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Zweite überarbeitete Auflage mit Genehmigung der Heinrich-Jung-Verlagsgesellschaft mbH, Zella-Mehlis/Meiningen.

Band 1 der Thüringen-Saga

© Herbert Schida, Wien 2020

Alle Rechte vorbehalten

Cover und Bilder: Herbert Schida, www.schida.net

Lektorat: Ursula und Heinrich Jung

Korrektorat: Reinhild Schida

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7526-9447-5

Inhalt

  1. Am Lagerfeuer
  2. Rückkehr der Pferde
  3. Besuch in Anstedt
  4. Die Königspferde
  5. Am Hof des Herminafrid
  6. Das Jungmännerheer
  7. Der Vergeltungszug
  8. Besuch am Land
  9. Der Pferdeflüsterer
  10. Der Gesandte
  11. Kriegsvorbereitung
  12. Am Königinnengrab
  13. Reise durchs Oberreich
  14. Haralds Hochzeit
  15. Der Spion
  16. Prüfung der Jungkrieger
  17. Die Schlacht
  18. Der Königsschatz des Bertachar

Karte von Rodewin und Umgebung

1. Am Lagerfeuer

Der Abend war kühl. Vom Tal stiegen Nebelschwaden zu den Bergkämmen empor. Dies war im Hochsommer auf den Höhen des Thüringer Waldes nicht ungewöhnlich. Das Wetter wechselte oft plötzlich.

Herwalds Söhne waren schon seit vielen Tagen mit den Pferden unterwegs. Sie zogen mit ihnen zu den saftigen Waldwiesen des Mittelgebirges.

Am Rande einer Berglichtung hatten die drei Brüder neben der Pferdekoppel ihr Lager aufgeschlagen. Es hatte einige Mühe gemacht, alle Pferde vor dem Dunkelwerden in die Koppel zu treiben. Nach getaner Arbeit konnten sie sich nun von den Strapazen ausruhen.

Harald, der älteste der Brüder, kontrollierte den Zaun der Koppel. Siegbert, der Jüngste der Brüder, und Hartwig sammelten Reisig für ein Feuer. Sie hatten seit dem Morgen noch nichts gegessen und freuten sich schon auf ein zünftiges Mahl.

In einer Erdhütte neben der Koppel befand sich ein eiserner Kessel, den sie zum Kochen der Suppe verwenden wollten. Hartwig versuchte ein Feuer zu entfachen und holte die notwendigen Utensilien aus seinem Lederbeutel, den er immer bei sich trug. Er legte ein Stück Zunder auf einen großen flachen Stein. Dann schlug er zwei Feuersteine gegeneinander, dass Funken absprangen und den Zunder zum Glimmen brachten. Vorsichtig schob er etwas trockenes Gras an die glimmenden Stellen und blies. Im Nu brannte es. Jetzt legte er das trockene Reisig darüber und hatte schon bald ein loderndes Feuer.

Inzwischen hatte Siegbert größere Holzstücke herbeigebracht, die er auf das Reisigfeuer legte. Es sollte bis zum Morgen brennen, damit es die Bären und Wölfe von der Koppel fernhielt und sie sich in der kühlen Nacht ein wenig daran wärmen konnten.

Zu den Aufgaben von Siegbert gehörte es auch, von der nahen Quelle Wasser zu holen. Er hatte große Angst, wenn er sich vom Feuer entfernte und in den dunklen Wald gehen musste.

Viele schaurige Geschichten hatte er schon über Quellengeister gehört. Leise murmelte Siegbert Dankesworte, um diese zu beschwichtigen. An einer passenden Stelle schöpfte er schnell mit den Händen den Kessel voll und verließ die Wasserstelle eiligen Schrittes.

Schwitzend erreichte er das Lager und hängte den Kessel an den Dreibock. Hartwig tat gesalzene Fleischstücke und Kräuter in das Wasser und schürte fleißig das Feuer. Die Zubereitung des Essens war seine Aufgabe. Siegbert musste ihm zur Hand gehen und alle Hilfsarbeiten verrichten, weil er der Jüngste war.

Harald dagegen hatte nur auf die Pferde zu achten. Die Verantwortung dafür war groß und er schaute immer wieder nach ihnen. Auch in der Nacht, wenn er aufwachte, ging er zur Koppel und kontrollierte den Zaun. Kein Geräusch entging ihm. Wenn die Pferde unruhig wurden, war er gleich hellwach und beobachtete die Umgebung.

Das Fleisch in der siedenden Suppe verbreitete einen angenehmen Duft und Hartwig kostete unentwegt unter den neidischen Blicken der Brüder. Ihr Hunger schien gewaltig anzuwachsen. Am liebsten hätten sie den Kessel vom Bock genommen und die Fleischstücke herausgefischt. Die Suppe sollte kräftig schmecken und dazu musste das Fleisch noch etwas länger im Kessel bleiben. Als das Warten für seine Brüder unerträglich wurde, gab er den Kessel frei. Mit ihren Messern suchten sie nach Fleischstücken.

Der Erfolg war gering, doch der größte Heißhunger konnte bald gestillt werden. Hartwig nahm nun den Kessel vom Feuer und stellte ihn auf den Boden. Sie setzten sich alle drei um ihn herum und löffelten die heiße Suppe. Das tat gut, doch das gesalzene Fleisch machte durstig.

Siegbert sollte noch einmal zur Quelle gehen und den Wasserschlauch füllen. Hartwig und Harald wussten, dass er Angst hatte, aber es machte ihnen Spaß, den Bruder zu ärgern.

Unter Tränen verließ Siegbert die Feuerstelle und dachte, dass es nur ein böser Traum sei, den er jetzt träumen würde. Auf dem Weg zur Quelle hörte er es überall rascheln und fühlte glühende Augen von allerlei Lebewesen auf sich gerichtet. Seine Sinne waren in höchstem Maße angespannt und die Knie weich wie Butter.

Es war dunkel, obwohl der Mond schien. Siegbert tastete sich vorsichtig zu der Stelle, wo das Wasser aus einer Holzrinne rann. Schnell füllte er den Schlauch und bedankte sich diesmal laut bei dem Quellengeist, damit er ihn auch wirklich hörte und ungeschoren wieder zurückgehen ließ. Danach eilte Siegbert den Hang hinauf und war erst beruhigt, als er das Feuer und seine Brüder sah.

„Schaut mal, wer da kommt!“, witzelte Harald. „Das wird doch hoffentlich kein Geist sein, der sich zu unserem Feuer verirrt hat.“

Er nahm ein brennendes Holzscheit und warf es zum Hang hinunter, den Siegbert herauf gerannt kam.

Dieser war froh, bald alles überstanden zu haben. Am Feuer angelangt, nahmen die Brüder einen großen Schluck aus dem Wassersack. Hartwig verschloss den Sack und legte ihn neben sich auf den Boden. Er sagte zu Siegbert: „Du wirst deinen Durst schon an der Quelle gelöscht haben und brauchst nicht mehr zu trinken.“

Siegbert setzte sich ans Feuer, sagte nichts und schmollte. Harald nahm den Wasserschlauch und ging zu ihm.

