, Sie haben noch häufiger Anlass, hier zu feiern«, erwiderte die Wirtin und deutete eine Verbeugung an. »Falls Sie etwas benötigen … Ich bin zu Diensten.« Guinan trat widerstrebend fort und bedauerte, nicht länger mit Shana Russel sprechen zu können – eine neue Seele an Bord der Enterprise war in jedem Fall interessant.
Sie musste sich um andere Gäste kümmern, unter ihnen Deanna Troi, die sich zu Will Riker und Geordi LaForge gesetzt hatte. Die drei vertrauten Gesichter bildeten einen auffallenden Kontrast. Der Erste Offizier – freundlich und zuvorkommend; Guinan mochte ihn sehr – erklärte der gerade eingetroffenen Counselor etwas. Geordi tippte Daten in einen Tricorder, hielt dann und wann inne, um auf das kleine Anzeigefeld zu blicken. Die normalerweise immer ruhige und gelassene Deanna rutschte nun unruhig hin und her; in den Augen der Betazoidin blitzte es, während sie Riker zuhörte.
Als sich Guinan dem Tisch näherte, hörte sie, wie der Commander lauter sprach. »An den Landebeschränkungen kann ich nichts ändern, Deanna.«
»Ich bezweifle, ob unsere diplomatischen Beziehungen mit den Kreel belastet werden, wenn wir Lynn und Emil Costa zur Starbase beamen«, entgegnete die Counselor.
»Die Kreel sind sehr stolz«, erklärte der Erste Offizier. »Sie haben praktisch immer Krieg geführt, meistens gegen die Klingonen – kein Wunder, dass sie zu Misstrauen neigen. Sie mussten gewissermaßen über ihren eigenen Schatten springen, um der Föderation zu erlauben, in ihrem Heimatsystem eine Starbase zu bauen. Wir wollten uns den großen Asteroiden immer aus der Nähe ansehen, und nun haben wir dort eine Basis.«
Riker holte tief Luft. »Andererseits: Den Kreel fehlt die Transporter-Technologie, und wir sind nicht bereit, ihnen in dieser Hinsicht unter die Arme zu greifen – bis es ihnen gelingt, die Grundlagen selbst zu entwickeln. Deshalb die Landebeschränkungen. Bei der Einweihungsfeier sind viele Würdenträger der Kreel zugegen, und um sie nicht in Verlegenheit zu bringen, setzen wir Shuttles ein. Zumindest während der ersten zwölf Stunden dürfen die Raumfähren nur von geladenen Gästen benutzt werden.«
»Dann sorgen Sie dafür, dass die beiden Wissenschaftler eine Einladung erhalten«, schlug Troi vor.
»Unmöglich, Deanna.« Geordi zeigte nun zum ersten Mal Interesse an dem Gespräch. »Nur drei Besatzungsmitglieder der Enterprise sind eingeladen worden: Captain Picard, Commander Riker und Data. Selbst ich muss an Bord bleiben.«
»Der Captain hat alles versucht, um weitere Einladungen zu bekommen«, meinte Riker. »Picard und ich nehmen aufgrund des Standardprotokolls an der Zeremonie teil. Und Data … Sie wissen ja, wie versessen alle darauf sind, den Androiden kennenzulernen.«
»Ja«, antwortete der Chefingenieur. »Ich weiß auch, dass Kayran Rock kein Planet ist, dessen Orbit fast unbegrenzten Platz bietet. Nur eine bestimmte Anzahl von Raumschiffen kann den Asteroiden ansteuern, und daher gibt es strikte Zeitlimits für den Aufenthalt in der Umlaufbahn. Tut mir leid, Counselor: Wir müssen den Landurlaub auf Kayran Rock verschieben, bis wir erneut in diesem Sektor sind.«
»Es geht dabei nicht um mich, sondern um Lynn und Emil Costa«, betonte Deanna. »Sie brauchen unbedingt die Chance, in einer anderen Umgebung auszuspannen.«
Guinan hatte taktvoll abseits des Tisches gewartet, und nun trat sie vor. »Hallo, Counselor.«
»Hallo, Guinan«, sagte Troi zerstreut.
