Christoph Lindenmeyer

Teufelsgasse

Roman

Impressum

©2021 Verlag Anton Pustet

Umschlagfoto: ©Thomas Schauer/shutterstock.com

Grafik, Satz und Produktion:Tanja Kühnel

eISBN 978-3-7025-8080-3

Auch als gedrucktes Buch erhältlich

www.pustet.at

Meiner Tochter Mareike Malina gewidmet,
die mir Mut machte,
endlich mit dem Schreiben zu beginnen
.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

1

Es ist gut, einen freien Blick zu haben.

Auf die Welt. Auf die Nachbarn. Auch auf die Straßenkreuzung, 60 Meter vom Beobachtungsplatz entfernt. Ein zu enger Horizont schränkt die Wahrnehmung ein. Das Interesse. Das Denken.

Der Mann steht auf seinem Balkon. Tiefe Nacht.

Was sieht er?

Die Zahl der geparkten Autos hat rasant zugenommen. Früher gab es immer Parkmöglichkeiten auf beiden Straßenseiten. Ankommen, Lichter ausschalten. Aussteigen. Abschließen. Schnell in das Haus. Jetzt muss man oft dreimal um den Block fahren, bis sich in der Nebenstraße ein freier Parkplatz findet.

Die Farbe Weiß hat sich bei der Lackierung durchgesetzt. Als der Mann sich ein weißes Auto kaufen wollte, hatte ihm der Autohändler davon abgeraten. Weiß verkauft sich nicht, wenn Sie einmal den Wagen in Zahlung geben wollen. In Indien, das hatte der Mann vor Jahren festgestellt, waren alle Regierungsfahrzeuge weiß lackiert. Und davon gab es viele. Die Sonnenstrahlung ist auf dem Subkontinent stärker als bei ihm zu Hause. Das hatte er schnell verstanden. Jetzt aber entscheiden sich Käufer nicht mehr für schwarze Limousinen und SUVs, sondern für die besser reflektierende Farbe, obwohl Klimaanlagen in den meisten Fahrzeugen zur Serienausstattung zählen.

Die Dunkelheit der Nacht wird alle drei Fahrzeuge von hellen Flächen unterbrochen. Jedes vierte Auto ist weiß. Der Mann sieht genau hin. Seine Zählung ist richtig. Er sieht, dass die meisten Autofahrer jetzt, um diese Zeit, beim Abbiegen nicht blinken. Nachts sparen sie sich diese Mühe. Einige Autos auf den Parkstreifen halten einen zu großen Abstand. Der Mann ärgert sich darüber. Oft ist deshalb ein Stellplatz verschenkt, nur weil jemand nicht einparken konnte.

Was hört er?

Es ist still. Fast still. Von Freilassing drüben dringen immer wieder Rollgeräusche der Güterzüge zu ihm herauf, hörbar durch den Filter der Entfernung nur für den, der darauf achtet. Wie Morsesignale die Pressluft-Signalhörner der Rangierloks. Die Heizung des Seniorenheims gegenüber springt an. Der Kamin brummt dann wie ein weit entfernter Schiffsmotor. Dezent. Gleichmäßig. Ein leises Atmen. Aber das Geräusch ist immer da. Für ihn. Er horcht auf, wenn das Grundrauschen verstummt. Dann hat ein Thermostat die Atmung unterbrochen. Die Nacht transportiert in akustischen Scherben das Quietschen eines Güterzuges herüber, der in der Ferne eine Kurve nimmt. In einem der Außenviertel Salzburgs.

Jetzt läuten keine Kirchenglocken. Gegenüber im Seniorenheim sind nur wenige Fenster erleuchtet. Lange Zeit schallten Hilferufe einer demenzkranken alten Patientin aus einem der Fenster, die sich wie ein verlassenes Kind in ihrem Zimmer von allem Menschlichen vergessen fühlte. Irgendwann hatten die Schreie aufgehört. In der Morgendämmerung war der Kleintransporter eines Bestattungsunternehmers vorgefahren. Wenige Tage später waren neue Schreie zu hören.

Seit einigen Monaten werden fast täglich Verstorbene abgeholt. Mit der Bahre verlassen die dezent gekleideten grauen Männer inzwischen das Haus durch den Haupteingang. Früher fuhren die Bestatter noch am Hintereingang vor. Jetzt verstecken sie sich nicht mehr, sie kommen am helllichten Tag, die kommunalen Bestatter und die Angestellten der privaten Trauerhäuser. In solchen Augenblicken verlässt der Mann seinen Balkon. Sie sollen in Frieden ruhen und bedürfen nicht der Gaffer – die unbekannten Toten aus der Nachbarschaft, denkt der Mann. Öfter als in den letzten Jahren schleichen sich mit Blaulicht, aber ohne Martinshorn die Rettungswagen und der Notarzt durch die Straße zum Seniorenheim heran. Nein, sie fahren weiter. Ganz hinten in der Straße stehen zwei Wohnblöcke, die Stadt hat zahlreiche Wohnungen angemietet.

Was fühlt er?

Er tritt vom Geländer zurück. Er will nicht gesehen werden, obwohl es zu dieser nächtlichen Stunde kaum jemanden gibt, der ihn auf dem Balkon entdecken könnte.

Er ist zufrieden. Eine Kiste mit Frühlingsblumen für seinen Kleingarten steht im Flur. Im Kofferraum seines Autos warten zwei kiloschwere Säcke mit Gartenerde, ein Sack Pflanzendünger und zwei neue Gießkannen mit größerem Fassungsvermögen als seine bisherigen, dazu noch einige Spraydosen zur Schädlingsbekämpfung. Seine Gartengeräte hat er vor dem Winter im Gartenhaus sorgfältig eingepackt und in ein schmales Regal, gerade groß genug für den Raum, gelegt. Dort warten sie auf ihn, geschützt vor Rost. Eines neben dem anderen. Penibel parallel gelagert. Auch zwei Tüten mit Tonkügelchen und 10 Kilogramm Quarzsand hat der Mann gekauft, um die Blumentöpfe und das Beet mit den Sukkulenten in seinem Garten feucht zu halten. Seine Pflanzen mögen das. Blaue Hortensien wie sie entlang der Steinmauern in der Bretagne wachsen, Farne, winterfeste Kakteen und Clematis montana, die sich in jedem Jahr am Zaun entlangrankten. In den letzten beiden Jahren hatten sie nur dürftig geblüht, vor Kurzem aber hat er so viele Knospen wie nie zuvor an der Pflanze entdeckt.

Primeln kann jeder pflanzen, Narzissen, Tulpen, Stiefmütterchen und Fette Henne. Sein Garten soll von solchem Kleinwuchs, solchem Kleingeist, wie er in den Nachbar-Parzellen herrscht, verschont bleiben. Seine Holzhütte verzieren nicht wie nebenan Hirschgeweihe und das Gehörn von Gamsböcken. Gartenzwerge verabscheut er. Er hasst leidenschaftlich die Bambis aus Gips und die weißen Kopien der Davidstatue von Michelangelo.

