Rechtlicher Hinweis: Die in diesem Buch veröffentlichten Inhalte haben maximal informativen Charakter. Keinesfalls reichen sie aus, um Krankheiten zu diagnostizieren oder zu heilen. Die Informationen ersetzen NICHT den Gang zum Tierheilpraktiker oder Tierarzt. Es werden an keiner Stelle Heilversprechen abgegeben. Bei vielen den hier genannten Therapien handelt es sich um Verfahren der alternativen Medizin, die naturwissenschaftlich-schulmedizinisch weder nachgewiesen noch anerkannt sind.

Haftungsausschluss: Die Benutzung dieses Buchs und die Umsetzung der darin enthaltenen Informationen erfolgt ausdrücklich auf eigenes Risiko. Der Verlag und die Autorinnen können für etwaige Schäden jeder Art, die sich bei der Umsetzung von im Buch beschriebenen Vorgehensweisen ergeben, aus keinem Rechtsgrund eine Haftung übernehmen. Rechts- und Schadensersatzansprüche sind ausgeschlossen. Das Werk inklusive aller Inhalte wurde unter größter Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Druckfehler und Falschinformationen nicht vollständig ausgeschlossen werden. Der Verlag und die Autorinnen übernehmen keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der Buchinhalte, ebenso nicht für Druckfehler. Es kann keine juristische Verantwortung sowie Haftung in irgendeiner Form für fehlerhafte Angaben und daraus entstandene Folgen übernommen werden.

© 2019 Annette Dragun / Katja Wald

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Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet unter www.dnb.de abrufbar.

Herstellung und Verlag:

BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3750473393

Inhalt

Vorwort von Annette Dragun

Es lässt sich nicht mehr ignorieren: Naddel wird alt. Sie hat 15 oder 16 Jahre auf dem Buckel, und seit etwa zwei Jahren bemerke ich deutliche Veränderungen an ihr, sowohl körperlich als auch im Verhalten. Natürlich habe ich schon immer vierbeinige Patienten im Seniorenalter behandelt, aber so hautnah wie bei meinem Naddelchen wurde ich mit der greisen Symptomatik bisher nie konfrontiert.

Das brachte mich dazu, mich eingehend mit dem Phänomen der „Grauen Schnauzen“ zu beschäftigen, und schnell stand fest: An diesem Thema sind enorm viele Hundehalter interessiert, und es bietet Stoff genug für ein neues Buch. Denn erstens gibt es immer mehr immer „graue Schnauzen“, und zweitens steigt mit dem Lebensalter die Häufigkeit an typischen Alterserkrankungen. Um dem Aspekt Bewegungsapparat, mit dem viele Hunde-Senioren Probleme haben, auch auf der physiotherapeutischen Seite gerecht zu werden, habe ich diesmal Katja Wald als Co-Autorin an die Tastatur gerufen.

Das Ergebnis, das vorliegende Buch „Tierisch grau“, richtet sich dabei nicht nur an die Besitzer von vierbeinigen Oldies. Gesundes Altern fängt viel früher an. Wichtig war uns daher, den Vorsorge-Aspekt ausführlich zu bedienen. Schließlich wünschst du dir, dass dein Hund nicht nur viele Jahre an deiner Seite ist, sondern dass er dabei gesund bleibt. Die Grundlage dafür schaffst du schon, lange bevor er beim Tierarzt als geriatrischer Patient geführt wird. Mit der richtigen Haltung und Pflege, mit einer artgerechten Fütterung und bedarfsgerechten Bewegung beugst du altersbedingten Erkrankungen schon in jungen Jahren vor.

Zeigt dein Oldie bereits erste Schwächen, dann hoffen Katja und ich, euch beiden mit unseren Tipps und Tricks helfen zu können. „Der ist eben alt“ bringt nämlich niemanden weiter. Häufig braucht es nur eine Diagnose und ein bisschen therapeutische Unterstützung, und dein haariger Methusalem wird wieder flott.

Doch auch das letzte Kapitel des Lebens, den Abschied, blende ich nicht aus. Wer mit einem Hund zusammenlebt, muss sich früher oder später mit diesem schmerzhaften Moment befassen. Dieser Buchabschnitt soll dich dabei unterstützen und dir Mut und Kraft geben.

Ich wünsche dir, dass du noch lange Freude an deinem vierbeinigen besten Freund hast, und ihm lange, stabile Gesundheit.