»Haben Sie gerade Emil Costa erwähnt?«
Daraufhin hob Deanna den Kopf. »Ja. Kennen Sie ihn?«
»Er ist ein Stammgast.« Die Wirtin griff nach einigen leeren Gläsern. »Sitzt etwa zehn Meter hinter mir.«
Die drei Offiziere reckten den Hals und sahen zur Theke. Guinan gab vor, am Tisch beschäftigt zu sein, um über die allgemeine Neugier hinwegzutäuschen. Will lächelte anerkennend und zupfte an seinem Bart. »Und wer leistet ihm dort Gesellschaft?«
Deanna warf Riker einen finsteren Blick zu, bevor sie den Kopf drehte.
»Vermutlich eine Assistentin«, sagte Guinan. »Sie heißt Shana Russel und ist erst seit sechs Monaten an Bord.«
Geordi fokussierte die Fernbereichssensoren des VISORS und betrachtete die junge Frau in Form eines Musters aus Infrarotemissionen, Röntgenstrahlen, Hirnwellenaktivität und anderen graphischen Darstellungen. »Halten Sie die Dame für hübsch, Guinan?«, fragte er.
»Sie hat ein gewisses Potenzial. Manche Männer mögen süße Unschuld.«
»Ja, das ist tatsächlich der Fall«, pflichtete Riker der Wirtin bei. »Welche Probleme hat Dr. Costa? Warum benötigt er unbedingt Landurlaub?«
»Das Problem liegt nicht bei ihm, sondern bei seiner Frau«, sagte Deanna und sah erneut zu der jungen Dame neben Emil Costa. Shana Russel blickte dem alten Mann tief in die Augen und schien jedes Wort des Wissenschaftlers für eine Offenbarung zu halten. Ab und zu aß sie etwas von ihrem Fruchtsalat oder starrte aufgeregt in Richtung der Panoramafenster. Sie wirkte wie ein Teenager bei der ersten Verabredung und lächelte sogar, als sie Trois Aufmerksamkeit bemerkte. Der Schatten des Verdachts in Deanna verflüchtigte sich und wich Verlegenheit.
»Einige Männer sind ziemlich stur«, verkündete die Counselor. »Sie geben ihre Bedürfnisse nicht zu erkennen.«
Will bedachte Troi mit einem erstaunten Blick, den sie stumm erwiderte.
»Könnten sich die Costas nach der Einweihungsfeier in die Starbase beamen?«, fragte sie schließlich. »Oder vorher? Sie brauchen dringend einen Tapetenwechsel, um wieder zu sich selbst zu finden. Gerade Sie sollten das verstehen, Will.«
Geordi räusperte sich und stand auf. »Ich muss jetzt gehen, Commander. Ich schätze, wir können die Geschwindigkeit der Turbolifte während Alarmstufe Rot und Gelb um fünfzehn Komma zwei Prozent erhöhen, ohne dass sich negative Folgen einstellen.«
»Na schön.« Das neue Thema erleichterte Will ganz offensichtlich. »Ich möchte bei dem ersten Test zugegen sein. Wer probiert den frisierten Lift aus?«
»Ich habe dabei an Worf gedacht.« Geordi schmunzelte, winkte zum Abschied und ging.
Auch Guinan wandte sich vom Tisch ab. »Bin gleich wieder da«, sagte sie und schritt fort.
Das Lächeln des Ersten Offiziers verblasste langsam, und er musterte Deanna verwirrt. »Du bist heute nicht sehr diskret, was deine Gefühle betrifft.« Sie waren jetzt allein, und deshalb duzte er die Counselor.
