Für Gaby, Nina, Niko und Nadine

Grundwissen Internetrecht

mit Schaubildern und Fallbeispielen

Prof. Dr. Volker M. Haug
Ministerialrat im Hochschuldienst
Leiter der Abteilung für Rechtswissenschaft
im Institut für Volkswirtschaftslehre und Recht
der Universität Stuttgart

3., überarbeitete Auflage

Verlag W. Kohlhammer

 

3. Auflage 2016

 

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

 

Print:

ISBN 978-3-17-029053-2

 

E-Book-Formate:

pdf: ISBN 978-3-17-029054-9

epub: ISBN 978-3-17-029055-6

mobi: ISBN 978-3-17-029056-3

 

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Vorwort

Das Internet ist nicht einfach ein Medium wie die Tageszeitung oder das Fernsehen, sondern es begleitet unseren Alltag auf Handys, Tablets, PCs und erfasst nahezu alle Lebensbereiche. Egal, ob man im sozialen Netzwerk mit Freunden kommuniziert, auf einer Vermarktungsplattform Einkäufe tätigt, bei einem Wiki-Auftritt Informationen recherchiert, mit Routenplanern oder Bahn-Apps Reisen vorbereitet, in der Cloud Daten verarbeitet oder speichert, Filme und Musiktitel streamt oder gar herunterlädt, Online-Spielangebote nutzt oder einfach ziellos umher surft – so gut wie alles, was man im Netz tut, hat rechtliche Auswirkungen oder stellt einen rechtlich relevanten Vorgang dar.

Dieses Buch wendet sich an alle, die darüber etwas wissen möchten. Dabei setzt es weder irgendwelche Rechtskenntnisse voraus, noch wendet es sich nur an „IT-Freaks“. In einer möglichst unjuristischen und verständlichen Sprache erklärt es rechtliche Hintergründe und Zusammenhänge von internetbezogenen Themen wie Provider, Contents, Domains, eCommerce oder eGovernment. Damit eignet es sich zum einen als Studienbuch für Studierende aller Fachrichtungen, die sich mit dem Internet beschäftigen. Dazu zählen nicht nur beispielsweise Informatik- oder Softwaretechnik-Studierende, sondern auch Studierende der Rechtswissenschaft mit entsprechenden Interessen oder Studienschwerpunkten. Zum anderen eignet es sich aber auch als Nachschlage- oder Informationsbuch für Internetpraktiker wie Blogger, Webmaster oder Forenbetreiber.

Die dritte Auflage entwickelt die bewährte Konzeption des Buches mit drei wesentlichen Innovationen weiter:

•  Neu sind nun 20 praxisbezogene Beispielfälle mit Lösungen, die Studierenden als Übung für Klausuraufgaben und anderen als Veranschaulichungsbeispiele dienen sollen.

•  Außerdem ist mir aus meiner mittlerweile über 20jährigen Lehrpraxis an der Universität Stuttgart gut bekannt, dass eine Grafik oft mehr leisten kann, als ein langer Text. Deshalb ist als zweite Weiterentwicklung die erhebliche Ausweitung der Grafiken, Tabellen und Schaubilder zu nennen, mit denen die mitunter komplexen Themen und Zusammenhänge besser verdeutlicht werden.

•  Schließlich wird das Buch für diejenigen, die den O-Ton der Gerichte nachlesen möchten, durch den Internetauftritt „www.grundwissen-internetrecht.de“ ergänzt. Dort finden Sie zahlreiche Urteilsauszüge, die nach der Gliederung des Buches geordnet sind.

Andere bewährte konzeptionelle Elemente wurden beibehalten:

•  Die prägnanten Zusammenfassungen am Ende eines jeweiligen thematischen Abschnitts („Summary“), um die zentralen Aussagen auf den Punkt zu bringen,

•  die Zusammenstellung von Legaldefinitionen (also gesetzlicher Originalbeschreibungen) von zahlreichen internetspezifischen Fachbegriffen im Anhang,

•  zahlreiche weiterführende Literaturhinweise in den Fußnoten zu Fachaufsätzen, wenn man ein bestimmtes Rechtsproblem vertiefend nachlesen möchte, und

•  ein ausführliches Stichwortverzeichnis, das das schnelle Auffinden konkreter Fundstellen im Buch zu bestimmten Problemen ermöglicht.

Aber natürlich bringt die dritte Auflage auch eine ganze Reihe inhaltlicher Aktualisierungen. Hierzu zählen die gewaltige Entwicklung sozialer Netzwerke, staatliche Überwachungsmaßnahmen vielfältiger Netzaktivitäten nicht zuletzt durch Nachrichtendienste, Fragen der Anschlussinhaberhaftung, neue Straftatbestände, Probleme beim Streaming, die Forderung nach einem „digitalen Radiergummi“, Klagen wegen der „auto-complete-Funktion“ bei Suchmaschinen, die neue Verbraucherrechterichtlinie der EU oder das E-Government-Gesetz des Bundes.

Bei den Arbeiten an der neuen Auflage habe ich viel Unterstützung bekommen. Mein besonderer Dank gilt Frau Rechtsreferendarin Julia Qualmann und den Herren Rechtsreferendaren Sven Krause und Christian Wilhelm für vielfältige Hinweise, Anmerkungen und Diskussionen. Mit praktischen Tipps haben mir auch die IT-Hilfskräfte meiner Abteilung, Per Guth und Tobias Hirning, geholfen. Außerdem danke ich meinem Sohn stud. iur. Niko Haug für seine kritische Beratung bei den Beispielfällen. Weiteren Dank statte ich meinem akademischen Mentor, Professor Dr. Siegfried F. Franke, Universität Stuttgart, ab, der mich vor vielen Jahren zur ersten Auflage inspiriert hat. Last but not least schließlich schulde ich dem Verlag W. Kohlhammer Dank für die freundliche Betreuung und die zügige Drucklegung.

