VORSICHT, DA STECKT GIFT DRIN!
VORSICHT, DA STECKT GIFT DRIN!
Wo in unserem Alltag Schadstoffe versteckt sind, wie sie uns krank machen und wie wir uns schützen
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
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Wichtige Hinweise
Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung dar und sollte auch nicht als solcher benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und der Autor haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.
Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.
Originalausgabe
1. Auflage 2021
© 2021 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Türkenstraße 89
80799 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
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Redaktion: Caroline Kazianka
Umschlaggestaltung: Karina Braun
Umschlagabbildungen: aksol/Shutterstock.com, Ford Design/Shutterstock.com, Morphart Creation/Shutterstock.com, Pinchuk Oleksandra/Shutterstock.com, AVA Bitter/ Shutterstock.com, Epine/Shutterstock.com, Vector Tradition/Shutterstock.com, Varlamova Lydmila/Shutterstock.com
Illustrationen: Hans Winkler
Satz: abavo GmbH, Buchloe
eBook: ePUBoo.com
ISBN Print 978-3-7423-1684-4
ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-1370-3
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-1371-0
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Vorwort
Teil I
Ein Blick in den Medizinschrank
1. Paracetamol
2. Nasenspray
Teil II
Nahrungsmittel oder doch gefährlich?
3. Aprikosenkerne gegen Krebs (mit einem Exkurs zu Apfelkernen und Bittermandeln)
4. Rohmilch
5. Zucchini (mit einem Exkurs zu Kürbissen und Melonen)
6. Zimt
7. Muskatnuss
8. Tee (mit einem Exkurs zu Honig und Milch)
9. Kartoffeln (mit einem Exkurs zu anderen Nachtschattengewächsen)
Teil III
Das Unheil lauert auch im Garten
10. Eibe
11. Tollkirsche
12. Efeu
13. Goldregen
14. Weihnachtsstern
15. Blauer Eisenhut
Teil IV
Tierisch giftig
16. Spitzmaus
17. Bienen, Wespen, Hummeln und Hornissen
18. Ammen-Dornfinger
19. Kegelschnecke
20. Kreuzotter
21. Feuersalamander
22. Petermännchen
23. Seewespe
Teil V
Wo sonst noch Gefahren drohen
24. Lampenöl und flüssiger Grillanzünder
25. Alkohol
26. Nanopartikel
27. Aluminium
28. Reinigungsmittel im Haushalt
29. Koffein
Wichtige Telefonnummern
Anmerkungen
Ich sehe jeden Tag Gifte, überall. Das ist meine »Berufskrankheit« als Toxikologe. Keinen Schritt kann ich unternehmen, ohne zu überlegen, was mich und meine Lieben vergiften könnte. Egal, ob ich meinen Garten bepflanze, mit meiner Tochter spiele, eine Mahlzeit zu mir nehme, in den Urlaub fahre oder schlicht und einfach eine Runde spazieren gehe. Benutze ich Sonnencreme, fühle ich sofort, wie mein Gehirn aufweicht. Esse ich eine Aprikose, spüre ich die Blausäure, die sich in meinem Körper bildet. Würze ich mit Muskatnuss, bereite ich mich schon auf das anschließende Treffen mit meinem imaginären Freund aus Kindertagen vor. Und wenn ich bei einer Schnupfennase Nasenspray anwende, fürchte ich den ekelerregenden Gestank, der meiner Nase bald entströmen könnte. Das klingt verrückt und überzogen? Ich gebe zu, ein wenig ist es das. Aber ganz unbegründet sind diese Gedanken nicht.
Leider ist es heutzutage oftmals sehr schwierig, die tatsächlichen Gefährdungen durch Gifte realistisch für uns selbst oder unsere Kinder einzuschätzen. Eines der größten Hindernisse, um der wahren Natur der vermeintlich giftigen Übeltäter auf die Spur zu kommen, ist die Flut an Informationen in unserer Welt. Über jedes Tier, jede Pflanze und jedes Toxin gibt es unzählige Abhandlungen, Artikel und Schlagzeilen. Sie beschreiben die Giftigkeit, die Risiken und die Notfallmaßnahmen. Leider erscheint es beim Lesen oftmals so, als würden die Autorinnen und Autoren verschiedener Berichte in Paralleluniversen leben. Sonnencreme, die in einem Artikel das Gehirn aufweicht, ist in einem anderen Artikel lebensnotwendig, um Hautkrebs vorzubeugen. Die Nanopartikel, die wiederum in einer Abhandlung Krebs auslösen, werden in einem anderen Bericht als ultimatives Heilmittel bei Krebs angesehen. Und die Zimtsterne, die beim Verzehr die Leber zerstören, sind auf der anderen Seite doch überhaupt nicht giftig.
Damit Sie die theoretischen Gefahren, die von Giften ausgehen, richtig einordnen können, weist dieses Buch auf Widersprüche hin, räumt mit Gerüchten auf und erläutert die theoretischen sowie realistischen Gefährdungen durch Gifte im Alltag. Und kommt es doch einmal hart auf hart, gibt dieses Buch auch Hilfestellungen bei einer akuten Vergiftung. Hierbei ist es mir besonders wichtig, Ihnen auch die wissenschaftlichen Grundlagen durch knappe Beleuchtung der spezifischen Gifte, inklusive deren Wirkweise in unserem Körper, zu vermitteln. Sollten Expertinnen oder Experten auf diesem Gebiet unter Ihnen sein, bitte ich jedoch schon einmal vorab um Verzeihung. Ich habe meine Beschreibungen bewusst allgemeinverständlich gehalten, sodass Laien einen guten Einblick in das Wirken der spezifischen Gifte bekommen. Aus wissenschaftlicher Perspektive mögen daher vielleicht einige meiner Beschreibungen zu oberflächlich, manche Vergleiche zu plakativ oder verwendete Begrifflichkeiten zu umgangssprachlich erscheinen. Ich halte dieses Vorgehen für dieses Buch jedoch für geboten und hoffe, die Fachleute sehen es mir nach.
»Schau mal, ich habe mir vorhin dieses Zeug über die Hand geschüttet, soll ich damit zum Arzt fahren oder geht die Rötung von allein wieder weg?«, »Ist es schlimm, wenn mein Kind das verschluckt hat?«, »Ich habe in der Zeitung gelesen, dass ich sterben kann, wenn ich Muskatnuss esse. Stimmt das?«, »Warum verursacht Alkohol eigentlich Leberschäden? Kannst du das mal so erklären, dass ich das als Normalmensch verstehe?« – solche und ähnliche Fragen, die mir bei gemütlichen Abenden im Freundeskreis oder einfach auf der Straße von Nachbarn immer wieder gestellt werden, waren der Auslöser für dieses Buch. Ich habe es für alle geschrieben, die keine Lust haben, sich die Antworten auf diese Alltagsfragen aus unzähligen Quellen mühsam zusammenzutragen. In diesem Werk sind viele interessante Fakten und Informationen für Leserinnen und Leser, die neugierig auf die verschiedenen Gifte unseres täglichen Lebens sind, zusammengetragen. Hierbei stehen vor allem Gifte im Fokus, mit denen wir täglich in Kontakt kommen können – mit einigen spannenden Ausnahmen für Ihre Urlaubsreisen.
