Für Nicolas und Michael

Zwei tolle Nachfolger

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2016, Karl Vogt

Fotos: Eigene Aufnahmen, Karl Vogt, M.Trajese/Fotolia, B. Kasper/Fotolia

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN:978-3-7412-6827-4

Das können Sie erwarten:

 

1. Warnung: Nicht alles ist gelogen, was die Politik Ihnen erzählt.

GLAUBEN SIE TROTZDEM NICHT ALLES!

2. Warnung: Nicht alles ist gelogen, was die Presse veröffentlicht..

GLAUBEN SIE TROTZDEM NICHT ALLES!

Wer jetzt nichts tut, macht den schlimmsten Fehler seines Lebens.

Wer nur auf Sicherheit schaut, machte den zweitschlimmsten Fehler.

Wer nur auf die Höhe der Erträge schaut, ist selbst schuld…

UND! Am Ende des Buches:

Vorwort

Der Anlass für dieses Buch war ein doppelter: Mit siebzig Jahren, davon 44 erfolgreiche in der Finanzbranche, wollte ich meinen eigenen Ruhestand in die heutige Zeit hinein organisieren.

Zur selben Zeit spürte ich bei meinen Gesprächen mit Gleichaltrigen und Kunden immer wieder eine tiefe Verunsicherung durch die gegenwärtige europapolitische Lage und die aktuelle „0-Zins-Situation“, die für die Älteren nicht erfreulich ist, und die sich für die Jüngeren geradezu katastrophal auswirken wird, wenn sie nicht rechtzeitig gegensteuern. Nahezu alle Menschen neigen dazu, die Welt aus ihrer eigenen Sicht, vor ihrem eigenen Wissens- und Erfahrungshorizont zu beurteilen, und – was ebenso falsch wie weit verbreitet ist – die gegenwärtige Lage in „alle Ewigkeit“ fortzuschreiben. Kaum jemand kann sich vorstellen, dass man wieder 8 % Guthabenzins bekommt und für 10-jährige Hypotheken 12 % bezahlen muss. Und doch liegt dieses Szenario gerade erst 20 Jahre zurück. Den meisten Menschen fehlt das politische Hintergrundwissen um diese Entwicklungen richtig einzuordnen.

Diese Menschen scheinen derzeit zu resignieren, weil sie das fehlende Wissen verunsichert und sie zudem keine Alternativen sehen. Lassen Sie sich helfen, denn auch hier gilt: „Gefahr erkannt – Gefahrgebannt.“

Aus diesem Grund habe ich dieses „spezielle Handbuch“ entwickelt, das dem Leser Gelegenheit gibt, an Gesprächen unmittelbar Betroffener quasi „teilzunehmen“ und somit „aus erster Hand“, allgemein verständlich, informiert zu werden, was zu einem sorgenfreien Ruhestand gehört.

Darüber hinaus sollten die Hintergründe erläutert werden, die zu der momentanen Situation geführt haben, die in nicht allzu ferner Zukunft wieder beendet sein wird. Allerdings kennt niemand den exakten Zeitpunkt, wann.

Da sich in einem „Gespräch“ niemals alles so klar strukturieren lässt, wie es diese Problematik erfordert, habe ich den Kunstgriff verwendet, für die Schwerpunkte und wichtigsten Fragen sogenannte „Arbeitsblätter“ oder „Kurzaufsätze“ einzustreuen, um eine bestimmte, für die Verständlichkeit notwendige Systematik und Informationstiefe zu erreichen.

Dadurch werden die allerwichtigsten Themen manchmal doppelt oder sogar dreifach angesprochen. Das ist aber durchaus gewollt, denn durch diese „Wiederholungen“ soll und kann das Verständnis vertieft werden.

Und nun ein Wort an alle, die sich heute bereits als „Senioren“ angesprochen fühlen und dabei sind, sich im „letzten Drittel“ einzurichten.