»Entschuldige.« Troi senkte den Kopf. Nach einigen Sekunden hob sie ihn wieder und sah Riker aus großen, dunklen Augen an. »Die Costas haben viel geleistet, und wir stehen in ihrer Schuld. Sie verdienen eine Möglichkeit, zu ihrem alten Glück zurückzufinden. In der neuen Starbase könnten sie endlich allein sein und in aller Ruhe miteinander reden. An Gesprächsstoff mangelt es ihnen sicher nicht.«
Riker mied den Blick der Betazoidin und wusste, dass sie seine Emotionen selbst dann empfing, wenn sie sich nicht darauf konzentrierte. Wills Gefühle hielten wohl kaum Überraschungen für Deanna bereit, aber er beschloss trotzdem, auf neutralem rhetorischen Boden zu bleiben. »Die Enterprise wird sich nur für kurze Zeit im Orbit von Kayran Rock aufhalten«, sagte er steif. »Bestimmt nicht zwölf Stunden lang. Wenn wir früh eintreffen, versuche ich, etwas zu arrangieren. Ich kann jedoch nichts versprechen.«
»Sollten wir mit Emil Costa sprechen?«
»Nein«, erwiderte Will sofort und blickte zu dem berühmten Mikrobiologen. »Ich möchte keine falschen Hoffnungen in ihm wecken.«
Deannas exotische Miene erhellte sich. »Du brichst zusammen mit Captain Picard und Geordi auf. Ein normales Shuttle befördert bis zu zehn Personen – ihr habt also genug Platz.«
Riker schnitt eine Grimasse. »Hast du Geordi nicht zugehört? Es ist völlig ausgeschlossen, dass alle Schiffe in den Orbit des Asteroiden schwenken. Wahrscheinlich müssen wir mit den Shuttles hin und her fliegen, um alle Eingeladenen rechtzeitig zur Starbase zu bringen.« Er erhob sich, schüttelte den Kopf und lächelte schief. »Du bist romantisch veranlagt, weißt du das?«
»Ja. Und ich zähle auf dich.«
Wills Hand berührte die Counselor an der Schulter. »Mal sehen, was sich bewerkstelligen lässt. Fordere die Costas auf, offiziell um Landurlaub zu bitten und als gewünschten Ort die nächste Starbase zu nennen. Dann ist wenigstens der Papierkram in Ordnung.«
»Danke.« Deanna lächelte und griff nach Rikers Hand. Ihre Blicke trafen sich, und sie nahm die vertrauten Gefühle des hochgewachsenen Ersten Offiziers wahr: Anteilnahme, emotionale Wärme und ein Pflichtbewusstsein, das langfristige Liebesaffären ausschloss. Er wollte der Captain eines Raumschiffs werden, und seine größte Hoffnung bestand darin, eines Tages das Kommando über die Enterprise zu bekommen. Zwar gab es verheiratete Kommandanten mit Familien, doch die Geschichte aller Schiffe namens Enterprise kannte keinen Captain mit familiären Verpflichtungen.
Widerstrebend zog Will die Hand zurück. »Ich bin müde«, sagte er. »Und jetzt bietet sich mir eine gute Gelegenheit, an der Matratze zu horchen. Wir erreichen Kayran Rock erst in drei Tagen, und bis dahin gibt es nichts zu tun. Wir sehen uns auf der Brücke.«
»Schlaf gut, Will.«
Er schritt zum Ausgang, und unterwegs nickte er mehreren Bekannten zu. Deanna sah ihm nach, bis er im Korridor verschwand, blickte dann wieder zu den beiden Wissenschaftlern, die jetzt an einem Tisch saßen. Die Blondine namens Shana Russel schwatzte fröhlich, während Emil Costa nachdenklich auf den Rest des Orangensafts hinabstarrte. Sein Verhalten hatte sich nicht ebenso drastisch verändert wie das von Lynn Costa, aber er schien alles andere als glücklich zu sein. Deanna stand auf und trat näher.