Ich wünsche Ihnen nun unterhaltsame und lehrreiche Stunden mit diesem Buch.
Was |
Paracetamol |
Giftige Bestandteile |
Bei Überdosierung der Wirkstoff selbst |
Toxische Dosis |
Bei gesunden Erwachsenen ab 150 mg/kg Körpergewicht. Bei Vorerkrankungen, bei Alkoholkonsum oder bei einer Schwangerschaft ab 100 mg/kg Körpergewicht oder ab 4 g Tagesdosis. Bei Kindern ab 100 mg/kg Körpergewicht |
Symptome |
Anfänglich Magen-Darm-Probleme und Übelkeit. Nach einer dann folgenden symptomfreien Periode Blutungsneigungen, Gelbsucht, Bewusstseinsstörungen. Im Extremfall Leberversagen, Tod |
Erste Hilfe |
Giftnotruf oder Notruf kontaktieren |
Die Vereinigten Staaten von Amerika sind das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Als Teenager konnte ich mich der Faszination, die von den USA ausging, nur schwer entziehen. Ich lechzte nach neuesten technischen Geräten, die dort schon sehr viel früher auf dem Markt waren als in Deutschland. Auch der Superbowl übte einen – heute für mich nicht mehr nachvollziehbaren – magischen Reiz auf mich aus. Und das, obwohl ich den Sport bis zum heutigen Tag nicht richtig verstanden habe und aus Desinteresse ehrlich gesagt noch nie versucht habe, ihn zu verstehen. Ich wollte einfach nur mit meinen Freunden nachts aufstehen, Junkfood essen und die riesige Party miterleben – wenn auch lediglich am Fernseher. Das, was die Amerikaner da veranstalten, dachte ich voller Wehmut, hat nichts mit einem vergleichsweise drögen Fußballspiel in der Bundesliga zu tun.
Irgendwann schwappte meine Begeisterung auf die in Amerika üblichen Großpackungen über. Ein 10-Liter-Kanister eines Energydrinks? Muss ich haben! Ein 2-Kilogramm-Eimer Kartoffelchips? Wie konnte ich bisher ohne leben? Seit ich erwachsen bin, gebe ich meiner Faszination in manchen Bereichen nach. Allerdings weniger impulsgesteuert und mit ein wenig Einfluss meiner (im Ansatz vorhandenen) geistigen Reife. Der Sinn eines 10-Liter-Kanisters voller Energydrink erschließt sich mir nicht mehr (außer man ist Trainer einer Sportmannschaft und muss einen ausgeben), und beim Gedanken an 2 Kilogramm Kartoffelchips sehe ich förmlich den missbilligenden Blick meines Hausarztes vor mir. Aus meiner beruflich geprägten Erwachsenenperspektive kann ich den Hang zu amerikanischen Superlativen auch in puncto Medikamente nur irritiert bestaunen. In den Vereinigten Staaten sind verschiedene Großpackungen an Schmerztabletten erhältlich, die wie saure Drops angepriesen werden. In Supermärkten wie dem Walmart kann man beispielsweise Ibuprofen oder Paracetamol in Packungen zu 1000 Stück kaufen. In Deutschland apothekenpflichtig und teilweise in der Abgabemenge reguliert, sind diese Pillen in den USA völlig frei im Laden um die Ecke in Großmengen verfügbar.
Ein kurzer Überschlag im Kopf ergibt, dass Sie mit diesen 1000 Paracetamol-Tabletten mit jeweils einem Wirkstoffgehalt von 500 Milligramm pro Tablette eine derart hohe Wirkstoffmenge vorrätig haben, dass Sie die Bewohner eines mittelgroßen Wohnhauses tödlich vergiften könnten. Zwar haben die Pillendosen im Normalfall eine Kindersicherung im Öffnungsmechanismus integriert, diese Menge erscheint mir trotzdem hinsichtlich eines Haushaltsbedarfs völlig surreal und zudem gefährlich.
Jeder mag Paracetamol
Wieso ist dieses Medikament eigentlich so populär? Paracetamol, im Ausland auch bekannt als Acetaminophen, wirkt schmerzstillend und fiebersenkend. Es ist schon seit den 1950er-Jahren zugelassen und ist – bei korrekter Dosierung – als sehr gut verträgliches und effektives Mittel bekannt. Bereits Kleinkindern wird es in Form von Zäpfchen oder Saft bei Fieber verabreicht. Ich bin mir sicher, auch Sie haben (oder hatten schon mal) dieses Medikament in Ihrem Arzneimittelschrank stehen.
Die nachfolgende Information würde unser ehemaliger Innenminister Thomas de Maizière vermutlich mit folgenden Worten umschreiben: »Ein Teil dieser Informationen könnte die Bevölkerung verunsichern.« Wenn Sie also zu den Menschen gehören, die sich leicht beunruhigen lassen, sollten Sie die Lektüre vielleicht an dieser Stelle beenden. Aber ich versichere Ihnen, es werden Ihnen dann ein paar interessante Informationen entgehen.
Die Art und Weise, wie Paracetamol in unsere Vorgänge im Körper eingreift, die Biochemie verändert und chemische Reaktionen auslöst, ist bis heute nicht eindeutig und vollständig geklärt1. Lassen Sie diese Information erst einmal ein wenig sacken. Für mich als Wissenschaftler ist dies – nach heutigen Maßstäben – völlig unbegreiflich. Tausende Menschen in Deutschland, Millionen weltweit schlucken täglich ein beliebtes Medikament. Dieses Medikament greift in die komplizierten und sensiblen Mechanismen unseres Körpers ein und beeinflusst diese. Und dabei ist es nicht vollständig klar, was genau in unserem Körper geschieht. Dieser Fakt, kombiniert mit dem Wissen, dass Paracetamol in Tierversuchen relativ schnell zu schweren toxischen Schäden führt, sind Gründe, warum Paracetamol, wäre es nicht bereits zugelassen, heute nicht mehr zugelassen werden würde. Heutzutage wollen wir verstehen, was ein Medikament im Körper genau anstellt. Weiterhin versuchen wir bei Neuzulassungen tunlichst Medikamente, die bei relativ geringer Dosis zu schweren Schäden führen können, zu vermeiden.
