Für meine liebe Frau, die mich immer wieder bestärkt und mir eine wertvolle Kritikerin und Muse gleichermaßen ist. Dieses Buch sei Ihr gewidmet als Ausdruck der tiefen Verbundenheit und großen Liebe.
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© 2016 Siegfried Eberle
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783746007892
Lernen mit Spaß und Spaß haben beim Lernen, das sind doch die wesentlichen Elemente für eine erfolgreiche Arbeit mit Menschen. Im Rahmen einer Therapie, ob mit legasthenen oder AD(H)S Kindern, kommt es vorrangig auf die Motivation und somit auf den Faktor Spaß an, ob eine Therapie erfolgreich durchgeführt werden kann und somit am Ende auch mehr Wirkung zeigt. Leistungen, die eng mit der Schule verbunden sind, machen häufig, Kindern keinen Spaß oft gar ist es so, dass Kinder eher die Schule und alles was damit zusammenhängt vermeiden wollen, als darin den sinnvollen und wertvollen Syntax zu erkennen. Daher war es mir ein Anliegen, basierend auf meiner praktischen Therapiearbeit, die im Jahr 2005 begann, ein Konzept zu entwickeln, bei dem man die therapeutischen Inhalte integrieren kann, um gleichzeitig die Motivation für ein länger andauerndes Training aufzubauen.
Dies konnte mit dem Konzept des Bauchredens in 2014 begonnen werden und fand vorläufig den Höhepunkt in 2015 mit der Verschriftlichung, der vielen Informationen und Erkenntnisse. Bauchreden ist eine uralte Kunst, die Menschen von damals und noch heute in den Bann zieht und ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Wer kennt nicht die Faszination der Bauchredner mit ihren Puppen, bei denen eben dieses Puppen so lebendig wirken, dass man denkt, die Holzfigur spricht tatsächlich.
Als Kind will man doch etwas besonderes sein oder zumindest etwas Besonderes können. Manche Kinder erleben ein Stückweit ihren Selbstwert durch Wettbewerb und darin, dass sie etwas können was andere nicht drauf haben. Der Schüler, der gut Fußball spielen kann, ist gerne gesehen, zumindest innerhalb der Teilgruppe „Jungs“ im Klassenverbund, denn er ist es ja, auf dem die Hoffnungen liegen, die Klassenmannschaft im jährlichen Fußball-Schulwettbewerb dieses Mal einen Platz weiter nach vorne zu bringen. Man verzeiht ihm auch, wenn es nicht klappt, da man ja weiß, dass einer alleine keine Wunder vollbringen kann. Umso mehr wird dann aber derjenige in die Verantwortung genommen, der zwar mittelmäßig ist, aber von dem man einhundert Prozent erwartet.
Ähnlich verhält es sich häufig mit legasthenen Kindern, die übertragen auf schulische Belange gesehen, vor allem wenn es um sprachliche Fächer geht, eher weniger zu den „Fußballprofis“ gehören, von denen man aber, aus deren Umwelt, jedes Mal einen 100% Einsatz erwartet ohne dabei auf die hohe Anstrengung zu achten, die von diesen Kindern ohnehin schon erbracht wird.
Dieses Konzept soll einen Weg aus dem Dilemma ermöglichen, in dem legasthene Kinder und auch AD(H)S Kinder stecken, die sich immer wieder aufs Neue anstrengen, um dann doch negative schulische und außerschulische Ergebnisse zu erhalten.
Das Bauchreden soll Kindern helfen, spielerisch sowohl ihre Defizite beheben zu lernen, ebenso wie sie die Motivation aufbauen zu lernen, die sie benötigen um an den Herausforderungen stetig zu arbeiten.
In der bislang einzigartigen Bauchredentherapie habe ich ein 6 Stufen Modell entwickelt, welches von der Auswahl einer Puppe bis zum Erarbeiten von Texten mit Einsatz der Bauchredentechnik reicht. Mit der entwickelten Therapieform soll der Trainer im ersten Schritt in die Lage versetzt werden, selbst das Bauchreden zu können um es dann mit dem Kind zu trainieren. Daraus ergibt sich, dass der anfängliche Legasthenie-Trainer auch zum Bauchreden-Instrukteur wird. Diese große Form der Therapie ermöglicht es auch, dass die Klienten gegen Ende der Therapiedauer etwas können, was andere um sie herum nicht können.
