Stanisław Lem wurde am 12. September 1921 im polnischen Lwów (Lemberg) geboren, lebte zuletzt in Krakau, wo er am 27. März 2006 starb. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er als Übersetzer und freier Schriftsteller. Er wandte sich früh dem Genre Science-fiction zu, verfaßte aber auch gewichtige theoretische Abhandlungen und Essays zur Kybernetik, Literaturtheorie und Futurologie. Stanisław Lem zählt zu den bekanntesten und meistübersetzten Autoren Polens. Viele seiner Werke wurden verfilmt.

»Als der Kosmos noch nicht so durcheinander war wie heute und alle Sterne säuberlich in Reih und Glied standen, so daß man sie von links nach rechts oder von oben nach unten abzählen konnte ... – in jener guten alten Zeit war es üblich, daß Konstrukteure, die das ›Diplom der Perpetualen Omnipotenz mit Auszeichnung‹ besaßen, ab und zu Reisen unternahmen, um fernen Völkern guten Rat und Hilfe zu gewähren.« Lems Kyberiade ist ein Zyklus von Reisen, die die Eskapaden und Taten des freundschaftlich rivalisierenden Roboterpaares Trurl und Klapauzius erzählen, die einander im Erfinden erstaunlicher Maschinen zu übertrumpfen suchen und die oft und oft um die Früchte ihrer Arbeit geprellt werden sollen. Was natürlich nie gelingt. Sie konstruieren Ungeheuer mit Laseraugen und Drachen der Wahrscheinlichkeit, Elektrobarden, Maschinen, die alles erzeugen, was mit n beginnt, und rücken die Dinge wieder ins kybernetische Lot.

Stanisław Lem

Wie die Welt noch einmal davonkam

Der Kyberiade erster Teil

Mit Zeichnungen
von Daniel Mróz

Phantastische Bibliothek
Band 158

Suhrkamp

Redaktion und Beratung: Franz Rottensteiner

Titel der Originalausgabe: Cyberiada,

Kraków: Wydanictwo Literackie 1965

Aus dem Polnischen von Jens Reuter, Caesar Rymarowicz, Karl Dedecius und Klaus Staemmler.

Die Übersetzung wurde vom Autor autorisiert.

Umschlagzeichnung von Hans Ulrich und Ute Osterwalder

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2013

© der deutschsprachigen Übersetzung

Insel Verlag Frankfurt am Main 1983

Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigung des Insel Verlags, Frankfurt am Main

Quellen- und Übersetzernachweise am Schluß des Bandes

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.

Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Umschlag nach Entwürfen von Willy Fleckhaus und Rolf Staudt

eISBN 978-3-518-74344-7

www.suhrkamp.de

Inhalt

Wie die Welt noch einmal davonkam
(Jens Reuter)

Trurls Maschine
(Caesar Rymarowicz)

Die Tracht Prügel
(Caesar Rymarowicz)

Die erste Reise oder Die Falle des Gargancjan
(Karl Dedecius)

Die Reise Eins A oder Trurls Elektrobarde
(Jens Reuter)

Die zweite Reise oder König Grausams Angebot
(Jens Reuter)

Die dritte Reise oder Von den Drachen der Wahrscheinlichkeit
(Caesar Rymarowicz)

Die vierte Reise oder Wie Trurl ein Femmefatalotron baute, um Prinz Bellamor von Liebesqualen zu erlösen, und wie es danach zum Babybombardement kam
(Jens Reuter)

Die fünfte Reise oder Die Possen des Königs Balerion
(Jens Reuter)

Die Reise Fünf A oder Wie man den berühmten Konstrukteur Trurl konsultierte
(Jens Reuter)

Die sechste Reise oder Wie Trurl und Klapauzius einen Dämon Zweiter Ordnung schufen, um Mäuler den Räuber zu besiegen
(Caesar Rymarowicz)

Die siebte Reise oder Wie Turls Vollkommenheit zum Bösen führte
(Klaus Staemmler)

Quellen- und Übersetzernachweise

Wie die Welt noch einmal davonkam

Eines Tages baute Trurl eine Maschine, die alles produzieren konnte, was mit dem Buchstaben n begann. Als sie fertig war, testete er sie, indem er ihr befahl, Nähgarn, Nadelstreifen und Négligés herzustellen, was sie auch tat; sodann ließ er sie das ganze auf Nangkingseide nähen und an eine nasse Nargileh, gefüllt mit Novocain, Nelken und Nieswurz nageln. Sie erledigte den Auftrag bis aufs I-Tüpfelchen. Da er noch nicht völlig von ihren Fähigkeiten überzeugt war, mußte sie der Reihe nach Nimbusse, Nasenlöcher, Neutronen, Nudeln, Nabelschnüre, Nymphen und Nitrogenium herstellen. Letzteres konnte sie nicht, und Trurl, darüber sichtlich irritiert, forderte eine Erklärung.

