Sammelband 5 Wildwest-Romane: Sonora Western Februar 2018
Published by Alfred Bekker präsentiert, 2018.
von Alfred Bekker, Alfred Wallon, Larry Lash, Thomas Tippner & Pete Hackett
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Dieses Buch enthält folgende vier Western:
Larry Lash: Der Letzte
Alfred Bekker: Sonora-Geier
Alfred Wallon: Revolver-Rache
Thomas Tippner: Eine Kugel für Kennedy
Pete Hackett: Marshal Logan und die unerbittliche Jagd
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Satteltramp Jeff Corley im Kampf gegen Vigilanten und Banditen - An Bord des Flussdampfers COLORADO QUEEN erfüllt sich das Schicksal eines Revolvermanns.
Cover: Firuz Askin
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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.
© by Author
© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
postmaster@alfredbekker.de
Title Page
Copyright-Seite
Der Letzte | Western von Larry Lash
Copyright
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SONORA-GEIER | von Alfred Bekker
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Revolver-Rache | von Alfred Wallon
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Eine Kugel für Kennedy | von Thomas Tippner
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Marshal Logan und die unerbittliche Jagd | von Pete Hackett
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Further Reading: 10 Marshal Western August 2016
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About the Author
About the Publisher
Der Umfang dieses Buchs entspricht 189 Taschenbuchseiten.
Bill Graham wollte fort von der Ranch seiner Eltern, wollte fort, weil es für ihn keine Zukunft hier geben konnte. Er träumte von der Ferne, von dem Glück in der Fremde. Seinem Vater jedoch hatte er versprochen, dass er bis zu seiner Volljährigkeit auf der Ranch bleiben würde. Einen Tag vor seinem einundzwanzigsten Geburtstag entschied das Schicksal seinen weiteren Lebensweg. Die Lanzen-Ranch fiel ihm zu. Aber mit dem Tode seiner beiden Brüder fiel auch alles andere an ihn, was die Lanzen-Ranch von jeher bedrückte. Er erbte auch die uralten Feinde, die zähen Gegner. Eine Crew wurde ihm vorgesetzt, die ihn fast aus dem Sattel hob, noch bevor er sein bitteres Erbe ganz angetreten hatte.
Niemals war ein Mann so nahe daran, völlig zusammenzubrechen. Niemals wurde einem Mann in jungen Jahren solch eine Bürde auferlegt, die zu schwer zu sein schien für seine schwachen Schultern.
Bill Grahams rauer Trail begann, als er das Erbe antrat. Er löste nicht nur die Spannungen, sondern fand am Ende des Trails noch das besondere Glück, das ihm immer vor den Augen geschwebt hatte.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.
© by Author
© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Alle Rechte vorbehalten.
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Der Duft der Blüten wurde stärker, je weiter sich die Hufe des Schwarzschecken nach Norden zu bewegten. Die Luft war warm und würzig, erfüllt von Mücken und Fliegengesumm und undeutbaren Lauten, die aus der grünen Mauer des Waldes herüber wehten.
Mit dem angenehmen Duft der Blüten trug der Westwind den würzigen Odem des Meeres weit über das Land, verstärkte noch den Hauch der Einsamkeit und schien wie eine Last die Schultern des Reiters niederzubeugen.
Die Hitze hatte den Reiter ausgelaugt, seine Haut mahagonifarben getönt. In seinem schmalgeschnittenen Gesicht standen bernsteinfarbene Augen, die trotz aller Strapazen sehr lebendig die Gegend abtasteten. Buschige Brauen überdachten die Augen, die hohe Stirn wurde vom Stetsonrand beschattet. Braune Haare lugten unter dem Rand hervor, wehten leicht im Wind.
Bill Graham sog in vollen Zügen den würzigen Geruch in seine Lungen. Man sah es gleich, diesem Manne machte das Klima wenig zu schaffen. Er hatte es sozusagen mit der Muttermilch eingesogen, ebenso wie sein hochbeiniges Reittier. Er bewegte sein Pferd mit der Lässigkeit eines Mannes, der hier zu Hause war und mit seinem Tier so verbunden war, dass er diesem die Führung zeitweise selbst überlassen konnte.
Wie alle Texaner, so war auch er stolz auf den Einzelstern in der Landesflagge sowie auf El Alamo, die Festung, deren Besatzung gegen eine erdrückende Übermacht Mexikaner standhielt. Yeah, es war der Stolz, der alle Texaner beflügelte und wohl immer in ihren Herzen lebendig bleiben würde, so lange ihr Land existierte. Ein Land, dessen Klima wechselte wie Tag und Nacht, das im Süden und Norden große, bedeutsame Rinderherden aufwies, ein Land, geschaffen für Männer vom harten Schlag. Hier gab es noch Großranchers, die einen Weidebesitz von der Größe eines kleinen europäischen Staates hatten. Hier zogen ungezählte Rinder über die Weiden, Gastfreundschaft stand an höchster Stelle.
In diesem Lande hätte man sich wahrlich wohlfühlen können, wenn ...yeah, Bill Graham runzelte die Stirn. Für einen Augenblick schien das Licht in seinen Augen zu erlöschen. Er machte den Eindruck, als wäre er plötzlich bedeutend älter geworden. Sein Gesicht wurde zur ausdruckslosen Maske. Seine Augen jedoch starrten auf die Fährte, die sich schnurgerade vor ihm nach Norden zog.
Zwei Reiter hatten vor ihm den gleichen Weg gewählt. Die Hufe ihrer Pferde hatten das Gras niedergedrückt. Noch hatte der Wind die Halme nicht wiederaufgerichtet und dort, wo die Trittsiegel sich scharf im Lehmboden abzeichneten, waren die Ränder nicht eingebröckelt, sondern frisch und klar, so dass man jeden Huf scharf nachgebildet fand und sogar die Besonderheit der Eisen, der Nägel und der Hufkrone genau erkennen konnte.
Bill brauchte sich nicht erst aus dem Sattel gleiten zu lassen. Von oben her erkannte er, dass rechts der löwenfarbene Bronco Wills und daneben der grobknochige Fuchswallach Dudds gelaufen waren.
Plastisch konnte Bill sich die beiden Reiter vorstellen. Jede Einzelheit, jede Kleinigkeit ihrer Art war ihm gegenwärtig. Seine beiden Brüder waren breit in den Schultern, wirkten kraftstrotzend. Es waren Männer, deren Schatten schon manchem Kerl einen kalten Schauer über den Rücken gefegt hatten.
Hochaufgerichtet waren sie gewiss nebeneinander hergeritten, schweigend und wachsam. Yeah, so konnten sie Meile um Meile zurücklegen. Zwischen ihnen waren nie viele Worte nötig, sie verstanden sich auch so, hielten zusammen wie Pech und Schwefel. By Jove, das kam erstmals richtig zum Ausdruck, als Gordon Graham ihnen seine zweite Frau als Mutter auf die Ranch brachte. Sie hatten sich schon als Knaben in Hass gegen diese Frau und auch gegen den Vater zusammengeschlossen. Bestrafungen, Ermahnungen und gute Worte, alles hatte nichts genutzt. Beide hatten das unduldsame Wesen des Vaters geerbt, beide glichen ihm in jeder Beziehung aufs Haar. Sie waren hartnäckig, dickköpfig und stur. Yeah, oft auch unbeherrscht in ihren Wünschen und Handlungen, unbeherrscht auch in ihrem blinden Hass. Es. war ein Hass, der nicht mit dem Tod dieser zweiten Frau, seiner Mutter, die bei seiner Geburt starb, erlosch, sondern sich auf den Letzten der Sippe konzentrierte, und dies mit aller Leidenschaft. Himmel und Hölle, yeah, er, Bill, hatte diesen Hass zu spüren bekommen.