Naddel auf ihrem Lieblingsplatz – aber sie genießt auch Action im Grünen! (Foto: Lentfer)

Vorwort von Katja Wald

Annettes Buchprojekte begleite ich als Lektorin und Fotolieferantin schon seit ihrem ersten Buch „Tierischer Juckreiz“. Vermutlich motiviert durch meine jeweiligen Ergänzungen zum Bewegungsapparat entschied Annette dann: Das nächste Buch machen wir zusammen. Etwas skeptisch, aber nicht abgeneigt, habe ich mich auf dieses Projekt eingelassen. Gute Ratschläge hatte ich genügend dafür. Diese dann in lesbare Worte zu fassen, das war tatsächlich die Herausforderung.

Unser Ziel ist in erster Linie, dich zu sensibilisieren, mit welchen Mitteln du dein vierbeiniges Familienmitglied lange gesund und fit halten kannst. Aus therapeutischer Sicht ist es viel einfacher, etwas zur Gesunderhaltung beizutragen, als Krankheiten zu bekämpfen. Und dabei spielt die Vorbeugung natürlich die entscheidende Rolle. Auch wenn es sich seltsam anhört: Gesundes Altern fängt beim Welpen an!

Darüber hinaus wollen wir dir einen Überblick verschaffen, was dich im Laufe des hoffentlich langen Hundelebens erwarten kann, besonders im fortgeschrittenen Alter. Wir hoffen, dass du in diesem Buch viele Anregungen und Hilfestellungen findest, die das Zusammenleben mit deinem Hund bereichern.

Gedanken zum Alter

von Annette Dragun

Alt werden will keiner. Jung sterben aber auch nicht.

So geht es uns Menschen, und diese Erwartung stellen wir auch an unsere Hunde. Der Gedanke, dass der Lieblings-Vierbeiner irgendwann alt und grau wird, dass seine Leistungsfähigkeit nachlässt und seine Sinne schwinden, dass er anfällig wird für typische Altersleiden – das bereitet uns Sorgen. Vor allem, wenn wir zum ersten Mal ein Haustier in diesem Lebensabschnitt begleiten. Vielleicht sehen wir auch schon vorher fremde Hundesenioren mit wackeligen Schritten die Straße entlang schleichen. Wir lesen von den Veränderungen, den Risiken des Alters. Wir wissen - der Abschied rückt näher. Das alles macht uns Angst.

Aber keine Sorge. Das Alter kommt nicht plötzlich. Es schleicht sich Schritt für Schritt näher und wird erst ganz langsam präsent. Du wirst nur selten von Situationen überfallen, die du nicht kennst, die dich überfordern. Wir wachsen mit unseren Aufgaben, und auch dein Leben mit deinem Seniorhund wird dir passen. Und für die Gelegenheiten, bei denen du Hilfe brauchst, hast du ja jetzt dieses Buch.

Alt sein ist keine Krankheit

Natürlich können sich Gesundheitsstörungen entwickeln. Es gibt einige Altersmalaisen, die laut Statistik relativ häufig auftreten. Doch die meisten Hunde werden entspannt und gesund alt und genießen ihr Leben. Klar, ein 80jähriger Mensch läuft keinen Marathon mehr (bis auf gaaanz wenige), und auch mit deinem 15jährigen Golden Retriever wirst du auf keinem Agility-Turnier mehr durchstarten. Aber mit den üblichen Einschränkungen können Frauchen und Fips oder Herrchen und Hasso noch einen wunderbaren Alltag leben und im angemessenen Rahmen weiter aktiv sein.

Wann beginnt Alter?

Früher sagte man pauschal, dass sieben Menschenjahre einem Hundejahr entsprechen. Irgendwann fiel jemandem auf, dass zwischen Hund und Hund durchaus Welten liegen können. (Jetzt muss ich ihn loswerden, den Lieblingswitz meines Vaters: Was ist der Unterschied zwischen einem Hund? - Je größer desto Wau!) Nehmen wir mal die beiden Extreme Chihuahua und Dänische Dogge. Bei beiden soll die Umrechnung der Jahre gleich sein? Wo doch das Lebendgewicht um 70 Kilo und die Lebenserwartung um acht bis zehn Jahre voneinander abweicht?

Nein, so geht die Rechnung nicht auf. Wer sich mit Hunden beschäftigt, weiß, dass grundsätzlich kleine Hunde älter werden (können), als große. Auf dieser Erkenntnis basieren differenziertere Theorien zur Umrechnung von Menschen- auf Hundejahre. Auf der nächsten Seite findest du eine Tabelle dazu.

