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Unterwegs mit Robert Zsolnay
Carolina Pons Timoner war eine alte Dame aus dem Städtchen Alaior im Herzen Menorcas. Sie hat mich zu sich gewunken auf eine Parkbank an einem Plätzchen, das, seit sie laufen lernte, Zentrum ihres Lebens war. Zehn Jahre ist es nun her, dass wir uns begegneten. Sie habe, erzählte sie mir, Menorca nur zwei Mal verlassen. Das eine Mal, um eine große Hafenstadt auf dem spanischen Festland zu besuchen, das andere Mal, um die große Nachbarinsel Mallorca zu sehen. Nichts, sagte sie, habe sie dort gefunden, was es nicht auch auf ihrem Eiland gibt: türkis- und smaragdfarbenes Meer, weiße und goldene Sandstrände, schöne Städtchen. Die weitgehend unverbaute Küste und die große landschaftliche Vielfalt machen das Unesco-Biosphärenreservat Menorca einzigartig. Beim Wandern auf dem Camí de Cavalls, einem 180 km langen Küstenrundwanderweg, der seinesgleichen sucht, ist mir das Herz aufgegangen. Ich mag das Beschauliche der Dörfer, die Eleganz des Hafenstädchens Ciutadella, die Geschäftigkeit im großen Naturhafen von Maó und ich schätze die bedächtige, herzliche Art der Menorquiner, die ihre Insel wahrscheinlich noch mehr lieben als ich. Im urwüchsigen Zentrum Menorcas liegt Alaior, die Heimat von Carolina Timoner. Sie ist eine der vielen Einheimischen, die mir mit großer Offenheit aus ihrem Leben erzählten und so zu meinem Verständnis Menorcas wesentlich beigetragen haben.
Menorca: - Die Vorschau
Benvinguts a Menorca!
Im Kleinen lassen sich häufig die größten Überraschungen entdecken. So ist es zumindest auf Menorca: glasklares Meer, mehr als 80 Sandstrände, eine großteils unverbaute Küste sowie der wieder freigelegte Küstenrundwanderweg Camí de Cavalls stehen exemplarisch für die Reize dieses kleinen Eilands, das sich zwischen zwei prächtigen Städten ausdehnt: Ciutadella im Westen, das einen jahrhundertealten Stadtkern hat, und Maó im Osten, das mit einem der größten Naturhäfen des Mittelmeers aufwartet.
Natur pur
Rund 45 % der Insel stehen unter Naturschutz, seit rund 25 Jahren ist sie Unesco-Biosphärenreservat. Auf der zweitgrößten Balearen-Insel ist es gelungen, eine Balance zwischen Fremdenverkehr und Naturschutz herzustellen. Und eine große Mehrheit der Menorquiner will das so: Mit Massenprotesten haben sie sich in den siebziger Jahren erfolgreich gegen die Mallorca-Werdung ihrer Insel gestellt.
Menorca hat eine Küstenlinie von rund 432 km, an der sich von einer Bucht zur nächsten die Landschaftsformen wandeln: vom schroffen, schwarzen Schiefer am Cap Favàritx zum ockerfarben-grünen Küstenstreifen in der benachbarten Cala Presili im Osten. Von der felsigen Steilküste bei Cala Morell zu den Dünen-Stränden Algaiarens bei La Vall im Westen. Auch das Inselinnere mit dem Monte Toro, Menorcas höchstem Berg, zeigt sich vielfältig. Der Norden ist hügelig, von Feldern und niedrigen Bergen geprägt. Den vergleichsweise flachen Süden durchfurchen viele grüne Schluchten: In den windgeschützten, leicht feuchten Barrancos gedeihen Farne, Lorbeerbäume, Orchideen, Bambus und allerlei Obstbäume.
Strände ohne Ende
Der niederländische Schriftsteller und Wahl-Menorquiner Cees Nooteboom schreibt von einer Insel, die „eine Eins“ aus ihm macht. „Das möchtest du am liebsten als ganz alltäglich empfinden, doch das ist es nicht. Du bist in ein Verhältnis von eins zu eins mit allem geraten, du und das Meer, du und die Bäume, du und die Felsen.“ Was der Reisende spürt, sobald er seine Unterkunft verlässt, um Menorca auf Wanderungen, auf Radtouren oder vom Kajak aus zu entdecken, ist tiefer Respekt vor der Anmut der Landschaft.