Bevor Sie jetzt aber Ihre Paracetamol-Packungen in den Restmüll werfen, überlegen Sie sich dies noch einmal. Trotz der gerade beschriebenen Bedenken nutze ich für mich selbst und auch für meine Familie den schmerzstillenden und fiebersenkenden Segen von Paracetamol. Gerade aufgrund seiner langen Zeit auf dem Markt und des großflächigen Gebrauchs gibt es nämlich unglaublich viele Erfahrungswerte, wie es sie ansonsten für nicht viele Medikamente gibt. Diese Erfahrungswerte zeigen, dass Paracetamol bei korrekter Verwendung unbedenklich ist. Sofern Sie ansonsten körperlich gesund sind, ist das Medikament in den vorgesehenen Mengen sicher und gut verträglich.
Was wir wissen
Es ist natürlich nicht so, dass überhaupt nichts vom Wirkmechanismus des Paracetamols bekannt ist. Viele Wissenschaftler arbeiten weltweit an der Erforschung seiner Wirkungen im Körper. Eine schnelle und oberflächliche Suche ergibt eine Anzahl von rund 30 000 wissenschaftlichen Publikationen, die sich mit Paracetamol beschäftigt haben.
Gesichert scheint, dass eine der Wirkungen offenbar über eine Hemmung bestimmter chemischer Verbindungen, der sogenannten Cyclooxygenasen (es gibt da verschiedene), abläuft. Cyclooxygenasen (der Einfachheit halber nennen wir sie lieber Cox) sind Enzyme, also Proteine (Eiweiße), die eine chemische Reaktion im Körper vermitteln. Jetzt werden Sie beim Stichwort »chemische Reaktion« vielleicht an Medienberichte denken, in denen es aufgrund einer chemischen Reaktion zu einem Gasaustritt oder sonstigen schlimmen Ereignissen kommt. Chemische Reaktionen führen in Nachrichtenmeldungen oder Filmen oftmals dazu, dass ein Gemisch von Substanzen überläuft und Menschen verätzt oder Industriemüllanlagen zu brennen beginnen und erst nach Tagen wieder gelöscht werden können. Wie aber kann so eine chemische Reaktion im Inneren unseres Körpers ablaufen?
Die Antwort ist so simpel wie viele Dinge unseres Lebens. Gemäß verschiedenen Definitionen, die sich in den unendlichen Weiten unseres Internets finden lassen, ist eine chemische Reaktion ein Vorgang, bei dem aus chemischen Verbindungen oder Elementen andere chemische Verbindungen entstehen. So können sich eben, wenn zwei Stoffe zusammenkommen, giftige Gase bilden oder Stoffe anfangen zu brennen. Es gibt aber auch »kleinere« chemische Reaktionen im menschlichen Körper. Diese laufen täglich millionenfach in unserem Inneren ab. Und die meisten geschehen nicht von allein, sondern benötigen eine Art Starthelfer, einen sogenannten Katalysator. Solch ein Katalysator ist das Enzym Cox. Nur durch die Hilfe von Cox kann beispielsweise die körpereigene Substanz Arachidonsäure in Prostaglandin G2 umgewandelt werden. Wichtig ist für uns an dieser Stelle, dass Prostaglandine der Gruppe 2 (ganz einfach an der Ziffer 2 im Namen zu erkennen) erheblich an der Schmerzwahrnehmung beteiligt sind. Also ganz vereinfacht dargestellt: Je mehr Prostaglandin G2 vorliegt, desto stärker nehmen wir Schmerzen wahr.
Dies wird unter anderem durch eine Stimulierung unserer Schmerzrezeptoren vermittelt. Schmerzrezeptoren sind verzweigte Enden von Nervenfasern, welche Schmerzreize in das zentrale Nervensystem weiterleiten. Prostaglandine der Gruppe 2 sorgen dafür, dass Schmerzrezeptoren empfindlicher reagieren und der Schmerz deshalb stärker empfunden wird.
Sie fragen sich nun bestimmt, was Paracetamol mit der ganzen Sache zu tun hat. Grob gesprochen, hemmt Paracetamol unser Cox2 und verhindert so die chemische Umwandlung der Arachidonsäure im Körper, was zu einer verminderten Bildung von Prostaglandinen der Gruppe 2 führt3. Das Ergebnis dieser reduzierten Prostaglandin-G2-Menge ist eine geringere Schmerzwahrnehmung. Wird also die Entstehung von Prostaglandinen der Gruppe 2 durch die Einnahme von Paracetamol gehemmt, können die Prostaglandine nicht ihre normale Funktion übernehmen und Schmerzrezeptoren empfindlicher machen. Wir nehmen den Schmerz also weniger stark wahr beziehungsweise der Schmerzreiz wird erst gar nicht gesetzt.
Dieser Mechanismus ist nur ein Beispiel für die bereits erforschten Wirkungen von Paracetamol, welche zur Schmerzlinderung beitragen. Aber es ist beileibe nicht der einzige Mechanismus, der nach der Einnahme von Paracetamol in unserem Körper ausgelöst wird, und das gesamte Wirkungsnetzwerk des Mittels bleibt uns nach aktuellem Forschungsstand leider noch verborgen.
Und wann wird es schädlich?
Gehören Sie auch zu den Menschen, die mit grippalem Infekt weiter ins Büro gehen, oft mit der Unterstützung von einem Kombipräparat mit irgendeinem wohlklingenden Namen à la Schnupfowohl, Schmerzofreikomplett oder Gesundomedin? Falls Marketingexperten unter Ihnen sind, können Sie mich für eine Vermarktung dieser wohlklingenden Produktnamen gerne kontaktieren. Doch Spaß beiseite. An dieser Stelle möchte ich zunächst erwähnen, dass dieses Verhalten nicht empfehlenswert ist. Erstens ist es Raubbau am Körper und zweitens können Sie so Ihre Kolleginnen und Kollegen anstecken. Worauf ich aber eigentlich hinaus will, ist, dass viele dieser Kombipräparate Paracetamol enthalten. Ersichtlich ist dies leider oftmals erst auf den zweiten Blick – und einen zweiten Blick investieren nicht alle Konsumenten. Diese Tatsache – kombiniert mit den sehr niederschwelligen Kaufangeboten auch in Deutschland, die oft sogar durch Werbung unterstützt werden – sorgt immer wieder für unbeabsichtigte Überdosierungen von Paracetamol.
Eine Überdosierung von Paracetamol ist in Europa sowie den USA die häufigste Ursache für einen akuten Leberschaden4. Bei gesunden Erwachsenen gilt eine Dosis ab 150 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht als potenziell gesundheitsschädigend. Ab dieser Menge wird eine Krankenhauseinweisung empfohlen. Für eine Person mit 60 Kilogramm Gewicht wären dies beispielsweise 9 Gramm Paracetamol. Bei der oft üblichen Dosierung von 500 Milligramm Wirkstoff pro Tablette sind dies 18 eingenommene Tabletten. Bei bestimmten Vorerkrankungen sowie bei gleichzeitigem Konsum von Alkohol oder bei einer Schwangerschaft sinkt diese gesundheitsschädigende Dosis auf 100 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht oder auf 4 Gramm Paracetamol am Tag – je nachdem, welche Grenze früher erreicht wird. Es wird davon ausgegangen, dass auch bei Kindern eine gesundheitlich bedenkliche Wirkung schon bei aufgenommenen Dosen von 100 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht erreicht ist5. Nehmen Sie diese Werte bitte nur als ungefähre Rahmenwerte. Die exakten Grenzen sind schwer festzulegen, da sie von vielen kleinen und individuellen Faktoren abhängen. Am besten ist es, Sie versuchen, im Krankheitsfall gar nicht erst in die Nähe dieser Grenzen zu kommen. Sprechen Sie daher bitte mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, wenn Sie mehr oder stärkere Schmerzmittel benötigen.
