Faszination Zoofotografie

Tierfotografie in zoologischen Gärten und Wildparks

Dr. Helmut Gulbins

2. Auflage, 2013

www.fotografie-gulbins.de

helmut@fotografie-gulbins.de

Books on Demand

Inhalt

 

Die Bilder entstanden in vielen Zoos, Wildparks und Tiergärten. Jede Einrichtung hat ihre Schwerpunkte und Spezialitäten. Schließlich kann kein Zoo alle Tiere dieser Welt halten und auch die Gehege unterscheiden sich natürlich. So hat man im einen Zoo sehr gute Fotogelegenheiten z. B. für Primaten, während Tiger in einem anderen schöner abzulichten sind.

Ich möchte hier die Einrichtungen erwähnen, aus denen die Bilder stammen und mich für die Kooperation bedanken:

Allwetterzoo Münster

Burger’s Zoo in Arnheim

Serengeti Park Hodenhagen

Tiergarten Hellabrunn

Vogelpark Walsrode

Zoo Augsburg

Zoo Leipzig

Vorwort zur 2. Auflage

Die erste Auflage des Buches „Zoofotografie“ war ein Projekt, auch um eigene Erfahrungen mit der Erstellung und Gestaltung eines solchen Buches zu sammeln. Dass doch eine meiner Meinung nach erfreuliche Zahl an Exemplaren abgesetzt wurde, sei es nun als gedrucktes Buch oder als e-Book, zeigte, dass das Buch eine Nische der Fotografie ausfüllt, in der es offenbar bislang wenig Konkurrenz gibt, wohl aber Interesse an entsprechender Literatur. Diese Überlegungen haben mich dazu gebracht, das Buch nochmals im Ganzen zu überarbeiten. Hierbei sind kleinere Fehler korrigiert worden, aber auch einzelne Kapitel komplett überarbeitet worden, wobei die Erfahrungen, die ich bei von mir gegebenen Seminaren und Workshops sammeln konnte, eingeflossen sind. So ist der Bildbearbeitungsteil zum Beispiel nun doch etwas ausgedehnt und mit Illustrationen versehen worden, da hier offenbar trotz der zahlreichen Literatur zu diesen Themen immer wieder Informationsbedarf besteht.

Die Erfahrungen mit BoD waren gut, es gab lediglich negative Rückmeldungen hinsichtlich der Druckqualität der Bilder. Ich habe versucht, diese durch eine andere Bearbeitung vor der pdf-Konvertierung anzuheben, allerdings wird das Buch nun mal nicht als hochwertiger Fotobildband hergestellt, sondern im normalen Druckverfahren, bei dem einfach hinsichtlich der Qualität der gedruckten Bilder bei dem gewählten Format Abstriche gemacht werden müssen; anders ließe sich aber bei der doch kleinen Auflage kein vertretbarer Preis erzielen.

Ich hoffe, dass die zweite Auflage noch besser als die erste aufgenommen wird und freue mich über feed-back für eventuelle weitere Verbesserungen, gerne auch nur positive Rückmeldungen.

Ihr

Dr. Helmut Gulbins

Einleitung

Es gibt eine Vielzahl guter und sehr guter Bücher über Tier- und Naturfotografie. Warum aber ein Buch speziell über Zoofotografie?

Wer einen zoologischen Garten oder einen Wildpark besucht, kommt nicht umhin, die große Anzahl an Fotoapparaten wahrzunehmen, die von den Besuchern herumgetragen werden. Die Faszination, die die Tiere offenbar auf die Besucher auswirken, möchten diese gerne festhalten. Hierbei kommen die unterschiedlichsten Ausstattungen zum Einsatz: vom Fotohandy bis zur kompletten Profiausrüstung im Trolley wird in der Regel alles angetroffen. Der Boom der Digitalfotografie hat den Eifer beim Fotografieren in Zoos und Wildparks weiter befeuert, da die digitale Fotografie die Möglichkeiten gerade für ein breites Publikum deutlich erweitert hat.

Dieser Sonnenhut gehörte sicher einmal einem unvorsichtigen Zoobesucher. Der Emu hatte aber richtig Spaß an seinem neuen Spielzeug.