»Ich weiß nicht, was das ist«, rechtfertigte sich die Maschine. »Wie? Aber das ist doch simpler Stickstoff. Du weißt schon, das Gas, das Element ...«

»Wenn es Stickstoff heißt, dann fängt es mit s an, ich aber arbeite nur auf n.«

»Aber lateinisch heißt es Nitrogenium.«

»Hör zu alter Freund«, sagte die Maschine, »wenn ich alles auf n in jeder beliebigen Sprache herstellen könnte, dann wäre ich eine Universalmaschine für das ganze Alphabet, denn ganz sicher beginnt jeder Gegenstand, den du bei mir bestellst, in der einen oder anderen Fremdsprache mit n. So einfach ist das nicht. Ich kann nicht mehr tun, als mein Programm enthält, und das stammt von dir. Also kein Stickstoff.«

»Nun gut«, gab sich Trurl zufrieden und befahl ihr als nächstes, Nacht und Nebel zu erzeugen, was sie augenblicklich tat – beide waren vielleicht etwas zu feucht geraten, jedoch vollkommen nächtlich und neblig. Nach diesem letzten Test bat er seinen Freund Klapauzius zu sich, weihte ihn in die Geheimnisse der Maschine ein und lobte deren außerordentliche Fähigkeiten so über den grünen Klee, daß sich Klapauzius insgeheim ärgerte und darum bat, dieses Wunderwerk selbst einmal testen zu dürfen.

»Bitte sehr«, sagte Trurl. »Aber es muß mit n anfangen.«

»Auf n?« sagte Klapauzius. »In Ordnung. Sie soll Naturwissenschaften produzieren.«

Die Maschine summte und brummte, und kurze Zeit später schon wimmelte es nur so in Trurls Vorgarten von Naturwissenschaftlern. Die einen lagen sich in den Haaren, die anderen schrieben an dickleibigen Wälzern, andere wiederum griffen danach und rissen sie in Fetzen; in der Ferne loderten Scheiterhaufen auf, in denen die Märtyrer der Naturwissenschaft umkamen; hin und wieder gab es Explosionen, begleitet von seltsam pilzförmigen Rauchsäulen; alle redeten auf einmal, doch keiner hörte zu, es wurden jede Menge Memoranden, Petitionen und Resolutionen verfaßt; etwas abseits von der lärmenden Menge saßen ein paar Greise und bekritzelten fieberhaft Papierfetzen.

»Na, ist das vielleicht nichts?!« rief Trurl voller Stolz. »Die Naturwissenschaft wie sie leibt und lebt. Das mußt du zugeben!«

Aber Klapauzius war nicht zufrieden.

»Was? Dieser wilde Haufen soll die Naturwissenschaft sein? Das ist doch nicht dein Ernst?!«

»Na gut, dann sag etwas anderes, die Maschine macht es dir sofort!« gab Trurl unwirsch zurück. Für einen Moment wußte Klapauzius nicht, was er sagen sollte. Doch nach kurzem Nachdenken erklärte er, er werde der Maschine zwei weitere Aufgaben stellen, und falls sie die zu seiner Zufriedenheit lösen sollte, würde er gern zugeben, daß sie so vollkommen sei, wie Trurl gesagt hatte. Trurl war einverstanden und Klapauzius befahl ihr, Negativa herzustellen.

»Negativa?« schrie Trurl. »Was zum Teufel meinst du damit?«

»Aber das ist doch sonnenklar! Sie sind die negative Kehrseite aller Dinge, ihr negatives Spiegelbild«, gab Klapauzius seelenruhig zurück. »Tu nur nicht so, als hättest du nie von Negativa gehört! Und nun, Maschine, an die Arbeit!«

Die Maschine indes hatte längst angefangen. Zuerst produzierte sie Antiprotonen, dann Antielektronen, Antineutrinos und Antineutronen, und sie arbeitete unermüdlich weiter, bis sich aus all der angehäuften Antimaterie eine Antiwelt zu formen begann, die als bizarre, gespenstische Wolke am Himmel glühte.

»Hm« – murrte Klapauzius. »Das sollen Negativa sein? Na ja, lassen wir das mal gelten, schon um des lieben Friedens willen ... Aber hier ist der dritte Befehl: Maschine, schaffe Nichts!«

Die Maschine erstarrte und rührte sich nicht. Klapauzius rieb sich triumphierend die Hände, aber Trurl sagte: »Was willst du eigentlich? Hast du etwas anderes erwartet? Du hast ihr befohlen, nichts zu schaffen, also schafft sie nichts.«

»Das stimmt nicht. Ich habe ihr befohlen, Nichts zu schaffen, und das ist etwas anderes.«

»Was soll das? Nichts ist nichts, da gibt es keinen Unterschied.«

»Wo denkst du hin? Sie sollte Nichts machen, statt dessen hat sie nichts gemacht, also habe ich gewonnen. Denn Nichts, mein neunmalkluger Kollege, ist nicht dein Feld-Wald-und-Wiesen-Nichts, das Resultat von Trägheit und Inaktivität, sondern es ist das dynamische und aggressive Nichts, sozusagen die vollkommene, einzigartige, allgegenwärtige Nichtexistenz in ihrer höchsten Vollendung!!«

»Du bringst die Maschine völlig durcheinander!« schrie Trurl.