In einer Ecke seiner Hütte lagert er einige Rollen Dachpappe. Nach jedem Winter rollt sich der Dachbelag auf, die Nägel sind verrostet. Ganze Stücke sind schon mit dem Eis herausgebrochen. In jedem Jahr muss er auf die Leiter steigen, das Dach neu mit der Pappe abdecken. Er hat Stahlnägel gekauft. Aber nach dem nächsten Winter wird er das Dach sicher wieder abdichten müssen. Es wäre nicht gut, wenn Feuchtigkeit in die Holzhütte eindringen könnte.

Seine Parzelle hat er nach den Gesetzen einer harmonischen Choreographie des Raums geplant und angelegt. Kein Kies, keine Betonsteine als Eingrenzung der Beete, kein Fahnenmast mit der österreichischen Flagge oder der des Landes Salzburg, nichts Rustikales.

Die schmalen Wege zwischen den Parzellen der Kleingärtner sind nach dem Watzmann benannt, nach Alpenrosen, nach dem Untersberg, dem Kapuzinerberg, dem Dachsteinmassiv, oder sie heißen Edelweißgasse, Alpenveilchenweg oder Maiglöckchenpfad.

Seine Parzelle aber liegt an der Teufelsgasse. Ihm gefällt der Name des Weges. Im Kaisergebirge gibt es gleich unterhalb des Prostkogels und der Prostalm auf knapp 1200 Metern Seehöhe, eine schmale Schlucht, passierbar nur im Sommer für Wanderer. Im Mai liegen in dieser Schlucht noch Schneereste auf feuchtem Laub. Er hat diese Teufelsgasse mehrfach durchquert, weil er die Almen des Kaisergebirges liebt. Er mag den leicht modrigen Geruch der faulenden Blätter dort. Er weiß, wo und wann die Gebirgsenziane blühen, die Schusternägel und die Orchideen. Einmal konnte er einen balzenden Auerhahn beobachten, aber als er vom pensionierten Dorfschullehrer gefragt wurde, ob er Auerhähne gesehen habe, schickte er ihn in ein anderes Wald- und Almgebiet, weil er nicht wollte, dass der kurzsichtige Schulmeister den Vogel abschoss. Teufelsgasse ist ein guter Name.

Er ist noch nie abergläubisch gewesen, dazu fehlt ihm jede Begabung, und er kennt auch nicht die geringste Anmutung metaphysischer oder religiöser Gefühle. Er hat sein Leben bisher sorgfältig durchmessen, es geplant, analysiert, darüber nachgedacht, seine Möglichkeiten, Begrenzungen und Verlockungen ausgelotet und im Übrigen seinem Verstand vertraut, der jeden Anflug von Angst oder übersinnlichen Perspektiven verbietet. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Es ist spät. Bald beginnt die Morgendämmerung. Diesen Zwischenzustand liebt er mittlerweile. Da ist er allein mit sich, ungestört. Doch nicht, weil er sich dies so gewünscht hätte, sondern weil sich sein Alleinsein ereignet hat. Es war ihm zugestoßen. Es war über ihn gekommen wie eine Heimsuchung bei Nacht. Auch war er auf das Alleinsein nicht richtig vorbereitet gewesen. Es war damals eine Katastrophe. Jetzt hat er sich daran gewöhnt.

Gewiss doch: Es war absehbar, dass es auf ihn zukäme, einige Jahre schon, aber in dieser Zeit bedurfte es seines ganz starken Lebenswillens, um die Vorstufe des Alleinseins zu ertragen und anzunehmen. Dann war es so weit. Er musste sich daran gewöhnen, allein zu sein. Er erlaubte es sich nicht, am neuen, am radikal neuen Alleinsein zu zerbrechen. Der Mensch hat zwei Ebenen. Auf der einen bewegt er sich im Alltag, auf der anderen in seiner psychischen Dimension. Es gibt ein Über-Ich und ein Unter-Ich. Es ist ihm bisher gelungen, die Tür zwischen beiden Ebenen geschlossen zu halten. Eine logische Konsequenz seines starken Willens. Aber täglich öffnet er die Tür einen Spaltbreit. Und er schließt sie wieder. Ganz schnell. Was hinter der Tür verborgen ist, bleibt immer existent. Das Märchen von der Sehnsucht, das Geheimnis hinter verschlossenen Türen zu erforschen, gilt für ihn nicht. Nein, einsam fühlt er sich nicht. Er hat ja seinen Garten. Er liebt seinen Garten.

Er schaut noch einmal zur Straßenkreuzung. Ein Marder huscht vorbei. Ein langgezogener Schatten. Kein Geräusch. Kein Knistern. Kein Kratzen. Kaum gesichtet verschwindet er unter einem Auto. Ein Vogel zwitschert. Viel zu früh in dieser Nacht. Vielleicht hatte er einen Albtraum, aber der Mann weiß nicht, ob Vögel Albträume haben. Entweder ist der einzelne Vogel im Geäst durch ein anderes Tier gestört worden oder er kann den bald anbrechenden Morgen nicht abwarten. Bald suchen sie sich geeignete Nistplätze. Oft auch werden sie von Autos überfahren oder von den im bürgerlichen Viertel herumstreunenden Katzen gefangen. Das ist nicht in Ordnung, denkt der Mann, dass sich in unserem Viertel die Nachbarn erlauben, ihre Katzen frei herumlaufen zu lassen. Diese Raubtiere, diese fetten Haustiere mit ihrem Katzenhalsband, die nur scharf darauf sind, alles zu töten, was sich bewegt, alles, was lebt. Sie maunzen, wenn sie nachts einem Heimkehrer begegnen. Sie schmiegen sich an. Dabei sind sie, ihrer Veranlagung entsprechend, falsch und gefährlich. Für Katzenliebe hat der Mann nicht viel übrig. Aber er ist da nicht radikal. Der eine liebt seinen Dackel, der andere seine Katze. Sollen sie. Aber sie sollen ihre Lieblinge nicht allein herumstreunen lassen.

Der Mann schließt die Balkontür, behutsam und leise. Gegenüber im Seniorenheim fällt ein Rollladen wie ein Fallbeil. Dieses Geräusch ist brutal. Aber als ebenso brutal empfindet der Mann es, wenn morgens die Rollläden hochgezogen werden bis zum Anschlag. Da hört er den Knall. Wer sein Fenster so öffnet, dem fehlt jede Sensibilität, denkt er. Aber wahrscheinlich hören diese Leute den Knall nicht mehr, den sie zweimal am Tag erzeugen.

Er geht in sein Wohnzimmer. Schlafen kann er später. Er hat Zeit. Jetzt will er noch auf dem Garderobenschränkchen seine Stifte ordentlich in das Glas stecken: Grau neben Lila, dann Blau, Grün, Braun, Rot, Pink und Schwarz. Pink. Er ist sich nicht sicher, ob er die Nachbarschaft der Regenbogenfarben richtig zusammenstellt, aber so, wie er es macht, ergibt es einen Sinn für ihn.

