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© 2014 Nicole Lang
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7386-7033-2
Diese Hausarbeit wurde im Rahmen des Hauptseminars „Europäische Avantgarden. Theoretische Positionen und kulturelle Kontexte“ im Wintersemester 2013/14 bei Prof. Dr. Dirk Kretzschmar am Department Germanistik und Komparatistik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg angefertigt.
Ich danke Herrn Prof. Dr. Kretzschmar herzlich für seine Unterstützung.
In der Kunst, Literatur und Musik des 20. Jahrhunderts sind die verschiedensten Tendenzen festzustellen, die später unter dem Begriff ‚Avantgarde‘ subsummiert wurden. Diese Tendenzen bereits wurden bereits im 19. Jahrhundert vorbereitet. Obwohl in Kunst, Literatur und Musik eine ähnliche Ausgangslage herrscht, verlaufen die einzelnen Entwicklungen dennoch mitunter recht unterschiedlich. Dass diese Unterschiede in der germanistischen Komparatis-tik von Interesse sind, wird allein schon dadurch deutlich, dass Autoren wie Thomas Mann in seinem Doktor Faustus die Nähe von Literatur und Musik nutzen, um das Thema der Krise in der Kunst der Moderne zu schildern.1
Daher soll im Folgenden die Entwicklung der avantgardistischen Strömungen in der Musik von der Romantik über den Impressionismus, bis hin zum Expressionismus und Futurismus aufgezeigt werden, wobei auf die jeweiligen Herangehensweisen von ein bis zwei Komponisten aus dieser Periode eingegangen wird. Zwar können die ersten beiden Strömungen nicht mit dem Begriff ‚Avantgarde‘ bezeichnet werden, aber in ihnen haben sich Entwicklungen vollzogen, die für die Entstehung einer Musik verantwortlich waren, die durchaus Anspruch darauf haben, zur Avantgarde gezählt zu werden. Der Fokus wird hierbei vor allem auf die europäische Musik gelegt, weshalb elektronische Musik und deren Vorläufer unberücksichtigt bleiben und auch auf Genres wie Rock, Pop und Jazz nicht eingegangen wird, wenngleich sie auch Einflüsse auf die klassische Musik hatten.
Bevor jedoch die musikalischen Entwicklungen beschrieben werden, wird zunächst ein kurzer Überblick über Sicht- und Verfahrensweisen gegeben, die ganz allgemein den Tendenzen gemein ist, die später als ‚Avantgarde‘ bezeichnet wurden.
1 Vgl. Berg, Hubert van den / Walter Fähnders: Die künstlerische Avantgarde im 20. Jahrhundert, S. 1.
Der Begriff ‚Avantgarde‘ stammt ursprünglich aus der französischen Militärsprache und meint mit ‚Vorhut‘ denjenigen Teil, der zuerst die Lage auskundschaftet, Hindernisse beseitigt und mit dem Feind in Berührung kommt.2 Bei seiner späteren Anwendung auf künstlerische und politische Strömungen, vor allem des 20. Jahrhunderts, entsteht daher ein ähnliches Bedeutungsspektrum, vor allem jenes des ‚Sehers und Führers der Gesellschaft‘.3 Die Avantgarde beansprucht daher eine radikale Neuerung der künstlerischen Formen, ja eine völlig neue Auffassung von ‚Kunst‘. Damit versucht sie eine „neuartige Positionierung der Kunst in der Gesellschaft durchzusetzen.“4 Allerdings kann ‚Die Avantgarde‘ keinesfalls als einheitliche Strömung betrachtet werden, sondern besteht vielmehr aus einem „Geflecht von Gruppierungen, Bewegun-gen, Ismen, Strömungen [und] Tendenzen“5, dessen Kunstströmungen sich selbst nie als ‚avantgardistisch‘ bezeichnet haben. Erst im späteren 20. Jahrhundert werden sie durch die Geschichtsschreibung rückwirkend als solche bezeichnet, wohingegen ab dieser Zeit Künstler und Künstlergruppen ausdrücklich unter der Bezeichnung ‚Avantgarde‘ auftraten.
So problematisch dieser Begriff und so heterogen die Gruppen auch sein mögen, lassen sich an diesem Begriff doch Tendenzen und Züge festmachen, die den Gruppen im Wesentlichen gemein sind. Dazu gehört sicherlich der Wunsch, „sich zu etablieren, sich zu definieren und in der Öffentlichkeit […] zu positionieren.“6 Der Weg dorthin besteht meist aus Proklamationen, in denen die Bedeutung, die Forderungen und oft auch gleich die künstlerische Umsetzung derselben erklärt werden, wodurch die entscheidende Abgrenzung gegenüber dem Alten und eine gewisse Selbstinszenierung erreicht werden kann. Zwar kamen die frühen Avantgarde-Bewegungen wie der Kubismus noch ohne ausführliches Programm aus, doch begann bereits im Februar 1909 Filippo Tommaso Marinetti mit seinem Werk Le futurisme, das auf der Titelseite der Pariser Tageszeitung Le Figaro erschien und die Geburt des italienischen Futurismus markierte, die ‚Ära‘ der von nun an obligatorischen Eröffnungs-Manifeste der Avantgarde einzuläuten.7
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