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Teuflischer Wein

Die verschwundenen Frauen

2. Auflage August 2020

© W.J. Marko, Altlichtenwarth Österreich

alle Rechte vorbehalten

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 9783752694789

„Ich habe hier etwas, dass Dein Interesse wecken könnte Henry.“ Henry Eigner schaute von seinem Computer auf und blickte seine Assistentin Sonja Breitner freundlich aber mit zusammengekniffenen Augen an. Obwohl Sie leise wie eine Katze in sein Büro gekommen war, hatte er schon Ihr Lieblingsparfum „À la nuit“ wahrgenommen. Dieser blumige Jasmin Duft faszinierte ihn jedes Mal aufs neue. In Wahrheit war es allerdings nicht das Parfum alleine. Es war die Kombination aus diesem sinnlichen Duft getragen von einer äußerst attraktiven Frau mit einer hervorstechenden Persönlichkeit und hochgradiger Intelligenz, welche ihn jedes Mal, wenn Sonja erschien, aus jeglicher Tätigkeit aufs angenehmste herausriss. Neben Sonja verblasste sogar der Jaguar E Type Serie 1 Cabrio, dem er gerade auf einer Auktionsseite seine Aufmerksamkeit gewidmet hatte.

Sonja beugte sich über den Bildschirm, um mit einem unschlagbarem Lächeln zu fragen "Schon wieder ein Oldtimer? Du hast ja schon drei in Deiner Garage stehen und Dein Alltagsauto ist ja auch so ein alter Franzose.“

„Das ist kein alter Franzose! Ein Citroën – DS PALLAS wird die Göttin genannt“, erwiderte Henry belustigt.

„Nun Herr der Göttin, wenn Du wieder in der Realität angekommen bist, lies Dir das einmal durch und lass mich wissen was Du davon hältst.“ Sonja legte Henry eine Mappe auf den Tisch und entschwand in Ihr eigenes Büro.

Henry Eigner ist, obwohl unverheiratet, mit großer Wahrscheinlichkeit der Traum Schwiegersohn jeder Mutter. Geboren in Wien am 1.4.1970 als Sohn eines hochrangigen österreichischen Polizeioffiziers und einer englischen Mutter, die als Ärztin in Wien arbeitete.

Nach der Matura studierte er Psychologie und Jus und trat danach in den Polizeidienst. Seine umfangreichen Kenntnisse und den guten Beziehungen seiner Mutter nach Amerika verdankte er einen zweijährigen Aufenthalt beim FBI in New York mit umfangreicher Profiler Ausbildung und stieg nach seiner Rückkehr schnell zum begehrten Fallanalytiker auf.

2014 schied er aus dem Polizeidienst aus, nachdem der Bruder seiner Mutter, der in England ein Industrieunternehmen gegründet hatte, verstorben war und Henry eine Erbschaft von 12 Millionen Euro hinterlassen hatte.

Henry machte sich selbständig und gründete die „THINK TANK unresolved cases”.

Sonja lernte er im Zuge eines Ermittlungsfalles bei der Polizei kennen. Sonja Breitner ist IT Spezialistin und wird von der Polizei bei besonderen Fällen angefordert. Henry und Sonja verstanden sich auf Anhieb und darum sagte Sie sofort zu, als er Ihr anbot, als Assistentin bei ihm zu arbeiten. Henry nahm nur Fälle an, die ihn persönlich interessierten und so kam es auch vor, dass die beiden wochenlang nichts Berufliches zu tun hatten. Wenn Sie einen Fall hatten stand Sonja aber 24 Stunden am Tag zur Verfügung. Sonja liebte dieses Wechselspiel zwischen süßem Nichtstun und Zeiten voller Arbeit unter Hochdruck. Henry bezahlte Sie sehr gut und Sie nahm dafür auch in Kauf, dass bei diesem Wechselspiel eine private dauerhafte Beziehung fast unmöglich war.

Seit einer guten Stunde studierte Henry die Unterlagen, die ihm Sonja gebracht hatte. Er hatte jede Seite mindestens dreimal gelesen und war noch immer zu keinem Schluss gekommen, ob der Fall für ihn von Interesse ist.