In der Küche stellt er einen Teller für das Frühstück, eine Untertasse und eine Tasse für den Morgentee auf den Tisch. Dazu das Bambusbrett, das Brotmesser. Das Besteck natürlich. Butter und Zitrone wird er erst am Morgen aus dem Kühlschrank holen. Was nicht in der Geschirrspülmaschine Platz gefunden hat, hat er abgewaschen, abgetrocknet und weggeräumt. Wäre er morgen nicht mehr am Leben, dann könnte sich niemand über seinen Lebensstil beklagen. Er ist kein Messie. Verwahrlosung im Alter ist für ihn keine akzeptable Option. Ordnung ist das halbe Leben. Nein, denkt der Mann, sie ist das ganze Leben.

Als er aus dem Bad zurückkommt, um sein Bett aufzudecken, stellt er seine Hausschuhe am Fußende ab, einen neben dem anderen. Auch das Paar Schuhe vor dem Bett unterliegt den Gesetzmäßigkeiten jener Choreographie des Raums. Es geht doch nicht, dass der linke Schuh seine Spitze vorne hat und der andere hinten. Er schlägt die türkische Bettabdeckung zurück. Diese mit vielen eingenähten Spiegelscherben geschmückte indische Tagesdecke hatten sie einst nahe dem Suk in Istanbul gekauft, weil die Patchwork-Technik der einzelnen Textilquadrate und die tiefrot, orangegefärbte Ästhetik sie damals so angesprochen hatten. »Das ist lange her«, murmelt der Mann.

Wovor fürchtet er sich?

Seit er dem Alleinsein ausgesetzt ist, mag er es nicht, sich abends oder nachts in seinem Bett abzuliefern, in dieser Abwesenheit jeder anderen Lebensenergie. Sich der Dunkelheit, der Stille des Zimmers, dem Schweigen der Umwelt, der Nachbarn über ihm in der Dachterrassenwohnung und der erzwungenen Blindheit im unsichtbaren Raum seines Zimmers auszuliefern, das noch nicht Schlafzimmer ist, wenn das Licht erlischt. Nachts wird es zum Verließ.

Tagsüber ist es ein freundlicher Raum. Ein großes Fenster zum Innenhof mit Kiefern, Tannen, Büschen, Terrassen, einer Sitzbank für die Eltern neben einem Sandkasten, der nach der Havarie des Kernkraftwerks in Tschernobyl mit neuem Sand aufgefüllt wurde. Eine Abdeckung schützt vor Verunreinigung, aber oft ziehen die Eltern abends die Plane nicht über den Sandkasten.

Ein Weihnachtskaktus steht auf dem Fensterbrett, schläft, sieht wie tot aus, wächst dann aber plötzlich weiter, schläft, und blüht zu unerwarteten Zeiten. Er hatte nicht gehofft, diese Pflanze über die schweren Jahre hinweg zu erhalten, aber der Kaktus blieb. Treu. Langsam in seiner Reaktion auf die Pflege. Der Mann spricht manchmal mit seinen Pflanzen. Das kann ja nicht schaden. Und niemand weiß, ob die Pflanzen diese Zuwendung verstehen. Immer wieder überraschend antwortet der Weihnachtskaktus, wenn der Mann mit keiner Antwort mehr rechnet. Plötzlich eine Knospe, dann eine, zwei, viele weiße Blüten. Ein Wunder. Nicht nur in der Weihnachtszeit.

Der Mann kümmert sich um diesen Weihnachtskaktus, den er sich selbst nie gekauft hätte. Das war damals unvermeidlich, als sie darauf bestand, zur Sammlung ihrer Kakteen auch diesen zu erwerben. Er fand das in Ordnung. Auch kannte er damals noch nicht Cees Nootebooms Annäherungen an Kakteen und die Entdeckung ihrer unterschiedlichen Charaktere, ihre Personalität und ihren Zauber in seinem Garten hinter der Finca auf Menorca. Nur zufällig hat er in einer Buchhandlung den Band des großen Reiseschriftstellers mitgenommen. Kakteen sind widerborstig, störrisch, verweigernd, und sie sind voller Zuneigung, blühen, überraschen durch ihre Triebe und ihr unerwartetes Wachstum, machen eigentlich, was sie wollen. Sie sind wehrhaft und strecken sich dem Himmel entgegen, den der Schriftsteller nicht in seiner ganzen Spannbreite überblicken kann. Denn es gibt Nachbarhäuser, die den Blick versperren. Nooteboom saß, wie er schreibt, in seinem Garten und blickte zum nächtlichen Himmel auf. Da kam ihm die Idee, entsprechend dem Boden- und Pachtrecht ein Stück freien Himmels für sich zu verlangen. Grund und Boden senkrecht über ihm. Ein Stück garantierter freier Sicht auf den Himmel, entsprechend dem Grundriss seines eigenen Besitztums. Die Idee gefällt dem Mann. Ein Himmelsrecht neben dem Bodenrecht.

Anders als früher, als der Mann den Schlaf herbeisehnte, weicht er ihm jetzt aus, so lange, wie es ihm irgend möglich ist. Trinkt er zu viel, will er nicht torkeln, obwohl es keine Beobachter gibt. Er will die Selbstkontrolle behalten. Manchmal nickt er vor dem Fernseher ein, nicht lang, aber für ihn erschreckend in der Tiefe seiner Bewusstlosigkeit. Dann schüttelt sich der Mann, und er reißt sich zusammen, um sich nicht aufzugeben. Der Weihnachtskaktus zeigt eine neue Blüte, der Frühling kommt bald. Das wird ein Kaktus wohl spüren. Aber er hat sich gewaltig verspätet.

Für morgen ist alles vorbereitet.

Morgen ist ein neuer Tag. Die Nacht ist kurz. Jetzt wird der Mann wohl schlafen können. Er hat alles in Ordnung gebracht.

2

Es ist seltsam, wie selektiv die Wahrnehmungen der Menschen sind. Es gibt Leute, die noch nie auf das Getschilpe der Mauersegler geachtet haben, auf ihre rasanten Flugmanöver hoch über der Stadt. Auf ihre in die Wolken gezeichneten Schleifen, ihre Sturzflüge und ihr Sirren voller Lebensfreude. Ihn berührte es, wenn er in den ersten Maitagen noch vereinzelte Mauersegler entdeckte, die aus dem Süden über die Alpen gekommen waren. Jetzt war der Mai wirklich da, und Wolffs Seele spürte Freiheit und grenzenloses Glück. Bald würde sich der Himmel füllen mit den Vögeln, die während des Fluges schlafen können. Aber viele seiner Bekannten hatten sie noch nie wahrgenommen, bevor sie Wolff auf das Getümmel über den Dächern aufmerksam machte. Vielleicht können ältere Menschen die Frequenz der Glücksrufe auch nicht mehr hören.

Es war der 12. Mai, sein Handy zeigte die Uhrzeit an: 8.30 Uhr. München leuchtete an diesem Tag. So blau war der Himmel der nördlichsten Stadt Italiens nur an Föhntagen. Vor dem einstigen Krankenhaus an der Ecke zur Blutenburgstraße blühte der Baum: die linke Hälfte weiß, die rechte Hälfte rosa. Da waren wohl irgendwann Zweige aufgepfropft worden. Ein Baum, zwei Existenzformen. Jedes Jahr wartete Wolff auf dieses kleine Wunder.