„Hier nimm einen Schluck! Du bist den Hang hinauf geeilt, hast geschwitzt und viel Flüssigkeit verloren, nur damit unser Durst schnell gelöscht wird.“

Alle drei setzten sich um das Feuer herum und Harald begann, wie immer, Geschichten zu erzählen. Er war im letzten Jahr von den Sippen in den Kriegerstand aufgenommen worden und durfte seinen Vater zu einem Thing am Königshof begleiten. Das Thing war die wichtigste Volksversammlung der freien Thüringer. Bei diesen Zusammenkünften beriet man sich über wichtige Dinge und traf Entscheidungen. Es wurden auch manchmal Gerichtsverhandlungen abgehalten oder die Götter befragt. Den Vorsitz führte der König und es dauerte oft mehrere Tage.

Harald hatte die Geschichten seinen Brüdern schon oft erzählt, doch sie wollten diese immer wieder hören. Jede Einzelheit musste er berichten. Er verstand es gut, immer wieder etwas Neues einzuflechten. Mag sein, dass nicht alles stimmte, doch das störte seine Brüder nicht. Sie waren begeistert von dem, was er sagte und wünschten sich auf das Sehnlichste, dies alles auch bald einmal selbst erleben zu können. Doch hierfür waren die beiden Brüder noch zu jung. Siegbert war erst 13 Jahre und Hartwig 17 Jahre alt.

Mit 14 Jahren wurde man in die Männergesellschaft aufgenommen und hatte dann ein paar Jahre Zeit, sich als Krieger vorzubereiten. Dies war das große Ziel eines jeden Jungen und die Zeit verging ihnen viel zu langsam.

Mit großer Bewunderung blickten sie auf ihren 19-jährigen Bruder Harald, der im letzten Jahr die Prüfungen abgelegt hatte und nun zu den Jungkriegern des Oberwipgaus zählte.

Dieser Gau umfasste ein großes Gebiet, von der Quelle der Wip und ihren Zuläufen, der Proll und der Gom, bis hin zum Wilberg.

Das Zentrum dieses Gaus war dort, wo die Bäche Proll und die Gom in die Wip mündeten. Hier hatten die Sippen gemeinsam einen Versammlungsplatz und eine Opferstätte errichtet und trafen sich dort an den heiligen Festtagen.

Die Siedlungen der Sippenverbände lagen zerstreut und waren durch die bewirtschafteten Flächen voneinander abgegrenzt. Der Wald und die Gewässer gehörten dem König Bertachar. Ackerland und Wiesen konnten von allen Sippen genutzt werden. Wenn es hierüber Streitereien zwischen ihnen gab, schlichtete der Gaugraf, der auch zu dem zweimal im Jahr stattfindenden Thing am Thüringer Königshof auf die Tretenburg reiste.

Harald war geschickt in der Handhabung des Speers und der Streitaxt. Auch mit dem Schwert verstand er wacker zu kämpfen. In der Freizeit zeigte Harald seinen Brüdern, wie man richtig damit umgehen musste.

Hartwigs Stärke lag dagegen im Bogenschießen, aber die anderen Disziplinen musste er auch gut beherrschen, um selbst einmal Krieger zu werden.

Es war spät geworden und die Anstrengungen des Tages ließen bei den jüngeren Brüdern die Augenlider schwer werden. Sie legten sich neben das Feuer und deckten sich mit einem dicken Schaffell zu. Harald ging noch einmal um die Koppel herum und kontrollierte, ob alles in Ordnung war. Dann legte auch er sich zum Schlafen nieder.

Gegen Mitternacht wurden die Pferde unruhig. Harald war sofort hellwach. Er schaute in die Dunkelheit, konnte aber nichts Außergewöhnliches bemerken.

Vielleicht war es nur ein Zweig, der vom Wind bewegt wurde und die Tiere erschreckt hatte. Er nahm ein paar trockene Äste und legte sie auf die Glut. Das Feuer begann bald wieder zu lodern.

Jetzt hörte Harald ein Knacken im Unterholz und die Pferde rannten verstört in der Koppel umher. Es musste ein größeres Tier sein, das sie gewittert hatten, dachte er sich und nahm einen großen brennenden Ast aus dem Feuer.

Langsam ging Harald in die Richtung des Unterholzes. Da war das Knacken wieder. Ganz nah, doch er konnte noch immer nichts sehen. Das Knacken musste von einem schweren Tier verursacht worden sein, nicht von einem Fuchs oder Wolf. Ein Hirsch könnte es sein, doch der würde nicht nah zum Lager kommen. Vielleicht war es ein Bär? Die hatten weniger große Scheu vor den Menschen, besonders, wenn es alte Einzelgänger waren.

Harald ging zum Feuer zurück und weckte Hartwig und Siegbert.

„Ich glaube, ein Bär ist in der Nähe. Es ist besser, wenn wir achtsam sind. Siegbert, du gehst zu den Pferden und beruhigst sie! Ich gehe mit Hartwig zum Unterholz. Wir sehen nach, was da los ist.“

Verängstigt und schlaftrunken schauten die beiden Jungen Harald an. Sie nahmen jeder einen Speer und ein brennendes Holzscheit aus dem Feuer und liefen zur Koppel.

Harald versuchte die Pferde zu beruhigen. Es half nicht viel. Siegbert stellte sich vor das Koppelgatter, als würde er das Tor zu einem Wallgraben beschützen müssen. Harald und Hartwig verschwanden in Richtung Unterholz. Die Angst kam in ihm wieder auf, wie beim Trinkwasser holen an der Quelle. Er dachte daran, was er tun würde, wenn der Bär auf ihn zukäme und keiner seiner Brüder ihm helfen könne. Bei diesem Gedanken schien ihm das Herz fast still zu stehen. Doch was war das für ein Geräusch? Es war nur das laute Pochen seines Herzens, wie er es noch nie vernommen hatte.

Harald und Hartwig gingen bis zum Unterholz, wo nur mannshohe Bäume standen.

„Wir gehen nicht zu weit von der Koppel weg“, sagte Harald leise.

„Warum nicht?“, fragte Hartwig.

„Wenn es ein schlauer Bär ist, kann es sein, dass er uns weglockt und von der Seite zur Pferdekoppel ausweicht. Siegbert könnte allein nichts ausrichten und die Pferde würden ausbrechen. Wir hätten dann tagelang zu tun, sie einzufangen.“

Harald hörte wieder das Knacken eines Astes. Es schien nicht weit vor ihnen zu sein. Er wusste jedoch auch, dass man sich in der Entfernung bei solchen Geräuschen leicht verschätzen konnte.

„Geh nach rechts zu der freien Fläche!“, flüsterte er Hartwig zu.

„Wenn wir Glück haben, können wir das Tier vertreiben.“

„Und wenn es nun gar kein Tier ist? Vielleicht ist es ein Troll oder eine dunkle Elfe, die uns Angst machen will. Was tun wir dann?“, fragte Hartwig verängstigt.

Harald blickte zu seinem Bruder und sah, wie der ganz erschreckt dreinblickte.