Alarm für die Leber
Kommen wir nun zum Casus knacksus der ganzen Sache. Was macht das Zeug mit unserer Leber? Um das zu verstehen, muss Ihnen bewusst sein, dass das reine Paracetamol zwar in unseren Körper hereinkommt, aber nur schwer wieder heraus. Das können Sie sich so ähnlich wie die Wespen im Sommer vorstellen. Sobald Sie das Fenster nur wenige Sekunden geöffnet haben, sind die Wespen im Inneren der Wohnung. Sie können das Fenster dann aber stundenlang auflassen, raus finden die Wespen scheinbar nur in den seltensten Fällen. Sie müssen also nachhelfen. Sie können die Wespen beispielsweise mit einem Glas einfangen und so nach draußen bringen und in die Freiheit entlassen.
Das Paracetamol, nachdem es seine Wirkung ausgelöst hat, muss ebenfalls wieder aus uns heraus. Unser Körper hat nun leider kein Glas in seinem Inneren, mit dem er es einfangen kann. Aber er besitzt chemische Substanzen wie Glucuronsäure und Sulfat. Vereinfacht gesagt bindet Glucuronsäure oder Sulfat an Paracetamol, und durch diese Bindung kann der gesamte Komplex über die Nieren oder die Galle ausgeschieden werden6. Die Glucuronsäure oder das Sulfat sind also ähnlich dem Glas, mit welchem die Wespen heraustransportiert werden.
Ein anderer Mechanismus zur Elimination von Paracetamol ist die Familie der Cytochrom-P450(Cyp)-Enzyme7. Die hier benötigten Familienmitglieder sorgen für eine Umwandlung von Paracetamol in einen Stoff mit dem abgekürzten, unbequemen Namen NAPQI. NAPQI an sich ist leider ziemlich gefährlich und kann zum Zelltod in der Leber und zu einem Leberschaden führen. Zum Glück gibt es einen weiteren Stoff, der Glutathion heißt. Unmittelbar nach der Umwandlung von Paracetamol in NAPQI hat das NAPQI gar keine Zeit, unsere Leber zu schädigen, da Glutathion an das NAPQI bindet, es auf diese Weise unschädlich macht und aus dem Körper heraustransportiert. Dies ist völlig unproblematisch und für unseren Organismus gut machbar.
Irgendwann kommt aber leider der Moment, in dem unsere Paracetamol-Ausscheide-Mechanismen, im Speziellen der letzte beschriebene Mechanismus, überlastet sind. Kommen wir zurück zu Ihrer Wohnung: Mit einer oder zwei Wespen in Ihrer Wohnung kommen Sie gut klar. Aber was machen Sie, wenn ein ganzer Wespenschwarm den Weg in Ihr Wohnzimmer findet? Selbst wenn sich Ihre Gläser von allein über die Wespen stülpen würden, irgendwann gehen Ihnen die Gläser aus. Und genau das passiert in Ihrem Körper. Bei einer Überdosis an Paracetamol wird alles Glutathion, das an NAPQI bindet und es dadurch unschädlich macht, verbraucht. Das dann freie und ungebundene NAPQI führt schließlich zum Schaden in Ihrer Leber.
Reden wir über Alkohol
Wenn ich Paracetamol geschluckt habe, meide ich das Trinken von Alkohol wie der Teufel das Weihwasser, der 1. FC Köln die Fanfreundschaft mit Bayer Leverkusen oder Jean-Luc Picard ein Abendessen mit der Borg-Königin. Beim Konsum von Alkohol werden verschiedene Mechanismen im Körper in Gang gesetzt. Unter anderem wird ein bestimmtes Enzym, nämlich genau das, was Paracetamol zu NAPQI umwandelt, verstärkt im Körper gebildet. Je nachdem, wie viel Alkohol Sie getrunken haben, reicht Ihr Vorrat an Glutathion dann nicht mehr aus, um alles NAPQI unschädlich zu machen8. Es kommt zum Frontalangriff auf Ihre Leberzellen und somit zu einem Leberschaden. Zwar ist die Leber ein überaus faszinierendes Organ, das nach einem Schaden große Teile wieder regenerieren kann. Ich würde Ihnen trotzdem davon abraten, dies überzustrapazieren. Irgendwann ist die Grenze des Möglichen einfach erreicht, und es kann zum kompletten Leberversagen kommen.
Die Erfahrung der heilenden Leber musste übrigens schon der griechischen Sage gemäß Prometheus machen. Nachdem er den obersten olympischen Gott mithilfe eines Riesenfenchels ausgetrickst hatte, verbannte ihn dieser in den Kaukasus, wo täglich ein Adler vorbeischaute und einen erheblichen Teil seiner Leber fraß. Leider erneuerte sich Prometheus’ Leber aber immer wieder, sodass der Adler tagein, tagaus an der Leber herumnagen konnte – äußerst schmerzhaft für unseren armen Sagenhelden.
Einen habe ich noch
Wann haben Sie das letzte Mal eine riskante Entscheidung getroffen? Überlegen Sie mal genau, ob Sie vorher Paracetamol eingenommen haben. US-amerikanische Wissenschaftler haben berichtet, dass die Einnahme von 1000 Milligramm Paracetamol die allgemeine Risikofreudigkeit erhöht9. Diejenigen Versuchspersonen, welche den Arzneistoff geschluckt hatten, waren im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie eher bereit, höhere Risiken einzugehen als diejenigen Probanden, die kein Paracetamol zu sich genommen hatten. Ob sich dies verallgemeinern lässt, wird sicherlich in weiteren wissenschaftlichen Studien untersucht werden. Sollten Sie also in der Situation sein, dass Sie am heutigen Abend einen Heiratsantrag von Ihrem oder Ihrer Liebsten erwarten, werfen Sie lieber vorher kein Paracetamol ein – Sie könnten Ihre Antwort morgen bereuen. Um der Vollständigkeit Genüge zu tun, muss ich an dieser Stelle noch erwähnen, dass die oben genannte Studie nicht ganz unumstritten ist. Wissenschaftler der University of Virginia haben nach dem Erscheinen dieser Forschungsergebnisse die Limitationen der Studie hervorgehoben und eine generelle Risikofreudigkeit nach der Einnahme von Paracetamol infrage gestellt10.