Henry sprang mit einem Satz auf und war mit wenigen Schritten bei Sonjas Büro. Sonja sah kurz sein Gesicht in der Bürotüre und hörte nur „Besprechung“ und schon war er wieder weg.

Sonja folgte Henry in das Besprechungszimmer. Das Besprechungszimmer war ein 60 Quadratmeter großer Raum der zu den Räumlichkeiten der „THINK TANK unresolved cases“ gehört. Henry hatte eine ganze Etage des Gründerzeithauses im 3. Wiener Bezirk, welches seinen Eltern gehörte, zu seinem Firmensitz umgebaut.

Henrys Besprechungszimmer musste keinen Vergleich mit einem alten ehrwürdigen englischen Club scheuen. Die Chesterfield London Classic Sessel und Sofas waren wie geschaffen für längere und entspannte Lagebesprechungen.

Henry begann kurz die Fakten zusammen zu fassen "Okay, Lisa Ernest 20 Jahre jung, seit Anfang September 2017 vermisst. Zuletzt gesehen in Harrersdorf. Wo liegt Harrersdorf?“

„Die Gegend wird Dir gefallen“, antwortete Sonja mit einem Augenzwinkern. „Harrersdorf liegt im nordöstlichen Niederösterreich, genauer gesagt im Weinviertel und wie der Name schon sagt, wird dort guter Wein gekeltert.“

„Schön und gut Sonja, aber laut Deinen Unterlagen war Ihr Handy das letzte Mal in Tschechien genauer gesagt in Hlohovec eingeloggt.“

„Ja“, entgegnete Sonja „es gibt in Hlohovec eine Disco für Frauen, die sich osamělá princezna“ nennt. Übersetzt „einsame Prinzessin“. In der Disco haben nur Frauen Zutritt, aber es gibt ausschließlich männliches Personal. Nach meinen Recherchen werden auch hauseigene Tänzer gestellt.“

Henry runzelte die Stirn „Du meinst ein Bordell mit umgekehrten Rollen?“

Sonja war sichtlich amüsiert „Männer denken wirklich immer nur an das eine. Aber ich muss zugeben, der Gedanke liegt nahe. Da muss ich Dich aber enttäuschen. Ich habe mir deren Homepage angesehen und dort wird klar dargelegt, das die Besucherinnen gerne mit dem männlichen Personal flirten dürfen, aber jeder sexuelle Kontakt verboten ist. Das Konzept dieses Lokales ist, Frauen einen unterhaltsamen Abend zu bereiten ohne Angst zu haben von irgendwelchen Typen zudringlich angebaggert zu werden. Offensichtlich ein durchaus erfolgreiches Konzept, denn das Lokal ist weit über die Grenzen bekannt.“

„Und was hat Sie in Harrersdorf gemacht?“ hakte Henry nach.

„Ihre Mutter hat angegeben, dass Lisa mit dem Rad die Weinviertler Weinstraßen erkunden und genießen wollte. Sie hat sich Harrersdorf als Ausgangspunkt gewählt und im örtlichen Gasthaus ein Zimmer für vierzehn Tage gemietet. Nach sechs Tagen ist Sie verschwunden, was vorerst nicht aufgefallen ist, da man in Harrersdorf angenommen hat, dass Sie eine längere Radtour unternommen und woanders genächtigt hat.“

„Ihre Mutter hat Anzeige erstattet, nachdem Lisa nach vierzehn Tagen nicht zurück war und auch nicht erreichbar war.“

„Ich nehme an, die Polizei hat keine weitere Spur und wird eingehende Ermittlungen erst wieder aufnehmen, wenn sich weitere Hinweise ergeben“, entgegnete Henry.

„Es wurde nur Ihre Kleidung im Quartier gefunden. Das Telefon, Pass, Brieftasche und Ihr Fahrrad blieben bis heute verschwunden“, ergänzte Sonja.