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich einen größtmöglichen Verständniserfolg mit vielen „Aha-Erlebnissen“. Aber natürlich ist nichts so gut, dass es nicht noch besser werden könnte. Daher freue ich mich auf kritische oder lobende Anmerkungen, Rückmeldungen und Ratschläge per eMail an „haug@ivr.uni-stuttgart.de“.

Stuttgart, im November 2015
Volker M. Haug

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Summary-Verzeichnis

Verzeichnis der Schaubilder und Übersichten

Verzeichnis der Beispielfälle

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Kapitel 1:Einführung

1.1Das Internet als alltagsprägendes Massenmedium

1.2Das Internetrecht

1.2.1Keine rechtliche „Vogelfreiheit“ im Internet

1.2.2Struktur des Internetrechts

1.2.3Rechtsquellen des Internetrechts

1.2.4Perspektiven

1.2.5Summary „Internetrecht“

Kapitel 2:Grundlagen

2.1Recht der Informations- und Kommunikationsdienste (IuK)

2.1.1Unterscheidung von Telekommunikation, Telemedien und Rundfunk

2.1.2Recht der Telekommunikation

2.1.3Summary „Telekommunikationsrecht“

2.1.4Recht der Telemedien

2.1.5Summary „Telemedienrecht“

2.2Grundrechte

2.2.1Vorbemerkung zur Wirkung von Grundrechten

2.2.2Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG)

2.2.3Kommunikationsgrundrechte (Art. 5 Abs. 1, 2 GG)

2.2.4Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG)

2.2.5Berufs- und Eigentumsfreiheit (Art. 12, 14 GG)

2.2.6Internationale Perspektive

2.2.7Summary „Grundrechte“

Kapitel 3:Provider

3.1Providerdienstleistungen und ihre rechtliche Einordnung

3.1.1Provider-Arten

3.1.2Provider-Verträge

3.1.3Summary „Provider-Arten und -Verträge“

3.2Provider-Haftung

3.2.1Haftungsprivileg für Telemedien

3.2.2Haftung des Internetanschlussinhabers

3.2.3Internetsperren durch Zugangserschwerung

3.2.4Summary „Provider-Haftung“

3.3Datenschutzrecht für Provider

3.3.1Allgemeines Datenschutzrecht

3.3.2Besonderes Datenschutzrecht für Provider

3.3.3Einzelne Problemkreise

3.3.4Internationale Perspektive

3.3.5Reformbedarf und Perspektiven

3.3.6Summary „Datenschutzrecht“

Kapitel 4:Contents (Internetinhalte)

