Dieser Band enthält alle erhaltenen Gedichte des Autors, die nicht in die zwischen 2015 und 2020 erschienenen Gedichtbände Liebedichlied – Liebes Gedicht – Traum und Gedanke – Leichtes Leben – Gehen lernen – Weiche Worte und in den diese sechs Bände bündelnden Gedichtband Erste Gedichte Eingang fanden. Er soll das bisher Unveröffentlichte und Archivhafte dokumentieren. Dies geschieht, indem der Rohzustand der Texte durch die jeweils beigegebene Datumangabe belassen wird. Sofern zusätzlich persönliche Widmungen oder Hinweise vorhanden waren, wurden sie im Interesse des Schutzes der Privatsphäre gestrichen.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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© 2020 Michael Opielka

Umschlag:

Paris, Jeu de Paume, 1979

Gestaltung Umschlag:

Tobias Battenberg, Köln

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 9 783752 614879

Wenn es eine Freude ist das Gute zu genießen, so ist es eine größere das Bessere zu empfinden und in der Kunst ist das Beste gut genug.

Johann Wolfgang Goethe, Italienische Reise. Teil 1,

Frankfurt: Deutscher Klassiker Verlag 1993, S. 206

(Neapel, den 3. März 1787)

1978 / 1980

Einfacher ist es

Einfacher ist es

doch sinnlos auf Dauer

zu beklagen das Leid

das eigene

denn mag zwar Lust es bereiten

kurzzeitig und schwer

zu lieben sich selbst nur

zu sehen sich somit

als Mitte der Welt

so ist doch das Ende

das regelmäßige

immer wiederkehrende

tränenerfüllte

ausweglos scheinende

schlimm

doch wird nun der Mensch

der erfahrene

raten mir dem Verzweifelten

nicht zu sehen als Tragik

den Grund der Enttäuschung

sondern

zu wenden die Kraft

die verblieben

hin zu Neuem

zu versuchen den Menschen

zu finden

der nicht diese Mühung zurückweist

Eines nur mangelt dem Rat:

wie soll ich ihn hindern

den Anflug von Neid

der Einsamkeit des Mannes

hörend

das leise Lachen am Ohr

eines andern?

Der Neid des Enttäuschten

Vielleicht ist es besser

und Hoffnung mir gebend

zu stärken mein Mühen

im Aufbau von Neuem

Februar 1978

Pietrasanta

Da ist der Straßenlärm

als ob mitten durch mein Zimmer

Autos rasen

und gestern

noch dazu Regen und Kälte

Ich hätte fliehen wollen

aber ich war zu müde

Und heute die strahlende Sonne

macht mich den Lärm beinahe vergessen

ich wandere durch Sand

das Brausen der Brandung

gestern noch angsteinflössend

heute hör ich es nicht

Paul Simon und Duncan

mein R 4 steht am Strand

ich summe vor mich hin

kann mich plötzlich wieder freuen

und male mit dem Fuß Bilder in den Sand

sehe dem Wasser zu

das die Bilder zerfließt

freue mich über die schöne Zerstörung

und male die Bilder von neuem

Die fünf Deutschen gestern in der Pizzeria

Elisabeths und Ians Worte

am nächtlichen Telefon :

die Stadt des Marmors

Künstlervoll

Scene

Wieder das kurze Schwanken:

Soll ich mich hineinstürzen

in das Leben

oder

nein

ich werde nicht mehr reagieren

jetzt

wie sonst immer

werde weiterfahren

die Ruhe suchen

mich

27-3-1978

Freude

Ich freue mich oft

über Dinge

die vor mir sind

Langsam lerne ich

mich darüber zu freuen

was ist

wenn

ich mich freuen kann

über das

was war

dann

bin ich

1-4-1978

Etwas tun

du sollst

„deine verdammte Kleinlichkeit

aufgeben, die Menschen zusteht,

die drauflosleben,

als könnte der Tod sie nie ereilen“ x

wie oft mache ich Dinge

die so belanglos sind

wie oft habe ich Angst

nichts zu tun

wenn ich nicht geschäftig bin

wie oft mache ich deshalb

etwas

und

mache dabei nichts

x Don Juan bei Carlos Castaneda

4-4-1978

Hoffnung

Auch mit der Hoffnung

ist das so eine Sache

Eigentlich

hatte er vor sie gering zu halten

nicht mehr mit nichts

zu rechnen

Aber dann spürte er plötzlich

das geht nicht gut

Seine Vorstellungen ließen ihm Zeit

immerhin hatte er Geduld gelernt

und

er war sicher sie besser

überdacht zu haben als früher

Nur

Hoffnungen waren es immer noch

vielleicht

so fragte er sich

muß ich mit ihnen leben?

19-5-1978

R.

Er sprach mit R.

über dessen politische Vergangenheit

da sagte R.

Ich habe mich zurückgezogen

aus dem Ganzen

Seine Worte trafen ihn nur wenig

sie durchstießen die Schwaden von Rauch

perlten durch das hinabgespülte Bier

wurden gefiltert vom Druck seines Körpers

Vor ihm kreisten die Fetzen

R.'s Leben

was kannst du tun wenn nicht resignieren?

Nein, er ist nicht resigniert, sagt R.

und erzählte von Idealismus der Hoffnung

die R. hatte wie alle

damals

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von der Unterstützung der Öffentlichkeit

die R. glaubte gesehen zu haben

und von der schleichenden Enttäuschung

über die Schritte zurück

über das zusammenbrechende Auseinanderfallen

der Bewegung

R. sprach von R.'s Vater

dem Bankdirektor

seinen Schwierigkeiten mit L.

sie machten es R. wichtig ein Jahr

intensiv die Beziehung zu leben

Seiner Ratlosigkeit vor den Möglichkeiten

etwas

irgendetwas zu tun

Er sah an R. vorbei auf die

Frauen die Männer

um die dreißig fast alle mit dem Hauch von Schickeria

der Weißhaarige

im jugendlichen Boutiquenlook

die skatspielende Frau mit der

prallen Brüste

Über allem Musik

laut und nervös

manchmal wollte er vor ihr fliehen

und dazu tanzten die Finger für ihn

Sie zog seinen Blick an

ihr offenes Lachen

ihr Haar schwarzgelockt umspült es

ihr Gesicht ihr starkes

Er schätzte ihr Alter

zweiundzwanzig vielleicht

meinte er

er setzte sich anders

um sie zu sehen

Er sprach mit R. nach vorne ins Leere

sein Blick hing an ihr

durchdrang die Schwaden

überwand seine Dumpfheit

er sah sie lächeln

sah ihre Hände sich regen

und dann kam

unmerklich

die Unlust

mag sein sie erschien im älter zu alt

aber das war nicht wichtig

Ihr Lachen schien aufgesetzt

Nicht Teil von ihr Schein

19-5-1978

Vor dem Wald

Vor dir die Stühle

die kalte Asche und die Flasche mit dem Eierlikör

steht Kopf

Zwei Vögel fliegen vorbei

ein Kissen zwängt sich herab von einem der Stühle

das Knarren der Bäume und das Rauschen des Bachs

Der Wind die Sonne und immer wieder die Flöte

die dich freut

mehr noch als das andere

um dich

Du kommst von einem Gang der dir Ruhe gab

ein wenig der dich wieder

einige kleine Schritte weiterführte

dorthin worauf du wartest

und nicht hoffst

Zu dir selbst zu dem was du fühlst

und du solange nicht gesehen hast

Du freust dich darüber

und doch macht es dir Angst

Denn du spürst wieviele Schritte noch fehlen

Vielleicht ist es die Mischung aus Einsamkeit und Freude

die dich so fragen läßt

nur wie gehst du um

mit der Hilflosigkeit vor ihr zu stehen

auf sie zugehen zu wollen

und zu wissen

du hast die Kraft nicht?