Sie sind zwischen 63 und 65 Jahre alt, oder eventuell auch schon 70? Wenn Sie studiert haben, gehören Sie zu den berühmt-berüchtigten „68-ern“! Waren Sie auch auf Demos? Haben Sie gegen das „Establishment“ gekämpft, oder haben Sie sich eher politisch zurückgehalten? Die, die damals einer „ehrlichen Arbeit“ nachgingen, waren ja oft gar nicht so begeistert, von den Umtrieben der Protestierer.

In Tübingen hieß das: „Die solle erscht amol richtig schaffe.“ („Die sollen zuerst einmal richtig arbeiten.“)

Sie waren diejenigen, denen mit dem Abitur in der Tasche noch die Welt offenstand – so, wie auch die gut bezahlten Jobs! „Numerus Clausus“ war für die Älteren unter Ihnen noch ein Fremdwort. Ihre Eltern (oft nur die Väter) haben einen Beruf erlernt, einen Arbeitsplatz gefunden und dort meist ihr ganzes Berufsleben, bis zur „goldenen Uhr“ mit 65 verbracht. Mit Ihnen begann die Zeit der „neuen Beweglichkeit“. Die Frauen emanzipierten sich. Arbeitsplatzwechsel und Ehescheidung galten nicht mehr als Schande.

Sie hatten alle Möglichkeiten und weitestgehende Freiheiten im beruflichen, wie im sozialen Leben. Die Welt war übersichtlich: Die Russen waren die Bösen, die Amerikaner (für die allermeisten) die Guten, und die Politik wurde in einem kleinen Städtchen am Rhein gemacht. Diese Hauptstadt war nicht „arm aber sexy“, aber auch nicht dem Diktat einer undurchsichtigen Überregierung namens „Brüssel“ unterworfen.

Unsere „AfD“ nannte sich „Grüne“. Deren Führungspersonal bewarf die Polizei mit Steinen und trat unerhörterweise in Turnschuhen (!) im Parlament auf, mit den Worten: „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch.“ (Auch früher nahmen entsprechende Leute schon kein Blatt vor den Mund.)

Sie erlebten, in der Zeit Ihrer persönlich höchsten Schaffenskraft weltgeschichtliche Sensationen: 1989/90 fiel die Berliner Mauer und gleichzeitig zerbröselte die Großmacht „Sowjetunion“ in zahlreiche selbständige Republiken, so wie das vor dem Kommunismus schon einmal gewesen war. Es war die Zeit, in der Sie ver-sorgten und eigentlich auch vor-sorgen sollten. Damals hörte ich manche Stimme, die mir sagte: „Ich lebe lieber jetzt, wer weiß, ob ich das nächste Jahrtausend überhaupt erlebe.“ Dabei gab es bei uns noch gar keine IS. Die bei uns „tätige“ RAF (Rote Armee Fraktion) war von der Staatsmacht schnell „ausgetrocknet“ und ergab sich mehr oder weniger sang- und klanglos. Gott sei Dank.

Nach dem Mauerfall begann man ein „politisches Europa“ der verschiedensten Mentalitäten und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeiten zusammen zu bosseln. Damals wurde der Grundstein gelegt, für das, was heute Alltag ist: Die Renditen begannen zu bröckeln. Wohl dem, der schon ein paar Weichen richtig gestellt hatte. Lebensversicherungen brachten dreißig Jahre lang knapp 7 % heute nur noch 0,9. Wer damals auf den Sachwert Immobilie gesetzt hatte, kann diesen heute, mit gutem Gewinn verkaufen, um seine Alters-Finanzierung neu zu strukturieren.

Jeden, der sich jetzt verwundert fragt, warum ich rate, „Immobilien jetzt zu verkaufen, wo sie doch gerade so gesucht sind“ möchte ich darauf hinweisen, dass die Immobilien, von denen ich spreche, heute 30 Jahre und älter sind. Eine Instandhaltung jagt die andere und viele Neu-Mieter ziehen lieber in modernere Wohnungen. Solche Tatsachen kann man nur in Zeiten eines „Nachfrage-Booms“ besiegen. (Aus Alt mach Neu) Das ist Marktwirtschaft.