»Hallo«, grüßte sie und wandte sich zuerst an den berühmten Forscher. »Dr. Costa …«
»Hallo, Counselor Troi«, brummte er und sah nur kurz auf. »Das ist eine unserer Assistentinnen, Dr. Shana Russel.«
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Counselor!«, entfuhr es der jungen Frau begeistert. Sie streckte die Hand aus. »Ich finde diesen Gesellschaftsraum wundervoll – hier begegnet man vielen interessanten Leuten. Möchten Sie sich zu uns setzen?« Sie zögerte kurz und fügte nervös hinzu: »Wenn Sie damit einverstanden sind, Dr. Costa.«
Er zuckte mit den Schultern. »Es ist Ihre Feier.«
Deanna lächelte und sank in einen Sessel. »Wie läuft's auf Deck 31?«
»Das müssten Sie eigentlich besser wissen als ich«, erwiderte Emil Costa. »Sie sprechen doch regelmäßig mit Dr. Milu, oder?«
»Eigentlich nicht«, sagte Deanna. »Vor unserem letzten Gespräch habe ich ihn einige Wochen lang nicht gesehen.«
»Sie sind Betazoidin!«, platzte es aus Shana heraus. »Das ist so herrlich daran, an Bord der Enterprise zu sein. Zur Besatzung gehören Vulkanier, Betazoiden und sogar ein Klingone. Bitte erzählen Sie mir von ihm!«
»Shana …«, mahnte Dr. Costa. »Ich glaube, die Counselor und ich haben eine private Angelegenheit zu erörtern. Warum unterhalten Sie sich nicht mit Guinan? Sie dürfte eine der interessantesten Personen an Bord sein.«
»Und sehen Sie sich die Kunstwerke an«, sagte Deanna. Sie deutete zu den Skulpturen und Gemälden im Gesellschaftsraum. »Die Objekte stammen aus allen Teilen der Galaxis. Ich verspreche Ihnen, Dr. Costa nicht lange aufzuhalten.«
»Schon gut.« Shana Russel war bereits auf den Beinen und ließ einen enthusiastischen Blick durch das große Zimmer schweifen. »Um ganz ehrlich zu sein … Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als an einem der Fenster zu stehen und die Sterne zu beobachten. In unserer Sektion des Schiffes gibt es leider nur Bildschirme. Richtige Fenster sind etwas ganz anderes.« Einmal mehr streckte sie die Hand aus. »Hat mich sehr gefreut, Counselor.«
»Deanna«, entgegnete Troi. »Und die Freude ist ganz meinerseits.«
Shana nickte und eilte zu einem der breiten Panoramafenster. Emil Costa seufzte, als sie außer Hörweite war. »Entschuldigen Sie bitte, aber ich wollte nicht, dass die Assistentin Ihren Bericht hört. Dr. Russel vergöttert meine Frau.«
»Ich habe keinen Bericht in dem Sinne.« Deanna faltete die Hände und brachte Ordnung in ihre Gedanken. »Ihre Frau war so erregt, dass sie nur einige Minuten lang mit mir sprach. Offenbar existiert eine Kontroverse zwischen Ihnen, weil Sie sich in den Ruhestand zurückziehen möchten.«
»Ja«, bestätigte der Wissenschaftler und blickte geistesabwesend zu einem Kellner, der diverse Getränke zu einem anderen Tisch trug. »Es schien mir die perfekte Lösung zu sein, aus dem Berufsleben auszuscheiden, aber jetzt bin ich da nicht mehr so sicher …«
»Möchten Sie Ihre Ehe beenden?«, erkundigte sich Deanna.
Emil Costa lachte humorlos. »Welche Ehe? Lynn und ich … Wir sind Kollegen, manchmal auch Mann und Frau. Doch Freunde sind wir schon seit Jahren nicht mehr.«
»Haben Sie eine Erklärung dafür?«
Der Wissenschaftler kratzte sich am weißen Bart. »Wie passiert so etwas? Nun, ein Grund ist sicher unsere Rivalität bei dem gemeinsamen Projekt. Ich suche neue biologische Eindringlinge, um die von meiner Frau entwickelten Verfahren zu testen. Wenn ich eine Submikrobe einsetze, bei der Lynns Methoden versagen, hält sie mich plötzlich für den Bösewicht. Manchmal redet sie erst dann wieder mit mir, wenn sie eine Möglichkeit entdeckt hat, den Mikroorganismus zu filtern.«
Das ist kein Grund, nach achtundvierzig Jahren Ehe eine Trennung zu erwägen, dachte Deanna. Außerdem blieb eine noch wichtigere Frage in Hinsicht auf Lynn Costa unbeantwortet.