Ein einjähriger Gepard aus großer Nähe mit 200mm Brennweite. Ein Foto, das so mit einem wirklich „wilden“ Tier kaum möglich wäre; aber dennoch ein gutes Tierfoto.

Schlechte oder uninteressante Bilder können einfach gelöscht werden, es fallen keine zusätzlichen Kosten für Film und Entwicklung an und auch die Archivierung ist (vermeintlich) einfacher geworden.

Oftmals sind aber die Ergebnisse für viele der Fotografen eher enttäuschend. Sie fragen sich, warum der schöne Moment, der Eindruck, den das Tier gemacht hat, die Stimmung des Augenblicks oder die Mimik des Tieres auf dem Bild nicht zur Geltung kommt. In der eigenen Erinnerung hatte man die Situation anders gespeichert. In früheren Zeiten wären jetzt Papierbilder und Film weggeschmissen worden, heute werden in der Regel einfach die Dateien gelöscht und weiter geht’s. Trotzdem bleibt es aber unbefriedigend, wenn das Bild letztendlich nicht das zeigt, an was man sich selbst erinnert oder eben genau das nicht zeigt, weswegen man eben genau dieses Motiv fotografiert hat. Hier soll dieses Buch mit einigen Tipps und Anregungen helfen, die Ausbeute zu steigern und zu einer größeren Zufriedenheit mit den erzielten Ergebnissen beitragen.

In den meisten Büchern über Tierfotografie wird der Gehegefotografie ein mehr oder weniger kleines Kapitel gewidmet. Wildlife-Aufnahmen in freier Natur sind oftmals spektakulärer, wirken meist natürlicher. Der Fotograf kann in der Regel auch noch spannende Geschichten dazu erzählen, wie die Aufnahmen zustande kamen. Aber nicht jeder hat Zeit und Geld, um sich eine mehrwöchige Safari durch Afrika zu leisten, bei der in kleinen Gruppen optimale Fotogelegenheiten zustande kommen. Und viele Pauschal-Safaris zeigen zwar Tiere in Afrika, doch stellt sich bei Situationen mit zehn und mehr Geländewagen um einen möglicherweise noch inszenierten Löwenriss die Frage nach der Natürlichkeit der Situation. Da die Faszination vieler “wilder” Tiere aber dennoch ungebrochen ist, werden diese eben in zoologischen Gärten oder Wildparks fotografiert. Daher ist die Zoofotografie eigentlich kein Randbereich der Tierfotografie, sondern mengenmäßig der größte Bereich der Tierund Naturfotografie.

Der Übergang von solchen Motiven zu denen in Zoos und Wildparks ist daher meiner Meinung nach fließend. Tiere üben einfach eine große Faszination aus, und die Mehrzahl der Bilder dürfte in Zoos und Wildparks aufgenommen werden.

Die Diskussion, ob Zoofotografie wirklich Tierfotografie oder gar Naturfotografie ist, ist dabei so alt wie die Zoofotografie selbst und wird vermutlich nie abgeschlossen werden. Schließlich findet der Fotograf das Tier ja unter „kontrollierten“ Bedingungen vor, es ist in seinen Fluchtmöglichkeiten deutlich eingeschränkt und der Fotograf kann sich ohne Gefahr für das eigene Leben auch an gefährliche Raubtiere heranpirschen. Wird ein Tierbild aber erst dadurch zu einem guten oder „echten“ Tierfoto, dass man tausende von Kilometern gereist ist, um es aufzunehmen? Auf den folgenden Seiten werden Sie sehen, dass vieles in der Zoofotografie überhaupt nicht kontrollierbar ist und der Einfluss des einzelnen Fotografen, was die äußeren Umstände angeht, doch sehr begrenzt ist.

