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Inhaltsverzeichnis
 
Titel
Impressum
Vorwort
Einleitung
 
Kapitel 1 - Interne Organisation
Wie errichtet man eine Stiftung?
Wie sollte eine Stiftung organisiert sein?
Gesetzliche Mindestanforderungen: Was müssen Sie beachten?
Individuelle Möglichkeiten: Was können Sie gestalten?
Ehrenamtliche Geschäftsführung in der selbstständigen Stiftung
 
Kapitel 2 - Die Gremien
Größe der Stiftungsorgane
Auswahlkriterien und Anforderungsprofile
Berufung und Bestellung
Rekrutierung und Gewinnung
 
Kapitel 3 - Die Gremienarbeit effizient gestalten
Einführung und Integration neuer Gremienmitglieder
Gremienentwicklung
Sitzungsmanagement
(Selbst-)Evaluation
 
Kapitel 4 - Ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter
Personalbedarf einer Stiftung
Freiwillige Mitarbeiter
Hauptamtliche Mitarbeiter
 
Anhang

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Vorwort
Die Stiftungsarbeit lebt nicht vom Geld allein. Sie benötigt vor allem auch engagierte Menschen. Jede Stiftung braucht ein Mindestmaß an Organisation: ein Stiftungsorgan - oder mehrere - mit Personen, die bereit sind, sich über längere Zeit für einen spezifischen Zweck einzusetzen. Ehrenamtliches Engagement ist hier unentbehrlich. Einige Stiftungen verfügen über die finanziellen Mittel, hauptamtliches Personal einzustellen. Sie haben damit die Möglichkeit, nachhaltig Sachverstand und Erfahrung bei der Umsetzung des Stiftungszwecks aufzubauen. Gleichzeitig müssen dann aber auch gezielte Anstrengungen unternommen werden, um aus den ehrenamtlichen Amtsträgern und angestellten Geschäftsführern1 bzw. weiteren Hauptamtlichen ein Team zu bilden. Dies ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung.
Im Mittelpunkt dieses dritten Bandes der Reihe »Ratgeber Stiften« steht die Organisations- und Personalstruktur einer Stiftung. Der Ratgeber möchte Ihnen bei der Beantwortung folgender Frage helfen: »Welche Organisationsstruktur ist für den gewünschten Stiftungszweck und bei der gegebenen Vermögensausstattung am zweckmäßigsten?«

Inhalte dieses Ratgebers

Die Stiftungsorganisation ist der Rahmen für das unmittelbare personelle Engagement und damit die Wirksamkeit der Stiftungsaktivitäten. Sie muss gut durchdacht werden, bevor sie in der Satzung verankert wird. Ist diese Vorarbeit einmal geleistet, gilt es, die interne Gremienarbeit effizient zu gestalten, denn vor allem in kleinen und mittelgroßen Stiftungen ohne bezahlte Angestellte wird hier der größte Teil der Arbeit anfallen. Die Zusammenarbeit der Organe untereinander sowie mit Freiwilligen und - in größeren Stiftungen - mit hauptamtlich Angestellten und externen Beratern sollte kooperativ und ergebnisorientiert sein. Denn nur so kann eine Stiftung ihren Zweck effizient verfolgen und im Sinne einer »Good Governance« erfolgreich in die Gesellschaft hineinwirken.
Dazu gehört aber auch Integrität durch Kontrolle und Transparenz: Jede Stiftung sollte als gemeinnützige und steuerbegünstigte Institution zeigen, dass sie ihre finanziellen und personellen Mittel ausschließlich und wirkungsvoll für den Stiftungszweck und damit zur Steigerung des Gemeinwohls einsetzt. Denn nur stiftungsinterne Kontrollmechanismen und eine umfassende Transparenz nach innen und außen können auf Dauer das Vertrauen der Bevölkerung und der Politik in die Institution Stiftung erhalten und damit ihre Stellung als steuerbegünstigte Einrichtung nachhaltig sichern helfen.
Nachdem mit Band 1 in die grundsätzlichen Fragen der Stiftungsgründung eingeführt wurde und sich Band 2 den Themen Strategieentwicklung, Förderprojekte und Öffentlichkeitsarbeit gewidmet hat, nimmt dieser Band nun die Gestaltung der Organisation in den Blick. Die folgenden Kapitel beschäftigen sich mit der Führungs- und damit Gremienstruktur der Stiftung und ihrer personellen Besetzung durch ehrenamtliche Amtsträger. Weitere Aspekte sind die effiziente Gestaltung der Gremienarbeit, die Gremienentwicklung und die Zusammenarbeit mit Freiwilligen, angestellten Hauptamtlichen und externen Beratern. Die Zielvorgabe einer transparenten, effizienten und effektiven Stiftungsarbeit wird dabei immer miteinbezogen, denn wir möchten Sie dabei unterstützen, »Good Governance« im Sinne einer guten und verantwortungsvollen Stiftungsführung zu etablieren.