4.1Impressumspflicht

4.1.1Vorgaben der §§ 5 TMG, 55 RStV

4.1.2Anforderungen an die leichte Erkennbarkeit und unmittelbare Erreichbarkeit

4.1.3Wettbewerbsrechtliche Relevanz der Impressumspflicht

4.1.4Summary „Impressumspflicht“

4.2Urheberrecht

4.2.1Funktion und Anwendungsbereich des Urheberrechts

4.2.2Urheberrechte und -ansprüche

4.2.3Schranken der Urheberrechte

4.2.4Einzelne Problemkreise

4.2.5Internationale Perspektive

4.2.6Summary „Urheberrecht“

4.3Strafrecht

4.3.1Kommunikationsdelikte

4.3.2Schutz der Intim- und Privatsphäre

4.3.3IT-spezifische Straftatbestände

4.3.4Sonstige Straftatbestände, v. a. in einzelnen Fachgesetzen

4.3.5Ausgewählte Besonderheiten des Strafprozessrechts

4.3.6Internationale Perspektive

4.3.7Summary „Strafrecht“

4.4Jugendschutzrecht

4.4.1Jugendmedienschutz-Staatsvertrag

4.4.2Besondere Problemkreise

4.4.3Summary „Jugendschutzrecht“

4.5Social Media

4.5.1Begriff und Bedeutung

4.5.2Vertragliches Nutzungsverhältnis

4.5.3Haftung für usergenerated Content

4.5.4Virtuelles Hausrecht des Anbieters

4.5.5Bewertungsportale

4.5.6Summary „Social Media“

4.6Links

4.6.1Die rechtlichen Probleme verschiedener Linkformen

4.6.2Haftung für verlinkte Inhalte

4.6.3Pflichten von Suchmaschinen

4.6.4Summary „Links“

Kapitel 5:Domains

5.1Domains als Internet-Adressen

5.1.1Technische und rechtliche Einordnung

5.1.2Domain Name System

5.1.3Summary „Domains als Internetadressen“

5.2Domainvergabe

5.2.1ICANN als Hüterin des Domain Name Systems

5.2.2DENIC als Registrierungsstelle für „.de“-SLDs

5.2.3Perspektiven durch ENUM

5.2.4Vergabeverfahren bei DENIC

5.2.5Summary „Domainvergabe“

5.3Domainstreitigkeiten

5.3.1Namens- und Firmenrecht

5.3.2Kennzeichenrecht

5.3.3Anwendung des Namens- und Kennzeichenrechts auf Domainstreitigkeiten

5.3.4Sonstige Problemkreise zu Domainstreitigkeiten

5.3.5Mitstörerhaftung von DENIC

5.3.6Internationale Perspektive

5.3.7Summary „Domainstreitigkeiten“

Kapitel 6:eCommerce

6.1Vertragsschluss im Internet

6.1.1Elektronischer Vertragsschluss

6.1.2Internet-Auktionen

6.1.3Elektronische Signaturverfahren

6.1.4Internationale Perspektive

6.1.5Summary „Vertragsschluss im Internet“

6.2Verbraucherschutzrecht

6.2.1Grundsätze des Verbraucherschutzrechts

6.2.2Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

6.2.3Fernabsatzrecht, §§ 312c ff. BGB

6.2.4Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr, §§ 312i, 312j BGB

6.2.5Preisangabenrecht

6.2.6Summary „Verbraucherschutzrecht“

6.3Wettbewerbsrecht

6.3.1Stellung, Bedeutung und Anwendbarkeit des UWG

6.3.2Verbot unzulässiger geschäftlicher Handlungen

6.3.3Rechtsfolgen

6.3.4Internationale Perspektive

6.3.5Summary „Wettbewerbsrecht“

Kapitel 7:eGovernment

7.1eDemocracy

7.1.1Wahlen im Internet

7.1.2Politische Willensbildung

7.1.3Online-Petitionen

7.1.4Parteien im virtuellen Raum

7.1.5Summary „eDemocracy“

7.2eAdministration

7.2.1Grundfragen

7.2.2Elektronische Kommunikation im Verwaltungsverfahren

7.2.3Summary „eAdministration“

Anhang:Legaldefinitionen

Stichwortverzeichnis

Summary-Verzeichnis

Jeder Abschnitt wird mit einem zusammenfassenden Summary beendet, in dem die wesentlichen Kernaussagen wiederholt werden. Diese Summaries sind auch als erste Nachschlagestelle zu bestimmten Themen geeignet.

Internetrecht

Telekommunikationsrecht

Telemedienrecht

Grundrechte

Provider-Arten und -Verträge

Provider-Haftung

Datenschutzrecht

Impressumspflicht

Urheberrecht

Strafrecht

Jugendschutzrecht

Social Media

Links

Domains als Internetadressen

Domainvergabe

Domainstreitigkeiten

Vertragsschluss im Internet

Verbraucherschutzrecht

Wettbewerbsrecht

eDemocracy

eAdministration

Verzeichnis der Schaubilder und Übersichten

 1Medienbegriffe

 2Akzeptanzproblem rechtlicher Bindungen

 3Struktur des Internetrechts

 4Unionsrechtliche Vorgaben (Richtlinien)

 5Deutsche Rechtsquellen

 6Abgrenzung Telekommunikation/Telemedien/Rundfunk

 7Telemedienbegriffe

 8Allgemeines Persönlichkeitsrecht

 9Kommunikationsrichtungen

10Online-Archive

11Medienfreiheiten

12Grundrechtsschutz von eMails und Surfen

13Kommunikationsstufen

14Provider-Arten

15Provider-Verträge

16Haftungsfilter für Provider

17Haftungsprivilegien der Provider-Arten

18Anwendbarkeitsvoraussetzungen des BDSG

19Bestands-, Verkehrs- und Nutzungs-/Abrechnungsdaten

20Datenschutzrechtliche Spannungen im Netz

21Impressumspflicht

22Typische Urheberrechtskonstellation

23Urheberrechte

24File-Sharing

25Kommunikationsdelikte

26Spezifische IT-Straftaten

27Stufen der Angebote nach JMStV

28Provider-Typologie bei Foren/Netzwerken

29Störerhaftung bei usergenerated Content

30Bewertungsportale

31Rechtsprobleme verschiedener Linkformen

32(Klassische) Generische Top Level Domains

33Top Ten der Top Level Domains

34Aufbau einer Web-Adresse (URL)

35Legitimationsstränge im Domain Name System

36Interne Struktur von ICANN

37Interne Struktur von DENIC

38Akteure im Domainvertrag

39Domainvertrag und -inhaberschaft

40Grundsätze des Namens- und Kennzeichenrechts

41Fallgruppen der namens- und kennzeichenrechtlichen Domainstreitigkeiten

42Namens- und kennzeichenrechtliche Domain-Entscheidungen

43Domain-Entscheidungen in Gleichnamigkeitsfällen

44Kategorien des eCommerce

45Verantwortungsbereiche beim Zugang von eMails

46Anfechtung von Willenserklärungen

47Rangordnung der Formarten für Vertragsschlüsse

48Zertifizierung qualifizierter elektronischer Signaturen

49Mehrstufigkeit elektronischer Signaturen

50Zertifizierungshaftung

51Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis

52Wirksamkeitshürden für AGBs

53Fernabsatzvertrag und Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr

54Schutzrichtungen des Lauterkeitsrechts

55Zulässigkeit von Telefon-, Fax- und eMail-Werbung

56Unterscheidungen beim eGovernment

57Verfahren bei ePetitionsformen

58Rangordnung der Formarten für elektronische Verwaltungsakte

Verzeichnis der Beispielfälle

 1Indiskretionen im Internet (Persönlichkeitsrecht)

 2Internetauftritte mit Folgen (Provider-Haftung)

 3Gefällt mir gar nicht (Datenschutz)

 4Tausch mit Trouble (Urheberrecht)

 5Abgelenkte Abiturienten (Strafrecht)

 6Rigoroses Regiment (Virtuelles Hausrecht)

 7Bundesliga-Bashing (Bewertungsportale)

 8Legale Links? (Link-Haftung)

 9Empfindliche Ehegattin (Suchmaschinenhaftung)

10Gutes Geschäftsmodell? (Gattungsdomains)

11David und Goliath (Gleichnamigkeit im Domainrecht)

12Branchenübergreifender Domaindisput (Domainstreit)

13Schlaues Schnäppchen (Elektronischer Vertragsschluss)

14Smartphone im See (Identitätsdiebstahl)

15Star schlägt Server (Vertragsschluss bei Online-Auktionen)

16Schwieriger Schreibtisch (Gewährleistung)

17Nachlässigkeit beim Namen (Wirksamkeit von AGBs)

18Kaputter Kreisel (Widerruf beim Fernabsatzvertrag)

19Zoff um Zubehör (Wettbewerbsrecht)

20Digitale Demo (Online-Demo)

Literaturverzeichnis

Dreier, Thomas/Schulze, Gernot, Urheberrechtsgesetz, 4. Aufl. 2013.