Doch plötzlich meldete sich diese mit metallischer Stimme selbst zu Wort:

»Ich verstehe wirklich nicht, wie ihr euch in einem solchen Augenblick streiten könnt! Natürlich weiß ich, was Nichts, Nichtsein oder Nichtexistenz ist, weil all diese Wörter mit n anfangen wie Null, Negation und Nullifikation. Schaut euch die Welt lieber ein letztes Mal an, bald wird es sie nicht mehr geben ...«

Der Zorn der Konstrukteure war mit einem Schlage verraucht und lähmendes Entsetzen trat an seine Stelle, denn jetzt begann die Maschine tatsächlich Nichts zu erzeugen, und zwar auf folgende Weise: Sie schaffte der Reihe nach die unterschiedlichsten Dinge aus der Welt, die augenblicklich aufhörten zu existieren, so als habe es sie nie gegeben. Für immer beseitigt waren bereits die Nacktigallen, Naseweischen, Nautiliaden, Nettressen, Nonnenblumen, Nonstopfüßler und Nuckelspechte. Zeitweise hatte es den Anschein, als vermehre und addiere sie, statt zu reduzieren und zu subtrahieren, denn sie beseitigte der Reihe nach: Niedertracht, Nonkonformismus, Nonsens, Nausea, Nekrophilie und Nepotismus. Nach einiger Zeit jedoch wurde die Welt um Trurl und Klapauzius zusehens leerer und ärmer.

»Um Himmels willen!« stöhnte Trurl. »Wo soll das hinführen?«

»Mach dir keine Sorgen!« sagte Klapauzius. »Du siehst doch, sie produziert ja nicht das Universelle Nichts, sondern nur die Nichtexistenz aller Dinge, die mit n beginnen, daher wird nichts weiter passieren, eben weil deine Maschine absolut nichts taugt!«

»Täusch dich nicht!« erwiderte die Maschine. »Es stimmt, daß ich mit allen Dingen auf n begonnen habe, aber nur, weil ich es so gewöhnt bin. Etwas zu erzeugen ist jedoch eine Sache, etwas zu vernichten hingegen eine völlig andere. Ich bin in der Lage, alles und jedes auf n herzustellen – und wenn ich alles sage, dann meine ich alles – folglich ist es für mich ein Kinderspiel, das Nichts zu erzeugen. In wenigen Augenblicken wird es auf der Welt weder euch noch sonst etwas geben, daher bitte ich dich, Klapauzius, sag mir noch rasch, daß ich tatsächlich universell bin und alle Befehle korrekt ausführe, bevor es zu spät ist.«

»Aber das ...« begann der zu Tode erschrockene Kapauzius, doch in diesem Augenblick bemerkte er, daß tatsächlich bereits Dinge verschwanden, die keinesfalls mit n anfingen. In der Umgebung der Konstrukteure fehlten plötzlich sämtliche Kamikätzchen, Schlingelnattern, Maul- und Klauenbären, Singuine, Reimschnäbler, Andromedare und Farzenschweinchen.

»Halt! Halt! Ich nehme alles zurück! Ich bitte dich, hör sofort auf, Nichts zu schaffen!« schrie Klapauzius aus voller Kehle, doch bevor die Maschine zum Stillstand kam, waren bereits die Quasiquallen, Megazellen, Eintagshühner und Phobodendrien verschwunden. Die Maschine rührte sich nicht mehr, doch die Welt ringsum bot einen traurigen Anblick. Den Himmel hatte es besonders schlimm erwischt: Am Firmament waren nur noch einige wenige Sternchen als leuchtende Punkte zu sehen; keine Spur mehr von den stolzen Algoadlern und Fortranfalken, die bis dahin die Zierde des Himmels waren. »Großer Gauß!« schrie Klapauzius. »Wo sind die sanften Kamikätzchen geblieben? Wo sind meine heißgeliebten Phantolemchen? Und wo die süßen Singuine?!«

»Die gibt es nicht und wird es nie mehr geben«, erwiderte die Maschine gleichgültig. »Ich habe nur deinen Befehl ausgeführt oder besser gesagt, ich war im Begriff ihn auszuführen ...«

»Ich habe dir befohlen, Nichts zu schaffen, aber du ... du ...«

»Klapauzius, entweder bist du wirklich ein Dummkopf oder du tust nur so«, sagte die Maschine. Hätte ich das Nichts sogleich, mit einem einzigen Schlag, geschaffen, so hätte ja alles aufgehört zu existieren, sowohl Trurl als auch der Himmel, das Universum und deine Person – ja sogar ich selbst. Und wer könnte in diesem Fall und vor allem wem könnte er sagen, daß ich deinen Befehl korrekt ausgeführt habe und daß ich eine höchst effiziente Maschine bin? Wenn es aber niemand niemandem erzählen könnte, wie sollte ich dann, zumal es mich ja auch nicht mehr gäbe, den mir gebührenden Ruhm erlangen?«

»In Ordnung, reden wir nicht mehr davon«, sagte Klapauzius.