Die Jugend wurde ihm vergällt. Der tiefe Hass der Brüder machte ihn schon früh zum Außenseiter. Was nützte es, dass der Vater die Halbbrüder so streng hielt, dass er sie immer wieder bestrafte und zu schlichten versuchte? Ihr Hass war unüberwindlich, war stärker als alle Blutsbande. Es wurde auch nicht anders, als der Vater für immer die Augen schloss und die Ranch an Will überging. Zwar zeigten die Brüder, die sich in die Leitung der Ranch teilten, ihren Hass nicht mehr offen, sondern er schwelte unter der Oberfläche. Sie zogen ihn jedoch niemals ins Vertrauen, ließen ihn seine Wege reiten, wie es ihm passte. Kurz und gut, sie duldeten ihn, wie man eben etwas Lästiges hinnehmen muss. Nicht einmal zur Arbeit zogen sie ihn heran, und, by Gosh, deutlicher konnte einem Menschen nicht gezeigt werden, dass er überflüssig war.
Vor einem Jahr etwa war der Vater gestorben. Noch am Sterbelager hatte Bill seinem Vater versprechen müssen, nicht eher die Ranch zu verlassen, als bis er einundzwanzig Jahre alt sein würde.
Sicherlich hatte der Vater gewusst, dass er andernfalls noch am gleichen Tage sein Bündel geschnürt und das Weite gesucht hätte. Vielleicht hatte der alte, hellsichtige Mann genau gewusst, wie es in seinem jüngsten Sohn aussah, hatte in den bernsteinfarbenen Augen gelesen, dass er bereit war, sein Glück in der Ferne zu suchen.
Yeah, noch manche andere, verborgenen Dinge mochten die vom Alter hellen Augen des alten Mannes in denen des Sohnes entdeckt und gelesen haben.
Bevor er die Augen schloss, hatte er seine Söhne zu sich gerufen, hatte Will und Dudd zum letzten Mal zur Fairness ermahnt, hatte dann mit ihnen allen verhandelt. In der Sterbestunde jedoch, war nur er, Bill, bei ihm gewesen.
Nun yeah, seit dem Tode des Vaters hatte sich das Verhältnis zwischen den Brüdern scheinbar gebessert. Es schien, als ob die Worte des Oldtimers Will und Dudd doch ein wenig beeindruckt hätten. Doch das änderte sich bald, als Wochen um Wochen verstrichen, die Monate sich aneinanderreihten.
Ab morgen nun würde Bill nicht mehr an sein Versprechen, das er dem Sterbenden gegeben hatte, gebunden sein. Morgen würde er einundzwanzig Jahre alt sein.
Er atmete tief. War es nicht, als ob im Dunst des hitzeflirrenden Nachmittags ganz weit in der Ferne ein helles Leuchten aufbrach? Als ob ihm der Wind den Odem der Freiheit entgegenblies? Yeah, war es nicht, als ob der kommende Tag ein neues Tor vor ihm aufstoßen würde, durch das hindurch er reiten musste, um alle Brücken hinter sich abzubrechen?
By Gosh, ohne Reue würde er fortreiten und die Lanzen-Ranch würde mehr und mehr aus seinem Gedächtnis verschwinden. Eines Tages würde er vielleicht zu den Gräbern zurückkehren. Yeah, das Grab der kleinen, blonden Frau, die seine Mutter war und deren Liebe er nie kennengelernt hatte, und das Grab des Vaters würde er besuchen. Vielleicht hatte sich dann seine Meinung geändert. Auch der Vater war so unduldsam in seinem Leben gewesen, wie seine Söhne aus erster Ehe. Auch in ihm hatte ein schwelendes Feuer dicht unter der Oberfläche gebrannt, jederzeit bereit, aufzulodern.
Yeah, eines Tages würde alles ganz anders sein, und schon morgen sollte das neue Leben beginnen. Nicht viel hatte er zu packen. Es waren einige Kleinigkeiten, die unbedingt nötig waren, um ein Leben in der Einsamkeit führen zu können.
Will und Dudd würden aufatmen, denn sein Fortritt würde sie von der Sorge befreien, ihm sein Erbteil auszahlen zu müssen. No, er wollte nichts anderes, als nur die Freiheit, wollte die Fesseln von sich abstreifen und für sich allein sorgen. Überall im Land gab es für willige Hände Arbeit, und er verstand seine Arme zu gebrauchen, konnte hart arbeiten und mit Rindern umgehen.
Bill ritt weiter, ritt der gutausgeprägten Fährte nach. Das Flimmern der Nachmittagssonne hing über dem Land. Von irgendwoher drang Rindergebrüll an sein Ohr. Sicherlich zog eine kleine Herde seitlich von ihm hinter den Büschen hin, die eine undurchdringliche Wand bildeten. Dieses Land hier war ein ausgesprochenes Rinderland, saftig und riesengroß. Weiter im Süden indes gab es gewaltige Baumwollplantagen, riesige Artischocken und Bohnenfelder. Dort bauten Farmer, die über große Ländereien verfügten, Mais und Getreide an, sie würden bestimmt Arbeitskräfte aufnehmen.
Er konnte noch nicht mit Bestimmtheit sagen, wohin er sich wenden, wohin ihn der Weg führen würde. Nach Norden oder vielleicht nach Süden? Er hatte diesbezüglich noch keine klaren Pläne, dachte nur daran, sich vom Schicksalswind treiben zu lassen.
Yeah, morgen begann sein Leben!
So dachte er und war von einem Hochgefühl erfüllt, das sich in seinem Inneren ausbreitete und ihn seltsam belebte. Er war so in seinen Gedanken verspönnen, dass er zutiefst erschrak, als plötzlich die kleine Rinderstadt Alice vor ihm auftauchte.
Bis auf wenige Meilen war er an dieses Städtchen herangekommen. In eine Mulde gebettet lag es malerisch vor ihm mit Gassen und Winkeln, mit Häusern, die nach südländischer Art gebaut waren und grellweiß in der Sonne leuchteten. Prächtige Gärten, in denen farbenfrohe Blumenbeete angelegt waren, Schuppen, Corrals, eine Kirche, deren Kirchturm sich in den stahlblauen Himmel hob wie ein Zeigefinger, Holzrauch, der sich über den Dächern ausbreitete, rundeten das friedliche Bild.
Yeah, das war Alice. Trotz der Kleinheit hatte diese Stadt betörende Reize, strahlte ein Leuchten aus, das immer wieder die Menschen anzog.