An alle, die allerspätestens JETZT tätig werden müssen!

Hallo liebe „Baby-Boomer!“

Sie sind vor 1964 geboren und in den frühen Siebzigern zur Schule gegangen. In Ihren Klassen sind Sie zusammen mit oft 30 bis 40 „Kameraden“ gesessen. Anfangs schön nach Geschlechtern getrennt, später mehr und mehr „gemischt“. Der Lieblingssatz Ihrer Eltern war: „Du sollst es einmal besser haben als wir.“

In den Achtzigern und Neunzigern sind Sie erwachsen geworden, haben Familien gegründet (oder nicht), haben Häuser gebaut (oder nicht) – aber eins haben Sie alle gemeinsam: Zwischen 2010 und 2014 sind Sie alle 50 geworden.

Der Ruhestand, die Zeit, in der die allermeisten von Ihnen nicht mehr ausschließlich von der eigenen Arbeitskraft leben müssen, kommt in Sichtweite. Es wird allerhöchste Zeit, sich um diese „nahe Zukunft“ zu kümmern!

Als einer von denen, der die „nahe Zukunft“ bereits erreicht hat, kann ich Ihnen berichten, wie es dort aussieht. Ich beginne mit der Darstellung der Fragen, die sich uns „Golden Agern“ (Menschen, die das Rentenalter bereits erreicht oder überschritten haben) stellen, und wie sich diese Zeit bestmöglich organisieren lässt. Dann wissen Sie schon einmal, was Sie erwartet.

Die Cleveren unter Ihnen machen dann umgehend „Kassensturz“. Es wird welche unter Ihnen geben, die bereits seit Beginn ihrer beruflichen Laufbahn immer wieder Rücklagen gebildet haben. Für diese Rücklagen gilt es jetzt, eine „Zwischenbewertung“ vorzunehmen und sie auf die aktuelle Zukunft auszurichten, die sich selbstverständlich jederzeit wieder ändern kann und wird. Deshalb ist Wert auf hohe Flexibilität zu legen.

Es wird andere geben, die haben entweder extrem „gut gelebt“ und nichts zurückgelegt, und wieder andere, die so wenig verdient haben, dass sie glaubten, sie hätten keine Möglichkeit um zu Sparen. Wieder andere haben sich den Traum vom Eigenheim erfüllt und jede verfügbare Mark, später jeden Euro, in dieses Objekt gesteckt.

Was uns die Verständigung sicher erleichtert ist, dass wir, obwohl ich „aus Ihrer Zukunft“ schreibe, beide in der gleichen „politischen Wirklichkeit“ leben. So kann ich meine Empfehlungen immer am derzeit Machbaren messen. Alles, was ich für meine Altersgenossen aufschreibe, kann Ihnen als „Vorinformation“ dessen dienen, was auf Sie zukommen kann. Mit diesem Voraus-Wissen sollte es Ihnen leichter fallen, sich auf einen unbeschwerten Ruhestand zu freuen. Sie sind dann gut vorbereitet.

Ich wünsche allen Lesern den größtmöglichen persönlichen Nutzen,

Karl Vogt, Finanzlotse

Hattenhofen im Sommer 2016.

Lebenszeit

Wir bekommen es in diesem Buch an mehreren Stellen mit „Märchen“ zu tun, lassen Sie uns deshalb, zur Einstimmung, mit einem „echten“ beginnen!

Ein Märchen der Brüder Grimm

(meinem Lieblings-Märchenbuch entnommen)

Als Gott die Welt geschaffen hatte und allen Kreaturen ihre Lebenszeit bestimmen wollte, kam der Esel und fragte „Herr, wie lange soll ich leben?“ „Dreißig Jahre,“ antwortete Gott, „ist dir das recht?“ „Ach Herr,“ erwiderte der Esel, „das ist eine lange Zeit. Bedenke mein mühseliges Dasein: von Morgen bis in die Nacht schwere Lasten tragen, Kornsäcke in die Mühle schleppen, damit andere das Brot essen, mit nichts als mit Schlägen und Fußtritten ermuntert und aufgefrischt zu werden! Erlass mir einen Teil der langen Zeit.“ Da erbarmte sich Gott und schenkte ihm achtzehn Jahre.