Die Stiftung und ihre Strukturen

Der Ratgeber richtet sich vorrangig an Stifterinnen und Stifter, aber auch an Vorstände, Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer neu gegründeter oder zukünftiger Stiftungen sowie an alle diejenigen, die in bestehenden Stiftungen Verantwortung tragen oder den Wunsch haben, diese zukünftig zu übernehmen.
Auf unserer Internetseite www.ratgeber-stiften.de können Sie stets aktuelle und weitergehende Informationen zu unseren »Ratgeber Stiften«-Bänden abrufen. Hier finden Sie neben Tipps und Checklisten für die Praxis auch Mustersatzungen, Adressen und Ansprechpartner.

www.ratgeber-stiften.de

Die Reihe »Ratgeber Stiften« baut auf dem Wissen und den Erfahrungen der Bertelsmann Stiftung auf, die seit mehreren Jahren ein »Kompetenzzentrum Stiftungsentwicklung« unterhält. Unser Ziel ist es, Stifter und Stiftungen in ihrer Arbeit zu unterstützen. Neben internationalen Netzwerken, Publikationen, Workshops und Beratungsangeboten ist die Reihe »Ratgeber Stiften« ein wichtiger Bestandteil unseres Bemühens, zu einem leistungsfähigen Stiftungssektor beizutragen.

Bertelsmann Stiftung - Kompetenzzentrum Stiftungsentwicklung

In diesem dritten Band ist es uns dank der 2004 durchgeführten »StifterStudie« - in der 630 Stifterinnen und Stifter über ihre Probleme und Informationswünsche Auskunft gaben - möglich geworden, noch gezielter auf ihre Belange einzugehen. Der im Verlag der Bertelsmann Stiftung veröffentlichte Band »Stiften in Deutschland« von Karsten Timmer (2005) dokumentiert umfassend die Ergebnisse der Studie.
Ein Angebot im Sinne der Rechtsberatung stellt unser Ratgeber selbstverständlich nicht dar, und wir können keine Gewähr für die Richtigkeit juristischer Informationen übernehmen, auch wenn wir bei der Erarbeitung des Inhalts mit größter Sorgfalt vorgegangen sind.
Wir freuen uns über Kritik und Anregungen. Die Adresse der Bertelsmann Stiftung finden Sie im Anhang.

Feedback

 
Ina Epkenhans
Volker Then

Einleitung
Neben dem Finanzkapital sind die in der Stiftung engagierten Menschen die tragenden Säulen dieser Organisation. Über welche personellen Ressourcen eine Stiftung verfügt und wie sie organisiert ist, ergibt sich aus ihrer Rechtsform sowie aus der vom Stifter individuell verfügten Führungs- und damit Organstruktur. Das Personal kann bei einer selbstständigen Stiftung auf einen ehrenamtlichen Vorstand beschränkt sein oder - bei der treuhänderischen Stiftung - auch nur den Treuhänder umfassen.

Engagierte Menschen - die Grundpfeiler jeder Stiftung

Zum Personal einer Stiftung können aber auch mehrere Vorstandsmitglieder, Amtsträger eines weiteren Stiftungsgremiums, z. B. eines Aufsichtsgremiums, zählen sowie zusätzliche Freiwillige ohne Amt, und bei größeren, finanzstärkeren Stiftungen auch bezahlte Angestellte. Darüber hinaus haben Stiftungen die Möglichkeit, mit externen Beratern zu arbeiten. Die Organisationsstruktur und damit auch der Umfang und die Zusammensetzung des Personals variieren daher von Stiftung zu Stiftung ganz erheblich. Einige Beispiele:
Körber-Stiftung
Die rechtlich selbstständige, teils operative, teils fördernde Stiftung verfügt über eine dreigliedrige Organstruktur: Der dreiköpfige Vorstand als Exeutive »ist für die Erfüllung der Satzungszwecke durch operative Arbeit und Förderung« verantwortlich. Der Stiftungsrat überwacht die Arbeit des Vorstandes hinsichtlich der gemeinnützigen Tätigkeit und besteht aus sieben Mitgliedern. Das ebenfalls siebenköpfige Kuratorium beaufsichtigt als zweites Überwachungsorgan die Vermögensverwaltung.
Mit einem Vermögen von rund 520 Mio. Euro beschäftigt die Stiftung etwa 65 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zusätzlich bringt sich eine große Zahl ehrenamtlich Engagierter ein, die Gutachten für die
Körber-Stiftung erstellen.
 