Aber das sind nur ungefähre Zahlen. Wie bei uns Menschen, ist die Realität auch bei den Hunden sehr ambivalent. Der eine Dackel rockt noch mit 14 Jahren den Hundefreilauf, der andere, gleichaltrige, schaukelt mit knirschenden Bandscheiben im Lehnstuhl. Die Unterschiede sind sicherlich zum Teil genetisch bedingt. Aber das alleine macht Vitalität nicht aus, da spielen sehr viele Faktoren eine Rolle. Ganz vorne dabei: Bewegung und Ernährung. Und darauf sollte schon in frühen Jahren geachtet werden, das ist nicht erst im Alter fundamental wichtig. Wer sich sein Leben lang zu wenig bewegte, übergewichtig war und Junkfood als Hauptnahrungsquelle nutzte, wird in seinem letzten Lebensdrittel mit einer bewussten Umstellung die Folgen dieser Lebensweise nicht mehr komplett ausbügeln können. Trotzdem rate ich niemandem davon ab, es zu probieren. Besser späte Einsicht als dauerhafte Ignoranz.

Hundegewicht > Bis 15 kg 15-45 kg Über 45 kg
Hundealter V
1 20 18 14
2 28 27 22
3 32 33 31
5 40 45 49
7 45 57 67
10 60 75 94
12 68 85 100
14 76 94
16 84 100
18 92
20 100

Hundealter – Menschenalter. Beispiel: Ein 12jähriger Hund mit 40 Kilo Gewicht ist mit einem 85jährigen Menschen vergleichbar

Je früher man an den Gesundheitsschrauben dreht, desto stabiler sollte das Ergebnis sein. Du möchtest nicht nur, dass dein Hund lange lebt – du möchtest, dass er dabei gesund bleibt. Dein Wunsch sollte deine Motivation sein, möglichst rechtzeitig Maßnahmen zur Unterstützung deines liebsten Vierbeiners zu ergreifen. Du kannst sehr viel tun, und das sogar ohne Riesenaufwand. Manche Gewohnheiten und Ansichten wirst du vielleicht etwas ändern müssen – nein, wollen, denn du weißt in Kürze, wofür du es tust.

Woran erkennt man das Alter des Hundes?

Mein Charly ist 13 Jahre alt. Wer ihn sieht, hält ihn für einen jungen Hund. Das hat verschiedene Gründe: Charly hat wunderbar weiches Fell. Wie ein Welpe. Dafür sorgt aber eine Hundefrisörin, denn wenn ich Karlchens Zotteln wachsen lasse, verfilzt er total, sein Pelz ist unpflegbar. Sein Verhalten ähnelt ebenfalls dem eines vergnügten Junghundes. Charly will kuscheln. Und kuscheln. Rennen liebt er auch, und essen sowieso, aber am liebsten mag er kuscheln. Er hat Glück - weil er so schön weich ist, lieben es die meisten Menschen, ihn zu streicheln. Dazu kommt seine Fellfarbe. Charly ist blond. Hellbeige, fast weiß. Das heißt: Charly wird nicht grau. Er wird bis an sein Lebensende jung aussehen.

Anders Naddel. Als sie 2006 (im Alter von zwei bis drei Jahren) bei mir einzog, war sie tiefschwarz. Ihr glattes Fell zeigte sogar einen Stich ins Blaue. Heute enthält es fast mehr grau als schwarz. Sie ist inzwischen ein „helles Köpfchen“, so weiß ist ihr Gesicht. Auch ihre elegant leuchtenden Stiefelchen wachsen immer höher die Beine hinauf. Die meisten dunklen Hunde zeigen schon früh Graufärbungen, besonders am Kopf. Deswegen werden sie häufig älter geschätzt, als sie sind.

Was ich damit sagen will (außer, dass ich gerne über meine Hunde erzähle, wie jede „Muddi“): Eine Veränderung der Fellfarbe ist bei Hunden mit zunehmendem Lebensalter sehr typisch. Zumindest, wenn der Hund nicht von Geburt an grau, meliert, weiß oder ein Blondino wie Charly ist.

