»Ringelnatz vereinigt zwischen zwei Buchdeckeln, was immer ihm in einem bestimmten Zeitraum bedichtens- und berichtenswert erschien: Belachbares, Besinnliches, Bedenkenswertes, Bedenkliches und Bedenkenloses.«
Robert Gernhardt
Eine vergnügliche Auswahl, die nicht nur die Klassiker aus Ringelnatz’ Werk versammelt, sondern auch einlädt, Neues und Überraschendes zu entdecken, herrlich illustriert von Robert Gernhardt.
Joachim Ringelnatz, 1883 als Hans Bötticher in Wurzen in Sachsen geboren, arbeitete als Matrose, Kaufmann und Bibliothekar, reiste viel umher, spielte Theater und dichtete. Sein erster Gedichtband erschien 1910, spätere veröffentlichte er unter verschiedenen Pseudonymen, u.a. Kuttel Daddeldu und Joachim Ringelnatz. Er starb 1934 in Berlin.
Robert Gernhardt, 1937 in Reval (heute Tallin) in Estland geboren, lebte seit 1964 als Schriftsteller, Maler, Zeichner und Karikaturist in Frankfurt am Main. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf. Robert Gernhardt starb am 30. Juni 2006 in Frankfurt.
Warten auf den Bumerang
Gedichte
ausgewählt und illustriert
von Robert Gernhardt
Insel Verlag
Umschlagillustration: Robert Gernhardt
eBook Insel Verlag Berlin 2012
© Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 2005
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Umschlaggestaltung: bürosüd, München
eISBN 978-3-458-73205-1
www.insel-verlag.de
Die Ameisen
»Ruhe ist viel wert«
Die Badewanne prahlte sehr
Ein Lied, das der berühmte Philosoph Haeckel am 3. Juli 1911 vormittags auf einer Gartenpromenade vor sich hinsang
Ein bettelarmer, braver Mann
Errare humanum est
Logik
Freiübungen
Am Barren
Zum Wegräumen der Geräte
Vom Seemann Kuttel Daddeldu
Daddeldus Lied an die feste Braut
Noctambulatio
Stimme auf einer steilen Treppe
Ansprache eines Fremden an eine Geschminkte vor dem Wilberforcemonument
Avant-propos
Abendgebet einer erkälteten Negerin
Kuttel Daddeldu und Fürst Wittgenstein
Kuttel Daddeldu und die Kinder
Redefusseln meiner Tante
Matrosengesang
Aus dem Paket entglitt ein Räucheraal
Bumerang
Das Terrbarium
Novaja Brotnein
Feierabendklänge eines einhändigen Metalldrehers an seine Frau mit preisgekrönten Beinen
Die Geburtenzahl
Vier Treppen hoch bei Dämmerung
Vorm Brunnen in Wimpfen
Sich interessant machen
Das Doktor-Knochensplitter-Spiel
Im Park
Sonntags
Abschied von Renée
Straßenbahn 23 und 13
Malerin Klugschnack
Guter Rausch
Frankfurt an der Oder
Aus Bad Tölz an den Onkel
Mannheim
Stuttgart
Überall
Frühling hinter Bad Nauheim
Jerusalem
Übralldaß a. d. Elbe
Antwort an einen Kollegen
Ich habe dich so lieb
Letztes Wort an eine Spröde
Maiengruß an den Redakteur
Ferngruß von Bett zu Bett
Die Riesendame der Oktoberwiese
Genau besehn
An den Mann im Spiegel
Kindergebetchen
Frucht-Zucht-Frucht
Offener Antrag auf der Straße
Lebhafte Winterstraße
Stille Winterstraße
Entschuldigungsbrief
Königsberg in Preußen
Morsche Fäden
An Berliner Kinder
Beinchen
Arm Kräutchen
Kinder, ihr müßt euch mehr zutrauen!
Silvester bei den Kannibalen
Die neuen Fernen
Liedchen
Morgenwonne
Thar
Schweigen
Seemann kommt aus Pariser Kino
Frau Werner hieß das Tier
Und auf einmal steht es neben dir
Ehrgeiz
Abschiedsworte an Pellka
Wie mag er aussehen?
Stuttgarts Wein- und Bäckerstübchen
Der sächsische Dialekt
Sieben Lieder einer Heimfahrt
Großer Vogel
Fünf über ein Thema
Hagenbeck kommt!