„Wir werden bald sehen, was es ist. Du brauchst keine Angst haben. Ich bin in deiner Nähe.“

Diese Worte beruhigten Hartwig und machten ihm Mut. Er ging vorsichtig allein zur rechten Seite auf das Unterholz zu. Nichts war zu hören, alles blieb still. Trotzdem hatte Hartwig das Gefühl, dass mehrere Dutzend Augen auf ihm ruhten. Er ging langsam weiter und hielt den brennenden Ast vor sich, damit das Umfeld ein wenig ausgeleuchtet wurde. Wenn schon er nicht viel sah, dann sollten die anderen ihn sehen können und vor dem Feuer zurückweichen.

Die Fackel von Harald konnte er kaum noch erkennen. Er war weitergegangen und manchmal durch einen Baum oder Busch verdeckt. Allein, ohne Harald, war die Sache beängstigend und ihm fiel auf einmal ein, wie sich der arme Siegbert gefürchtet haben musste, als er im Dunkeln das Wasser geholt hatte.

Jetzt hörte auch er ein deutliches Knacken. Es musste etwa einen Speerwurf entfernt sein. Leise schlich er in die Richtung. Jeden Schritt setzte Hartwig bedacht, damit kein Zweig unter seinen Füßen brach.

Plötzlich schreckte er zusammen. Ein Brüllen ließ die Erde erzittern. Schemenhaft konnte Hartwig die Gestalt eines Bären erkennen, der zu ihm hinsah. Wie erstarrt blieb er stehen. Alle seine Sinne waren aufs Heftigste angespannt. Davonlaufen würde nichts nützen, der Bär wäre schneller als er. Hartwig blickte nach links, konnte aber Harald nicht sehen, auch nicht das geringste Flackern seines brennenden Holzscheites. Nun fühlte sich Hartwig von allen verlassen und dem Tode nah.

„Odin, hilf!“, schrie er mit heiserer Stimme und riss dabei seine beiden Arme nach oben. Der Bär erschrak, stellte sich kurz auf die Hinterbeine und lief davon. In dem Moment kam Harald zu ihm geeilt und sah, wie sich der Bär entfernte.

„Du hast den Bären vertrieben“, sagte er zu Hartwig.

„Das war ein großes Tier.“

Sie gingen langsam zu der Stelle, wo sich der Bär aufgestellt hatte. Dort lag ein Hirschkadaver.

Der Bär musste ihn soeben gerissen haben, denn der Hirsch blutete noch aus einer Wunde am Hals und war warm anzufassen. Harald suchte nach Abdrücken der Bärenpfoten im sandigen Waldboden.

„Schau her, Hartwig, hier kannst du die Größe seiner Pfoten erkennen! Es war ein riesiges Tier. Wir hatten Glück, dass er es nicht auf unsere Pferde abgesehen hat und du ihn vertreiben konntest. Du bist schon ein tapferer Kerl!“

Diese Worte aus dem Munde seines großen Bruders taten Hartwig gut. Er war sich nicht mehr sicher, warum der Bär das Feld geräumt hatte. Möglicherweise störte ihn das Feuer seines brennenden Holzscheites oder es war das laute Rufen nach Odin.

Was es auch sei, der Bär war weg.

Harald schnitt die Bauchdecke des Hirsches auf und nahm die Eingeweide heraus. Dabei sah er, dass sich das Tier in einer ausgelegten Schlinge verfangen hatte.

„Jeder weiß, dass das hier verboten ist. Wie leicht kann sich ein Pferd verletzen.“

„Wenn wir den erwischen, der das getan hat, werden wir ihn gehörig verprügeln“, meinte Hartwig, noch ganz aufgeregt.

Harald löste die Schlinge und sah sie interessiert an.

„Eine Schlinge, wie diese, habe ich noch niemals gesehen. Das Metall glänzt eigenartig. Lauf zu Siegbert und bring ihn hierher! Er soll uns helfen, den Hirsch zum Lager zu tragen. Neben der Koppel ist ein Haufen mit Holzstangen. Von dem bringt eine mit hierher. Wir wollen den Hirsch daran aufhängen.“

Hartwig rannte zur Pferdekoppel, konnte Siegbert aber nicht sehen. Der war auf einen Baum neben dem Gatter geklettert.

„Was war es?“, fragte er und blickte ängstlich zu Hartwig.

Der blieb jedoch stumm, da er die Geschichte lieber von Harald erzählen lassen wollte. Die lobenden Worte seines Bruders würde er gern ein zweites Mal hören.

„Komm jetzt endlich herunter von dem Baum! Du sollst uns beim Tragen helfen!“

Siegbert sprang herunter und folgte Hartwig in das dunkle Dickicht. Harald hatte den Hirsch fertig ausgeweidet und die Vorder- und Hinterbeine mit einem Riemen zusammengebunden. Er nahm die Stange und steckte sie zwischen die Beine des Hirsches.

„Ihr beide hebt das vordere Ende der Stange auf eure Schultern und ich trage hinten! Wir werden es bis zum Lager schaffen.“

Gleichmäßig hoben sie den schweren Kadaver in die Höhe und trugen ihn davon.

Am Lagerplatz angekommen, gab Hartwig trockenes Reisig auf die Glut und entfachte schnell ein großes Feuer. Sie waren alle noch zu aufgeregt, um weiter schlafen zu können. Siegbert drängte die Brüder immer stärker, endlich zu sagen, was mit dem Bären gewesen war.

Harald erzählte nun das Ganze aus seiner Sicht.

„Als ich mich von Hartwig getrennt hatte, bin ich weiter in das Unterholz vorgedrungen. Auf einmal hörte ich rechts von mir das Brüllen des Bären und rannte in diese Richtung. Ich hörte, wie Hartwig etwas schrie und sah, ihn wild seine Fackel und den Speer schwenken.

Dann konnte ich auch den Bären erkennen, der aufgerichtet hinter dem Hirschkadaver stand und zu Hartwig sah. Kurz danach rannte der Bär davon. Er war riesengroß und ich weiß nicht, wie es ausgegangen wäre, wenn er Hartwig angegriffen hätte.“

„In diesem Moment haben bestimmt die Götter mitgeholfen, dich zu beschützen“, meinte Siegbert aufgeregt zu Hartwig gewandt.

„Was hattest du bei dem Bären geschrien?“, fragte Harald.

Hartwig zögerte mit der Antwort und die Brüder sahen ungeduldig zu ihm.

„Ich rief nur ‚Odin, hilf!‘. Danach ist der Bär gewichen.“

„Da seht ihr, welche Kraft in diesen Worten steckt. Wenn die Götter mit uns sind, brauchen wir uns nicht zu fürchten und werden immer siegen“, meinte Harald.

„Kannst du uns noch eine Geschichte erzählen? Vielleicht woher die Zwerge kommen“, bettelte Siegbert.

„Das ist nicht einfach, denn dann müsste ich bei der Erschaffung der Welt anfangen und das ist nicht leicht zu verstehen.“

„Du kannst es versuchen und wenn wir etwas nicht begreifen, fragen wir“, meinte Hartwig.

„Na gut, versuchen wir es! Auch ich verstehe nicht alles.“

Harald schloss für einen Moment die Augen, um sich zu konzentrieren.