Einssein mit dem Meer - das lässt sich auf dieser Insel an verschiedensten Traumstränden erfahren. Meine Lieblingsbadeplätze sind: Cala en Turqueta, Binigaus und Cala Macarella im Süden, Platges Algaiarens, Cala del Pilar, Cala Pregonda, Binime-là, Arenal de Son Saura, Platja de Cavalleria im Norden und Sa Mesquida im Osten. Wer je an diesen Stränden geschwommen ist, wird sehr anspruchsvoll. Einen Überblick der Top-Strände gibt es hier.
Für Outdoor-Freaks
Steile Felsküste, duftende Wälder, üppig bewachsene Schluchten und große Höhlen: Wer sich auf Menorca auf den Weg macht, wird begeistert sein, ob per pedes oder im Sattel einen Mountainbikes. Menorca, das keine hohen Gebirge, aber viele Hügel hat, bietet Wanderern und Radsportlern ein ausgedehntes Wegenetz - allen voran den Camí de Cavalls, einen Küstenrundweg, der lange und abwechslungsreiche Touren mit Meerblick ermöglicht. Viele Routen auf Menorca eignen sich auch für Rennräder und normale Fahrräder, und Ciutadella bietet Pedalrittern sogar eigene Radwege.
Wind und Wellen
Es ist ein Vergnügen, die Küstenlinie in einem Kajak zu erkunden und so die Strände aus einer ungewöhnlichen Perspektive zu entdecken. Geschützte Buchten wie Es Grau, die weite Bucht von Fornells sowie die lange Bucht von Addaia sind auch bei Wind und Wellengang gut zu befahren.
Windstill ist es auf der Insel nur selten, Segler, Wind- und Kitesurfer finden deshalb in den einst vielumkämpften menorquinischen Gestaden an den meisten Tagen gute Bedingungen vor. Wer einen Tauchschein besitzt oder einen machen möchte, dem seien die Gewässer im Meeresschutzgebiet vor der Nordküste, dem Reserva Marina de Norte, empfohlen.
Kunst und Kultur
Abwechslung vom Strandleben bieten die beiden Hafenstädte: Das Teatre Principal von Maó, 1828 erbaut und liebevoll modernisiert, ist eines der ältesten Opernhäuser Spaniens. Dort werden nicht nur Arien geschmettert, auch Rock-Bands treten auf. In der Musikkneipe „Es Cau“ in Es Castell spielen Lokalmatadore ihre Lieder auf der Gitarre, und während des Sommers gibt es in Ciutdadella und Maó Musikfestivals der unterschiedlichsten Genres - von Pop über Flamenco bis Klassik. Das Festival Internacional de Jazz de Menorca (März bis Mai) lockt auch internationale Gäste, und das Museu de Menorca in Maó zeigt anschaulich die spannende Geschichte der Insel, die häufig von Engländern und Franzosen besetzt war. Doch man muss nicht ins Museum gehen, um der Historie zu begegnen. Menorca, eines der Gebiete Spaniens mit der höchsten Dichte an prähistorischen Fundstätten, ist ein wahres Freilichtmuseum. Um seine mehr als 1000 archäologischen Stätten dauerhaft zu schützen, will die Insel Weltkulturerbe der Unesco werden.
Tanzen und chillen
Die Cova d’en Xoroi ist der wohl spektakulärste Club der Balearen: Hoch über dem Meer tobt die Menge in einer riesigen Felsenhöhle. Erschöpfte Tänzer tanken auf Terrassen mit traumhaften Ausblicken Frischluft. Mit dem „Space“ im Hafen von Ciutadella gibt es sogar einen Ableger der Clubszene Ibizas. Altbewährt dagegen ist die „Bar Texas“ im Hafen von Maó, wo man das ganze Jahr über an Wochenenden viele Einheimische trifft und kennenlernt. Den Sundowner genießt man am schönsten im Garten des Restaurants am Leuchtturm von Cap d’Artrutx, die ersten Sonnenstrahlen bei einem Café con leche in einer der Bars am Moll de Llevant im Hafen von Maó - beides sind Orte, an denen einem immer wieder aufs Neue bewusst wird, dass das kleine Menorca einer der zauberhaftesten Flecken im Mittelmeer ist.