Frau Paula Trousseau
Roman
Suhrkamp
Umschlagfoto: Sven Paustian
ebook Suhrkamp Verlag Berlin 2010
© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2007
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Umschlag: Göllner, Michels, Zegarzewski
eISBN 978-3-518-73590-9
für Paula T.
Drei Wochen zuvor hatte sich Paula bei ihm gemeldet, so erschien es ihm jedenfalls. Er war derart merkwürdig und unerklärlich auf ihren Namen gestoßen, dass er den ganzen Tag immer wieder an sie denken musste und schließlich mit einem befreundeten Computerspezialisten telefonierte, um von ihm eine Erklärung für das Geschehene zu bekommen.
An jenem Tag hatte Sebastian Gliese an seinem Schreibtisch vor der geöffneten Adressendatei gesessen, um eine Telefonnummer zu suchen. Die Sekretärin hatte zwei Jahre zuvor sämtliche Namen und Anschriften seiner alten Rolodex-Kartei in den Computer übertragen. Es war eine Liste von mehreren hundert Namen, da er nie eine Adresse löschte, auch wenn es seit Jahren keinen Kontakt mehr gab und die Angaben möglicherweise überholt waren. Als er die Namen durchrollen ließ, stutzte er. Der Name Paula Trousseau war zweimal vorhanden. Er öffnete nacheinander beide Adresskarten, sie waren identisch, seine Sekretärin musste aus Versehen die Adresse zweimal abgeschrieben haben. Er erinnerte sich an Paula, die er ein halbes Leben lang nicht gesehen hatte, dann löschte er die Dublette. Der Computer fragte, ob dieser Eintrag tatsächlich gelöscht werden solle, er drückte nochmals die Taste, und auf dem Bildschirm erschien für Sekunden der Vermerk: gelöscht am 22. Mai.
Als er sich vergewissern wollte, dass ihre Adresse nur noch einmal vorhanden ist, war ihr Name nicht mehr zu finden. Beide Einträge waren verschwunden, Paula Trousseau existierte in seinem Computer nicht mehr. Er versuchte, die Löschung rückgängig zu machen, aber das war nicht möglich oder er dafür zu ungeschickt. Er grübelte, worin der Fehler bestanden haben könnte. Ein Freund, den er anrief, weil er sich von ihm eine Lösung des Problems erhoffte, erklärte ihm lediglich, so etwas komme vor, er solle eben stets eine Sicherheitsdatei anlegen, um sich vor solchen Überraschungen zu schützen.
Und nun, wenige Wochen nachdem er ihren Namen gelöscht hatte, hörte er wieder von ihr. Er war von einem Kundenbesuch ins Büro zurückgekommen, als ihm seine Sekretärin sagte, die französische Polizei habe angerufen und wünsche ihn zu sprechen. Sie würden gegen drei Uhr nochmals anrufen.
»Wer will mich sprechen?«, fragte Gliese überrascht.
»Die Gendarmerie von Vendôme. Ein Monsieur Passeret.«
Er fuhr herum und starrte die Frau überrascht an.
»Die Gendarmerie? Aus Vendôme? In Frankreich?«
»Ja, natürlich.«
»Was habe ich mit der französischen Gendarmerie zu tun? Was wollen die von mir?«
»Das wollte er mir nicht sagen.«
Er schüttelte belustigt den Kopf.
»Gut. Stellen Sie ihn durch, falls er sich wieder meldet.«
»Sie müssen französisch mit ihm sprechen. Monsieur Passeret spricht kein Deutsch und kein Englisch.«
»Auch das noch.«
Eine halbe Stunde später klingelte es.
»Monsieur Gliese?«
»Ja.«
»Können Sie mich verstehen? Sprechen Sie Französisch?«
»Ein wenig. Sprechen Sie bitte langsam.«
»Sie sind Monsieur Sebastian Gliese? Sie wohnen in der Nummer fünf der Körnerstraße in Berlin?«
»Das ist korrekt. Was wollen Sie von mir?«
»Mein Name ist Jean-François Passeret, ich bin Commandant der Gendarmerie Nord von Vendôme. Kennen Sie eine Paulette Trousseau oder Pauline Trousseau?«
»Paulette Trousseau? Nein. Aber ich kenne eine Paula Trousseau.«
»Pauline Trousseau?«
»Sie heißt Paula Trousseau. Was ist mit ihr?«
»Sind Sie ihr Ehemann?«
»Nein, ich bin nicht ihr Ehemann.«
»Ihr Vater? Ihr Bruder?«
»Nein, ein Freund. Oder vielmehr, ich war ein Freund von ihr. Wir haben uns aus den Augen verloren. Ich weiß nicht, wie ich es auf Französisch ausdrücken soll. Ich habe sie jahrelang nicht gesehen, verstehen Sie? Ist etwas mit ihr passiert, Monsieur Commandant?«
»Können Sie mir Namen, Adresse oder Telefonnummer des Ehemanns von Paula Trousseau geben?«
»Nein. Ich weiß nur, sie war verheiratet, ist aber längst geschieden. Der Mann hieß oder heißt Trousseau. Wenn ich richtig gehört habe, lebt sie allein.«
»Können Sie mir einen Verwandten von Paula Trousseau nennen?«
»Sie hat einen Sohn. Ich glaube, er heißt Michael. Er müsste Anfang zwanzig sein, ich weiß nicht, wo man ihn auftreiben könnte. Und es gibt noch eine Tochter, etwas älter, aber mehr weiß ich nicht. Mit Paula hatte ich in der letzten Zeit keinen Kontakt. Es ist mindestens fünf Jahre her, dass ich sie gesehen habe.«
»Sie können mir keinen Namen eines Verwandten nennen?«
»So ist es. Was ist mit Paula? Ist Paula Trousseau irgendetwas zugestoßen?«
»Dann danke ich für Ihre Mühe. Und entschuldigen Sie bitte die Störung. Einen guten Abend.«
Sebastian Gliese sah überrascht auf den Hörer.
»So ein Idiot«, sagte er, »so ein ungehobelter Patron.«
In den nächsten Tagen schrieb er einem Freund, der Paula auch kannte. Er berichtete von dem seltsamen Anruf des französischen Polizisten und fragte, ob er etwas über Paula wisse. Und er telefonierte mit zwei ihrer Kollegen, die er vor Jahren bei ihr kennengelernt hatte, aber keiner von ihnen konnte genauere Auskünfte geben. Paula musste sich vor vier Jahren von allen Freunden ohne Lebewohl verabschiedet haben.
Einer vermutete, Paula habe Drogenprobleme. Er habe so was gehört, erklärte er, als Sebastian Gliese nachfragte.