Reden wir Tacheles
Was bedeutet das nun im Detail? Auch wenn der Wirkmechanismus nicht vollständig geklärt ist, können Sie, sofern Sie keine Vorerkrankung haben, aller Voraussicht nach Paracetamol gut verträglich einnehmen. Bewegen Sie sich dabei aber exakt innerhalb der vorgeschlagenen Dosierung. Sollten Sie Zweifel über Ihre Dosierung haben, holen Sie ärztlichen Rat ein. Informieren Sie sich vor der Einnahme von Kombipräparaten auf jeden Fall, ob und wie viel Paracetamol enthalten ist. Und verzichten Sie auf Alkohol, wenn Sie Paracetamol einnehmen.
Sollte es bei Ihnen zu einer akuten Überdosierung gekommen sein, verspüren Sie in den ersten Stunden unspezifische Magen-Darm-Probleme sowie Übelkeit. Dieser Phase folgt eine relativ symptomfreie Zeit, bis es zu Symptomen der Leberschädigung kommt: Blutungsneigungen, Gelbsucht, Bewusstseinsstörungen bis hin zu Bewusstlosigkeit und Koma.
Geben Sie besonders bei Babys und Kleinkindern acht. Viele versehentliche Vergiftungen mit Paracetamol geschehen aufgrund falscher Dosierung zum Beispiel des oben bereits erwähnten Saftes.
Vermuten Sie, dass Sie oder eine andere Person zu viel Paracetamol eingenommen haben? Rufen Sie den Giftnotruf oder gleich einen Krankenwagen. Bringen Sie die betreffende Person nicht zum Erbrechen. Eine rasche Reaktion kann im Ernstfall lebensrettend sein.
Was |
Nasenspray mit dem Inhaltsstoff Xylometazolin |
Giftige Bestandteile |
Der Inhaltsstoff Xylometazolin bei unsachgemäßem Gebrauch |
Toxische Dosis |
Ab einem Gebrauch von mehr als einer Woche oder mehr als dreimal täglich |
Symptome |
Trockenheit der Nase, Nasenbluten, Infektion der Nase, »Stinknase«, Absterben von Knorpelgewebe, Abhängigkeit |
Erste Hilfe |
Entwöhnung vom Nasenspray: entweder kalter Entzug oder unterstützend. Die Hausarztpraxis ist hierbei ein guter Ansprechpartner. |
Was denken Sie, von welcher Droge die meisten Menschen in Deutschland abhängig sind? Ich habe diese Frage meinen Freundinnen und Freunden gestellt und die meisten nannten die Alltagsdrogen Alkohol und Zigaretten (also Nikotin; wobei wir hier vortrefflich darüber diskutieren könnten, ob Nikotin allein die süchtig machende Komponente ist oder eher das Gesamtkonstrukt Zigarette. Die Antwort auf diese Frage liegt, wie so häufig, irgendwo in der Mitte, allerdings mit klarer Tendenz zum Nikotin).
Die Recherche nach absoluten und verlässlichen Zahlen zu diesem Thema ist nicht ganz einfach. Denn die Dunkelziffer der abhängigen, also süchtigen Menschen ist hoch. Niemand kann zu 100 Prozent genau alle Menschen zählen, die von diesem oder jenem Stoff abhängig sind. Es gibt aber zum Glück recht zuverlässige Schätzungen, und auch wenn die absoluten Zahlen sicher nicht bis ins letzte Detail korrekt sind, so sind die Größenordnungen, von denen wir reden, doch recht tauglich zur Einordnung der Dimensionen.
Das Deutsche Bundesgesundheitsministerium berichtet auf seiner Internetseite im Jahr 2021 von 1,6 Millionen alkoholabhängigen Menschen in Deutschland. Demgegenüber stehen etwa vier Millionen körperlich stark abhängige Rauchende. Allerdings gibt es neben der körperlichen, also der physischen Sucht, auch eine psychische Komponente, die eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Wir könnten hier jetzt noch stundenlang (oder seitenlang) über Definitionen der unterschiedlichen Arten von Sucht diskutieren, aber darauf möchte ich gar nicht hinaus, sonst würde ich mich immer mehr vom ursprünglichen Thema entfernen. Ich kann Ihnen allerdings versichern, dass sich dieses Thema vortrefflich für einen lebhaften Diskussionsabend eignet.
Gegenüber diesen hohen Zahlen von Alkohol- und Nikotinabhängigen liest sich die Anzahl von 120 000 süchtigen Menschen gar nicht so dramatisch, was nach Aussagen des Bremer Pharmakologen Prof. Dr. Gerd Glaeske die Zahl der Menschen ist, die in Deutschland süchtig nach Nasenspray sind11. Und auch wenn diese Zahl im Vergleich relativ gering ist, erstaunt sie mich immer wieder. Es ist diese Banalität, die vom Gebrauch eines Nasensprays ausgeht, diese schnelle und einfache Linderung unserer körperlichen Pein, wenn wir mit einer Grippe oder auch nur einem grippalen Infekt darniederliegen.
Um das Ganze zu präzisieren: Wir sprechen hier nicht von einem Salzwassernasenspray oder einem Kortison-haltigen Spray, sondern von einem apothekenpflichtigen, jedoch nicht verschreibungspflichtigen abschwellenden Nasenspray mit dem Wirkstoff Xylometazolin.
Die Stinknase
Nasenspray zerstört bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht unsere Leber, es bewirkt keinen Lungenkrebs und hat auch keine schweren Entwicklungsstörungen bei Kindern zur Folge, nur weil diese nebendran stehen, wenn Sie Ihr Spray anwenden. Allerdings kann auch Nasenspray zu körperlichen Gesundheitsstörungen und gar zu ekelerregenden Begleiterscheinungen führen.
Sobald ich einen Menschen sehe, der ein Nasenspray benutzt, erscheinen vor meinem inneren Auge Scharen von Schmeißfliegen, die in Schwärmen um die Nase des Betroffenen kreisen. Warum? Lassen Sie uns die potenziell schädigenden Auswirkungen von Nasenspray einmal im Detail anschauen.
Durch missbräuchliche Anwendung kann es zu Störungen in Ihrem Geruchssinn kommen, was gleichzeitig auch Ihren Geschmackssinn beeinträchtigt. Wer einmal eine vorübergehende Einschränkung des Geschmackssinns, beispielsweise durch einen Virusinfekt, erlebt hat, weiß, welche Lebensqualität verloren geht, wenn das Essen nicht mehr schmeckt.