In meinen Augen ist Zoofotografie “echte” Tierfotografie, denn sie beschäftigt sich mit Tieren; sie gehört auch zur Naturfotografie, denn die Tiere sind Bestandteil der Natur. Das einzig wirklich “kontrollierte” an der Zoofotografie ist die Tatsache, dass der Bewegungsspielraum der Tiere eingeschränkt ist und dass keine weiten, kostspieligen und manchmal auch gefährlichen Reisen erforderlich sind, um die Tiere zu fotografieren. Damit hört die Kontrolle aber auch schon auf: die Tiere können sich zurückziehen, völlig unfotogen direkt am Gitter dösen, gerade die schönsten Motive im tiefen Schatten bieten, die Liste könnte beliebig fortgesetzt werden. Auf diese Schwierigkeiten wird in diesem Buch eingegangen und ich hoffe, dass der Leser hinterher auch zu der Erkenntnis kommt, dass ein wirklich gutes und schönes Tierfoto auch in einem Zoo einiges an gedanklicher Vorbereitung, Bildgestaltung und Geduld einschließlich speziellem Wissen über die entsprechende Tierart benötigt. Und letzten Endes zählt für einen Fotografen doch eigentlich das Ergebnis, in diesem Fall ein schönes Tierbild.

Bei vielen Wettbewerben müssen Bilder, die unter “kontrollierten” Bedingungen, unter denen die Tiere in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt waren mit einem “C” für “captive” gekennzeichnet werden. Hier möchten sich natürlich die Tierfotografen, die mit entsprechend größerem Aufwand ihre Bilder in freier Natur schießen von den anderen abheben. Auch bei der Bildauswahl, die zur Aufnahme in die GDT verlangt wird, dürfen lediglich zwei der zwanzig Bilder unter “kontrollierten” Bedingungen entstanden sein.

Ich halte das nach wie vor für eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Zoofotografie: in der Fotografie sollte das Bild als Endprodukt entscheidend sein und nicht die Entstehungsgeschichte und der Aufnahmeort. Außerdem ergeben sich in freier Natur Motive, die definitiv nicht in Wildparks oder Zoos aufgenommen werden können und umgekehrt. Und auch unter ökologischen Gesichtspunkten gesehen ist die Zoofotografie oft im Vorteil: ein schön aufgebautes und aussagestarkes Tierporträt kann auch im Zoo aufgenommen werden; sogar leichter und umweltverträglicher: der CO2-Ausstoss bei der Reise in den Zoo sowie die gesamte damit verbundene Umweltbelastung dürfte merklich geringer sein als bei einer Flugreise in entlegene Gebiete.

Umgekehrt ergeben sich in freier Natur Motive und Situationen, die in Zoos definitiv nicht vorgefunden werden: die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung, in ihrem Biotop, an das sie sich angepasst haben, Jagdszenen und andere natürliche Verhaltensweisen. Der sogenannte Öko-Tourismus erfüllt auch wichtige Funktionen, wie beispielsweise an den Folgen der kurzen bürgerkriegsartigen Zustände in Kenia Anfang 2008 gesehen werden konnte: die Touristen blieben aus, dadurch die Einnahmen für den Nationalpark und damit dessen Existenzgrundlage; insbesondere die Ausgleichszahlungen für gerissene Nutz- und Haustiere gerieten in Gefahr, wodurch wiederum die Massai wieder eher an die Flinte zum Schutz ihrer Herden dachten.

In jedem Zweig der Fotografie sollte das Endprodukt, das Bild, entscheidend sein, und nicht die Entstehungsgeschichte. Und genau darum geht es in diesem Buch: Anregungen und Tipps zu geben, wie man in zoologischen Gärten zu ausdrucksstarken, schönen Tierfotos kommt. Vielleicht lässt sich dadurch die Faszination der Tierfotografie für den ein oder anderen noch weiter steigern und aus reinem „Drauflosknipsen“ wird echte Passion – es würde mich freuen.

Trinkender Gorilla im Außengehege. Die Aufnahme solchen typischen Verhaltens erfordert auch in zoologischen Gärten viel Geduld.

Gepard in einer Astgabel: die meisten werden den Geparden als schnellsten Renner einsortieren, dass das Tier auch sehr gut klettern kann, wird einem nicht als Erstes einfallen. Trotzdem ist das auch in einem Zoo kein alltäglicher Anblick.