Engels, Rainer, Patent-, Marken- und Urheberrecht, 9. Aufl. 2015 (zit. PMU-Recht).

Fechner, Frank, Medienrecht, 16. Aufl. 2015.

Fischer, Thomas, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 59. Aufl. 2012.

Gercke, Marco/Brunst, Philip W., Praxishandbuch Internetstrafrecht, 2009.

Gersdorf, Hubertus/Paal, Boris P. (Hrsg.), Informations- und Medienrecht, 2014.

Haug, Volker M., Öffentliches Recht für den Bachelor, 2014.

Heckmann, Dirk, Internetrecht – juris PraxisKommentar, 4. Aufl. 2014.

Heintschel-Heinegg, Bernd von (Hrsg.), BeckOK StGB, 26. Ed. Feb. 2015.

Hoeren, Thomas, Internet- und Kommunikationsrecht – Praxislehrbuch, 2. Aufl. 2012.

Jänich, Volker Michael/Eichelberger, Jan, Urheber- und Designrecht, 2012.

Kaiser, Robert, Bürger und Staat im virtuellen Raum – E-Government in deutscher und internationaler Perspektive, in: Siedschlag, Alexander/Bilgeri, Alexander/Lamatsch, Dorothea, Kursbuch Internet und Politik, Band 1/2001, Elektronische Demokratie und virtuelles Regieren, 2001, S. 57.

Köhler, Markus/Arndt, Hans-Wolfgang/Fetzer, Thomas, Recht des Internet, 7. Aufl. 2011.

Köhler, Helmut/Bornkamm, Joachim, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 33. Aufl. 2015.

Krimphove, Dieter, Werberecht, 2011.

Leupold, Andreas u. a. (Hrsg.), Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht, 2. Aufl. 2011.

Maunz, Theodor/Dürig, Günter (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 72. Ergänzungslieferung, Stand: Juli 2014.

v. Münch, Ingo/Kunig, Philip (Hrsg.), Grundgesetzkommentar, Band 2 (Art. 70–146 GG), 6. Aufl. 2012.

Ohly, Ansgar, Urheberrecht in der digitalen Welt – Brauchen wir neue Regelungen zum Urheberrecht und dessen Durchsetzung?, 2014.

Palandt, Otto (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl. 2014.

Peters, Butz, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, 2010.

Pieroth, Bodo/Schlink, Bernhard/Kingreen, Thorsten/Poscher, Ralf, Grundrechte – Staatsrecht II, 30. Aufl. 2014.

Reitze, Helmut, Wer wird Kanzler in de.land? – Wie das Internet die Politik verändert, in: Siedschlag, Alexander/Bilgeri, Alexander/Lamatsch, Dorothea, Kursbuch Internet und Politik, Band 1/2001, Elektronische Demokratie und virtuelles Regieren, 2001, S. 21.

Rittner, Fritz/Dreher, Meinrad/Kulka, Michael, Wettbewerbs- und Kartellrecht, 8. Aufl. 2014.

Schwartmann, Rolf (Hrsg.), Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht, 3. Aufl. 2014.

Sievers, Malte, Der Schutz der Kommunikation im Internet durch Art. 10 des Grundgesetzes, 2003.

Strömer, Tobias H., Online-Recht, 4. Aufl. 2006.

Steckler, Brunhilde, Grundzüge des IT-Rechts, 3. Aufl. 2011.

Abkürzungsverzeichnis

   
a2a administration to administration
a2b administration to business
a2c administration to consumer
a. A. anderer Ansicht
AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
a. F. alte Fassung
AG Amtsgericht
AGBs Allgemeine Geschäftsbedingungen
ALAC At Large Advisory Committee (ICANN)
APNIC Asia Pacific Network Information Centre
APR Allgemeines Persönlichkeitsrecht
ARIN American Registry for Internet Numbers
ASCII American Standard Code for Information Interchange
   
b2b business to business
b2c business to consumer
BayPAG Bayrisches Polizeiaufgabengesetz
BDSG Bundesdatenschutzgesetz
Bekl. Beklagte(r)
BetrVG Betriebsverfassungsgesetz
BGB Bürgerliches Gesetzbuch
BGB-InfoV Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht
BGG Behindertengleichstellungsgesetz
BGH Bundesgerichtshof
BITV Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung
BKA Bundeskriminalamt
BKAG Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten
BMJ Bundesministerium der Justiz
BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
BNetzA Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen
BR-Drs. Bundesratsdrucksache
BSI Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
BT-Drs. Bundestagsdrucksache
BWahlG Bundeswahlgesetz
   
CCC Chaos Computer Club
ccTLD country code Top Level Domain
CR Computer und Recht
DDB DENIC-Domainbedingungen
DDRL DENIC-Domainrichtlinien
DENIC Deutsches Network Information Center eG
DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft
DJT Deutscher Juristentag e. V.
DNS Domain Name System
DoS Denial-of-Service
   
EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
EGovG E-Government-Gesetz
EMRK Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
ENUM Electronic Numbering/Telephone Number URI Mapping
EUV Vertrag über die Europäische Union
   
FISA Foreign Intelligence Surveillance Act 1978 (Amendments Act 2008)
   
GAC Governmental Advisory Committee (ICANN)
GewO Gewerbeordnung
GG Grundgesetz
GlüStV Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag)
GRCh Charta der Grundrechte der Europäischen Union
GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Fachzeitschrift)
gTLD generic Top Level Domain
   
HGB Handelsgesetzbuch
h. M. herrschende Meinung
Hrsg. Herausgeber
html hypertext markup language
http hypertext transfer protocol
https hypertext transfer protocol secure
   
