Christoph Leitl

CHINA AM ZIEL!
EUROPA AM ENDE?

Wenn in diesem Buch die maskuline Form verwendet wird, so nur um der besseren Lesbarkeit willen. Personenbezogen Aussagen beziehen sich auf alle Geschlechter.

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2. Auflage

© 2020 Ecowin Verlag bei Benevento Publishing Salzburg – München, eine Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg

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Gesetzt aus der Palatino, Devinyl

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:

Red Bull Media House GmbH

Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15

5071 Wals bei Salzburg, Österreich

Satz: MEDIA DESIGN: RIZNER.AT

Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich

Grafik Weltkarte: shutterstock.com / dikobraziy

Lektorat: Herbert Lackner

Autorenillustration: Claudia Meitert / carolineseidler.com

ISBN 978-3-7110-0256-3
eISBN 978-3-7110-5280-3

INHALT

TEIL 1

2049

Die Bruchlinien

Der Corona-Bruch

Der Generationen-Bruch

Der Governance-Bruch

Der Strategie-Bruch

Der Wohlstands-Bruch

Der Demografie-Bruch

Der IQ-Bruch

Der Vertrauens-Bruch

Der Visionen-Bruch

Der Identitäts-Bruch

TEIL 2

Oder schafft sich Europa neu?

1. Unabhängigkeit erlangen!

2. Den inneren Zusammenhalt wiederfinden!

3. Talente fördern!

4. Handlungsfähigkeit herstellen!

5. Innovationsführerschaft erlangen!

6. Globale Partnerschaften bilden!

7. Auf den Mittelstand setzen!

8. Lassen wir die Jungen ran!

9. Den Governance-Wettbewerb gewinnen!

10. Großbritannien bleibt Europa!

11. Europa weiterdenken!

12. Jetzt Weichen stellen!

Epilog

Über den Autor

» Vor einigen Jahren wurde unser alter Kater schwer krank, zwei Tage und Nächte wurde er mit Infusionen und Injektionen am Leben erhalten. Dann haben wir ihn erlösen lassen. Traurig – aber manchmal gibt es keine andere Lösung.

Der EU geht es wie unserem Kater. Todkrank, Schmerzen, totale Unfähigkeit, nur noch ein Häufchen Elend, das man erlösen müsste. Leider liegt der Patient EU auch in den letzten Zügen. Nur noch ein paar Menschen, die sich persönliche Vorteile erhoffen oder die schon seit Jahren abkassieren, wollen den todkranken Patienten EU noch am Leben erhalten.«

Leserbrief, abgedruckt in der
Kronen Zeitung, 1. Februar 2019

»Heute erleben wir, wie rasch oft all das in Europa Erreichte in den Hintergrund gedrängt wird, wie leichtfertig viele bereit wären, die europäische Gemeinschaft wieder aufzugeben, sich hinter die alten Grenzen zurückzuziehen, in der falschen Annahme, sie hätten unseren heutigen Wohlstand und unsere soziale Sicherheit, unsere wirtschaftlichen Möglichkeiten in Europa und der Welt auch ganz alleine geschafft, wozu es in Wirklichkeit einer jahrzehntelangen Anstrengung Europas bedurft hat. Vor allem auch der Solidarität und der gegenseitigen Hilfe.«

Hugo Portisch in Was jetzt 2011

»Mein literarisches Werk ist in der Sprache, in der ich es geschrieben, zu Asche gebrannt worden, in demselben Lande, wo meine Bücher Millionen Leser sich zu Freunden gemacht. So gehöre ich nirgends mehr hin, überall Fremder und bestenfalls Gast; auch die eigentliche Heimat, die mein Herz sich erwählt, Europa, ist mir verloren, seit es sich zum zweiten Mal selbstmörderisch zerfleischt im Bruderkriege. Wider meinen Willen bin ich Zeuge geworden der furchtbarsten Niederlage der Vernunft und des wildesten Triumphes der Brutalität innerhalb der Chronik der ZeitenAlle die fahlen Rosse der Apokalypse sind durch mein Leben gestürmt, Revolution und Hungersnot, Geldentwertung und Terror, Epidemien und Emigration; ich habe die großen Massenideologien unter meinen Augen wachsen und sich ausbreiten sehen, den Faschismus in Italien, den Nationalsozialismus in Deutschland, den Bolschewismus in Russland und vor allem jene Erzpest, den Nationalismus, der die Blüte unserer europäischen Kultur vergiftet hat. «

Stefan Zweig in Die Welt von gestern.
Erinnerungen eines Europäers
2019

»Frieden ist nicht selbstverständlich, und wir sollten stolz darauf sein, dass Europa den Frieden erhält … Bekämpft mit aller Kraft den dummen Nationalismus! Es lebe Europa!«