„Am Anfang der Welt gab es nur Kälte und Feuer. Den Ort, wo Frost und Nebel sind, nennt man Niflheim und der Ort des Feuers, mit den lodernden Flammen, heißt Muspelheim. Zwischen beiden liegt ein tiefer Schlund, wie ein schwarzes Loch. An einer Stelle im eisigen Niflheim schießt Wasser aus einer Spalte und rinnt dem großen Schlund zu. Die Kälte lässt es, bevor es hinabstürzen kann, zu Eis gefrieren. Die Eismassen werden immer größer. Tief im Schlund brodelt es und Hitze und Kälte kämpften dort miteinander. In dieser Hexenküche der Gewalten sind der zweigeschlechliche Urzeitriese Ymir und ein zweites Ungeheuer, das einer Kuh mit Hörnern und Eutern glich, an die Oberfläche gekrochen. Von der Milch der Kuh ernährte sich der Riese. Eines Tages leckte die Kuh an einem salzigen Eisstück und es kamen ein Gesicht und der ganze Leib eines schönen großen Mannes zum Vorschein. Das war Buri, der Stammvater aller Götter, die man die Asen nennt. Von sich selbst erschuf er einen Sohn und nannte ihn Bör.

Der Riese Ymir war faul und im Schlaf gebar er verschiedene Lebewesen aus den Schweißdrüsen seiner Achselhöhlen und Füße. Es entstanden Riesen und Trolle, die sich untereinander wild vermehrten. Der Ase Bör hatte eine Liebschaft mit der Tochter eines Riesen und sie bekam einen Sohn. Dieser Sohn hieß Odin und wurde später das Oberhaupt aller Götter. Somit stammt Odin mütterlicherseits von den Riesen ab. Zurzeit als Odin geboren wurde, war das Zusammenleben zwischen Riesen und Göttern noch ganz friedlich. Der Riese Ymir gebar immer mehr gefährlich aussehende Kinder. Sie nahmen überhand. Odin und seine Brüder überlegten, was sie dagegen tun könnten. Sie beschlossen, den Riesen Ymir zu töten. Im Schlaf erstachen sie ihn. Das Blut floss in gewaltigen Strömen aus seinem Körper und alle Riesen ertranken darin. Nur zwei hatten überlebt. Die Ertrunkenen wurden in den großen Schlund gespült. Auch die Kuh wurde mit hinab gerissen. Den Leichnam des Riesen schleppten Odin und seine Brüder zu dem großen Schlund und bedeckten damit den Abgrund. Nun überlegten sie, was sie weiter mit dem Toten machen konnten. Sie kamen auf die Idee, eine neue Welt zu schaffen. Aus dem Blut entstand das Meer, aus dem Fleisch das Land, aus den Knochen die Berge, aus den Haaren die Bäume und das Gras und den Schädel nahmen sie als Himmelsgewölbe. Aus dem feurigen Muspelheim, das ganz im Süden lag, nahmen sie Funken und hefteten sie an die innere Schädeldecke von Ymir. Es entstanden die Sterne. Ein paar Fleischreste des toten Riesen lagen noch herum und verwesten. Hieraus sind die Zwerge hervorgegangen. Vier von ihnen tragen unser Himmelsgewölbe an je einer Ecke und diese Ecken nennt man Süden, Westen, Norden und Osten. Den Zwergen haben die Menschen auch die Schmiedekunst zu verdanken und die meisten wunderbaren Dinge, die die Götter besitzen, kamen aus ihrer Hand. Wir brauchen sie nicht zu fürchten, jedoch ärgern darf man die kleinen Wichte nicht. Sie sollen dann unberechenbar und starrsinnig sein. Wer sich mit ihnen anlegt, hat meist den Schaden.“

Hartwig und Siegbert übermannte am warmen Feuer die Müdigkeit und sie waren eingeschlafen. Von der Geschichte werden sie nur wenig mitbekommen haben, dachte Harald und deckte die beiden mit einem Lammfell zu.

Bis zum Morgen blieb alles ruhig. Harald konnte jedoch nicht einschlafen. Viele Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Eigentlich wollte er noch einen Tag in dieser Waldgegend die Pferdeherde weiden lassen, aber er entschied sich, in der Früh nach Hause aufzubrechen. Es könnte sein, dass der Bär am Abend womöglich die Pferde erneut erschreckt. Sie könnten dann aus der Koppel ausbrechen. Die Suche nach den Pferden wäre dann nicht leicht, da es immer wieder vorkam, dass sich die zahmen Tiere den Wildpferdegruppen anschlossen. Die frei lebenden Pferde waren, wie alles, was im Wald lebte, Königsbesitz. Viermal im Jahr wurden einige von ihnen eingefangen, um sie zu den Feiertagen, den Sonnenwenden und Tagundnachtgleichen den Göttern zu opfern. Nur die weißen Pferde durften hierzu genommen werden. Sie gefielen den Göttern und wurden von ihnen angenommen. Je weißer und ebenmäßiger sie waren, umso besser. Gescheckte oder farbige Tiere wurden, wie das andere Wild, das ganze Jahr über gejagt. Dadurch konnten sich diese Pferde kaum vermehren und aus diesem Grunde befanden sich in den Wildpferdegruppen mehrheitlich Schimmel.

Am östlichen Horizont war ein roter Schein am Himmel zu erkennen. Die Morgenröte kündigte sich an und es würde nicht mehr lange dauern, bis es hell war.

Harald weckte seine beiden Brüder. Diese bereiteten das Frühstück, welches wieder aus einer gesalzenen Suppe bestand, zu. Als Beilage gab es noch ein paar handflächengroße Fladenbrote aus Haferschrot.

Die Brote hatte ihnen ihre Mutter mit in den Proviantsack gegeben und sie waren inzwischen steinhart geworden. Man musste sie in die Suppe tunken, um sie beißen zu können.

Als die Brüder erfuhren, dass sie schon nach dem Frühstück zurück nach Hause reiten würden, jubelten sie vor Freude. Zwei Monde waren sie unterwegs. Hier, auf dem Kamm des Thüringer Waldes, war das Gras besonders gut und deshalb wurden die Schimmel mehrmals im Jahr auf die Bergwiesen getrieben.

Harald kannte sich mit Pferden und der Zucht gut aus. Sie waren der ganze Stolz der Sippe.

Nicht alle Familien im Oberwipgau züchteten Pferde. Dies war ein Privileg, das nur dem Adel zustand. Es kam auch auf die Bodenbeschaffenheit an, ob man sich eher auf Viehzucht oder Ackerbau verlegte.

Nach dem Frühstück packten Hartwig und Siegbert die Schaffelle zusammen, verstauten den Kessel wieder in der Erdhütte und Siegbert holte frisches Wasser von der Quelle. Harald war sich sicher, dass es die beste Entscheidung war, schon heute nach Hause aufzubrechen. Die Pferde sahen gut genährt aus. Er ging zur Koppel und rief sein Reitpferd zu sich. Es kam angetrabt und ließ sich streicheln.

Im kommenden Jahr wollte Harald heiraten und die beiden Sippenältesten hatten bereits über die Morgengabe der Braut gesprochen. Heidrun soll zu Haralds Sippe ziehen und sie werden dort in einem eigenen Haus leben. Um die Organisation der Hochzeit brauchte sich Harald nicht kümmern. Das war ihm recht.