Geschichte der zoologischen Gärten

Die Phase der Schausteller

In China gab es schon um 2000 v. Chr. eine Tierhaltung am Hofe eines Kaisers der Xia-Dynastie. Diese auch “Park der Intelligenz” genannte Anlage bestand sogar noch bis ins 4. Jahrhundert v. Chr. Ähnliche Anlagen sind auch von den Azteken, hier dem Herrscher Moctezuma II (1465-1520) zugeordnet, beschrieben. In Europa hielten sich zunächst einige Klöster einen gewissen Tierbestand, der allerdings vorwiegend einheimische Tiere umfasste. Adlige unterhielten bisweilen Menagerien. Die wohl bekannteste dürfte diejenige im Tower von London unter Heinrich III. von England gewesen sein. Darüber hinaus entstanden im Mittelalter unzählige Tiergehege zu Jagdzwecken, wie z.B. der Hirschgraben zu Frankfurt am Main. Nachdem Ludwig IVX. den Jagdpavillon in Versailles zu einem Komplex aus Gehegen mit exotischen Tieren umgestaltete, kam es zu einer regelrechten Blüte der Menagerien der Adelshäuser. Aus diesen heraus bildeten sich mit zunehmenden Expeditionen, Wissen und Neugierde die zoologischen Gärten. Der älteste heute noch bestehende Garten dieser Art ist der Tiergarten Schönbrunn in Wien, der 1752 durch Franz I. Stephan begründet wurde. Sein Rang als ältester Zoo wird ihm allerdings durch die Menagerie du Jardin des Plantes in Paris streitig gemacht, die 1794 als Folgeinstitution der Versailler Menagerie entstand, wissenschaftlich orientiert geführt wurde, und vor allem im Gegensatz zu Schönbrunn von Beginn an der Öffentlichkeit zugänglich war.

Mitte des 19. Jahrhunderts folgte dann eine regelrechte Welle an Zoogründungen in verschiedenen Städten, die durch die Zunahme der Reisetätigkeit und Mobilität gefördert wurde, gefolgt von einer zweiten Welle in den 30’er Jahren des 20. Jahrhunderts. In der Folge entstanden unzählige Tier- und Vogelparks, die praktisch über das ganze Land verteilt sind. Ursprünglich dienten die Zoos nach wie vor der Schaustellung seltener Tiere, die die Menschen vor der Entwicklung des modernen Luftverkehrs praktisch nur aus Erzählungen einzelner Abenteurer kannten. Nur wenige hatten damals die Möglichkeit nach Afrika, Asien oder Amerika zu reisen, um dort diese Tiere zu bewundern; meistens wurden sie damals gejagt und die Trophäen nach Hause mitgenommen. Dieses Grundprinzip des “Zur Schau Stellens” hatte sehr lange Bestand. Mitunter haben die zoologischen Gärten in den 60’er Jahren durchaus auch zur Gefährdung des Bestandes vieler Tierarten beigetragen, da die Tiere aus der Freiheit heraus gefangen wurden. Hierbei wurden oft viele Tiere getötet oder schwer verletzt. Ein unrühmliches Beispiel hierfür sind die Gorillas, für die, insbesondere für Jungtiere, in dieser Phase von den Zoos viel Geld geboten wurde, was die Jagd weiter anheizte. Da man Jungtiere aber nur schwer einzeln erwischte, wurden hierbei oft die Muttertiere getötet, manchmal aber sogar das ganze Rudel ausgerottet.

Aus dieser Phase stammt sicher ein Großteil der Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Zoos und Wildparks, die insbesondere von Tierschützern immer wieder angeführt werden. Hinzu kommt die zur Schau Stellung wilder Tiere in Zirkussen, ein Umfeld, in dem eine auch nur annähernd artegerechte Haltung kaum vorstellbar ist, zumal den Tieren ja oft auch Leistungen antrainiert und abverlangt werden, die nur schwer als natürlich bezeichnet werden können; es gibt zum Beispiel keine Berichte über kopfstehende Elefanten in freier Natur.

Amurtigerweibchen. Diese größte noch lebende Raubkatzenart ist stark vom Aussterben bedroht. In den letzten 100 Jahren wurden bereits drei Tigerarten ausgerottet: Jagd sowie die Zerstörung des Lebensraumes lassen ihnen kaum Platz zum Überleben. Derzeit leben viermal soviele Amurtiger in Zoos als in freier Wildbahn.

Flachlandgorillaweibchen mit Jungtier (ca. 4 Monate alt): heute werden die Tiere nicht mehr aus der Natur gefangen, sondern in den zoologischen Gärten gezüchtet.