Jean-Claude Juncker in seiner
Abschiedsrede vor dem Europaparlament 2019

»Europa ist wie eine lange Ehe: Die Liebe wird vielleicht nicht größer als am ersten Tag, aber sie wird tiefer.«

Ursula von der Leyen in ihrer Bewerbungsrede vor
dem Europaparlament 2019

»Europa ist die neue ›Stadt auf einem Berg‹. Die Welt blickt auf dieses großartige, transnationale Regierungsexperiment und hofft, von dort Orientierungshilfen für die Menschheit in einer globalisierten Welt zu finden. Der europäische Traum mit seiner Inklusivität, Diversität, Lebensqualität, Nachhaltigkeit, spielerischer Entfaltung, mit den universellen Menschenrechten und den Rechten der Natur sowie dem Frieden gewinnt für eine Generation, die global vernetzt und zugleich lokal eingebunden ist, zunehmend an Attraktivität.«

Jeremy Rifkin, Leiter des Instituts The Foundation on
Economic Trends, in Der Europäische Traum 2004

»Die Einigung Europas mit den bisherigen Methoden gleicht dem Versuch, ein Omelette zu backen, ohne die Eier zu zerschlagen.«

Paul Lacroix, französischer Literat

»Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde die Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für alle.«

Konrad Adenauer, 1954

»Europa ist die Zukunft, jede andere Politik Vergangenheit.«

Roland Dumas, ehemaliger französischer
Außenminister

»Die Kreativität, der Geist, die Fähigkeit, sich wieder aufzurichten und aus eigenen Grenzen hinauszugehen, gehören zur Seele Europas.«

Papst Franziskus, 2016

TEIL 1

2049

Wir schreiben 2049. China ist am Ziel.

Hundert Jahre nach der Mao-Revolution ist China das politisch, wirtschaftlich und militärisch stärkste Land der Welt.

Es hat daran strategisch gearbeitet und die Welt verblüfft: Mit klarer Zielsetzung, durchdachter Strategie und darauf abgestimmten Maßnahmen wurde das große Ziel erreicht.

Verbliebene Mitbewerber sind die USA und Indien. Sie bilden die Champions League, sie sind die Vorläufer, alle anderen sind Mit- oder Nachläufer.

Aber die Vorläufer bestimmen die Richtung der Welt, richten sie nach ihren Interessen und ihren Werten aus.

China hat aber noch mehr erreicht: Es hat die Competition of Governance, den Wettbewerb der Regierungssysteme, gewonnen. Schon vor drei Jahrzehnten hat China keinen Zweifel daran gelassen, dass es das anstrebt und damit beweisen will, dass sein Modell einer straffen Führung mit raschen Entscheidungen dem sich lähmenden System westlicher Demokratien, insbesondere in Europa, überlegen ist.

Die rasanten Entwicklungen einer sich dramatisch verändernden Welt, die damit einhergehenden Brüche, Verwerfungen und Ängste vor der Zukunft will China mit seiner Art der Führung besser bewältigen als andere.

Aber nicht nur China feiert 2049 ein Hundert-Jahr-Jubiläum:

1949 wurden mit der Gründung des Europarates die Fundamente der europäischen Einigung gelegt.

Der Europarat schuf eine neue europäische Philosophie: Vier Jahre nach dem Ende des fürchterlichsten und barbarischsten aller Kriege bekannte man sich zu Europäischen Menschenrechten, zur Rechtsstaatlichkeit, zur europäischen Kultur und Identität.

Darauf aufgebaut wurde die wohl spannendste Entwicklung der Weltgeschichte: die Einigung Europas.

Nationen, die sich über Jahrhunderte wechselseitig bekämpft hatten, schlossen sich zusammen. Nach den fürchterlichen Erfahrungen im Gegeneinander wollte man im Miteinander eine Zukunft der Freiheit, Demokratie, des Rechtes und des Wohlstandes aufbauen.

Europa ist das Friedensprojekt schlechthin, es wurde im weltweiten Vergleich zum friedlichsten Kontinent und daher mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Noch etwas einte Europa neben der Friedenssehnsucht: die Angst vor der Bedrohung durch den Kommunismus. Europa war geteilt, die Sowjetunion und die USA standen einander gegenüber – jeweils hochgerüstet und bereit, auf den berühmten »roten Knopf« für den Einsatz von Atomwaffen zu drücken.

Europa lebte in Frieden, aber im Schatten des Schreckens.

Nach dem Fall des Kommunismus und der Berliner Mauer, dem Abbau von Stacheldraht und Grenzminen, dem Abzug der Atomwaffen schien man in Europa am Ziel der Träume: Die mittel- und osteuropäischen Staaten, die sich vom Kommunismus befreit hatten, wurden in die europäische Familie aufgenommen, der Kontinent schien eine glänzende Zukunft vor sich zu haben.