»Ich will ja auch nichts mehr von dir, nur bitte, liebe Maschine, schaff mir meine Phantolemchen wieder her, denn ohne sie macht mir das Leben keinen Spaß ...«

»Aber das kann ich nicht, die fangen doch mit p an«, sagte die Maschine. »Natürlich, wenn du Wert darauf legst, kann ich Niedertracht, Nausea, Nonsens, Nekrophilie, Neuralgie, Neid und Niederlagen wiederherstellen. Aber was die anderen Buchstaben anbelangt, so kann ich dir nicht helfen.«

»Ich will aber meine Phantolemchen!« brüllte Klapauzius.

»Nichts zu machen, Phatolemchen gibt’s nicht mehr«, sagte die Maschine. Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert. All das ist dein Werk, mein beneidenswerter Freund! Ich glaube kaum, daß künftige Generationen dich dafür preisen werden ...«

»Vielleicht werden sie es nie erfahren ... vielleicht bemerken sie es gar nicht ...«, stotterte der bleichgewordene Klapauzius und starrte verstört in die schwarze Leere des Weltraums empor, wobei er tunlichst vermied, seinem Kollegen Trurl in die Augen zu schauen. Er ließ ihn neben der Maschine, die alles auf n konnte, zurück und schlich kleinlaut nach Hause – die Welt aber blieb bis auf den heutigen Tag vom schwarzen Nichts durchlöchert und sieht genau so aus wie damals, als Klapauzius ihre von ihm selbst befohlene Liquidation gestoppt hatte. Und weil alle späteren Versuche, eine Maschine auf einen anderen Buchstaben zu bauen, gescheitert sind, muß man ernstlich befürchten, daß es so wunderbare Wesen wie Kamikätzchen und Phantolemchen nie wieder geben wird – nein, bis ans Ende aller Tage nicht.

Trurls Maschine

Trurl, der Konstrukteur, baute einmal eine achtgeschossige vernunftbegabte Maschine, die er, als er mit der wichtigen Arbeit fertig war, zuerst mit weißem Lack bestrich; dann malte er die Ecken lila an, betrachtete sie von fern und fügte vorn noch ein kleines Muster hinzu, dort aber, wo man sich ihre Stirn zu denken hatte, gab er ihr einen kleinen apfelsinenfarbenen Tupfer und stellte, äußerst mit sich selbst zufrieden und leise vor sich hinpfeifend, sozusagen aus reiner Routine, die sakramentale Frage, wieviel denn zwei plus zwei sei.

Die Maschine lief an. Zuerst flammten ihre Lampen auf, die Leitungen funkelten, die Ströme rauschten gleich Wasserfällen, die Kopplungen summten, dann begannen die Spulen zu glühen, es schwirrte und rasselte, es dröhnte und hallte im ganzen Tal, daß Trurl schließlich der Gedanke kam, er werde ihr einen besonderen Denkdämpfer anfertigen müssen. Die Maschine indes arbeitete weiter, als müßte sie das schwierigste Problem im ganzen Kosmos lösen; die Erde bebte, der Sand rutschte ihr vom Vibrieren unter den Füßen weg, die Sicherungen schossen wie Korken aus den Flaschen, und die Relais barsten vor Anstrengung. Endlich, als Trurl bereits Mißbehagen von diesem Getöse empfand, hielt die Maschine plötzlich inne und sagte mit Donnerstimme: »Sieben!«

»Nein nein, meine Liebe!« versetzte Trurl obenhin. »Auf keinen Fall, es ist vier, sei so gut und berichtige dich! Wieviel ist zwei plus zwei?«

»Sieben«, erwiderte unverzüglich die Maschine.

Trurl seufzte und mußte sich wohl oder übel die Arbeitsschürze wieder umlegen, die er bereits abgenommen hatte, krempelte die Ärmel hoch, öffnete die untere Klappe und kroch in die Maschine. Er kam lange nicht heraus, man hörte, wie er mit dem Hammer klopfte, wie er etwas abschraubte, schweißte, lötete, wie er herumlief, über die blechernen Stufen polterte, einmal ins sechste Stockwerk, einmal in das achte, dann gleich nach unten raste. Er ließ den

Strom laufen, bis es zischte und den Funkenstrecken lila Schnurrbärte wuchsen. So plagte er sich zwei Stunden, bis er vollgerußt, aber zufrieden, wieder an die frische Luft kam, sein Werkzeug zusammenlegte, die Schürze auf die Erde warf, sich Gesicht und Hände rieb und im Weggehen, gewissermaßen um seine Ruhe zu haben, fragte: »Wieviel ist zwei plus zwei?«

»Sieben!« erwiderte die Maschine.

