Jutta Schmid | Joanna Fietz
Prüfungen
erfolgreich bestehen
im Fach Ökologie
Haupttitel
Autorinnen
PD Dr. Jutta Schmid, Jahrgang 1965, Studium der Biologie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, 1997 Promotion. Mehrere Forschungsprojekte an den Universitäten Hamburg, Ulm, Aberdeen (Schottland), und Hobart (Tasmanien, Australien) im Bereich Stoffwechsel und Thermoregulation bei Kleinsäugern, innerhalb dieser Projekte mehrmonatige Feldaufenthalte in Trocken- und Regenwäldern Madagaskars. Für ein Jahr bei Conservation International in Washington D C auf dem Gebiet Arten- und Umweltschutz tätig. 2010 Habilitation Universität Ulm, Lehrbefugnis für die Fächer Zoologie und Ökologie. 2013–2014 Vertretungsprofessur Universität Ulm für Experimentelle Ökologie der Fakultät für Naturwissenschaften, aktuell am Institut für Evolutionsökologie und Naturschutzgenomik Dozentin Bachelor- und Masterstudiengang Biologie.
PD Dr. Joanna Fietz, Jahrgang 1968, Studium der Biologie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, 1999 Promotion. Im Anschluss an den Universitäten Marburg und Ulm Untersuchung der Ökophysiologie von tropischen und heimischen Winterschläfern, innerhalb dieser Projekte mehrmonatige Feldaufenthalte in den Trockenwäldern Madagaskars. Seit 2009 Lehrbefugnis für die Fächer Zoologie und Ökologie. 2009 Vertretungsprofessur Universität Ulm. Seit 2011 als Privatdozentin an der Universität Hohenheim, aktuell am Institut für Zoologie, in Lehre und Forschung tätig.
Haupttitel
Autorinnen
Vorwort
Einführung und Grundlagen:
Was ist Ökologie?
1 Umweltbedingungen
1.1 Fragen und Antworten
1.2 Zusammenfassung des Themas Umweltbedingungen
1.3 Transferfragen zum Thema Umweltbedingungen
2 Evolutionärer Hintergrund
2.1 Fragen und Antworten
2.2 Zusammenfassung des Themas Evolutionärer Hintergrund
2.3 Transferfragen zum Thema Evolutionärer Hintergrund
3 Individuen
3.1 Fragen und Antworten
3.2 Zusammenfassung des Themas Individuen
3.3 Transferfragen zum Thema Individuen
4 Interaktionen
4.1 Fragen und Antworten
4.2 Zusammenfassung des Themas Interaktionen
4.3 Transferfragen zum Thema Interaktionen
5 Populationsprozesse
5.1 Fragen und Antworten
5.2 Zusammenfassung des Themas Populationsprozesse
5.3 Transferfragen zum Thema Populationsprozesse
6 Lebensgemeinschaften
6.1 Fragen und Antworten
6.2 Zusammenfassung des Themas Lebensgemeinschaften
6.3 Transferfragen zum Thema Lebensgemeinschaften
7 Ökosysteme
7.1 Fragen und Antworten
7.2 Zusammenfassung des Themas Ökosysteme
7.3 Transferfragen zum Thema Ökosysteme
8 Angewandte Aspekte
8.1 Fragen und Antworten
8.2 Zusammenfassung des Themas Angewandte Aspekte
8.3 Transferfragen zum Thema Angewandte Aspekte
Literaturverzeichnis
Impressum
Vorwort
Das vorliegende Buch soll Studierenden der Lebenswissenschaften die Möglichkeit geben, anhand der hier gestellten Fragen ihr Wissen im Fach Ökologie zu strukturieren, zu überprüfen, passives in aktives Wissen umzuwandeln, Kenntnislücken zu erkennen und nicht zuletzt Prüfungen erfolgreich zu bestehen. Gleichzeitig wollen wir mit unserem Buch dazu beitragen, den Studierenden eine einprägsame Übersicht über die unterschiedlichen Teilgebiete der Ökologie zu vermitteln. Dies geschieht mithilfe von Verständnisfragen und ausführlichen Antworten über die wesentlichen Grundlagen. Die Fragen, die unser Buch strukturieren, bilden die wesentlichen Inhalte des Faches ab. Ihnen werden Sie auch in Prüfungen begegnen. Für komplexere und umfassendere Aspekte der Ökologie ist jedoch ein vertieftes Studium der einschlägigen Literatur unerlässlich. Folgende Standardwerke der Ökologie sind dabei besonders relevant (die vollständige Bibliografie finden Sie im Literaturverzeichnis): Begon, Townsend und Harper (2005); Molles (2012) sowie Smith und Smith (2009).
Die einzelnen Themenbereiche haben wir mit Wissen aus Lehrbüchern angrenzender Fachgebiete entsprechend ergänzt: Heldmaier und Neuweiler (2004); Kappeler (2012) sowie Stearns und Hoekstra (2005).
Um ein intensiveres Studium der entsprechenden Themengebiete zu ermöglichen, verweisen wir zudem an den entsprechenden Stellen in unserem Buch auf Publikationen aus Fachzeitschriften. Bei der Fülle an ökologischen Themen können wir jedoch nicht alle bis ins Detail abdecken. Daher haben wir, mit bestem Wissen und Gewissen und teilweise aufgrund persönlicher Interessen, im vorliegenden Buch bei der Auswahl der Fragen Prioritäten gesetzt. Dessen ungeachtet haben wir versucht, die wesentlichen Themenspektren des Fachgebiets Ökologie in unserer Fragensammlung zu berücksichtigen.