Der Esel ging getröstet weg, und der Hund erschien. „Wie lange willst du leben?“ sprach Gott zu ihm, „dem Esel sind dreißig Jahre zu viel, du aber wirst damit zufrieden sein.“ „Herr“, antwortete der Hund, „ist das dein Wille? Bedenke, was ich laufen muss, das halten meine Füße so lange nicht aus; und habe ich erst die Stimme zum Bellen verloren und die Zähne zum Beißen, was bleibt mir übrig, als aus einer Ecke in die andere zu laufen und zu knurren?“ Gott sah, dass er Recht hatte, und erließ ihm zwölf Jahre.

Darauf kam der Affe. „Du willst wohl gerne dreißig Jahre leben?“ sprach der Herr zu ihm, „du brauchst nicht zu arbeiten wie der Esel und der Hund, und bist immer guter Dinge.“ „Ach Herr“, antwortete er, „das sieht so aus, ist aber anders. Wenn’s Hirsebrei regnet, habe ich keinen Löffel. Ich soll immer lustige Streiche machen, Gesichter schneiden, damit die Leute lachen, und wenn sie mir einen Apfel reichen und ich beiße hinein, so ist er sauer. Wie oft steckt die Traurigkeit hinter dem Spaß! Dreißig Jahre halte ich das nicht aus.“ Gott war gnädig und schenkte ihm zehn Jahre.

Endlich erschien der Mensch, war freudig, gesund und frisch und bat Gott, ihm seine Zeit zu bestimmen. „Dreißig Jahre sollst du leben“, sprach der Herr, „ist dir das genug?“ „Welch eine kurze Zeit!“ rief der Mensch, „wenn ich mein Haus gebaut habe, und das Feuer auf meinem eigenen Herde brennt: wenn ich Bäume gepflanzt habe, die blühen und Früchte tragen, und ich meines Lebens froh zu werden gedenke, so soll ich sterben! Oh Herr, verlängere meine Zeit.“ „Ich will dir die achtzehn Jahre des Esels zulegen“, sagte Gott. „Das ist nicht genug“, erwiderte der Mensch. „Du sollst auch die zwölf Jahre des Hundes haben.“ „Immer noch zu wenig.“ „Wohlan“, sagte Gott, „ich will dir noch die zehn Jahre des Affen geben, aber mehr erhältst du nicht.“ Der Mensch ging fort, war aber nicht zufriedengestellt.

Also lebt der Mensch Siebzig Jahr. Die ersten dreißig sind seine menschlichen Jahre, die gehen schnell dahin; da ist er gesund, heiter, arbeitet mit Lust und freut sich seines Daseins. Hierauf folgen die achtzehn Jahre des Esels, da wird ihm eine Last nach der andern aufgelegt: er muss das Korn tragen, das andere nährt, und Schläge und Tritte sind der Lohn seiner treuen Dienste. Dann kommen die zwölf Jahre des Hundes, da liegt er in den Ecken, knurrt und hat keine Zähne mehr zum Beißen. Und wenn diese Zeit vorüber ist, so machen die zehn Jahre des Affen den Beschluss. Da ist der Mensch schwachköpfig und närrisch, treibt alberne Dinge und wird ein Spott der Kinder…

