Was wollen Sie wissen?
Wie erstelle ich eine Patientenverfügung?
Selbstbestimmt entscheiden
Ausfüllhilfe für das Formular
Es kann bereichern, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen
Rechtssicher formulieren
Warum der Bundesgerichtshof entscheiden musste
Bei einer schweren Krankheit
Patientenverfügung in der Psychiatrie
Der Einfluss von Religion
Wer spricht mit Ärzten?
Ethikkonsile: Im Sinne der Patienten entscheiden
Wie sich der Patientenwille ermitteln lässt
Was kann ich regeln und was nicht?
Patientenverfügung in Corona-Zeiten
Therapien bei einem schweren Verlauf von Covid-19
Gespräche statt Formulare
„Wie gerne leben Sie?“ ist eine zentrale Frage
Patientenverfügung im Ausland: Mitnahme zwecklos
Was gilt bei der Behandlung schwer kranker Kinder?
Am Lebensende gut versorgt
Palliativangebote: Ohne Apparatemedizin
Schwerstkranke sollen selbst entscheiden dürfen
Hospiz: Aufgehoben bis zuletzt
Ambulante Palliativdienste: Expertise auf Abruf
Palliativstation: Anlaufstelle für Krisen
Lebensrückblick: Stärkende Vergangenheit
Sterbebegleitung: Nicht allein auf dem Weg
Wie ich Sterbende und ihre Angehörigen unterstütze
Wie kann ich selbstbestimmt sterben?
Debatte über Suizidhilfe – die Rechtslage
Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben
Sterbenswünsche, Sterbehilfe und Suizid
Medikamente: Tödlich wirkende Mittel
Sterbehilfe in Europa
Organspende: Leben retten
Für das Leben anderer
Hirntod: Es gibt kein Zurück mehr ins Leben
Wie ich die Diagnose Hirntod in der Praxis stelle
Transplantation: Warten auf die Rettung
Beratung und praktische Hilfe
Rechtlich vorsorgen
Mein Alltag als Berufsbetreuer
Rat von Experten
Hilfe
Angebote für Beratung
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Patientenverfügung, das Formular
Stichwortverzeichnis
Eine Patientenverfügung ist das richtige Mittel, wenn Sie für den Fall der Fälle Ihr Selbstbestimmungsrecht am Lebensende wahrnehmen wollen. Aber worauf kommt es beim Erstellen der Verfügung an? Die wichtigsten Fragen dazu finden Sie hier kurz beantwortet.
Warum brauche ich eine Patientenverfügung?
Jede ärztliche Behandlung bedarf der Einwilligung des Patienten. Ansonsten ist die Maßnahme rechtswidrig und als Körperverletzung strafbar.
Solange Sie einsichts- und entscheidungsfähig sind, können Sie selbst dem Arzt direkt sagen, ob Sie einer Behandlung zustimmen oder diese ablehnen. Sehr viel schwieriger wird es, wenn Sie krankheitsbedingt nicht mehr einwilligungs- und entscheidungsfähig sein sollten. Ist ein Gespräch mit dem Arzt nicht mehr möglich, kommt es trotzdem nach wie vor auf Ihre Entscheidung an. Mit einer Patientenverfügung, die im Voraus und in gesunden Tagen erstellt ist, können Sie genau für diesen Fall vorsorgen. Sie legen darin fest, für welche Krankheitssituation Sie in bestimmte Behandlungen einwilligen – und welche Sie ablehnen. Die Ärzte müssen sich an Ihren Willen halten. Das kann auch bedeuten, dass lebenserhaltende Maßnahmen unterlassen werden müssen, selbst wenn der Arzt der Überzeugung ist, dass diese medizinisch angezeigt wären.
Was ist, wenn ich keine Patientenverfügung habe?
Dann kommt es darauf an, ob Sie in einer Vorsorgevollmacht eine Person Ihres Vertrauens mit der Gesundheitssorge bevollmächtigt haben oder nicht.
Haben Sie jemanden bevollmächtigt, vertritt er oder sie Sie gegenüber Ärztinnen und Ärzten. Auch ohne Patientenverfügung trifft er oder sie Gesundheitsentscheidungen. Die bevollmächtigte Person ist an den „mutmaßlichen“ Patientenwillen gebunden. Sie muss deshalb Ihre früheren mündlichen oder schriftlichen Äußerungen sowie Ihre ethischen oder religiösen Wertvorstellungen berücksichtigen und den Ärzten mitteilen. Haben Sie niemanden bevollmächtigt, übermittelt ein Betreuer den mutmaßlichen Patientenwillen, siehe Grafik S. 25.