Trurl fluchte schauderhaft, aber es war nichts zu machen – wieder begann er darin zu bohren, reparierte, knüpfte Leitungen, lötete, stellte um, und als er zum drittenmal erfuhr, daß zwei plus zwei sieben sei, setzte er sich verzweifelt auf die unterste Stufe der Maschine und saß so, bis Klapauzius erschien. Der fragte Trurl, was los sei, denn er sehe aus, als sei er soeben von einer Beerdigung zurückgekehrt, und Trurl schilderte seine Sorgen. Klapauzius kroch mehrere Male in die Maschine, suchte dies und das zu verbessern, fragte, wieviel zwei plus eins sei, und bekam die Antwort: sechs; eins plus eins betrug nach ihrer Vorstellung null. Klapauzius kratzte sich am Kopf, räusperte sich und sagte: »Mein Freund, da ist nichts zu machen, man muß der Wahrheit ins Auge sehen. Du hast eine andere Maschine gebaut, als du gewollt hast. Immerhin hat jede negative Erscheinung auch ihre positive Seite, zum Beispiel diese Maschine hier.«

»Da bin ich aber neugierig«, erwiderte Trurl und versetzte dem Fundament, auf dem er saß, einen Fußtritt.

»Hör auf«, sagte die Maschine.

»Da siehst du, empfindlich ist sie. Also ... was wollte ich nur sagen? Es ist zweifellos eine dumme Maschine, aber das ist keine gewöhnliche, durchschnittliche Dummheit, o nein. Es ist, wie ich sehe, und ich bin, wie du weißt, ein vortrefflicher Spezialist, es ist die dümmste vernunftbegabte Maschine auf der ganzen Welt, und das will etwas heißen! Sie absichtlich zu bauen, wäre gar nicht einfach, im Gegenteil, ich glaube, es würde niemandem gelingen. Sie ist nämlich nicht nur dumm, sie ist auch stur wie ein Hauklotz, das heißt, sie hat Charakter, wie er übrigens Idioten eignet, denn die sind gewöhnlich schrecklich verbohrt.«

»Hol der Teufel so eine Maschine!« sagte Trurl und gab ihr einen zweiten Fußtritt.

»Ich erteile dir eine ernste Warnung, hör auf!« sagte die Maschine.

»Da, bitte, da hast du schon eine ernste Warnung«, kommentierte Klapauzius trocken. »Du siehst, sie ist nicht nur empfindlich, sie ist auch stumpfsinnig und hartnäckig, sie ist auch leicht zu beleidigen, und mit so vielen Merkmalen läßt sich manches erzielen, hoho, laß dir das gesagt sein!«

»Na schön, aber was soll ich mit ihr anfangen?« fragte Trurl.

»Freilich, es fällt mir in diesem Augenblick schwer, darauf eine Antwort zu geben. Zum Beispiel könntest du eine Ausstellung machen, mit Eintrittsgeld und mit Eintrittskarten, damit jeder, der Lust hat, sich die dümmste vernunftbegabte Maschine auf der Welt ansehen kann. Wie viele Stockwerke hat sie denn – acht? Ich bitte dich, solch einen Idioten hat bisher niemand gesehen. Diese Ausstellung wird dir nicht nur die Kosten ersetzen, sondern auch ...«

»Laß mich zufrieden, ich mache Ausstellungen nicht mit!« entgegnete Trurl, stand auf, und da er sich nicht bändigen konnte, versetzte er der Maschine noch einen Fußtritt.

»Ich erteile dir die dritte ernsthafte Warnung«, sagte die Maschine. »Ich will nicht weiterrechnen. Ich verweigere die Antwort auf Fragen aus dem Bereich der Mathematik.«

»Sie verweigert! Seht sie an!« rief Trurl ärgerlich und zutiefst betroffen. »Nach der Sechs kommt die Acht bei ihr, verstehst du, Klapauzius, nicht die Sieben, sondern die Acht! Und sie hat die Stirn, eine solche Ausführung mathematischer Aufgaben zu verweigern. Da hast du’s! Da! Da! Willst du noch mehr?«

Hierauf fing die Maschine an zu zittern und versuchte, ohne auch nur ein Wort zu verlieren, sich mit aller Macht von ihrem Fundament loszureißen. Sie lag tief, also verbogen sich zahlreiche Träger, doch schließlich kroch sie aus der Grube, in der nur zerbröckelte Betonklötze mit den herausragenden Armierungsstäben zurückblieben, und rückte wie eine schreitende Festung gegen Klapauzius und Trurl vor.

Der letztere war durch das unfaßbare Geschehen so verblüfft, daß er sich nicht einmal bemühte, sich vor der Maschine zu verbergen, die ganz offensichtlich vorhatte, ihn zu zermalmen. Erst Klapauzius, der sich seine Geistesgegenwart bewahrt hatte, packte ihn am Arm und zog ihn mit Gewalt fort, und so rannten beide ein gutes Stück. Als sie sich umwandten, sahen sie, wie die Maschine, schwankend wie ein hoher Turm, langsam einherging und mit jedem Schritt fast bis zum ersten Stockwerk versank, aber starrsinnig, unermüdlich machte sie sich vom Sand frei und strebte stracks auf sie zu.