Das Buch besteht aus acht thematisch aufeinander abgestimmten Kapiteln. Dabei beginnt jedes dieser Kapitel mit einem Beispiel oder einem „ökologischen Puzzle“, welches die zentralen und anschließend aufgeführten Themenbereiche beispielhaft darstellt. Hierbei haben wir aktuelle Themen der Ökologie aufgegriffen und in den meisten Fällen Beispiele aus der heimischen Tier- und Pflanzenwelt gewählt, die dem aufmerksamen Naturliebhaber bekannt sein sollten. Danach stellen wir allgemeine, aber auch detaillierte Fragen und beantworten diese ausführlich. Für ein besseres Verständnis der jeweils abgehandelten Thematik führen wir zahlreiche Beispiele an. Im Anschluss daran nehmen wir die einzelnen Themenbereiche wieder auf und fassen sie zusammen. Zur ergänzenden Lernzielkontrolle und damit der Leser überprüfen kann, ob er das in den jeweiligen Kapiteln gelernte Wissen auch auf andere Bereiche übertragen kann, stellen und beantworten wir am Ende eines jeden Kapitels Transferfragen zu der jeweiligen Thematik. Unsere lieben Freunde und Kollegen Joachim F. Burkhardt, Kathrin H. Dausmann, Julian Glos, Mirjam Knörnschild, Gerhard Maier, Johannes Steidle und Jürgen Tomiuk haben sich die Mühe gemacht und unsere Fragen nochmals kritisch unter die Lupe genommen. Ihnen wollen wir hier ganz herzlich danken! Besonders danken wir unserer Lektorin Sabine Mann und den Mitarbeitern vom Ulmer Verlag für ihren motivierenden Enthusiasmus und ihre Flexibilität gegenüber unseren Konzeptvorstellungen und der thematischen Ausrichtung dieses Buches.
Stuttgart/Ulm, Januar 2016
Joanna Fietz, Jutta Schmid
Einführung und Grundlagen:
Was ist Ökologie?
Was genau versteht man eigentlich unter Ökologie? Betrachten wir die Wortbedeutung, so leitet sich der Begriff „Ökologie“ von den griechischen Wörtern oikos (Haus, Haushalt) und logos (Lehre) ab. Das bedeutet, Ökologie ist die „Lehre vom Haushalt“. Fragen wir nach der Definition von Ökologie, denken wir an den deutschen Zoologen Ernst Haeckel (1834–1919), der als enthusiastischer Anhänger von Charles Darwin (1809–1882) im Jahr 1866 den Begriff „Ökologie“ erstmals geprägt hat: „Unter Oecologie verstehen wir die gesamte Wissenschaft von den Beziehungen des Organismus zur umgebenden Außenwelt, wohin wir im weiteren Sinne alle ‚Existenzbedingungen‘ rechnen können“ (Haeckel 1866). Viele bedeutende Wissenschaftler haben seither die Definition von Ökologie unter verschiedenen Blickrichtungen modifiziert und konkretisiert. So erklärt beispielsweise der Ökologe und Limnologe Hartmut Bick (1998) Ökologie als „die Wissenschaft vom Stoff- und Energiehaushalt der Biosphäre und ihrer Untereinheiten (z.B. Ökosysteme) sowie von den Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Organismen, zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren sowie zwischen den einzelnen unbelebten Umweltfaktoren“. Um diese teilweise doch recht abstrakten Definitionen anschaulicher zu machen und gleichzeitig die Faszination und die Bedeutung der Ökologie zu vermitteln, ist es vielleicht besser zu fragen, mit was sich Ökologen beschäftigen oder was sie interessiert.
Tatsächlich haben sich die frühen Ökologen hauptsächlich mit der geographischen Verbreitung und Abundanz von Organismen auseinandergesetzt. Dabei waren die Themengebiete häufig angewandter Natur, wie beispielsweise die Frage, wie viel Nahrung maximal aus natürlichen Lebensräumen über einen längeren Zeitraum hinweg wiederholt entnommen werden kann oder wie man Krankheitserreger erfolgreich bekämpft. In den letzten 50 Jahren hat die Ökologie, neben ihrer zentralen Bedeutung in der Umweltschutzbewegung, ihre Forschungsfelder insbesondere in der Grundlagenforschung jedoch erheblich erweitert und vertieft. Neue Teildisziplinen, wie beispielsweise die Ökophysiologie, welche physiologische Anpassungen und Reaktionen eines Organismus auf seine Umwelt untersucht, oder die Ökosystemforschung, die sich mit Stoffflüssen innerhalb von Ökosystemen beschäftigt, traten vermehrt in den Vordergrund.