Mit den Schenkeln trieb Bill seinen Schwarzschecken weiter. Bald erreichte er die ersten Häuser. Ein Reiter kam ihm entgegen, hielt sein Pferd einige Schritte vor ihm an, stellte es so, dass Bill sein Tier nicht einmal zu zügeln brauchte, dass es von selbst anhielt.
Der Reiter auf dem Falben schob sich den fleckigen Stetson weit in den Nacken, so dass sein hageres vergrämtes Gesicht hell von der Sonne angestrahlt wurde und der Stern auf seinem Westenaufschlag silbern glänzte.
„Es ist gut, dich zu sehen, Bill“, sagte der Reiter. Er bewegte beim Sprechen kaum die Lippen. Seine Augen musterten Bill recht eindringlich. Leise fuhr er fort wie im Selbstgespräch:
„Aber auch du wirst nicht viel ändern können.“ Eine in der Tat eigenartige Begrüßung war dies. Und dazu noch von Glenn Kellock, dem Marshal dieser Stadt! Bill kannte den Oldtimer sehr gut, denn als sein Vater noch lebte, war der Marshal oft zur Lanzen-Ranch herausgekommen. Damals trug er den Marshalstern noch nicht, sondern hatte sich und seine Familie so schlecht und recht durch Gelegenheitsarbeiten über Wasser gehalten. Man sagte von ihm, dass er den Orden nur genommen habe, um seiner sechsköpfigen Familie bessere Lebensmöglichkeiten zu schaffen. Nun, daran mochte manches wahr sein, eins jedoch wusste jedermann, Glenn Kellock hatte viel Pech in seinem Leben gehabt. Was auch immer er begann, es wurde nichts daraus. Als er ins Land kam, reichten seine Mittel gerade aus, um eine Heimstätte zu kaufen. Missernten und Naturkatastrophen hatten ihn ruiniert, und er hatte alles wieder verkauft, um mit seiner Familie in die Stadt ziehen zu können. Oh, yeah, es war ihm nicht gut gegangen. Falten und Runen hatten sich tief in seinem Gesicht eingegraben. Sorgenumwölkt war seine Stirn, und niemand hatte Glenn jemals lächeln sehen. Der Ernst und die Härte des Lebens hatten diesen Mann ausgezehrt, niedergedrückt, ihn zu seinem eigenen Schatten gemacht.
„Will und Dudd haben sich bei Sholz im Golden Palace niedergelassen. Seit dem frühen Morgen stehen sie an der Theke und schütten den Whisky in sich hinein. So viel von dem Zeug, dass ein normaler Sterblicher bereits an Alkoholvergiftung eingegangen wäre. Sie haben heute wohl wieder ihren besonderen Tag, wie?“
Er hatte einen bösen Zug um die Lippen. Man sah ihm an, dass nicht die Trunksucht der Brüder allein es war, die ihn bekümmerte, sondern dass noch etwas anderes dahinterstecken musste.
„Deine Brüder, Bill, fühlen sich als die großen Männer der Stadt. Sie treten so auf, als ob ihnen Stadt und Weiden gehören würden. Sie stören sich einen Dreck daran, dass das heiße Blut der anderen überkochen könnte. Hölle, yeah, sie haben genug Gift verspritzt.“
„Glenn, du hättest sie auffordern sollen, die Stadt zu verlassen“, unterbrach ihn Bill. „Stattdessen jedoch reitest du herum und wartest vielleicht auf einen Mann, der dir diese Arbeit abnehmen könnte.“
Die Augen des Marshals verengten sich, und er sagte:
„Yeah, ich reite herum und habe meine Augen offen. Schau dich nur um! Diese Stadt ist wie tot, und das lange nach der Siesta! Das gefällt mir absolut nicht, Bill!“
Bills Blick ging in die Runde. Yeah, jetzt spürte auch er es deutlich: Die Stadt war nicht so wie sonst, erfüllt vom heiteren Leben. Kein Gitarrenspiel, keine Passanten, keine Reiter! Stille ringsum! Nur einige Pferde dösten an den Holmen. Unter den Veranden lagerten die Schatten des Nachmittags. Wie ausgestorben wirkte die Hauptstreet.
„Du warst lange fort von der Lanzen-Ranch. Man sagt, du hättest eine der Außenweiden besucht, um vierbeiniges Raubzeug zu erledigen, Bill. Wie lange warst du fort?“
„Zwei Monate“, entgegnete Bill aufhorchend.
„Ich war noch nicht wieder auf der Ranch, kam gleich hierher, um einige Dinge zu besorgen.“
„Zwei Monate also warst du nicht auf der Ranch?“, dehnte Kellock, wie zu sich selbst. „Zwei Monate sind eine lange Zeit und vieles kann sich ändern. Vielleicht reitest du noch mal zum Golden Palace?“
„Ich denke nicht dran, Glenn“, entgegnet Bill fest. „Wenn Will und Dudd am Zuge sind, trinken sie, bis der Whisky ihnen aus den Stiefeln läuft. In einem solchen Zustand sind sie unberechenbar und dickfellig wie einjährige Bullen. Nein, ich kam nicht hierher, um mich in das Privatspiel meiner Brüder einzumischen. Sie würden mir den Kopf abreißen, wenn ich's versuchen wollte.“
„Sie haben bereits aufgeräumt, begannen ihren Tag damit, den Saloon von allen Gästen leerzufegen, die Fenster zu zerbrechen und die Schwingtür aus den Angeln zu heben. Sie schossen dem Keeper den Stetson vom Kopf, und die Flaschen auf den Regalen hatten es ihrem Schießtalent angetan. Sholz rückte aus, kam schweißtriefend und angstschlotternd zu mir, um mir von den beiden Teufeln zu berichten, die seinen Saloon zum Rummelplatz ihrer Leidenschaften machten. Nach seiner Schilderung muss es furchtbar gewesen sein. Sie haben gewirkt, als hätte der Satan selbst sie zum Tanz gefordert.
Yeah, und das alles nur, um dieser Stadt zu beweisen, wie groß und mächtig sie sind.“
Kellock schwieg verkniffen, beobachtete die Wirkung seiner Worte. Der junge Graham jedoch schien es mit Gleichgültigkeit aufzunehmen. Kein Wunder, nicht zum ersten Mal führten sich seine Brüder wie die Teufel auf, nicht zum ersten Mal betranken sie sich sinnlos. Alle vier Wochen kamen sie in die Stadt, zum Schrecken aller Bürger und zum Entsetzen Glenn Kellocks.