IANA Internet Assigned Numbers Authority
ICANN Internet-Corporation for Assigned Names and Numbers
IDN Internationalized Domain Name
i. d. R. in der Regel
i. Erg. im Ergebnis
IETF Internet Engineering Task Force
IGF Internet Governance Forum (ICANN)
InfoSocRL Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft
INTA International Trademark Organization
InterNIC International Network Information Center
IP Internet Protocol
ISOC Internet Society
i. S. v. im Sinne von
ITU International Telecommunication Union
IuK Informations- und Kommunikationsdienste
   
JMStV Jugendmedienschutz-Staatsvertrag
JuSchG Jugendschutzgesetz
JZ Juristenzeitung
   
KG Kammergericht (das nur in Berlin existiert und dort die Funktion des OLG wahrnimmt)
KJM Kommission für Jugendmedienschutz (§ 14 JMStV)
Kl. Kläger(in)
   
LAN Local Area Networks
LG Landgericht
LPrG BW Landespressegesetz Baden-Württemberg
LT-Drs. Landtagsdrucksache
LTO Legal Tribune Online
   
MarkenG Markengesetz
MDStV Mediendienste-Staatsvertrag
MMR MultiMedia und Recht
m. w. N. mit weiteren Nachweisen
   
n. F. neue Fassung
ngTLD new generic Top Level Domain
NJOZ Neue Juristische Online-Zeitschrift
NJW Neue Juristische Wochenschrift
NSI Network Solutions Inc.
   
OLG Oberlandesgericht
   
p2p peer-to-peer
PAngV Preisangabenverordnung
PartG Parteiengesetz
   
RBÜ Revidierte Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst
RegTP Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post
RFC Request for Comments
RIPE NCC Réseaux IP Européen Network Coordination Centre
RL Richtlinie (als Rechtsakt der Europäischen Union)
RLöP Richtlinie für die Behandlung von öffentlichen Petitionen
Rn. Randnummer
RStV Rundfunkstaatsvertrag
RUDRP Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy
RVG Rechtsanwaltsvergütungsgesetz
   
SigG Signaturgesetz
SigV Signaturverordnung
SLD Second Level Domain
s. o. siehe oben
StGB Strafgesetzbuch
str. streitig
StrÄndG Strafrechtsänderungsgesetz
s. u. siehe unten
   
TDG Teledienstegesetz
TKG Telekommunikationsgesetz
TLD Top Level Domain
TMG Telemediengesetz
TRIPS Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums
   
UDRP Uniform Domain-Name Dispute-Resolution Policy
UKlaG Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen
UrhG Urheberrechtsgesetz
URL Uniform Ressource Locator (Internetadresse)
UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
   
v. a. vor allem
VoIP Voice over Internet Protocol (Sprachtelefonie via Internet)
VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz
   
WCT WIPO-Urheberrechtsvertrag
WIPO World Intellectual Property Organization
WiStG Wirtschaftsstrafgesetz 1954
WLAN Wireless Local Area Network (drahtlose lokale Netzwerke)
WUA Welturheberrechtsabkommen
   
ZG Zeitschrift für Gesetzgebung
ZKDSG Zugangskontrolldiensteschutzgesetz
ZPO Zivilprozessordnung
ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik
ZSKG Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz)
ZugErschwG Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornografischen Inhalten in Kommunikationsnetzen (Zugangserschwerungsgesetz)
ZUM Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht

Kapitel 1:Einführung

1.1Das Internet als alltagsprägendes Massenmedium

1Im Zentrum des allgemeinen Medienbegriffs steht die Vermittlerfunktion: Medien zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie zwischen Menschen Informationen, Nachrichten und Meinungen vermitteln. Die Einteilung der verschiedenen Formen von Medien bewegt sich zwischen den Polen klassische/digitale Medien und Massen-/Individualmedien. Unter den Klassischen Medien werden die schon seit langem vorhandenen Vermittlungsformen verstanden, während mit den Digitalen Medien die vielfältigen Erscheinungsformen des Internets bezeichnet werden. Massenmedien wiederum zeichnen sich dadurch aus, dass sich eine Person oder Personengruppe an eine nicht mehr überschau- oder begrenzbare Personenmasse wendet, während über Individualmedien einzelne Personen oder bestimmbare Personengruppen miteinander kommunizieren:1

Übersicht 1: Medienbegriffe

2Die digitalen Medien durchbrechen in zwei zentralen Punkten die bei klassischen Medien geltenden Grenzen:

•  Interaktivität: Bei den digitalen Medien verlieren sich die Grenzen zwischen Massen- und Individualmedien. So ist beispielsweise ein Forum oder ein Portal, das weltweit von jedem User eingesehen werden kann, ein Massenmedium, das in dem Moment zum Individualmedium wird, in dem der User mitpostet. Im interaktiven „Mitmach-Web“ wird die „klassische mediale Einbahnstraße“ von Sendern zu Empfängern überwunden,2 weshalb die User auch als „Prosumer“ – also Produzent und Konsument in einer Person – bezeichnet werden.

•  Internationalität: Gleichzeitig zeichnen sich die digitalen Medien durch eine absolute und grenzenlose Internationalität aus, womit auch Probleme der erschwerten Kontrolle und Rechtsverfolgung verbunden sind.