Henry lehnte sich zurück und verschränkte seine Hände im Nacken „Und was hast Du mir noch vorenthalten? Eine verschwundene junge Frau ist mir sicher nicht gleichgültig, aber warum bist Du der Meinung, dass mich der Fall interessiert?“

Sonja konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen „Es ist nicht die erste junge Frau, die verschwunden ist. Insgesamt sind es sechs Frauen, die verschwunden sind!“

Sonja bemerkte, wie Henry die Augenbrauen leicht nach oben zog und wusste, dass Sie jetzt seine ungeteilte Aufmerksamkeit genoss.

„Sechs junge Frauen im Alter von 20 bis 23 Jahren, jedes Jahr eine. Alle waren in Harrersdorf, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, und bei allen verlor sich die Spur in Tschechien in oder in der näheren Umgebung von Hlohovec!“

„Okay, jetzt wird es interessant! Und spann mich nicht auf die Folter.“ Henry wirkte nach außen hin ruhig, aber Sonja kannte ihn zu gut, um zu wissen, dass er gerade wie auf Nadeln saß.

„Das sind unsere Vermissten:

Miriam Schober 21 Jahre, seit 29. September 2012 vermisst.

Elsbeth Moran 23 Jahre, seit Mitte September 2013 vermisst.

Sylvia Marasch 21 Jahre, seit Ende September 2014 vermisst.

Julia Appel 22 Jahre, seit Anfang Oktober 2015 vermisst.

Bettina Forest 22 Jahre, seit Ende August 2016 vermisst.

Und noch Lisa Ernest 20 Jahre, seit Anfang September 2017 vermisst.“

„Es gibt bis heute keine wirklichen Hinweise, um das Verschwinden der Frauen zu erklären. Alle Akten dazu liegen bei der Polizei unter vermisste Personen. Die Mutter von Lisa kennt eine Freundin von mir und ist so zu uns gekommen. Obwohl Sie kein Vermögen besitzt, hat Sie gemeint, egal was Du verlangst, ihr ist nur wichtig etwas über das Schicksal Ihrer Tochter zu erfahren.“

Henry lächelte „Du kennst ja unser Geschäftsmodell. Wir haben einige sehr begüterte Kunden, die es nicht ärmer macht, wenn Sie unsere Arbeit gut bezahlen. Wenn mich aber ein Fall interessiert, ist die Bezahlung völlige Nebensache. Leisten kann ich es mir ja, meinem seligen Onkel sei gedankt.“

„Sonja, Du kannst Lisas Mutter mitteilen, dass wir diesen Fall übernehmen und dass Sie sich keine Sorgen um unser Honorar machen soll.“

Sonja tat auf schüchtern und mit leicht gesenktem Blick flüsterte Sie halb leise „Hab ich schon alles erledigt. Ich war überzeugt, dass Dich dieser Fall reizen würde.“

Henry spielte den entrüsteten „Wenn Du mich noch einmal in einer Entscheidung übergehst, werde ich Dich übers Knie legen und Dir Deinen Hintern versohlen.“

Sonja antwortete nicht gleich, weil gerade Ihr Kopfkino jedes klare, fachliche Denken in einen unbekannten Ablagebereich Ihres Gehirns verbannte. Der Gedanke Henrys Hand auf Ihrem Hintern zu spüren füllte momentan Ihr gesamtes Denken aus. Ja, Sie fühlte sich schon seit Ihrer ersten Begegnung zu Henry hingezogen und hatte aus diesem Grund sofort zugesagt, als er Sie fragte ob Sie mit Ihm arbeiten will. Henry war der perfekte Gentleman und Sie hatten ein sehr inniges und freundschaftliches Verhältnis. Henry hatte aber nie versucht, Ihr irgendwelche Avancen zu machen, obwohl Sonja das begrüßen würde.