„Sie haben Red Monor im Golden Palace tanzen lassen. Im Fußboden stecken die Geschosse, die sie vor seinen Stiefelspitzen ausstreuten. Red konnte sich zwar mit einem Satz durch die aus den Angeln gehobene Schwingtür retten und kam ebenfalls zu mir, um seine Beschwerde vorzubringen. Nach ihm kamen noch einige andere friedliche Bürger, denen es kaum besser erging. Als ich dich sah, glaubte ich, auch du wärest in die Stadt gekommen, um dich über deine Brüder zu beschweren. Aber das scheint ja nicht der Fall zu sein, wie?“
„Nein“, sagte Bill mit kehliger Stimme. „Nein, wozu auch? Du würdest es doch nicht wagen, sie an ihrem Treiben zu hindern, oder ...?“
Kellock strich sich über die Stirn, sagte:
„Ich bin ein alter Mann, mein Junge. Vielleicht habe ich nicht mehr die Nerven dazu, um etwas gegen sie zu unternehmen. Vielleicht fürchte ich mich auch davor, lächerlich gemacht zu werden. Als dein Vater noch lebte, konnte man sich an ihn wenden. Er kam dann allein und holte seine wilden Burschen heim. Er prügelte sie, und sie ließen es sich sogar gefallen. Doch diese Zeiten sind vorbei. Es gibt wohl niemanden mehr, der sie zähmen könnte.“
„Wenn das eine Aufforderung sein soll, Glenn, so muss ich dich enttäuschen“, entgegnete Bill bitter. „Ich kenne sie zu gut, yeah, viel zu gut!“
„Vielleicht könntest du es im Guten versuchen, Bill“, sagte Glenn Kellock müde und resigniert. „Vielleicht schaffst du es doch, dass sie sich auf ihre Pferde setzen und die Stadt so schnell wie möglich verlassen. Es braut sich etwas Unheilvolles zusammen. Ich habe Erfahrungen genug, um die Anzeichen zu deuten. By Gosh, es sind doch deine Brüder, Bill!“
Eindringlich redete der Oldtimer auf ihn ein. Man sah es ihm an, dass er durch Bills Anblick neue Hoffnung schöpfte. Scheinbar machte ihm der Vorwurf der eigenen Unfähigkeit nichts aus. Sicherlich hatte er sich an Derartiges gewöhnt und wusste nur zu genau, wie weit er gehen durfte. Eine sechsköpfige Familie konnte für einen Mann ein gewaltiger Hemmschuh sein, denn sie wollte ernährt und versorgt sein.
„Tut mir aufrichtig leid, Glenn, aber ...“
„Yeah, ich weiß, ihr steht nicht gut miteinander, Bill. Sie mögen dich nicht, und du magst sie nicht, ihr steht euch feindlich gegenüber. Das hat deinem Vater die letzten Lebensjahre vergällt, hat seinen Tod beschleunigt. Er kam nie darüber hinweg, dass zwischen dir und deinen Brüdern eine unüberbrückbare Kluft bestand. Oh, ich will nicht sagen, dass es deine Schuld ist, Bill. Vielleicht habt ihr alle niemals den Versuch gemacht, euch anzupassen und einen Ausgleich zu schaffen. Alle Grahams sind stolz und heißblütig, auch du bildest keine Ausnahme. Jetzt aber hör mich an, Bill! Jack Cloud, Fred Natter und Jim McDan sowie einige andere Männer sind in der Stadt. Das jedoch bedeutet für deine Brüder nichts Gutes!“
„Glenn, diese Männer sind allesamt unbescholten, und ich wüsste nicht, weshalb gerade von ihnen meinen Brüdern Gefahr drohen könnte.“
„Dann will ich's dir sagen, du Narr“, entgegnete Glenn aufgebracht. „Bedenke, dass Red Monor ein Schwager Jack Clouds ist und jene Männer, die deine Brüder aus dem Golden Palace hinausfeuerten, zu den Mannschaften von Natter und McDan gehören. Glaubst du, dass man die herrische Herausforderung nicht versteht? Man würde sich zurückhalten, wenn deine Brüder mitsamt der Crew gekommen wären, so aber ... Himmel und Hölle, die beiden sind einen Schritt zu weit gegangen, und ihre raue Crew steht nicht hinter ihnen. Das bedeutet, dass man sich an sie heranwagen wird.“
„Auf der Lanzen-Ranch gibt es keine raue Crew, Glenn.“
„Oh, du ahnungsloser Engel“, rief Glenn ihm zu. „Bist du etwa der Ansicht, ich habe mich nur spaßeshalber erkundigt, wie lange du von der Ranch fern warst? Acht Wochen sind eine lange Zeit, mein Junge. Deine Brüder haben sich inzwischen der alten Crew bis auf den Koch entledigt. Vor sechs Wochen zog die entlassene Mannschaft davon, ging aus dem Land und machte einer rauen Meute Platz.“
Bills Gesicht veränderte sich erschreckend. Tiefe Blässe breitete sich darüber aus, und weit öffneten sich seine Augen. Sein Herz hämmerte laut gegen die Rippenwandungen, und sein Blick saugte sich an dem Marshal fest, so, als wolle er diesem die Worte von den Lippen reißen.
Nein, diese Nachricht war zu ungeheuerlich, als dass er sie hätte schlucken können! Sie traf ihn zu tief, wühlte ihn auf, war wie ein Schlag mitten ins Gesicht.
By Gosh, die alte Crew entlassen? All die Männer, die lange ]ahre über treu und brav der LanzenRanch gedient hatten? Wie ein hässlicher Scherz erschien ihm diese Nachricht.
Glenn Kellocks verwittertes Gesicht wirkte wie versteinert. Die Augen des Oldmans hielten seinem forschenden Blick stand.
Himmel, er konnte einfach nicht daran glauben! All die Männer, mit denen er Bügel an Bügel geritten war, mit denen er sein Essen und den letzten Krümel Tabak geteilt hatte, sollten nicht mehr auf der Lanzen-Ranch sein?
Niemand hatte es für nötig befunden, ihn zu benachrichtigen. Sie waren abgezogen, ohne dass es einem von ihnen einfiel, zu ihm hinauszureiten.
No, er konnte es nicht fassen. Das war etwas, was ihn anflog wie ein schwarzer Schatten, sich in seinem Gemüt und seinem Herzen festkrallte.
Mehr als tausend Worte sagte ihm diese Handlung, dass seine Brüder taten, was ihnen passte, dass sie die Zeit für gekommen hielten, ihre Wunsche Träume zu verwirklichen. Träume, die sich um Macht, Reichtum und Ausdehnung der ganzen Lanzen-Ranch drehten. Träume, die grässliche Folgen haben müssten.
Yeah, vieles stürmte auf Bill ein, und nur langsam begriff er die ganze Tragweite des Geschehens.
„Die Bogath-Bande steht hinter deinen Brüdern“, hörte er die Stimme Glenns wie aus weiter Ferne. „Bogath selbst ist Vormann auf der Lanzen-Ranch geworden.“
Mehr brauchte Glenn nicht zu sagen. Wer kannte Bogath nicht? Jedermann wusste, dass er und seine Crew zu den Hartgesottenen gehörte, zu den Außenseitern, von denen niemand wusste, wovon sie lebten, woher sie das viele Geld hatten, das sie in Bars, Tanzhallen und Saloons mit offenen Händen um sich warfen. Jeder Mann der Bogath-Crew verstand vorzüglich mit den Eisen umzugehen. Doch Kid Bogath, Ed Grey und Pat Didelot hatten einen besonderen Ruf als Coltschwinger. Eiskalte Burschen waren es, in deren Nähe einem kalten Schauer über den Rücken liefen. Ausgerechnet mit diesen Leuten hatten sich seine Brüder eingelassen und sie in ihre Crew aufgenommen.