Er hatte es nicht eilig, in seine Redaktion zu kommen. Sein Tagesprogramm stand fest: Besprechung mit den Programmassistentinnen, Redaktionskonferenz, Programmplanung mit den Kolleginnen und Kollegen in seiner Redaktion, Honorare für die gestrige Sendung festsetzen und veranlassen, Briefe unterschreiben, die er gestern verfasst und in das Redaktionssekretariat gelegt hatte, damit Kopien für die Ablage gemacht und in den Korrespondenzordnern intern oder extern abgelegt werden konnten. Drüben auf dem Gelände des Augustinerkellers warfen die Kastanienbäume erste Schatten auf Bänke und Tische. Wie so viele aus seinem Sender zur Mittagszeit würde auch er bald in diesem Biergarten sitzen. Für den Nachmittag hatte er, nach der täglichen kurzen Pause in der Kantine, einige Autorengespräche eingeplant. Und wenn sich die Dämmerung von Osten her heranschliche, wollte er sich an sein Manuskript für eine Moderation und einen Kommentar setzen. In dieser blauen Stunde, wenn das Licht heruntergedimmt und ganz weich wurde, während sich das Abendrot in den Westen zurückzog und dem Dunkelblau mit seinen dunstigen Grauschattierungen Platz machte, wenn sich die ersten Leuchtpunkte in der Silhouette der Stadt entzündeten, war Wolff besonders kreativ. Im Hochhaus wurde es stiller, die Telefonanrufe hörten auf. Er hätte aber auch nicht abgehoben, denn Wichtiges erreichte ihn ohnehin über eine im Haus verdeckte und nur seinen Vorgesetzten bekannte Nebenstellennummer. So also hatte Wolff seinen Tag geplant.

Stadteinwärts vor dem Hauptbahnhof leuchteten die Fenster in den 18 Stockwerken des Hochhauses, in dem viele Redaktionen, die Verwaltung, das Historische Archiv und andere Organisationseinheiten untergebracht waren. Wolff dachte an Nicolas Borns Roman »Die Fälschung«. Der Sendemast auf dem Hochhaus war kein Sendemast, sondern eine Empfangsantenne. Der symbolische Akt, ein Funkhaus mit einem Antennenmast auszustatten, schien ihm aber zum Charakter seiner öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt zu passen. Vor Jahren hatte er seine Kolleginnen und Kollegen des österreichischen Programms »Ö3« besucht. Die Redaktionen waren kreisförmig um die Sendestudios herum angelegt. Alles war transparent. »Sitzungen« fanden im Stehen statt, eindeutig orientiert am Vorbild der französischen Tageszeitung Le Monde. Auch musste am Mikrofon stehen, wer die Sendung moderierte. Die Redaktionen und Sendestudios waren in einem gesichtslosen Industriebau untergebracht, einem Kubus ohne jeden architektonischen Einfall, einem industriellen Zweckbau. Es hätte sich dort genauso gut ein Warenlager befinden können. Funkhäuser aber bedurften laut Wolffs Meinung in ihrer Architektur repräsentativer Signale. Da macht es ja nichts, dachte Wolff, wenn diese Signale eine Attrappe sind. Auf dem Dach eines Fernsehgebäudes in Berlin, gleich gegenüber dem alten Funkturm auf dem Messegelände, thronte ein Baukörper, der dem Tower eines Flughafens glich. Funkhäuser sollten sich nicht verstecken.

In den Sendestudios galt das Prinzip des Funktionalen: man konnte stehen oder sitzen, die Ablage für die Manuskripte konnte herunter- und hinaufgekurbelt werden. Mobilität war angesagt. Dynamik. Tempo. Die Bearbeitungszeit zwischen Input und Output der Informationen wurde immer kürzer. Niemand konnte sich dieser Entwicklung widersetzen, und die Sprache in Berichterstattung und Moderation wurde flüchtiger, fehlerhafter, gewöhnlicher, hin und wieder sogar infantil. Als würden sich Kinder beschweren: »Der Bundespräsident, der hat dies und das gesagt. Die Bundeskanzlerin, die hat … Mein Kollege war in Paris. Der hat dort …« Es wurde wenig Mühe darauf verwendet, originell und sorgfältig zu formulieren. Dieses Manko, dachte Wolff, wurde durch eine betriebsame Heiterkeit am Mikrofon überspielt, vom frühen Morgen bis in den späten Abend hinein. Das System macht high, dachte er. Vor allem die Moderatorinnen und Moderatoren der Morgenmagazine wirkten, als hätten sie sich gedopt. Er mochte das nicht. In den Verkehrsmeldungen wurde nicht mehr vor Pannenfahrzeugen auf einer Fahrspur der Autobahn gewarnt, sondern vor kaputten LKW.

Wolff hatte sich früher oft über die monatlichen Analysen eines vom Intendanten beauftragten Sprachpflegers in seinem Sender geärgert, der grammatikalisch stets korrekt Fehler katalogisierte und kommentierte, dabei aber nie Rücksicht auf die Umstände nahm, unter denen solche Livesendungen entstanden und ausgestrahlt wurden. Jetzt war Wolff selbst zum Beobachter der sprachlichen Trivialisierung geworden. Das war ihm unangenehm. Er verstand sich ja nicht als ewig Gestriger. Wenn er Kollegen traf, die längst im Ruhestand waren, hörte er sich ihre Klagen über die Verwahrlosung der Sprache am Mikrofon an und musste dabei lächeln.

Er nahm sich vor, heiter in den Arbeitstag zu gehen. Seinen morgendlichen Cappuccino hatte er wie so oft in einer seiner beiden Cappuccino-Oasen genossen. In München-Gern gab es einen Kaffee-, Wein- und Süßwarenladen, der sich finanziell nicht rechnete; sein Besitzer, von den Stammgästen liebevoll »der Philosoph« genannt, hatte mehr Interesse daran, in seiner Ruhestandszeit einen Ort für Kommunikation und Nachbarschaft anzubieten, als Profit zu erwirtschaften. Sein Laden glich einer Schatzkammer: übereinandergestapelte Kartons mit Waren, tiefhängende Tiffany-Leuchten, ein Regal, gefüllt mit Behältern für die unterschiedlichen Kaffeebohnen-Sorten, ein schmaler Tresen, meist vollgestellt mit Gläsern, Flaschen und Tassen. Man traf sich in einem Zeltvorbau, der bis nachts für Freunde geöffnet war, weil er auf privatem Grund lag. Und der Philosoph hatte Freunde, die ihm seit Jahren, manche seit Jahrzehnten, treu geblieben waren: einen Antiquitätenhändler, einen Versicherungsmakler, einen Klavierbauer, eine Bankerin, eine Journalistin, den Inhaber eines großen Sportartikelgeschäfts, einen ehemaligen leitenden Beamten des Personenschutzes für hohe Politiker, Anwälte, Ärzte und Menschen aus der Nachbarschaft. Auf der Terrasse kamen sie zusammen, über ihnen hingen Weinranken, die der Philosoph sorgfältig gepflanzt, beschnitten und gepflegt hatte. Nur die Buchsbäume waren von dem sich in den letzten Jahren massenhaft verbreitenden Zünsler vernichtet worden. Wolff saß, wann immer er Zeit hatte, beim Philosophen. Oft schwiegen beide, wenn sie allein waren. Ohne seinen breitkrempigen Hut hatte Wolff den Philosophen noch nie gesehen.

