Die Abbildung ist ein Faksimile der ersten Seite des Textes der Javáhiru’l-Asrár mit einer zusätzlichen Notiz in der Handschrift Bahá’u’lláhs.
IMPRESSUM
Übertragen aus dem Englischen
unter Heranziehung des arabischen Urtexts.
Englische Ausgabe: Gems of Divine Mysteries.
Javáhiru’l-Asrár, Haifa 2002
© The Universal House of Justice
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
© Bahá’í-Verlag GmbH
D–65719 Hofheim 2013 – 170
Books on Demand GmbH,
ISBN 978–3–87037–525–6
Titelnummer 001-028-02-S-DE
2. veränderte Auflage
VORWORT
Bahá’u’lláhs Exil im Irak begann unter schwierigen Bedingungen und am Tiefpunkt in der Entwicklung der Religion des Báb. Doch dieses Jahrzehnt war auch Zeuge, wie die geistigen Kräfte allmählich Gestalt annahmen und 1863 in der Verkündigung Seiner weltumspannenden Sendung einen ersten Höhepunkt erreichten. Im Laufe dreier Jahre gingen aus Bagdad „Wogen von Kraft aus, von Glanz und Ruhm, die den darniederliegenden, schwer angeschlagenen, verdunkelten und von Vergessen bedrohten Glauben unmerklich neu belebten. Aus dieser Stadt strahlten Tag und Nacht mit wachsender Energie die ersten Impulse einer Offenbarung, die an Tragweite, Wucht und Fülle wie an Umfang und Vielseitigkeit ihres Schrifttums die des Báb noch übertreffen sollte.“1
Zu den ersten Ausgießungen der Feder der Herrlichkeit zählt eine umfangreiche Epistel in arabischer Sprache, Javáhiru’l-Asrár, wörtlich die „Edelsteine“ oder „Essenzen“, das „Wesen“ der Geheimnisse. Einige der dort enthaltenen Themen werden auch in persischer Sprache behandelt, in den Sieben Tälern und im Buch der Gewissheit. Diese beiden Bücher, die jeweils in unterschiedlichem Stil offenbart wurden, nennt Shoghi Effendi die „größte mystische Dichtung“ Bahá’u’lláhs und dessen herausragendes theologisches Werk. Fraglos gehören die Edelsteine göttlicher Geheimnisse zu den „arabisch offenbarten Schriften“, auf die im Kitáb-i-Íqán Bezug genommen wird.
Eines der zentralen Themen des vorliegenden Textes ist die „Verwandlung“. Unter diesem Begriff wird die Wiederkunft des Verheißenen in neuem menschlichen Gewand verstanden. So schreibt Bahá’u’lláh in einer einleitenden Notiz über den ersten Zeilen des Originalmanuskripts:
„Diese Abhandlung richtet sich an einen Sucher, der fragte, wie denn der verheißene Mahdí in ‘Alí Muhammad (den Báb) habe verwandelt werden können. Diese Frage bot Gelegenheit, eine Reihe von Themen zu behandeln, die denen von Nutzen und Wert sind, die suchen, und auch denen, die gefunden haben – wolltet ihr doch mit dem Auge wahren Glaubens sehen.“
Der Sucher, auf den sich Bahá’u’lláh hier bezieht, war Siyyid Yúsuf-i-Sihdihí Isfahání, der zu dieser Zeit in Karbilá lebte. Ein Bote überbrachte seine Fragen, und Bahá’u’lláh offenbarte diese Tafel noch am selben Tag.
Weitere zentrale Themen werden im vorliegenden Werk ebenfalls erörtert: Der Grund für die Ablehnung der Propheten in vergangenen Tagen; die Gefahr der wörtlichen Interpretation der Schrift; die Bedeutung der Andeutungen und Zeichen in der Bibel, die sich auf das Kommen einer neuen Manifestation beziehen; die Kontinuität göttlicher Offenbarung; versteckte Hinweise auf die baldige Verkündigung der Offenbarung Bahá’u’lláhs; die symbolische Bedeutung von Begriffen wie „Tag des Gerichts“, „Auferstehung“, „in die göttliche Gegenwart gelangen“ wie auch „Leben und Tod“; die Stufen der geistigen Reise durch den „Garten der Suche“, über die „Stadt der Liebe und Verzükkung“, die „Stadt der göttlichen Einheit“, den „Garten des Staunens“, die „Stadt des völligen Vergehens“ und die „Stadt der Unvergänglichkeit“ zur „Stadt ohne Namen, für die es keine Beschreibung gibt“.