Ein abgehacktes Lachen kam von Bills Lippen. Will und Dudd hätten mit der Umgruppierung der Crew so lange warten sollen, bis er fortgeritten wäre. Sie hatten es nicht getan, hatten ihre Absichten klar herausgestellt, bevor er „so long“ gesagt und das Weite gesucht hatte. By Gosh, und das alles war in zwei Monaten geschehen! Er hatte in seiner Einsamkeit kein Sterbenswort darüber vernommen.
Es war ihm, als risse eine Nebelwand vor seinen Augen auseinander.
Noch immer beobachtete ihn Glenn Kellock. Die Lippen des Marshals bebten.
„Die alte Crew zog ab, um der neuen Platz zu machen. Sie mag geahnt haben, weshalb sie weichen musste, denn bevor sie die Stadt verließ, warnte sie die Siedler und Kleinranchers. Mehr konnte die Crew nicht tun. Ich hatte den Eindruck, dass sie alle gerne die Lanzen-Ranch verließen, keiner von ihnen sprach sein Bedauern aus. Der neue Wind auf der Ranch war wohl zu scharf für sie.“
Kellock trieb bei diesen Worten seinen Falben heran, verkürzte somit den Abstand zwischen sich und seinem Gesprächspartner. Düstere Schatten nisteten in seinen Augen. Die Sorge stand tief in seinem Gesicht geschrieben.
„Man hat sie daran gehindert, dir eine Nachrieht zukommen zu lassen. In verteufelt harter Art übernahm Bogath seine neue Stellung. Vielleicht wäre es zu einem Kampf gekommen, wenn nicht Ted McRig schlichtend eingegriffen hätte und die Mannschaft beruhigte, indem er sagte: „Bill wird alles noch früh genug erfahren, und wenn er von uns hören will, soll er an. Tom Grasser schreiben. Bestell es ihm, Marshal! Wir aber haben hier nichts mehr zu suchen, Cowboys. Reiten wir!“
Er tat so, als wäre die neue Crew für ihn überhaupt nicht vorhanden. Er übersah die gezogenen Revolver, die entschlossenen Gesichter der Männer, die hinter Bogath standen. Er winkte seinen Leuten zu, und so zogen sie ab. Man hatte den Eindruck, dass es kein schöner Abgang war für eine Crew. Yeah, eine geschlagene Mannschaft zog davon. Ein übler Geschmack verblieb. Mancher Bürger dieser Stadt sah den Davonreitenden merkwürdig nach. Yeah, seit diesem Tage ist allerlei geschehen.“
Der Marshal senkte die Stimme zu einem Flüstern herab, als hätte er Sorge, dass ein Lauscher ihn hören könne.
„Seit diesem Tage ist ringsum auf der Weide die Hölle los. Ich kann dir nur versichern, dass Cloud, Natter und McDan allen Grund haben, gegen deine Brüder vorzugehen. Der Teufel selbst muss sie geritten und hierhergebracht haben. Sie hätten wissen müssen, was sie mit der neuen Crew aufs teilten, dass sie die Gemüter durcheinanderbrachten und das Blut ihrer Gegner bis zur Weißglut bringen würden.
Aber sie pfeifen darauf. Sie kommen ganz groß, um zu demonstrieren, dass sie auch ohne die raue Crew groß genug sind, um ganz allein alle Gegner in Schach zu halten, ihnen die Furcht Gottes einzuflößen. Eine Art Größenwahn und Überheblichkeit muss sie gepackt haben. Vielleicht auch wollten sie Bogath durch diese Sache imponieren. Yeah, nur der Teufel mag wissen, was in ihren Hirnen vor sich ging. Ich liebe sie wahrhaftig nicht, und ich bin auch nicht mit dem Wechsel der Lanzen-Crew einverstanden. Noch viel weniger mit dem, was sich die neue Crew bereits leistete. Aber in dieser Stadt trage ich den Stern, und darum bitte ich dich, zu deinen Brüdern zu gehen. Fordere sie auf zu verschwinden, bevor die Hölle über sie kommt.
Vielleicht bist du es dem Andenken deines Vaters schuldig.“
„Du weißt nicht, was du verlangst, Glenn“, erwiderte Bill gequält. „Wenn du sie aufhalten willst, dann nur zu, versuche es selbst.“
„By Gosh, auf dich hatte ich meine letzte Hoffnung gesetzt, Bill. Aber gut, ein Mann soll sich nicht von seinen Gefühlen leiten lassen. Ich werde versuchen, das zu tun, was meine Pflicht ist, obwohl ich von vornherein weiß, dass ich gerade so gut in einen Löwenkäfig gehen könnte, um zwei ausgewachsene Bestien am Schweif herauszuziehen. By Gosh, noch nie haben sie's so toll getrieben, die beiden! Oh, yeah, sie wissen, dass ich ein alter Mann bin und den Stern nur nahm, weil sich kein anderer fand, der sich das heiße Ding an die Weste heftete. Sie wissen, dass ich es tat, um meine Familie über Wasser zu halten. Ferner wissen sie, dass ich nicht schnell mit den Eisen bin und auch sonst verteufelt Hemmungen habe. Einmal jedoch muss ein jeder seine Angst überwinden, und ich bin nun eben an der Reihe.“
Schweißperlen traten ihm auf die Stirn. Dunkler wurden seine Augen. Sicherlich dachte er an seine Familie. Immerzu hatte Old Glenn an seine Familie gedacht. Er war ein treusorgender Vater, ein besorgter Ehemann und ein Typ, der jedem Streit aus dem Wege ging.
Nein, solch einen Mann mit einem Marshalorden zu belasten, war nicht recht, und es hatte ihn bestimmt schon manche schlaflose Nacht gekostet. Er wurde gewiss von seinen Gefühlen hin und her gerissen, war bestimmt oft nahe daran, den Orden abzulegen, etwas Neues zu unternehmen.
Doch dann war es immer wieder die Sorge um die Familie, die ihn ausharren ließ. Yeah, und wer brauchte schon einen alten Mann? Wer wollte gleich eine große Familie mit durchfüttern? Glenn Kellock war verbraucht, hatte seine besten Jahre darauf verwendet, um über seine Misserfolge hinwegzukommen. Jetzt in diesem Augenblick schien er noch einmal die Elastizität der Jugend zurückzugewinnen, schienen seine Augen hell aufzuleuchten.
Sicherlich war es sein letztes Sich-Aufbäumen, die Verzweiflung eines Mannes, der nicht als Feigling gelten, keine grobe Pflichtverletzung begehen wollte. Fast schroff nahm er sein Pferd herum, und noch bevor Bill etwas entgegnen konnte, ritt Marshal Kellock hochaufgerichtet mitten auf der Fahrbahn.
„Halten Sie ihn auf, Bill“, flehte eine helle eindringliche Stimme. „Reiten Sie hinter ihm her! Er darf nicht zu Ihren Brüdern zum Golden Palace! Es wäre das Ende für ihn!“
Bill fuhr herum. Seine Augen weiteten sich, hefteten sich auf das Mädchen, das totenbleich dastand und an ihm vorbei auf den sich schnell entfernenden Reiter sah.