Welche formalen Voraussetzungen muss die Verfügung erfüllen?
Eine Patientenverfügung muss nur wenige Voraussetzungen erfüllen. Wichtig ist, dass sie eindeutig formuliert ist, damit es nicht zu Auslegungsschwierigkeiten kommt. Deshalb empfiehlt es sich, sich an Musterformulierungen zu halten. Der Verfasser muss volljährig, außerdem einsichts- und steuerungsfähig sein. Es ist jedoch nicht Voraussetzung, dass er geschäftsfähig ist. Entscheidend ist, dass der Verfasser die Art, Bedeutung und Tragweite der Regelung erfasst.
Kann ich die Verfügung widerrufen?
Eine Patientenverfügung können Sie jederzeit ändern oder widerrufen. Ein Widerruf ist dabei nicht nur schriftlich möglich, sondern beispielsweise auch noch während einer Behandlung mündlich oder durch Gesten und Handzeichen. Solange Sie sich äußern können, können Sie sich also problemlos anders entscheiden, als Sie es ursprünglich in der Verfügung festgelegt haben.
Wie bilde ich eigene Wertvorstellungen zu Leben und Tod?
Die meisten Menschen beschäftigen sich ungern mit diesen Themen. Folgende Überlegungen können helfen, um bewusst eine Entscheidung für oder gegen eine Patientenverfügung zu treffen:
Erfahrungen: Gibt es Angehörige oder Freunde, die schon einmal lebensgefährlich erkrankt sind? Haben Sie schon einmal den Tod eines nahe stehenden Menschen erlebt? Welche guten und schlechten Erinnerungen haben Sie daran? Was hätten Sie sich genauso oder anders gewünscht?
Krankheit: Wie gehen Sie mit Krankheit, Schmerzen, Schicksalsschlägen und Behinderungen anderer um? Wie würden Sie sich in solch einer Situation Zuwendung und Pflege wünschen? Wie gehen Sie mit eigener Krankheit um?
Glaube: Was bedeutet Ihnen Religion, insbesondere in Krisensituationen? Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod?
Welche Möglichkeiten hat die Medizin, Leiden am Lebensende zu lindern?
Es gibt heute zahlreiche Möglichkeiten, unheilbar kranken Menschen ihr Lebensende angenehmer zu gestalten. Geht es nicht mehr um Heilung, können Patienten spezielle Versorgungsangebote in Anspruch nehmen, die dabei helfen, Schmerzen zu lindern und Ängste zu nehmen. Der Zweig der Medizin, der sich um diese Patienten kümmert, nennt sich Palliativmedizin.
Angebote der Palliativmedizin gibt es sowohl in Hospizen als auch stationär im Krankenhaus und für die Pflege zu Hause. Allen diesen speziellen Angeboten für schwer Kranke ist gemeinsam, dass die Ärzte und Pflegekräfte sehr viel mehr Zeit für ihre Patienten haben als sonst üblich. Mehr zu den Palliativangeboten finden Sie im Kapitel „Am Lebensende gut versorgt“ ab S. 61.
Was ist, wenn ich mir Sterbehilfe wünsche?
Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Seit das Bundesverfassungsgericht im Februar 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung gekippt hat, ist die Diskussion darüber neu entfacht, ob und wie die Hilfe zur Selbsttötung in Deutschland geregelt werden soll. Soll sie Ärztinnen und Ärzten erlaubt sein? Wenn ja, unter welchen Umständen? Mehr zu dieser Diskussion und den Unterschieden zwischen passiver und aktiver Sterbehilfe finden Sie im Kapitel „Wie kann ich selbstbestimmt sterben?“ ab S. 85.
Über eine Patientenverfügung können Sie festlegen, welche Behandlung Sie möchten, wenn Sie sich nicht mehr dazu äußern können. In diesem Kapitel finden Sie eine Ausfüllhilfe für das Formular, das Sie Herunterladen können.
In einer Patientenverfügung regelt ein Mensch in gesunden Tagen, welche medizinische Behandlung oder Nichtbehandlung er sich wünscht, wenn er selbst krankheitsbedingt nicht mehr einwilligungs- und entscheidungsfähig ist. Eine solche Verfügung ist Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts und ein Mittel, das eigene Lebensende mitzugestalten.