Die Publikation der Edelsteine göttlicher Geheimnisse ist eines der Projekte des Fünfjahresplans. Wie im April 2001 angekündigt, soll die Zahl der „Übersetzungen heiliger Texte ins Englische erhöht“ werden. Dieser Band wird dem westlichen Leser eine Zeit nahebringen, die noch voll ungeahnter Möglichkeiten war und die Shoghi Effendi „die Frühlingsjahre der prophetischen Amtszeit Bahá’u’lláhs“ nennt. Wer Bahá’u’lláhs Offenbarung studiert, wird durch diesen Text tiefere Einsicht in ihre allmähliche Entfaltung gewinnen.
Edelsteine göttlicher Geheimnisse
Die Reisen des mystischen Aufstiegs
für jene, die sich danach sehnen,
Gott, dem Allmächtigen,
dem Vergebenden, zu nahen –
selig die Rechtschaffenen, die von diesen
klaren Strömen trinken!
Er ist der Erhabene, der Höchste!
O Wanderer auf dem Pfad der Gerechtigkeit, der du auf das Antlitz der Gnade schaust! Dein Brief ist eingetroffen, Ich vernahm deine Frage und hörte die Weisen, die aus dem Innersten deines Herzens kamen. Daraufhin zogen die Wolken des göttlichen Willens auf, um den Regen der Weisheit auf dich zu ergießen und dich von allem erworbenen Wissen reinzuwaschen. Aus den Weiten der Widersprüche sollen ihre Wasser dich zum verborgenen Ort der Einzigkeit und zum Quell Seines heiligen Gesetzes führen. So trinke daraus, erquicke deinen Geist, lösche deinen Durst, und sei einer derer, die an diesem Tag durch das Licht Gottes rechtgeleitet werden.
Umringt von Hunden und Bestien aus allen Landen, halte Ich Mich nun verborgen im Geheimnis Meines innersten Seins. Verboten ward Mir, zu enthüllen, was Gott Mir von den Wundern Seines Wissens, den Edelsteinen Seiner Weisheit und den Zeichen Seiner Macht zuteil werden ließ. Dennoch will Ich den nicht enttäuschen, der vor dem Heiligtum der Größe steht, der wünscht, das Lager der Ewigkeit zu betreten, und den es verlangt, sich zur Stunde der Morgendämmerung des göttlichen Ratschlusses in die Himmel dieses neuen Befehls emporzuschwingen. So will Ich dir einiges von dem künden, was Gott Mir gewährt hat – doch nur, soweit es Geist und Verstand zu tragen vermögen, damit die Hasserfüllten kein Geschrei erheben und die Heuchler nicht ihr Banner hissen. Ich flehe zu Gott, Mir beizustehen, denn Er ist der Barmherzigste der Barmherzigen, und Er gibt dem, der Ihn bittet.
So wisse, dass du zunächst darüber nachdenken solltest, warum all die Völker auf Erden nicht an die Boten Gottes geglaubt haben, die Er ihnen in Seiner Macht gesandt hat, die Er erstehen ließ, um Seine Sache zu erhöhen, und die Er zu Lampen Seiner Urewigkeit in der Nische Seiner Einzigkeit machte. Was ist der Grund, dass sich die Menschen von Ihnen abkehrten, über Sie stritten, Sie anfeindeten und Sie bekämpften? Warum weigerten sie sich, Ihre Sendung und Souveränität anzuerkennen und erklärten Sie für Ungläubige, verfluchten und vertrieben Sie oder schlugen Sie gar tot?
O du, der du deinen Fuß in die Weiten der Erkenntnis gesetzt hast und in die Arche der Weisheit eingekehrt bist! Erst wenn du den verborgenen Sinn dessen, was Wir dir mitteilen, erkennst, kannst du hoffen, die Stufe des Glaubens zu erreichen und Gewissheit zu erlangen über die Sache Gottes, die Manifestationen Seines Befehls, die Aufgangsorte Seiner Gebote, die Schatzkammern Seiner Eingebung und die Speicher Seines Wissens. So dir dies nicht gelingt, wirst du dich bei denen finden, die sich weder für die Sache Gottes mühen noch den Duft des Glaubens aus den Gewändern der Gewissheit atmen, die weder die Höhen göttlicher Einheit erklommen noch die Stufen göttlicher Einzigkeit in den Verkörperungen des Lobpreises und den Edelsteinen der Heiligung erreicht haben.
Strebe daher, o Mein Bruder, nach der Erkenntnis dieser Stufe, damit die Schleier vom Angesicht deines Herzens gelüftet werden und du zu jenen gehörst, deren Blick Gott geschärft hat – auf dass du die tiefsten Wirklichkeiten des Reiches Seiner Herrschaft bezeugst, die Geheimnisse des Königreiches schaust, die Mysterien Seiner Wesenheit in der Welt hienieden wahrnimmst und die Stufe erreichst, die da heißt: „Du siehst keine Unterschiede in der Schöpfung des Allerbarmers“ und „keinen Mangel in der Schöpfung von Himmel und Erde.“3