Natur- und Artenschutz

Prof. Hediger, der Begründer der Tiergartenbiologie, definierte schon vor fast 60 Jahren die Hauptaufgaben der Zoos als Naturschutz, Bildung, Forschung und Erholung, aber insbesondere die ersten beiden Punkte entwickelten sich nur langsam in den Zoos. Prof. Bernhard Grzimek war hier ein Vorreiter, der den Zoo als Mittel zum Zweck für den Artenschutz entdeckte.

Der Film und das Buch „Serengeti darf nicht sterben“ kann getrost als Wurzel des Artenschutzes gesehen werden. Die berühmte Passage am Ende des Filmes: „Diese letzten Reste des afrikanischen Tierlebens sind ein kultureller Gemeinbesitz der gesamten Menschheit, genau wie unsere Kathedralen, wie die antiken Bauten, wie die Akropolis, der Petersdom und der Louvre. Gott machte seine Erde den Menschen untertan, aber nicht, damit er sein Werk völlig vernichte.“ war revolutionär und definitiv Ausgangspunkt der frühen Umweltbewegung.

Heute sind die zoologischen Gärten sehr stark am Artenschutz beteiligt. Die Tiere stammen meistens aus Nachzuchten, über die zudem Erhaltungszuchtprogramme koordiniert werden. Hierdurch kann weltweit durch die Zusammenarbeit der Zoos der Erhalt vieler Arten zunächst einmal sichergestellt werden. Die Auswilderung solcher gezüchteten Tiere ist allerdings nicht unproblematisch, denn entweder wurde ihr Lebensraum zerstört oder es handelt sich um Tiere, die für eine Auswilderung nur schwer geeignet sind. Zum Beispiel lernen die Jungen des sibirischen Tigers (Amurtiger) von ihrer Mutter den tödlichen Genickbiss, er ist nicht angeboren. Eine Tatsache, ohne die der Magier Roy heute wahrscheinlich nicht mehr am Leben wäre. Da die Tiere diese Technik in Gefangenschaft aber nicht lernen, sind sie in freier Wildbahn nur sehr eingeschränkt überlebensfähig, denn insbesondere große Beutetiere, wie zum Beispiel die Yaks, können nicht erlegt werden; im Gegenteil, die Jagd auf solche Tiere wird für den Tiger sogar lebensgefährlich. Dies ist nur ein Beispiel, dass die Arterhaltung in Gefangenschaft nicht unbedingt auch zur Erhaltung in Freiheit führt. Trotz aller Schwierigkeiten stellen diese Erhaltungszuchtprogramme aber eine wichtige Voraussetzung zur Erhaltung der Arten dar; vom sibirischen Tiger leben in freier Wildbahn nur noch (geschätzte) 500 Tiere, 2000 dagegen werden in Zoos gehalten. Diese Relation macht deutlich, wie wichtig die Zoos zur Erhaltung der Art geworden sind, denn einmal ausgestorben heißt für immer verloren.

Diese Arterhaltungs- und Zuchtprogramme sind unter verschiedenen Dachorganisationen heute organisiert, z. B. die WAZA (World Assoziation of Zoos and Aquariums) oder der europäischen EAZA (European Assoziation of Zoos and Aquariums). Ohne diese Programme wären der Wisent, die Mhorrgazelle, der kalifornische Kondor, die Davidshirsche, das Przewalskipferd sowie die Oryxantilopen bereits ausgestorben. Der Wisent wurde erfolgreich in Osteuropa wieder angesiedelt. In deutschen Gebieten sei hier die Auswilderung des Luchses erwähnt, die allerdings nach wie vor nicht auf ungeteilte Zustimmung trifft: zu groß ist noch vielerorts die Angst vor der Konkurrenz durch die Raubkatzen beziehungsweise vor dem Verlust von Haus-/Nutztieren.