Niemand anderes als Constance Kellock war es, die Tochter des Marshals, die Älteste von Kellocks Kindern. Nicht mehr als achtzehn Jahre mochte sie alt sein. Bildhübsch war sie, hellblond mit veilchenblauen Augen, wundersam geschwungenen Lippen und einer Figur, die über die ärmliche Kleidung hinwegsehen ließ.
„Dein Vater verlangt, dass ich etwas tue, was seines Amtes ist, und du verlangst, was dir als Tochter zusteht“, stieß er bitter hervor. „Er trägt den Marshalstern, nicht ich! Er tut nur das, was er tun muss, und ich denke nicht daran, ihn aufzuhalten!“
„Würdest du den Stern in dieser Stadt tragen, die mit jedem Tag mehr verkommt und übler wird?“, fuhr sie ihn an, wobei ihre Augen ihn anblitzten.
„Ich habe alles gehört, Bill“, sagte sie. „Sicher macht mein Vater keine gute Figur, aber er ist nicht schlecht und hat dem Gesetz immer zu seinem Recht verholfen. Doch jetzt wachsen ihm die Dinge über den Kopf, und er verliert die klare Übersicht. Er wird sich in Dinge verwickeln, aus denen er nicht mehr herausfindet. Das ist genau das, was deine Brüder wollen, Bill. Sie haben die Hölle in die Stadt gebracht, und mein Vater wird mitten hineingehen und darin umkommen.“
Tränen schimmerten in ihren Augen. Ihre Brust hob und senkte sich unter ihren Atemzügen. Zornig blitzten ihre Augen ihn an.
Der Zorn machte sie noch schöner, begehrenswerter, und er musste sie immerfort ansehen.
„Du bist genauso wie deine Brüder, bist stolz, abweisend. Eines Tages wirst du auch trinken wie sie und die Hölle loslassen, wie es eben jetzt geschieht.“
„Tut mir leid, Constance, aber du hast dich an den falschen Mann gewandt. Gab es denn keinen hier, der die Kastanien für deinen Vater aus dem Feuer holen wollte?“
Seine Worte ließen sie erblassen. Abwehr kam in ihren Augen auf.
„Vielleicht werden Cloud, Natter und McDan das nachholen, was seit dem Tode deines Vaters versäumt worden ist. Deine Brüder sind ohne ihre raue Crew hier. Du hättest begreifen müssen, dass mein Vater nur wollte, dass der Frieden in dieser Stadt bewahrt blieb, sonst nichts.“
„Ich sagte bereits, tut mir leid, Constance“, erwiderte er kehlig. „Ich bin hier in der Stadt, um meinen Munitionsvorrat zu ergänzen, dazu einige Kleinigkeiten einzukaufen, und um von dieser Stadt Abschied zu nehmen.“
„Abschied?“, wiederholte sie, und ihre blauen Augen wurden fast schwarz vor Erregung. Im krassen Gegensatz dazu schien ihr Haar hell aufzuleuchten, gleich einem Helm aus purem Gold. Unwillkürlich hob sie ihre Hand, presste sie fest auf die Brust, fragte: „Du willst fort, Bill?“
Er nickte schwer und sah sie fest an. Nun, sie kannten sich bereits von Kindheit an. Als sein Vater noch lebte, war der Marshal oft mit seiner Familie zur Lanzen-Ranch hinausgekommen. Von allen Geschwistern war sie die temperamentvollste. Durch dick und dünn war sie mit ihm gegangen, kein Baum war ihr zu hoch gewesen, kein Spiel wild genug. Sonderbar, dass Bill sich gerade in diesem Augenblick an die Vergangenheit erinnerte.
War sie es nicht gewesen, die seiner düsteren Jugend ein wenig Licht und Glück gebracht hatte? Hatte er sich nicht immer nach den Besuchen der Kellocks gesehnt? By Gosh, oft hatte er nach ihnen Ausschau gehalten, aufgeatmet, wenn sie kamen.
Erst in diesem Moment wurde ihm bewusst, dass er beim Verlassen dieses Landes doch etwas zurücklassen musste: die Erinnerung an die schönen Stunden mit den Kellocks.
„Bill, du hast es dir nicht richtig überlegt“, hörte er sie sagen. „Zu jedem anderen Zeitpunkt hättest du in die Ferne reiten können, nur jetzt nicht. Du willst der Entscheidung aus dem Wege gehen, das ist das Ganze.“
„Yeah“, gab er unumwunden zu. „Der Entscheidung und dem Zusammensein mit meinen Brüdern. Ich will für mich allein ein neues Leben aufbauen. Irgendwo muss es auch für mich ein Glück und ein frohes Leben geben.“
Noch waren ihre Augen fest auf ihn gerichtet. Augen, die groß und weit waren, Schatten enthüllten, die er niemals zuvor darin gesehen hatte. „Wenn du fort bist, Bill, dann ...“
Sie sprach nicht aus, was sie dachte, wandte sich hastig ab, machte auf der Stelle kehrt und rannte fast fort, verschwand im nächsten Augenblick hinter einem Hause.
Während er noch hinter ihr hersah, peitschten Schussdetonationen durch die Stille der schläfrigen Stadt, hackte das Echo der Schüsse von den Blue Hills zurück.
Er schreckte zusammen, saß bewegungslos auf seinem Schwarzschecken, der unruhig mit den Vorderhufen den Sand der Fahrbahn aufscharrte, den Kopf hochriss und die Ohren steil aufstellte.
Aus der Richtung des Golden Palace erklang ein erstickter Schrei. Quer über die Fahrbahn lief Marshal Kellocks Falbe, reiterlos, mit hin und her schlenkernden Steigbügeln.
Aus irgendeiner Toreinfahrt rannte ein Mann davon. Bill achtete nicht darauf. Es war ihm, als ob sein Herzschlag aussetzen wollte. Ein beklemmendes Gefühl zog ihm die Kehle eng. Eine Ahnung kommenden Unheils ließ ihn im Sattel wie zur Bildsäule erstarren.
Bedrückende Stille senkte sich herab. Leer und öde wirkte die Fahrbahn. Verlassen, als banne die Furcht die Menschen in den Häusern.
Bill schluckte, spürte seinen Herzschlag rasend schnell werden.
Sollte sich an Kellock das Schicksal erfüllt haben? Sollte dieser alte Mann beim ersten wirklichen Versuch, Rückgrat zu zeigen, von seinen Brüdern getötet werden? Allmächtiger, es rüttelte und zerrte an ihm. Eiserne Klammern schienen sich um sein Herz zu legen.
Bill musste seinem Tier die Sporen einsetzen, musste die Eisenklammern sprengen, die ihn zu erdrücken drohten. Unter dem Druck der Hacken bäumte sich der Schwarzschecke auf, schnaubte laut und böse, schoss dann schnell vorwärts, so dass Bild die Zügel kurz nehmen musste.
Im Stechschritt, jederzeit bereit, nach einer Seite auszubrechen, so trabte der Schwarzschecke in Richtung des Golden Palace.
Niemand war zu sehen oder hielt Bill zurück. Aber sicher war, dass viele Augen sich aus dem Verborgenen an ihn hefteten, jede seiner Bewegungen genau verfolgt wurde.
