Das Buch:
Wie der arme Ali Baba eine Schatzhöhle entdeckt, die Räuber überlistet, sich mit seinem neidischen Bruder einigt und wie durch eine kluge und schöne Sklavin alles gut ausgeht – das wird flott und spannend erzählt. Es ist wichtig, sich das Zauberwort zu merken: „Sesam, öffne das Tor!“
Der Autor:
Dirk Walbrecker, geboren in Wuppertal, Wahl-Münchener, Studium der Literatur- und Theaterwissenschaft, Regie-Assistent, Aufnahmeleiter, Drehbuchschreiber, Kinder- und Jugendbüchern mit zahlreichen Veröffentlichungen, Leseveranstaltungen in Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien, Türkei – und auch Pädagoge. Er war als Lehrer tätig und weiß genau, wie man die verschiedenen Altersgruppen ansprechen kann und was wirklich spannend ist und wie man die Lust weckt, durch Literatur gehaltvoller, spannender und auch humorvoller leben zu können.
Hörbuch:
Der Text dieses Buches ist auch als Hörbuch in der Reihe „Klassiker für Kids“ erschienen:
Ali Baba
nacherzählt und gelesen von Dirk Walbrecker,
Hörbuch auf 2 Audio-CDs, ISBN 978-3-942270-53-3
Klassiker für die ganze Familie
Ali Baba
und die vierzig Räuber
eine Geschichte aus 1001 Nacht
nacherzählt von Dirk Walbrecker
ISBN 978-3-942270-69-4
1. Auflage 2010
© Kuebler Verlag in der KueblerTelevision AG, Lampertheim – Alle Rechte vorbehalten
Covergestaltung Daniela Hertel, www.grafissimo-design.de,
Bildmaterial © olly – fotalia.com, © MO Kreations – fotalia.com
Kuebler Verlag im Internet:
www.kueblerverlag.de
Kapitel 1
Es waren tausend und eine Nacht, in denen einst Schehrezad dem König Schehrijar die wundervollsten und spannendsten Geschichten erzählte.
Eine ganz besondere erzählte sie in der zweihudertsiebzigsten Nacht und sie spielt im Land der Perser.
Dort gab es in fernen Zeiten zwei Brüder der eine hieß Ali Baba, der andere hieß Kasim. Sie lebten in Frieden mit sich und ihren Eltern. Doch eines Tages starb ihr Vater und es galt, sein Erbe zu teilen.
Die beiden Brüder setzten sich zusammen. Es war nicht gerade viel zu teilen, was ihnen der Vater überlassen hatte. Und es war nichts dabei, was Anlass für einen Streit hätte werden können. Ali Baba und Kasim einigten sich schnell und ein jeder beschloss, ein neues Leben zu beginnen.
Kasim vermählte sich mit einer Frau aus reichem Hause. Schier unermesslich war deren Mitgift und ihr Gatte konnte fortan aus dem Vollen schöpfen: Eine große Anzahl von Grundstücken, von Gärten, von Weinbergen wurde sein Eigen. Dazu kamen Läden, die reichlich gefüllt waren mit prächtigen und kostbaren Waren. Und nichts war nahe liegender, als selber Handel zu treiben.
Kasim tat dies mit großem Geschick. Er mehrte den Wohlstand. Und alsbald genoss er einen besonderen Ruf nicht nur bei den anderen Kaufleuten, sondern auch bei den Vornehmen und Wohlhabenden in der Stadt.
Ganz anders erging es seinem Bruder Ali Baba. Der hatte sich ein armes Mädchen zur Frau genommen. Sie brachte weder Grundstücke, noch Häuser, noch Läden in die Ehe ein. Kein Dinar war ihr Eigen. Und so war es kein Wunder, dass Ali Baba sein kleines Vatererbe bald verbraucht hatte.
Ratlosigkeit befiel ihn und die Armut und Not war groß. Denn obwohl Ali Baba ein Mann von Wissen und Verstand war, wollte ihm keine Idee kommen, wie er zu dem nötigen Lebensunterhalt kommen könnte. Nichts, rein gar nichts wollte ihm einfallen, womit er sein tägliches Brot verdienen konnte. Kummer und Gram befielen ihn und in seiner Verzweiflung schrieb er diese Worte:
„Was nützt es, wenn mich andere wegen meines Wissens loben und schätzen? Alles Wissen ist nichts wert ohne Macht. Ich zähle zu den Armen und deren Leben ist trüb und traurig: Im Sommer mangelt es an Essen und im Winter an Brennstoff. Selbst die Hunde auf der Straße kläffen dich an. Als wärst du ein Aussätziger wie soll dir dann der einfachste Mensch Achtung entgegenbringen? Klagst du ihm gar deine Not, so zieht er sich gleich vollends zurück.
Was also bleibt einem Armen in seiner Not anderes als der Tod?“
Nachdem sich Ali Baba dermaßen bemitleidet hatte, begann er noch einmal nachzudenken und dann kam ihm eine Idee:
„Was wäre, wenn ich mir von den allerletzten Dinaren, die mir noch verblieben sind, eine Axt und einige Esel kauten würde? Mit ihnen könnte ich ins Gebirge ziehen und dort Holz schlagen. Dieses müssten mir die Tiere hinunter zum Markt transportieren. Dort würde ich es verkaufen und von dem Erlös könnte ich wenigstens das Notwendigste für unseren Haushalt erwerben.“
Ali Baba war glücklich über diesen Einfall. Ohne Verzug kaufte er die Esel und gleich am nächsten Morgen machte er sich mit ihnen auf den Weg in die Berge. Den ganzen Tag verbrachte er dort oben, schlug Holz und band es zu Bündeln. Gegen Abend belud er seine Tiere, zog mit ihnen zur Stadt zurück und begab sich gleich auf den Markt. Ohne Probleme verkaufte er all sein Holz und endlich hatte er wieder Geld, um wenigstens das Allernötigste für sich und den Haushalt zu erwerben.