»Sind Sie mit ihr verwandt oder irgendwie verbandelt?«
»Nein. Die Polizei hat sich bei mir nach ihr erkundigt.«
»Die Polizei? Sie wird doch nichts ausgefressen haben, die hübsche Paula.«
»Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Ich weiß nicht, wie Sie zu ihr stehen, aber als Malerin, da taugt das Mädchen nichts. Ich habe ihr gesagt, Mensch, Mädel, so wie du ausschaust, da musst du doch deine Zeit nicht mit Malen verplempern. Such dir einen Kerl, der Moos hat, und genieße das Leben. Du zerquälst dich doch nur auf der Leinwand. Das ist Tristesse mit Trauerrand, was du da pinselst. Wer soll das kaufen? Oder hast du einen Großauftrag vom Beerdigungsinstitut? Die schöne Paula weiß überhaupt nicht, dass es auch freundliche Farben gibt, ein leuchtendes Gelb, ein Karminrot. Bei ihr ist Terrakotta schon der Gipfel der Lebenslust. Bei ihr gibt es nur Schwarz und Grau, und Grau und Schwarz. Depressionen auf die Leinwand pinseln, das ist das Letzte, was der Markt braucht. Oder lieben Sie solche Bilder?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Sag ich doch. Aber sie greift immer nur nach der größten Tube Schwarz und drückt sie voll auf die Leinwand. Wenn ich das sehe, tut mir die schöne Grundierung leid.«
»Danke für Ihre Auskunft. Und entschuldigen Sie die Störung.«
»Keine Ursache. Wenn Sie mal ein wundervolles Bild kaufen wollen, kommen Sie bei mir vorbei. Ich zeige Ihnen einige Stücke, die sind pure Kapitalanlage, Meister. Mein Atelier ist in der Parkstraße, und Besucher sind allzeit willkommen. Einen Wein gibt es auch, selbst wenn Sie nichts kaufen.«
Mitte November, ein halbes Jahr nach dem Anruf der Gendarmerie von Vendôme, meldete sich Michael Trousseau. Er sagte am Telefon, dass er ein paar Sachen seiner Mutter habe, die sie testamentarisch Sebastian Gliese zugedacht habe und die er vorbeibringen wolle.
»Kommen Sie, wann immer Sie wollen«, sagte Gliese.
»Heute Nachmittag? Gegen fünf?«
»Einverstanden. Ich erwarte Sie.«
Michael Trousseau war ein hochgewachsener junger Mann mit strubbligen blonden Haaren. Er musste Mitte zwanzig sein und wirkte verlegen, als Sebastian ihn ins Wohnzimmer bat und fragte, ob er etwas zu trinken wünsche.
»Bitte machen Sie sich keine Umstände«, sagte der junge Mann.
»Ich mache mir keine Umstände, Michael. Ich darf Sie doch so nennen? Wir kennen uns zwar kaum, aber ich war mit Ihrer Mutter befreundet. Sehr gut befreundet, denke ich. Also, was kann ich Ihnen bringen? Kaffee, Tee, Wasser, Saft?«
»Am liebsten grünen Tee, wenn Sie so etwas haben.«
»Grünen Tee? Natürlich. Davon trinke ich jeden Tag einen Liter.«
Michael Trousseau erzählte, dass die französische Gendarmerie ihn erst vor einem Monat erreicht habe, da er sein Studium für ein Semester unterbrochen hatte, um mit seiner Frau einen Trip durch Südamerika zu machen. Nach der Rückkehr fand er in seiner Wohnung drei Briefe und ein Telegramm der Gendarmerie Vendôme, man bat ihn, sich umgehend mit ihnen in Verbindung zu setzen. Der erste Anruf misslang, da er kein Französisch sprach, aber er hatte begriffen, dass seiner Mutter etwas Schreckliches zugestoßen sein musste. Er habe den Hörer aufgelegt und sei zu einer Kommilitonin gegangen, die ein Jahr in Paris studiert hatte. Dank ihrer Hilfe konnte er sich mit der Polizei in Vendôme verständigen. Seine Mutter war Ende Juni von Bauern in einem verkrauteten Nebenarm der Loire gefunden worden. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits vier Wochen tot. Dieser Nebenarm sei ein fast stehendes Gewässer, kaum tiefer als einen Meter, es sei unzweifelhaft festgestellt worden, dass seine Mutter keinem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen sei, sondern Selbstmord verübt habe. Sie war in dem Wasser nicht ertrunken, vielmehr habe sie sich mit einem Mix unterschiedlichster Tabletten vergiftet. Die Tabletten habe sie, das hätten Untersuchungen ergeben, an dem Gewässer eingenommen. Als sie von einem brüchigen Angelsteg ins Wasser fiel, war sie bereits tot. Es befand sich kein Wasser in ihrer Lunge. Fremdeinwirkung konnte ausgeschlossen werden. Die Polizei habe sich lange bemüht, Angehörige der Toten zu ermitteln, aber in ihren persönlichen Sachen im Zimmer einer Pension unweit von Vendôme fanden sich nur wenige Namen und Adressen, die ihnen nicht weiterhelfen konnten. Nach drei Monaten habe man die Suche ergebnislos abbrechen müssen. Paula Trousseau sei gerichtsmedizinisch untersucht worden und nach der Freigabe auf Kosten der Gemeindekasse kremiert worden, um eine mögliche spätere Überführung zu erleichtern. Falls er, der Sohn, die Urne überführen lassen wolle, bitte man ihn, die Gendarmerie frühzeitig darüber zu unterrichten, da Papiere und notarielle Beglaubigungen erforderlich seien. Auf jeden Fall sei es unumgänglich, nach Vendôme zu kommen, um die in der Pension sichergestellte Habe seiner Mutter abzuholen. Er sei daraufhin drei Tage später mit der Kommilitonin nach Frankreich gefahren, zur Gendarmerie gegangen, danach zum städtischen Friedhof und schließlich zu der angegebenen Adresse der Effektenkammer, um den Koffer, die Skizzenblöcke und den blechernen Malkasten in Empfang zu nehmen. Die Gendarmerie hatte ihm einen Brief der Mutter übergeben, der an ihn gerichtet war. Die Polizei hatte ihn geöffnet.
Michael Trousseau holte den Brief aus der Jackentasche und reichte ihn Sebastian Gliese. Der sah den jungen Mann an, dieser nickte und sagte: »Lesen Sie. Er ist auch für Sie bestimmt, denke ich.«
Gliese nahm langsam und vorsichtig den Brief aus dem Umschlag, als handelte es sich um eine Kostbarkeit, eine Reliquie. Es waren drei handbeschriebene Seiten, auf denen sie ihren Sohn um Verzeihung bat und sich verabschiedete.
Auf der zweiten Seite las er: »Ich wünschte, ich wäre nur irgendein Mädchen gewesen, nicht hübsch, nicht begabt und vor allem ohne Träume. Es wäre mir leichter geworden, den Nachstellungen und Verleumdungen zu entgehen. Es hätte mir vielleicht die Kraft gegeben, mich zu wehren. Verzeih mir, Michael, verzeih mir, du mein Einziger, aber ich habe mein Leben einige Jahre länger getragen, als ich es ertragen konnte. Das solltest du mir zugutehalten, mein Junge. Verzeih, dass ich mein Versprechen sehr bald brechen werde. Aber ich bin am Ende, und ich kann nicht mit dir darüber sprechen. Ich liebe dich zu sehr, um mir diesen Schmerz anzutun.«
Auf der letzten Seite gab es unter dem Namen einen Nachsatz, in dem Paula Trousseau verfügte, dass sie ihren gesamten Besitz dem Sohn Michael vermache. All ihre Bilder, Zeichnungen und Skizzenblöcke sollten jedoch Sebastian Gliese übergeben werden, damit dieser ihr Werk treuhänderisch verwalte. Mögliche finanzielle Erträge sollten, nach Abzug aller entstandenen Unkosten, gleichfalls ihrem Sohn zugutekommen. Sebastian Gliese sei der einzige Mann und Mensch, der ihr auf dieser Erde hätte helfen können. Er sei zu ihrem Schutzengel bestimmt gewesen, aber sie habe es zu spät erkannt.