Aufgrund der komplexen Interaktionen innerhalb eines Ökosystems und der daran beteiligten physikalischen und chemischen Prozesse hat die Ökologie zahlreiche Schnittstellen mit anderen Naturwissenschaften, wie der Physik, der Chemie und den Geowissenschaften. Um das Zusammenspiel von Organismen mit ihrer Umwelt besser und umfassender zu verstehen, ist zudem die Verknüpfung mit Fachrichtungen innerhalb der Lebenswissenschaften, wie Physiologie, Evolutionsbiologie, Genetik, Verhaltensbiologie oder Biochemie, unerlässlich. Am anschaulichsten wird dieser interdisziplinäre Rahmen an einem einfachen Beispiel: Nehmen wir einmal an, Sie führen eine wissenschaftliche Studie durch, deren Ziel es ist, zu verstehen, wodurch die Abundanz und die geographische Verbreitung der bei uns besonders gefährdeten Haselmaus (Muscardinus avellanarius) beeinflusst werden. Zunächst einmal werden Sie eine Monitoringstudie durchführen, bei der Sie untersuchen, wo diese Art überhaupt vorkommt und aus wie vielen Individuen die Populationen der unterschiedlichen Standorte bestehen. Um zu erfahren, welche Ressourcen für diese Art von zentraler Bedeutung sind, ist es zudem notwendig, Verhaltensbeobachtungen durchzuführen. Anhand dieser Verhaltensbeobachtungen werden Sie z.B. erfahren, was genau die Haselmaus zu unterschiedlichen Jahreszeiten frisst, wo sie ihre Ruhephasen verbringt und wie sie ihre Jungtiere aufzieht, also welche Schlüsselressourcen sie benötigt, um zu überleben und sich zu reproduzieren. Ebenso sind wir aber auch auf Kenntnisse aus der Physiologie über Stoffwechselprozesse und Thermoregulation angewiesen, um zu verstehen, bei welchen klimatischen Bedingungen diese Art physiologisch an ihre Grenzen stößt. Nur so können wir den Winterschlaf und den Tagestorpor der Haselmaus als physiologische Anpassung an Kälte und Nahrungsknappheit im Detail erforschen. Für das Durchführen von Schutzmaßnahmen, die es dieser besonders geschützten Art ermöglichen soll, in unserer Landschaft zu überleben, benötigen wir zudem Kenntnisse aus den Bereichen der Geographie und der Klimatologie. Mit diesen Informationen können wir analysieren und Modelle entwickeln, in welchen Gebieten diese Art potentiell vorkommen könnte, auch wenn sie an diesen Stellen eventuell lokal ausgestorben ist. Die Evolutionsbiologie vermittelt als weitere Wissenschaftsdisziplin das Verständnis für die Mechanismen der evolutiven Veränderungen und der natürlichen Selektion wonach nur jene Individuen überleben und sich erfolgreich fortpflanzen, welche Merkmale aufweisen, die unter den vorherrschenden sich aber ständig ändernden Umweltbedingungen von Vorteil sind. So kann man davon ausgehen, dass die Klimaerwärmung in den nächsten Jahrzehnten insbesondere auf das Überleben kleiner winterschlafender Arten einen bedeutsamen Einfluss haben wird. Zu guter Letzt müssen wir aber auch den Einfluss des Menschen bei unseren Studien mit berücksichtigen. Durch die hohe Bevölkerungsdichte und die damit einhergehende Intensivierung der Landnutzung werden die natürlichen Lebensräume der Haselmaus in großem Maße zerstört. Zur Bewahrung der biologischen Artenvielfalt setzt sich die Naturschutzökologie daher für die Wiederherstellung und den Schutz gefährdeter Lebensräume mit ihren Lebensgemeinschaften ein. Dieses simple Beispiel macht deutlich, dass die Ökologie zahlreiche Schnittstellen mit anderen Wissenschaftsdisziplinen hat und Ökologen sowohl angewandte Forschung als auch Grundlagenforschung betreiben.
In erster Linie ist der Ökologe ein Wissenschaftler, der, wie andere Wissenschaftler auch, Fragen stellt. Er formuliert Hypothesen, beobachtet, führt Experimente durch und sammelt Daten, die er statistisch analysiert und, wenn möglich, zu Modellen entwickelt, die ihm Vorhersagen erlauben. Forschen ist ein stetiger Prozess, um Erklärungen für die Vielfalt an Naturphänomenen zu finden und diese in einen Gesamtzusammenhang zu stellen. In der heutigen Zeit ist es uns möglich, viele der früher nur im Labor nutzbaren Techniken und Methoden auch im Freiland erfolgreich einzusetzen. Letzten Endes ist die ökologische Forschung, egal ob mittels Labor- oder Freilandexperimenten, für die Beantwortung aktueller Umweltfragen von großer Bedeutung und macht dem interessierten Ökologen schlicht und einfach auch Spaß.
1 Umweltbedingungen
Bei manchen Arten haben wir den Eindruck, sie würden eigentlich überall vorkommen und hätten keine besonderen Ansprüche an ihren Lebensraum. Trotzdem sollten wir uns klarmachen, dass alle Arten auf dem größten Teil der Erde nicht vorkommen und die jeweiligen geographischen Verbreitungsmuster sehr spezifisch sind. So hat jede Art ganz bestimmte Bedürfnisse bezüglich der Ressourcen, die sie benötigt, und der klimatischen Bedingungen, um zu überleben und sich erfolgreich zu reproduzieren. Betrachten wir beispielsweise die Kohlmeise (Parus major), eine Art, die bei uns relativ weit verbreitet ist. Kleine Endotherme, wie die Kohlmeise, haben aufgrund ihrer geringen Körpergröße eine relativ große Körperoberfläche über die sie, insbesondere bei niedrigen Umgebungstemperaturen, viel Energie in Form von Wärme verlieren. Sie müssen daher bei tiefen Umgebungstemperaturen zusätzliche Energie zur Wärmeproduktion verwenden und geraten schneller als große Endotherme an die Grenzen ihrer Regulationsmöglichkeiten. Folglich sind vor allem kleine Endotherme, wie die Kohlmeise in unserem Beispiel, in ihrer geographischen Ausbreitung durch klimatische Faktoren limitiert und können in Gebieten, in denen ihre thermoregulatorischen Kosten nicht durch Futteraufnahme kompensiert werden, nicht vorkommen. Kohlmeisen sind typische Höhlenbrüter und daher für die Fortpflanzung auf das Vorkommen von geeigneten Baumhöhlen angewiesen. Eine geeignete Baumhöhle ist trocken und schützt die Brut durch einen relativ engen und tiefen Eingang vor potentiellen Nesträubern, wie z.B. Mardern (Mustelidae), Spechten (Picidae) und Rabenvögeln (Corvidae). Eine solche Baumhöhle stellt eine limitierte Ressource dar und die Kohlmeisen konkurrieren sowohl mit anderen Kohlmeisen, als auch mit anderen Höhlenbrütern, wie z.B. mit Kleibern (Sitta europaea), um diese kostbare Ressource. Natürlicherweise kommen solche Höhlen aber nur in relativ alten Baumbeständen vor. Für den Nestbau benötigt die Meise Moos, Tierhaare, Federn und Halme, und um ihre Jungen erfolgreich großzuziehen, proteinreiches Futter, wie z.B. Blattläuse, Raupen und Spinnen, die ebenfalls in Bäumen und Büschen zu finden sind. Während der Jungenaufzucht sind beide Meiseneltern pausenlos im Einsatz, um ausreichend Futter einzutragen und kommen in Spitzenzeiten im Minutentakt zum Füttern an die Bruthöhle. Stehen die Bäume mit den Nahrungsressourcen in großer Distanz zueinander, müssen die Meisen weite Strecken beim Eintragen des Futters zurücklegen und verbrauchen dabei entsprechend viel Energie. Sind diese Distanzen zu groß, kann es sein, dass die Meisen nicht ausreichend Futter für ihre Jungtiere eintragen können und diese verhungern. Ältere Laubmischwälder bieten Meisen daher einen geeigneten Lebensraum, da sie hier die für ihre Fortpflanzung notwendigen Ressourcen finden.
