Harald Hartmann
Ewald die kleine Schlange
Ein Vorlesebuch
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Bevor es los geht
Ewald von Schwanwald
Ewald die kleine Schlange sucht was Leckeres
Ewald die kleine Schlange lädt zum Abendessen ein
Ewald die kleine Schlange erschreckt sich
Ewald die kleine Schlange fühlt sich krank
Ewald die kleine Schlange denkt nach
Ewald die kleine Schlange weiß ein Geburtstagsgeschenk
Ewald die kleine Schlange und die zugeflogene Idee
Die Extraausgabe
Impressum neobooks
Liebe Leser, liebe Zuhörer,
jetzt, wo ich alt und grau geworden bin und auch ein bißchen langsamer, sitze ich gerne in meinem bequemen Sessel vor dem Fenster, schaue in den Garten mit den vielen Bäumen und beobachte, wie die Vögel miteinander spielen.
Und schon fliege ich auf meinen Gedanken in eine ferne Zeit, als ich noch ein Jüngling war und den Kopf voller herrlichster Flausen hatte. Damals lernte ich auf einer meiner Reisen Ewald kennen. Er nahm mich mit in seinen Wald, in dem er mit seinen Freunden lebte. Dafür bin ich ihm heute noch dankbar. Denn schon bald waren Ewalds Freunde auch meine geworden. So blieb ich genau zwei Jahre, sieben Monate und neun Tage an diesem verzauberten Ort. Dann kribbelte wieder die alte Reiselust in meinen Beinen. Als ich mich entschloss, weiter zu ziehen, um mir den Rest der Welt anzusehen, musste ich versprechen, niemandem davon zu erzählen, weil es ein geheimer Wald war. Und das sollte auch so bleiben.
Aber das ist nun schon so lange her, dass ich ruhig davon berichten kann.Und ich breche mein Versprechen auch nicht, wenn ich verrate, dass dieser verwunschene Ort von seinen Bewohnern Schwanwald genannt wurde. Denn ich bin sicher der Einzige, der noch eine Erinnerung daran hat, und ich möchte nicht, dass meine Freunde, die ich so lieb gewonnen hatte, für alle Zeiten in Vergessenheit geraten.
Am besten ist es, ich stelle euch Ewald einfach einmal vor und erzähle von den Abenteuern, die er erlebt hat in der Zeit, als ich bei ihm war, damit auch ihr ihn kennenlernt und wisst, welch ein freundlicher und kluger Kerl er war, und was er und die ganze verrückte Tierbande am Tag oder auch manchmal in der Nacht so angestellt haben. Dann könnt ihr bestimmt verstehen, warum ich oft an ihn und diese Zeit zurückdenke.
Ewald, die kleine Schlange, hieß in Wirklichkeit gar nicht so, sondern er hieß tatsächlich mit richtigem und vollständigem Namen: Ewald von Schwanwald. So stand es jedenfalls in seinem Reisepass, und er war stolz darauf. Doch alle nannten ihn Ewald, die kleine Schlange. Denn Ewald war wirklich klein, gerade mal so groß wie ein kleiner Gernegroß. Also klein. Alle, die Ewald sahen, sagten: „Ach, ist der klein! So klitzeklitzeklein!“
Natürlich fürchtete sich keiner vor ihm, obwohl man das normalerweise vor Schlangen tat. Denn es war allseits bekannt, dass er nicht gefährlich war, eigentlich sogar das genaue Gegenteil. Aber manchmal hatte er einen Traum. Darin verwandelte er sich in eine richtig gefährliche Schlange. Er wurde lang und länger, seine bunte Schlangenhaut begann in den wildesten Farben zu leuchten und ihm wuchsen riesengroße Giftzähne aus seinem breiten Schlangenmaul, mit denen er sehr vertrauenerweckend lächeln konnte. Das war auch nötig.Wie hätte er sonst Beute machen können? Gar nicht! Denn alle, ob Mensch oder Maus wären ja vor ihm geflohen. Er war sehr stolz auf diesen schlauen Trick. Rund und satt fraß er sich dann immer an seiner fetten Traumbeute und fühlte sich wie im Schlangenparadies.
Doch dieser schöne Traum verging und wurde zum Albtraum, wenn er sah, dass alle gemerkt hatten, dass er eine große, gefährliche Schlange war. Von nun an kam niemand mehr in seine Nähe. Dann fühlte er sich elend, einsam, allein, verlassen, traurig und hungrig, sehr hungrig. Nicht nur das! Plötzlich wendeten sich alle gegen ihn, verfolgten ihn, stellten ihm nach und trachteten sogar nach seinem Leben. Jetzt war er an der Reihe zu flüchten. Doch er schaffte es nie. Wenn man ihn umzingelte und in die Enge trieb, sah er gab keinen Ausweg, fühlte sein Ende nahen und..... wachte auf! Immer wachte er an dieser Stelle auf.
