Buch
Wer gelassen bleibt, lebt nicht nur gesünder, sondern auch erfüllter. In der uralten Lehre des Yoga ist Gelassenheit eine der vier Säulen, die zur Erleuchtung führen. Sukadev Volker Bretz zeigt am Beispiel des Raja Yoga, wie jeder König über seinen Geist werden kann. Mentale und körperliche Übungen helfen uns, der Hektik des Alltags ruhig und achtsam zu begegnen und emotionale Belastungen als Geschenk anzunehmen. Sie erweisen sich unversehens als wertvolle Begleiter auf dem Weg zur persönlichen Entfaltung.
Autoren
Sukadev Volker Bretz ist Gründer und Leiter von Yoga Vidya. Er ist Yoga-Ausbildungsleiter, beliebter Vortragsredner und Autor von Büchern, Yoga-CDs, -DVDs sowie Podcasts und Internetvideos rund um die Themen Gesundheit, praktische Psychologie und Spiritualität. 12 Jahre lang lernte er bei seinem Lehrer Swami Vishnu-devananda. 1992 gründete er Yoga Vidya mit 4 Yoga Seminarhäusern, über 100 Yogaschulen und 12000 ausgebildeten Yogalehrern das größte Yoga-Netzwerk in Europa. Seine Vision: Ein ganzheitliches, lebensnahes Yoga zu unterrichten und die Yoga-Übungen für jeden im Alltag umsetzbar zu machen. Sukadev versteht es wunderbar, seine tiefe Weisheit und reichhaltige spirituelle Erfahrung anschaulich aufgelockert und klar strukturiert und spannend, weiterzugeben.
Ulrike Schöber ist Autorin und Lektorin. Seit 1997 lebt und arbeitet sie freiberuflich in Dortmund mit den Schwerpunkten Kultur und Reise, Gesundheit, Ernährung und Fitness.
Sukadev Volker Bretz
mit Ulrike Schöber
Der Pfad zur Gelassenheit
Kraftvolle Werkzeuge aus einer uralten indischen Weisheitslehre
Dieses Buch erschien erstmals 2013 unter dem Titel »Der Königsweg zur Gelassenheit. Yoga-Philosophie für jeden Tag« im Kailash Verlag, Verlagsgruppe Random House GmbH, München.
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1. Auflage
Vollständige Taschenbuchausgabe April 2018
© 2018 Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
© 2013 Kailash Verlag, München,
Lektorat: Annette Gillich-Beltz
Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München unter Verwendung eines Fotomotivs von © Martin Harvey / getty images
fm ∙ Herstellung: cb
Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
ISBN 978-3-641-22840-8
V002
www.goldmann-verlag.de
Inhalt
In der Ruhe liegt die Kraft
Yoga als Königsweg zur Gelassenheit
Was bedeutet Gelassenheit?
Die Vielfalt kennenlernen und auf die innere Stimme hören
Wie ich meinen ganz persönlichen Königsweg fand
Gelassenheit als Lebensthema
Beschränkung auf Weniges, aber das mit Vehemenz
Wenn ich die Welt nicht ändern kann, muss ich mich ändern
Meine spirituelle Suche
Herrschaft über den Geist
Beim Yoga angekommen
Mittelmäßigkeit statt Erleuchtung
Coole Gelassenheit mit Jnana Yoga
Instrument Gottes durch Bhakti Yoga
Wie ein Meister Gelassenheit lehrt
Handle ohne Verhaftung
Lerne es zu lieben
Hänge nicht am Ergebnis deiner Handlungen
Herzensverbindung – das Wunder geschieht
Die sechs Wege des Yoga und die Gelassenheit
Jnana Yoga: Alles ist Bewusstsein
Wer bin ich? Subjekt oder Objekt?