Nach Einführung der Bauchredentherapie in meinem Institut stelle ich aber auch fest, dass viele Kinder und Jugendliche viel mehr die Idee verfolgen, sich von mir und einem Co-Therapeuten helfen zu lassen. Dies tut dem Konzept keinen Abbruch, es wird lediglich um einen Teilbereich erweitert:
Bauchreden durch den Trainer und Therapeuten, aber nicht als Lehrer, um Bauchreden zu vermitteln. Kinder und Erwachsene, je nach Therapieart (LRS/ADS) können sich im Vorfeld entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen. Vorausgesetzt dabei ist die vorhandene Fähigkeit, auch die Bauchredentechnik gut und nachvollziehbar weitervermitteln zu können. Damit eine Bauchredentherapie durch den Therapeuten und seinem Co-Therapeuten durchführt werden kann, muss der Legasthenie-Trainer selbst das Bauchreden beherrschen.
Praktisch gesehen sieht das so aus, dass ein Kind zwar seinen Co-Therapeuten aussucht aber dieser ausschließlich vom Therapeuten selbst besprochen wird und jedes Kind seinen eigen gewählten Co-Therapeuten bei jeder Sitzung bekommt. In der ursprünglichen, ich nenne sie unfasslichen Therapieform sucht das Kind letztendlich seinen eigenen CO-Therapeuten aus, um ihn dann später auch selbst bespielen zu können. Aus pragmatischen Gründen ist sicherlich zu empfehlen, dass man maximal 5 Puppen zur Auswahl stellt, diesen auch jeweils einen Charakter gibt und die passenden Stimmen sowie Historien entwickelt. Wenn man mehrere Therapeuten im Team hat, so kann die Auswahl zwar insgesamt größer werden, aber pro Therapeut ist dennoch nur eine Handvoll Puppenauswahl zu empfehlen.
Die Aufteilung der Bauchredentherapieformen sieht daher wie folgt aus:
Eine Begrenzung auf Legasthenie und ADS(ADHS) erachte ich im Bauchredenmodell als sinnvoll, wenn man in seiner Praxis auch anderen Hilfestellungen anbietet. Der Legasthenie-Trainer schafft es viel besser, eine klare Trennung im Einsatz der Methodik herzustellen und kann somit eine deutlichere Identifizierung über die Bauchredentherapie zu dem behandelnden Angebot aufbauen.
Sicherlich lassen sich viele andere Therapieinhalte darstellen, um eine Puppe zum Einsatz zu bringen, jedoch sieht das Konzept vor, dass der Patient/Klient sich im Vorfeld einer Therapie für ein Modell der Bauchredentherapie entscheidet und auch immer, egal welchen Inhaltes nun seine Sitzungen haben sollten, mit dem Therapeuten/Trainer in Persona und dem Co-Therapeuten (Puppe) oder dem eigenen Co-Therapeuten zu tun haben wird. Ziel ist es, dass eine Identifikation mit der Puppe stattfindet und man natürlich mit viel Spaß und hoher Motivation in einer Therapiesitzung verweilt und auch zur nächsten Sitzung mit hoher Motivation wieder kommt.
Gerade Therapieeinheiten bei Kindern, wenn es um Legasthenie oder auch Dyskalkulie geht, sind aus seriösen Gründen gesehen Therapien die eine Gesamtlänge von 1,5 - 3 Jahren benötigen. Dies ist eine lange Zeit, in der man regelmäßig zu seinem Therapeuten gehen muss, unabhängig der tagesaktuellen Ereignisse, der Laune und Lust, die man an diesem Tag hat. Häufig genug passiert es, dass Kinder keine Motivation haben in die vereinbarte Stunde zu kommen, da ein Freund zu Hause wartet und das Kind einfach nur Kind sein wollte und spielen mag. Sicherlich aus jedem Blickwinkel zu verstehen.
Sogar in der Therapieform „Bauchreden als Co-Therapeuten Modell“, hilft der Co-Therapeut, der es jedes Mal schafft, das Kind zum Lachen zu bringen und auf den man sich schon wieder freut. Die Aufgabe des Trainers ist es, dafür zu sorgen, dass die Puppe es schafft, das Kind mindestens einmal während der Therapie zum Lachen zu bringen. Sicherlich ist es auch gut, wenn die Puppe erst einmal das Warm-Up übernimmt und mit dem Kind spricht. Hierbei kann die Puppe aus seiner eigenen Biographie erzählen und von möglichen eigenen Tageserlebnissen. Der Trainer kann dabei immer im Wesen seiner Puppe auch völlig überziehen und äußerst unrealistische Inhalte präsentieren.