Die andere Cappuccino- und Wein-Oase lag am Kurfürstenplatz in Schwabing. Ein Laden, der nur exquisite Waren verkaufte, Nudeln aus Italien, Gewürze, Öl, Essig,

Cantuccini und anderes Gebäck, Schinken und Käse aus Parma und den Marken, und natürlich Weine, deren Hersteller der Ladeninhaber mehrmals im Jahr besuchte. Er kannte die Familien der Winzer und deren Geschichten, ihren Alltag wie ihre Rituale, ihre Rezepte und ihre Weinkeller. Es gab in den Regalen erlesene Rosé-Weine und Spumante Brut.

Wolff hatte sich im Lauf der letzten Jahre mit dem Ladeninhaber angefreundet. Man siezte sich und kam sich doch näher durch den Austausch von Buchempfehlungen, schließlich auch durch die gegenseitige Leihgabe von Kriminalromanen. Wolff besaß eine umfangreiche Bibliothek an Krimis. Anders als den Geschäftsmann interessierte ihn weniger die Action- und Thriller-Technik von Romanen als das Milieu, in dem das alltägliche Böse stattfand: in der Normandie, in der Provence, in Triest, in Venedig, in Spanien und in Schweden. Nur die Fülle an Regionalkrimis, fast ständig in den Bestseller-Listen, faszinierte ihn recht wenig: Käsespätzle-Narrative zum Beispiel befremdeten ihn. Sie waren ihm zu spießig. Wolff fuhr oft nach Schwabing, wo er eigentlich nichts zu suchen hatte, aber er schaute gern im Weinladen vorbei, kaufte hin und wieder mehrere Flaschen aus ökologischem Anbau in den Abruzzen, und wenn er zahlte, tippte sein Krimipartner den Endbetrag für Cappuccino und Wein automatisch ein. Wolff brachte die grünen Tragetaschen aus Papier regelmäßig zurück. »Sie müssen ja sparen«, sagte er, und »ich will die Tüten nicht wegwerfen«. Auch so kann Sympathie entstehen.

In der Weihnachtszeit wurde der Olivenbaum im Laden mit goldenen Kugeln geschmückt, später gab es auch Leuchtsterne an der Decke des Ladens, in dem der Inhaber tagsüber auch kleine Gerichte anbot. In den Regalen standen Flaschen mit signifikant gestaffelten Preisen; in den Holzkisten lagerten Weine, die sich Wolff nicht leisten konnte und auch nicht wollte.

Als Wolff, der sich nur Al nannte, weil ihn sein Vorname Alfred an den Nazi-Propagandisten Alfred Rosenberg erinnerte, weiter Richtung Funkhaus schlenderte, erschrak er. Diesem Maimorgen fehlte etwas. Wie hatte er das bisher gar nicht bemerken können? Diesem Maimorgen fehlte etwas ganz Entscheidendes. Am Himmel fehlten die Mauersegler. Wolff blieb abrupt stehen und suchte den Himmel über ihm sorgfältig ab. Nein, kein einziger Mauersegler war zu sehen, nirgends Getschilpe, kein Vogel schwirrte über den Dächern Münchens. Wie ein Schmerz durchzuckte ihn diese Leere am Himmel.

Wolff ging seit mehr als dreißig Jahren gerne in das Funkhaus. Früher war er mit seinem Auto gekommen, schließlich hatte er in der Tiefgarage einen reservierten Platz. Eines Morgens, er war nicht mehr weit entfernt vom Senderareal Richtung Tiefgarage, war die Straße stadteinwärts gesperrt. Feuerwehr, Polizei. Blaulichter. Auf dem Pflaster lag, unter Planen verborgen, ein Mensch. Er musste aus dem Fenster im siebten Stock des Studiobaus gesprungen sein. Grundsätzlich waren die Fenster im Studiobau nicht zu öffnen, aber eines stand offen. Tage später erfuhr Wolff, dass ein beliebter, immer gut gelaunter Archivar kurze Zeit nach seiner Ruhestandsversetzung in das Haus zurückgekehrt war, sich zu den WCs begeben, mit einem Nachschlüssel das Fenster geöffnet und sich von der Fensterbank einfach nach draußen hatte fallen lassen. Wolff hatte des Öfteren mit ihm zu tun gehabt und seinen pragmatischen Humor sehr geschätzt. Seit diesem Tag mied er diese Straße.

Guten Morgen. Guten Morgen. Wolff nickte den Kolleginnen am Empfang zu. Sie grüßten ihn freundlich zurück. Mit dem Aufzug fuhr er aufwärts in den 13. Stock des Hochhauses. Der Filterkaffee war schon aufgebrüht. Nichts sollte jetzt sein Morgenritual stören: die Sichtung der Post, die schnelle Lektüre der Leitartikel und Titelseiten von sechs Tageszeitungen, das Öffnen der eingegangenen Mails, der Bericht seiner beiden Programmassistentinnen über Terminverschiebungen und die Liste von internen wie externen Anrufen. Er hatte nicht mehr viel Zeit bis zum Beginn der Redaktionskonferenz um 10.30 Uhr.

Meist nahmen zwanzig bis dreißig Kolleginnen und Kollegen an der Konferenz teil, bei dünner Nachrichtenlage oder in Urlaubszeiten auch weniger. Vertreten waren alle Hörfunkprogramme und die meisten Redaktionen des Hörfunks. Man saß um einen überdimensionierten runden Tisch, der seit Jahrzehnten hier stand, so wie seit Jahrzehnten Originallithographien von Oskar Kokoschka an den Wänden des Sitzungszimmers hingen. Damals mussten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten noch Kunstwerke erwerben. Diese gesetzliche Auflage entsprach dem gesellschaftlichen und kulturellen Auftrag für Anstalten des öffentlichen Rechts. Wolff würde in einer Viertelstunde wieder auf der gepolsterten Fensterbank sitzen, leicht erhöht, so hatte er einen besseren Überblick über die Runde. Er mochte es nicht, wenn jemand hinter ihm saß. Er spürte dann die Blicke in seinem Nacken und sie irritierten ihn.