Nasenspray trocknet zudem Ihre Nasenschleimhaut aus. Über die Zeit ist es auch äußerst unangenehm, dass der enthaltene Wirkstoff die Durchblutung in der Nase vermindert, was mit anhaltender Anwendung das Absterben von Knorpelgewebe bedingen kann. So kann sich etwa ein Loch in Ihrer Nasenscheidewand bilden. Die Aussicht darauf, die so manchem Piercing-Fan vielleicht ein Funkeln in die Augen treibt, erscheint mir persönlich jedoch wenig erstrebenswert. Durch den ständigen Stress, den Ihre Nasenschleimhaut erfährt, durch das Austrocknen und die verminderte Durchblutung kann auch die Ansiedelung von Bakterien gefördert werden. Diese Keime erzeugen dann einen schmierigen Belag in Ihrer Nase und verströmen einen üblen Fäulnisgeruch (hier betreten meine imaginären Schmeißfliegen die Bühne). Geschickterweise riechen Sie diesen Fäulnisgeruch selbst nicht, da sich Ihr Geruchssinn daran gewöhnt und ihn als Normalzustand annimmt. Aber glauben Sie mir, Ihre Mitmenschen nehmen diesen ekelerregenden Gestank, der Ihrer Nase entweicht, sehr deutlich wahr. Umgangssprachlich spricht man deshalb von einer »Stinknase«.
Zwei denkwürdige Fälle
Es sind durchaus auch dramatische Fälle nach (versehentlich) missbräuchlichem Gebrauch von Nasenspray bekannt. Durch diese sollten Sie sich aber nicht übermäßig beunruhigen lassen. Bei ordnungsgemäßem Gebrauch müssen Sie diese schwerwiegenden Nebenwirkungen nicht befürchten. Vorenthalten möchte ich Ihnen zwei dieser Schilderungen dennoch nicht.
Eine Publikation von Wissenschaftlern aus London aus dem Jahr 1980 beschreibt beispielsweise einen tragischen Todesfall nach dem Gebrauch – oder sagen wir besser Missbrauch – von Nasenspray12. Demnach fand der Besitzer eines Cafés einen 23 Jahre alten Mann schlafend an einem Tisch vor. Dieser Mann (also der Schläfer, nicht der Café-Besitzer) wird als gut genährt und gepflegt im Aussehen beschrieben. Offenbar war der Mann wirklich sehr müde, denn er schlief bereits volle drei Stunden und war kaum wach zu bekommen. Der Besitzer des Cafés bat den Mann zu gehen, da er seinen wohlverdienten Feierabend einläuten wollte. Obwohl der Gast sichtlich schlaftrunken war, verließ er widerspruchslos das Etablissement. Nachdem der Inhaber alles sauber gewischt hatte, machte er sich zusammen mit seiner Frau auf den Heimweg, wobei die beiden den Mann, erneut schlafend, auf dem Bürgersteig vorfanden. Mit einem großen Maß an Hilfsbereitschaft gesegnet, nahmen sie den Mann kurzerhand mit in ihre Wohnung und boten ihm eine Matratze zum Ausschlafen an (sicherlich bequemer als ein Stuhl im Café oder der Bürgersteig). 30 Minuten später jedoch war der Mann tot. Insgesamt vergingen etwa sechs Stunden zwischen dem Bemerken des schlafenden Mannes im Café und seinem Versterben. Die darauffolgende gerichtsmedizinische Untersuchung (Professor Börne aus dem Münsteraner Tatort lässt grüßen) offenbarte den Inhaltsstoff von Nasenspray in seinem Blut und auch eine geringe Menge in seinem Urin. In der Jackentasche des Mannes wurden Spritzen, eine davon gebraucht, gefunden. Seine Ellenbeuge zierten mehrere Einstichstellen. Anscheinend hatte sich der Mann Nasenspray direkt in die Armvene gespritzt.
Da der Mann – wie sich im Nachhinein herausstellte – auch heroinabhängig gewesen war, hatte er das Nasenspray wohl genutzt, um sich zu berauschen beziehungsweise seine Entzugserscheinungen zu lindern. Aufgrund des tragischen Ausgangs dieses Versuchs können Sie leicht erkennen, dass dies zur Nachahmung nicht empfohlen ist. Und ich bin mir ehrlich gesagt auch nicht sicher, ob es den gewünschten Effekt wirklich erzielt. (Mein Geheimtipp an dieser Stelle: Das Wort »Nase« in »Nasenspray« hat einen bestimmten Grund.)
Eine weitere Publikation Bonner Wissenschaftler beschreibt eine Vergiftung mit Nasenspray von drei kleinen Kindern im Alter zwischen vier Monaten und zwei Jahren13. Die Eltern wandten das Mittel vermeintlich korrekt nach Packungsbeilage an. Die Kinder schliefen direkt nach der Gabe ein und waren auch nach Stunden kaum wach zu bekommen. Und auch wenn es grundsätzlich etwas Gutes ist, wenn Kinder tief und fest schlafen, war es in diesem Fall höchst beängstigend. Eine Rettungswagenfahrt ins Krankenhaus und einige Stunden Zeit ließen die Kinder jedoch wieder bei guter Gesundheit aufwachen. Das Problem in diesem speziellen Fall war, trotz richtiger Dosierung durch die Eltern, eine massive Überdosierung des Nasensprays. Das Nasenspray war offenbar frisch von einem Apotheker angemischt worden. Diesem war dabei wohl ein kleiner, aber fataler Fehler unterlaufen und er hatte den Hauptwirkstoff des Nasensprays falsch dosiert. So war der Wirkstoff in 40-facher Überdosis im Nasenspray vorhanden. Diese Vergiftung, so glimpflich sie am Ende ausgegangen ist, hätte leicht verheerende Auswirkungen haben können. Um zu verstehen, wieso das der Fall ist, ist es wichtig, einen Blick auf die Wirkweise des Nasensprays werfen.
Was macht Nasenspray?
Der entscheidende Inhaltsstoff, sozusagen der Januskopf des Nasensprays, ist das Xylometazolin. Es ist unser Begleiter während eines grippalen Infektes. Ganz persönlich ist es mein Held, der mich in diesen Zeiten schlafen und vor allem frei atmen lässt. Enge Freunde, wie ich es bin, dürfen es Xylo nennen. Wenn Sie sich nun einen Schub aus dem Nasenspray in die Nase geben, benetzt die Flüssigkeit – normalerweise ist es gereinigtes Wasser – Ihre Nasenschleimhaut im Inneren Ihrer Nase. Xylo ist in dieser Flüssigkeit gleichmäßig verteilt vorhanden und bedeckt damit großflächig die Nasenschleimhaut. Auf und in Ihrer Nasenschleimhaut befinden sich die sogenannten α1-Adrenorezeptoren. Die genaue, leicht kryptische Bezeichnung dieser Rezeptoren ist für uns nicht wichtig. Sie sollten sich einfach merken, dass es bestimmte Rezeptoren, welche Xylo ziemlich gerne hat, in der Nase gibt.