26-5-1978

Nie

Ich darf nicht an dich denken

und dennoch denke ich so oft

ich darf nicht denn ich weiß daß ich mich verliere

im Kreis immer gleicher Hoffnungslosigkeit

Wenn nur dieses Schwanken nicht wäre

so zwischen Hoffen und nichts

Mut und Tränen

Wie gern wäre ich bei dir

wie gern fühlte ich deinen Atem die Berührung

Nie, nie, wird es so sein!!

Nie wieder!!

Immer wieder dieser eine Gedanke

Wie kann ich da ruhig bleiben?

23-8-1978

Verkauf

Ich verkaufe mich

Ich verkaufe meine Zeit

die ich so brauche

meine Kraft

von der ich so wenig habe

meine Ruhe

meine Lust

Ich verkaufe alles

tausche es gegen den Kampf

mit der Uhr

mit der Müdigkeit

gegen mein Gefühl etwas zu tun

was ich nicht tun will

zumindest jetzt

Nur

ich kann mir dieses Gefühl jetzt nicht leisten

Und wo verkaufe ich mich

Eines lerne ich

wieder:

Die Lust zu kämpfen

um mich nie wirklich zu

verkaufen

23-8-1978

Über die Schwierigkeit den Gedanken festzuhalten

Ich fühle ihn wachsen

da ist ein neues plötzlich

neue Richtungen

bislang übersehenes

Ich erinnere mich an Worte

Begegnungen Gefühle

und spüre sie anders geordnet

Und dann

ist er da

der Gedanke

neu

Und das Gefühl mit ihm

weiter zu sein

wieder einen Schritt

Und doch

da sind nur Minuten vergangen

und schon ist er weg

Mag sein er flieht meine Feder

Gut

sage ich

solange du in mir bist

23-8-1978

Nach einer Nacht

Könnte ich Freude nur

empfinden wie Trauer

wie sie wächst

höher steigt in mir mehr und mehr

Besitz ergreift

Wie langsam mein Körper erzittert

schwächer wird und schwächer

wie die dumpfe Woge den Geist überschwemmt

fortspült alles das gut mich füllte

Kraft gab und Hoffnung

Da ist sie!

Die Hoffnungslosigkeit

die lähmende Angst vor dem Alleinsein

Keine Kraft ist mehr da die mich hält

vor dem Fall in die dunkle Tiefe des Schmerzes

der wild die Tränen treibt ins Gesicht

meine Hände verkrallt in das Tuch

meinen Atem in Stössen nur läßt

Der Schmerz

Zeichen der Angst

nie zu erreichen das nie erreichte

Liebe

23-8-1978

Vielleicht war es ein Anfang

Das Leben verschieben

auf irgendwann

später

Weil erst die Bedingungen zu erfüllen

sind

um so zu leben wie ich

will

So sagte ich mir

In der Zukunft leben

Jetzt und Hoffnung verwechseln

dahinleben eigentlich

mit der Illusion auf dem Wege zu sein

Und dann

plötzlich

unerwartet

lebte ich

lebt den Augenblick

dafür danke ich dir

vielleicht

war es ein Anfang

23-8-1978

Der Riss

Nichts erwarten

alles andere ist töricht

Versuchung des Schicksals

Begründung meiner Hemmung

Nichts sollst du erwarten

was du selbst nicht bewirken kannst

Das ist das eine und es ist mir wichtig

Warten können

ich will es lernen

doch wie kann ich warten

unbeteiligt überlegen sicher

ohne es zu sein?

23-8-1978

Spanischer Stausee

Fast vollkommen ist der Himmel

blau

hoch steht die Sonne

über dem schmutzigen Grün des Sees

Sie wärmt mich der ich erkaltet beinahe

mich hingab kreisendem Denken

tiefer und tiefer fallend

übersah ich das Schöne

um mich

die wärmende Sonne

das kühlende Wasser

Vielleicht ist jetzt Anfang

7-9-1978

Spürst du wie die Tage vergehn?