So war aufs Erste der Kummer verflogen und Ali Baba pries und dankte Allah. Nach langer Zeit konnte er sich mal wieder mit ruhiger Seele schlafen legen. Und am nächsten Morgen wachte er frohgemut auf und machte sich sogleich mit seinen drei Eseln auf den Weg ins Gebirge.
Dies nun wurde zu seiner Gewohnheit: Jeden Morgen zog er zum Holzschlagen ins Gebirge. Jeden Abend erschien er auf dem Markt, machte das Holz zu Geld und gleich anschließend erwarb er das, was seine Familie fürs Leben in bescheidener Zufriedenheit brauchte.
Eines Tages jedoch Ali Baba war gerade beim Holzschlagen geschah Seltsames: Eine Staubwolke erschien am Horizont! Sie wurde größer und größer und schon bald war die Landschaft in einen undurchsichtigen Schleier gehüllt. Dumpfe Geräusche näherten sich.
Ali Baba erbebte vor Schrecken: Wer trieb sich hier oben im Gebirge herum? Zur Sicherheit floh er zum nächsten hohen Baum, kletterte hinauf und verbarg sich im dichten Laub.
Lange musste Ali Baba nicht warten: Die Staubwolke lichtete sich und es wurde eine große Schar von Männern erkennbar jeder von ihnen auf einem edlen Pferd sitzend. Es waren bedrohliche Gestalten, schwer bewaffnet mit Schwertern, Lanzen, Pfeil und Bogen.
„Das können nur Räuber sein!“, stellte Ali Baba fest. Und zitternd konnte er beobachten, wie sie immer näher zu seinem Versteck geritten kamen, in der Nähe Halt machten und von ihren Rossen sprangen.
Voller Angst begann Ali Baba zu zählen und mit jeder Zahl wurde ihm immer unwohler: Es waren genau vierzig Männer, die sich da zu schaffen machten. Sie banden ihre Pferde an und hängten ihnen Futtersäcke mit Gerste um. Dann zog ein jeder die Satteltasche vom Rücken seines Pferdes und hängte sie sich über die Schulter. Und dann tauchte noch einer auf! Er war offensichtlich der Räuberhauptmann und gab Zeichen, ihm zu einer Felswand ganz in der Nähe zu folgen.
„Was treiben die hier? Was haben die vor?“, schoss es dem zitternden Ali Baba hoch oben im Baum durch den Kopf.
Er sah, wie die Räuber dichtes Gestrüpp vorsichtig beiseite zerrten. Und dann kam etwas zum Vorschein, das Ali Baba nie aufgefallen war, obwohl er sich in dieser Gegend schon öfter aufgehalten hatte: Dort war, von Dornbüschen verborgen, ein kleines Tor offenbar aus Eisen.
„Sesam, öffne das Tor!“, hörte Ali Baba den Hauptmann ganz deutlich rufen. Wie von Geisterhand öffnete sich gleich darauf das Tor. Die Räuber, allen voran ihr Hauptmann, verschwanden einer nach dem anderen in dem Einlass.
„Diese Räuber haben ihre Satteltaschen bestimmt voller Silber und Gold!“, dachte Ali Baba. „Das sind räuberische Gesellen, die auf Landstraßen lauern oder die in Dörfern und Städten hilflose Menschen überfallen und dann ihr Diebesgut hier in der Höhle verbergen!“
Ali Baba hockte weiter angstvoll in seinem Baum und es geschah das, was er erwartet hatte: Nach geraumer Zeit tauchten die Räuber, angeführt von ihrem Hauptmann, wieder auf und ihre Satteltaschen hingen ihnen jetzt schlaff und leer über den Arm. Hinter dem letzten Mann fiel das Tor laut und vernehmlich ins Schloss. Sie trugen die Satteltaschen zu ihren Pferden, banden sie auf deren Rücken und zäumten ihre Tiere auf. Dann stiegen sie auf und in wildem Galopp ging es in die Richtung, aus der sie vor Stunden gekommen waren.
Ali Baba verharrte immer noch angsterfüllt im Baum, bis alle Räuber wieder von einer Staubwolke verschluckt waren. Immer noch benommen von dem Erlebten starrte er in die Ferne, bis er sich sicher sein konnte, dass alle verschwunden waren.
Nun kletterte der arme Ali Baba vom Baum und als er sich von dem Schrecken langsam erholt hatte, begab er sich zu dem Räuberversteck. Auch er musste erst einmal behutsam das dichte Dornengebüsch beiseite schieben, bis vor ihm das kleine Tor sichtbar wurde. Zögernd verharrte Ali Baba.
„Ob sich der Eingang auch für mich mit den gleichen Worten öffnet?“, sann er. „Sesam, öffne das Tor!“, rief er und tatsächlich: Die Tür sprang auf!
Diese Stätte nämlich war einstmals von Geistern, den Marids, hergerichtet worden. Sie unterlag einem Zauber. Und nur, wer die geheime Formel kannte, vermochte das Tor sozusagen durch Zauberhand zu öffnen.
Als Ali Baba nun das Tor vor sich offen sah, überlegte er nicht mehr lang und betrat die dunkle Höhle. Kaum jedoch hatte er die Schwelle überschritten, schloss sich das Tor hinter ihm wie von Geisterhand.
Erschrocken flüsterte Ali Baba die ergebenen Worte: „Es gibt keine große Macht und Majestät außer Allah, dem Erhabenen und Allmächtigen!“