Vor den Futterraufen des Golden Palace hielt Bill an. Bevor er aus dem Sattel klettern konnte, öffnete sich die Schwingtür. Heraus trat Marshal Kellock, totenbleich im Gesicht. Der Schweiß lief ihm in dicken Rinnen über das staubüberzogene Gesicht, grub seltsame Furchen hinein.
Bei Bills Anblick ging ein Ruck durch den Marshal. Seine Lippen kniffen sich fester zusammen, und die Kerben um seine Mundwinkel vertieften sich.
„Komm nur und schau“, sagte er keuchend zu Bill, trat von der Schwingtür zurück und wartete. Langsam schwang sich Bill aus dem Sattel, ließ das Tier mit verhängten Zügeln stehen, setzte sich auf die Schwingtür zu in Bewegung. Bleischwer waren seine Füße. Die böse Ahnung in seinem Inneren verstärkte sich. Mit flackernden Blicken sah er den Marshal an, konnte sich überzeugen, dass diesem nicht das geringste geschehen war.
Vor dem Oldtimer blieb er stehen, so, als zögere er unwillkürlich, weiterzugehen, als hemme ihn etwas Böses, durch die Schwingtür zu treten. Aber nur einen Augenblick ließ er sich von diesem Gefühl beeinflussen, dann gab er sich einen Ruck, ging an dem Marshal, der die Augen niederschlug, vorbei.
Hinter ihm drängte sich Kellock durch die Tür. Sein lauter, keuchender Atem war der einzige Laut in dem Tabak verhangenen Raum.
Wüst sah es in dem Saloon aus, als hätte eine Schar von Banditen in schrecklicher Art hier gehaust. Scherben, zerschossene Spiegel, zerschlagene Regale, zerrissene Türvorhänge boten sich seinem Auge.
Mitten in dieser Unordnung, in diesem Trümmerfeld, hockte Jube Sholz zusammengesunken auf einem Schemel. Der Besitzer des Saloons sah. aus, als hätte er einen Trail quer durch die Hölle gemacht. Blutunterlaufen waren seine Augen. Sie saßen tief in den Höhlen. Bartstoppeln bedeckten sein Gesicht.
„Der letzte Graham“, kam es keuchend von seinen Lippen. Yeah, mehr sagte er nicht, sondern sank wieder erschöpft in sich zusammen. So blieb er auch hocken, als Bill zu den beiden stillen Gestalten hintritt, die neben der Theke lagen.
Dass sie tot waren, brauchte ihm nicht erst vom Doc bestätigt zu werden. Es waren Will und Dudd. Zwei kraftstrotzende, breitschultrige Männer, stark genug, um die ganze Weide sich untertan zu machen, waren niedergeschossen worden, und das in verteufelt böser Art.
Weder Will noch Dudd hatten Zeit gefunden, ihre Eisen zu ziehen. Wills Rechte hatte im Tode noch das linke Eisen im Kreuzgriff erwischt und halb aus dem Halfter gezogen. Er lag neben Dudd, zusammengekrümmt und mit weit aufgerissenen Augen. Das tödliche Blei hatte ihn, genau wie seinen Bruder, im Rücken erwischt.
„Ich habe sie beide nicht gemocht“, hörte Bill Jube Sholz heiser sagen, „aber dass es auf diese Weise geschehen musste, nein, das hätte ich meinem ärgsten Feind nicht gewünscht.“
Bill gab keine Antwort. Langsam ging er auf seine Brüder zu. Wie eigenartig! Im Tode glichen sie dem Vater noch mehr als im Leben.
Noch im Tode zeigten ihre braunen Gesichter Trotz und Verbissenheit, war in ihnen das wilde Leben eingezeichnet, die Runen der Leidenschaft zu sehen. Sie waren genauso wild gestorben, wie sie auch gelebt hatten.
Bill schluckte schwer. In dieser Stunde der Wahrheit wusste er, dass er absolut keinen Kontakt mit ihnen gehabt hatte, dass ihr Tod ihm keinen Schmerz bereitete, dass er nur die Art ihres Todes verdammte.
Beide, Will und Dudd, hatten hier demonstrieren wollen, wie groß sie waren, wie hart und mächtig. Zwei Kugeln hatten genügt, um allen Hochmut von ihnen zu nehmen. Er, der letzte Graham, blieb allein zurück.
Es war ihm, als wenn etwas Ungeheures auf ihn zukam, als er sich bewusst wurde, dass er nun der Erbe der Lanzen-Ranch war, dass es keinen Grund mehr für ihn gab, in die Fremde zu reiten.
Die überwältigende Tatsache verwirrte ihn so, dass ein kehliges Stöhnen von seinen Lippen kam.
Mit einem Schlag hatte das Schicksal ihn in den Mittelpunkt gestellt.
Nein, jetzt konnte er nicht mehr fortreiten, jetzt trug er die Verantwortung für eine Ranch.
„Wer hat das getan?“, hörte er seine eigene Stimme seltsam fremd aufklingen.
„Red Monor war es“, klang es dumpf zurück. „Oh, die beiden haben Red so sehr zugesetzt, dass er rot sah. Sie haben ihn mit ihrem Blei auf den Zehenspitzen durch den Raum getrieben und halten ihre wilde Freude an seinen verzweifelten Sprüngen. Red war niemals ein großer Revolverschwinger, sondern ein stiller, bescheidener Siedler, der sich nur selten einen Whisky erlauben konnte. Ausgerechnet ihn trafen deine Brüder hier an, aber er hatte den Mut, sie zu beschuldigen, dass sie ihre Rinder über sein Weizenfeld trieben.“
„Monor war es?“, murmelte Bill.
„Yeah“, bestätigte Sholz. „Er kam dann wieder mit gezogener Waffe herein, muss sich wahrscheinlieh in einer Panikstimmung befunden haben, denn niemals zuvor habe ich Monor so gesehen. Er schoss ohne Anruf gleich drauflos und zog sich mit rauchenden Eisen zurück. Aber die Sache wird bereits von Marshal Kellock erledigt.“
Kellock hatte in der Tat den Raum bereits verlassen. Von der Straße her drang Lärm. Mit einem Schlag hatte sich alles geändert.
„Sholz, sag dem Sargmacher Bescheid“, rasselte Bill.
„Das will ich gern tun, Bill, wie aber soll es weitergehen?“
„Wie meinst du das?“
„Nun, ich würde dir raten, alles Weitere Kellock zu überlassen. Monor hat in einer Panikstimmung gehandelt, und es wäre nicht richtig, wenn du die Lanzen-Crew nun über die Siedler und Kleinrancher bringen würdest. Aber ich fürchte, du wirst es ohnehin kaum verhindern können.“
Oh, Bill wusste genau, was Sholz meinte. So wie er würde jeder in dieser Stadt denken, nämlich, dass er viel zu jung und unerfahren sei, um Herr über die neue Crew der Lanzen-Ranch zu werden.
Yeah, was wusste er wirklich von der rauen Crew seiner Brüder, von dem, was in seiner Abwesenheit passiert war?