Forever young: “Blondino” Charly wird auch mit 13 Jahren noch jung geschätzt (Foto: Wald)

Darüber hinaus kann man an weiteren Äußerlichkeiten erkennen, ob sich ein Hund in seinem letzten Lebensdrittel befindet. Ein Seniorhund bewegt sich anders, als ein vierbeiniger Jungspund. Er läuft weniger schwungvoll, sein Rücken und die Beine werden steifer. Der Gang wird gemächlicher, das Tempo lässt nach. Wenn ich heute mit meinen Hunden spaziere, dann im Rentnertempo. An mir liegt das nicht! Alte Hunde wie Naddel haben sooo viel Zeit. Sie beschnuppern am Wegesrand jeden Grashalm, sie kontrollieren unendlich eingehend jede noch so lapidare Nachricht aller in den letzten sieben Tagen vorbeigelaufenen Artgenossen (während ich am anderen Ende der Leine in der nordfriesischen Brise friere). Auch das Hinlegen und Aufstehen erfolgt um Welten geruhsamer, als in den frühen Lebensjahren.

Viele Seniorhunde sind aber nicht nur altersbehäbig, sondern haben tatsächlich Probleme mit dem Bewegungsapparat. Bei manchen möchte man nur Bequemlichkeit vermuten, doch diese hat vielleicht einen Grund. Meist sind dies Schmerzen. Ich bin immer wieder erstaunt, wenn Hundehalter meine Praxis besuchen, weil ihr Hund sich so wenig bewegt und ein reduziertes Temperament zeigt, und wenn dann Frauchen und Herrchen voller Überzeugung beteuern: „Aber Schmerzen hat er nicht“. Was erwarten sie? Dass Bello seine Pfote auf die Körperoberseite legt und sagt: „Ich habe Rücken“?

Apathie, Lethargie und die Vermeidung von Bewegung sind sehr häufig das Resultat von körperlichen Schmerzen - vor allem beim älteren Lebewesen (wer wie ich über 30 ist, weiß, dass Beschwerden automatisch zunehmen). Ich freue mich aber immer sehr, wenn der Hund zu mir oder einem anderen Therapeuten in die Praxis gebracht wird, bevor sich seine Muskelmasse abgebaut hat – also bevor es fast unmöglich ist, das Ruder noch herumzureißen.

Wenn eine Grauschnauze ihr gehobenes Alter nicht durch die beschriebenen Äußerlichkeiten preisgibt, dann wird ein Blick ins Maul geworfen. An den Zähnen sollt ihr sie erkennen – die Hunde über drei Jahre. Während man das Pferdealter durch den Zustand der Beißerchen sehr genau bestimmen kann, klappt das beim Hund nur bis zum Zahnwechsel (4. bis 7. Lebensmonat) sicher, danach beginnen die Schätzungen. Grundsätzlich haben kleine Hunderassen früher und mehr Probleme mit Zahnstein und Zahnfleischentzündungen, als große. Man kann dennoch nur grob unterscheiden, ob der Hund unter drei oder über zehn ist, dazwischen und darüber wird die Trefferquote gering. Das macht es auch so schwer, das genaue Alter eines Hundes aus dem Tierschutz zu erfahren. Hunde mit unklarer Herkunft tragen selten eine Geburtsurkunde bei sich.

Manche Hundesenioren fallen durch ihre Augen auf. Ein milchiger Film legt sich über die Pupille - eine altersbedingte Verfärbung der Linse oder ein Grauer Star. Für eine genaue Altersbestimmung taugt auch diese Symptomatik nicht, ebenso wenig das nachlassende Gehör. Manche Hunde werden nie taub, andere schon früh. Oder so wie Naddel: Früher wollte sie nicht hören, heute kann sie nicht mehr. Wann die mangelnde Fähigkeit den fehlenden Willen ablöste, lässt sich nicht so genau sagen.

Was verändert sich noch mit dem Alter? Manche Hunde verlieren ihren Geschmacks- und / oder ihren Geruchssinn. Das führt möglicherweise zu Appetitmangel und infolgedessen Gewichtsverlust. Andere Oldies entwickeln eine Fresslust – als merkten sie nicht mehr, wenn sie satt sind (dieses Phänomen zeigen manche Rassen, Labradore zum Beispiel, schon in frühen Jahren). Sie neigen dann zu Fettleibigkeit. Fresssucht genau wie Futterverweigerung können auch aus einer Demenz resultieren. Das sogenannte Kognitive Dysfunktionssyndrom ist leider kein Exklusivleiden der Menschen. Auch bei unseren Vierbeinern sind mögliche weitere Zeichen für die Altersverwirrung Orientierungsprobleme oder nächtliche Unruhe.

