Maria Lazar

Die Eingeborenen
von Maria Blut

Maria Lazar

Die Eingeborenen
von Maria Blut

Roman

Mit einem Nachwort
herausgegeben von
Johann Sonnleitner

Alle Rechte vorbehalten
2., durchgesehene und aktualisierte Auflage
Copyright © 2020 DVB Verlag GmbH, Wien
Umschlaggestaltung: Gianluca Coscarelli, Hamburg

www.dvb-verlag.at

I.

Da rennt er, der Doktor, was ist er denn so aufgeregt, und das Hemd hat er offen, gehört sich das, und die Lederhosen an einem Sonntag –“

„Ja wissens denn nicht, den Herrn Pfarrer, den Pater Lambert, der Schlag hat ihn getroffen oder so was, bei der Hitz.“

„Um Gottes willen!“

„Im Refektorium ist er gelegen, ganz so wie tot. War aber auch eine große Hochzeit mit Champagner und so, bei der Hitz.“

„Daß aber da den Lohmann holen?“

„Der Primarius war nicht zuhaus und der Brunnbacher auf einer Autotour, da ist der Kirchendiener halt weitergelaufen, was hätt er sonst auch tun sollen.“

„Nein, nein, das gehört sich nicht, daß sie den Lohmann holen. Den Lohmann zum Pfarrer. Der wird ihm nicht helfen. Und überhaupt, habens gesehen: mit einem offenen Hemd.“

Der Doktor, Doktor Gustav Lohmann nämlich, prallt an der Ecke gegen einen Bauch mit silberner Kette. Oh Entschuldigung! Er hält seine Tasche fest, alle Spritzen sind drin, verfluchte Geschichte. Eben erst ist er von seinem Pfahbau nachhaus gekommen, hungrig, müde, verschwitzt, ein bißchen Stromeskälte in allen Knochen, und nun muß es auch noch der Pfarrer sein. Die Mauern blenden, der Himmel ist blau, hängt in die Häuser hinein, oder ist das Dunst, grauer Gewitterdunst? Na, ist ja gleich. Alle Fenster stehen offen, es riecht nach Schweinsbraten und Krautsalat, dort liegen sogar noch die Betten draußen.

Nun noch mit ein paar Sprüngen über den Kirchplatz hinüber. Neben dem Brunnen, dem Brunnen der Gottesmutter von Maria Blut, lehnt an dem Sockel der Statue ein verwischtes Gesicht, ein verstaubtes Gesicht, eine Hand streckt sich vor, nein, nein, jetzt nicht, keine Zeit, kein Kleingeld, und überhaupt, die Pflicht kommt zuerst, trotzdem es der Pfarrer ist, nein, eben deshalb.

Und der Doktor verschwindet im Säulengang des Stifts.

Der Herr Zimmerl, der Bäckermeister, sieht ihm nach. Eben ist er vor sein Haustor getreten, um Luft zu schnappen. Was macht denn der Doktor im Stift und drängt ganz einfach vorbei an dem armen Teufel, dem Bettler? Ja, ja, so sind sie, diese Roten. Immer nur das Maul aufreißen und was verlangen für die Arbeitslosen, wenn es auf Kosten der andern geht. Der Herr Zimmerl ist kein schlechter Mensch. Er holt zwei Semmeln (sind schon recht hart) und geht mit ihnen um den Marktplatz herum (er soll sich nach dem Mittagessen Bewegung machen) und wirft sie dem Bettler in den Hut auf dem Brunnenrand. Es ist nämlich besser, solchen Leuten kein Geld zu geben, weil sie das ohnehin nur versaufen.

In den Gängen des Stifts ist es kühl. Und riecht nach Weihrauch und blassem Gestein.

„Na, was ist denn, Hochwürden, schlecht geworden?“

Der Herr Pfarrer sitzt zwischen zwei Laienbrüdern am offenen Fenster. Die Luft draußen ist grau. Er sitzt in einem riesigen Lehnstuhl, die Säcke unter den Augen zittern und die schwere Wamme am Hals. Etwas blaß ist er, etwas erschrocken, der Fuß liegt auf einem Schemel. Aber von einem Schlag kann doch nicht die Rede sein. Der Puls ist ganz gut.

Der Pfarrer nickt: „Schau, schau, also Sie sinds!“ (Kann ja auch wieder gehn, du Fettwanst, du alter.)

Ausgerutscht im Refektorium, sagen die Laienbrüder. Und der Fuß, ja der Fuß, der ist gebrochen oder verstaucht.