3Das Internet ist jedoch noch mehr als „nur“ ein Massen- oder Individualmedium zu Kommunikationszwecken. Es prägt den Alltag und das Leben der Menschen in vielfacher Hinsicht. Dadurch verfügt es über eine enorme ökonomische, gesellschaftliche, politische und schließlich auch rechtliche Bedeutung. Deshalb hat inzwischen der Bundesgerichtshof die besondere Querschnittsbedeutung des Internets anerkannt, indem er den Ausfall des Internetzugangs als ersatzfähigen Vermögensschaden eingestuft hat.3 In der Begründung dazu heißt es wörtlich:

„Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit […] auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist und bei dem sich eine Funktionsstörung als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. […] Damit hat sich das Internet zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht. Die Unterbrechung des Internetzugangs hat typischerweise Auswirkungen, die in ihrer Intensität mit dem Fortfall der Möglichkeit, ein Kraftfahrzeug zu nutzen, ohne Weiteres vergleichbar sind.“4

4Es ist daher nur konsequent, das Internet auch als „kritische Infrastruktur“ anzusehen. Darunter versteht man „Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen […], bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung erhebliche Versorgungsengpässe bis hin zu Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten können“.5 Da wesentliche Bereiche sowohl des privaten als auch des öffentlichen Lebens ohne Internet nicht mehr (hinreichend) funktionsfähig sind – wie z. B. die Energieversorgung, der Verkehrs- und der Finanzsektor sowie die Arbeit von Medien, Bildungseinrichtungen und Forschungsinstitutionen –, trifft diese Definition auch auf das Internet zu.6 Dem trägt angesichts der Bedrohung durch „Cyber-Attacken“ auf öffentliche und private Institutionen auch der Gesetzgeber Rechnung. So liegen sowohl ein Vorschlag für eine EU-Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit als auch ein jüngst in Kraft getretenes IT-Sicherheitsgesetz des Bundes vor, die ebenfalls mit dem Begriff der kritischen Infrastruktur arbeiten.7

1.2Das Internetrecht

1.2.1Keine rechtliche „Vogelfreiheit“ im Internet

5Das Internet stellt die Rechtsordnung(en) vor besondere Herausforderungen. Dies gilt in erster Linie für seine Internationalität, die bei den nationalen Einzel-Rechtsordnungen zu einem hohen Defizit der Rechtsdurchsetzung führt. So sind beispielsweise die deutschen Behörden weitgehend machtlos, wenn auf einem amerikanischen Server Nazi-Verherrlichungen angeboten werden.8 Hinzu kommt die rasante technische Entwicklung der elektronischen Kommunikationsformen (wer kannte vor einigen Jahren „WhatsApp“?). Viele Erscheinungsformen sind derart neuartig, dass sie mit dem vorhandenen rechtlichen Instrumentarium allenfalls unzureichend erfasst werden können. Deshalb sind Gesetzgeber und Rechtsprechung häufig erst als Reaktion hierauf tätig geworden, was meist mit erheblichen zeitlichen Verzögerungen verbunden ist. 9

6Diese faktischen Durch- und Umsetzungsprobleme haben schon bei manchen Angehörigen der Internetgemeinde den (irrigen!) Eindruck verursacht, das Internet genieße eine gewisse rechtliche „Vogelfreiheit“. Auch ist die Akzeptanz rechtlicher Regeln im Internet unterentwickelt, weil sich das freiheitliche Lebensgefühl vieler User mit rechtlichen Bindungen nicht verträgt und technisch vieles möglich ist, was rechtlich unzulässig ist – nach dem Grundsatz: „Technik vor Recht“.10 Aber diese rechtlichen Bindungen sind ja kein Selbstzweck, sondern dienen – wie das gesamte Recht – zentralen Schutzbedürfnissen in der Gesellschaft: dem Persönlichkeitsschutz, dem Jugendschutz, dem Datenschutz, dem Verbraucherschutz etc.

7

Übersicht 2: Akzeptanzproblem rechtlicher Bindungen

8Denn gerade im Internet stellen sich viele rechtliche Probleme – um nur ein paar Probleme beispielhaft zu nennen:11

•  Die nahezu spurenlose Veränderbarkeit von Inhalten steht in einem Konflikt zur Verlässlichkeit von Dokumenten und zur Beweissicherung.

•  Die Unterschiedslosigkeit von Original und Kopie führt zu urheberrechtlichen Problemen.

•  Die (relativ hohe) Anonymität im Netz erschwert eine zuverlässige Identifizierung etwa von Vertragspartnern.

•  Die Schnelligkeit der interaktiven Kommunikation kürzt natürliche Bedenkzeiten beispielsweise beim Abschluss von Verträgen erheblich ab, was eine besondere Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers zur Folge hat.

9Der im Internet weit verbreitete und populäre Ansatz der Selbstregulierung kann diese Problemstellungen nicht umfassend lösen (vgl. z. B. die Netiquette gem. RFC 1855). Sowohl die Legitimität als auch die Allgemeinverbindlichkeit sind bei demokratisch gesetztem Recht wesentlich höher. Den im Konfliktfall erforderlichen Kontroll- und Zwangsmechanismen kommen dann – wegen der Unterstützung durch das öffentliche Gewaltmonopol – eine entsprechend höhere Wirksamkeit zu. Auch Individual- und Minderheitenrechte sind dann besser geschützt; gerade im Internet darf es kein „Recht des Stärkeren“ geben.12 Deshalb kann es in einer geordneten Zivilisationskultur keine „weißen Flecken“ auf der rechtlichen Landkarte geben. Der Geltungsanspruch des Rechts erfasst auch das Internet, was mit der wachsenden Ausformung der Rechtsgrundlagen und der sich verdichtenden Rechtsprechung zunehmend deutlicher geworden ist.

10Inzwischen kann das Internetrecht als einigermaßen ausgeformt gelten. Die wichtigen Rechtsgrundlagen sind geschaffen, und die Novellierungsdichte hat in den letzten Jahren abgenommen. Soweit der Gesetzgeber noch Veränderungen vornimmt, betreffen diese – meist in verschärfender Weise – Einzelfragen (wie etwa die Button-Lösung beim elektronischen Vertragsschluss – s. u., Rn. 667). Zugleich sind inzwischen viele grundsätzliche Streitfragen zu allen Bereichen des Internetrechts durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs – teilweise sogar des Bundesverfassungsgerichts oder des EuGH – höchstrichterlich geklärt. Auch wenn wegen der unverändert hohen Innovationskraft der Informations- und Kommunikationstechnik ständig neue Fragen auftreten, hat das Internetrecht schon seit einigen Jahren nicht mehr den fragmentarisch-tastenden Charakter wie zur Jahrtausendwende.