Doch dann kam Sand ins Getriebe, Uneinigkeit und Egoismus gewannen oft die Oberhand über Solidarität. Eigeninteressen standen im Vordergrund, Gesamtinteressen wurden vernachlässigt.

Statt Weiterentwicklung gab es Rückschritt. Nationalismus, Egoismus, Protektionismus, aber auch der Verlust von Gemeinschaftsgefühl, Emotionalität und Identität führten fast zum Ende eines wunderschönen Traumes.

Hat Europa verloren? Verlieren die Europasterne ihren Glanz? Verblassen sie bis zur Unkenntlichkeit?

China zieht davon, Europa schaut zu.

Stars are rising, others falling – folgen die europäischen Sterne diesem Gesetz der Geschichte? Lösen die Cinque Stelle die zwölf Sterne Europas ab?

Wir haben die Wahl: entweder auf der Bühne der Zukunft geeint eine wichtige und positive Rolle zu spielen oder zersplittert zu Statisten degradiert zu werden. Derzeit bewerben wir uns um die Statistenrolle.

Noch sitzen wir im Liegestuhl in der wärmenden Sonne am Strand und schlürfen genüsslich einen Aperol Spritz.

Die Tsunamiwarnungen hören wir nicht. Es geht uns ja gut, was soll das also?

Drei Jahrzehnte später, 2049, werden wir erkennen, welche entscheidende Weichenstellung wir verabsäumt haben, welche Brüche wir nicht erkannt, welche Reaktionen darauf wir versäumt haben.

Dann sind wir aber bereits von der Champions League in die National- beziehungsweise Regionalliga abgestiegen. Nach zwei Jahrtausenden tritt Europa als Key Player ab und überlässt seine Position stärkeren, dynamischeren, erfolgshungrigeren Kontinenten.

2049 ist China am Ziel, Europa am Ende.

DIE BRUCHLINIEN

Die Welt ist voller Bruchlinien. Die gängige Vokabel dafür ist Disruption.

Auch frühere Generationen hatten entscheidende Veränderungen zu bewältigen. Der Unterschied zu heute ist deren Dynamik. Wir haben einfach nicht genug Zeit, um die drängenden Fragen unserer Zeit zu analysieren, Lösungen zu finden und sie umzusetzen.

Diese atemberaubende Geschwindigkeit bringt einen Verlust von Dialogfähigkeit und damit den Verlust von Bindungen, und führt zu Anonymisierung, Egoismus mit all den sich daraus ergebenden ökonomischen, politischen, sozialen und gesellschaftlichen Folgen.

Geänderte Rahmenbedingungen, die diese Dynamik verursachen, müssen wir zur Kenntnis nehmen, in der Technologie, in der Wirtschaft, in der Kommunikation. Drei gewaltige Bruchlinien tun sich auf und Europa steht ihnen hilflos gegenüber. Die ungelöste Flüchtlingskrise, die ökologische Krise und die Coronakrise fallen zeitgleich zusammen. Bruchlinien, deren tektonische Verschiebungen Europa erbeben lassen. Sie sind verbunden mit anderen Bruchlinien, die mit den drei genannten in Zusammenhang stehen und mit ihnen gemeinsam Erschütterungen auslösen, auf die wir Europäer entweder adäquate Lösungen finden oder dem Untergang geweiht sind.

Wie sind diese Bruchlinien bewältigbar? Wie finden wir rasche Antworten auf die Herausforderungen, die uns gestellt sind? Und ist unser System der liberalen Demokratie im Stande, darauf nicht nur Antworten zu finden, sondern diese auch rasch umzusetzen?

Um Gorbatschow zu zitieren: »Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!«.

DER CORONA-BRUCH

Plötzlich war es da, unerwartet, unerkannt, unheimlich: das Coronavirus.

Es verursacht einen massiven, in seinen Auswirkungen nicht absehbaren Bruch. Es zieht die Welt in seinen Bann, fordert unsere Gesundheitssysteme, hinterlässt Verwüstungen in Wirtschaft und Arbeitswelt, bringt Verwerfungen in Schulen, Kultur und Sport und erschüttert unsere gesellschaftlichen Beziehungen. Es fordert unsere staatlichen Budgets und Sozialsysteme. Es bedroht wirtschaftliche Existenzen ebenso wie unsere mentale Verfassung. Experten, Virologen, Ärzte, Politiker und Zukunftsforscher: Allen gemeinsam ist, dass sie nicht wissen, was kommt, aber sicher sind, dass vieles nicht so bleiben wird, wie es war.