Sein platter Schädel brummte dann, als hätte er zu viel Morgentau getrunken und der Angstschweiß stand ihm auf der schuppigen Stirn. Puuuuh! Er war richtig froh, wenn ihm klar wurde, dass der große Ewald nur ein Traum war, und dass er in Wirklichkeit das blieb, was er immer schon war, nämlich der klitzeklitzekleine Ewald.
Alle mochten ihn, keiner hatte Angst vor ihm, nie musste er einsam sein, alle teilten ihr Essen mit ihm.
„Das ist ja wie im..... natürlich! wie im Schlangenparadies,“ dachte Ewald dann und kriegte jedes Mal Augen so groß wie Pfannekuchen vor lauter Glück. Normalerweise folgte nun eine kurze Pause gefolgt von dem Ausruf: „Nein, falsch!“, der meistens so heftig geriet, dass ihm die beiden Pfannekuchenaugen vor Aufregung auf die Plattnase fallen wollten.
„Das ist das Schlangenparadies!“
Ohne Umschweife pflegte ihn diese wunderbare Erkenntnis daraufhin genau so froh wie müde zu machen, und keiner wird überrascht sein zu hören, dass er dann immer damit begann, sich langsam und zufrieden mit allen seinen 47 Schuppen auf seinem warmen, sonnenbeschienenen Lieblingsstein einzuringeln. Und wenn er wieder eingeschlafen war, so sah man bald am Zucken seiner Schwanzspitze, dass ihn auf's Neue wilde Träume ergriffen hatten.
So waren seine Traumabenteuer. Aber natürlich schlief er nicht immer, sondern war wie jeder andere auch manchmal wach. Und dann erlebte er ganz andere Abenteuer, Abenteuer ohne Traum nämlich, und von denen will ich nun erzählen.
Ewald, die kleine Schlange kroch mal wieder gemütlich durch das Unterholz des Schwanwalds. Hier war er zu Hause, hier kannte er sich aus wie in der Westentasche seiner bunten Schlangenweste, die er so gerne trug. Warum der Wald Schwanwald hieß, wusste keiner genau zu sagen. Die einen erzählten, dass hier einmal vor langer Zeit ein Schwan gelebt haben soll, der goldene Eier legen konnte. Andere meinten, der Name käme daher, dass manchen Tieren, als sie zum ersten Mal den Wald betraten, Böses schwante. Welche Geschichte stimmte und ob überhaupt eine davon stimmte, war beim besten Willen nicht mehr heraus zu finden, und eigentlich war es auch egal. Von goldenen Eiern hatte Ewald bisher nichts gesehen und Böses hatte ihm hier noch niemals geschwant, sondern immer nur sehr, sehr Leckeres. Der Wald war einfach schön und der Name auch.
Heute morgen hatte Ewald erst ein freundliches Kitzeln in seinem Bauch gespürt und dann ein kurzes Knurren. Er wusste, was das bedeutete. Es war der Hunger, der wohl gerade aufgestanden war. Ewald machte sich sogleich auf den Weg, um ihm ein Frühstück zu servieren. Aber nicht irgendeines, denn er war ein Feinschmecker. Man kann sogar sagen, beide waren Feinschmecker, der Hunger genau so wie Ewald.
Er suchte nach etwas, wusste aber noch nicht genau, was das sein sollte. Mit seiner Schlangenzunge roch er an jedem Ast, an jedem Blatt, an jedem Pilz, eigentlich an allem, was ihm so in die Quere kam.
„Eipotzblitz Dideldum und Dideldei, mit der Zunge riechen, da ist schon was dabei!“ hörte er eine Grille in sein linkes Schlangenohr zirpen.
„Och, nö“, meinte Ewald, die kleine Schlange, „da ist doch garnix dabei, so ist das eben bei uns Schlangen“, und beroch dabei eine Haselnuss so gründlich, dass sie eine Haut von Schlangenspucke bekam und in der Sonne glitzerte.
Trapp Trapp Trapp Schnüffel Schnüffel Stöhn Stöhn
Trapp Trapp Trapp Schnüffel Schnüffel Stöhn Stöhn
Trapp Trapp Trapp Schnüffel Schnüffel Stöhn Stöhn