Ein Rezeptor ist eine Struktur, die durch irgendeine Art von Reiz aktiviert wird, um dann eine Reaktion auszulösen. Bei unserem speziellen Rezeptor mit dem oben genannten kryptischen Namen ist der aktivierende Part unser Xylo. Xylo bindet an den Rezeptor und aktiviert diesen dadurch14. Dies führt zum Zusammenziehen von bestimmten Muskelzellen, den sogenannten glatten Muskelzellen. Das sind diejenigen Muskelzellen, welche um unsere Blutgefäße herum liegen. Diese Kontraktion der glatten Muskelzellen sorgt für eine Verengung der Blutgefäße. Das wiederum bedingt ein Abschwellen der Nasenschleimhaut und – Abrakadabra, Simsalabim – die verengte Nase wird wieder frei, und ein Atmen ist möglich.
Und was genau ist das Problem?
Sofern Sie das Nasenspray exakt nach Dosierungsanleitung anwenden, haben Sie im Normalfall keine Probleme mit dem Spray. Sicher, Ihre Nasenschleimhaut erscheint Ihnen vielleicht etwas trocken und eventuell auch leicht schmerzhaft. Dies können Sie aber mit einer pflegenden Nasensalbe oder einem kombinierten Präparat mit Xylo und einem zusätzlichen pflegenden Inhaltsstoff behandeln. Lassen Sie sich hier am besten in der Apotheke Ihres Vertrauens beraten.
Wie genau Sie das Spray verwenden sollen, entnehmen Sie bitte der Packungsbeilage oder holen Sie sich auch hierzu in der Apotheke Rat. Im Normalfall lautet die Dosierung: bis zu drei Sprühstöße am Tag über maximal sieben Tage. Bitte hören Sie nach dieser vorgegebenen Anwendungsdauer auf alle Fälle damit auf, das Präparat zu nutzen – selbst wenn Sie noch immer unter einer verstopften Nase leiden und ohne Spray nur schlecht schlafen können. Doch warum eigentlich, höre ich sie fragen.
Sind Sie verheiratet? Haben Sie sich im Laufe der vergangenen Jahre an die Macken und Schrullen Ihres Partners gewöhnt? Genauso gewöhnt sich Ihre Nasenschleimhaut bei längerer oder auch häufigerer Anwendung an das Nasenspray. Xylo kann die Rezeptoren dann nicht mehr auf die gleiche Art und Weise aktivieren wie noch zuvor. Die Folge ist, dass Sie immer größere Mengen an Nasenspray anwenden müssen, um den gewünschten Effekt – eine freie Nase – zu erreichen. Und als sei das nicht schon schlimm genug, werden auch noch trotz immer höherer Dosierung die Zeitspannen, in denen Ihre Nase frei ist, kürzer. Sie müssen also nicht nur mehr Nasenspray in sich hineinpumpen, Sie müssen dies auch häufiger tun, um frei atmen zu können. Sie haben also eine immer stärkere und längere Verengung der Blutgefäße in Ihrer Nase.
Durch diese permanente Anwendung des Nasensprays kommt es nun zu einer dauerhaft schlechteren Durchblutung der Nasenschleimhäute. Diese werden trocken und mit der Zeit rissig. Nasenbluten sowie das Bilden von Krusten und einer großen Menge an Borken (Sie kennen Borken wahrscheinlich unter dem Namen »Popel«) sind die Folge. Dies wiederum schwächt die Immunabwehr Ihrer Nase, welche nun anfälliger für verschiedene Infekte wird. Im Extremfall (bei sehr starkem Missbrauch von Nasenspray) schädigen Sie die Nasenschleimhaut so stark, dass dies zum Abbau von Knorpelgewebe in Ihrer Nase führen kann. Die geschädigte und ausgetrocknete Nasenschleimhaut, die keine nennenswerte Immunabwehr mehr aufweist, ist nun – wie oben bereits beschrieben – ein optimaler Platz, an dem sich Bakterien niederlassen und vermehren können. Oftmals bilden die Bakterien einen schleimigen Film in Ihrer Nase. Das ist ein sogenannter Biofilm und soll die Bakterien im Inneren schützen. Die Besiedelung mit Bakterien kann, je nachdem welche Bakterien Sie beherbergen, von einem fauligen Geruch begleitet werden, der Ihrer Nase entströmt.
Die Sucht, die Sie durch Nasenspray entwickeln können, ist eine Mischform aus körperlicher und psychischer Abhängigkeit. Ihr Körper verlangt das Nasenspray, da er ansonsten nicht frei atmen kann. Sie selbst haben das Gefühl, sehr schlecht Luft zu bekommen, gar zu ersticken, und spüren einen starken Drang nach dem Spray. Betroffene berichten immer wieder, dass sie das Spray nicht absetzen können. Sie müssen es nehmen, um atmen zu können. Teilweise wird das Spray dann jahrelang regelmäßig genutzt.
Kalter Entzug
Was können Sie nun tun, wenn Sie süchtig nach Nasenspray sind oder das Gefühl haben, süchtig zu sein? Nun, das hängt davon ab, wie lange Sie das Spray schon anwenden. Je länger Sie abhängig sind, desto schwieriger wird das Aufhören. Am besten ist ein kalter Entzug. Starten Sie die Entwöhnung deshalb eher heute als morgen. Haben Sie gerade das Nasenspray in der Hand? Legen Sie es weg. Widerstehen Sie dem Drang, sich einen Sprühstoß zu geben.
Leider wird das Gefühl der verstopften Nase und des Nicht-Atmen-Könnens mehrere Tage bis Wochen anhalten. Dies ist oftmals gepaart mit schlechtem Schlaf, was natürlich auf Dauer sehr zermürbend ist. Ansonsten können Sie die Entwöhnung auch unterstützen, indem Sie beispielsweise in der Übergangszeit Kortison-haltige Sprays ohne Xylo nutzen. Oder verwenden Sie Sprays mit geringerer Dosierung – zum Beispiel Kindersprays. Ein Geheimtipp (der gar nicht so geheim ist, da ihn jede Apotheke kennt) ist, dass Sie die Nasenlöcher nacheinander entwöhnen. So haben Sie immer mindestens ein freies Nasenloch, was zumindest eine gewisse freie Atmung erlaubt. Am besten gehen Sie eine solche Entwöhnung zusammen mit Ihrer Hausarztpraxis an, die Sie beraten und begleiten wird.
Und falls Sie noch einen letzten Motivationsschub für die sachgemäße Benutzung benötigen: Nasensprays mit Xylo richtig eingesetzt sind eine wahre Wohltat. Sobald Sie jedoch einmal in der Abhängigkeitsphase beziehungsweise der Missbrauchsphase waren, werden Sie nie mehr unbeschwert auf Xylo zurückgreifen können. Ihre Nasenschleimhaut erinnert sich rasch an den vergangenen Missbrauch, und der Gewöhnungseffekt setzt sehr schnell wieder ein. Berauben Sie sich also nicht dieser tollen Arznei. Sie werden sie sicher noch einige Male in Ihrem Leben benötigen. Und ja – schonen Sie Ihre Mitmenschen. Eine Stinknase ist wirklich widerlich.