Er merkte, dass Sonja in Gedanken versunken war. Er machte aber keine Anstalten Sie wieder in die Realität zurückzuholen und hing stattdessen seinen eigenen Gedanken nach "Mein Gott wie gerne würde ich meine Hand auf den Hintern dieser Frau legen. Aber nicht um ihn zu versohlen, sondern um meine Hand zärtlich darüber gleiten zu lassen und dann diesen wunderbaren Körper zu erkunden. Sonja entspricht ziemlich genau meinem Idealbild einer Frau. Hoffentlich habe ich Sie jetzt mit meiner Bemerkung nicht verärgert.“

„War jetzt nicht ernst gemeint, dass mit dem Hintern versohlen“, unterbrach Henry das Schweigen.

Sonjas Kopfkino wurde durch Henrys Stimme mit einem Schlag beendet. „Ah ja, alles okay. Ich habe mir nur gerade Gedanken gemacht wie wir diesen Fall am besten angehen“, log Sonja ohne eine Miene zu verziehen.

Henry glaubte eine kleine Unsicherheit in Ihrer Mimik zu bemerken, verzichtete aber darauf nachzufragen. Trotzdem speicherte er diesen Umstand in seinem Kopf ab.

„Hast Du schon eine Idee wie wir das Ganze angehen werden?“, fragte Sonja mit Ihrem gewohnt freundlichen Gesichtsausdruck.

Henry legte den Kopf leicht zur linken Seite und setzte ein süffisantes Lächeln auf „Nun wenn wir das ganze nüchtern betrachten, haben wir zwei Orte wo wir mit unseren Ermittlungen ansetzen können. Da haben wir auf der einen Seite Harrersdorf im Niederösterreichischen Weinviertel wo es auch guten, veredelten Rebensaft zu genießen gibt, auf der anderen Seite haben wir Hlohovec in Tschechien mit einem, na sagen wir, männerfeindlichen Vergnügungslokal. So gesehen sind unsere Rollen schon im voraus ziemlich festgelegt.“

Sonja tat ganz entsetzt „Du willst mich wirklich in so ein schlimmes Lokal schicken, wo wahrscheinlich so ein professioneller Gigolo mit mir flirten und mich eng umschlungen auf der Tanzfläche herumschleifen wird?“

Mit ernster Mine entgegnete Ihr Henry „Glaub mir meine Liebe, wenn es nicht beruflich unabdingbar wäre, würde ich das mit allen Mitteln verhindern!“

Sonja seufzte „Na gut Beruf ist Beruf.“ Innerlich war Sie aber sehr gut gelaunt und dachte bei sich „Möglicherweise gibt es für uns zwei dann doch noch mehr als ein berufliches Zusammenspiel.“ „Zur Sicherheit nehme ich aber meine Freundin Renata mit, sozusagen ein paar Tage Mädels Urlaub. Außerdem ist Renata ausgebildete Kampf Sportlerin und eine derartige Begleitung mitzuhaben kann gar nicht verkehrt sein!“

Sonja glaubte in Henrys Gesichtsausdruck eine Erleichterung zu bemerken.

Henry war wirklich etwas erleichtert. Er kannte Renata zwar nicht besonders gut, aber er hatte schon die Gelegenheit Renata´s Kampfkünste bei zwei Wettbewerben zu erleben und war sich sicher, dass es eine ausgezeichnete Idee von Sonja war Renata mitzunehmen.

„Ich werde mir einmal dieses Harrersdorf genauer ansehen. Sonja kannst Du mir ein Zimmer in diesem Gasthof reservieren?“

„Ich habe da was viel besseres für Dich“, Sonja machte eine Pause und genoss seinen typischen Gesichtsausdruck mit dem fragenden Blick und den nach oben gezogenen Augenbrauen. „Ich habe herausgefunden, dass es in Harrersdorf vier, zu Wohnzwecken ausgebaute Presshäuser gibt. Diese Presshäuser, in denen früher Weintrauben gepresst und zu Wein weiterverarbeitet wurden, wurden vom örtlichen Weinbauverein umgebaut und revitalisiert, um schließlich an Touristen vermietet zu werden. Die Presshäuser haben auch noch intakte Kellerröhren und was Dich besonders freuen wird, gegen einen kleinen Aufpreis findest Du auch eine Auswahl der besten regionalen Weine im zugehörigen Weinkeller.“