Die meisten Seniorhunde bleiben aber lange gesund und beweisen ihren Rentenanspruch vor allem durch ein ausgeprägtes Ruhebedürfnis. Graue Schnauzen brauchen viel Schlaf – und viel Liebe.

Die Vorzüge des Alters

Während ich dieses hier schreibe, liegt Naddel entspannt neben mir unter der Decke. Sie ist jetzt, im Frühsommer 2019, vermutlich 15 oder 16 Jahre alt – ins Tierheim kam sie, nachdem man sie mit zwei Welpen in einem Pappkarton neben der Mülltonne gefunden hatte. Als ich sie 2006 adoptierte, habe ich natürlich keinen Gedanken daran verschwendet, wie es mal sein wird, wenn sie alt ist. Mir hätte dafür sowieso die Vorstellungskraft gefehlt. Ohnehin altert jeder Hund anders.

Was ich genieße in der jetzigen Phase unseres Zusammenlebens, ist die tiefe Vertrautheit. Ein junger Hund macht Spaß. Der gibt Gas, feiert Endlos-Partys, der sorgt für Bambule. Die ganze Familie amüsiert sich köstlich über den vierbeinigen Jungspund. Mit den Jahren entstehen andere Prioritäten. Ich vergleiche das mit den Gefühlen zwischen zwei Menschen. Die erste Zeit wird bestimmt vom Verliebtsein. Ausnahmezustand - Schmetterlinge im Bauch, Herzrasen, ein beinahe unzurechnungsfähiger Geisteszustand. Je länger die Emotionen andauern, desto sanfter und gleichzeitig tiefer werden sie. Im Idealfall wächst aus der frühen Verknalltheit eine beständige Liebe. Das Herz klopft immer noch, aber anders.

Heute bringt mich Naddel mehr zum Lächeln als zum Lachen. Besonders, wenn aus ihrer grauen Maske ein junger Schalk blitzt. Wenn sie einen Anfall von Jugend „erleidet“, wenn sie – wie mein Partner immer sagt – „ihre Krücken wegwirft“ und mit begeistertem Gesichtsausdruck über einen Acker flitzt. Viel langsamer als damals, aber mit mindestens so viel Lebensfreude. Oder wenn sie mal wieder ihre Artgenossen strammstehen lässt – an guten Tagen wagt kein Hund, an Naddels Status als Stabschefin zu zweifeln. Ich kenne meinen Hund heute so genau, ich weiß, wie das Naddelchen tickt, und ich freue mich täglich über ihre Macken, die ich über 13 Jahre zu lieben gelernt habe. Und trotz mancher Sorgen, wenn mein Hundemädchen mal körperlich schwächelt, trotz nächtlicher Störungen, wenn sie öfters vor die Tür muss – ich bin dankbar, dass ich Naddel durch die Seniorenphase begleiten darf. Denn ich spüre täglich, dass auch sie sich mit jedem Jahr mehr in mich verliebt und welch tiefes Vertrauen sie entwickelt hat.

Mit dem Alter wächst das Vertrauen (Foto: Fiedler)

Der alte Hund

Ja, es ist schön, seinen Hund bis ins hohe Alter zu erleben. Und Nein – es ist nicht immer leicht. Wie Menschen mit fortschreitendem Alter Einschränkungen erleiden, wie ihre Gesundheit, ihre Leistungsfähigkeit nachlässt, so passiert das auch unseren Seniortieren.

Was ist eigentlich Alter?

„Unter dem Alter“, so formuliert wikipedia, „versteht man den Lebensabschnitt rund um die mittlere Lebenserwartung. (…) Das Altern in diesem Lebensabschnitt ist meist mit einem Nachlassen der Aktivität und einem allgemeinen körperlichen Niedergang (Seneszenz) verbunden.“ Gerontologen, so lautet die Bezeichnung für Alterswissenschaftler, diskutieren rund 300 Ursachen für das Altern, insbesondere Abnutzungs- und Verschleißtheorien sowie zellbiologische Modelle.

Das bedeutet, dass ich hier an dieser Stelle sehr lange und ausschweifend fachsimpeln könnte. Das bringt uns aber nicht voran. Wir müssen nur wissen, ob und wie wir die Folgen oder die Begleiterscheinungen des Alterns verhindern können. Oder wenigstens hinausschieben, um realistisch zu bleiben. Denn dass es körperliche Veränderungen gibt, lässt sich leider nicht wegwünschen.