»Dr. Costa …«, sagte Deanna langsam. »Ihre Frau hat solche Angst, dass sie überhaupt nicht mehr zur Ruhe kommt. Was fürchtet sie so sehr?«
Der Wissenschaftler drehte abrupt den Kopf und winkte einem Kellner zu. »Hierher!«, rief er. »Noch ein Glas Orangensaft!«
»Doktor?«, drängte die Counselor. »Wovor fürchtet sich Ihre Frau?«
»Keine Ahnung«, knurrte Emil Costa.
Guinan kam mit einem gefüllten Glas und stellte es vor dem Mikrobiologen ab. »Ihre Bestellung war unüberhörbar.« Die Wirtin lächelte. »Was möchten Sie, Counselor?«
»Nichts, danke«, sagte Troi – sie wollte nicht länger am Tisch sitzen als unbedingt nötig. Emil Costa und die Betazoidin schwiegen, bis Guinan wieder ging.
»Tut mir leid«, brummte der Wissenschaftler und strich sich übers kurze Haar. »Meine Frau ist … einfach nicht mehr sie selbst. Sie braucht die Pensionierung noch dringender als ich.«
»Nun, es hat sicher keinen Sinn, wenn ich sie bitte, ihren Beruf an den Nagel zu hängen«, meinte Deanna. »Aber ich habe sie zu einem Urlaub mit Ihnen überredet. Wenn alles klappt, können Sie in drei Tagen die neue Starbase auf dem Asteroiden Kayran Rock besuchen.«
Der alte Wissenschaftler starrte sie verblüfft an. »Herzlichen … Dank«, stammelte er.
»Sie sind also einverstanden?«
»Natürlich!«, rief Emil Costa. Zum ersten Mal zeigte sein faltiges Gesicht ein Lächeln. »Ja, das wäre die ideale Lösung.«
Die gleiche Reaktion wie bei seiner Frau, fuhr es Deanna durch den Sinn. Beide Costas wollen unbedingt das Schiff verlassen. Sie stand auf. »Ich habe bereits mit Commander Riker darüber gesprochen. Er schlägt vor, dass Sie einen offiziellen Antrag auf Landurlaub stellen und als Ort die nächste Starbase nennen. Sind Sie und Ihre Frau dazu bereit?«
»Ja, sicher«, erwiderte der Mikrobiologe und sprang auf. Er strahlte übers ganze Gesicht, als er Deanna die Hand schüttelte. »Sie haben zwei Menschen sehr glücklich gemacht, Counselor Troi!«
»Das hoffe ich«, sagte die Betazoidin aufrichtig. »Sie hören von mir.«
»Danke, vielen Dank!«
Der alte Wissenschaftler mochte sich freuen, aber Deanna Troi war sehr ernst, als sie den Gesellschaftsraum im zehnten Vorderdeck verließ. Die ideale Lösung, wiederholte sie in Gedanken. Die ideale Lösung für was?
Emil Costa verbarg etwas.
Die Counselor schlief sehr schlecht. Zweimal wies sie den Computer an, die Leuchtintensität der Lampen zu reduzieren, bis es in ihrem kleinen, aber recht bequemen Quartier stockfinster war. Doch selbst in einer Dunkelheit, die der des Alls in nichts nachstand, lag sie wach im Bett und fand keine Ruhe.
Einige Stunden waren vergangen, seit sie erst mit Lynn und später auch mit Emil Costa gesprochen hatten, und sie wünschte sich, beide gleichzeitig zu empfangen. Die Interaktionen zwischen ihnen mochten ihr einen Hinweis auf den Grund für Lynn Costas Ängste geben – und auch auf das Geheimnis ihres Mannes Emil. Troi verabscheute es, Zwang auszuüben, aber in diesem Fall blieb ihr vielleicht keine Wahl. Sie hatte etwas, das die beiden Wissenschaftler wollten – Landurlaub auf Kayran Rock –, und dieses Druckmittel konnte sie einsetzen, um einen Gesprächstermin mit den Costas zu vereinbaren. Sie erreichten den Asteroiden erst in drei Tagen; die Zeit genügte also, um Emil und Lynn dabei zu helfen, sich ihren Problemen zu stellen.