„Werden schon sehen.“ (Ausgerutscht. Wird wohl wieder einmal einen sitzen gehabt haben, der hochwürdige Pater. Überhaupt nach der Hochzeit. Es stinkt wie in einem Wirtshaus, abgesehen vom Weihrauch und den zwei schmutzigen Lilien auf dem Fensterbrett.) „Ist nicht mehr Wasser da?“

Der Pfarrer nickt. Das hab ich schon gefressen. Wasser, Wasser. Wenn die Herren Doktoren kommen, kanns gar nicht genug Wasser geben. Und die Handtücher fliegen. Da krempelt er die Ärmel auf, dieser Lohmann, braune Arme hat er mit ganz hellen Haaren darauf, auch die Brust ist braun, beinah wie ein Wilder, das Hemd braucht er doch nicht offen zu haben.

„Tuts weh, Herr Pfarrer?“

„Nein, nicht arg.“

Bei den Ohren sollt man ihn nehmen, den Kerl da. Er hat ohnehin Ohren wie ein Bub, lang und neugierig, aber nicht abstehend. Was zerrt er so herum? Und das kalte Wasser. Mir scheint, jetzt wascht er auch noch den Knöchel. Wie er ihn hebt. Sie Herr, das ist mein Fuß, der gehört mir, ja, schaun Sie mich nur an, der Fuß allein, das gibts nicht, da müssen Sie sich schon auch für mich interessieren, mein Fuß, der ist kein Präparat, wie ihr es in euern Seziersälen habt.

„Au weh!“

„Nur leicht verstaucht.“

Und jetzt wascht er sich wieder die Hände, daß die Seife nur so spritzt, die gekalkte Wand kriegt lauter Flecken, und noch ein Handtuch, natürlich ein frisches.

„Schön, daß kommen sind, Herr Doktor.“

„Meine Pflicht, Hochwürden.“

Draußen ist er. Ob das jetzt eine Gemeinheit war? Eine Anspielung? Denn die Pflicht des Seelsorgers war es ja auch gewesen, der armen Johanna die Letzte Ölung zu erteilen. Und einen dann so hinauszuwerfen, bei der Tür hinauszuwerfen, die Kinder schauen zu, während die sterbende Mutter im Nebenzimmer liegt. Wenn einer schon ein Heide ist und ein Gottloser, so kann die Frau doch in den Himmel kommen, man braucht ihr den geistlichen Zuspruch nicht abzuhalten. Und überhaupt, wenn es der Pater Lambert ist, der noch keinen Kranken jemals erschreckt hat, sind viele sogar gesund geworden durch ihn. Er meints doch nicht bös. Nun liegt die arme Johanna schon lang in der Erd. Sechs oder acht Wochen. Und der rennt herum mit einem offenen Hemd, hat nicht einmal einen Trauerflor. Ob er wirklich zuviel Morphium gegeben hat?

Auf dem Marktplatz steht der Bettler noch immer. Aber er streckt die Hand nicht mehr aus. Der Himmel über ihm, über der Mariensäule, ist blauschwarz, eine Wand von Gewitter. Und die Linden weichen zurück wie Schatten. Den Kopf hat er gesenkt, schüttere Strähnen hängen ihm in die Stirn. Wenn man nur Kleingeld hätte, ein bißchen Kleingeld. Lohmann wühlt in seinen Hosentaschen. Unter dem Taschentuch sind zwanzig Schilling, sonst nichts. Man kann einem Bettler doch keine zwanzig Schilling geben. Langsam geht er weiter. Der Mann hat ihn nicht bemerkt. In seinem Hut lagen zwei Semmeln. Es blitzt.

Vielleicht war dem Menschen schlecht. Seine Haltung war so merkwürdig, so zerbrochen in jedem einzelnen Glied. Ob man umkehren sollte? Zwanzig Schilling sind viel Geld. Verrückt. Und es regnet auch schon, ein paar fette Tropfen fallen auf das Pflaster. Der Vagabund kann sich ja unterstellen. Ein Blick nach rückwärts. Unbeweglich lehnt er an der Säule. Sei kein Esel, Gustl, schau, daß du nachhause kommst, hast keinen Rock, wirst naß bis auf die Haut, wenn es jetzt auch erst ein paar Tropfen sind.

