Table of Contents

Titel und Impressum

1. Kapitel

Raoul

Papa fehlt

Warum haben sie Papa mitgenommen?

Maria erinnert sich

Nach der Überfahrt

Frühstück

2. Kapitel

Mama und Maria

Am nächsten Morgen

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

Löwe

Achmed

Affen

Die Kinder beobachten

6. Kapitel

Wieder im Auto

7. Kapitel

Yussuf

8. Kapitel

Maria freut sich

9. Kapitel

10. Kapitel

Traurig

Das tut mir leid, Achmed

11. Kapitel

12. Kapitel

Und wo ist unsere Wohnung?

13. Kapitel

Sehnsucht

Eine gute Nachricht

14. Kapitel

Festlich

15. Kapitel

Maria zählt die Tage

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ÜBER DIE AUTORIN

 

 

 

Gabriele Schumm

 

 

Maria kommt aus

Afrika

 

Ein Flüchtlingskind findet eine neue Heimat

 

 

Roman für Kinder

 

 

Verlag DeBehr

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Copyright by Gabriele Schumm

Herausgeber: Verlag DeBehr, Radeberg

Erstauflage: 2016

ISBN: 9783957533036

 

Grafiken Copyright by Fotolia by © Natalia Rashevskaya, © bilalizaddin, © karelnoppe, © Wolfilser, © EBFoto, © andamanec, © Andrea Izzotti, © ArTo, © pixelheadphoto, © francovolpato, © Rafal Cichawa, © D.Serin, © Terriana, Nolte Lourens

 

1. Kapitel

Ankunft in einem fremden Land

 

Maria liegt auf ihrem Feldbett in der großen Turnhalle.

Es ist seit Langem die erste Nacht in einem Bett, und Maria möchte so gerne schlafen, denn sie ist sehr müde nach der langen Wanderung durch die Wälder und an der Straße entlang.

Die letzten Nächte haben sie und die anderen Flüchtlinge nur im Freien geschlafen – meistens unter großen Bäumen.

Immer wieder fallen Maria die Augen zu, aber die Menschen in ihrer neuen Unterkunft haben sich noch viel zu erzählen, sodass sie immer wieder hochschreckt.

Maria zieht sich die kratzige graue Decke über den Kopf, und nach einer kleinen Ewigkeit siegt schließlich doch die Müdigkeit, und sie schläft ein.

Es ist ein unruhiger Schlaf. Maria wälzt sich hin und her.

Wie jede Nacht kommen sie in ihren Träumen wieder, die großen vermummten Männer mit ihren Maschinengewehren, und sie holen ihren Papa aus dem Haus. Sie schleppen ihn in ein Auto und fahren dann schnell mit quietschenden Reifen wieder weg.

Und wie jede Nacht wacht Maria weinend auf.

Inzwischen ist es ruhig geworden in der großen Turnhalle, und bis auf einige kleine Notbeleuchtungen ist es dunkel. Fast alle in der großen Turnhalle schlafen jetzt.

Maria hat Angst. Sie steht auf und legt sich zu ihrer Mama, die ihr Bett direkt neben ihr hat.

Heute ist es besonders eng in Mamas Bett, denn auch Marias kleiner Bruder Raoul ist in Mamas Bett gekommen – wahrscheinlich hat auch er schlecht geträumt.

Mama nimmt ihre beiden Kinder in den Arm, und dann schlafen die drei aneinandergekuschelt wieder ein.

Am nächsten Morgen ist in aller Frühe schon hektisches Treiben in der Turnhalle. Jeder möchte möglichst als Erster zur Toilette und in die Waschräume.

Auch Maria nimmt Seife, Handtuch und ihr Zahnputzzeug und geht mit Raoul zum Waschraum.

Mama richtet in der Zwischenzeit die Betten und verstaut ihre wenigen Habseligkeiten in ihrem Rucksack, in dem auch einige Andenken sind, die sie aus ihrer Heimat Afrika mitgenommen hat.

Als Maria und ihr Bruder wieder zurückkommen, setzen sie sich auf Marias Bett und warten auf Mama, die sich nun ebenfalls frisch macht.

Wenig später sitzen die drei mit vielen anderen Menschen aus vielen verschiedenen Ländern an einem langen Tisch und frühstücken. Es gibt Kakao für die Kinder, Tee oder Kaffee für die Großen und jede Menge Brot, Butter und Marmelade für alle.

„Wo ist Papa?“, fragt Raoul – so wie jeden Morgen und jeden Mittag und auch jeden Abend.

„Ich weiß es nicht“, antwortet die Mama wahrheitsgemäß – ebenfalls wie jeden Morgen und jeden Mittag und auch jeden Abend.

Raoul versteht noch nicht, was passiert ist. Er ist erst drei Jahre alt, und er möchte einfach nur, dass sein Papa wieder da ist.

 

 

Auch Maria vermisst ihren Vater. Sie hat gesehen, wie er entführt wurde, und sie hat Angst, dass die Männer ihm etwas angetan haben.

Maria ist sieben Jahre alt und erinnert sich gut daran, wie gefährlich das Leben in Afrika in der letzten Zeit war. Auch nach der Schule ist sie immer auf dem kürzesten Weg nach Hause gegangen – so wie sie es ihren Eltern versprochen hatte, denn es war einfach zu gefährlich, auf der Straße zu spielen. Immer wieder fuhren Autos mit bewaffneten Männern vorbei, und man wusste nie, ob sie schießen würden oder nicht.

