Reihe: Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, Band 38
Hrsg. von Claus Bernet
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© 2016 (Erstauflage), Claus Bernet.
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Berlin, 15. August 2016 (2. Auflage)
Edition Graugans, Berlin
Herstellung und Verlag: Bod - Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7386-8096-6
GG Wissenschaft ist ein Imprint der Edition Graugans, Berlin
Die Beatushandschriften sind ein eigener Kosmos in der Welt der Apokalypsen. Sie sind eine in sich abgeschlossene, eigenständige Gruppe mit klaren Merkmalen. Beatus-Apokalypsen, auch Beatus-Handschriften oder kurz Beatus genannt, sind illuminierte Handschriften eines Beatus von Liébana zugeschriebenen Apokalypse-Kommentars, der Ende des 8. Jahrhunderts im spanischen Königreich Asturien im Kloster San Martin de Turieno im Tal von Liébana entstand, als man dort und anderswo das Ende der Welt erwartete. Die meisten der heute 26 bekannten Beatus-Handschriften wurden zwischen dem letzten Viertel des 8. und dem 12. Jahrhundert in Nordspanien angefertigt. Der bereits illustrierte Archetypus und seine ersten Kopien gelten allerdings als verloren.
In den isoliert gelegenen Königreichen Spaniens haben sich Kunstformen entwickelt, die sich von den übrigen europäischen Kunststilen deutlich unterscheiden lassen. Teilweise gehen sie bis auf die Antike zurück, gemischt mit Einflüssen aus dem benachbarten Frankenreich und vor allem aus dem arabisch-islamischen Raum, vermittelt durch mozarabische Einwanderer.
Bei der Abbildung zum Himmlischen Jerusalem ist der mozarabische Einfluss vornehmlich der arabische Rundbogen der zwölf Tore. Auch der weitestgehende Verzicht auf Personendarstellungen und die „Begrünung“ des Zentrums mit typisch arabischen Blumenornamenten gehen auf islamische Vorlagen zurück. Insgesamt finden sich mangelnde Naturtreue und eine extreme Stilisierung: Berge sind beispielsweise als einfache geometrische Figuren dargestellt, oft nur simple, mit dem Zirkel gezeichnete Halbkreise. Jede Räumlichkeit fehlt, die Darstellungen sind zweidimensional, was man bei den Mauern des Himmlischen Jerusalem gut erkennen kann: es sieht aus, als wären die Mauern nach außen geklappt. Diese eigenartige Darstellungsform des Himmlischen Jerusalem findet man übrigens fast nur bei den Beatus-Handschriften. Hinzu kommt eine reiche Ornamentik in kräftigen und leuchtenden Farben, wie etwa bei dem aufgemalten Mosaik im Stadtinneren.
Beatushandschriften wurden nicht im Gottesdienst verwendet, sondern dienten der privaten Andacht oder Repräsentation wohlhabender Geistlicher und Adeliger. Sie enthalten nicht nur den Apokalypsetext, sondern auch Kommentare, etwa zum Buch Daniel, oder Abschnitte aus Werken der Kirchenväter.