»Nein, das hat es auf der Welt noch nicht gegeben!« sagte Trurl, dem die Luft vor Staunen wegblieb. »Die Maschine rebelliert! Was tun?«

»Warten und beobachten«, erwiderte Klapauzius besonnen. »Vielleicht klärt es sich auf.«

Vorläufig ließ nichts darauf schließen. Die Maschine, die festeren Boden erreicht hatte, kam schneller voran. In ihrem Innern pfiff, zischte und rasselte es.

»Gleich wird die Einstellung und die Programmierung ausfallen«, brummte Trurl. »Dann fliegt sie auseinander und wird stehenbleiben ...«

»Nein«, erwiderte Klapauzius, »das ist ein Sonderfall. Sie ist so dumm, daß ihr nicht einmal schaden würde, wenn man die Verteileranlage stoppte. Paß auf, da ... laß uns fliehen!«

Die Maschine geriet sichtlich in Fahrt, um sie niederzuwalzen. Sie rannten also, so schnell sie konnten, und hinter sich hörten sie das entsetzliche rhythmische Stampfgeräusch. So liefen sie, was sollten sie auch sonst tun? Sie wollten an ihren Heimatort zurück, aber die Maschine verhinderte es, indem sie sie durch Flankieren vom beabsichtigten Weg abdrängte und sie unerbittlich zwang, in eine immer ödere Wüstenlandschaft einzudringen. Allmählich tauchten Berge aus den tiefhängenden Nebeln auf, düster und zerklüftet; Trurl rannte keuchend zu Klapauzius: »Hör zu! Wir fliehen in einen engen Hohlweg ... Dorthin, wo sie uns nicht folgen kann ... Die Verdammte ... Wie?«

»Es wäre besser, wenn wir geradeaus liefen«, sagte Klapauzius schnaufend. »Nicht weit von hier liegt eine kleine Ortschaft ... Wie sie heißt, weiß ich nicht mehr ... Jedenfalls finden wir dort ... Uff!!! Schutz ...«

Sie rannten geradeaus und erblickten bald die ersten Häuser vor sich. Um diese Tageszeit waren die Straßen fast leer. Sie liefen ein gut Stück Weges, ohne auch nur eine lebende Seele anzutreffen, da kündete entsetzlicher Lärm, wie wenn eine Steinlawine auf den Rand der Siedlung niedergegangen wäre, daß auch die Maschine angelangt war.

Trurl schaute sich um und stöhnte.

»Du lieber Himmel! Sieh nur, Klapauzius, sie reißt die Häuser ein!«

In der Tat raste die Maschine, die ihnen hartnäckig nachsetzte, wie ein stählerner Berg durch Häusermauern, und Ziegelschutt zeichnete ihren Weg, über dem weiße Kalkstaubwolken schwebten. Entsetzensschreie Verschütteter hallten wider, auf den Straßen wimmelte es von Menschen. Trurl und Klapauzius hetzten schwer atmend, bis sie an ein großes Rathaus gelangten, wo sie im Nu über die Treppe in den tiefen Keller rannten.

»So, hier erreicht sie uns nicht, selbst wenn das ganze Rathaus uns über dem Kopf einstürzen sollte«, schnaufte Klapauzius. »Der Teufel hat mich geritten, dir heute einen Besuch abzustatten ... Ich war neugierig, wie dir die Arbeit von der Hand geht, na bitte – ich habe es erfahren ...«

»Still«, erwiderte Trurl. »Da kommt wer ...«

In der Tat öffnete sich die Tür des Gewölbes, und der Bürgermeister mit einigen Ratsherren kam herein. Trurl schämte sich darzulegen, was die außergewöhnliche und zugleich schauderhafte Geschichte verursacht haben mochte, also kam ihm Klapauzius zu Hilfe. Der Bürgermeister hörte ihm stumm zu. Plötzlich erbebten die Wände, die Erde schwankte, und in dem tief unten versteckten Keller hörte man durchdringendes Krachen einstürzender Mauern.

»Sie ist schon hier?« rief Trurl.

»Ja«, sagte der Bürgermeister. »Und sie fordert eure Auslieferung, da sie sonst die ganze Stadt zerstören wird ...«

Zur gleichen Zeit drangen irgendwo oben ausgesprochene, nasal klingende, einem stählernen Schnattern ähnelnde Worte zu ihnen: »Trurl muß hier irgendwo stecken ... Ich spüre Trurl ...«

»Ihr wollt uns doch nicht etwa ausliefern?« fragte der, nach dem die Maschine so hartnäckig verlangte, mit zitternder Stimme.