Weniger Identifikation bringt mehr Gelassenheit
Identifikation im zwischenmenschlichen Bereich
Identifikation mit der eigenen Person
Wer bin ich? Das unsterbliche Selbst
Karma Yoga: Alles Leben ist Schule
Karma, Schicksal und der Sinn des Lebens
Zeiten der Ungewissheit bewusst leben
Gelassenheit gegenüber Schicksalsschlägen und Leid
Gelassenheit gegenüber eigener Schuld
Umgang mit der Schuld anderer
Bhakti Yoga: Alles ist göttlich
Die Welt ist nicht böse
Gott hat Sie gewählt
Raja Yoga: Alles ist Geist
Das Raja-Modell des Geistes
Das Königreich der Psyche
Die Grundprinzipien des Königswegs zur Gelassenheit
Die inneren Minister im Porträt
Die Ministerkonferenz im Alltag
Alternativen zur Ministerkonferenz
Kundalini Yoga: Alles ist Energie
Kundalini Yoga und Gelassenheit
Hatha Yoga: Alles ist Bewegung
Durch Körperarbeit zur Gelassenheit
Mehr Gelassenheit durch Akzeptanz des eigenen Temperaments
Die drei Doshas im Ayurveda
Pitta – das feurige Temperament
Vat – das luftig-leichte Temperament
Kapha – das erdverbundene Temperament
Testen Sie Ihr Temperament
Praktische Methoden und Techniken für mehr Gelassenheit
SOS-Tools für die schnelle Rückkehr zur Gelassenheit
Gehen, Laufen, Hüpfen für Gelassenheit
Kavacham
Gesten zur Herzfeld-Ausdehnung
Verbindung herstellen mit Mudras
Yoga-Augenübungen
Blitzentspannung für Gelassenheit
Kurze Achtsamkeitsmeditationen
Yoga-Programm für langfristige Gelassenheit
Mit Asanas Körper und Geist entspannen
Pranayama – mit Atemübungen zur inneren Ruhe
Tiefenentspannung – nicht nur für besseren Schlaf
Meditation
Die täglichen zwanzig Minuten
Minimax-Gelassenheitstipps für den Alltag
Wartezeiten und Staus sind gewonnene Zeit
Hausarbeit ist Entspannung und Regeneration
Der erste Parkplatz ist der beste
Gut genug ist besser
Die zweitbeste Lösung ist die bessere
Die längste Schlange wählen
Eine vierte Möglichkeit suchen
»Und« statt »aber«
»Sowohl – als auch« statt »entweder – oder«
Bei einer Entscheidung bleiben
Setze deine Stärken ein und handle mit Freude
Fehler machen
Um Entschuldigung bitten
Kritik annehmen
Lob und Entschuldigung annehmen
Glossar
In der Ruhe liegt die Kraft
Wir leben in einer hektischen Welt, wo ein Termin den anderen jagt. Wir bemühen uns, unsere Aufgaben – sei es im Beruf, in der Familie oder in der Freizeit – gut zu erledigen. Wir haben hohe Ansprüche an uns selbst und an andere Menschen. Wir streben nach Erfolg, Erfüllung und Glück. Alles zusammengenommen ergibt ein großes Pensum an Erwartungen, das uns häufig überfordert. Da ist es kein Wunder, dass wir gelegentlich oder auch öfter unsere Gelassenheit verlieren. Je nach Typ, Lebenssituation oder Aufgabe reagieren wir mit Angst, Nervosität, Aufregung, Niedergeschlagenheit, Trauer, Frust, Wut oder Ärger. Dann fließt unsere Energie, die wir eigentlich für so viel wichtigere Aufgaben gebraucht hätten, in Gefühle, die uns behindern. Und später ärgern wir uns oft noch darüber, dass wir so reagiert haben – eine zusätzliche Energieverschwendung …
Kein Wunder also, dass sich so viele Menschen nach mehr Gelassenheit in ihrem Alltag sehnen. Denn in der Ruhe liegt die Kraft. Dieses geflügelte Wort des Konfuzius gilt heutzutage in unserer westlichen Leistungsgesellschaft mehr denn je. Doch wie können wir Ruhe und Gelassenheit erreichen?
Yoga als Königsweg zur Gelassenheit
Als Leiter eines großen Yoga-Zentrums werde ich nicht nur immer wieder nach Tipps zu mehr Gelassenheit gefragt, sondern natürlich erwartet man auch von mir Gelassenheit in schwierigen Situationen. Meine eigene Suche nach Gelassenheit, die ich hier kurz schildere, hat mich – über mehrere Stationen – recht bald zum Yoga geführt. Eigentlich ist das naheliegend, denn Yoga heißt Einheit, heißt Harmonie, heißt Verbindung, heißt Geschick im Handeln und heißt – Gelassenheit. Außerdem ist im Yoga die Gelassenheit eine der vier Säulen, die zur Erleuchtung führen. Entsprechend gibt es im Yoga viele Methoden, Techniken und Werkzeuge, um Gelassenheit zu erreichen. Sie führen nicht nur den Yogi auf seinem spirituellen Weg weiter, sondern sie helfen auch Ihnen, wenn Sie sich (noch) nicht mit Yoga auskennen, in Ihrem Alltag die Ruhe und das Bewusstsein für sich selbst zu bewahren. Sie helfen, emotionale Belastungen gelassener zu ertragen und sogar für sich zu nutzen.
Für den Fall, dass Sie bei Yoga zuerst an komplizierte Verrenkungen des Körpers denken: Keine Angst, nicht alle Übungen des Hatha Yoga sind schwierig, und vor allem ist Hatha Yoga nur einer der sechs Yoga-Wege. Die anderen fünf Wege arbeiten mit der Kraft Ihrer Gedanken, Ihrer Vorstellung und Ihres Atems. Schon deshalb ist Yoga der Königsweg zur Gelassenheit: Er bietet eine so große Vielfalt an Möglichkeiten, Gelassenheit zu erreichen, dass für jeden etwas dabei ist – mit Sicherheit auch für Sie.
Was bedeutet Gelassenheit?