Der erste Abend: Die Senioren

„Hallo, Guten Tag! Kommt herein! Wie geht´s?“ „Schlecht.“ „HÄ?“ „Ach ja, man kann gar nicht genug klagen.“ Gerhard grinste über beide Ohren und der Hausherr konterte: „Schön, dass du trotzdem noch hergefunden hast, dein Tränenkrüglein steht dort hinten rechts.“ Während Gerhard und Marianne eintreten und ihre Jacken ablegen, klingelt es schon wieder. „Schatz, das werden Wolfgang und Brigitte sein, machst du mal auf?“ Jürgen Wohlrab trat mit seinen ersten Gästen ins Wohnzimmer, während seine Frau Marlies die Türe öffnete. „Schön, dass ihr da seid“ sagte sie strahlend, als sie Wolfgang und Brigitte Sanddorn erkannte. „Wir freuen uns auch“, antwortete Wolfgang und drückte ihr drei wunderschöne Teerosen in die Hand. „Vielen Dank, kommt rein, Gerhard und Marianne sind schon da.“ „Na ja Gerhard, der alte Streber. Muss ja immer der erste sein“, meinte Brigitte. „Stimmt nicht“, rief Jürgen aus dem Wohnzimmer, „ich war der erste.“ Alle sechs lachten herzlich und jeder suchte sich eine Sitzgelegenheit im Wohnzimmer. „Möchtet Ihr einen kleinen Aperitif?“ Die anderen nickten und ein gemütlicher und informativer Abend mit sechs guten Freunden nahm seinen Lauf.

Gerhard Fischer und Jürgen Wohlrab kannten sich seit Studienzeiten. Während dieser Jahre hatten Sie auch Ihre heutigen Ehefrauen, Marianne und Marlies kennen gelernt. Sie wurden bald ein „unzertrennliches Quartett“. Gerhard und Marianne unterrichteten später beide am städtischen Gymnasium. Er Deutsch und Sport, sie Deutsch und Englisch. Marlies hatte eigentlich Mathe und Biologie studiert, aber als ihr Mann schon nach wenigen Jahren aus dem Schuldienst ausstieg und sich als Finanzlotse selbständig machte, entschied auch sie, es sei besser, das Büro ihres Mannes zu organisieren und „ganz nebenbei“ noch zwei Kinder groß zu ziehen. Karsten und Sandra waren ihr „ganz gut gelungen“. Sie waren mittlerweile längst aus dem Haus und hatten eigene Kinder, denn – Sie werden es schon erraten haben – es handelte sich hier um ein Treffen reinrassiger „Golden Ager“, die Gruppe Menschen, die das Rentenalter bereits erreicht haben.

Gerhard und Marianne waren beide seit einem Jahr in Pension. Jürgen „lotste“ zwar noch, aber auch nicht mehr mit „Volldampf“ und Marlies war glücklich mit den Enkeln und einem eigenen kleinen Freundeskreis. Zusammen mit Haus und Garten ergab auch dies einen „Rentner-Fulltime-Job“. Das dritte Pärchen im Bunde fiel ein klein wenig aus diesem „lehrerverseuchten“ Rahmen. Wolfgang Sanddorn, bzw. Dr. Wolfgang Sanddorn war Arzt. Zahnarzt um genau zu sein. Er und seine Frau Brigitte gehörten zu der Generation, in der Ärzte noch ihre Krankenschwestern heirateten. (Parole beim weiblichen medizinischen Personal dieser Jahre: „Wenn Du nach drei Jahren noch keinen Doktor hast, musst du ihn selber machen.“) Gutes Personal war eben teuer… Die beiden besaßen eine gutgehende Praxis in der Stadt und waren im Moment gerade dabei, diese an einen jungen, aufstrebenden Zahnarzt zu verkaufen, der schon einige Zeit mitarbeitete, um die Abläufe und die Patienten kennen zu lernen. Demnächst wollte sich „Doc Wolfgang“, wie ihn die anderen gern scherzhaft nannten, vollends zurückziehen und Brigitte sollte dann auch nicht mit dem „jungen, knusprigen“ Doktor zurückbleiben.