Der allgemeine körperliche Abbau zeigt sich äußerlich durch ein erhöhtes Ruhebedürfnis des Seniors. Ein Junghund brettert ja manchmal durch den Tag, als seien seine Batterien dauerhaft überladen. Der Oldie ist mehr mit dem altersschwachen Akku zu vergleichen. Er lässt sich noch aufladen, ist aber schnell erschöpft und braucht dann wieder seine Auftank-Pause. Das ist normal – ob aber der einzelne Hund ein normales, altersentsprechendes Ruhebedürfnis zeigt, oder ob da mehr hinter steckt, kann nur eine Untersuchung klären. „Der ist eben alt…“, ist immer schnell gesagt. Häufig steckt aber hinter dem reduzierten Temperament ein körperliches Problem, das sich mit akzeptablem Aufwand verringern lässt, so dass die Lebensqualität (und manchmal sogar die Lebenserwartung) der Grauschnauze enorm steigt.

Der jährliche „TÜV“

Einen medizinischen Check-up ein- bis zweimal im Jahr empfehle ich beim Hund spätestens mit Beginn des voraussichtlich letzten Lebensdrittels, also je nach Körpergröße ab dem 6. bis 10. Lebensjahr. Der Tierarzt oder Tierheilpraktiker schaut dabei den Patienten von vorne bis hinten und sogar innen (Maul, Ohren) an, prüft Herz, Puls und Atmung und nimmt Blut ab für einen Alters-Screen (siehe Kasten) Zusätzlich kann der Urin auf Anzeichen für eine Nierenschwäche oder Diabetes untersucht werden.

So lassen sich früh erste Anzeichen für die typischen Schwachstellen der Grauschnauzen erkennen. Neben den inneren Organen baut aber auch der Bewegungsapparat ab. Häufig bilden sich Verkalkungen und Verknöcherungen in der Wirbelsäule sowie Verschleißerscheinungen und Arthrosen in den Gelenken. Auch die Sinnesorgane können schwächeln, und die Möglichkeit einer Demenz habe ich ja schon angesprochen.

Du hast sicher schon festgestellt, dass es unseren Hunden nicht viel anders als uns Menschen geht. Dummer Spruch gefällig? „Früher waren wir jung und knackig - heute sind wir nur noch knackig: Es knackt in diesem Gelenk und in jenem Gelenk…“

Tipp: Geriatrische Blutuntersuchung

Es heißt „Alters-Screen“ oder „Geriatrie-Profil“: Jedes Labor bietet eine spezielle Blutanalyse für Tiere im fortgeschrittenen Lebensalter an. Für den Hund sind das mindestens die Kontrolle der Nieren- und der Leberwerte, der Bauchspeicheldrüsen- und Schilddrüsenfunktion sowie ein Großes Blutbild.

Diese Blutuntersuchung gehört zum geriatrischen Vorsorge-Check, der einmal jährlich beim Tierarzt oder Tierheilpraktiker ratsam ist. Bei Auffälligkeiten wird der Therapeut weitere Parameter nachfordern, um das Problem zu verifizieren. Beispiel: Weist der T4-Wert (Thyroxin) auf eine Schilddrüsenunterfunktion hin, lässt man zusätzlich TSH und fT3 bestimmen.

Woher kommt der altersbedingte Abbau?

Zunächst mal ist das maximale Lebensalter wohl genetisch vorbestimmt. Dummerweise gibt es kein spezifisches Altersgen – sonst hätten irgendwelche Wissenschaftler ganz bestimmt schon die Unsterblichkeit erfunden und sich patentieren lassen. Trotzdem konnte man in diversen Tierversuchen durch die Manipulation einzelner Gene schon die Lebensspanne verlängern. Dieser Erfolg war aber immer teuer erkauft – etwa mit einer schlechteren Fortpflanzungsfähigkeit oder Zwergwuchs.

Die Gene sind aber nur zum kleinen Teil (man spricht von 25 Prozent) verantwortlich für unsere Altersmalaisen. Eine viel größere Rolle spielen die Umwelt- und Lebensbedingungen. Und jetzt kommst du als Verantwortlicher deines Hundes ins Spiel: Je früher du seine Lebensumstände optimierst, desto besser sollte es deinem Lieblings-Felltier im Alter gehen. Am wichtigsten sind Futter- und Bewegungsmanagement. Nahrung ist Medizin! Und Bewegung hält jung. Vielleicht abgedroschene Weisheiten, aber sehr wahr.