Oben hatte ich bereits einmal die unrühmliche Rolle vieler zoologischer Gärten in den sechziger Jahren erwähnt, in denen die Zoos vor allem an Tiere kommen wollten und dadurch das Aussterben der Arten sogar förderten. Und viele kennen das Gedicht über den eingesperrten Leoparden, dessen Blick durch die Gitterstäbe bereits abgestumpft ist. Einer der Meinungsführer für die Schließung aller zoologischen Gärten und Wildparks ist der amerikanische Biologe und selbst ernannte Tierrechtler Marc Bekoff. Von vielen wird die Möglichkeit einer artgerechten Haltung in Zoos grundsätzlich nicht gesehen – mit Recht: ungeachtet der Gehegegröße und der Haltungsbedingungen fehlt in Zoos ein ganz wichtiger Aspekt der Freiheit: der tägliche Kampf ums eigene Überleben. Frei zu sein bedeutet für die Tiere nämlich nicht uneingeschränkten Genuss, sondern jeden Tag sich behaupten zu müssen, jeden Tag um Nahrung und das eigene Leben kämpfen zu müssen. Das fällt in den Zoos natürlich weg und daher zeigen die Tiere auch in den schönsten, artgerecht gestalteten Gehegen anderes Verhalten, als sie es in freier Wildbahn an den Tag legen würden.

Ob dies aber für das individuelle Tier eine Quälerei ist, kann sicher nicht einheitlich beurteilt werden. Tatsache ist, dass durch die modernen Gehege die Tiere viel mehr Auslauf und Beschäftigungsmöglichkeiten haben und daher die Belastung der Gefangenschaft für das einzelne Tier sicher nicht mehr mit früher zu vergleichen ist. Auch entstammen die allermeisten in Zoos gehaltenen Tiere aus Zuchtprogrammen, haben also die freie Wildbahn nie erlebt. Für einige wäre die natürliche Umgebung sogar das sichere Todesurteil, da sie das Überleben dort in ihrer Jugend nicht gelernt haben. Vom Aussterben bedrohte Tiere werden, zumindest in europäischen Zoos, nicht mehr aus der freien Natur gefangen. Viele dieser Tiere müsste man bei einem Zoo-Verbot töten, da sie in freier Natur nicht mehr überlebensfähig wären: sie haben nie gelernt, zu jagen oder zu fliehen und würden zu einer leichten Beute bzw. jämmerlich verhungern.

Durch die Artenschutzprogramme und die Nachzucht leisten die Zoos andererseits einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung vieler Tierarten (s.o.). Außerdem ist die Information der Menschen und auch vor allem der Kinder von unschätzbarem Wert. Es gibt in vielen Städten Kinder, die Tiere zum großen Teil nur, wenn überhaupt, aus dem Fernsehen kennen, die auch noch nie ein Pferd oder eine Kuh gestreichelt haben. Man wird sich aber nur für etwas begeistern und bereit sein, es auch zu schützen, wenn man es kennt und wenn man darüber informiert wird. Und genau diese Arbeit leisten die Zoos und ich sehe keine Institution, die dies momentan leisten könnte.

Tierfotografie in zoologischen Gärten/Wildparks

Die Tierfotografie in zoologischen Gärten oder Wildparks hat durch den Wandel von der reinen Zur-Schau-Stellung zum modernen Zoo, in dem der Artenschutz und der individuelle Tierschutz der gehaltenen Tiere im Vordergrund stehen, sicher weiteren Auftrieb erhalten. Die Architektur musste sich auch den strengeren Bestimmungen des Tierschutzes anpassen, so dass die Gitterkäfige vergangener Tage heute kaum noch angetroffen werden. Durch die sogenannten “Immersionsgehege” betritt der Besucher den Lebensraum des Tieres, der dem natürlichen möglichst treu nachempfunden ist. Das Tier bewohnt seinen eigenen Lebensraum und verteidigt diesen auch. Hierdurch ergeben sich oft hervorragende Möglichkeiten zu fotografieren, da die Tiere ohne störende Gitter, Wände oder ähnliches in Szene gesetzt werden können.

Natürliche Gehege

Sehr schöne Beispiele für solche modernen Gehege sind die Afrika- und Tiger-Anlagen im Zoo Leipzig, die Tiger- und Gepardengehege in Schönbrunn, der Burger’s Zoo in Arnheim und viele mehr. Grundsätzlich zeigt aber natürlich nicht jeder Zoo alle Tiere in perfekt fotogenen Gehegen, dies wäre allein aufgrund des Platzbedarfes unmöglich.