Gut sage ich doch da läßt sich nichts machen

wenn ich es auch nicht vergessen kann die Uhr vor Augen

den Tag eurer Abfahrt die Zeit danach

gefüllt mit vielem Freude sicher doch auch unsicherem

Die Frage stellen trotz allem was jetzt ist

Vielleicht denkst du es eine Sünde

Denn wie kann ich vergessen die sonnigen Hügel

rot-gelb-braune Erde im Wechsel mit Büschen und Bäumen

Ballpflanzen und dunkle Stangen mit wechselndem Grün

Farbe die Leben zeigt

Wie der See vor mir unter mir um mich

mit schlickrigem Ufer und kaltem Wasser

sind wir allein fast

keine Massen von Fremden keine Boote die uns die Ruhe abstreiten

und dahinter die Berge wellig und kahl

öde scheinen sie tags

doch die uns verlassende Sonne belebt sie gibt ihnen kurze Bewegung

leuchtendes Gelb wechselt mit blutigem Rot

und violett das geheimnisumwittert den Dunst noch durchdringt

der weiter und weiter in die Ferne sie zieht

Da ist noch ein letztes Lächeln der Sonne

bis sie abgibt die Macht an das Dunkel

So vieles ist viel mehr noch als ich durch Worte verzerrt

über das Jetzt dir sage

Je mehr ich mich öffne dafür

so vergesse ich die Frage

11-9-1978

Am Wasser

Sie kommen wieder und wieder

in gleicher Folge

Sie bewegen die Luft

dumpfes Grollen und helles Rauschen verschwimmt

je ferner du bist

Doch jetzt sehen wir uns

Auge in Auge

ich sehe sie

eine Mauer

viele Mauern

weißkantig und diese zerbrechend

glasige Perlen

unendlich häufig

So folgt Mauer auf Mauer

grünes Blau

erstehen sie aus der Tiefe zu Metern

Wäre nicht die Sonne

überfiele mich Angst

schauerten mich die Gewalten

und ließen mich spüren

wie klein ich doch bin

15-9-1978

Noch ist es leicht den Weg zu mir zu finden

Zwischen Milchkaffee cafe con leche und meiner Pfeife die

wenig nur heißer ist als das grelle Licht draußen

aber gewohnt

Zwischen Gedichten die mich verstummen

und aus dem Land in dem meine Liebe begann

trauriges

Wut kommt auf und Lust meinen Teil zu tun dagegen

dort und mehr wo ich bin

Wie kann ich lernen und sehen und sagen wie er?

Noch ist es leicht den Weg zu mir zu finden

Wenn ich an das Schloss denke enger und enger geworden

seh ich keinen Schlüssel lange

und dann die die nicht öffnen konnten

und über allem der Dunst der Unwissenheit

Vielleicht ist das Schloß anders jetzt

vielleicht nur was es mir immer schien

Du hast es geöffnet

ungläubig sah ich den Riegel bewegt

Wann stehen die Türen offen meine und deine gleich

ohne Angst vor dem Wind vor dem

der sie schliessen kann

Ich halte die meine

wie lange dauert die Kraft?

Wann ist es leicht den Weg für uns zu finden?

15-9-1978

Und dennoch bleibt nur zu warten

Was ist das für eine Liebe

die nicht jetzt

leben kann?

Was ist das für eine Liebe

der was sein wird

unklar ist?

Was ist das für eine Liebe

die weiß

nur eines

sicher

weiß

daß sie warten muß

Was ist das für eine Liebe

die trotzdem liebt?