Abiotische Umweltfaktoren, wie z.B. Umgebungstemperatur, Niederschlag und Bodenqualität, bilden die Rahmenbedingungen für das Vorkommen von pflanzlichen und tierischen Organismen. Pflanzliche Organismen bestimmen Struktur und Vielfalt der Vegetation und damit Mikroklima und Ressourcenverfügbarkeit (z.B. von Futter, Nistplätzen und Prädationsschutz), welche in Folge die Vielfalt tierischen Lebens beeinflussen.
1.1 Fragen und Antworten
1.1.1 Umweltfaktoren und Ressourcen
A Was sind Umweltfaktoren?
Umweltfaktoren können in abiotische (unbelebte) und biotische (belebte) Umweltfaktoren eingeteilt werden. Unter abiotischen Umweltfaktoren versteht man die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Umwelt, wie z.B. Temperatur, Feuchtigkeit, Lichtintensität oder pH-Wert, die Individuen oder Populationen beeinflussen. Biotische Umweltfaktoren sind Wechselwirkungen oder Interaktionen zwischen Individuen wie beispielsweise Nahrungs-, Feind-, Konkurrenz- oder Fortpflanzungsbeziehungen (s. Abb. 1.1).
Abb. 1.1: Eine Auswahl abiotischer (orange) und biotischer (grau) Umweltfaktoren am Beispiel einer Feldmaus (Microtus arvalis).
S Die Abgrenzung von abiotischen und biotischen Umweltfaktoren ist nicht immer eindeutig. Warum?
Abiotische und biotische Umweltfaktoren können nicht immer eindeutig unterschieden werden, da es bei indirekten Wechselwirkungen teilweise Übergänge gibt. Ein anschauliches Beispiel hierfür sind großblättrige Pflanzen, die durch die Beschattung des Bodens den Umweltfaktor Licht und somit das Wachstum niederwüchsiger Pflanzen einschränken. Somit wird die Konkurrenz (biotischer Umweltfaktor) um den Raum durch den Faktor Licht (abiotischer Umweltfaktor) beeinflusst.
D Was sind Ressourcen?
Alles was ein Organismus konsumiert, d.h. nutzt, umwandelt und verbraucht, wird als Ressource bezeichnet. Ressourcen lebender Organismen sind u.a. Stoffe, aus denen ihre Körper bestehen, Energie, die für ihre Aktivitäten benötigt wird (z.B. Kohlenstoffdioxid CO2 Sonnenstrahlen, Sauerstoff O2, Mineralstoffe, Nahrung, Wasser) oder aber auch Raum, (z.B. Territorien oder Nistplätze), in dem sich ihre Lebenszyklen abspielen. So sind beispielsweise für die Fotosynthese betreibenden grünen Pflanzen Sonnenlicht, CO2, Wasser und mineralische Nährstoffe wichtige Ressourcen. Herbivore Tierarten dagegen nutzen bereits gewachsene Pflanzen als Nahrungsressource.
F Was unterscheidet Ressourcen von Umweltfaktoren?
Ressourcen werden im Gegensatz zu Umweltfaktoren von Organismen verbraucht.
G Was bestimmt den Wert einer Ressource für einen Konsumenten?
Für einen Konsumenten errechnet sich der Wert z.B. einer Nahrungsressource durch deren Energiegehalt sowie durch den für deren Beschaffung nötigen Energieaufwand. So sind viele Nahrungsressourcen gegen Angriffe geschützt, wie beispielsweise durch die stacheligen Blätter der Stechpalme (Ilex aquifolium), durch die Stacheln von Igeln (Erinaceidae) oder auch durch chemische Verteidigungsmechanismen vieler Tiere und Pflanzen, was ihre Nutzung als Nahrungsressource schwieriger macht.
H Warum konkurrieren Individuen um Ressourcen?
Um die Bedürfnisse von Individuen einer Population zu decken, werden Ressourcen verbraucht. Da Ressourcen häufig nur begrenzt vorhanden sind, wird um sie konkurriert (s. Kap. 4).
1.1.2 Temperatur, atmosphärische Zirkulation und Niederschlag
A Worauf beruhen die klimatischen Unterschiede der Erde hauptsächlich?