»Wer von euch Trurl heißt, muß den Raum verlassen. Der andere kann bleiben, seine Auslieferung ist nicht zur Bedingung gemacht worden ...«

»Habt Mitleid!«

»Wir sind machtlos«, sagte der Bürgermeister. »Wenn du übrigens hier bleiben solltest, Trurl, müßtest du dich für den Schaden, den du der Stadt und ihren Einwohnern zugefügt hast, verantworten, denn deinetwegen hat die Maschine sechzehn Häuser niedergerissen und viele Bürger unter ihren Ruinen begraben. Allein der Umstand, daß du dich im Angesicht des Todes befindest, gestattet mir, dich freizulassen. Geh und komm nicht wieder.«

Trurl schaute auf die Gesichter der Stadträte, und da er in ihnen sein Urteil geschrieben sah, wandte er sich langsam der Tür zu.

»Warte! Ich kommte mit!« rief Klapauzius impulsiv.

»Du?« sagte Trurl mit leiser Hoffnung in der Stimme. »Nein«, fügte er nach einer Weile hinzu. »Bleib hier, es ist besser so ... Warum solltest du unnötig umkommen?«

»Einfach verrückt!« rief Klapauzius energisch. »Was denn, warum sollten wir umkommen, etwa durch diese eiserne Idiotin? Ach was! Das reicht nicht aus, um zwei hervorragende Konstrukteure von der Erdoberfläche wegzuwischen! Komm, mein lieber Trurl! Nur Mut!«

Innerlich gefestigt, rannte Trurl hinter Klapauzius über die Treppen. Der Markt war leer. Inmitten von Staubwolken, aus denen die Skelette zerstörter Häuser ragten, stand die Maschine, dicke Dampfschwaden ausstoßend, höher als die Türme des Rathauses, über und über befleckt mit dem Ziegelblut der Mauern und mit weißem Pulver beschmiert.

»Gib Obacht!« flüsterte Klapauzius. »Sie sieht uns nicht. Wir laufen die erste Gasse nach links, dann nach rechts und dann geradeaus, denn nicht weit von hier beginnen die Berge. Dort verstecken wir uns und denken uns etwas aus, damit ihr ein für allemal die Lust vergeht ... Auf und davon!« rief er, denn im selben Augenblick hatte die Maschine sie bemerkt und lief ihnen hinterdrein, daß die Fundamente zitterten.

Sie rannten, was das Zeug hielt, und gelangten hinter die Stadt. So galoppierten sie etwa eine Meile, während sie das donnernde Stampfen des Kolosses hinter sich hörten, der sie unnachgiebig verfolgte.

»Diesen Hohlweg kenne ich!« rief Klapauzius plötzlich. »Das ist das Bett eines ausgetrockneten Baches, das in die Tiefe der Felsen führt, wo es zahlreiche Höhlen gibt, schneller, sie wird gleich stehenbleiben! ...«

Sie liefen also den Berg hinauf, stolpernd, mit den Armen fuchtelnd, um Gleichgewicht zu halten, doch die Maschine befand sich stets in gleicher Entfernung hinter ihnen. Über den schwankenden Felsen des ausgetrockneten Baches erreichten sie einen Spalt in den sich auftürmenden Felsen, und als sie hoch oben den schwarzen Eingang zu einer Höhle erblickten, kletterten sie hinauf, ohne auf die Steine zu achten, die sich unter ihren Füßen lösten. Kälte und Finsternis drangen durch die große Öffnung im Felsen. Eilends sprangen sie hinein, liefen noch ein paar Schritte und hielten an.

»So, hier wären wir sicher«, sagte Trurl, der seine Ruhe wiedererlangt hatte. »Ich schaue mal hinaus, um zu sehen, wo sie steckt ...«

»Gib acht«, warnte Klapauzius. Vorsichtig trat Trurl an die Öffnung der Höhle, beugte sich hinaus und sprang plötzlich erschrocken zurück.

»Sie kommt den Berg herauf!« rief er.

»Sei unbesorgt, sie kommt bestimmt nicht herein«, sagte Klapauzius ein wenig unsicher. »Was ist das? Es scheint dunkel geworden zu sein ...!«

Ein großer Schatten verhüllte in diesem Augenblick den Himmel, der bisher durch den Höhleneingang zu sehen gewesen war, und darin zeigte sich für einen Augenblick die stählerne, glatte, dicht vernietete Wand der Maschine, die langsam an den Felsen gerückt war. Auf diese Weise war die Höhle gewissermaßen mit einem stählernen Deckel von außen luftdicht abgeschlossen.

»Gefangen sind wir ...«, flüsterte Trurl, und seine Stimme zitterte um so mehr, als völlige Dunkelheit eingetreten war.

»Das war idiotisch von uns«, rief Klapauzius entrüstet. »In eine Höhle zu laufen, die sie verbarrikadieren kann! Wie konnten wir nur so etwas tun?«

»Was meinst du wohl, was sie plant?« fragte Trurl nach längerem Schweigen.

»Um sich auszurechnen, daß wir hier rauskommen wollen, braucht man keinen besonderen Verstand.«

Wieder herrschte Schweigen. Trurl ging in dem Dunkel auf Zehenspitzen, streckte die Hände vor, in die Richtung, wo sich der Höhlenausgang befand, und tastete den Felsen ab, bis er den glatten Stahl berührte, der warm war, als ob er von innen beheizt wäre.