Nachwort
In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee
Da taten ihnen die Beine weh,
Und da verzichteten sie weise
Denn auf den letzten Teil der Reise.
So will man oft und kann doch nicht
Und leistet dann recht gern Verzicht.
»Ruhe ist viel wert«,
Sagte das Nilpferd
Und setzte sich in ’was Weiches.
Der Elefant tat ein Gleiches.
Die Badewanne prahlte sehr.
Sie hielt sich für das Mittelmeer
Und ihre eine Seitenwand
Für Helgoländer Küstenland.
Die andre Seite – gab sie an –
Sei das Gebirge Hindustan,
Und ihre große Rundung sei
Bestimmt die Delagoabai.
Von ihrem spitzen Ende vorn
Erklärte sie, es sei Kap Horn.
Den Kettenzug am Regulator
Hielt sie sogar für den Äquator.
Sie war – nicht wahr, das merken Sie? –
Sehr schwach in der Geographie.
Dies eingebildete Bassin.
Es wohnte im Quartier latin.
(Von einem Ohrenzeugen)
Wimmbamm Bumm
Wimm Bammbumm
Wimm Bamm Bumm
Wimm Bammbumm
Wimm Bamm Bumm
Wimmbamm Bumm
Wimm Bamm Bumm
Wimmbamm Bumm
Wimm Bammbumm.
Ein bettelarmer, braver Mann,
Der Tag und Nacht nur Gutes sann
Und gar nichts mehr zu essen hatte
Als eine halbverweste Ratte,
Der auch kein Bett besaß zum Schlafen,
Der ging in seiner höchsten Not
Zu einem reichen, stolzen Grafen
Und bat ihn um ein Stückchen Brot.
Der Graf nahm das gewaltig übel
Und schlug mit dem Champagnerkübel
Den braven Bettler lächelnd tot.
Doch niemand wagte es, den Grafen
Für solche Freveltat zu strafen.
Und deshalb wurde sein Betragen
Dann mit den Jahren noch viel schlimmer. –
So manchen Leser hör’ ich sagen:
Ja, ja! – ja, ja! – So ist das immer!
Ich aber denke still für mich:
Der Leser ist ein Gänserich.
Quietschfidel, mit roter Nase,
Seh ich Kunze gehn.
Warum bleibt er plötzlich mitten auf der Straße
Stehn?
Warum runzelt er die Brauen?
Warum mag er so entsetzlich
Schmerzlich himmelaufwärts schauen?
Warum wird er plötzlich
Blaß?
Oh, nun weiß ich was – – –
Er erblickt mich, winkt. – Fatal!
»Servus, armer Kunze! – eilt! – ein andermal!«
Kalte, falsche, rücksichtslose
Freunde hat die Unterhose.
Die Nacht war kalt und sternenklar,
Da trieb im Meer bei Norderney
Ein Suahelischnurrbarthaar. –
Die nächste Schiffsuhr wies auf drei.
Mir scheint da mancherlei nicht klar,
Man fragt doch, wenn man Logik hat,
Was sucht ein Suahelihaar
Denn nachts um drei am Kattegatt?
(Grund-Stellung)
Wenn eine Frau in uns Begierden weckt
Und diese Frau hat schon ihr Herz vergeben,
Dann (Arme vorwärts streckt!)
Dann ist es ratsam, daß man sich versteckt.
Denn später (langsam auf den Fersen heben!)
Denn später wird uns ein Gefühl umschweben,
Das von Familiensinn und guten Eltern zeugt.
(Arme – beugt!)
Denn was die Frau an einem Manne reizt,
(Hüften fest – Beine spreizt! – Grundstellung)
Ist Ehrbarkeit. Nur die hat wahren Wert,
Auch auf die Dauer (Ganze Abteilung, kehrt!).
Das ist von beiden Teilen der begehrtste,
Von dem man sagt: (Rumpfbeuge) Das ist der allerwertste.
(Alla donna tedesca)
Deutsche Frau, dich ruft der Barrn,
Denn dies trauliche Geländer
Fördert nicht nur Hirn und Harn,
Sondern auch die Muskelbänder,
Unterleib und Oberlippe.
Sollst, das Hüftgelenk zu stählen,
Dich im Knickstütz ihm vermählen.
Deutsches Weib, komm: Kippe, Kippe!
Deutsche Frau, nun laß dich wieder