Verwirrt ließ Gliese die Hand mit dem Brief sinken und sah den jungen Gast an. Vorsichtig faltete er den Brief wieder, schob ihn in den Umschlag und gab ihn zurück.
»Wären Sie bereit, den Wunsch meiner Mutter zu erfüllen?«
»Ich wusste es nicht«, erwiderte Gliese, »ich wusste nicht, dass ich Ihrer Mutter so viel bedeutete. Wir waren befreundet, ich liebte Paula, aber ihr Schutzengel war ich nicht. Leider.«
»Werden Sie ihren Wunsch erfüllen?«
»Ich fürchte, ich kann es nicht«, antwortete er, »ich bin kein Maler, ich kenne mich nicht aus, ich wüsste nicht, wie ich ihre Arbeiten präsentieren kann. Ich habe keinerlei Verbindungen zu Galeristen. Verstehen Sie bitte, Michael, wenn die Bilder bei mir landen, sie würden sich hier stapeln, ohne dass ich die geringste Möglichkeit hätte, sie auszustellen oder Käufern anzubieten. Ich weiß nicht einmal, wie man Gemälde und Skizzen fachgerecht lagert. Ich bin kein Maler. Wäre es nicht besser, wenn Sie das Erbe Ihrer Mutter übernehmen?«
»Es ist aber ihr Wunsch …«
»Ja. Und es fällt mir schwer, ihn zurückzuweisen. Nein, das kann und will ich nicht. Sie sollten sich überlegen, im Interesse Ihrer Mutter und ihrer Hinterlassenschaft, ob es nicht besser wäre, wenn Sie die Arbeiten behalten. Ich respektiere Paulas Wunsch, aber bedenken Sie, Ihre Mutter war zum Schluss verzweifelt und hat sich sicherlich nicht alles genau überlegt.«
Michael Trousseau schüttelte den Kopf.
»Nein«, sagte er, »ihren Tod hatte sie sorgsam vorbereitet und geplant. Sie war Anfang Mai nach Vendôme gefahren und hatte zuvor ihr Haus in Kietz komplett aufgeräumt und ausgemistet. Als ich vor drei Wochen, also fünf Monate später, das Haus zum ersten Mal nach ihrem Tod betrat, war alles sortiert und verpackt wie vor einem Umzug. An jedem Karton, an jeder Rolle klebten Zettel mit den Namen derer, für die sie bestimmt waren. Wenn Sie nach Kietz mitkommen, werden Sie sehen, Mutter hat genau festgelegt, was Sie erhalten sollen.«
»Ich hätte es Paula ausgeredet. Wenn sie auch nur eine Andeutung gemacht hätte, hätte ich ihr gesagt, dass ich der Falsche bin. Was ist mit Ihrem Vater, Michael? Wäre er nicht der Richtige?«
»Ich habe meinen Vater nie kennengelernt. Ich weiß nichts von ihm, ich besitze von ihm kein Foto, ich kenne nicht einmal seinen Namen. Mutter sagte mir, er sei vor meiner Geburt gestorben. Sie wollte nie über ihn reden. Ich habe nie erfahren, wieso. Jedes Gespräch über ihn war ihr unangenehm, und sie brach es ab. Sie kennen sie ja, Sie wissen, wie starrköpfig sie war. Ob mein Vater wirklich vor meiner Geburt starb, ich bezweifle es, denn dann hätte sie doch, was immer auch zwischen den beiden vorgefallen war, über ihn reden können. Aber er hat sich auch nie bei mir gemeldet. Meinen Vater gibt es nicht.«
»Tut mir leid.«
»Bitte, überlegen Sie es sich, Herr Gliese.«
»Das verspreche ich Ihnen, Michael, aber ich bitte auch Sie, meine Bedenken ernst zu nehmen. Ich will gern helfen. Ich will alles tun, was in meinen Kräften steht, aber die Bilder würden bei mir verrotten, kein Mensch würde sie zu sehen bekommen. Ich weiß nicht einmal, was man anstellen muss, um die kleine, lächerliche Galerie des Stadtbezirks für eine Ausstellung zu gewinnen. Ich bin der falsche Mann. Lassen Sie uns einen geeigneteren Weg finden, Michael. Einverstanden?«
Michael Trousseau hatte zugehört, ohne ihn auch nur für einen Moment aus den Augen zu lassen. Gliese hatte den Eindruck, er werde von ihm auf Herz und Nieren geprüft, vielleicht wollte er erkunden, welches Verhältnis er zu seiner Mutter gehabt hatte. Der junge Mann gefiel ihm. Er versuchte, Paulas Züge in seinem Gesicht zu entdecken, sah aber nichts, was ihn an sie erinnerte. Die Augenbrauen vielleicht, sagte er sich, und vielleicht das schmale Gesicht. Er hatte gehofft, er würde ihre Augen bei ihm sehen, diese unendlich traurigen Augen, die ihm bei ihrer allerersten Begegnung sofort aufgefallen waren. Ihrer Augen wegen hatte er sie damals, vor mehr als zwanzig Jahren, angesprochen, und nur um ihre Augen zu sehen, verabredete er sich mit ihr, saß stundenlang in irgendeinem Café ihr gegenüber, hörte ihr zu und schaute unentwegt in ihre Augen. Er hatte nie wieder so viel freundliche Trauer gesehen, und hatte vom ersten Moment an gewusst, dass diese Frau gierig auf das Leben war und doch unfähig sein würde, ihr Leben zu bestehen.
»Paulas Augen«, sagte er unvermittelt.
Der junge Mann sah ihn erwartungsvoll an, und Sebastian Gliese fügte hinzu: »Sie hatte so wundervolle Augen, Ihre Mutter.«
»Ja«, bestätigte er, »Mutter hatte die schönsten Augen der Welt.«
»Die traurigsten Augen«, korrigierte Gliese.
Michael Trousseau nickte.
»Ich wusste, dass Mutter mich vor der Zeit verlassen wird. Ich wusste es seit meiner Oberschulzeit. Einmal konnte ich sie retten, da war ich siebzehn. Sie hatte mir versprochen, dass sie es nie wieder tun würde.«
Er sah seinen Gastgeber an, und jetzt konnte Sebastian Gliese Paulas Augen bei ihm sehen. Er lächelte.
Der junge Mann erhob sich, steckte den Brief in die Jackentasche. Er werde in einer Woche anrufen, sagte er, sie könnten sich dann verabreden und zusammen nach Kietz in Paulas Haus fahren, um die Bilder durchzusehen. Und er hoffe, Herr Gliese sei dann bereit, Mutters Vermächtnis anzunehmen.