Der Großteil der klimatischen Unterschiede der Erde kommt durch die ungleiche Erwärmung der Erde durch die Sonne zustande. Die Erde rotiert um die Sonne und um ihre eigene Achse, die durch den Nord- und Südpol verläuft. Dabei steht die Erdachse nicht senkrecht zu ihrer Umlaufbahn um die Sonne, sondern ist um 23,5° geneigt (Schiefe der Ekliptik). Als Folge wird die Erdoberfläche ungleich durch die Sonne erwärmt. An den polnahen Regionen wird aufgrund des flacheren Einfallswinkels der Solarstrahlung das Strahlungsbündel über eine größere Fläche verteilt. Gleichzeitig muss die Strahlung der Sonne, wenn sie in einem flachen Winkel auf der Erde auftritt, eine Luftschicht mit einer größeren Zahl molekularer Teilchen durchdringen, welche die Sonnenstrahlen stärker reflektieren bzw. absorbieren. Im Bereich des Äquators hingegen trifft die Solarstrahlung mehr oder weniger senkrecht und über eine kleinere Fläche verteilt auf die Erdoberfläche. Der Energieeintrag pro Fläche ist daher deutlich höher. Dadurch sind die jährlichen Durchschnittstemperaturen in den Tropen nahe dem Äquator am höchsten und nehmen zu den Polen hin ab (s. Abb. 1.2). Die Schiefe der Erdachse führt zu einer unterschiedlichen Einstrahlung der Sonne auf die Nord- und Südhalbkugel und ist dadurch für die jahreszeitlichen Schwankungen von Temperatur und Tageslänge verantwortlich.
Abb. 1.2: Solarstrahlung auf die Erde. Im Bereich des Äquators trifft die Strahlung senkrecht auf und die gleiche Energiemenge verteilt sich auf eine kleinere Fläche als an den polnahen Regionen. An den Polen ist der Einfallswinkel flacher und die Strahlung wird auf eine größere Fläche verteilt und ist daher weniger intensiv (verändert nach Smith und Smith 2009).
S Was ist der natürliche Treibhauseffekt und wie beeinflusst er das Energiegleichgewicht der Erde?
Die Erde nimmt die Sonnenenergie in Form kurzwelliger Strahlen auf, und die Erdoberfläche erwärmt sich. Die erwärmten Land- und Wasserflächen geben wiederum langwellige Strahlung an die Atmosphäre ab, wovon aber nur ein kleiner Teil ins Weltall entweicht. Der Großteil der Strahlung wird durch Wasserdampf, CO2 und andere Treibhausgase in der Atmosphäre gespeichert. Diese gespeicherte Energie wird teilweise wieder zur Erdoberfläche zurückgestrahlt und erzeugt dadurch den natürlichen Treibhauseffekt. Ohne den natürlichen Treibhauseffekt würde die mittlere Oberflächentemperatur der Erde anstatt der lebenserhaltenden +15 °C lediglich –18 °C betragen. Aufgrund dieser Umwandlung von kurzwelliger Solarstrahlung in langwellige Rückstrahlung aus der Atmosphäre zur Erdoberfläche wird verloren gegangene Energie durch gewonnene Energie ausgeglichen (globales Energiegleichgewicht).
D Wie kommt die globale Zirkulation der Luftmassen zustande und welche Auswirkungen hat dabei der Corioliseffekt?
Die unterschiedliche Erwärmung von Erdoberfläche und Atmosphäre bewirkt die Zirkulation der Luftmassen und beeinflusst die Verteilung des Niederschlags. Die erwärmte Luft der Äquatorregion steigt aufgrund ihrer geringen Dichte auf und kühlt dabei ab. Durch das Abkühlen kondensiert die Luftfeuchtigkeit und fällt als Niederschlag zurück auf die Erde. Anschließend fließen die nun relativ trockenen Luftmassen nach Norden und Süden ab. Auf ihrem polwärts gerichteten Weg kühlt die Luft ab, wird aufgrund ihrer höheren Dichte schwerer, sinkt zur Erdoberfläche ab und fließt zum Äquator zurück. Dort ersetzt sie die zuvor aufgestiegene Luft. Aufgrund der Erdrotation und den damit verbundenen unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Erdoberfläche je nach geographischer Breite, werden diese oberflächennahen Luftmassen jedoch abgelenkt und der direkte Luftstrom von den Polen zum Äquator wird verhindert. Dabei werden die Luftmassen auf der Nordhalbkugel nach rechts und auf der Südhalbkugel nach links abgelenkt. Diese Ablenkung von Luftmassen wird als Corioliseffekt bzw. Coriolisbeschleunigung bezeichnet. Dadurch entstehen eine Reihe von Windgürtel, die entsprechend ihrer Himmelsrichtung benannt sind (z.B. polare Ostwinde, Westwinddrift, Nordostpassat). Diese Windgürtel unterteilen den Zustrom von Oberflächenluft zum Äquator und den Höhenstrom zu den Polen in drei Luftzirkulationszellen pro Hemisphäre (Hadley-Zelle, Ferrel-Zelle und Polarzelle, s. Abb. 1.3).
Abb. 1.3: Die Zellen der Luftzirkulation (Hadley-, Ferrel- und Polarzelle) bei einer rotierenden Erde.
F Klimaveränderungen bestimmen maßgeblich die Struktur und Artenvielfalt von Tier- und Pflanzengemeinschaften. Wie kann man historisch aufgetretene Klimaschwankungen nachweisen?
Pollenanalysen geben Aufschluss darüber, welche Pflanzengemeinschaften wann und wo vorgekommen sind. Dabei wird der in Sedimenten eingelagerte Blütenstaub von Pflanzen analysiert, wodurch auf die Zusammensetzung vorzeitlicher Pflanzengemeinschaften geschlossen werden kann. Pollen und Sporen sind aufgrund ihrer wachsartigen Außenschicht äußerst zerstörungsresistent und können mikroskopisch den jeweiligen Pflanzenarten zugeordnet werden. In Pollendiagrammen werden die prozentualen Anteile der Pollen einzelner Taxa zusammengefasst. Diese sind für jeden Zeitabschnitt in der Erdgeschichte spezifisch und erlauben somit eine Rekonstruktion der Vegetationsentwicklung. Aufgrund der ökologischen Ansprüche der Arten kann dann auf das jeweils vorherrschende Klima geschlossen werden. Mithilfe der Pollenanalyse wurde beispielsweise die nacheiszeitliche Waldentwicklung Nord- und Mitteleuropas rekonstruiert.