Da war es besser, selbst in der zweiten Reihe zu sitzen. Das Tageslicht hellte die Gesichter der anderen auf, sein Gesicht blieb im Schatten. Jahrzehnte schon saß er hier, er hatte Kolleginnen und Kollegen aus nahezu allen Redaktionen kommen und gehen sehen. Als in Griechenland die Obristen ihre Militärdiktatur eingerichtet hatten und das Land terrorisierten, beobachtete er einen griechischen Kollegen, der mit seinem Redaktionsteam die griechischen Sendungen des Ausländerprogramms gestaltete. Der Kollege wirkte stets gehetzt, immer auf dem Sprung, ein elegant gekleideter, gutaussehender Mann in den besten Jahren, blass im Gesicht. Hatte er, später als die anderen zur Konferenz gekommen, seine Themen für die Abendsendungen vorgestellt, eilte er auch schon wieder davon. Das griechische Regime hatte in ihm einen Feind erkannt, den es zu bekämpfen galt. Er war in höchstem Maß gefährdet. Nicht allen Beobachtern in Bayern gefiel, wie der Grieche ein Oppositionsradio gegen das Militärregime im öffentlich-rechtlichen Rundfunk betrieb. So hatte er an vielen Fronten gekämpft, gelegentlich auch im eigenen Sender: nicht militärisch gedacht, sondern im Sinn einer zivilen Courage. Wolff und der Grieche hatten sich immer sehr geschätzt, sie hatten ihren Draht zueinander gefunden, auch wenn sie sich meist nur flüchtig im Funkhaus begegnet waren. Er hatte doch tatsächlich dessen Namen vergessen.

Wolff wusste nicht, weshalb ihm gerade jetzt diese Geschichten einfielen.

Viele Jahre später, längst war der Spuk des Militärregimes beendet und sein Kollege wieder zurück in Griechenland, war er an einem Morgen vor seiner Haustüre in Athen erschossen worden. Wolff hatte diese Nachricht wie ein Blitz getroffen.

Er holte sich im Vorzimmer eine frische Tasse Kaffee.

Er erinnerte sich an andere Ereignisse in der Redaktionskonferenz. Damals hatte es eine sehr eigenartige, wenig praktizierte Tradition gegeben: Wenn ein besonderes Bonmot von einem der Teilnehmer in die Runde geschleudert wurde, reaktionsschnell und treffsicher, legte jeder einen Pfennig auf den Tisch vor dem Urheber: eine ehrenvolle Anerkennung seiner Schlagfertigkeit. Als er die Themen seiner Jugendredaktion vorgetragen hatte und sie gegen Einwände aus der Runde verteidigte, zischte der Chefredakteur ihm ein »Ihren Kopf möchte ich nicht haben!« entgegen, woraufhin Wolff wie aus der Pistole geschossen, ohne eine Sekunde nachzudenken, zurückgab: »Mut zur Schlichtheit, Herr Kollege!«. Das hatte ihm 34 Pfennige eingebracht.

Als unter dem Vorgänger des Chefredakteurs ein Disput mit dem Hörfunkdirektor darüber entstanden war, ob unter die deutsche Vergangenheit ein Schlussstrich gezogen werden müsse, um nicht ewig über die deutsche Schuld zu lamentieren, entwickelte sich daraus ein heftiger Streit am runden Tisch. Und als sich Direktor und Chefredakteur in immer eisigerem Ton ineinander verhakten, sagte der Chefredakteur plötzlich ganz leise: »Sie waren damals in der Legion Condor, ich in London im Widerstand.« Das war alles. Die Diskussion erstarb. Er stand auf, und mit ihm erhoben sich alle Kolleginnen und Kollegen und verließen den Raum.

Oder als ein freiberuflich tätiger Musikmoderator der Jugendredaktion in seiner Clubsendung einen Musiker mit seinem neuen Song »I am drinking my own sperm« vorstellte und ihn fragte »You did it?« und der ihm geantwortet hatte »I did it, truely!« war am Tag nach der Sendung die Hölle los gewesen in der Redaktionskonferenz. Alle diskutierten über Pornographie und Ethik, die Verantwortungslosigkeit der Redaktion und ihren öffentlich-rechtlichen Programmauftrag, bis der Chefredakteur ganz lakonisch in die Runde blickte: »Wer noch nie onaniert hat, hebe bitte seinen Arm.« Die Diskussion war beendet.

Niemand wusste, was sich in einer kommenden Redaktionskonferenz ereignen würde. Wolff bereitete sich deshalb immer sorgfältig auf diese halbe Stunde vor und überlegte sich, welche Widerstände gegen sensible Themen aus den von ihm geleiteten Redaktionen kommen könnten und wie er den Vorbehalten begegnen konnte. Fiel ihm kein gutes Argument ein, bat er die Redaktion, das Thema noch zurückzustellen.

Sein Telefon mit der verdeckten Nummer klingelte. Hörfunkdirektion. Guten Morgen Al, ich verbinde dich mit dem Chef: »Wir sitzen gerade zusammen«, teilte der Chef ihm mit leicht zitternder Stimme mit, wir haben eben beschlossen, dass du den Nachruf verfassen wirst. Du kanntest ihn gut, und du schaffst es, den Beitrag schnell bis zur Mittagssendung zu schreiben.

»Worum geht es?«, fragte Wolff. »Wovon sprichst du?«.

»Steiger ist tot.«

»Steiger? Was?«

»Ja! Er wurde heute Morgen tot in Salzburg vor seiner Zweitwohnung aufgefunden.«

»Mehr ist nicht bekannt?«

»Nein. Bis jetzt nicht. Also. Du schreibst? Okay? Ich lese dein Manuskript nachher dann gegen. Um 11.50 Uhr musst du den Nachruf sprechen. Du kannst ihn aber auch live in der Sendung lesen.«

»Okay!«, sagte Wolff, »ich schaue mal, wie ich klarkomme«. Er legte auf.

Innerhalb weniger Sekunden war seine Tagesplanung weggefegt. Steiger? Undenkbar. Das kann nicht wahr sein. Die Nachrichten haben nichts gemeldet.

Mich hat vorher auch niemand zu erreichen versucht. Steiger? Wahnsinn. Wolff schaute aus dem Fenster. Aber er konnte nichts erkennen. Ein paar Minuten saß er so, und er sah nicht, dass ein großer Raubvogel und eine Krähe einen Luftkampf in großer Höhe führten. Immer wieder stieß die Krähe von unten gegen den größeren Gegner vor, umkreiste ihn, stürzte sich auf ihn, bis der Raubvogel erst zögernd, dann endgültig abdrehte. Aber Wolff sah nichts. Er sah auch nicht, dass weit oberhalb des Zweikampfs der beiden Vögel ein vereinzelter Mauersegler in Ellipsen den Fönhimmel über München durchschnitt. Endlich, endlich war ein Mauersegler zurückgekommen. Anfang August würde er wieder in den Süden Europas aufbrechen oder nach Afrika.

3

Ich – Steiger.

Ich bin ein Mensch, der einen guten Job macht.

Nein, ich glaube das nicht, ich weiß es.

Chefredakteure müssen über ein eindeutiges Wertesystem verfügen, ohne Ideologie, ohne den Gedankenkrampf der linken Spinner, der Cannabis-Raucher, der Weltverbesserer, der mutlosen liberalen Romantiker, der Alt-68er und der Neu-68er.