Alle sechs standen vor der gleichen Situation: Der Ruhestand begann. Er musste organisiert – UND finanziert werden. Und zu diesem Zweck hatte man den heutigen Abend abgesprochen. Jürgen, der „Lotse“ hatte sich bereit erklärt, seine Fachkenntnis einzubringen und die wirtschaftliche Seite zu erläutern. Da er vor genau den gleichen Herausforderungen stand, wie seine Freunde, nachdem er sein von ihm gegründetes Beratungsbüro vor kurzem an seinen Sohn Karsten übergeben hatte, dachten sich die vier anderen: „Lass das mal den Jürgen machen, was er für sich organisiert, wird auch gut für uns sein.“

So zog man sich nach dem Essen gemeinsam ins Wohnzimmer zurück und Jürgen begann: „Ich weiß nicht, wie es euch geht – aber mein größter Horror ist es, wenn meine Kinder oder gar fremde Dritte, mich nicht mehr als erwachsene Persönlichkeit behandeln würden sondern quasi im „Kindersprech“ um mich herum tüddeln: „Jetzt komm mal, Opchen, jetzt wollen wir mal schön unser Breichen schlabbern“ und danach gehen wir schön brav, in die Heia, gell?“

„So was kann man sich heute noch gar nicht vorstellen“, stimmte Doc Wolfgang zu. „Aber es ist traurige Praxis. Sowohl in Pflegeheimen, wo ich so etwas schon mehrfach selbst gehört habe“, sagte Brigitte, „als auch zu Hause, wo die Kinder das Regiment übernommen haben. Du warst doch neulich dabei, bei Horst“, wandte sie sich an ihren Mann, der nickte. Horst war ein Bekannter der Sanddorns und hatte mit 50 Jahren von heute auf morgen einen Schlaganfall erlitten, der sein Sprachzentrum schwer in Mitleidenschaft gezogen hatte. Er war körperlich eigentlich „noch da“, konnte aber nur noch lallen. „Und wenn du dann so behandelt wirst und kannst dich nicht wehren, das ist grausam.“ „Seht ihr, das ist auch meine Meinung“, sagte Jürgen. „Deshalb ist Ziel Nummer 1 die Selbstbestimmung. Solange es irgend geht möchte ich selbst über mein Leben bestimmen, so wie ich es die letzten 65, oder sagen wir 47 Jahre getan habe.“ „Durftest Du die letzten 40 Jahre wirklich selbst bestimmen?“ hakte Marianne mit einem Blick auf Jürgens´ Frau nach. Alle grinsten und Marlies beeilte sich zu sagen: „Zumindest hat er das immer geglaubt.“

Ungerührt fuhr Jürgen fort: „Wenn wir uns die Selbstbestimmung als oberstes Ziel setzen, dann müssen drei Voraussetzungen gegeben sein.“ „Du musst gesund sein“, warf Gerhard ein, „Du musst genügend Kohle haben“, ergänzte Doc Wolfgang „und du musst überhaupt jemanden finden, der dich versorgt“, ergänzte die immer praktisch denkende Marlies. „Wenn die Leute heute gar keine Kinder mehr haben…“ „oder die Kinder weit weg wohnen“, warf Brigitte ein, „oder selbst genug um die Ohren haben, mit den eigenen Kindern“ kam es von Marianne, „dann kannst du deine Selbstbestimmung in der Pfeife rauchen.“

„Genau darauf wollte ich hinaus“, bestätigte Jürgen alle Einwürfe zusammenfassend: „Wenn du selbstbestimmt altern willst, musst du das auch selber, nach deinen eigenen Vorstellungen regeln. Sich auf Dritte, auf Kinder oder gar Staat verlassen, heißt nicht selbstbestimmt. Du, als Deutschlehrer, wirst mir bestätigen, wandte er sich augenzwinkernd an Gerhard. In „selbstbestimmt“ stecken die beiden Wörter „Selbst“ und „bestimmen“. Doc Wolfgang ergänzte: „Und wer bestimmt, der zahlt.“ „Okay, eigentlich heißt das anders rum, wer zahlt, bestimmt (die Musik), aber ich will das mal so gelten lassen, denn du hast absolut Recht. Die ganze Selbstbestimmung scheitert oft kläglich an den finanziellen Mitteln.“