Potenziell kann jeder Mensch in eine Situation geraten, in der eine Patientenverfügung zur Anwendung kommen könnte. Jeder über 18 sollte sich darum kümmern.
Am besten eignen sich dafür vorformulierte Formulare oder Textbausteine. Solche Verfügungen sind am wenigsten fehlerträchtig. Wir bieten Ihnen das entsprechende Formular online an. Sie können es sich einfach herunterladen und dann ausfüllen.
Besonders wenn Sie an einer schweren, unheilbaren Krankheit leiden sollten, einer besonderen Glaubensrichtung angehören oder Erfahrungen mit der Psychiatrie haben, ist es sinnvoll, sich ausführlich zu informieren und das Formular gegebenenfalls durch zusätzliche Texte zu ergänzen.
Patientenverfügung, Ja oder Nein? Die Entscheidung trifft jeder für sich. Wichtig dabei: Auch für Angehörige ist sie hilfreich.
Von der Patientenverfügung haben die meisten schon gehört. Vier von zehn Personen geben an, eine erstellt zu haben. Doch die große Mehrheit tut sich schwer damit. Viele haben immerhin vor, sich um das Vorsorgedokument zu kümmern. Das Zögern ist verständlich, auch wenn die Verfügung wichtig ist. In der Gesellschaft sind die Themen Hilfsbedürftigkeit, Unfall und Tod oft ausgeblendet. Zeitweilig sind Fragen rund um die Sterblichkeit durch die Corona-Pandemie jedoch in den Fokus gerückt.
Im Alltag geht es meist darum, gesund zu bleiben und fit zu sein. Die Beschäftigung mit einer Patientenverfügung stört scheinbar diese Einstellung. Denn es geht darum, sich mit der eigenen Endlichkeit und den Vorstellungen vom Lebensende auseinanderzusetzen. Manchmal gibt es einen bestimmten Anlass, der Menschen motiviert, sich mit einer Patientenverfügung zu befassen: eine bevorstehende Operation, der Tod eines Angehörigen oder der Umzug ins Pflegeheim.
In einer Patientenverfügung legen Menschen schriftlich und bei klarem Verstand fest, was gelten soll, wenn sie in Zukunft unwiederbringlich nicht mehr in der Lage sind, selbstbestimmt ihren Willen zu äußern und medizinische Entscheidungen für sich zu treffen.
Solange ein Mensch bei Bewusstsein ist, spielt die Verfügung keine Rolle.
Dies gilt beispielsweise für den Fall einer unheilbaren Krankheit, bei fortgeschrittener Demenz oder in der Folge eines schweren Unfalls. Die Alltagserfahrung zeigt, dass potenziell jeder Mensch in eine Situation geraten kann, in der eine Patientenverfügung zur Anwendung kommen könnte.
Solange ein Mensch bei Bewusstsein ist, spielt die Verfügung keine Rolle, denn er kann selbst mit den Ärzten sprechen oder sich gegebenenfalls anderweitig äußern – etwa durch Handzeichen – und in eine Behandlung einwilligen oder diese ablehnen.
Dass Patienten im Voraus – für den Fall einer späteren Einwilligungsunfähigkeit – festlegen dürfen, welche medizinische Behandlung sie sich wünschen, war lange umstritten. Das Argument: Der hippokratische Eid, also die ärztliche Fürsorgepflicht und die Verpflichtung, Schaden vom Patienten abzuwenden, rechtfertige eine ungleiche Beziehung zwischen Arzt und Patient. Die ärztliche Pflicht könne mit dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten in Konflikt geraten.
Erst seit 2009 ist die Patientenverfügung im Gesetz verankert, in Paragraf 1901a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Sie ist Volljährigen vorbehalten, die einwilligungsfähig sind, also die Bedeutung und Tragweite medizinischer Entscheidungen einordnen können.
Die Patientenautonomie – das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper und das Recht, dem eigenen Sterben und Krankheitsverlauf durch Ablehnung einer bestimmten Behandlung seinen natürlichen Lauf zu lassen – ist durch Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes geschützt. Die Patientenautonomie leitet sich ab aus dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie der Menschenwürde.
Eine Entscheidung für oder gegen eine Patientenverfügung trifft jeder für sich. Sie ist eine höchstpersönliche Angelegenheit.