Ein weiteres, wichtiges Verfahren zur Altersbestimmung von biologischen und geologischen Proben, ist die Radiokarbonmethode (14C-Methode). Grundlage hierfür ist die Tatsache, dass das in der Atmosphäre natürlicherweise vorkommende radioaktive Kohlenstoffisotop 14C durch die Fotosynthese und durch die Aufnahme organischer Nahrung in Lebewesen eingebaut wird. Nach dem Tod wird kein 14C mehr zugeführt und das radioaktive Isotop zerfällt. Aufgrund der bekannten Halbwertszeit von 14C und dem Gehalt von 14C in einer Probe, lässt sich daher das Alter der Probe mithilfe von Kalibrierungskurven präzise bestimmen. Die Radiokarbonmethode eignet sich für Altersbestimmungen von 300 bis 50.000 Jahre.
G Was versteht man unter „historischen Faktoren“, welche die Zusammensetzung und Verteilungsmuster von Organismen bestimmen?
Unter „historischen Faktoren“ versteht man langfristige Umweltveränderungen, welche die Vegetationsentwicklung und das Vorkommen verschiedener Tierarten und Tiergemeinschaften beeinflussen. Langfristige Rhythmen des Klimas, wie beispielsweise Eiszeiten (Glaziale) und die damit verbundenen Bewegungsmuster großer Gletscher, bewirken einen Rückzug der verschiedenen Organismenarten, die dann später nach dem Eisrückzug in einer anderen Artenkombination wieder in die frei gewordenen Lebensräume vorrücken. So drang z.B. in Mitteleuropa die skandinavische Vereisung bis in die norddeutsche Tiefebene vor und arktische Arten wie das Rentier (Rangifer tarandus) dehnten ihren Lebensraum bis zu den Pyrenäen aus.
Durch die Kontinentaldrift haben sich Kontinente in ihrer Lage zueinander verändert. So ist sich beispielsweise die Tierwelt in Nordamerika und Europa ähnlicher als die von Südamerika und Afrika, da letztere schon seit 80 Millionen Jahren voneinander getrennt sind. Zwischen den Kontinenten Nordamerika und Europa dagegen bestand bis vor ca. 40 Millionen Jahren noch eine Landbrücke.
Eine Ausbreitung von Arten kann auch erschwert werden, wenn sich durch das Aufeinandertreffen von Kontinentalplatten Gebirge bilden, die je nach Ausrichtung und Höhe Barrieren darstellen. Ein weiterer „historischer Faktor“ ist die Verinselung und die damit einhergehende räumliche Isolation von Lebensräumen, welche die Artenvielfalt beeinflusst (s. Kap. 6.1.2, Frage 5).
H Was ist die innertropische Konvergenzzone (ITCZ) und was verursacht sie?
Angetrieben durch das Aufsteigen warmer Luft in der Nähe des Äquators, bewirken die atmosphärischen Luftzirkulationszellen die Entwicklung des Nordostpassats nördlich des Äquators und des Südostpassats südlich vom Äquator (s. Frage 3). Den Bereich des Äquators, an dem diese beiden Luftströmungen zusammentreffen, bezeichnet man als innertropische Konvergenzzone (ITCZ). Diese Region zeichnet sich durch hohe Niederschlagsmengen aus (s. Abb. 1.4). Die ITCZ wandert entsprechend der Veränderungen des Sonnenstandes und den jeweils höchsten Oberflächentemperaturen in Bereiche nördlich bzw. südlich des Äquators. Im nördlichen Sommer verschiebt sich die ITCZ nach Norden und hinterlässt dem Südwinter trockenes Wetter. Im nördlichen Winter wandert sie südwärts und bringt dem Südsommer Regen. Aufgrund dieser jahreszeitlichen Wanderung der ITCZ entstehen auch die Regen- und Trockenzeiten in den Tropen.
Abb. 1.4: Die innertropische Konvergenzzone (ITCZ).
J Was versteht man unter dem Phänomen El Niño und welche Auswirkungen hat es?
Das Phänomen El Niño ist eine im Abstand mehrerer Jahre im Winter auftretende Klimarhythmik und hängt mit dem Wechsel der innertropischen Strömungen im Pazifischen Ozean zusammen. In normalen Jahren treiben die Passatwinde das warme und nährstoffarme Oberflächenwasser der tropischen Ozeanbereiche entlang des Äquators nach Westen und bringen das kalte und nährstoffreiche Tiefenwasser an der Küste Perus zum Aufsteigen. Aufgrund des warmen Wassers des Westpazifiks steigt die feuchte Meeresluft auf und es kommt in dieser Region zu starken Regenfällen. Entlang der Küste Perus hingegen führt das kühle Wasser des Ostpazifiks zu relativ trockenen Bedingungen. Während eines El-Niño-Ereignisses schwächen sich die Passatwinde ab und es fließt weniger Oberflächenwasser nach Westen. Infolgedessen verringert sich der Auftrieb des tiefen Kaltwassers und die oberen Schichten des Ostpazifiks erwärmen sich. Die Regengebiete dehnen sich mit dem warmen Wasser in Richtung Osten aus, wodurch es zu Überschwemmungen in Peru und zu Dürren in Indonesien und Australien kommt. Aufgrund der fehlenden nährstoffreichen Kaltwasserzonen in den Küstengebieten Perus und Ecuadors fallen die dortigen, sonst großen Fischbestände aus, was drastische wirtschaftliche Einbußen zur Folge hat.
K Erläutern Sie den globalen Wasserkreislauf. Was ist die treibende Kraft?