„Aber wie willst du das ändern“, seufzte Marianne. „Es wird immer Benachteiligte geben. Man kann gar nicht so vielen helfen, wie es Hilfsbedürftige gibt.“ „Es muss vom Willen des Einzelnen aus gehen, wie bei einer Diät. Es genügt nicht, nur zu wissen, dass man weniger essen, viel trinken und sich noch mehr bewegen muss – man muss es auch tun. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Wer gesund ist und will, der kann in den meisten Fällen, wobei es natürlich immer noch Menschen gibt, die können noch so sehr wollen, es klappt einfach nicht. – Aber ich gehe einmal davon aus, dass hier, im versammelten bürgerlichakademischen Mittelstand keiner ist, der nicht, bei etwas gutem Willen, könnte.“

Die Anderen lächelten und nickten zustimmend. Bei dem Vergleich mit der Diät blinzelte Marlies ihrem Jürgen fröhlich zu. Aber der fuhr ungerührt fort: „Deshalb muss man die drei Grundvoraussetzungen der Selbstbestimmung noch eine Ebene tiefer ansetzen.“ Jetzt blickte er in fünf fragende Augenpaare.

„Ich versuch´s mal so: Was wollen wir als „Golden-Ager“?

Wir wollen unser Leben selbst bestimmen. Die meisten von uns wollen weiterhin aktiver Teil der Gesellschaft sein. Niemand soll uns drein reden, dann bemühen wir uns auch, unsererseits niemandem drein zu reden. ()

Wir wollen niemandem zur Last fallen und die allermeisten von uns sind eher bereit, zu verzichten als zu fordern.

Wir brauchen Sicherheit. Die Mittel, die uns zufließen, sollten uns ermöglichen, unseren bisherigen Lebensstandard wenigstens zu halten. Und das dauerhaft.

Wenn es die finanziellen Umstände erlauben, würden wir gerne etwas hinterlassen.

„Es gibt aber leider keine allgemeingültigen „Geheimrezepte zum ewigen Glück und Reichtum“. Es gibt nicht einmal mehr eine absolute Sicherheit, für die Entscheidungen, die wir heute zu treffen haben. Um eine möglichst stabile Basis zu finden, gibt es drei „Helfer“:

Versicherungen, Vollmachten und Verfügungen.

Allerdings: alle drei kosten Geld. Das Geld, das man nicht zu haben glaubt, oder das man lieber für andere Dinge ausgibt, „von denen man direkt „etwas“ hat“.

Doc Wolfgang unterbrach Jürgens` Redefluss: „Muss ich jetzt also mein gesamtes Ruhegeld dafür ausgeben, dass ich künftig, im Fall des Falles, genügend Geld habe? Das ist doch irgendwie paradox. Was mache ich, wenn dieser Fall gar nie eintritt?“ Jürgen antwortete: „Danke Dir Doc, für diese flapsig-intelligente Anmerkung!

Das ganze Versicherungswesen ist paradox. Im Prinzip ist jede Form der „Vorsorge“ in gewisser Weise paradox. Es steckt ja auch hier im Wort: Man macht sich die Gedanken schon, bevor man die Sorgen bekommt. Dieses gedankliche Vorwegnehmen von Situationen, die eintreten könnten aber nicht bei jedem auch tatsächlich eintreten, ist in dieser Ausprägung eine Besonderheit der menschlichen Rasse. Das Eichhörnchen ist zwar auch ein beliebtes Beispiel für „Vorsorge“ – aber: es „denkt“, instinktgesteuert, nur ans Fressen. Noch nie habe ich gehört, dass ein Eichhörnchen „umgezogen“ wäre, weil beispielsweise eine Eule im Nachbarbaum „eingezogen“ ist oder ein Marder in der Nähe seinen Bau eingerichtet hätte. Im Falle eines Angriffs „reagiert“ das Eichhörnchen und läuft weg. Es trifft aber keine Vorsorge dagegen, dass einer dieser natürlichen Feinde, plötzlich „Hunger auf Eichhörnchen-Schnitzel“ bekommen könnte.