Hinzu kommen die Gewerkschafter. Ich kann längst darauf wetten, wer von Ihnen als erster seinen Arm hebt, um die ewig-gleiche Negation gegenüber den von mir vertretenen Programmrichtlinien aufzusagen. In solchen Versammlungen kommt Todessehnsucht auf.

Wir sollten endlich darauf verzichten, in unseren Programmen Musik zu spielen, die meinen Hund zum Jaulen bringt. Weshalb auch so viele Neutöner in unserem Klassikprogramm statt Barockmusik oder auch – in Gottes Namen – Musik der Romantik, wobei ich die privat nicht hören will. Aber keiner hat den Mumm, diese Affenmusik zu stoppen.

Es ist schon notwendig, gelegentlich etwas grob mit den Woodstock-Haschern und den jungen Naiven umzugehen, damit sie endlich kapieren, dass ihnen der Rundfunk nicht gehört. Wir leben in Bayern, und in Bayern gibt es klare Regeln. Wir senden nicht, was uns gefällt: Wir senden, was dem Publikum gefällt.

Endlich war Steiger Chefredakteur und Leiter des Programmbereichs Politik, Wirtschaft und Aktuelles geworden. Das tat ihm gut. Nun könnte er eigentlich im aufrechten Gang durch die Flure im Funkhaus, im Bayerischen Parlament, in den Parteizentralen und in den Bierzelten gehen, aber er zog seinen Kopf immer noch zwischen seine Schultern, ganz so, als erwarte er einen Hieb auf sein kahlköpfiges Haupt. Der will geprügelt werden, hatte schon früher ein Kollege in einer Sitzung seiner Nachbarin zugeflüstert, der hat eine masochistische Prägung. Tatsächlich wurde Steiger in den Redaktionskonferenzen der Chefredaktion wie auch in den allgemeinen Konferenzen in den Debatten gröber, lauter, direkter attackiert als andere. Er rechnete sich dem um den Ministerpräsidenten gegründeten Verein für deutliche Aussprache zu.

Spitzte sich der Streit über Themen, Programmplätze für Sendungen und politische Entwicklungen im Freistaat Bayern zu, lebte Steiger auf. Er zog dann seinen Kopf noch tiefer ein – wie eine uralte Schildkröte, die mit wachen Augen aus einer halben Sicherheitsposition das Geschehen beobachtet, listig, misstrauisch, auf der Hut, aber ganz anders als junge Schildkröten, die vor jeder Gefahr ihren Kopf blitzschnell komplett in ihren Schutzpanzer zurückziehen.

Steiger fürchtete sich aber nicht. Er ging in Lauerstellung. Hatten sich in der Debatte sichtbare Lager gebildet und sich ineinander verhakt, bellte er dann meist zurück. Teilte aus. Stieß auch mal tumbe Parolen hervor. Er argumentierte selten, er behauptete. Die Welt ist kompliziert. Da bedarf sie solcher Klartext-Denker.

Dabei war er, wie Wolff schon früher festgestellt hatte, intelligent, gut informiert und dennoch Lichtjahre von jeder Intellektualität entfernt. Zudem war der Chefredakteur ein meisterhafter Netzwerker und Mitglied der »einzig-richtigen Partei in Bayern«, was ihn nicht hinderte, bei öffentlichen Auftritten über das Verfassungsgebot der Staats- und Parteienferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu schwadronieren und die Unabhängigkeit seines Senders gegenüber jeglichem Versuch einer Einflussnahme, komme sie von Parteien oder Interessensgruppen, heldenhaft zu verteidigen. Zu Wochenbeginn saß er aber wieder in der Parteizentrale. Man hatte sich dort ja viel zu sagen. Was spricht denn gegen einen Gedankenaustausch?

Ich – Steiger.

Ich weiß doch genau, dass die wichtigen Entscheidungen in der Rundfunkgebührenfrage und bei Personalbesetzungen für Führungsämter nicht im eigenen Haus, sondern in der Parteizentrale, in der Staatskanzlei und im Landtag getroffen werden. Da ist es doch völlig logisch, dass ich da lieber dabei bin, statt von außerhalb zuzusehen, was sich ereignen wird.

Mich nervt das Geschwätz von Parteiunabhängigkeit. Die Kolleginnen und Kollegen, die sich einer Parteimitgliedschaft verweigern, weil sie diese für Mitarbeitende im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ablehnen, sind die schlimmsten. Sie sind Partei, sie sind knallharte Opposition in der Fraktion der Parteilosen. Da ist mir sogar ein Sozialdemokrat lieber, weil der berechenbar ist. Weil er verlässlich ist in seiner Ohnmacht. Es sind ja nicht die Dümmsten, die das Parteibuch der SPD besitzen.

Ich halte viel davon, große Projekte mit der Politik abzustimmen. Wir sind für Bayern da, nicht gegen das Land. Wir stehen doch glänzend da im Freistaat. Das soll uns erst einmal jemand nachmachen. Es gibt allerdings schon ein wirkliches Problem: Ich bin nicht der einzige, der sich der einzig-richtigen Partei zugehörigfühlt. Auf meiner Ebene gibt es noch zwei andere, die ständig um den Ministerpräsidenten und sein Kabinett herumschwänzeln – bei Parteitagen, bei Pressekonferenzen, an denen sie teilnehmen, ohne selbst zu berichten. Da muss man aufpassen. Aber ich glaube, dass ich die besseren Connections habe. Kopf einziehen und abwarten. Ihr werdet schon sehen, wo Ihr bleibt.

Im letzten Jahr hatte der Ministerpräsident zugesagt, sich in der Redaktionskonferenz den Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus fast allen Redaktionen zu stellen. Die Tür des überfüllten Sitzungsraumes wurde geöffnet, und die Delegation trat ein. An der Spitze der Hörfunkdirektor, hinter ihm die massige Gestalt des Ministerpräsidenten, begleitet von seinem Persönlichen Referenten, der schwer an einem schwarzen Aktenkoffer trug. Neben ihm der Leiter der Pressestelle in der Staatskanzlei, blauer Zweireiher mit Weste, schließlich Chefredakteur Steiger. Heute hatte er sich für seinen Trachtenjanker entschieden, links unter dem Hirschhornemblem hatte er sich die Rosette des Bayerischen Verdienstordens eingeknöpft. Ihre weiß-blaue Auffächelung kontrastierte schroff mit den Grün-Rot-Leisten auf dem Stehkragen des hellgrauen Jankers, wies immerhin aber signifikant die Bedeutung des Chefredakteurs aus, der das Redaktionsgespräch moderieren sollte. Die Ordensrosette war weniger als optisches Signal für die Konferenz bestimmt als vielmehr für den Ministerpräsidenten und seine beiden Begleiter. Man war ja fast unter sich. Das galt es auch zu zeigen. Steiger knöpfte an jedem Morgen die Rosette des Verdienstordens in das Revers seines Tagessakkos, auch in karierte Jacken. Wenn für den Abend ein Empfang im Terminkalender vermerkt war, steckte der Chefredakteur die Rosette in den dunkelblauen Blazer. Der Orden war schließlich kein unverdientes Geschenk, sondern Ausweis für herausragende Leistungen, die er für den Staat und die Gesellschaft erbracht hatte.