Was |
Bittere Aprikosenkerne |
Giftige Bestandteile |
Enthalten den giftigen Stoff Amygdalin, der im Körper zu Blausäure umgewandelt wird |
Toxische Dosis |
Bei Erwachsenen ab einem Verzehr von zwei großen bitteren Aprikosenkernen. Kinder sollten überhaupt keine bitteren Aprikosenkerne essen |
Symptome |
Akute Vergiftung: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit, Koma, Atemprobleme, Herz-Kreislauf-Probleme |
Erste Hilfe |
Bei akuter Vergiftung mit schweren Symptomen Krankenwagen rufen. Bei leichten Symptomen Giftnotruf wählen oder Arztpraxis aufsuchen |
In einer bekannten Online-Apotheke kann man 250 Gramm bittere Aprikosenkerne für etwa 9 Euro erwerben. In einem großen Online-Kaufhaus kostet 1 Kilogramm knapp 17 Euro. Die Kundenbewertung liegt hier aktuell bei 4,4 von maximal 5 möglichen Sternen – also ziemlich gut. In den Details der Kundenbewertungen findet man Aussagen wie: »Ich bin voller Hoffnung … Waffe gegen meinen Krebs«, »Ich benutze diese Kerne für krebskranke Kinder«, »Ich esse diese Kerne als Prophylaxe, ca. 20 Stück täglich« oder »Meine Partnerin nimmt sie als Mittel gegen ihren Krebs«.
Wenn ich solche Bewertungen lese, steigen mir angesichts der traurigen Beschreibungen Tränen in die Augen. Offenbar verzweifelte Menschen erhoffen sich von Aprikosenkernen Heilung von ihrem Krebsleiden oder gar einen präventiven Schutz vor einem Tumor. Und so sehr ich die Hoffnungen dieser Menschen nachvollziehen kann, sind sie doch arglistigen Täuschern oder einfach nur Berichten anderer verzweifelter Menschen auf den Leim gegangen. Nicht nur, dass diese Kerne keinen nachweisbaren Einfluss auf Linderung oder gar Heilung eines Krebsleidens haben, eine zu große verzehrte Menge kann dem Körper im Gegenteil sogar Leid antun. Dies ist nicht nur bei gesunden Menschen ein Problem, sondern gerade auch bei krebskranken Menschen, die mit ihren Kraftreserven haushalten müssen. Jede zusätzlich schädigende Wirkung kann den Erfolg der medizinischen Behandlung negativ beeinflussen.
Eine kurze Recherche im Internet ergibt, dass es offenbar auch zahlreiche Heilpraktiker gibt, die Aprikosenkerne anstelle einer Chemotherapie empfehlen. Ich möchte hier an dieser Stelle nicht mit Kritik am Berufsstand der Heilpraktiker aufwarten. Allerdings finde ich es schockierend, wenn Vertreter dieser Zunft Menschenleben aufs Spiel setzen, indem sie nachgewiesen wirksame Behandlungen ablehnen und schädigende Substanzen als Ersatz empfehlen. Und leider – auch das soll nicht verschwiegen werden – gibt es auch immer wieder studierte Medizinerinnen und Mediziner, die für den Einsatz von Aprikosenkernen in der Krebstherapie werben. Ein jahrelang, fundiertes Studium schützt anscheinend ebenfalls nicht zwangsläufig vor Torheit. Deshalb ist es mir ein Herzensanliegen, hier deutlich zu sagen: Lassen Sie die Finger von Aprikosenkernen. Es gibt keinen eindeutigen Nachweis für eine Wirkung gegen Krebs – weder in der Praxis noch in der Theorie. Das Risiko, dass Sie sich mehr schaden, als es Ihnen nützen könnte, ist viel zu hoch!
Die Mär von den heilenden Aprikosenkernen
Es gibt zwei Arten von Aprikosenkernen – die süßen und die bitteren. Die süßen Kerne entstammen im Normalfall den gebräuchlichen Aprikosen, welche in Lebensmittelgeschäften zum Verzehr angeboten werden. Die bitteren stecken in den kleinen, säuerlichen Wildaprikosen. Beide Aprikosenkern-Arten enthalten einen Stoff Namens Amygdalin. Allerdings ist das Amygdalin in den süßen Aprikosenkernen nur in relativ geringen Konzentrationen vorhanden, in den bitteren jedoch in einer sehr viel größeren Menge. Und genau um dieses Amygdalin geht es. Den Stoff umweht in vielen Schilderungen im Internet ein Hauch von Rebellentum. Das Wissen darüber soll demnach von der Pharmaindustrie unterdrückt werden, da sich damit kein Geld verdienen lässt. All das ist hanebüchener Unfug.
Die oben genannten Mitglieder der Esoterik-Szene, welche mit der Aprikosenkern-Krebsbehandlung werben, argumentieren in puncto Nutzen beziehungsweise Wirkung von Amygdalin meist mit zwei Argumenten15:
Beides ist, verzeihen Sie bitte meine grobe Wortwahl, gequirlte Grütze. Zum einen ist Amygdalin überhaupt kein Vitamin. Die Fantasiebezeichnung Vitamin B17 wurde dem Amygdalin fälschlicherweise zugeschrieben und hält sich seitdem hartnäckig. Die Definition von Vitaminen besagt, dass Vitamine lebenswichtige Stoffe darstellen, die überwiegend nicht selbst vom Körper gebildet werden. Wir müssen sie also über die Nahrung aufnehmen. Und hier kommen wir schon zum entscheidenden Punkt, denn: Amygdalin ist nicht lebensnotwendig, es ist kein Vitamin und es kann daher keinen Mangel im Körper geben. Sie können auch ohne die Aufnahme von Amygdalin ein wundervolles und gesundes Leben führen.
Um den zweiten Punkt zu entkräften, müssen wir ein wenig mehr ins Detail gehen. Verschlucken Sie Amygdalin, zum Beispiel in Aprikosenkernen, wird dieses Amygdalin in einem ersten Schritt durch ein kleines Helferlein in Ihrem Körper (mit Namen Glucosidase) zuerst in Prunasin und dann durch ein anderes Helferlein in Mandelonitril umgewandelt16. Beide Zwischenprodukte sollen uns nicht weiter interessieren. Vergessen Sie die Namen einfach wieder. Wichtig für uns ist allerdings (Achtung, jetzt besonders gut aufpassen), dass im Laufe der weiteren Umwandlung von Mandelonitril als Endprodukt unter anderem Cyanid entsteht. Das schockiert Sie nicht? Dann benötigen Sie unbedingt die folgende Information: Ein anderer Name für das Cyanid ist (grob vereinfacht) Blausäure. In aller Deutlichkeit gesprochen heißt das: Essen Sie Aprikosenkerne, dann wird in Ihrem Körper Blausäure gebildet. Und Blausäure ist pures Gift für unseren Körper – dazu komme ich gleich noch.
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