Gliese nickte. Dann sagte er: »Eine Frage noch, Michael: wann ist Ihre Mutter gestorben? An welchem Tag?«
»Die Polizei hat den 23. Mai genannt, aber es sei nur ein vermutetes Datum, es könne auch zwei Tage früher oder später passiert sein.«
Gliese öffnete seinen Kalender, dann sagte er: »Es war Montag, der 22. Mai.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Vergessen Sie nicht, ich war ihr Schutzengel. Ein Schutzengel, der gründlich versagt hat. Ich weiß, es war der 22. Mai. Glauben Sie mir.«
Sebastian Gliese begleitete seinen jungen Gast die Treppe hinunter bis zur Haustür und verabschiedete sich herzlich von ihm. Für einen Moment legte er ihm eine Hand auf die Schulter. Der junge Mann ließ es zu, noch immer sah er ihn ernsthaft und durchdringend an.
»Wenn Sie mir eine Kopie von Paulas Brief machen würden, wäre ich sehr dankbar, Michael.«
»Das werde ich tun. Schließlich haben auch Gendarmerie und Staatsanwaltschaft Kopien.«
Er lief die Straße hinunter, ohne sich umzuwenden. Als Gliese die Treppe hochstieg, fiel ihm ein, dass er weder die Adresse noch eine Telefonnummer von Michael besaß, doch dann sagte er sich, der Junge werde sich schon melden, schließlich wolle er etwas von ihm. Der Gedanke, Paulas Bilder in seiner Wohnung zu lagern, war ihm unangenehm. Es waren, soweit er sich an sie erinnern konnte, tatsächlich düstere und niederdrückende Blätter. Ihren künstlerischen Wert konnte er nicht beurteilen, für ihn lag ihre Bedeutung allein in dem Umstand, dass es die Bilder von Paula waren, dieser schönen Frau, die er seit mehr als zwanzig Jahren kannte oder vielmehr verehrte, deren Nähe er suchte und fürchtete, die ihn verwirrt hatte, so dass er selbst jetzt, nach ihrem Tod, nur schwer seine Beziehung zu ihr benennen konnte.
Drei Wochen später fuhr er an einem Samstag zusammen mit Paulas Sohn zu ihrem Haus in Kietz. Er sah es zum ersten Mal und konnte sich, während er neben Michael durch die Räume lief, einer leichten Befangenheit nicht erwehren. Es war Paulas Haus, das er betreten hatte, es waren die Sachen einer toten Frau, die er sich anschaute, und er hatte das Gefühl, eine Taktlosigkeit zu begehen, ein Vertrauen zu missbrauchen. Während des gesamten Besuches fürchtete er, plötzlich unvermutet Paula gegenüberzustehen und ihr erklären zu müssen, wieso er in das Haus eingedrungen sei.
Im großen, sich über das gesamte Stockwerk hinziehenden oberen Wohnraum standen Kartons, Mappen und Papprollen. Michael wies ihn auf die zugebundenen Mappen hin, auf denen Glieses Name stand. Er öffnete sie und schaute sich die darin liegenden Blätter an. Anfangs sah er sich jede der Arbeiten an und nahm einige heraus, um sie genauer zu betrachten, später blätterte er nur noch in den Mappen und verschnürte sie wieder.
Michael machte Kaffee in der Küche.
»Wie haben Sie sich entschieden?«, fragte er. »Werden Sie Mutters Wunsch erfüllen?«
»Ich bin dafür nicht geeignet, Michael. Ich kann damit nichts anfangen. Suchen Sie einen Galeristen, einen Kunsthändler. Vielleicht sind die Blätter wertvoll, und Ihre Mutter wird noch berühmt.«
Der junge Mann sah ihn reglos an.
»Aber ich würde mir gern zwei, drei Blätter mitnehmen. Für mich. Wäre das möglich?«
»Nehmen Sie sich, was Sie wollen. Und so viel Sie wollen.«
»Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann. Ein Nachlass bedeutet immer Arbeit. Ich hoffe, Sie haben mit den anderen Adressaten keine Probleme.«
»Nein, nur mit Cordula. Sie will ihr Päckchen auch nicht annehmen.«
»Cordula? Wer ist das?«
»Meine Schwester. Meine ältere Schwester. Mutter hatte ihr ein dickes Manuskript hinterlassen, aber sie hat es mir umgehend und ungeöffnet zurückgeschickt.«
»Ein Manuskript? Haben Sie es gelesen?«
»Ich habe einmal reingeschaut, aber nicht gelesen. Ich weiß nicht, ob es Mutter recht wäre. Es war wohl allein für Cordula geschrieben.«
Gliese schaute sich im Raum um. Da alle Zwischenwände herausgenommen waren, machte er auf ihn den Eindruck eines wohnlich hergerichteten Speichers, eines Lofts. Er versuchte, sich Paula in diesem Haus vorzustellen, und gab es auf, als das Gesicht einer Toten sich über ihr Bild schob.
Auf der Rückfahrt sprach er mit Michael über dessen Studium und seine beruflichen Absichten. Er vermied es, über Paula zu sprechen, und auch Michael verlor kein Wort über seine Mutter und über ihre Bilder.
Der Wind hatte das Laub vor dem Drahtzaun zusammengefegt, der das Grundstück vom Nachbarn abtrennte, so dass die welken Blätter einen halbmeterhohen Wall bildeten, eine breite, rotbraungelbe Welle, in die man sich hineinwerfen konnte. Während ich unentwegt aus dem Fenster in den kleinen Garten starrte, drehte sich plötzlich der Wind, die trockenen geschrumpften Blätter flogen in die Luft und verteilten sich wieder auf dem kurzgeschnittenen Gras. An den beiden Stahlstangen für die Wäscheleine und rings um die wenigen Beerensträucher sammelten sie sich erneut zu kleinen vibrierenden Hügeln, bereit, bei einem nächsten Windhauch aufzustieben und über die Wiese zu tanzen.
»Wir reden mit dir, Paula. Würdest du bitte aufhören, aus dem Fenster zu starren. Schließlich geht es um deine Zukunft.«
Ich schrak zusammen. Vaters Stimme hatte diesen klirrenden, bedrohlichen Klang, der mich zu Eis erstarren ließ, jenen Ton, der als Schatten über meiner ganzen Kindheit lag und der mich noch immer verfolgt, den ich urplötzlich und völlig unerwartet im Ohr habe, der mich heimsucht, wenn ich mit Freundinnen unterwegs bin und irgendein Wort oder eine Geste mich an Vater oder meine Kindheit erinnerten, wenn ich ganz gelöst und glücklich allein in meinem Zimmer sitze und die Stunden verträume, jenen Ton, der mich schlagartig heimsucht und beherrscht, der mich erneut in Panik versetzt, auch nachdem ich längst von zu Hause ausgezogen war. Wenn Vater mit dieser Stimme sprach, erfror alles in mir, und steif vor Entsetzen erwartete ich die darauf folgende Eröffnung, die sich ankündigende Drohung, einen Satz, der mit bösartiger Ironie mir und meiner Schwester mitteilte, dass wir beschränkt und faul seien. Ich hatte meine ganze Kindheit hindurch immer wieder den Satz hören müssen, dass ich und meine Schwester die Kinder einer infantilen Idiotin seien, dass wir zu nichts taugten und dass er, der Vater, nicht wisse, wodurch er es verdient habe, mit solchen Töchtern gestraft zu sein.