1.2.2Struktur des Internetrechts

11Das Internetrecht ist kein eigenes, in sich abgeschlossenes Rechtsgebiet. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat sich auch (noch) keine allgemein anerkannte Strukturierung des Internetrechts durchgesetzt. Ich unterscheide hier zwischen Querschnittsthemen und den einzelnen internetspezifischen Fachthemen. Während zu den Querschnittsthemen die online-spezifischen Regelungen für Telekommunikation und Telemedien sowie die Grundrechte zählen, umfassen die Fachthemen das Providing, die Internet-Inhalte (Contents) einschließlich Social Media und Links, Domains, eCommerce und eGovernment. Bei diesen Fachthemen kommen die verschiedenen „tradierten“ (also unabhängig vom Internet entstanden) Rechtsgebiete in unterschiedlicher Form zum Tragen, so etwa das Vertrags- und Haftungsrecht bei Providern oder das Namens- und Markenrecht bei Domains. Die nachfolgende Übersicht verdeutlicht diese Struktur:

12

Übersicht 3: Struktur des Internetrechts

13Somit kann eine systematische Darstellung des Internetrechts entweder anhand der einzelnen Rechtsgebiete oder aber anhand der Internetthemen aufgebaut werden. Ich habe mich für Letzteres entschieden, weil sich das Buch nicht an juristische Profis (die in der Struktur von Rechtsgebieten denken) wendet, sondern an Studierende und Praktiker verschiedenster fachlicher Hintergründe, die das Interesse am Internet eint. Deshalb ist dieses Buch eng an den Internet­themen orientiert (Kap. 3–7). In einem vorangestellten Grundlagenkapitel (Kap. 2) werden die Querschnittsthemen (also die onlinespezifischen Regelungen für Telekommunikation und Telemedien sowie die einschlägigen Grundrechte) behandelt.

1.2.3Rechtsquellen des Internetrechts

14Das Internetrecht ist sowohl in seinen Querschnittsthemen als auch bei seinen Fachthemen weitgehend durch europäische Vorgaben geprägt. Gerade für ein so grenzüberschreitendes Phänomen wie das Internet ist diese relativ starke europäische Rechtsharmonisierung äußerst sinnvoll. Dies erfolgt in aller Regel dadurch, dass der EU-Gesetzgeber Richtlinien erlässt, die sich nicht unmittelbar an den einzelnen Bürger, sondern an die einzelnen Mitgliedstaaten der EU richten; diesen obliegt dann die Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht, wobei die Richtlinien häufig nur Mindeststandards vorsehen, über die die nationalen Gesetzgeber hinausgehen dürfen.13

15Die nachfolgende Zusammenstellung macht dies für die einzelnen Rechtsgebiete deutlich, indem jeweils dazu die bestimmenden EU-Richtlinien genannt werden. Hinzu kommt außerdem die Europäische Grundrechte-Charta, die stets bei der Umsetzung europäischen Unionsrechts (auch durch die Nationalstaaten) zu beachten ist (Art. 51 Abs. 1 GRCh).14

Übersicht 4: Unionsrechtliche Vorgaben (Richtlinien)

Telekommunikationsrecht

Telekommunikations-Richtlinienpaket15

– Rahmen-RL (RL 2002/21/EG)

– Genehmigungs-RL (RL 2002/20/EG)
– Zugangs-RL (RL 2002/19/EG)
– Universaldienst-RL (RL 2002/22/EG)
– EK-Datenschutz-RL (RL 2002/58/EG)

Recht des elektronischen Geschäftsverkehrs

eCommerce-RL (RL 2000/31/EG)

Verbraucherrechte-RL (RL 2011/83/EU)

eGeld-RL (RL 2009/110/EG)

Recht der elektronischen Signatur

Signatur-RL (RL 1999/93/EG)

Fernabsatzrecht

Fernabsatz-RL (RL 1997/7/EG)

Datenschutzrecht16

Datenschutz-RL (RL 1995/46/EG)

Telekommunikations-Datenschutz-RL (RL 1997/66/EG)

EK-Datenschutz-RL (RL 2002/58/EG)

Urheberrecht

Urheberrechts-RL (RL 2001/29/EG)

Enforcement-RL zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigen­tums (RL 2004/48/EG)

Verwaltungsrecht

Dienstleistungs-RL (RL 2006/123/EG)

16Auf nationaler Ebene sind – teilweise in Umsetzung der genannten EU-Richtlinien – folgende Normen für das Internet besonders relevant:

Übersicht 5: Deutsche Rechtsquellen

Telekommunikationsrecht

Telekommunikationsgesetz (TKG)

Telemedienrecht

Telemediengesetz (TMG)

Rundfunkstaatsvertrag (RStV)

Zugangskontrolldiensteschutzgesetz (ZKDSG)

Grundrechte

Grundgesetz (GG, dort v. a. Art. 1–19)

Zivilrecht

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-InfoV)

Signaturgesetz (SigG)

Signaturverordnung (SigV)

Wettbewerbsrecht

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Urheberrecht

Urheberrechtsgesetz (UrhG)

Marken- und Kennzeichenrecht

Markengesetz (MarkenG)

Verbraucherschutzrecht

TKG, §§ 43a ff. und §§ 66 ff.