Das Kind weiß ohnehin, dass der Co-Therapeut eine Puppe ist und dass weder eine Puppe reden, noch eine Puppe jedwede eigene Erlebnisse haben kann. Dennoch spielen Kinder mit Puppen und gönnen den Puppen eigene Erlebnisse. Daraus werden lustige Dialoge entstehen, die zum Lachen anregen.
Wilhelm Busch sagte, "das, was Du ernst meinst, sagt man am besten im Spaß", vielleicht sollte man diesen Gedanken noch weiter fassen und ihn ergänzen um die Idee, "wenn du Spaß hast, sind auch die ernsten Dinge nicht mehr allzu ernst". Denken Sie an Kinder und Jugendliche, Erwachsene und Senioren, die täglich aufgrund einer Legasthenie oder eines ADS(ADHS) vor Problemen in der Gesellschaft gestellt werden. Manchmal sind es Kleinigkeiten, je nach der Betrachtungsweise und Position des Betrachters.
Wenn ein Senior zurück auf seine Schulzeit blickt, so kommen ihm sicherlich noch negative Gedanken, Ärger, Wut und Scham hoch - aber sein aktuelles Sein, wird davon nicht so stark berührt werden. Für ein Schulkind sieht das ganz anders aus. Wenn ein Kind heute nicht sofort gut lesen kann, gehörst es streckenweise schon zu denen, die eine sonderpädagogische Hilfestellung in der Schule benötigen. Auch wenn es wunderbare Angebote sind, so treffen diese in die Seelenwelt der Kinder. Nicht selten werden sie durch die besondere Behandlung stigmatisiert und erleiden Mobbing durch Mitschüler oder gar durch Lehrkräfte, Geschwister oder Eltern.
Außerschulische Therapien machen Sinn, da sie ja außerhalb der Schule stattfinden, inhaltlich können viele Kinder keine ganz so große Differenz erkennen. Daher muss es einfach eine Kombination geben, die sowohl das "Ernste" als auch das "Leichte" verbindet. Menschen wollen Spaß haben und sich nicht mehr anstrengen müssen. Die Leistungsbereitschaft der Anstrengung und der damit verbundenen Belohnung haben in der Generationen Y zusehend nachgelassen. Es soll alles schnell gehen, am besten sich sofort zu einem Erfolg darstellen und vor allem, es soll wenig Aufwand kosten. Ein schöner Satz bringt es auf den Punkt "Wasche mich aber mache mich nicht nass".
Ich selbst bin seit 2005 als Legasthenie-Trainer und Lerntherapeut in eigener Praxis tätig. Ich erlebe von Jahr zu Jahr immer mehr eine Veränderung der gesellschaftlichen Haltung den Therapien gegenüber. Wenn vor fast 12 Jahren den Eltern es wichtig war, das Vorankommen der eigenen Kinder zu fördern, so ist die Bereitschaft heute anders geworden. Eltern wollen schon, dass die Kinder weiter kommen aber sie verfallen häufig genug in Vermeidungs- und Verteidigungsmuster. Ärger und Stress soll vermieden werden indem man den Problemen einfach aus dem Weg geht und auf der anderen Seite verteidigen Eltern jedwede Unzulänglichkeit, die eigentlich durch das Kind zu verantworten wäre. Wenn unsere Eltern ein Nein sagten, dann meinten sie auch ein Nein – dies ist heute nicht mehr so.
Ein guter Freund sagte einst zum Thema „was wollen die Menschen heute haben“ – Spaß wollen sie haben. Die Menschen wollen lesen, dass es Spaß macht und dass man Spaß dabei hat. Das Ganze soll dann noch im Verhältnis zu den Kosten stehen. Niemand will lesen, dass es einen gewissen Aufwand darstellt Kindern mit Legasthenie zu helfen, sowohl für das Kind, die Eltern und die therapeutischen Einrichtungen.
Vielleicht bildet die Bauchredentherapie eine Brücke zwischen Spaß und Arbeit. Ich glaube immer noch an das Verhältnis: Aufwand zu Ertrag. Wer viel reinwirft wird auch genug rausbekommen und wer wenig investiert kann auch nur einen mäßigen Erfolg erwarten. Diese grundlegende Formel wird auch Generationen überstehen.