Ich war für einen Nachmittag in meine Heimatstadt gefahren, um meinen Eltern zu sagen, ich müsse meine Hochzeit verschieben. Ich hatte gehofft, sie würden mich verstehen und mich bei den sich dadurch ergebenden Misslichkeiten unterstützen. Vor allem hatte ich erwartet, sie würden den eingeladenen Verwandten mitteilen, dass der Termin um einige Tage verlegt werden müsse. Mutter war entsetzt, als ich ihr klarzumachen suchte, weshalb die Hochzeit um eine Woche verschoben werden müsse, und Vater hätte mich fast geohrfeigt. Seine Hand zuckte, und obwohl ich ihn weiterhin spöttisch anblickte, hatte ich instinktiv den Kopf ein wenig eingezogen. Es war wie damals, ich war augenblicklich wieder das kleine blasse Mädchen, das sich vor allem und jedem fürchtet, vor allem vor dem Hohn und Spott des Vaters, das der großen Schwester hinterherlief, weil es sich von ihr den Beistand erhoffte, den die Mutter nicht geben konnte. Ich zog wie ein Spatz den Kopf ein, angstvoll das angekündigte Gewitter erwartend. Und wie damals verstummte ich auf der Stelle. Ich suchte nach den Worten für die verlangte Antwort, doch der Hals war mir wie in der Kindheit zugeschnürt und nur ein leises Keuchen kam aus der Kehle. Ich schaute auf meine Schuhspitzen und wagte nicht, den Kopf zu heben. Ich wusste, was ich sehen würde: den wütenden, verächtlichen Blick von Vater, der seinen ganzen Ekel über die tölpelhafte Unbeholfenheit und Begriffsstutzigkeit seiner Frau und seiner Töchter enthielt.
»Nun? Was ist? Würdest du dich bitte äußern?«, fragte Vater, dessen mühsam beherrschte Stimme vor Erregung leicht zitterte.
»Mach dich nicht unglücklich, Kind«, jammerte Mutter, »mit dem Hans hast du in den Glückstopf gegriffen, Mädchen. Zerstöre nicht alles.«
»Künstlerin! Die Dame will plötzlich Künstlerin werden! Wie kommst du denn darauf, die Welt warte ausgerechnet auf dich? Eine richtige Arbeit ist wohl zu anstrengend für dich, wie? Diese Göre bildet sich ein, was Besseres zu sein. Deine Lehre wird nicht abgebrochen, damit das klar ist. Du lernst zu Ende, damit du dich, blöd wie du bist, ernähren kannst. Krankenschwester ist für dich genau das Richtige. Nachttöpfe wegräumen und eine Spritze geben, das wirst du noch können. Das wird deinen geistigen Horizont nicht überfordern, das hoffe ich jedenfalls. Künstlerin! Wieso bildest du dir ein, du könntest malen? Und wovon willst du leben? Glaube nur nicht, dass du deinem Vater ewig auf der Tasche liegen kannst. Du machst die Lehre zu Ende, hast du das verstanden?«
Ich hielt noch immer den Kopf gesenkt. Vater fasste mir unters Kinn und riss meinen Kopf hoch, so dass ich ihm in die Augen blicken musste.
»Also?«
Ich hatte Tränen in den Augen und sah ihn hasserfüllt an. Dann nahm ich alle Kraft zusammen, zog den Kopf aus seinem festen Griff und sagte leise: »Nein.«
»Was soll das heißen?«
»Ich fahre am Achtzehnten zur Prüfung. Diese Chance lass ich mir nicht nehmen. Von keinem.«
»Und Hans? Was sagt er dazu?«, erkundigte sich Mutter.
»Was soll er schon sagen?«, antwortete der Vater, »er muss sich ja lächerlich gemacht vorkommen. Seine dusslige Braut sagt ihm einen Monat vor der Hochzeit, dass sie etwas Wichtigeres an diesem Tag zu tun hat. Etwas Wichtigeres als eine Hochzeit gibt’s für ein Mädchen gar nicht. Und schon gar nicht für eine dumme Gans, die heilfroh sein sollte, unter die Haube zu kommen. Und das alles wegen einer Prüfung! Deine dämliche Tochter glaubt plötzlich, sie sei eine Künstlerin, nur weil sie in der Kunsterziehung nicht so schlechte Noten bekam wie in allen anderen Fächern. Hans könnte jedes Mädchen kriegen. Jedes! So einen hätte ich mir als Sohn gewünscht, einen handfesten Kerl. Und der will ganz bestimmt keine Künstlerin als Frau! Am besten, du fährst jetzt zu ihm, entschuldigst dich und sagst, dass du statt der Kunsthochschule einen Kochkurs besuchst. Den brauchst du dringender. Außerdem würde dich die Kunsthochschule in Berlin gar nicht aufnehmen. Die lachen sich tot, wenn sie deine Zeichnungen sehen. Komm endlich zur Vernunft, Paula. Ich meine es nur gut mit dir.«
Vater packte mit einer Hand meine Schulter und sah mir so lange in die Augen, bis ich wieder auf meine Schuhe schaute.
»Bitte, Paula«, mischte sich Mutter weinerlich ein, »bitte, denk einmal an dich, Kind. Verbaue dir nicht deine Zukunft. Was sagt denn Hans dazu?«
Ich schwieg, es hatte keinen Zweck, noch etwas zu sagen. Vater fasste mich nun mit beiden Händen an den Schultern und schüttelte mich.
»Du brauchst gar nicht zu antworten. Dein Schweigen sagt uns alles. Ich wäre nicht verwundert, wenn er die Hochzeit platzen lässt und sich ein vernünftiges Mädchen sucht.«
Er schnaufte wütend, ließ mich los und sah fassungslos zu Mutter. Da ich nichts sagte und Mutter nur ihr Taschentuch knetete, schüttelte er den Kopf, stapfte aus dem Zimmer und schlug die Tür krachend hinter sich zu. Wir schreckten zusammen.
»Was sagt denn Hans?«, fragte Mutter leise.