Ein skurriler Streit spielte sich zwischen China und den USA ab. Während Donald Trump vom »China-Virus« sprach, unterstellten die Chinesen den USA, die Pandemie verursacht zu haben. Europa als Hauptbetroffener war Zuschauer. Zuschauer? Leider nein. Rückfalltäter! Denn während andere in der Krise selbstverständlich zusammenstanden und versuchten, gemeinsam zu agieren, machte Europa wieder einmal das genaue Gegenteil: Nach dem Motto »Rette sich wer kann« wurden Grenzen geschlossen, als könnte man damit das Virus aufhalten. Kilometerlange Staus an den Grenzübergängen und Wartezeiten bis zu 40 Stunden waren die Folge, dringend benötigte Güter, insbesondere auch aus dem medizinischen Bereich, konnten nicht an ihren Bestimmungsort gelangen. Ebenso gelangten viele Mitarbeiter nicht zu ihren Arbeitsplätzen in den Betrieben jenseits der Grenze. Und noch viel erschreckender: Manche Länder führten Exportverbote für medizinische und sanitäre Hilfsmittel ein, hoben Zölle ein oder beschlagnahmten gar die Ware. Dies alles erinnerte frappant an das Verhalten von Raubrittern im Mittelalter.

Wieder einmal steht Europa als der große Versager da. In der Flüchtlingskrise kein gemeinsames Konzept, in der Ökologiekrise außer Zielerklärungen keine konkreten Masterpläne, uneins über die Möglichkeiten einer fairen Besteuerung, unfähig zu einer gemeinsamen Außenpolitik im Nahen und Mittleren Osten, vor den Erpressungsversuchen Trumps in die Knie gehend – und nun auch noch das unwürdige Schauspiel europäischer Uneinigkeit in der Coronakrise! Ist es ein Wunder, dass so viele Menschen an Europa zweifeln, manche sogar verzweifeln? Ist es ein Wunder, dass das autokratische, ja diktatorische China von manchen insgeheim bewundert wird, weil das Krisenmanagement dort effektiver erscheint? Und fühlen wir Europäer uns nicht erst recht verhöhnt, wenn eben dieses China, von dem die Krise ausgegangen ist, sich nun als Hilfslieferant anbietet und den betroffenen Ländern Europas zur Seite steht, was mangelnde europäische Solidarität nicht vermocht hatte?

War es nicht ungeheuer beschämend, dass Serbien nach verhängten Exportbeschränkungen europäischer Länder für medizinisches Material einen Hilferuf an China machen musste? Der serbische Präsident Vučić erklärte, die europäische Solidarität sei ein »Ammenmärchen« und China das einzige Land, das Serbien noch helfen könne. Was für ein Eingeständnis von Schwäche und Unfähigkeit!

Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Dekaden ist aus dem Reich der Mitte ein Lungenvirus ausgebrochen. Ähnlich wie die von den USA ausgegangene Finanzkrise hat sich diese Gesundheitskrise durch das globale Netzwerk rasant ausgebreitet und zur Pandemie entwickelt. Eine Pandemie, die ein Hauptopfer auserkoren hat – Europa – und die einen Sieger kennt: China. Beim Ausbruch und der Verbreitung des Virus haben die Chinesen blitzartig Spitäler gebaut, Beschränkungen verordnet und Kontrollen der Bevölkerung durchgeführt. Mit Erfolg, denn das Virus wurde eingedämmt und China kehrt zum Alltag zurück, während Europa noch weit davon entfernt ist. Für China wird ein nach wie vor positives Wirtschaftswachstum erwartet, für Europa hingegen eine Rezession. Chinas Wirtschaft ist wiederbelebt, in Europa liegt sie auf der Intensivstation. Weltweite Börseneinbrüche ermöglichen den Chinesen billige Unternehmenskäufe. Sie sind damit für die Zeit nach der Krise bestens aufgestellt. China wird damit noch stärker, der Niedergang der USA beschleunigt sich – und Europa? Bleibt es auf der Strecke? Das Eurobarometer steht auf Sturm!

So wie das Coronavirus vor allem für ältere und geschwächte Menschen gefährlich ist, so ist es auch für das alte und geschwächte Modell Europas lebensgefährlich. Schlagartig wird uns bewusst, was wir ohnedies immer geahnt haben: dass Europa in wichtigen, entscheidenden und dringenden Fällen nicht handlungsfähig ist.

Das Gesundheitswesen ist nationale Kompetenz. Dementsprechend hat die Europäische Union bei den ersten Coronafällen in Italien, später in Spanien, nicht reagieren können, weil die betroffenen Staaten die angebotene EU-Unterstützung abgelehnt haben! Erst die Erklärung zur Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation und die Einsicht vieler Länder, dass man mit nationalen Maßnahmen allein der Krise doch nicht Herr werden kann, ließ den Ruf nach Brüssel erschallen. Wie in jeder Krise, bei der Nationalstaaten mit ihrem Latein am Ende waren, erinnerte man sich an Europa.