Maria weiß, dass schon viele Familien fliehen mussten, damit die vermummten Männer mit ihren Gewehren sie nicht finden und verschleppen konnten.

 

 

„Warum haben sie Papa mitgenommen?“, fragt Maria ihre Mama.

„Vielleicht haben sie ihn mitgenommen, weil er immer sagt, was er denkt, auch wenn das bei uns in Afrika oft sehr gefährlich ist. Als Bürgermeister des Dorfes musste er den Menschen auf ihre Fragen ehrliche Antworten geben. Manchmal hat er auch über Dinge gesprochen, die er ändern wollte. Das hat den Anführern der vermummten Männer ganz und gar nicht gefallen. Deshalb haben sie den Papa wohl mitgenommen.“

Maria hat aufmerksam zugehört – sie ist stolz auf ihren Papa, der keine Angst hatte, die Wahrheit zu sagen.

„Die Männer wären wiedergekommen“, ist sich die Mama sicher, „und dann hätten sie uns alle mitgenommen.“

 

 

Maria erinnert sich gut daran, wie die Mama noch in derselben Nacht eilig ein paar Sachen zusammengepackt hat und sich dann noch vor Sonnenaufgang mit ihr und ihrem kleinen Bruder Raoul auf den Weg ins nächste Dorf gemacht hat.

Es begann eine abenteuerliche Flucht – Mama sagte immer, dass sie eine lange Reise machen.

Zum Glück war es Frühling, und auch der Wind wehte nicht zu kräftig, sodass sie die Überfahrt von Afrika nach Europa heil überstanden haben.

Nicht alle Flüchtlingsboote haben Europa erreicht, sie sind gekentert und die Menschen sind im Meer ertrunken – Maria hat davon gehört.

Doch die Menschen auf ihrem Boot haben es geschafft.

 

Nach der anstrengenden Überfahrt wurden viele von ihnen in einen Bus gesetzt, der sie an die deutsche Grenze brachte. Maria, Raoul und ihre Mama waren dabei.

Der Bus hielt in Deutschland direkt hinter der Grenze. Hier mussten alle aussteigen und zu Fuß weitergehen. Viele Tage waren sie unterwegs.

Und nun sind sie hier, hier in dieser Turnhalle mit all den anderen Menschen, die ebenfalls aus ihrer Heimat fliehen mussten, weil dort schlimme Dinge passieren.

 

Maria sieht sich am Frühstückstisch um. Ihr gegenüber sitzt ein Junge, der etwa so alt ist wie sie. Er hat ebenfalls eine dunkle Hautfarbe, so wie sie selber, und er ist alleine mit seiner Mama hier angekommen. Auch er scheint jemanden zu vermissen – vielleicht seinen Papa? – denn er hat die ganze Zeit den Kopf gesenkt und blickt traurig auf sein Frühstück.

Etwas weiter weg sitzt eine komplette Familie. Vater, Mutter, zwei Jungs und ein Baby. Das Baby liegt bei seiner Mama in einem Tragetuch und schläft. Die Familie hat eine helle Hautfarbe, „aber ihre Haare sind genauso schwarz wie meine“, stellt Maria erfreut fest.

Plötzlich ertönt ein lauter Knall.

Maria erschrickt ganz fürchterlich und versteckt sich so schnell sie kann unter dem Tisch. Sie zittert vor Angst.

Mama steht auf, zieht Maria vorsichtig wieder unter dem Tisch hervor und nimmt sie in ihre Arme. „Das war nur ein Stuhl, Maria, nur ein Stuhl, der umgefallen ist.“

Nur langsam beruhigt Maria sich wieder. „Ich dachte, da schießt einer“, flüstert sie, dann setzt sie sich still wieder auf ihren Stuhl.

Ihr Frühstück mag sie nach diesem Schrecken nicht mehr essen.

Die Zeit in der Turnhalle vergeht nur sehr langsam.

Das Essen schmeckt zwar gut, aber es ist die einzige Abwechslung hier, sonst geschieht den ganzen Tag nichts.

Auch der zweite und der dritte Tag vergehen, ohne dass sich irgendetwas an ihrer Lage ändert.

Doch dann, endlich, am vierten Tag hält ein Bus vor der Turnhalle. Ein Mann steigt aus und liest viele Namen vor. Auch Marias Familie steht auf der Liste. Sie freuen sich, denn sie sollen mit diesem Bus in ihre Flüchtlingsunterkunft gebracht werden.

Gespannt, wohin die Reise heute wohl gehen wird, steigen die drei ein.

Die Fahrt dauert fast vier Stunden, doch dann biegt der Busfahrer in eine kleine Straße ein und hält wenig später vor einem großen Haus.

Neugierig schaut Maria aus dem Fenster.

Mama weckt Raoul auf, der die letzten beiden Stunden in ihren Armen geschlafen hat, dann steigt sie mit ihren beiden müden Kindern aus dem Bus.

„Wo gehen wir jetzt hin?“, fragt Raoul schläfrig.

„Wart’s ab“, antwortet die Mama, „ich weiß es auch nicht.“

 

2. Kapitel

Ein Zimmer für drei