»Er versteht es«, sagte ich und fügte rasch hinzu: »Oder er wird es verstehen, wenn er mich wirklich liebt, wie er behauptet.«
»Mädchen, Mädchen, mach keinen Fehler. Du darfst ihn nicht so verärgern, das wird er dir dein Leben lang übelnehmen. Männer sind so. Und alles wegen einer dummen Prüfung. Im Leben bekommt man keine zweite Chance. Und kein Mann ist so geduldig, wie du glaubst, auch wenn er dich liebt.«
»Ich will aber studieren.«
»Das kannst du später immer noch, das läuft dir doch nicht weg. Heirate und mach deine Lehre zu Ende, dann hast du ein paar Sicherheiten. Danach kannst du dann machen, was immer du möchtest.«
»Die Aufnahmeprüfung ist meine große Chance, meine allergrößte. Das Malen ist für mich das Wichtigste, viel wichtiger als Heirat und Liebe. Ich sterbe, wenn ich nicht malen kann.«
»Mädchen, um Himmels willen, versündige dich nicht. Etwas Wichtigeres als die Ehe gibt es überhaupt nicht. Ehe und Kinder, Paula, nur das zählt.«
Besorgt streichelte sie mir die Wange, die weit aufgerissenen Augen baten verschüchtert um Zuneigung und Liebe, um einen einzigen freundlichen Blick, doch ich stand vor ihr, die Lippen zusammengepresst und starrte zum Fenster hinaus.
»Du musst Vater verstehen«, begann sie wieder, »er meint es nicht so, er macht sich Sorgen. Und es ist ein Fehler, Paula, ein schwerer Fehler. Ich war so glücklich über dich und Hans, ich dachte, nun hat das Mädel endlich das bekommen, was es verdient hat, das wird eine gute Ehe werden, sagte ich zu mir, wenigstens um die Paula muss ich mich nicht mehr sorgen. Sag doch etwas.«
»Ich muss los, Mutter. Ich muss nach Leipzig zurück.«
»Du kannst doch nicht einfach zurückfahren, ohne dass wir das geregelt haben.«
»Es ist alles geregelt.«
»Und Hans?«
»Das geht in Ordnung. Er wird es verstehen.«
»Und wenn er das nicht tut? Was machst du dann, Paula?«
»Dann ist das sein Problem«, erwiderte ich. Ich ging zum Stuhl, über dem mein Mantel lag, nahm ihn hoch, zog ihn an und griff dann meine Tasche.
»Grüße Vater von mir.«
Ich ging zwei Schritte auf Mutter zu und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Gemeinsam gingen wir in den Hausflur. Aus dem Arbeitszimmer hörten wir die Stimme von Vater, er schimpfte vor sich hin. Wir sahen uns kurz an und verabschiedeten uns schweigend. Nachdem ich hinausgegangen war, schloss Mutter lautlos die Haustür.
Ich verließ das Bad und betrachtete den Raum. Das Zimmer, welches ich mir im Heim der Schwesternschülerinnen mit Gisela teilte, hielt ich für sehr komfortabel, zumal ein kleines Bad eingebaut war. Ein winziger Flur trennte unseren Raum von dem der beiden Nachbarinnen, und zwischen den zwei Zimmern war eine Küche, in der man sich zumindest ein Frühstück machen konnte. Das Wohnheim des Universitätsklinikums war wenige Jahre zuvor umgebaut worden und hatte Küchen und Bäder erhalten, da es während der Messen als zusätzliches Hotel benötigt wurde. Zweimal im Jahr hatten die Schülerinnen Messeferien, wir mussten in dieser Zeit unsere gesamte Habe aus den Zimmern räumen und verpackt in Koffern und Kartons auf den Dachboden schaffen.
Gisela, um die Haare ein Handtuch geschlungen, kam ins Zimmer und begann sich anzuziehen. Wir schwiegen und warfen uns nur gelegentlich kurze, misstrauische Blicke zu. Als Gisela angezogen war, ging sie ins Bad zurück, um sich die Haare zu machen.
Durch die offenstehende Tür sagte sie plötzlich: »Dein Verlobter war vorgestern hier.«
Ich fuhr herum. »Hans?«
»Ja. Oder hast du noch einen anderen Verlobten?«
»Was wollte er?«
»Er suchte dich.«
»Was hast du ihm gesagt?«
»Nichts. Und wo du bist, wollte er wissen, aber das wusste ich auch nicht. Wo warst du denn?«
»Bei meinen Eltern.«
»Und warum sagst du ihm das nicht? Er war fürchterlich aufgeregt. Immerzu fragte er, wo du sein könntest, bei wem, welche Freunde du hast, ob du auch über Nacht weg warst. Er wollte sogar deinen Schrank durchsuchen, aber das habe ich nicht erlaubt. Hast du mit ihm Schluss gemacht?«
»Ach was. Ich heirate ihn.«
»Na, sehr begeistert klingt das nicht. Und wann ziehst du aus? Wann ziehst du ganz zu ihm?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht behalte ich das Zimmer. Jedenfalls so lange, bis ich mir über einiges klar geworden bin«, sagte ich.
»Und was hast du jetzt vor?«
»Ich weiß nicht. Ich werde zu Hans fahren.«
»Fahr am besten gleich zu ihm.«
»Er ist erst spätabends zu Hause. Er sitzt jeden Tag zehn, zwölf Stunden in seinem Architekturbüro.«
»Koch ihm was Schönes. Zieh dich nett an, dann kommst du schon wieder mit ihm klar. Nachdem du einfach so verschwunden bist, musst du ihm jetzt schon ein paar Körner hinstreuen. Er war ziemlich wütend, Paula.«
»Ich war bei meinen Eltern.«
»Das glaub ich dir, aber Hans hat offenbar andere Vermutungen. Die Männer denken immer gleich sonstwas.«
Am frühen Abend machte ich mich auf den Weg zu Hans. Am Leuschnerplatz stieg ich aus der Straßenbahn, um für das Abendbrot einzukaufen. Aber ich fand nichts Geeignetes, was mir gefiel, war zu teuer, und was ich bezahlen konnte, würde Hans nicht schmecken. So drängte ich mich mit leerem Korb an den Leuten an der Kasse vorbei und ging zur Haltestelle zurück.
Hans kam kurz vor acht nach Hause. Ich hatte ihn nicht im Büro angerufen, aber da die Wohnungstür nicht verschlossen war, musste ihm beim Eintreten klar sein, dass ich da war. Er schaute ins Wohnzimmer, ging dann ins Bad und in die Küche. Schließlich rief er nach mir und kam ins Schlafzimmer. Ich saß vor dem geöffneten Kleiderschrank auf dem Bett und nähte Hemdenknöpfe an. Er blieb in der Tür stehen und sah mich schweigend an. Ich beugte den Kopf über eins seiner Hemden und zog sorgsam die Nadel durch den hellblauen Leinenstoff. Ich tat, als sei ich damit so sehr beschäftigt, dass ich ihn nicht bemerkt hätte. Hans wartete in der Tür.