Hartwig hatte den Proviantsack und die Schaffelle auf dem Packpferd festgebunden. Er musste es an der Leine führen, damit es nicht zu nah an die Baumstämme kam und die Säcke dort abstreifen konnte. Sie trieben dann die Herde langsam in Richtung Rodewin. Harald kannte den Weg gut. Nach ein paar Stunden erreichten sie das Tal, das zum Oberwipgau führte. Sie kamen in das Quellgebiet der Wip und machten da Rast.

Die Alten erzählten viele Geschichten von diesem Ort. Hier sollen Elfen wohnen, die aber gut zu den Menschen waren. Gleich unterhalb der Quellen hatten Biber riesige Dämme von Baumstämmen aufgeschichtet und somit Teiche geschaffen. Hier tummelten sich viele Fische und Wasservögel. Für die Menschen des Oberwipgaus war dieses Gebiet heilig und keiner durfte die Natur verändern. Es war streng verboten, ein Tier zu töten oder einen Baum zu fällen. Die Tiere schienen das zu wissen, denn sie zeigten keine Scheu vor den Menschen und ließen sie ganz nah an sich heran.

Siegbert fühlte sich an diesem Ort nicht wohl und sagte zu Harald: „Vielleicht gibt es hier Nixen oder Trolle, die uns etwas Böses tun. Wir sollten gleich verschwinden.“

Harald beruhigte ihn.

„Du brauchst keine Angst zu haben. Ich war schon oft hier. In den unteren Teichen kann man gut baden. Wenn du Glück hast, siehst du ein paar Elfen. Sie zeigen sich nur Menschen, die guten Herzens sind.“

Elfen würde Siegbert gerne einmal sehen und er lief los, um sie aufzustöbern.

Die Pferde grasten auf einer kleinen Waldlichtung und Harald legte sich unter einen Baum. Er döste ein wenig dahin. Er hatte die letzte Nacht nicht geschlafen und wurde immer müder. Hartwig dagegen interessierte sich für die Teiche und sah den Fischen zu, wie sie nach Insekten auf der Wasseroberfläche schnappten. Es war, wie ein fröhliches Spiel. Die Forellen sprangen manchmal mehrere Handbreit aus dem Wasser heraus. Es gab auch viele Frösche und Schmetterlinge. Die Sonne spiegelte sich im Wasser und wenn ihre Strahlen die Flügel der Libellen berührten, schien es als würden sich diese zu Elfen verwandeln.

Hartwig setzte sich an das Ufer des Teiches und bewegte seine Füße im Wasser hin und her. Die Frösche ließen sich von ihm nicht stören. Mit ihrer herausschnellenden Zunge verfehlten sie nur selten ein Insekt, welches sich gerade an einem Schilfrohr ausruhte.

Es war Mittagszeit und warm. Hartwig überlegte, ob er sich in das Wasser trauen sollte. Ein Bad würde ihm bestimmt guttun und seine Kleidung dabei auch gleich sauber werden. Er glitt langsam in das dunkle Wasser. Da er nicht wusste, wie tief es war, hielt er sich an einem Busch, der am Ufer stand, fest.

Der Teich war nicht tief. Mit seinen Füßen spürte er den Grund und das Wasser reichte ihm kaum bis unter die Achselhöhlen. Der Boden war fest und sandig. Das war ihm angenehm. Nun begann er mit langsamen Schwimmbewegungen, um weiter in die Mitte des Gewässers zu kommen. Der Pflanzenwuchs nahm stark zu. Er bemerkte es zu spät. Seine Beine verfingen sich immer mehr in dem Pflanzengewirr und es kam ihm vor, als würden viele unsichtbare Hände ihn festhalten. Es war ihm unheimlich zumute. Was, wenn es Nixen waren, die ihn in ihr Wasserreich mitnehmen wollten? Das soll es gegeben haben. Es gab niemand, der wieder zurückgekommen war. Nein, zu den Nixen wollte er nicht. Mit letzter Kraft löste er sich von den langstieligen Pflanzen und schwamm ans Ufer.

Erst auf dem Trockenen fühlte er sich sicher.

Hartwig zog sein Hemd und die Hose aus und spannte sie in ein Astkreuz. Der Wind sollte die Kleidung schnell trocknen.

Nackt lief er zu der kleinen Lichtung, wo die Pferde standen. Er musste wohl sonderbar ausgesehen haben, denn von Weitem hörte er Siegbert vor Schreck aufschreien. Der hatte seinen Bruder nicht gleich erkannt und glaubte, dass ihm ein Troll entgegenkommen würde. Durch den Krach wurde Harald munter. Er hatte verschlafen. Sie mussten aufbrechen, denn der Weg bis Rodewin war noch weit.

„Los, schnell auf die Pferde! Wir müssen uns sputen, wenn wir noch vor der Dunkelheit zu Hause sein wollen“, rief Harald und klatschte in die Hände.

Hartwig ritt nackt. In der einen Hand die Zügel, in der anderen den Stock mit seinen aufgehängten Kleidern. Es sah komisch aus.

Als sie die erste Siedlung erreichten, sahen die Leute ganz verwundert zu ihm und die Mädchen kicherten. Hartwig störte es und er sagte zu ihnen: „Warum kichert ihr dämlich, stimmt etwas nicht?“

Die Mädchen lachten weiter und rannten in eine Hütte. Er zog das halbtrockene Hemd über und ritt der Herde schnell hinterher. Harald wollte noch einen kurzen Besuch bei dem Sippenältesten Ulrich in Alfenheim machen. Das gehörte sich, wenn man an einer Siedlung vorbeikam. Der Sohn des Sippenältesten war ein enger Freund von ihm und er hatte ihn schon mehrere Monde nicht gesehen. Ulrich empfing die unerwarteten Gäste vor seinem Haus. Udo, sein Sohn, war leider nicht da.

„Seid gegrüßt, Herr Ulrich. Ich freue mich, euch zu sehen. Aber wo ist mein Freund Udo?“

„Herzlich willkommen und stärkt euch von eurem langen Ritt! Die Pferde sind ganz verschwitzt.“

Die Schimmel blieben inmitten des Platzes stehen, der von den Hütten und Häusern der Siedlung umschlossen war. Voller Neugierde und Bewunderung streichelten die Leute über ihr silbern glänzendes Fell. Alle Tiere waren gut genährt und ebenmäßig weiß. Es war kaum eine dunkle Stelle auf dem Fell zu sehen.

Ulrichs Frau brachte einen Tonkrug mit Met und reichte ihn Harald. Der nahm einen großen Schluck daraus und gab den Krug an Ulrich weiter. Es ging der Krug von Mann zu Mann und auch Hartwig und Siegbert sollten einen großen Schluck nehmen. Sie waren beide froh über das Angebot, denn der Sippenälteste würdigte sie damit als Männer.

