Gerhard Lohfink
Jesus von Nazaret -
Was er wollte. Wer er war
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2011
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Konvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH,
KN digital – die digitale Verlagsauslieferung, Stuttgart
ISBN (Buch): 978 - 3 - 451 - 34095 - 6
ISBN (E-Book): 978 - 3 - 451 - 33888 - 5
Vorwort
1. Der sogenannte historische Jesus
2. Die Ausrufung der Gottesherrschaft
3. Gottesherrschaft und Gottesvolk
4. Die Sammlung Israels
5. Der Ruf in die Nachfolge
6. Die Vielgestalt der Berufung
7. Die Gleichnisse Jesu
8. Jesus und die Welt der Zeichen
9. Die Wunder Jesu
10. Die Warnung vor dem Gericht
11. Jesus und das Alte Testament
12. Jesus und die Tora
13. Die Unbedingtheit im Leben Jesu
14. Die Faszination der Gottesherrschaft
15. Entscheidung in Jerusalem
16. Sterben für Israel
17. Sein letzter Tag
18. Die Osterereignisse
19. Der Hoheitsanspruch Jesu
20. Die Antwort der Kirche
21. Die Gottesherrschaft – eine Utopie?
Anmerkungen
Verzeichnis der Bibelstellen
Danksagung
|5|P. Heinrich Bacht SJ
zum Gedächtnis
Es gibt zahllose Bücher über Jesus. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Wir kommen mit ihm nie an ein Ende, und jede Zeit muss ihm neu begegnen. Manche der vielen Jesusbücher sind sehr gut. Manche sehr schlecht. Die schlechten sind schlecht, weil sie weit weg sind von der Einsicht, dass der wirkliche Jesus nicht unabhängig vom Glauben an ihn zu haben ist. Von welchem Glauben? Vom Glauben der ersten Zeugen und Überlieferer, die das, was ihnen in Jesus begegnete, „sachgerecht“ oder besser „persongerecht“ beschreiben mussten.
Historische Kritik ist in der Jesusforschung unverzichtbar. Sie informiert uns über die Welt, in der Jesus lebte. Mehr noch: Sie arbeitet die Quellenverhältnisse der Evangelien heraus, beleuchtet die verschiedenen Überlieferungsschichten und schärft gerade so den Blick für das, was die Evangelisten in ihrem „Endtext“ über Jesus sagen wollten. Historische Kritik fragt hartnäckig nach dem, was gewesen ist, und zeigt so, dass es im Christentum um reale Geschichte geht und nicht um Mythen oder Ideologien. Wenn Bibelausleger Jesus allerdings nur noch an ihrem eigenen Vorverständnis messen, indem sie von vornherein wissen, was „historisch möglich“ und was „historisch nicht möglich“ ist, überschreiten sie ihre Grenzen.
Jesus wird heute nur allzu oft zu einem bloßen Propheten gemacht, zu einem begabten Charismatiker, einem radikalen Sozialrevolutionär, einem erfolgreichen Heiler, einem menschenfreundlichen Sozialarbeiter oder gar nur zu einem gescheiten Rabbi. Der wirkliche Anspruch dessen, was sich bei ihm zeigt und ausspricht, bleibt dann ausgeklammert, und die Konsequenz ist zwangsläufig die Behauptung, die frühchristlichen Gemeinden hätten ihn „vergöttlicht“.
|10|Das vorliegende Buch weigert sich, solche Verkürzungen mitzumachen, weil sie gegen die Erkenntnis schon der ersten Zeugen und Überlieferer vorgenommen werden. Es arbeitet durchaus historisch und kritisch – historische Forschung muss immer kritisch sein –, hält es dabei aber mit dem Satz von Karl Barth in seinem „Römerbrief“ (2. Auflage): „Kritischer müssten mir die Historisch-Kritischen sein!“
Ich möchte damit ernst machen, dass Jesus Jude war und ganz aus den Glaubenserfahrungen Israels gelebt hat – diese Glaubenserfahrungen aber zugleich zu ihrem Ziel und zu ihrer Vollendung geführt hat. Wer Jesus und das, was er war, wirklich erfassen will, kommt nicht daran vorbei, sich in diesen Glauben mithineinziehen zu lassen.
Ich wünsche mir nichts mehr, als dass dieses Buch vielen heutigen Menschen hilft, kritisch-unterscheidend und zugleich vertrauensvoll-offen dem wirklichen Jesus näherzukommen.
Bad Tölz, im September 2011
Gerhard Lohfink
|11|Sinne täglich nach über Tod und Leben,
ob Du es finden möchtest,
und habe einen freudigen Mut.
Und gehe nicht aus der Welt,
ohne Deine Liebe und Ehrfurcht
für den Stifter des Christentums
durch irgendetwas öffentlich
bezeuget zu haben.
(Matthias Claudius, Aus dem Brief
„An meinen Sohn Johannes“, 1799)