Oft werde ich nach der Motivation gefragt, eine solche Therapieform zu entwickeln, vor allem da Bauchreden und Legasthenietherapie weder Artverwandt noch in irgendeiner Form augenscheinlich zusammenpassen. „Warum nicht?“ – Wer verbietet es denn, dass wir alle, die im System „Hilfe für das Kind“ mitwirken auch Spaß haben sollen. Wenn ich als Therapeut Spaß habe dann klappt die Therapie doch wesentlich besser und auch das Kind merkt dies und kann sich vollends auf mich als Therapeuten verlassen und vertrauen. Ich möchte nach vielen Jahren intensiver Therapiearbeit einfach den Spaß, den ich mit dem Bauchreden habe anderen Menschen teilen und wenn dabei den Kindern mit Legasthenie oder AD(H)S geholfen werden kann, dann war es eine gute und gelungene Sache.
A Definition of Specific Learning Difficulties (Dyslexia) from Trevor Payne an Elizabeth Turner aus dem Buch “Dyslexia A Parents’ and Teachers’ Guide:
“Children who have difficulties in reading, writing, spelling or manipulating numbers, which are not typical of their general level of performance. They may gain some skills in some subjects quickly and demonstrate a high level of ability orally, yet may encounter sustained difficulty in gaining literacy or numeracy skills. Such children can become severely frustrated and may also have emotional and/or behavioral difficulties.”
Diese Definition lässt die besonderen Bedürfnisse der betroffenen Menschen zu und versucht weniger eine fachbezogene Definition wie sie häufig durch die Vielzahl der Experten aus den wissenschaftlichen Bereichen erfolgt, die sich mit dem Phänomen der Legasthenie beschäftigen. Jede Expertengruppe sucht und findet auch eigene Definitionen und Leitlinien.
Auch wenn Kinder Schwierigkeiten, beim Lesen, Schreiben, Sprechen oder dem Umgang mit Zahlen haben, die untypisch für ihr allgemeines Leistungsniveau sind, so können diese Kinder häufig Fähigkeiten in anderen Bereichen abrufen und herstellen und zeigen ein hohes Maß an verbalen Leistungen. Dennoch gelingt die Lese- und Rechtschreibleistung nicht oder nicht gut.
Eine generelle Annahme, dass diese betroffenen Kinder nun in allen anderen Bereichen auch dieselben schwachen und mangelhaften Leistungen zeigen schließt sich in dieser Definition gänzlich aus. Dies ist auch in vielen Praxen und Instituten zu sehen, die mit legasthenen Kindern arbeiten, dass gerade diese Kinder in vielen anderen Fertigkeiten und Fähigkeiten glänzen. Gerade in der Geschichte der Legasthenie, wenn berühmte und bekannte Menschen herangezogen werden, die nach eigenen Angaben von einer Legasthenie betroffen sind/waren fällt auf, dass es sich häufig um Schauspieler, Musiker und Schriftsteller handelt oder handelte.
Im Weiteren wird in der Definition von Payne und Turner von der hohen Emotionalität vieler betroffener Kinder gesprochen. Manchmal kommt es aufgrund der hohen Frustration zu psychischen und/oder Verhaltensschwierigkeiten.
Eine sekundäre Komorbidität ist bei vielen betroffenen Schulkindern schnell zu sehen. Die Begeisterung der Einschulung überlässt der täglichen Frustration durch Hausaufgaben, Schreiben, Lesen, Lernen und häuslichem Üben den Platz. Es fließen „Tränen“, die Kinder haben „keine Lust mehr auf Schule“ und langsam erhebt sich bei Pädagogen und Eltern die Wahrnehmung, dass Kind sei dumm. Wie kommt es zu diesen Annahmen. Nach wenigen Wochen können andere Kinder bereits 30-50 Wörter beherrschen. Vorlesen in der Klasse wird zur Qual und Mitschüler fangen an das Kind zu hänseln.
In der Folge werden die pädagogischen Tipps verdichtet auf mehr üben und häusliches Trainieren. Trotz dieser Anstrengungen erleben die legasthenen Kinder keine nennenswerten Erfolge.
Im Einzugsbereich der WHO (Weltgesundheitsorganisation) wurde die internationale Klassifizierung der Krankheiten ICD-10 als Leitmanual entwickelt. Die Lese- und Rechtschreibstörungen und Rechenstörungen werden in diesem Manual (Dilling, Mombour & Schmidt, 2008) den umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten zugeordnet.