AN NA-Stiftung
Die selbstständige Stiftung privaten Rechts verfügt über eine eingliedrige Organstruktur und wird - den rechtlichen Mindestanforderungen entsprechend - nur durch einen Vorstand vertreten. Diesen stellt allein die Stifterin. SiewirdbeiderUmsetzungdesStiftungszwecksunterstütztvondreiEhrenamtlichen, die als Steuerberater, Rechtsanwalt und Redakteurin wichtige Kompetenzfelder abdecken.
 
Peter-Hesse-Stiftung
Die Selbstständige Stiftung setzt sich mit einem Vorstand aus fünf Mitgliedern und einem vierköpfigen Kuratorium für hilfsbedürftige Menschen in Entwicklungsländern ein. Die Satzung eröffnet die Möglichkeit, einen Geschäftsführer als besonderen Vertreter einzustellen, »falls in Zukunft bei wachsender Stiftung umfangreiche laufende Verwaltungsgeschäfte anfallen sollten«.
 
Ann-Kathrin-Linsenhoff-UNICEF-Stiftung
Die Dressurreiterin Linsenhoff nutzte wie viele andere Stifterinnen und Stifter das Angebot der UNICEF-Stiftung, unter ihrem Dach eine unselbstständige treuhänderische Stiftung zu gründen. Als Treuhänderin übernimmt das Kinderhilfswerk damit die Verwaltung und das operative Geschäft. Die Organstruktur aller UNICEF-Stiftungen ist eingliedrig und besteht aus einem Vorstand mit maximal drei Mitgliedern. Dem Vorstand der Ann-Kathrin-Linsenhoff-UNICEF-Stiftung gehört auch die Stifterin selbst an.

Good Governance

Auf den folgenden Seiten möchten wir Ihnen Hilfestellung bieten bei der Gestaltung der Führungsstruktur und Personalorganisation Ihrer Stiftung nach den Prinzipien von »Good Governance«. Was aber meint dieser Begriff im Zusammenhang einer Stiftungsorganisation? Die zentralen Merkmale:
• verantwortungsvolle Führung und Kontrolle durch Stiftungsgremien
• interne Transparenz und Kontrolle mit klarer Trennung von Stiftungsführung und Aufsichtsfunktion
• kompetente und (stiftungs-)zweckdienliche Besetzung der ehrenamtlichen Gremien
• Ausschluss von Interessenkonflikten bei Gremienmitgliedern, welche die Verfolgung des Stiftungszwecks behindern könnten
• effiziente und zielorientierte Gremienarbeit
• produktive Zusammenarbeit mit freiwilligen und hauptamtlichen Mitarbeitern sowie externen Beratern
• effizienter und ausschließlicher Mittel- und Personaleinsatz für den Stiftungszweck
• Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit durch Rechnungslegung und ausführliche Dokumentation der Stiftungstätigkeit
• Evaluation der Organisation, um die Modalitäten der Stiftungsführung kontinuierlich zu verbessern
Die Voraussetzungen für eine gute und dem Stiftungszweck angemessene Organ- und damit auch Personalstruktur sollten bereits vor Gründung der Stiftung geschaffen und in der Satzung verankert werden. Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass zukunftsorientierte Führungsstrukturen die langfristige Überlebens- und Leistungsfähigkeit einer Organisation deutlich erhöhen und Grundlage für ein professionelles Stiftungsmanagement sind.
Die vorliegende Publikation zeigt unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten für Führungs- und Personalstrukturen auf. Auch für bereits bestehende Stiftungen bieten sich unzählige Wege, den Status quo zu verbessern und Ehrenamtliche, Freiwillige und hauptamtlich Angestellte effektiver einzusetzen. Auch dabei hilft Ihnen dieser Ratgeber mit Tipps und Empfehlungen weiter.
Die SwissFoundations als Verband der Förderstiftungen in der Schweiz hat im Jahr 2005 Empfehlungen für Stiftungen nach Good-Governance-Prinzipien veröffentlicht. Während der vorliegende Ratgeber vorrangig auf die Organisation und Führung einer Stiftung abzielt, können Sie dem »Swiss Foundation Code« (Hofstetter und Sprecher 2005) Empfehlungen für die Bereiche Fördertätigkeit und Finanzen entnehmen.