Die getroffene Entscheidung ermöglichte es Deanna endlich, sich zu entspannen. Vor ihrem inneren Auge sah sie eine erregte Lynn Costa mit zerzaustem Haar und blitzenden Pupillen, als sie schließlich einschlief. Fast sofort begann ein seltsamer Traum, der neue Unruhe schuf. Troi glaubte, einen weißen Schutzanzug mit Helm zu tragen. Sie hörte das Zischen ihres eigenen Atems und roch trockene, wiederaufbereitete Luft. Schweiß perlte auf der Stirn und am Hals, während sie gleichzeitig gegen ein Gefühl der Klaustrophobie ankämpfte.
Zuerst glaubte sie, sich einen Raumanzug übergestreift zu haben, um sich auf die Oberfläche eines Planeten mit giftiger Atmosphäre zu beamen. Doch die Kleidung an ihrem Leib wog nicht annähernd genug, obwohl sie Luftschläuche aufwies, die von der Rückseite des Helms zu einem kleinen Gerät an der Taille führten. Darüber hinaus sah sie durch die transparente Sichtscheibe weder den Transporterraum noch die Landschaft einer fremden Welt. Ihren Blicken bot sich vielmehr ein steriles weißes Zimmer mit rechteckigen Behältern dar, jeder von ihnen gerade groß genug, um einen Menschen aufzunehmen. Durch das grau getönte Glas beobachtete sie komplexe miniaturisierte Technik: Bechergläser, Röhren, Sensoren und so weiter. Die Objekte wirkten vertraut – und gleichzeitig bedrohlich.
Deanna bekam keine Gelegenheit, sich einen genaueren Eindruck von der Umgebung zu verschaffen. Sie näherte sich einem der Behälter, und instinktiv begriff sie: Etwas stimmte nicht. Als sie sich über den durchsichtigen Deckel beugte, zischte gelber Dunst aus einem Ventil an der Außenseite. Sie wusste sofort, dass sie sich in Sicherheit bringen musste, doch die Ventildichtungen gaben ganz nach, bevor sie reagieren konnte. Aus dem leisen Zischen wurde ein lautes Fauchen, und ätzendes Gas drang ihr in Augen, Nase und Mund. Feuer schien in der Counselor zu entflammen, und sie keuchte. Der weiße Anzug war nicht dazu bestimmt, sie vor der externen Luft zu schützen, und das gelbe Gas strömte herein. Troi versuchte, auf den Beinen zu bleiben, doch sie hatte den Kampf bereits verloren.
Sie starb.
Ruckartig richtete sich Deanna in ihrem Bett auf, und ihr stockte der Atem. Das Haar klebte an schweißnassen Schultern. Sie berührt die Sensorflächen neben dem Bett, und sofort wurde es hell im Zimmer. Nach einigen Sekunden erhob sich die Counselor, taumelte zum Synthetisierer und gab den Code für ein großes Glas Wasser ein, das sie in einem Zug leerte. Trotzdem brannte es in ihrer Kehle. Der Traum war erschreckend realistisch gewesen. Sie trank noch ein Glas Wasser, nahm dann auf der Bettkante Platz und strich sich einige feuchte Strähnen aus dem Gesicht.
Deanna wusste nicht, wie lange sie dort saß und sich an den Albtraum erinnerte. Schließlich klang Dr. Beverly Crushers Stimme aus dem Interkom.
»Crusher an Troi. Sind Sie wach, Deanna?«
Die Betazoidin atmete tief durch. »Hier Troi«, antwortete sie. »Und ob ich wach bin.«
»Tut mir leid, dass ich Sie während Ihrer Ruheperiode störe, aber es geht um Dr. Lynn Costa.«
Jähe Besorgnis erfasste die Counselor. »Um Dr. Costa?«, vergewisserte sie sich. »Haben Sie meinen Logbucheintrag gelesen?«
»Ja«, erwiderte die Bordärztin. »Bitte kommen Sie zur Krankenstation.«
»Warum?«, hauchte Deanna.
»Lynn Costa ist tot.«
Deanna Troi verließ den Turbolift und lief zur Krankenstation, wo sie einigen ernst dreinblickenden Personen begegnete, die an einem Diagnosemodul standen. Dr. Beverly Crusher untersuchte den zarten Leib auf der Liege, aber sie schien es nicht sehr eilig zu haben. Ein Blick auf das Wanddisplay genügte, um den Grund dafür zu verstehen – die Lebensindikatoren zeigten Nullwerte.