Steiger zog seinen Kopf noch tiefer zwischen die Schultern, begrüßte die Gäste, verzichtete aber darauf, die anderen Führungskräfte des Hauses vorzustellen. Wer für ihn und die einzig-richtige Partei wichtig war, den hatte der Ministerpräsident schon in der Runde entdeckt und ihm oder ihr kaum merklich zugenickt. Wer auf der Fensterbank saß, musste noch enger zwischen seinen Nachbarn zusammenrutschen, weil Nachzügler kamen, für die es zunächst keinen Platz mehr zu geben schien. Die Luft im Sitzungszimmer wurde stickig, aber die Fenster durften nicht geöffnet werden. Darauf hatten die Sicherheitsbeamten, die vor der Tür warteten, zuvor ausdrücklich hingewiesen.

Die erste Frage in der Redaktionskonferenz stellte selbstverständlich der Chefredakteur. Der Hörfunkdirektor lehnte sich zurück, als ginge ihn die Veranstaltung nichts an. »Herr Ministerpräsident«, sagte Steiger, »können Sie zu Beginn, bevor wir die Fragerunde für die Redakteurinnen und Redakteure unseres Hauses eröffnen, vielleicht kurz ihren außenpolitischen Ansatz skizzieren? Sie sind ja bekannt dafür, einen anderen Weg zu verfolgen als die Bundesregierung …«

Der Ministerpräsident, dessen mächtiger Kopf direkt den Schultern zu entwachsen schien, pumpte sich auf, und er begann, seinen außenpolitischen Ansatz zu skizzieren, der ihn nachweislich von der völlig unfähigen Außenpolitik der Bundesregierung unterschied. Er dozierte, ohne eine Zwischenfrage zuzulassen, fast eine Stunde. Sein Ton wechselte zwischen einer sarkastischen, süffisanten und nicht frei von Selbstironie kolorierten Sprache und einem Stil der unterschwelligen Bedrohung und Einschüchterung, die all jenen galt, deren – falls überhaupt vorhandene – Intelligenz die Welterfahrung des Regierungschefs infrage stellen könnte.

Wir werden auf jeden Fall!

Sie sollen es bald begreifen!

Dann merkt es der letzte Depp im Land!

Wir in Bayern!

Geisteszwerge!

Ideologen und Verblendete!

Erkenntniskrüppel!

Verkümmerte Akademiker!

Kein Geschichtsbewusstsein!

Das Land säubern!

Zunehmend wurde die Unruhe in der Konferenz spürbar. Oskar Kokoschkas Lithographien an den Wänden des Sitzungszimmers boten kaum Ablenkung, es wurde Zeit, in die Redaktionen zurückzukehren, um die Mittagssendungen und die Produktionen des Nachmittags in den Studios vorzubereiten. Der Persönliche Referent des Ministerpräsidenten suchte in seinem Aktenkoffer einen Terminkalender. Er räusperte sich leise und flüsterte dem Regierungschef zu, möglichst zum Ende zu kommen. Die heutigen Termine in München und auch außerhalb der Landeshauptstadt waren bis weit in die Nacht hinein geplant, es wurde wirklich Zeit.

Steiger bedankte sich beinahe devot für das intensive Gespräch in der Redaktionskonferenz seines, nein: unseres Senders, erklärte, dass seine Kolleginnen und Kollegen endlich ihrer Arbeit nachkommen sollten, stand auf und rückte den Sessel des Ministerpräsidenten zurück, damit dieser seinen Platz verlassen konnte.

Ich – Steiger.

Ich fand es prima, als der Ministerpräsident seinen Persönlichen Referenten zusammenstauchte: Die Termine mache ich! Nicht Sie! Und zu mir sagte er: Ich komme noch mit in Ihr Büro. Ich muss mit Ihnen noch ein paar Personalien besprechen.

Ich bewundere heute noch den Ministerpräsidenten dafür, dass er über allen Terminen sein Lebensgefühl nicht vergaß. Wenn es ihm gefiel, dann saß er, und wenn er saß, dann saß er lang. Ich glaube, dass wir drei Flaschen Wein zusammen tranken. Es wurde 15 Uhr, es wurde 16 Uhr. Immer wieder steckte sein Persönlicher Referent den Kopf zur Tür herein und der Ministerpräsident verscheuchte ihn sofort: Absagen! Alles absagen! Da kann ein anderer hinfahren. Jetzt stören Sie nicht alle paar Minuten.

Wir waren uns in fast allem einig. Der Ministerpräsident war ausgezeichnet informiert über unser Haus und seine Führungskräfte, und ich schwöre, dass er dies alles wusste, bevor ich mich dazu äußerte. Irgendwann musste er doch ein wichtiges Telefongespräch führen, deshalb bot ich ihm den Sessel hinter meinem Schreibtisch an. Es war die Gelegenheit, endlich zur Toilette am Ende des Gangs zu eilen, dort aber standen die Männer seiner Sicherheitsgruppe und sagten: Die Toilette ist gesperrt: für den Ministerpräsidenten. Da musste ich denen erklären, dass ich als Chefredakteur sein Gastgeber sei, und dass ich auch sofort die Toilette wieder verlassen würde. Das akzeptierten sie. Aber beeilen Sie sich!

Als ich am Nachmittag den Ministerpräsidenten über die spiralförmige Treppe im denkmalgeschützten Empfangsgebäude des Funkhauses zum Haupteingang begleitete, entdeckten wir beide zeitgleich eine kleine Gruppe von Demonstranten auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Es war uns völlig egal, wofür oder wogegen diese Arbeitsverweigerer am helllichten Tag demonstrierten. Der Ministerpräsident flüsterte mir zu: Mit einem MG wäre dieser Spuk ganz schnell beseitigt. Dummerweise flüsterte er so laut, dass der Redaktionsleiter der Außenpolitik diese Bemerkung hörte und später in infamer Weise verbreitete. Das ist doch ekelhaft.

Ich weiß schon, weshalb ich diesen jüngeren, keineswegs schlechten Redaktionsleiter auf seinem Karriereweg ausgebremst habe. Du musst nur brutal draufschlagen, dann kommen sie später winselnd angekrochen. Na ja, zur blauen Stunde kommt er oft in die Chefredaktion und trinkt mit mir eine Flasche Wein. Das muss ja möglich sein unter Kollegen.

Wenn sie saßen, dann saßen sie sehr lang.

Sie stritten. Sie lachten. Sie wurden laut und sie wurden grob. Danach öffneten sie eine neue Flasche. Im Kühlschrank Steigers lagerten fast immer Flaschen mit dem Frankenwein »Würzburger Stein« aus der Staatlichen Weinkellerei in Würzburg und einige Flaschen »Hambacher« aus der Pfalz – ein Weißwein, der so rein war, dass eine große Menge getrunken werden konnte, ohne dass jemals eine wahrnehmbare Einschränkung der Trinker durch den hohen Alkoholkonsum beobachtet wurde.