Kapitel 1
Interne Organisation
In diesem Kapitel
• beschreiben wir kurz die notwendigen Schritte bei der Gründung einer Stiftung,
• stellen wir Kriterien vor, die bei der Entscheidung über die Organstruktur relevant sind,
• gehen wir auf gesetzlich vorgeschriebene Mindestanforderungen an die Stiftungsorganisation und damit die eingliedrige Organstruktur ein,
• stellen wir Ihnen zusätzliche Gestaltungsoptionen vor und verdeutlichen die Besonderheiten mehrgliedriger Organstrukturen,
• diskutieren wir, welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten die Gremien haben sollten,
• erklären wir, welche Regelungen Sie treffen können, um sicherzustellen, dass die Stiftung auch nach Ihrem aktiven Wirken als Stifterin oder Stifter in Ihrem Sinne fortgeführt wird.

In diesem Kapitel erfahren Sie...

Wie errichtet man eine Stiftung?


Merkmale einer Stiftung

Der Begriff Stiftung ist nicht vom Gesetzgeber definiert. Aus verschiedenen Rechtsvorschriften und der Rechtsprechung ergeben sich jedoch eine Reihe von Merkmalen, die eine Stiftung kennzeichnen und über die Sie sich bei der Gründung Gedanken machen müssen: den Zweck, das Vermögen und die Organisation. Ausgestaltet werden sie im Einzelfall ausschließlich vom Stifter selbst, der seinen Willen in einer Satzung niederlegt. Dabei müssen zu sechs Fragen eindeutige Regelungen getroffen werden:
• Rechtsform
• Name
• Sitz
• Zweck
• Vermögen
• Organisation
Der Ratgeber Stiften Band 1 »Planen - Gründen - Recht und Steuern« bietet zu diesen Punkten detaillierte Informationen und hilft auch gezielt bei der Formulierung einer Satzung. Im Folgenden gehen wir nur kurz auf zentrale Aspekte ein und lenken den Blick anschließend auf die Organisation, konkret: auf die Führungsstruktur einer Stiftung.

Rechtsformen


Selbstständige Stiftung

Die selbstständige Stiftung des bürgerlichen Rechts ist ein rechtlich selbstständiges Gebilde: eine juristische Person mit eigenem Vermögen, die im Rechts- und Geschäftsverkehr eigenständig agiert. Als Besonderheit gilt das Prinzip der Rechtsaufsicht des Staates über die Stiftung, d. h. der Staat muss die Stiftung anerkennen und überwacht die Befolgung des Stifterwillens sowie den Erhalt des Vermögens, um die Lebensfähigkeit der Stiftung zu sichern.
Rechtlich wird die Stiftung durch den Vorstand vertreten. Selbstständige Stiftungen eignen sich sowohl für die operative Arbeit, also die Durchführung eigener Projekte mit eigenem Personal, als auch für eine Fördertätigkeit, die darauf abzielt, Dritte finanziell zu unterstützen.

Treuhänderische Stiftung

Die treuhänderische Stiftung ist rechtlich nicht selbstständig. Ihr liegt ein Vertrag zwischen dem Stifter und einem Treuhänder zugrunde. Der Vertrag enthält auch die Satzung. Das Vermögen wird auf den Treuhänder übertragen und wird dessen Eigentum. In der treuhänderischen Stiftung handelt allein der Treuhänder für die Stiftung. Die Gründung verlangt einen vergleichsweise geringeren Aufwand, da diese Form nicht der staatlichen Aufsicht unterliegt, d. h. sie muss auch nicht anerkannt werden. Im Gegensatz zu selbstständigen eignen sich treuhänderische Stiftungen nur bedingt für eine operative Arbeit. Sie sind in der Praxis vornehmlich als Förderstiftungen aktiv.

Zweck

Der Stiftungszweck ist das Herzstück jeder Stiftung. Der Stifter legt damit seine Wünsche und Ideen verbindlich nieder. Seinen Gestaltungsvorstellungen sind durch den Grundsatz der Stiftungsfreiheit kaum Grenzen gesetzt. Eine Einschränkung besteht nur insofern, als dass der Stiftungszweck nicht gegen bestehende Gesetze verstoßen und das Gemeinwohl gefährden darf (§ 80 Abs. 2 BGB).
Steuerlich begünstigt wird die Stiftung allerdings nur, wenn sie einen der folgenden anerkannten gemeinnützigen Zwecke zum Inhalt hat (Abgabenordnung §§ 52 bis 54):
• Wissenschaft und Forschung
• Bildung und Erziehung
• Kunst und Kultur
• Religion
• Völkerverständigung
• Entwicklungshilfe
• Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutz
• Pflege des Heimatgedankens
• Jugend- und Altenhilfe
• Öffentliches Gesundheitswesen
• Wohlfahrtswesen
• Sport
• Demokratisches Staatswesen
• Tier- und Pflanzenzucht
• Kleingärtnerei
• Traditionelles Brauchtum
• Soldaten- u. Reservistenbetreuung
• Modellflug
• Hundesport

Gemeinnützige Zwecke laut Abgabenordnung

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