„Klingt gut, kannst Du das für mich organisieren. Am besten ab nächster Woche den 2. April und da ich noch nicht genau abschätzen kann, wie lange ich brauche, mietest Du es gleich bis Ende September.“

„Ist schon so gut wie organisiert. Soviel mir bekannt ist, kann man sich den Schlüssel, unter Vorlage der Reservierungsbestätigung am Gemeindeamt abholen.“ Sonja machte sich eine kurze Notiz. „Ich habe aber noch eine Idee warum Du Dich länger in Harrersdorf aufhalten willst. Wie wäre es, wenn Du als Fotojournalist auftrittst, der an einen Bildband über das Weinviertel und die Weinverarbeitung arbeitet. So kannst Du allerhand lästige Fragen stellen, ohne dass es besonders auffällt. Ich habe schon einmal eine Homepage für Dein zweites Ich als Fotojournalist erstellt und die zugehörigen Visitenkarten kann ich übermorgen bekommen.“ Sonja lief gerade zu Ihrer Höchstform auf, wie jedes Mal, wenn Sie einen spannenden Fall übernahmen.

„In solchen Augenblicken bestätigst Du mir immer wieder die Richtigkeit der Entscheidung, mit Dir zusammen zu arbeiten.“ Henry schätzte den Scharfsinn von Sonja und wusste, dass er sich zu hundert Prozent auf Sonja verlassen konnte.

„Also ran an die Arbeit und ich werde Dich in der Zeit in Harrersdorf sehr vermissen.“ Gleichzeitig suchte er gedanklich schon vielerlei Gründe, warum Sonja auch zwischendurch ein paar Tage nach Harrersdorf kommen sollte.

„Na, so vermissen wirst Du mich wohl nicht, immerhin hast Du im Weinkeller ja vorzüglichen Wein, der Dich sicherlich trösten wird.“ Ihr Grinsen war nicht zu übersehen, während Sie in Ihr Büro entschwand.

Die nächsten drei Tage verbrachten die beiden mit intensiven Vorbereitungsarbeiten. Henry studierte die Akten der vermissten Frauen, während Sonja sich um die Reservierung, die Visitenkarten und all die anderen Kleinigkeiten, welche so ein Auftrag mit sich bringt, kümmerte.

Am Freitag um 14 Uhr trafen sich beide im Büro für eine letzte Besprechung. Sonja hatte alles perfekt vorbereitet und übergab Henry sämtliche Unterlagen samt schriftlicher Reservierungsbestätigung „Ich wünsche Dir viel Spass in Deinem Weinkeller.“ „Du musst den Schlüssel am Montagvormittag am Gemeindeamt in Harrersdorf abholen.“

Montag, 2. April, Henry machte einen Blick auf sein Navi. Noch 9 Kilometer bis Harrersdorf. Entspannt glitt er mit seinem Citroen DS dahin und genoss die sonnige Landschaft. Henry war klar, das dieses Auto viele Blicke auf sich zog und man dadurch leicht mit anderen Leuten in ein Gespräch kommen konnte, was ihm bei seinem Auftrag nur entgegenkam.

Wie er so seinen Gedanken nachhing, kam schon das Gemeindeamt in Sicht. Anders als in Wien gab es hier keine Parkplatzprobleme, was aber in einer 1000 Seelen Gemeinde auch nicht anders zu erwarten war, und so stellte er seinen Wagen direkt vor dem Gemeindeamt ab. Nachdem er ausgestiegen war, grüßten ihn zwei ältere Frauen, die direkt vor dem Hauseingang standen, freundlich. Kaum war er an ihnen vorbei, hörte er, wie eine der anderen leise zuraunte „Ein Wiener, weißt Du was der hier macht?“

Henry konnte sich ein Grinsen nicht verbeißen. Sein Aussehen musste für Gespräche sorgen. Drei Tage Bart, Sonnenbrille, Jeans, Hemd und ein Cowboy Mantel waren sicher nicht das gewohnte Bild in einer Ortschaft mit großteils bäuerlicher Bevölkerung.