Ulrich sprach nun zu Harald: „Mein Sohn Udo ist schon seit einem halben Mond zum Königshort verreist. Er will dort einige Schwerter, die wir geschmiedet haben, gegen etwas Passendes eintauschen. Vielleicht kommt er schon in ein paar Tagen zurück und bringt schöne Geschenke für die Frauen und Kinder mit.“

„Das ist schade, dass ich ihn nicht sehe, aber vielleicht kann er mich besuchen, wenn er wieder da ist.“

Hartwig war inzwischen zu der Hütte gegangen, in der die beiden Mädchen verschwanden. Sie saßen am Türeingang und lachten immer noch. Der Met war ihm etwas in den Kopf gestiegen und er merkte, wie er leicht schwankte. Das mussten auch die beiden Mädchen beobachtet haben und riefen ihm entgegen: „Du musst schon lange geritten sein und hast wohl das Laufen verlernt? Sollen wir es dir wieder beibringen?“

Sie sprangen auf ihn zu und zogen ihn an beiden Händen zur Tür der Hütte. Er ließ alles mit sich geschehen. Der Met hatte ihm seine Sinne vernebelt und ihm war schwindlig.

„Du hast ein nasses Hemd an und wirst dich erkälten“, sagte Ursula.

Sie zog ihm das Hemd aus.

Gislinde, ihre jüngere Schwester, rieb ihm mit Stroh über den Rücken, als würde sie ein Pferd trocken reiben. Sie sagte zu ihrer Schwester: „Gislinde, geh ins Haus und hole trockene Kleidung für unseren hübschen Jungen, damit er nicht friert!“

Sie lief ins Haus und kam bald danach mit einem kleinen Bündel in der Hand zurück.

„Hier habe ich etwas Passendes für ihn.“

Sie zogen Hartwig ein Hemd und eine Hose an.

„Nun gefällst du uns schon besser, du tapferer Held. Jetzt siehst du aus, wie ein richtiger Krieger“, meinte Ursula und die Mädchen fingen von Neuem an zu lachen. Hartwig ging schwankend zu den Pferden und schwang sich auf seinen Schimmel. Um ein Haar wäre er auf der anderen Seite wieder heruntergefallen.

Harald, der die Tiere nie aus seinen Augen ließ, drängte nun, nach Hause zu reiten. Er konnte Siegbert nicht sehen. Doch da erkannte er, dass dieser auf einer Bank eingeschlafen war. Er weckte ihn und half ihm auf sein Pferd. Dann ritten sie eilig mit der Herde weiter, in Richtung Heimat.

2. Rückkehr der Pferde

Bis zur eigenen Siedlung war es nicht mehr weit, ungefähr eine Reitstunde. Wenn nichts dazwischen käme, würden sie noch am frühen Nachmittag daheim sein.

Harald erkannte, dass Siegbert und Hartwig ein Problem hatten und wusste auch warum. Seine beiden jüngeren Brüder hatten noch nie Met getrunken und das war auch kein Getränk für Knaben.

Es war nun einmal passiert und er musste etwas dagegen tun. Er trieb die Pferde in Richtung Eichelsee und wollte dann über den Sandberg nach Rodewin reiten.

Am Eichelsee hielt Harald an. Durch das Schütteln auf dem Pferderücken war es Siegbert und Hartwig bereits schlecht geworden und sie waren dankbar für die Pause.

Im See nahmen sie ein kühles Bad und das ungute Gefühl im Kopf verschwand langsam.

Harald kannte diesen Zustand. Bei den Feiern gab es immer reichlich Met. Am nächsten Tag hatte er einen Brummschädel und meinte, dass dieser jeden Moment zerplatzen würde. Es war das Ergebnis der Sauferei. Ab einer bestimmten Menge machte es ihm keinen Spaß mehr, beim Bechern mitzuhalten, aber es galt als besonders männlich. Wer nicht mittrank, wurde gehänselt und das war noch schlimmer als das Schädelweh am nächsten Morgen.

Nach dem kühlen Bad ging es Siegbert und Hartwig besser. Siegbert war noch etwas blass im Gesicht, doch das verlor sich bald. Sie erreichten den Sandberg und konnten von dort aus in das Tal der Wip schauen. Am Horizont war eine lange Bergkette zu sehen, die man Rinsberge nannte und rechts war der Wilberg. In dem Kessel lagen verstreut mehrere Siedlungen, in denen Familien in Sippenverbänden lebten.

Die von Rodewin genutzte Landfläche war im Vergleich, zu der ihrer Nachbarn, größer. Das lag daran, dass Herwalds Sippe, fast ausschließlich Pferdezucht betrieb und das meiste, was sie sonst noch zum Leben benötigten, von den Nachbarn im Tausch erwarben. Dies funktionierte seit vielen Jahren und es hatte noch nie eine Hungerzeit gegeben. Das Verhältnis zu den Nachbarn war gut. Einer achtete den anderen und wenn eine Sippe Hilfe benötigte, wurde gutnachbarschaftlich geholfen.

Seinen Namen hatte die Siedlung schon vor langer Zeit erhalten, als der Vorfahr der Sippe mit Namen Rodewin sich hier niederließ. Er war ein Gefolgsmann des ersten Thüringer Königs und bekam den Oberwipgau als Siedlungsgebiet zugewiesen. Damals gab es nur wenige Flecken, die von den Einheimischen genutzt wurden. Rodewin hatte den Wald an der Grenze zum Unterwipgau gerodet und schon damals für die Viehzucht genutzt. Der Boden war sandig und für den Ackerbau kaum geeignet. Es gab wohl einige Felder für Dinkel und Hafer, aber die Erträge waren gering. Als Neuansiedler hatte er den anderen Sippen, die schon länger hier waren, nichts weggenommen und es gab zu keiner Zeit ernsthafte Auseinandersetzungen mit den Nachbarn. Er hatte die Aufsicht über das umliegende freie Königsland und auch dafür zu sorgen, dass Männer in den Sippen als Krieger ausgebildet wurden. Wenn in einem Thing ein Krieg beschlossen wurde, mussten diese Männer ihren Dienst leisten.

Das Amt des Gaugrafen war erblich und ging in der Regel an den ältesten Sohn. Er musste jedoch noch in der Versammlung aller Sippenältesten des Oberwipgaus und auch vom König bestätigt werden.

Seit mehr als hundert Jahren war es im Oberwipgau ruhig. Es gab wenige kriegerische Auseinandersetzungen mit den Nachbarvölkern des Thüringer Königreichs. Wenn es an den Grenzen einmal unruhig wurde, merkte man im Oberwipgau nur wenig davon. Die entsandten Krieger kamen alle wieder zurück und brachten schöne Beutestücke mit nach Hause.

Die Leute lebten in ihren Sippenverbänden friedlich miteinander und wenn es einem zu eng wurde, dann zog er von hier weg. Die Landgrenzen zwischen den Siedlungen waren übersichtlich und boten kaum Anlass zu Konflikten. Meist lagen noch unbebautes Königsland oder brachliegende Felder dazwischen.

Wenn es doch einmal Meinungsverschiedenheiten hierzu gab, schlichtete der Gaugraf diese bei den Landbegehungen. Er hielt auch Gericht zu den Thingtagen des Gaus und vertrat den Oberwipgau bei den Zusammenkünften des Königs. Seit neun Jahren war Haralds Vater, Herwald, Gaugraf. Das brachte der Sippe und auch dem ganzen Gau großes Ansehen.