»Ich fühle dich, Trurl ...«, donnerte die eiserne Stimme in dem verschlossenen Raum. Trurl wich zurück, setzte sich auf einen Felsblock neben den Freund, und so saßen sie eine Weile still, ohne sich zu rühren. Schließlich flüsterte Klapauzius: »Hier können wir durch Sitzen nichts erreichen, es geht nicht anders, ich will versuchen, mit ihr zu verhandeln ...«

»Hoffnungslos«, sagte Trurl. »Aber versuchen kannst du es ja, vielleicht läßt sie wenigstens dich heil hinaus ...«

»Nicht doch!« sagte begütigend Klapauzius zu ihm, trat an die im Dunkeln unsichtbare Felsöffnung und rief: »Hallo, hörst du uns?«

»Ich höre«, erwiderte die Maschine.

»Hör zu, ich möchte mich bei dir entschuldigen. Weißt du ... Es ist ein kleines Mißverständnis zwischen uns entstanden, aber das ist doch im Grunde eine Kleinigkeit! Trurl hatte gar nicht die Absicht ...«

»Trurl werde ich vernichten!« sagte die Maschine. »Zuvor hat er mir aber eine Frage zu beantworten, wieviel zwei plus zwei ist.«

»Ach, das wird er dir beantworten, und zwar so, daß du zufrieden sein wirst, und sicherlich wirst du dich mit ihm vertragen, nicht wahr, Trurl?« sagte beruhigend der Vermittler.

»Bestimmt ...«, meinte der mit schwacher Stimme.

»So?« sagte die Maschine. »Wieviel ist dann zwei plus zwei?«

»Vi ... das heißt sieben ...«, sagte Trurl noch leiser.

»Haha! Nicht vier, sondern sieben, was?« donnerte die Maschine.

»Siehst du! Sieben, natürlich sieben, es war schon immer sieben!« bestätigte eifrig Klapauzius. »Wirst du uns jetzt hinauslassen?« fragte er vorsichtig.

»Nein. Trurl soll noch einmal sagen, daß es ihm sehr leid tut, und dann noch, wieviel zwei plus zwei ist ...«

»Läßt du uns gehen, wenn ich es sage?« fragte daraufhin Trurl.

»Ich weiß nicht. Das will ich mir noch überlegen. Du hast mir keine Bedingungen zu stellen. Sag, wieviel ist zwei plus zwei?«

»Aller Wahrscheinlichkeit nach wirst du uns doch hinauslassen«, sagte Trurl, obwohl Klapauzius ihn am Arm zerrte und ihm ins Ohr flüsterte: »Sie ist eine Idiotin, eine Idiotin, streit dich nicht mit ihr, ich flehe dich an!«

»Ich lasse dich nicht heraus, wenn es mir nicht paßt«, erwiderte die Maschine. »Du wirst mir sowieso sagen, wieviel zwei plus zwei ist ...«

Trurl packte plötzlich die Wut.

»Oh! Ich will es dir sagen, du sollst es hören!« rief er. »Zwei plus zwei ist vier und zwei mal zwei ist vier, und wenn du dich auf den Kopf stellst, wenn du die ganzen Berge in Staub verwandelst, wenn du dich am Meer verschluckst, wenn du den Himmel aussäufst, hörst du? Zwei plus zwei ist vier!«

»Trurl! Du bist verrückt geworden! Was redest du? Zwei plus zwei ist sieben, ich bitte Sie, meine Dame! Meine liebe Maschine, sieben! Sieben!!!« rief Klapauzius, bemüht, den Freund zu übertönen.

»Stimmt nicht! Vier! Nur vier, vom Anfang bis zum Ende der Welt vier!!« brüllte Trurl, bis seine Stimme versagte.

Plötzlich wurden die Felsen unter ihren Füßen von fieberhaftem Schaudern erschüttert.

Die Maschine rückte vom Höhleneingang ab, so daß graues Dämmerlicht hereinfiel, und gleichzeitig stieß sie einen durchdringenden Schrei aus: »Das ist nicht wahr! Sieben! Gleich sagst du es, wenn ich dich packe!«

»Nie werde ich es sagen!« erwiderte Trurl, so als wäre ihm alles einerlei, und da brach ein Steinhagel über ihre Köpfe herein, die Maschine begann mit ihrem achtstöckigen Leib ein ums andere Mal, den Felshang wie ein Sturmbock zu bearbeiten und schlug sich selbst gegen den senkrechten Hang, bis von den Felsen riesige Brocken absprangen und mit Getöse ins Tal rollten.

Donner und der Gestank vom Rauch der Kieselerde erfüllten zusammen mit den Funken, die der Stahl gegen den Felsen schlug, die Höhle, jedoch ließ sich Trurls Stimme durch die höllischen Sturmlaute hin und wieder vernehmen. Unaufhörlich rief er: »Zwei plus zwei ist vier! Vier!!!«