Doch in Anbetracht des medizinischen Fortschritts und der heutigen technischen Möglichkeiten, Leben zu erhalten, ist es sinnvoll, sich eine Meinung über lebenserhaltende Behandlungen oder deren Abbruch am Lebensende zu bilden: Will ich in aussichtsloser Krankheit wiederbelebt, künstlich ernährt oder dialysiert werden? Soll mein Leben unter allen Umständen erhalten werden? Oder wünsche ich mir – unabhängig von der noch zu erwartenden Lebenszeit – maximale Linderung der Symptome und bestmögliche Lebensqualität? Wäre eine Versorgung im Hospiz eine Option? Möchte ich Begleitung durch einen Geistlichen?
MOTIVE FÜR EINE PATIENTENVERFÜGUNG
49,9 %
Heute kann ich frei entscheiden und konkrete Wünsche niederlegen.
42,0 %
Ich möchte meine Angehörigen im Notfall von Entscheidungen entlasten.
30,9 %
Meine Kinder haben es mir geraten.
22,5 %
Habe bei anderen erlebt, wie sie „Opfer der Apparatemedizin“ wurden.
Quelle: Repräsentative Umfrage mit 1 969 Befragten, Gesellschaft für Konsumforschung, Nürnberg
Viele Menschen wünschen sich einen plötzlichen Tod oder ein friedliches Sterben zu Hause. Doch tatsächlich findet Sterben heute weitgehend im Pflegeheim, Hospiz oder Krankenhaus statt. Von insgesamt 932 272 Todesfällen deutschlandweit im Jahr 2017 verstarben 427 917 Personen in Krankenhäusern, also knapp jeder zweite Todesfall. Der Anteil der Krankenhauspatienten, die während oder nach einem Aufenthalt auf der Intensivstation versterben, liegt bei rund einem Viertel.
In einem industrialisierten Land wie Deutschland verstirbt die Mehrzahl der Menschen an chronischen Erkrankungen. Dazu zählen Herz-Kreislauf-Krankheiten, Krebs, chronische Lungen- und Nervenleiden. Dank der Medizin können viele Patienten trotz unheilbarer Krankheit lange leben.
Schreitet die Krankheit fort und kommen weitere Komplikationen hinzu, stellt sich häufig die Frage nach eingreifenden Maßnahmen wie Intensivtherapie. Dazu gehören etwa die künstliche Beatmung, künstliche Ernährung oder die Wiederbelebung mithilfe eines Defibrillators.
Doch die Chancen und Möglichkeiten, Leben zu erhalten, sind nicht frei von Widersprüchlichkeiten. Einerseits verhelfen sie vielen Schwerstkranken und Unfallopfern auf der Intensivstation zur Heilung, Lebensverlängerung, Rehabilitation und zum Erhalt von Lebensqualität. „Im Erfolgsfall ermöglicht Intensivmedizin das Überleben und die Rückkehr des Patienten in ein möglichst unabhängiges und selbstbestimmtes Leben“, sagt Professor Uwe Janssens, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin in Eschweiler.
Andererseits können die technischen Möglichkeiten dazu führen, dass sich ein Sterbeprozess unnötig leidvoll verzögert – oder ein Überleben um den Preis einer Abhängigkeit von lebensunterstützenden Apparaten gesichert wird. Teilweise überleben Patienten eine intensivmedizinische Behandlung nur mit schweren seelischen und körperlichen Defiziten. „Auf der Intensivstation stellt sich häufig die Frage nach der Sinnhaftigkeit oder Sinnlosigkeit einer weiteren Intensivbehandlung“, so Professor Janssens. In vielen Behandlungssituationen – häufig bei älteren und mehrfacherkrankten Patientinnen und Patienten – kann es schwierig werden, die Sinnhaftigkeit von Behandlungskonzepten zu belegen und zu begründen. Die Zuschreibung von Sinn kann unterschiedlich ausfallen, je nachdem, aus welcher Perspektive sie vorgenommen wird. Ärztinnen und Ärzte, Pflegende, Patienten und Angehörige können zu einer unterschiedlichen Bewertung kommen.
Ärzte müssen zunächst klären, ob ein Therapieziel, zum Beispiel Heilung, Lebensverlängerung, Erhalt von Lebensqualität oder Symptomlinderung, erreicht werden kann – wobei die Ziele nicht immer klar abgrenzbar sind. Wird ein Therapieziel nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit erreicht, kann die darauf gerichtete Behandlungsmaßnahme fraglich oder zweifelhaft sein. „Dann muss ein Arzt die Sinnhaftigkeit der Behandlung aus Patientensicht kritisch und eingehend mit allen Beteiligten klären“, sagt Uwe Janssens.