Harald trieb geschwind die Pferde auf einem Waldpfad zur Rinne hin. Als sie aus dem Wald kamen, zeigte sich ihnen die wunderbare Landschaft des Tals. Rodewin war jetzt nicht mehr weit entfernt und er konnte schon ein paar Hütten erkennen. Sie lagen auf einem Hügel, an dessen Fuß sich die Wip entlang schlängelte. Die Wip war nur ein kleiner Bach, der aber im Frühjahr, nach der Schneeschmelze, erheblich anwachsen konnte und dann das Land im Tal überschwemmte. Um die Siedlung herum waren großflächig Weideflächen mit Stangen eingezäunt. Ein großer Gemüsegarten war gleich an der Hinterseite des Haupthauses. Er war das Reich der Hausfrau. Hier wuchsen allerlei Gemüse und Kräuter für die Küche.

Die Pferde galoppierten von der Rinne kommend, zum Tor der eingezäunten Siedlung zu. Auf dem Siedlungsplatz rannten sie noch eine Weile im Kreis und wurden von allen bewundert. Der Aufenthalt auf den Bergwiesen hatte ihnen sichtlich gutgetan. Sie strotzten vor Kraft. Die Kinder riefen manche mit Namen und gingen auf sie zu, um sie zu streicheln. Haralds Vater kam aus dem Haus und umarmte seine Söhne. Er war froh, dass alles gut ausgegangen war und alle wieder wohlbehalten zu Hause waren. Es kam auch die Mutter aus dem Gemüsegarten gelaufen und Siegbert eilte ihr entgegen. Er hatte sie am meisten vermisst, insbesondere ihre Kochkunst und liebevolle Fürsorge.

Herwald ging mit Harald zu den Pferden und sah sich jedes Tier genau an. Nur wenige hatten sich im Wald an Ästen oder Dornen verletzt und kleine Narben davongetragen. Dies minderte ihren Wert. Am Königshof konnten nur makellose Schimmel abgegeben werden. Die übrigen blieben für die Zucht oder wurden gegen andere Waren getauscht. Herwalds Rösser zählten zu den besten im Königreich und wer eines seiner Tiere erwerben konnte, war zufrieden damit.

Am Brunnen, der neben dem Haus stand, hatten sich viele Kinder um Hartwig und Siegbert gescharrt.

„Kommt, Jungs!“, sagte die Mutter und zog ihre Söhne aus der Ansammlung der Kinder weg. „Ihr werdet bestimmt hungrig sein und ich will euch gleich einen süßen Haferbrei machen“.

Sie gingen mit der Mutter in die große Wohnküche und die kleinen Kinder liefen hinterher. Bis der Brei fertig war, mussten sie die Fragen der jungen Schar beantworten.

„So nun lasst die beiden erst einmal in Ruhe essen“, herrschte die Hausfrau die Kinder an. Sie gaben nur zögernd nach. Die Mutter stellte eine Holzschüssel mit Haferbrei auf den Tisch und gab zwei Löffel Honig hinein. Das war eine besondere Köstlichkeit und die anderen Kinder hätten auch gern mit ihren Fingern in die Schüssel gelangt. Dies war das Lieblingsgericht aller Kinder und es gab etwas Gutes nur an wenigen Feiertagen im Jahr. Die Heimkehr der Söhne war wie ein Feiertag für die Mutter, denn sie machte sich immer Sorgen um ihre Jungen, wenn sie lange von zu Hause weg waren.

Siegbert erzählte den Kindern vom heutigen Besuch in der Siedlung Alfenheim.

„Die haben uns freundlich empfangen und Met als Willkommenstrunk gereicht.“

Hartwig stieß ihn unter dem Tisch heftig mit dem Fuß an. Er sollte nichts davon erzählen. Siegbert verstand den Wink und schwenkte auf die Ereignisse der letzten Nacht um. Das schien auch bei allen anderen viel interessanter zu sein. Die Geschichte mit dem Bären erzählte er so, als wäre er selbst dabei gewesen und hätte mit angesehen, wie Hartwig das Tier verscheuchte. Den Kindern fielen vor Staunen fast die Augen aus dem Kopf, es war spannend und sie blickten abwechselnd zu dem ruhig essenden Hartwig.

Im Hintergrund stand ein Mädchen, die einen großen Tiegel mit Sand scheuerte und immer wieder heimlich zu Hartwig sah. Es war die Tochter des Pferdesklaven Jaros und seiner Frau Lena. Jaros und Lena wurden vor etwa 30 Jahren bei einem Grenzkrieg der Thüringer gegen die Slawen aus einem Dorf östlich der Elbe nach Rodewin gebracht. Sie waren nicht die einzigen Sklaven in der Siedlung. Sigu, ein wahrer Riese an Gestalt, lebte schon lange Zeit hier. Er war einst von einem Verwandten an Herwald verkauft worden. Jaros und Lena wurde erlaubt, zusammen zu leben und sie bekamen die Tochter Rosa, die nach dem geltenden Recht ebenso Eigentum von Herwald war.

Rosa und Hartwig wurden im gleichen Jahr geboren. Sie spielten als Kinder viel zusammen. Doch als sie größer wurde und im Haushalt mit helfen konnte, sah es Hartwigs Mutter nicht gern, wenn er sich mit ihr abgab. Was nicht erlaubt war, tat er heimlich. Es fand sich immer eine passende Gelegenheit, im Wald oder an den Fischteichen, ungestört mit ihr zusammen zu sein. Rosa war gut gewachsen und hatte langes blondes Haar. Wenn sie kein schäbiges Sackkleid anhätte, würde niemand sie als Sklavin erkennen.

Nach dem Essen ging Hartwig auf den Vorplatz und überlegte, was er tun konnte. Es war früher Nachmittag und heiß. Siegbert musste den Kindern erzählen und Harald inspizierte immer noch mit seinem Vater die Pferde. Die Onkel und Tanten waren nach der kurzen Begrüßung wieder ihrer Arbeit nachgegangen. Hartwig ging zu ihnen und sah ein wenig bei der Arbeit zu. Er freute sich wieder daheim zu sein. In der gewohnten Umgebung fühlte er sich am wohlsten.

Da nichts anderes zu tun war, beschloss Hartwig, zu den drei Fischteichen im Wald zu gehen. Der erste Teich wurde auch als Schwemme für die Pferde genutzt. Er lag etwas freier und grenzte direkt an eine der weitflächigen Koppeln. Heute ging Hartwig jedoch zu dem dritten Teich, der tief im Wald lag und von einer Quelle gespeist wurde. Das Wasser war hier am klarsten und kältesten. Von den Leuten in der Siedlung wurde dieser Teich gemieden, weil es ein Ort der Elfen sein sollte. Wenn man sie störte, würden sie sich rächen. Hartwig hatte schon oft hier gebadet und nie Angst vor diesen Wesen gehabt. Im Gegenteil, er wäre froh, einmal eine zu sehen. Das Wasser war eisig kalt. Je weiter er seinen Körper untertauchte, umso mehr konzentrierte sich das Wärmegefühl auf den Nacken. Dann, als auch Hals im Wasser war, begann er langsam mit den Schwimmbewegungen und glitt geräuschlos dahin. Es lag viel Ruhe und Schönheit in diesem Augenblick. Er wähnte sich in einer anderen Welt. Vielleicht war es die Kraft der Elfen, die ihm dieses Gefühl schenkten.