Das Reagieren ist dem Menschen jedoch nicht in Eichhörnchen-Manier möglich: Weglaufen nützt im Krankheitsoder Pflegefall nichts. Meistens geht es auch nicht mehr. Jetzt benötigt man Geldmittel. Der Mensch muss, um es einmal „knallhart“ zu formulieren, heute weniger ausgeben, um das Geld für solche eventuellen Notfälle später zur Verfügung zu haben. Anders gesagt: Er muss Geld dafür ausgeben, damit er bis an sein Lebensende selbst bestimmen kann, was mit ihm geschieht, obwohl es nicht sicher ist, ob er überhaupt in diese Lage kommt. Man übt heute Verzicht und bezahlt für Leistungen, die man eigentlich nie in Anspruch nehmen will. Und wenn man sie doch in Anspruch nehmen muss (!)/ darf(?), dann ist vorher immer irgendetwas extrem Unangenehmes geschehen: Krankheit, Unfall, Einbruch, Haus verbrannt, Verkehrsunfall oder man muss einen Schaden ersetzen, den man unachtsamer Weise verursacht hat. Diese Situation birgt einen prima Slogan:

Alles kann – nichts muss (geschehen) Aber solange es kann, muss es (abgesichert werden)

Trotzdem ist es natürlich nicht ganz so krass, dass die gesamte Rente für Versicherungen drauf geht. Mein Motto in Bezug auf Versicherungen, war mein ganzes Leben lang: „So wenig wie möglich Versicherungen – aber – so viel wie nötig!“ Wenn Du einen guten unabhängigen Berater findest, schnürt der Dir das komplette Versicherungspaket für rund 20 Euro im Monat. Dazu kommen noch die Beiträge für den Pflege- und den Krankenschutz, und für gesetzlich Versicherte „bei Bedarf“(?) eine Zahn-Zusatz-Versicherung und/oder eine Auslands Krankenversicherung, solange man noch viel im Ausland unterwegs ist. Übrigens, noch ein kleiner Tipp unter uns „Pfarrerstöchtern“: Wenn Eure Kinder jetzt gleich ihre Pflegeversicherungen abschließen, zahlen sie zwar länger aber insgesamt deutlich weniger. Und – wenn sie den richtigen Berater finden, dann holt der sogar das ganze eingezahlte Geld zurück, falls sie das Glück haben, kein Pflegefall zu werden.

Selbstverständlich bin ich mir im Klaren, dass etwa 200 € im Monat, für jemanden, der unter Umständen nur 1.000 Euro Rente bekommt, sehr viel Geld ist. Aber: Meistens sind damit auch 2 Personen abgedeckt. Übrigens: Das bringt mich noch auf einen ganz wichtigen Hinweis: Wenn zwei Personen bisher die Arbeitswelt überlebt haben, dann sollten alle Verträge sich immer auf beide beziehen. Gerade beim Pflegerisiko können nämlich durchaus beide pflegebedürftig werden. Und wenn die Schwiegereltern Eurer Kinder auch noch beide leben, dann trägt Euer Nachwuchs ein ganz gehöriges Risiko. Bis zu vier Regressforderungen der Sozialämter drohen! Wie schön, wenn sich die Senioren einsichtig zeigen und dieses Risiko an eine Versicherung übertragen. Und wenn sie auch beim allerbesten Willen die Prämien dafür nicht aufbringen können, ist es für die Kinder noch immer deutlich entspannter, diese Beiträge für die (Schwieger-)Eltern (mit) zu übernehmen, anstatt sich der oben beschriebenen Gefahr auszusetzen. Das ist es, was wir mit Generationenberatung und „ruhig schlafen“ meinen. Und schon wieder lauert an dieser Stelle das Paradoxon: Gerade die, die den Schutz kaum bezahlen können, brauchen ihn am Aller-Notwendigsten!