Preisangabenverordnung (PAngV)

BGB, v. a. §§ 305 ff. (AGB-Recht) und §§ 312 ff. (Fernabsatz/elektronischer Geschäftsverkehr)

Datenschutzrecht

Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)

TKG, §§ 91 ff.

Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV)

TMG, §§ 11 ff.

Jugendschutzrecht

Jugendschutzgesetz (JuSchG)

Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV)

Strafrecht

Strafgesetzbuch (StGB) und Strafbestimmungen im UWG, UrhG, MarkenG, JuSchG, JMStV

17Darüber hinaus sei auf folgende Rechtsquellen des internationalen Rechts, die alle das Urheberrecht betreffen, hingewiesen:

•  (Revidierte) Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (RBÜ)

•  Welturheberrechtsabkommen (WUA)

•  Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS)

•  WIPO-Urheberrechtsvertrag (WCT)

1.2.4Perspektiven

18Eine wesentliche Zukunftsperspektive betrifft (zunächst) das nationale Recht. So hat sich der Deutsche Juristentag e. V. (DJT) bei seiner Tagung 2002 mit der Frage beschäftigt, ob angesichts des Zusammenwachsens von klassischen und neuen Medien ein gemeinsamer rechtlicher Rahmen angestrebt werden soll. Dafür sprechen zunehmende Zwischen-Erscheinungsformen wie z. B. das TV-Shopping, das Telefonieren über Internet (Voice over IP, z. B. Skype)17 oder das Live-Streaming von Fernsehsendungen über das Internet, die zu wachsenden Abgrenzungsproblemen in der bisherigen Medienordnung führen.18 Auch das Domain Name System (DNS) und das Rufnummernsystem sind konvergenzfähig und wachsen im ENUM-System zusammen (s. u., Rn. 473 ff.).

19Noch allerdings sind die einzelnen Medienfelder teilweise erheblich unterschiedlich reguliert. Dies fängt bei den Rechtsgrundlagen an und hört bei der ausdifferenzierten Rechtsprechung noch nicht auf.19 Bislang ist die Zeit für eine Zusammenführung der verschiedenen Medien in einen gemeinsamen Rechtsrahmen noch nicht reif, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass die faktische (technische) Konvergenz der Medien in der Breite noch nicht weit fortgeschritten ist. Doch wird sich die Rechtsordnung – schon zur Wahrung ihrer für die Rechtsdurchsetzung nötigen breiten Akzeptanz – von dieser tatsächlichen Entwicklung nicht abkoppeln können. Umso stärker die Zwischen- und Mischformen werden, desto stärker wird der Druck zur rechtlichen Zusammenführung. Das Ziel ist also richtig, auch wenn der Weg noch weit ist.

20Wegen der internationalen Dimension des Internets und den damit verbundenen rechtlichen Durchsetzungsproblemen (s. o., Rn. 5) wird neben der Konvergenzfrage über die Perspektiven und die Notwendigkeit eines möglichst globalen – also weltweit einheitlichen – Internetrechts diskutiert.20 In der Tat legen die individuellen Schutzbedürfnisse (Sicherheit, Jugendschutz, Datenschutz, Verbraucherschutz, Urheberschutz) und die hohe gesellschaftspolitische Bedeutung von Informationszugang eine Notwendigkeit zu allgemein verbindlichen und grenzüberschreitenden Regelungen nahe. Für ein globales Internet-Recht spricht auch der Umstand, dass die User nicht über hundert einzelne und häufig divergierende Nationalrechtsordnungen im Blick haben können. Doch würde dies einen internationalen Konsens sowohl über die Notwendigkeit zur Schaffung einer globalen Internet-Rechtsordnung wie über deren Inhalte voraussetzen. Die erheblichen kulturellen und politischen Gesellschaftsunterschiede, die nicht deckungsgleichen Einstellungen zu freiem Informationszugang und damit zum Medium Internet in den einzelnen Staatsordnungen und schließlich die tradierten Unterschiede der nationalen Rechtsordnungen lassen die Erreichbarkeit dieses doppelten Konsenses noch sehr fernliegend erscheinen. Der Weg dorthin kann allenfalls schrittweise über Verständigungen auf einheitliche Mindest­standards in einzelnen Bereichen führen.21 Beispielhaft wäre hier die Cybercrime-Konvention (s. u., Rn. 308 ff.) zu nennen. Auch im Telekommunikationsrecht ist eine zunehmende Entwicklung zu Konvergenz und Mindestharmonisierung festzustellen; so wäre etwa die Ausweitung des Mandats der International Telecommunication Union (ITU) – eine UN-Sonderorganisation zur Setzung internationaler Telekommunikationsstandards – denkbar.22

1.2.5Summary „Internetrecht“

211.  Das Internet ist ein Massen- und Individualmedium. Die Grenzen zwischen Anbietern und Nutzern („Prosumer“) verlieren ebenso an Bedeutung wie die Unterscheidung zu den Klassischen Medien.

2.  Das Internet unterliegt – wie alle gesellschaftlichen Erscheinungsformen und Phänomene – der Rechtsordnung. Allerdings erschweren die Internationalität und das hohe Tempo der technischen Entwicklung die Rechtsdurchsetzung im Internet.

3.  Das Internetrecht ist kein eigenständiges Rechtsgebiet. Es gibt zwar einige „online-spezifische“ Regelungen (v. a. TKG, TMG), aber die meisten der im Internet auftretenden Rechtsfragen gehören zu den klassischen Rechtsgebieten, die dann unter dem besonderen „Internet-Blickwinkel“ betrachtet werden.

4.  Das Internetrecht ist ganz erheblich europarechtlich determiniert. Dies garantiert zumindest EU-weit ein gewisses Maß an rechtlicher Übereinstimmung. Ein globales Internetrecht jedoch ist wegen erheblicher Rechts- und Kulturunterschiede allenfalls ferne Zukunftsmusik.