Gelassenheit ist allerdings längst nicht gleich Gelassenheit: Es gibt unterschiedliche Ausprägungen, die sich in ihrem Ziel und in ihrer Wirkung auf unser Inneres stark unterscheiden. Streben Sie danach, möglichst immer äußerlich cool und selbstbeherrscht zu bleiben, nichts an Ihr Inneres heranzulassen? Oder wollen Sie Ihrem Herzen, Ihren Sehnsüchten folgen, authentisch sein und trotzdem innere Ruhe bewahren?
Für mich ist diese zweite Form die wahre Gelassenheit, ich nenne sie auch gern engagierte Gelassenheit. Zur engagierten Gelassenheit gehört, dass ich einerseits einen inneren Ort der Ruhe habe und andererseits meine innere Welt mit ihren Höhen und Tiefen, mit ihren Emotionen akzeptiere, dass ich meinen eigenen Charakter, mein Temperament annehme und mich darüber freue, mich freue über diese innere Lebendigkeit und sie zulasse als etwas, das mir hilft.
Sie brauchen also nichts in sich zu bekämpfen, zu verdrängen oder zu bearbeiten. Vielmehr weist Yoga Ihnen den Weg, geschickt damit umzugehen und innerlich ruhig zu bleiben – trotz Ärger oder Frust. Diesen Königsweg zur Gelassenheit zu gehen ist viel einfacher, als sich ständig – und oft vergeblich – um Selbstbeherrschung zu bemühen.
Die Vielfalt kennenlernen und auf die innere Stimme hören
Yoga bietet uns sowohl auf geistig-philosophischer als auch auf psychologischer und praktischer Ebene Anregungen für mehr Gelassenheit im Alltag. Da alle praktischen Übungen zu mehr Gelassenheit ihre Wurzeln im Streben nach spiritueller Reife und letztlich Erleuchtung haben, erläutere ich im ersten, eher theoretischen Teil dieses Buchs zunächst die sechs Wege des Yoga in Bezug auf das Streben nach mehr Gelassenheit. Denn egal ob Jnana Yoga, Raja Yoga, Bhakti Yoga, Karma Yoga, Kundalini oder Hatha Yoga – jede dieser Yoga-Richtungen kann in ihrem Rahmen etwas zu unserer Gelassenheit beitragen.
Der Schwerpunkt liegt auf dem Raja Yoga, dem psychologischsten aller Yoga-Wege. Der Raja Yoga ist es auch, der letztlich diesem Buch seinen Namen gegeben hat: »Raja« bedeutet »Herrscher, König«, und »Raja Yoga« wird oft als »königlicher Yoga« bezeichnet. Nicht, weil er nur von Königen oder hochstehenden Würdenträgern ausgeübt werden durfte, sondern weil dieser Yoga-Weg uns lehrt, Herrscher über unseren Geist zu werden.
Damit alles auch für Nicht-Yogis verständlich ist, gebe ich immer wieder plastische Beispiele – oft mit einem Augenzwinkern. Denn eine der besten Methoden, um aus innerer Unausgeglichenheit herauszukommen, ist Humor. Außerdem verzichte ich auf Zitate in Sanskrit und übersetze stattdessen gleich aus den bedeutenden Schriften wie der Bhagavad Gita oder den Schriften des Patanjali. Da es sich beim Yoga um eine sehr alte indische Lehre handelt, sind viele Begrifflichkeiten aus dem Sanskrit wie zum Beispiel das Wort Prana für die Lebensenergie jedoch unverzichtbar. Sie alle werden am Ende des Buchs im Glossar erklärt, so dass Sie jederzeit dort nachschlagen können.
Im Praxisteil ab hier stelle ich ganz unterschiedliche Übungen dar, die Sie – wenn Sie zu den ganz Eiligen gehören – auch probieren können, ohne den ersten Teil gelesen zu haben: Manche, wie die SOS-Tools, können Sie ohne irgendwelches Vorwissen direkt bei Anspannung, Unruhe oder wann immer Sie aus Ihrer Gelassenheit fallen, anwenden. Andere können regelmäßig geübt und Bestandteil Ihres Lebens werden.
Dieses Buch bietet für jeden etwas, aber nicht alles passt für jeden. Wenn Sie sich nur zwei oder drei meiner Anregungen zu eigen machen, kann das für Ihr Bemühen um Gelassenheit schon ein großer Schritt nach vorn sein. Und vielleicht folgen später noch weitere Schritte. Seien Sie also neugierig und probieren Sie nicht nur bei Bedarf, sondern auch nach Lust und Laune aus und haben Sie Spaß dabei. Beobachten Sie sich selbst, hören Sie beim Lesen und beim Üben auf Ihre innere Stimme und finden Sie so Ihren ganz eigenen Königsweg zur Gelassenheit.
Ich wünsche Ihnen viel Freude und Erfolg dabei.
Ihr Sukadev Volker Bretz