Nur eins wusste er: Die Lage war so gespannt, dass es auf Biegen und Brechen ging. Auf der einen Seite standen die Kleinranchers und Siedler, auf der anderen die raue Crew der Lanzen-Ranch. Er aber befand sich mitten zwischen ihnen. Für einen Augenblick wünschte er sich den alten Zustand zurück, wünschte, Reiten und die Weite suchen zu können. Für Sekunden war er so bedrückt von der neuen Aufgabe, dass seine Kehle sich verengte, und er trocken schlucken musste.
„Ich vertraue Kellock“, stieß er durch die Zähne hervor. „Ich bin nur der Boss der Lanzen-Ranch!“
Zweifelnd betrachtete ihn Sholz. Seine tief in den Höhlen liegenden Augen bekamen einen forschenden Ausdruck. Ein schlanker, junger Mann stand neben den Toten, die seine Brüder waren. Er würde niemals so breitschultrig und kraftstrotzend, so mächtig und großartig wie Will oder Dudd werden.
Bleich war sein Gesicht. Schatten jagten sich in seinen Augen, seine Lippen waren zusammengepresst. Konnte man diesem bleichen, jungen Mann zumuten, einer rauen Crew in die Zügel zu fallen, sie zu lenken und zu leiten, ihr seinen Willen aufzuzwingen?
Sholz Stirn runzelte sich. Schwerfällig erhob er sich von dem Hocker, reckte sich. „Du bist der letzte Graham“, dehnte er. „Vielleicht bist du anders als deine Brüder. Wir werden es ja erleben und ...“
Er brach ab, trat näher an die Toten heran, fuhr fort:
„Ich werde alles veranlassen, damit sie ihre Särge bekommen, Bill, und morgen kann dann die Beerdigung erfolgen. Wirst du es schaffen, eine Crew mitzubringen, die sich ruhig verhält?“
„Ich will's versuchen“, murmelte Bill mit zuckenden Lippen, wobei er den Stetson abnahm und fast starr auf seine Brüder niedersah. „Ich werde reiten!“
Er drehte sich um, ging, ohne Sholz anzusehen zur Tür, und verließ den Saloon. Seine Rechte streifte dabei den tiefgeschnellten Coltkolben, als müsse er sich vom Sitz der Waffe überzeugen. Sie klammerte sich fest um den Kolben, als er auf der gegenüberliegenden Fahrbahn Kellock sah, der Monor gestellt hatte. Sicherlich war Monor nach dem Anschlag nicht weit gelaufen, so dass Kellock ihn aus irgendeiner Toreinfahrt herausholen konnte.
Der Siedler sah furchtbar entstellt aus. Sein Blick geisterte an dem Marshal vorbei zu Bill hin, der stehengeblieben war beim Anblick des Mannes, der seine Brüder ermordet hatte.
„Noch einer der Grahams!“, schrie Monor mit überschnappender Stimme. „Wie der Leibhaftige selbst sind sie immer da, wo man sie nicht erwartet.“
Es war, als ob seine Hand zu dem Eisen zucken wollte. Doch die Waffe in Kellocks Hand schien ihn in letzter Sekunde zur Besinnung zu bringen. Fauchend lachte er wie wild vor sich hin.
„Monor, zum Lachen hast du absolut keinen Grund“, fetzte es über des Marshals Lippen. „Ich verhafte dich im Namen des Gesetzes!“
Erst jetzt schien Monor zu begreifen. Sein irres Lachen brach ab, machte einem furchtbaren Entsetzen Platz. Schlaff wurde sein Mund, seine Schultern sackten wie unter einer furchtbaren Last tiefer.
„Kellock, du kannst mich nicht verhaften“, keuchte er bebend. „Niemand kann mich verhaften, denn ich habe nur zwei Teufel aus den Stiefeln geholt, zwei Männer, die das Land und die Weide terrorisierten, die mit ihrer rauen Crew jedem anständigen Siedler und Kleinrancher die Hölle heiß machten. Du weißt selbst, Kellock, dass wir vieles geschluckt und hingenommen haben, mehr als wir ertragen konnten. Du selbst hast beobachtet, zu welchem Spiel die Brüder ihre Crew wechselten. Vielleicht habe ich diesem Land den größten Gefallen getan und es von zwei Unholden befreit, die ...“
„Rede keinen Unsinn, Monor, was du getan hast, sieht von einer anderen Seite verteufelt übel aus. Gib mir deinen Colt!“
Monor zögerte, sah von Bill fort, sah sich wie verzweifelt nach Hilfe um. Genug Männer hatten ihre Häuser verlassen und waren nähergekommen.
Stumme Zeugen waren es, die auf ihren Einsatz warteten.
Sie verhielten sich abwartend, neutral. Für sie war Bill Graham weiter nichts als ein unbeteiligter Zuschauer, den sie mit ihren Blicken kaum streiften.
„Gib mir deinen Colt!“, forderte Kellock erneut, wobei er die unbewaffnete Hand ausstreckte.
Monor sah auf diese Hand nieder. Ein Zittern schüttelte seinen hageren Körper.
„Sie ließen mich tanzen!“, schrie er. „Sie haben mir die Sohlen unter den Stiefeln aufgeschossen, haben mich gejagt wie einen Hasen.“
„Das sind alles Dinge, die du der Jury später in der Hauptstadt mitteilen kannst, Monor“, unterbrach ihn der Marshal ruhig. Jeder begriff, dass Kellock von dieser Stunde an ein anderer war, ein Mann, der nicht nur den Orden trug, um sich und seine Familie zu erhalten, sondern ein Mann, der gewillt war, jede Verantwortung auf sich zu nehmen. Sicherlich stieg er in der Achtung der Bürger erheblich und wusste, dass er jetzt nicht weich werden durfte.
Auch Monor spürte diese Wandlung. Er löste mit bebenden Händen seinen Waffengurt, nahm mit spitzen Fingern Gurt und Waffe, reichte sie Kellock.
„Nun komm!“
„Wohin?“
„Wohin anders, als ins Gefängnis, bis sich eine Gelegenheit findet, dich zur Hauptstadt zu bringen, Monor?“
„Monor bleibt“, mischte sich eine dunkel schwingende, harte Stämme in die Unterhaltung ein. Der Mann, der sich zu Wort gemeldet hatte, trat aus der Menge heraus. Er war groß und schlank, hatte ein breitflächiges, hartes Gesicht.
„Monor wird nicht ins Gefängnis gehen!“
Kellocks Zähne knirschten, schmal wurden seine Augen.
„Ihr Narren!“, fauchte er in die Runde. „Soll das etwa heißen, dass Monor in eurem Auftrag handelte?“
„Zum Teufel, nein!“, knurrte Jack Cloud, der Mann der sich eingeschaltet hatte, böse. „Niemand gab ihm einen Auftrag, Marshal, niemand! Aber es hat wohl so kommen müssen. Einmal wäre es ohnehin ausgetragen worden. Ich gebe ehrlich zu, dass ich nur deshalb zur Stadt kam, um den Graham-Brüdern vor die Stiefel zu springen. Fast alle Männer hier haben etwas mit der Lanzen-Ranch zurechtzubiegen, Marshal. Also handelte Monor ganz in unserem Sinne.“