Beim globalen Wasserkreislauf gelangt Wasser von der Atmosphäre zur Erdoberfläche und dann wieder zurück in die Atmosphäre (s. Abb. 1.5). Treibende Kraft hierfür ist die Solarstrahlung, welche die Erdatmosphäre erwärmt und die erforderliche Energie für die Verdunstung des Wassers liefert. Der in der Atmosphäre zirkulierende Wasserdampf gelangt in Form von Niederschlag (Regen, Schnee, Hagel) zur Erdoberfläche zurück. Dabei fällt ein Teil des Wassers direkt auf Wasserflächen, ein Teil fällt auf die Erde und versickert und ein weiterer Teil wird von der Vegetation zurückgehalten. Die Benetzung der Pflanzen durch das Niederschlagswasser wird als Interzeption bezeichnet. Das versickernde Wasser sammelt sich zum Teil als Grundwasser, welches sich unterirdisch einen Weg zu Quellen und Bachläufen sucht und schließlich ins Meer gelangt. Durch Verdunstung des Wassers aus den oberen Erdschichten und von Wasserflächen (Evaporation) und der Verdunstung durch die Pflanzen (Transpiration) kehrt das Wasser wieder in die Atmosphäre zurück.
Abb. 1.5: Schema der wesentlichen Vorgänge des globalen Wasserkreislaufs.
1.1.3 Vegetationsstruktur und Boden
A Welche Faktoren beeinflussen Absorption und Reflexion der Solarstrahlung durch die Vegetation?
Die Menge der Solarenergie, die durch das Kronendach eines Waldes dringt, schwankt mit der Größe der Blattfläche der dort vorkommenden Bäume. Neben der Blattgröße und -dichte beeinflussen aber auch die Stellung und die Wuchsrichtung der Blätter die Menge der absorbierten bzw. reflektierten Solarstrahlung. Je senkrechter Sonnenstrahlen auf die Blattoberfläche auftreffen, desto mehr Strahlungsenergie kann das Blatt aufnehmen. Mit Ausnahme der Tropen verändert sich jedoch der Sonnenstand sowohl im Tagesverlauf als auch mit den Jahreszeiten stark und beeinflusst somit auch die Menge der auftreffenden Solarstrahlung.
S Wie unterscheiden sich spezialisierte Sonnen- und
Schattenblätter eines Baumes voneinander?
Viele Bäume bilden, je nachdem, ob sie in lichtexponierten oder beschatteten Bereichen angelegt werden, unterschiedliche Blatttypen aus. Dabei sind Sonnenblätter aus dem oberen Kronenbereich dicker und haben mehrere Zellschichten mit vielen Chloroplasten, welche die einfallende Solarstrahlung in chemische Energie umsetzen. Im Gegensatz dazu sind Schattenblätter der unteren Regionen dünner und enthalten weniger Chloroplasten. Obwohl sie lediglich diffuse und gefilterte Strahlung absorbieren, ergänzen sie die Fotosyntheseleistung der Sonnenblätter aus dem Kronenbereich.
D Was verstehen Sie unter Thermotropismus?
Für die meisten Regionen außerhalb der Tropen verändert sich die Sonneneinstrahlung im Tagesverlauf wie auch mit den Jahreszeiten. Einige Pflanzenarten zeigen Anpassungen an diese Veränderungen und können ihre Blätter bewegen und somit den Umfang der auftreffenden Solarstrahlung regulieren. In heißen und trockenen Regionen beispielsweise verringert eine schräge Blattstellung die hohe Strahlungsintensität während der Mittagsstunden, wenn die Umgebungstemperatur und der Wasserverlust am höchsten sind. Eine solche Veränderung der Blattstellung von ortsgebundenen Pflanzen aufgrund von Sonneneinstrahlung und Umgebungstemperatur bezeichnet man als Thermotropismus. Auch beim Kompass-Lattich (Lactuca serriola) kann man solch eine Anpassung beobachten. Der Name dieser Pflanze rührt daher, dass sie ihre Blätter aufrecht entlang der Nord-Süd-Achse ausrichtet, wodurch die Blattoberflächen nach Osten und Westen zeigen. Diese besondere Blattstellung schützt die Blattspreiten vor der kräftigen Sonneneinstrahlung am Mittag und verringert dadurch deren Erwärmung und die Verdunstung. Während des weniger intensiven Sonnenlichts des Vor- und Nachmittags sind die Blattoberflächen dem Sonnenlicht jedoch voll ausgesetzt.
F Was ist Boden?
Unter Boden versteht man die oberste, belebte Verwitterungsschicht der Erdkruste, die unter dem Einfluss von Klima und Lebewesen entstanden ist. Boden stellt einen wichtigen Faktor im Wasserkreislauf dar und dient Pflanzen zur Verankerung und als Nährstoffreservoir. Gleichzeitig ist Boden Lebensraum vieler Pflanzen, Tiere, Pilze und Bakterien.
G Wie bildet sich Boden und welche Faktoren beeinflussen die Bildung von Boden?
Im Laufe der Erdgeschichte verwitterten die Oberflächen von Gesteinen und Mineralien und bildeten eine Vielfalt von Bodentypen. Dabei unterscheidet man die mechanische Verwitterung (physikalische Verwitterung), bei der Gesteine und Mineralien durch die Einwirkung von Wasser, Wind und Temperatur in Bruchstücke zerkleinert werden. Bei der chemischen Verwitterung werden diese Bruchstücke durch chemische Reaktionen mit Wasser, Sauerstoff und Säuren weiter zersetzt.
Die Bodenbildung wird durch die physikalische und chemische Beschaffenheit des Ausgangsgesteines bestimmt. Die klimatischen Verhältnisse beeinflussen die Bodenbildung durch Temperatur und Niederschläge. Außerdem spielen biotische Faktoren wie Pflanzen, Tiere und Bakterien bei der Entwicklung der Böden eine entscheidende Rolle. So können beispielsweise Pflanzen durch ihre Wurzeln am Aufbruch des Gesteines beteiligt sein, gleichzeitig aber auch den Boden gegen Erosion stabilisieren. Ein weiteres Beispiel sind Bodenorganismen, die totes organisches Material ab- und umbauen und mit den mineralischen Bestandteilen des Verwitterungsprozesses den Humus bilden. Das Relief einer Landschaft beeinflusst das Ausmaß der Erosion und den Wassergehalt des Bodens. Letztlich ist die Zeit ein für die Bodenbildung ganz entscheidender Faktor.