19-9-1978

Langsam nur gehen

Ich sehe uns gehen die Wege

Prags Laternen wissen sie

durch Jahre in Stein überstrahlt oft

vom blitzenden Leuchten des Neons

und von Massen umgeben

Ich vergaß sie

War gesäumt von Beeren

und rein das Blau das sich wölbte

über der Luft voll frischem Heu

und dem Zirpen der Grillen

Ich vergaß es

War er in Tübingens Straßen

zwischen Rottenburgs Giebeln

war er im Grün der Wälder

von Fehmarns Sand beweht

Ich vergaß ihn

Unwichtig waren sie alle gegen deine Wärme

Unsere Zungen die Hände die Körper

die sich fanden in ihrer Mitte

machten sie lang

Ich sehe uns stehen die Wege

und langsam nur gehen

19-9-1978

Widmung

(in einem Buch von Reiner Kunze)

Er schreibt

von dem Cafe in dem wir uns sahen

den Blick auf die Burg und das Leben

und dich

Er schreibt

von einem Land in dem

die Mauer zerfiel zwischen mir

und dir

Und wenn er von Mauern schreibt

so denke ich an die Mauern

und dich

20-9-1978

Nur Worte

Seine Hand sieht den Baum

nackte dunkle Arme mit buschigen Fingern

schwarze Kohle auf weißem Papier

Und sein Ohr mit ihr

was in ihm ist da helfen nur

die sechs Stränge Metall und das Holz

Ihre Finger machen lebendig die

schwarzen Punkte die weil zu viele zu

wirr mir und Angst machen nur

seine Hand

ihre Finger

Augen

Ohren

und totes wird lebend

meine Hand meine Finger

da ist nichts was sie

erwecken

Worte nur

21-9-1978

Kurzes Bild

Ich sehe dich müde geworden doch

voll mit erlebtem und

Hoffnung zurück

Ich sehe dich lachend und

eins mit ihm

wie zuvor

Ich sehe dich bedauernd

vielleicht das

unmögliche nun

Und ich sehe mich einsam und voll

leerer Hoffnung

21-9-1978

Lied vom Wesen der hier so verwirrenden Taktik

Seis daß ich neu dich seh

oder daß oft ich schon geh

den Weg mit dir

Und plötzlich erwacht

oder lange schon schafft

die Liebe in mir

Doch was frag ich mich dann

was tun lieber Mann

nur Fragen ich spür

Denn was immer ich tu

vor dir weg auf dich zu

falsch scheint es meist mir

Ein Schritt hin auf dich

macht oft reizloser mich

in den Augen von dir

Aber geh ich ihn nicht

bau aus Stein mein Gesicht

leb ich jetzt nicht und hier

Vom Warten und oft

wenn nichts ich erhofft

gelang es dann mir

Doch wo zwischen immer nur ruhn

und viel zu viel tun

ist der Weg hin zu dir?

21-9-1978

Überall diese Deutschen?