Zu den Zuschauern gehörte ein riesenhafter Humanoide, der etwa zweieinhalb Meter groß war, doch Trois Aufmerksamkeit galt einem kleineren Mann: Captain Jean-Luc Picard. Sein fast haarloser Kopf neigte sich ein wenig nach hinten, als er in hilflosem Trotz das Kinn vorschob und auf die Tote hinabsah. Die Hände des Kommandanten ballten sich zu Fäusten.
»Wie ist es geschehen?«, fragte er.
Beverly Crusher nickte dem Riesen zu. »Das sollten Sie Dr. Grastow fragen. Er hat die Leiche gefunden.«
Grastow überragte alle anderen, aber er hatte ein kindliches Gesicht mit rosaroten Wangen und einem flauschigen rotblonden Bart am Doppelkinn. Das rötliche Haar war genauso kurz wie bei Emil Costa, und außerdem trug er ebenfalls einen blauen Laborkittel. Schockiert starrte er auf die Diagnoseliege, und Deanna beobachtete, wie ihm Tränen in die verschwollenen Augen quollen.
Als Grastow keine Antwort gab, fuhr Beverly fort: »Wir haben Dr. Costa sofort hierhergebeamt, aber es war bereits zu spät. Sie trug einen Schutzanzug, doch er hielt nicht das tödliche Gas von ihr fern.«
Erst jetzt bemerkte Troi die zerknitterte weiße Kleidung auf dem Boden, daneben ein Helm mit Luftschläuchen. Erneut dachte sie an ihren Traum.
Der erschütterte und bestürzte Dr. Grastow blinzelte mehrmals, kehrte allmählich ins Hier und Jetzt zurück. »Der Schutzanzug filtert die nach draußen gelangende Luft, nicht umgekehrt«, erklärte er leise und mit hoher, fast schriller Stimme. »Er ist für den Aufenthalt in speziellen Laboratorien bestimmt.«
»Droht sonst noch jemandem Gefahr?«, erkundigte sich Picard.
»Nein«, murmelte der Wissenschaftler. »Das Zimmer wurde sofort versiegelt, und außerdem herrscht dort negativer Druck.« Er hob eine fleischige Hand zur Stirn. »Wie schrecklich! Ich fasse es einfach nicht!«
Während die anderen darauf warteten, dass sich der kummervolle Riese wieder fasste, glitt die Tür der Krankenstation auf, und Commander Riker hastete herein, gefolgt von Lieutenant Worf und Lieutenant Commander Data. Sie schritten langsamer, als sie sich der Diagnoseliege näherten. Worf und Data blickten zu dem Leichnam, und Deanna sah, wie der Klingone die Lippen zusammenpresste. Der Androide hingegen wirkte nur neugierig.
»Auf der Brücke ist alles in Ordnung«, meldete Riker und deutete zu der Toten. »Wie kam es dazu?«
»Zunächst einmal …«, begann Jean-Luc. »Ist das Labor wirklich versiegelt?«
»Alle Räume auf dem Deck 31 verfügen über automatische Mechanismen für eine hermetische Abriegelung, Captain«, erwiderte Worf. »Der Computer hat die volle Funktion der entsprechenden Vorrichtungen bestätigt.«
Dr. Grastows Stimme klang etwas fester, als er hinzufügte: »Die Filter brauchen etwa zwei Stunden, um alle toxischen Substanzen aus dem Raum zu entfernen. Anschließend können Sie ihn betreten.«
»Wir müssen unbedingt herausfinden, was passiert ist«, knurrte der Klingone dumpf.