H Warum wäre ohne Boden die Ausbildung der heutigen Landvegetation unmöglich?
Die verschiedenen Bodentypen stellen eine für das Pflanzenwachstum notwendige Quelle von gespeichertem Wasser und einen Vorrat an mineralischen Nährstoffen dar. Gleichzeitig ist es eine Trägersubstanz, die es den Pflanzen ermöglicht ihre Wurzeln zu verankern, aufrecht zu wachsen und ihre Blätter dem Sonnenlicht auszusetzen. Der Boden ist außerdem ein Medium für die Bindung von atmosphärischem Stickstoff durch frei lebende, stickstofffixierende Bodenbakterien wie Azotobacter und Azospirillum, sodass die Pflanzen diesen nutzen können. Durch die Anreicherung von organischem und mineralischem Material im Boden tragen die unterschiedlichen Bodentypen zur Komplexität der Umwelt bei und ermöglichen somit einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren zu leben.
1.1.4 Geographische Verbreitung terrestrischer Biome und Klima
A Was ist ein Biom?
Terrestrische Biome (engl. biome) sind großräumige Lebensgemeinschaften mit den in ihnen lebenden Organismen, die durch ihre Pflanzenwelt abgegrenzt und mit bestimmten Makroklimaten verbunden sind. Entsprechend ihrer jeweiligen dominanten Pflanzenformationen unterscheiden sich die verschiedenen Biome in ihrem Spektrum an Lebensformen voneinander. Zu den großen terrestrischen Biomen gehören beispielsweise tropische Regenwälder der äquatorialen und subäquatorialen Regionen, Steppenlandschaften der gemäßigten Breiten oder die sich rund um die nördliche Polarregion befindliche baumlose Tundra.
S Was verstehen Sie unter Makro- und Mikroklima?
Klimatische Eigenschaften (wie z.B. Niederschlag, Temperatur) werden auf verschiedene räumliche Maßstabsebenen herunter gebrochen. Als Makroklima oder Großklima bezeichnet man globale und regionale Klimamuster wie z.B. das Klima eines Kontinents. Ebenso zu den Makroklimaten zählen auch sehr große Regionalklimate, wie beispielsweise das tropische Regenwaldklima des Brasilianischen Regenwaldes. Als Mikroklima bezeichnet man lokale Klimamuster der bodennahen Luftschichten oder in bestimmten Bodenschichten, die entsprechend der Solarstrahlung, Feuchtigkeit, Luftbewegungen oder Strukturdiversität sehr spezifisch sind. So leben die meisten Organismen unter lokalen mikroklimatischen Bedingungen, die unter Umständen stark vom Makroklima der Region abweichen. Ein klassisches Beispiel ist das Mikroklima in Wüstenregionen, in denen Pflanzen als Schattenspender im Abstand von weniger als nur zwei Metern Temperaturunterschiede von bis zu 25 °C ausbilden können. Tiere, die mobil sind, können diese unterschiedlichen Mikroklimate je nach Bedürfnis nutzen.
D Wie unterscheiden sich tropische Savannen von Wüsten?
Tropische Savannen liegen angrenzend an die inneren (immerfeuchten) Tropen nördlich und südlich des Äquators in den äußeren sommer-feuchten Tropengebieten Südamerikas, Afrikas, Südostasiens und Australiens. Sie haben ein warmes Klima mit einem ausgeprägten jahreszeitlichen Wechsel von kurzen Regen- und langen, bis zu zehn Monate dauernden, Trockenzeiten. Die Trockensavannen zeichnen sich durch großflächigen Grasbewuchs und geringe Niederschlagsmengen aus. Dagegen sind die Dornstrauchsavannen durch offenes Grasland und zerstreutem Strauch- und Baumwuchs charakterisiert. In den ebenfalls vorwiegend von Gräsern bewachsenen Feuchtsavannen, wachsen aufgrund der höheren Jahresniederschlagsmengen auch laubwerfende Bäume mit tiefreichenden Wurzeln. Neben dem Klima hat die Einwirkung von Feuer und der dort vorkommenden Großherbivoren einen erheblichen Einfluss auf die Vegetation.
Trockengebiete (Wüsten) bedecken etwa 30 % der Landflächen der Erde. Dabei liegen die heißen tropisch/subtropischen Wüsten zwischen dem 15. und 30. Breitengrad. Die Wüsten der gemäßigten Breiten befinden sich dagegen im Regenschatten großer Gebirge oder im Landesinneren in kontinentalen Regionen. Die Wüsten zeichnen sich durch den Mangel an Niederschlag und dem Wechsel von extrem hohen und niedrigen Umgebungstemperaturen aus. Die Diversität von Tieren in Wüsten ist im Vergleich zu den tropischen Savannen gering.
F Welches Klima ist für die arktische Tundra charakteristisch?
Die arktische, baumlose Tundra tritt in Regionen mit kurzen Vegetationsperioden und langer winterlicher Kälte auf. Aufgrund der ständig gefrorenen Bodenschichten (Permafrost) ist das Pflanzenwachstum ebenso wie die zersetzende Tätigkeit der Mikroorganismen verlangsamt. Gleichzeitig herrschen Trockenheit und starke Winde, sodass in großen Teilen der Tundra die Vegetation lediglich aus Flechten und Moosen besteht.
G Welche abiotischen und biotischen Merkmale kennzeichnen die borealen Nadelwälder?
(Alces alces)(L, Wolf Canis lupus und Rotes Eichhörnchen . Außerdem nutzen zahlreiche Zugvögel aus dem Süden die borealen Nadelwälder als Nistgebiete.