Als es Hartwig zu kalt wurde, schwamm er zum Ufer zurück und legte sich in die wärmende Sonne. Die Müdigkeit überkam ihn und er schlief ein. Er träumte von winzigen menschenähnlichen Wesen, die Flügel hatten. Sie musizierten und tanzten um die Blüten der Waldblumen herum. Er konnte sie auch hören. Sie unterhielten sich in einer ihm unbekannten singenden Sprache. Jetzt kamen ein paar zu ihm geflogen und setzten sich auf sein Gesicht. Mit einer Feder berührte eine Elfe seine Nasenspitze und er musste niesen. Das weckte ihn auf. Mit dem Gefühl, dass die Berührung mit der Feder wirklich war, öffnete er die Augen und blickte in das Gesicht von Rosa. Sie beugte sich über ihn und strich mit ihren langen Haaren über seine Nase. Eine seltsame Mischung zwischen Traum und Wirklichkeit.

„Du hast ganz süß geschlummert“, sagte sie und strich mit ihrer rechten Hand über sein Gesicht. „Wenn du lieber weiterschlafen möchtest, brauchst du das nur sagen und ich verschwinde gleich wieder. Ich bin hier, um Tannenzapfen für das Herdfeuer zu suchen.“

„Nein, bleib doch! Ich habe von Elfen geträumt und da musste ich niesen.“

„Vielleicht bin ich eine von den Elfen und habe mich gerade zurückverwandelt in einen Menschen“, meinte sie lachend.

Hartwig sagte nichts dazu und schloss die Augen. Mit ihren Fingern glitt sie leicht über sein Gesicht, als wäre sie blind und würde sich seine Umrisse einprägen wollen. Sie tastete seinen ganzen Körper ab. Die zarte Berührung tat Hartwig gut. Er genoss sie in vollen Zügen. Als Rosa die Fußsohlen erreichte, konnte er nicht länger ruhig liegen bleiben.

„Das ist eine empfindliche Stelle. Ich kann es gar nicht aushalten. Soll ich das einmal bei dir machen?“

„Später!“, antwortet Rosa. „Zuerst nehme ich noch ein Bad. Willst du mit mir schwimmen gehen?“

Sie zog ihr verschlissenes Kleid aus, damit es nicht nass wurde. Zu Hause hätte man nicht sehen dürfen, dass sie baden war. Langsam glitt sie vom Ufer ins Wasser. Hartwig folgte ihr. Weil er zögerlich in das Wasser stieg, bespritzte sie ihn mit dem kühlen Nass.

„Das sollst du mir büßen“, rief er aufgeregt und sprang mit einem Hechtsprung zu ihr hin, umarmte sie und versuchte sie unterzutauchen. Sie wehrte sich wie bei einem Ringkampf. Hartwig wollte nicht zu grob erscheinen, denn es war schon ein Unterschied, ob er mit einem Jungen oder mit einem Mädchen rang. Sie entglitt ihm immer wieder. Das machte den beiden viel Spaß. Jetzt schwammen sie noch ein paar Runden und legten sich am Ufer ins hohe Gras. Sie lagen nebeneinander und er fasste nach ihrer Hand. Die Sonne trocknete die nasse Haut.

„Das Wasser war ganz schön kalt“, meinte Rosa, ohne aufzusehen.

„Wie meinst du das?“

„Ich habe es dir angesehen“, sagte sie und lachte.

„Das hast du nicht umsonst gesagt“, erwidert er und legte sich auf sie. Sie wehrte sich nicht und ließ sich von ihm küssen.

Herwald war mit dem Zustand der Pferde zufrieden. Er hatte neun Pferde gezählt, die keinen Makel einer Hautverletzung oder eine dunkle Stelle des Fells aufwiesen. Sie waren in allem vollkommen und er würde am Königshof einen guten Tausch erzielen können.

Die Pferde wollte Herwald zu dem nächsten Thing, der in zehn Tagen sein sollte, mitnehmen. Seine Söhne Harald und Hartwig und sein jüngerer Bruder Ingolf sollten ihn begleiten und auf die Pferde aufpassen. Die ausgesuchten Tiere fing er ein und legte ihnen einen Lederhalfter an. Jaros half ihm, die Tiere in einen eigenen Boxenstall zu führen. Sigu hatte inzwischen den Boden des Stalls mit Stroh ausgelegt und in die Futterbehälter, die an den Wänden hingen, Heu gegeben. Von nun an würden die Tiere immer unter Aufsicht stehen, damit ihnen nichts passiert und sie sich auch nicht gegenseitig im Streit verletzten. Die übrigen Pferde trieb Harald zur Koppel, nahe dem Stall. Was mit ihnen werden würde, entschied sein Vater allein. Doch zunächst lag das Hauptaugenmerk auf den Königsrössern. Die beiden Onkel Alwin und Ingolf kamen mit ihren Frauen und der Schwester Elfriede von den Wiesen zurück. Auch die Sklavin Lena war dabei. Sie waren schon seit Tagen mit dem Heumachen beschäftigt. Das Gras wurde mit der Sense geschnitten und von den Frauen und Kindern mit Holzrechen gewendet. Wenn es trocken war, wurde das Heu in den kleinen Hütten eingelagert, die am Rande der Siedlung in der Nähe des großen Pferdestalls standen.

Obwohl sie müde waren, gingen sie zuerst zu den Pferden an die Koppel und erfreuten sich an dem Anblick der edlen Tiere. Harald kam hinzu. Sie begrüßen ihn herzlich.

„Schön, dass du wieder gesund bei uns bist“, sagte Elfriede und ging auf Harald zu. „Wir haben euch eigentlich erst morgen erwartet. Ist alles gut gegangen?“

„Ja, liebe Tante! Wie du siehst, sind die Pferde alle wohlauf, aber die Sehnsucht nach dir war einfach zu groß. Deshalb sind wir schon heute zurückgekommen.“

„Du nimmst mich schon wieder nicht ernst, du Schlingel. Ich sollte dir doch noch einmal den Hosenboden versohlen.“

Sie lachte bei diesen Worten und gab ihm einen Klaps auf den Oberarm.

„Jetzt erzähl einmal, wie es war!“, meinte Ingolf.

„Wir fanden saftige Wiesen auf dem Rynnestig vor. Es hatte noch kein anderer seine Pferdeherde dorthin getrieben. Zweimal gab es nur nachts Probleme. Gleich am Anfang waren Wölfe in das Gehege eingedrungen und hatten die Pferde erschreckt. Ich merkte es sogleich und habe sie mit einem brennenden Holzscheit vertrieben. Ja, und gestern kam ein Bär ganz in unsere Nähe, der beim Gehege einen Hirsch gerissen hatte und ihn um Mitternacht aufsuchte. Hartwig konnte den Bären jedoch verscheuchen.“

„War es ein kleiner Bär?“, fragte Ingolf.

„Nein, es war ein ganz großes Tier. Ich konnte ihn noch sehen, wie er aufrecht stand und sich dann davon machte. Hartwig rief nach Odin und der hat ihm wahrscheinlich geholfen.“

Alle blickten fassungslos auf Harald und wollten noch mehr wissen.

„Ich werde euch heute Abend nach dem Essen noch mehr erzählen. Ihr seid doch bestimmt hungrig und ich bin es auch.“