Kann ein Patient sich nicht selbst äußern und entscheiden, „ist eine Patientenverfügung für Ärzte ein wichtiges Instrument“, erläutert Intensivmediziner Uwe Janssens. Zwar sind viele Verfügungen unzureichend, weil sie selten die komplexe Behandlungssituation auf der Intensivstation abbilden, wie eine Studie am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf festgestellte. „Dennoch kann eine Verfügung für einen Arzt ein wichtiges Indiz sein, weil erkennbar ist, dass sich ein Patient – im Idealfall gemeinsam mit seinen Angehörigen – Gedanken über das eigene Lebensende gemacht hat.“
Um den mutmaßlichen Patientenwillen herauszufinden, führen Ärzte Gespräche mit dem rechtlichen Vertreter des Patienten (siehe S. 37). Frühere Äußerungen von Patienten wie „Ich hänge sehr am Leben“ oder „Ich möchte noch meinen Urenkel erleben“ liefern Ärzten wichtige Anhaltspunkte dafür, welchen Lebensentwurf diese hatten und welche Werte ihnen wichtig sind. „Doch in Behandlungssituationen am Lebensende müssen Ärzte einschätzen, wie realistisch solche Wünsche sind und ob sie im Alltag noch entsprechend umgesetzt werden können“, erklärt Uwe Janssens.
WER HAT EINE PATIENTENVERFÜGUNG?
Alter und Anteil (Prozent) der Befragten
16 bis 29 Jahre
4 |
37 |
30 bis 44 Jahre
13 |
54 |
45 bis 59 Jahre
27 |
58 |
60 Jahre und älter
51 |
34 |
Habe Patientenverfügung verfasst
Habe das vor
Quelle: Statista
3 FRAGEN ZUR SELBSTREFLEXION
Wer in einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigt wurde, übermittelt Ärzten den mutmaßlichen Willen des Patienten, wenn dieser sich nicht mehr äußern kann.
Persönliche Betroffenheit kann es schwer machen, einen klaren Blick auf den Patientenwillen zu bewahren.
Folgende drei Fragen helfen den Angehörigen und Vertretern der Patientinnen und Patienten, die eigene Rolle in dieser schwierigen Situation zu reflektieren:
1 Was wünschen Sie sich selbst?
2 Was wünschen Sie sich für den Patienten?
3 Was glauben Sie, wünscht sich der Patient?
Quelle: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (divi.de)
Kommen Ärzte zu dem Schluss, dass eine Intensivbehandlung nicht mehr indiziert ist, kann eine palliativmedizinische Versorgung oder Sterbebegleitung richtig sein (siehe „Am Lebensende gut versorgt“ ab S. 61).
Eine entscheidende Rolle kommt dem Patientenvertreter zu, also der Person, die mit Ärzten spricht und den Willen des Patienten übermittelt. „Ein Bevollmächtigter für die Gesundheitssorge ist mindestens so wichtig, wie die Patientenverfügung selbst“, sagt Dr. Benedikt Matenaer, Facharzt für Anästhesie und Palliativmedizin aus Bocholt. Im Idealfall liegt eine Vorsorgevollmacht vor, und der Bevollmächtigte kennt den Inhalt der Patientenverfügung.
Auch Ehepartner, die sich gegenseitig vertreten wollen, benötigen eine Vorsorgevollmacht. Sie sind derzeit nicht automatisch berechtigt, die Interessen des anderen Ehepartners zu vertreten, auch wenn viele davon ausgehen. Seit dem 5. März 2021 gibt es aber einen neuen Aspekt im Hinblick auf die Vorsorgevollmacht: Der Bundestag hat ein Gesetz zum ehelichen Notvertretungsrecht beschlossen. Wer als Ehepartner keine Vorsorgevollmacht hat, um für den anderen handeln zu dürfen, darf trotzdem sechs Monate lang gesundheitliche Entscheidungen für den anderen treffen. Das Gesetz muss noch durch den Bundesrat und ist eventuell ab dem 1. Januar 2023 gültig.