»Natürlich, Mr. Worf«, entgegnete Grastow. Es klang hilfsbereit. »Ich bin noch nicht in dem Laboratorium gewesen und kann nur spekulieren. Lynn arbeitete an reaktiver Reinigung – ihr Lieblingsprojekt. Häufig setzte sie ihre Forschungen nach der normalen Arbeitszeit fort. Nun, das Konzept ist ganz einfach. Ganz anders verhält es sich mit der Umsetzung in die Praxis.«
»Reaktive Reinigung«, wiederholte Data. »Die Verwandlung fester Kontaminationssubstanzen in Gas, um sie leichter zu entfernen. Ein theoretisches Verfahren.«
»Ja.« Der Riese nickte. »Durch eine Perfektionierung könnte es Millionen von Mikroprozessoren und Gewebetransplantaten davor bewahren, aufgrund geringfügiger Verunreinigungen ausgemustert zu werden. Lynn rechnete mit giftigem Gas, und deshalb führte sie ihre Experimente in einem Behälter der Klasse Null durch. Ich nehme an, für das tragische Unglück ist ein defektes Ventil oder dergleichen verantwortlich.«
Grastow schüttelte den Kopf, und seine Lippen zitterten, als er versuchte, die Tränen zurückzuhalten. »Ich habe im Labor nebenan gearbeitet, als ich plötzlich den Alarm hörte – der Raum wird ständig von Gasanalysatoren und Partikelzählern überwacht. Ich lief zum Fenster und sah Lynn am Boden … Und dann fiel mir das Gas auf. Ich wusste natürlich vom negativen Druck im Zimmer – er sorgt dafür, dass die Präsenz der toxischen Substanzen auf den betreffenden Raum beschränkt bleibt. Aus diesem Grund entschied ich, zuerst die Krankenstation zu verständigen. War das ein Fehler?«
»Ganz und gar nicht«, sagte Picard, und seine Stimme brachte Mitgefühl zum Ausdruck. »Niemand anders geriet in Gefahr, oder?«
»Nein«, erwiderte der Wissenschaftler. »Ich bin gern bereit, später weitere Fragen zu beantworten, aber derzeit … Wenn Sie gestatten, suche ich jetzt mein Quartier auf.«
»Selbstverständlich.«
Dr. Grastow nickte den übrigen Anwesenden zu, schlurfte fort und duckte sich durch die für ihn zu niedrige Tür.
Will Riker sah ihm nach. »Die Bewohner von Antares IV werden ziemlich groß.«
»Nach antarischen Maßstäben ist er eher klein«, kommentierte Data.
Captain Picard trat näher an die Diagnoseliege heran und musterte ein Gesicht, das einst sehr attraktiv gewesen sein mochte. Jetzt war es blass und kalt – und es zeigte eine sonderbare Ruhe. Der Tod hat die Sorgenfalten darin geglättet, dachte Jean-Luc. »Ist der Ehemann unterrichtet worden?«, fragte er.
»Nein«, sagte Beverly Crusher und senkte den Kopf.
Picard seufzte leise – diesen Teil seiner Pflichten verabscheute er. »Ich weise die Besatzung erst auf den Tod der Wissenschaftlerin hin, nachdem ich mit Emil Costa gesprochen habe. Geben Sie Commander Riker Bescheid, sobald Sie mit der Autopsie fertig sind, Beverly – damit er den Termin für die Bestattung festsetzen kann.«
»In Ordnung.«
»Mr. Worf …« Picard wandte sich an den Klingonen. »Untersuchen Sie das Labor und den Behälter, wenn der Raum kein Giftgas mehr enthält.«
»Ja, Sir«, grollte der Sicherheitsoffizier.
»Nummer Eins, Data – kehren Sie zu Ihren Posten zurück«, fuhr der Captain fort. »Hier können wir ohnehin nichts mehr tun.«
»Darf ich Sie zu Emil Costa begleiten?«, fragte Deanna.
Jean-Luc lächelte schief. »Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar, Counselor.«
»Deck 32«, wies Picard den Computer an, als sich die Doppeltür des Turbolifts hinter ihm und Troi schloss. Fassungslos schüttelte er den Kopf. »Angesichts der vielen Sicherheitsvorkehrungen begreife ich nicht, wie es zu einem solchen Zwischenfall kommen konnte. Was soll ich Lynn Costas Mann sagen?«
Deanna musterte den Captain verständnisvoll und erinnerte sich daran, mit welchem Stolz er die beiden Costas an Bord begrüßt hatte. Er bewunderte ihre Arbeit, und die Versetzung der berühmten Wissenschaftler zur Enterprise