»Madame ist zurück«, sagte er sarkastisch, »wo waren wir denn?«
»Ich war zu Hause. Bei meinen Eltern.«
»Ach so. Bei den Eltern. Natürlich, bei den Eltern. Und warum erzählst du mir das nicht vorher? Wieso haust du ab, ohne einen Ton zu sagen?«
»Du hast mich geohrfeigt. Hast du das vergessen?«
»Nein. Ich habe es nicht vergessen, und ich habe es auch nicht bereut. Aber da wir gerade davon sprechen, hast du es dir überlegt?«
»Was soll ich mir überlegen?«
»Du weißt genau, wovon ich rede. Wir heiraten am Achtzehnten. Ich hoffe, deine Eltern haben dir klargemacht, dass wir die Hochzeit nicht einfach verschieben können.«
»Und ich habe dir gesagt, dass ich am Achtzehnten in Berlin sein muss. Die Hochzeit rennt uns nicht davon. Es ist kein Beinbruch, einen Hochzeitstermin zu verschieben.«
»Es ist schlimmer als ein Beinbruch. Es ist eine Katastrophe, und zwar für dich. Eine verschobene Ehe, das kann nicht gut gehen. Da können wir gleich den Scheidungstermin festlegen. Entscheide dich, Paula. Ich bin nicht bereit, mich zum Gespött machen zu lassen. Ich lasse mich nicht am Nasenring durch die Manege führen. Ich bin ein erwachsener Mann, und du mit deinen neunzehn Jahren solltest langsam erwachsen werden. Wenn du mich heiraten willst, einverstanden. Ich habe dich gefragt, du hast Ja gesagt, und dabei sollte es bleiben.«
Ich saß mit hochrotem Kopf auf dem Bett und zog die Nähnadel immer wieder durch denselben Hemdenknopf.
»Es ist eine ganz große Chance für mich, Hans. Kannst du denn das überhaupt nicht verstehen?«
»Ja, das sehe ich genauso. Die Heirat mit mir ist die größte Chance, die dir in deinem Leben geboten wird. Greif zu oder lass sie dir entgehen. Ein Drittes gibt es nicht.«
»Es ist nur diese eine Woche, Hans. Ich habe in Berlin angerufen, es gibt nur diesen einen Termin. Wenn ich ihn nicht wahrnehme, muss ich ein ganzes Jahr warten. Verstehst du das nicht? Du hast doch studiert, du weißt doch, wie wichtig ein Prüfungstermin ist.«
»Wichtiger als die Hochzeit? Ich hatte gedacht, dafür, für mich, würdest du alles opfern.«
»Ja, Hans, aber sei doch vernünftig. Wir brauchen die Hochzeit nur um eine einzige Woche zu verschieben.«
»Das habe ich nicht vor. Wir haben uns gemeinsam für den Achtzehnten entschieden, dabei bleibt es.«
Ich erwiderte nichts und sah ihn ganz ruhig an. Mach jetzt nur noch einen einzigen Fehler, dachte ich, dann stehe ich auf und gehe, und wir haben uns das letzte Mal gesehen, denn du wirst mich nicht vom Studium abhalten. Doch er atmete nur schwer und ging in sein Zimmer. Eine halbe Stunde später öffnete er nochmals die Schlafzimmertür, um zu fragen, ob ich nicht endlich Abendbrot machen wolle.
Wir saßen uns schweigend in der Wohnküche gegenüber, Hans stocherte missmutig in seinem Salat und aß dann hastig die vorbereiteten Brote, ich spielte mit einem Löffel und schnitt eine Tomate in immer kleinere Stücke, ohne sie zu essen. Nach dem Essen setzte er sich vor den Fernsehapparat und schaute sich eine Sportsendung an. Ich deckte den Tisch ab, wusch das Geschirr und räumte es in den Küchenschrank. Dann ging ich ins Schlafzimmer, zog mich aus und weinte mich in den Schlaf. Eine Stunde später kam Hans und legte sich neben mich. Er hatte die Tageszeitung mitgebracht und blätterte sie, den Rücken gegen das Kopfteil gelehnt, langsam durch. Als er bemerkte, dass ich wach geworden war, faltete er das Blatt zusammen, warf es neben das Bett und löschte das Licht. Er tastete nach mir. Als ich mich wegdrehte, rollte er sich mit einer einzigen Bewegung zu mir, streifte mein Nachthemd hoch, streichelte mich so achtlos und hastig zwischen den Beinen wie bei einer vorbereitenden Massage und drang dann in mich ein. Ich hatte den Kopf zur Seite gedreht, die Tränen liefen langsam auf das Kopfkissen, während er meinen Hals und meine Stirn küsste.
Einen Tag vor Beginn der Prüfungen fuhr ich nach Berlin, meine Freundin Katharina erwartete mich auf dem Bahnsteig. Als ich ausstieg und sie sah, ließ ich die Reisetasche und die große Mappe auf den grauen Beton fallen und hüpfte vor Freude. Wir umarmten und küssten uns heftig und begrüßten uns so lautstark, dass andere Reisende uns musterten. Dann schob mich Katharina auf Armlänge von sich weg, um mich von Kopf bis Fuß zu betrachten und mir zu versichern, ich sei seit unserer letzten Begegnung noch schöner geworden. Ich wurde rot und sagte, sie sei doch schon immer die Schönere von uns beiden. Wir nahmen das Gepäck und gingen zum Bahnsteig der Stadtbahn. Unterwegs schwatzten wir, aufgeregt und uns gegenseitig ins Wort fallend. Nachdem wir in den Wagen der S-Bahn eingestiegen waren und der Zug abfuhr, schlug Katharina sich vor Schreck die Hand vor den Mund und sagte, sie habe in der Eile vergessen, für uns einen Fahrschein zu lösen, worauf wir beide in lautes Gelächter ausbrachen. Ich legte einen Arm um ihren Kopf, zog ihn zu mir und drückte meinen dagegen. Wir verstummten und verbrachten den Rest der Fahrt eng aneinandergelehnt und vor uns hin träumend.
Katharina besaß eine kleine Wohnung in der Sredzkistraße, ein Zimmer mit Küche und einer Toilette, in der gerade noch ein Waschbecken Platz gefunden hatte. In der Küche hatte sie eine transportable Dusche aufstellen lassen. Dieser hohe schmale Schrank mit Plexiglaswänden, der die Küche beherrschte und unwohnlich machte, war der einzige Luxus ihrer Wohnung. Die Möblierung des Wohnzimmers war bunt zusammengewürfelt. Eine riesige, uralte Musiktruhe mit Plattenspieler nahm eine ganze Wand ein. Eine breite Klappliege ragte quer durch das Zimmer. An den Fenstern waren Papierrollos angebracht.
Die Freundin zeigte mir, wo ich meine Sachen unterbringen konnte, wies dann auf die Liege und sagte, wir müssten beide zusammen übernachten, eine zweite Schlafmöglichkeit habe sie nicht. Sie könnte eine Luftmatratze aus dem Keller holen, aber das wäre keinesfalls bequemer und eine Nacht würden wir es wohl aushalten. Dann sollte ich ihr die Bilder zeigen, die ich mitgebracht hatte. Ein halbes Jahr zuvor hatte ich meine Arbeiten für die Prüfung in der Kunsthochschule einreichen müssen, die in den letzten Monaten entstandenen Blätter hatte ich nur mitgenommen, um sie vorzeigen zu können, falls man noch mehr von mir sehen wollte. Kathis Bitte machte mich verlegen, aber dann legte ich die Mappe auf die Liege und öffnete sie. Es waren zwanzig Blätter, sieben Aquarelle, zwei Tuschzeichnungen, vier Radierungen, der Rest großformatige Zeichnungen. Anfangs erzählte ich zu jedem Blatt etwas, aber da Katharina nichts erwiderte und mit großen Augen meine Arbeiten betrachtete, verstummte ich und wartete ängstlich auf ihre Reaktion. Nachdem sie langsam Blatt für Blatt umgewendet und alle angesehen hatte, schaute sie mich an und verzog verlegen das Gesicht.