Ursprünglich ist das Land

natürlich echt

wie wir es suchen

da wo nur wir sind

es stören die Menschen von hier

die nicht an ihrem Ort sind wie wir nur wenig

Aber die Seen sind seltener die

Ufer Straßen Dörfer Cafes

die Unberührten

denn da sind überall

diese Deutschen

Wie ein Scharm Wespen süchtig

nach dem Süssen Warmen um zu

geniessen aber auch um es zu

verbrauchen

Er verfolgt uns sticht ein

mit jedem weißen Schild am Auto

jedem deutschen Wort am Nachbartisch

Auf uns die wir Bienen uns dünken

bedacht nicht sinnlos zu stechen nur

und bereit sicher zu lernen von denen

die wir besuchen

Doch auch Bienen gibt es zu viele

22-9-1978

Cafe Lisboa

Cafe con leche am Ziel

Flucht vor dem Brennen

in steinernen Tälern

Goldener Himmel aus Stuck

Tische von Marmor

dunkel umschwungenes Glas an den Seiten

in ihm scheinen die Menschen

ferner

Nicht die Bauern des Südens

nicht die heitere Armut

Sie schonen die Körper

die Herren

des Landes und die

es bald werden

Sie lächeln dem

Schmetterling aus Gelb

und brauner Haut

der unruhig wartet

auf wen

Die wogende Straße scheint fern

25-9-1978

Tasten

Wenn andere Tage kommen

mit unbekannten Wegen und

ihre Gesichter lächeln in einem

und Angst machen im andern Augenblick

Dann will ich mich tasten

die Wege entlang

über baumige Hügel

durch plötzliche Täler

vorbei an drohenden Feuern

und warmen Stunden

Tasten um nicht zu fallen

nicht so hart

zu leicht aber tasten sie nicht

meine Hände berühren nicht nur

Zu oft drücken sie

das zarte Unbekannte

erdrückt es die hilflose Angst

Ich will tasten

lernen

1-11-1978

Jetzt

Du stehst vor mir

nur wenige Meter zwischen uns

Sekunden nur treffen sich unsere Augen

und ganz leise sage ich

hallo

sagte ich nichts ich glaube

es wäre gleich

28-11-1978

Wiedersehen

Du hast sie lange nicht mehr

gesehen

Und dann

warst du in ihrer Stadt

Eigentlich ein Zufall

daß du sie anriefst

Sechs Jahre

und davor nicht viel

Was sieht sie von dir

bild-los die ersten Worte

und immer doch ein Bild?

Sechs Jahre

und du fühlst dich vertraut

Du willst

keine neuen sechs Jahre

14-6-1979

Für dich

Ich wache auf mit deinem Bild

vor mir meine Freundin

und das Bild zittert verlangend nach einem Namen

Ich weiß ihn nicht

Ich frage dich

und du antwortest nicht: meine

nicht wie nicht so

nicht wie bei ihm aber wie?

Kein Ziel ist sie ein Punkt

doch wo ist der Weg

ohne den Sturm der Distanz bringt

ohne die Nacht die die Augen trennt

ohne die Kälte die unsere Körper gefühllos läßt

Ich will ihn so gern mit dir suchen und

ich will daß nicht nur ich will

Ich schlafe ein mit deinem Bild

vor mir meine Freundin

Warm wird mir

wie ein Bad in duftendem Wasser

uns sinds wir die schlafen

so vergesse ich die kalten Tropfen

und modrige Züge zwischen uns

weil ich weiß

sie werden gehn

22-10-1979

Tür deines Raums

wie denkst du den anfang

nach dem ende

ohne zu kreisen?

wegziehen willst du zu dir

anderes tastend

mit allen gefahren

gehe ich auch

und kommt viel zeit zwischen uns

menschen wie freude angst trauer

nie schließ ich den raum in mir ganz

der deinen namen trägt

voll wärme ist er und lust

und so tief und so oben zugleich

verschlossen scheint oft seine tür

zuviel kälte kommt und wenn du

abgewandt einige wände läßt

gehen die riegel

doch da ich ihn jetzt

und immer schon spürte

da pulsend und pochend heftig bebend er platz sich verschafft

weiß ich dich in ihm

3-1-1980

Aus einem Brief

Wenn Zeit verstreicht

senkt sich was greifbar war

in die Tiefe

versinkt vielleicht unwiederholbar

für uns

Erwarte ich Abstand

so half äußere Bewegung ihn finden

Gern denke ich unserer Stunden

unversunkener

sie wieder zu holen

19-1-1980

Lassen wir Platz zwischen den Steinen?

Mein Bild in dir zermalmtest du

und zu dünn schon zerfiel es

zwischen die Blöcke

die grauen zeittreibenden Pflichten

ließen tiefer es stürzen

Die Marmornen dann behauen mit Bildern älter und deutlicher

die warfen Schatten dem Staub der noch blieb

Irgendwo

Dein Bild in mir bedeckt ich

und rückte anders die Steine

die langsam das Graue verloren

und lachten mit Stimmen von Kindern

wärmten mit Körpern von Frauen

grünten mit Tagen von Frühling

Pulsten voll Hoffnung und Leben

Viele Steine sind es

viele in mir für mich

aber auch für den Schatten