Die Wahl des Bevollmächtigten, sollte gut überlegt sein, und der Bevollmächtigte sollte sich fragen, ob er sich die Aufgabe zutraut. Er sollte auf Augenhöhe mit Ärzten sprechen und die Interessen des Patienten klar vertreten können. Nicht jeder ist solch einer Situation gewachsen. Persönliche Betroffenheit kann einen klaren Blick beeinflussen – etwa aufgrund einer Liebesbeziehung zum Patienten oder einer Kind-Eltern-Situation.
Betroffene, die erlebt haben, dass Ärzte einen Behandlungsabbruch für medizinisch indiziert und sinnvoll erachteten, berichten, dass eine Patientenverfügung sie entlastet und ihnen die Gewissheit gegeben hat, im Interesse des Patienten zu handeln.
Es kann auch passieren, dass Bevollmächtigte eine Patientenverfügung gegenüber Ärzten durchsetzen müssen. Es gibt immer wieder Fälle, in denen vor Gericht über den Patientenwillen gestritten wird – häufig, weil eine Patientenverfügung nicht konkret genug formuliert ist (siehe „Streit über Formulierungen“, S. 24).
Wer sich mit einer Patientenverfügung befasst, sollte sich etwas Zeit nehmen. Medizinische Fragen müssen geklärt und rechtliche Anforderungen beachtet werden. Glaubensfragen können eine Rolle spielen. Über diese Themen informieren wir in diesem Ratgeber. Wenn Sie sich jedoch schon sicher sind, dass Sie eine Patientenverfügung verfassen möchten, können Sie es sich auch einfach machen:
Das Formular für eine Patientenverfügung finden Sie online unter test.de/formular-patientenverfügung. Sie können es ausdrucken und dann ausfüllen oder online ausfüllen und dann ausdrucken.
Mit der Ausfüllhilfe ab S. 18 können Sie Schritt für Schritt die wichtigsten Punkte regeln.
Fragen zu medizinischen Begriffen und Behandlungen am Lebensende können Sie mit Ihrem Hausarzt oder einem Facharzt besprechen.
Dann setzen Sie handschriftlich Datum und Unterschrift ein.
Jederzeit widerrufbar
Eine Patientenverfügung können Sie jederzeit ändern sowie mündlich oder durch schlüssiges Verhalten, etwa Kopfschütteln, widerrufen, solange Sie noch entscheidungsfähig sind.
Mit unserem Formular zur Patientenverfügung können Sie rechtssicher festlegen, für welche Krankheitssituation Sie in bestimmte medizinische Behandlungen einwilligen oder nicht.
Unser Formular zur Patientenverfügung können Sie online unter test.de/formular-patientenverfügung aufrufen. Wenn Sie es nutzen möchten, speichern Sie das Formular am besten auf Ihrer Festplatte und füllen Sie die für Sie wichtigen Punkte dann Schritt für Schritt aus. In diesem Abschnitt finden Sie die Ausfüllhinweise dazu.
Wenn ich,
Tragen Sie an dieser Stelle Ihren vollständigen Namen und Ihre aktuelle Adresse ein. Auch wenn Sie später einmal umziehen sollten, ändert dies nichts an der Wirksamkeit Ihrer Patientenverfügung.
„zur Willensbildung oder verständlichen Äußerung meines Willens nicht mehr in der Lage bin …“
Die Patientenverfügung greift immer erst dann, wenn Sie selbst nicht mehr entscheidungsfähig sind. Solange Sie Ihre gesundheitlichen Belange selbst wahrnehmen können, zählt Ihr geäußerter Wille.
Tipp: Es empfiehlt sich, die Patientenverfügung in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren. Der Grund hierfür ist, dass die Medizin voranschreitet und die Heilmethoden sich ändern. Auch Ihre persönlichen Einstellungen können sich über die Zeit ändern. Daher sollten Sie die Verfügung ab und zu auf den Prüfstand stellen. Es gibt jedoch keine gesetzliche Vorschrift, dass sie aktualisiert werden muss. Auch ist nicht vorgeschrieben, dass bestimmte Zeiträume für Aktualisierungen einzuhalten sind.
Ihre Erkrankung ist so weit fortgeschritten, dass der Sterbeprozess eingesetzt hat. Für diese Zeit sollen folgende Entscheidungen gelten:
1. 1 Wenn Sie an dieser Stelle ein Kreuz machen, stellen Sie sicher, dass nicht in den Sterbevorgang eingegriffen wird.
1. 2 Mit einem Kreuz werden keine Wiederbelebungsversuche vorgenommen, sodass Ihr Sterbevorgang nicht künstlich verlängert wird.
1. 3