»Na ja«, meinte ich, da Katharina noch immer nichts sagte, »das ist halt das Beste, was ich gemacht habe.«
»Die hast du ganz allein gemacht?«
»Natürlich. Dachtest du, mir hilft einer dabei?«
»Ich habe keine Ahnung, Paula. Ich bin völlig unbegabt. Manchmal gehe ich auf die Museumsinsel und schaue mir dort die Bilder an. Ich verstehe nicht viel davon, aber sie gefallen mir. Ich setze mich dann auf eine Bank und sehe mir eine Ewigkeit lang ein einziges Bild an. Aber selber malen, das kann ich leider nicht.«
»Du hast es doch nie probiert, Kathi.«
»Habe ich aber. Ich habe mir sogar einen Kasten mit Ölfarben gekauft. Im Künstlerbedarf gab es so einen Anfängerkasten, einen für Kinder, mit allem drin, was dazugehört. Dann habe ich mir Stullenbretter gekauft, die größten, die ich bekam, und habe losgelegt. Na, losgelegt ist nicht das richtige Wort. Ich habe mit Gelb angefangen, habe etwas aus der Tube gedrückt, den Pinsel eingetaucht, und dann war Schluss. Eine halbe Stunde habe ich vor dem Stullenbrett gesessen, bevor ich den ersten Strich wagte. Ich hatte richtig Angst davor.«
Ich lachte auf. »Das kenne ich, Kathi. Der allererste Strich ist unheimlich schwer.«
Katharina schaute noch immer auf die aufgeklappte Mappe und das oben liegende Aquarell, eine Waldwiese mit einer leeren Parkbank und einer langgestreckten Siedlung am Bildrand.
»Wie gefallen sie dir denn? Du hast noch gar nichts gesagt.«
»Ich bin völlig überrascht, Paula. Ich hatte keine Ahnung, dass du eine Künstlerin bist.«
»Bin ich nicht. Aber ich will es lernen. Darum will ich doch auf die Schule.«
»Die nehmen dich bestimmt. So, wie du malst, bleibt ihnen gar nichts anderes übrig. Die werden Augen machen, wenn du deine Mappe vorlegst.«
»Ach, Kathi, die Professoren werden über meine Arbeiten vielleicht die Nase rümpfen. Und außerdem weiß ich nicht, wie die anderen Bewerber sind. Da kommen lauter Leute, die malen können, einige von denen haben sicher schon eine richtige Ausbildung gehabt, an der Abendschule oder in einem Malzirkel. Mit denen kann ich nicht mithalten, ich habe nicht einmal Abitur, für die bin ich eine Tussi aus der Provinz.«
»Wenn sie dich nicht nehmen, dann nehmen sie keinen. Du bist eine Künstlerin, Paula. Du steckst die alle in die Tasche, Frau Picasso.«
Ich klappte die Mappe zu und knüpfte sorgsam die Schleifen an den drei Seiten. Ich war erleichtert.
»Und wann heiratest du? Du hattest mir doch geschrieben, dass du bald heiraten willst.«
»Morgen«, sagte ich. Ich bemühte mich, ernst zu bleiben, aber eine Sekunde später schüttete ich mich aus vor Lachen. Katharina sah mich verständnislos an, dann lachte auch sie. Ich packte meine Reisetasche aus, hängte das Kostüm für den nächsten Tag auf einen Bügel und fragte, ob wir zu Hause essen oder ausgehen wollen, ich hätte etwas Geld eingesteckt und könne sie einladen. Katharina sagte, sie habe für Abendbrot und Frühstück eingekauft, wenn ich mich im Zimmer eingerichtet habe, könne ich in die Küche kommen und den Salat machen.
»Ich bin wirklich froh, dass dir meine Bilder gefallen.«
»Du bist begabt. So etwas zu machen, das muss wunderbar sein. Alles, was ich kann, ist schneidern. Und ich bin gut im Bett.«
Katharina sah mich an und begann wieder glucksend zu lachen.
»Wirklich. Ich soll da eine ganze Klasse besser sein als alle anderen«, meinte sie, wobei sie vor Lachen die Worte nur ruckweise herausbrachte. Wir beugten die hochroten Köpfe über den Küchentisch und lachten, bis uns die Tränen kamen.
Nachdem wir uns beruhigt hatten, sagte Katharina: »Ehrenwort, deine Bilder sind wunderschön. Ich hoffe, ich bekomme eins davon. Oder musst du sie in der Hochschule abgeben?«
»Das weiß ich nicht. Vielleicht zerreißen sie dort meine Bilder und werfen mich raus.«
»Mach dir keine Sorgen. Die werden dich mit Handkuss nehmen.«
»Welches Bild möchtest du denn haben? Ich kann mir ja eins zurückgeben lassen.«
»Am liebsten ein buntes. Ich meine, ein farbiges. Das bekäme einen Ehrenplatz, und ich würde es richtig einrahmen lassen.«
»Versprochen, Kathi. Such dir nachher ein Bild aus, das lass ich hier.«
»Du bist ein Schatz. Und was war das vorhin? Willst du darüber nicht reden?«
»Du meinst die Hochzeit? Eigentlich war morgen der Termin und alles vorbereitet. Aber dann kam der Brief von der Kunsthochschule, und die hatten sich ausgerechnet diese Woche ausgesucht. Ich habe angerufen, aber die ließen nicht mit sich reden. Und da habe ich halt den Hochzeitstermin verschieben müssen.«
»Und dein Verlobter, was hat er dazu gesagt?«
»Er war nicht eben begeistert.«
»Hauptsache, ihr versteht euch, alles andere findet sich. Da hast du Glück, das würde nicht jeder mitmachen, so im letzten Moment die Hochzeit verschieben. Den meisten Kerlen ist es egal, was die Frau für eine Arbeit hat, Hauptsache, sie stört nicht und erledigt den Haushalt. Ich bin noch auf der Suche. Was ich so abbekommen habe, das habe ich mir so schnell wie möglich wieder vom Hals geschafft. Wann hast du denn die Hochzeit verschoben? Hattet ihr die Gäste schon eingeladen? Ich habe keine Einladung bekommen, oder stand ich nicht auf der Liste?«
»Auf meiner Liste stehst du, Kathi. Und du hast keine Einladung bekommen, weil ich die Einladungen für meine Freunde nicht abgeschickt habe. Ich wusste schon seit zwei Monaten von dem Prüfungstermin, aber ich wollte eine günstige Gelegenheit abwarten, um es Hans und meinem Vater beizubringen. Ich habe mich nicht getraut und zu lange gewartet, und da hatten sie schon die ganze bucklige Verwandtschaft eingeladen. Ich habe es ihnen erst vor drei Wochen gesagt.«
»Sehr mutig, Paula.«
»Nein, ich bin feige. Weil ich so feige bin, habe ich so lange gewartet. Aber eigentlich war es mir egal.«
»Und dann?«