Ists wahr? War er wirklich dort?“ – „Aber natürlich. Da geht er. Sehns ihn denn nicht mit seiner Tasche.“

„Jessas nein, der käm mir nicht an den Leib.“

„Machens die Fenster zu, Frau Nani, es gibt ein Wetter.“

„Und wissens, was mir gestern erst die Reindl erzählt hat –“

Lohmann geht sehr langsam, obwohl es schon ganz richtig regnet. Die Eingeborenen sehen ihm nach. Er spürt es durch das dünne Hemd, er würde es spüren, auch wenn er seine Lederjacke trüge. Sie werfen sich Worte zu, nur ein paar, sie verstehen einander. Ihm ist es gleich, ihnen zulieb wird er nicht rennen, obwohl er hungrig ist und es regnet. Die Kinder werden schon gegessen haben und die Votruba fuhrwerkt in der Küche herum, weil sie nicht fort kann, ganz wütend ist sie, und dabei hat er ihr schon hundertmal gesagt, daß sie nicht auf ihn zu warten braucht. Der Pfiff da, das ist der Zug, mit dem hätte er nach Wien fahren können. Wenn er nur schon morgens gefahren wäre, er wäre alles los gewesen, die dumme Geschichte mit dem Pfarrer, was braucht gerade er Hochwürden den Fuß zu behandeln, warum läuft er denn nicht zur Gottesmutter von Maria Blut mit einem Knöchel aus Wachs, er hats ja nicht weit, gleich nebenan, na ja, mit einem verstauchten Fuß kann man nicht laufen und das alte Schwein glaubt selber nichts und jetzt regnet es aber schon ordentlich. Das hört nicht so bald auf. Er möcht es eigentlich auch ganz gern. Was soll er denn tun? Wenn er nur nach Wien gefahren wäre. Immer will er sonntags nach Wien. Aber die verfluchten Bummelzüge. An einer Schnellzugsstation sollte man wohnen, an einer Station, an der sogar der Orientexpreß hält. Meinethalben an einer Umsteigstation. Hier aber fahren die Züge nur immer vorbei, pfeifen schrill, niemand merkt es mehr, nicht einmal die Hunde schrecken zusammen.

„Jessas, Herr Doktor, wie schaun denn Sie aus, zum Auswinden!“ Und die Votruba Toni hebt ihre dicken Arme (wie gebohnert mit weißem Wachs sind diese Arme). Ganz dunkel ist es im Speisezimmer, nur die Arme leuchten.

„Ein frisches Hemd, Toni, oder haben wir keines mehr?“

„Oh ja, wir werden schon noch eins haben, aber halt ohne Knöpf.“

„Dann ohne Knöpfe.“

Und während sie ihm die Suppe wärmt und er sich das frische Hemd über den Kopf zieht und es donnert, sieht von der Wand her das bekränzte Frauenbild auf ihn herab. Ja, ja, schon gut, ich hab nun einmal kein anderes Hemd und zerrissen ist es auch unter der Achsel. Meine Schuld ists ja nicht – Herrgott, wenn er sich nur einmal abgewöhnen wollte, mit der Toten zu reden.

Die Votruba stellt die Suppe hin und sagt mit einem Blick auf das Bild: „Ich könnt ja auch zuhaus bleiben und die Knöpf annähen.“

„Unsinn. Aber sagen Sie einmal, kommt denn die Reindl nicht mehr?“

„Die Reindl sagt, sie will keine Wäsche nicht flicken. Und sie hat es nur der Gnädigen zulieb getan. Weil sie doch eigentlich eine Schneiderin ist. Und sie näht jetzt bei der Exzellenz. Und sie kommt nicht mehr.“

„So, sie kommt nicht mehr.“

Er hört plötzlich auf, die Suppe zu essen, schiebt den Teller von sich.

„Bringen Sie gleich alles andere. Und dann gehen Sie schon. Heut ist doch Sonntag.“

„Der Kalbsbraten fällt ganz auseinander. Und die Karotten sind bissel angebrannt.“

„Macht nichts. Gehen Sie nur schon.“

„Und was meine Schwester ist, der ist schon wieder jeden Tag schlecht, und sie sagt, wenns wieder was ist, sie halt das nicht aus, sie geht gleich insWasser. Wo derWipplinger doch nur mehr die Kurzarbeit hat. Wenn ich jetzt hinkomm, ich muß ihr die Wäsch waschen von der Woche, aber wenn der Herr Doktor keine Knöpf nicht hat –“

„Jetzt schauen Sie aber, daß Sie weiter kommen. Und nehmen Sie das Stück Torte da mit.“

So ist er. Erst schreit er und dann fallt ihm gleich was Nettes ein. Die Votruba wirft noch einen Blick auf das Bild. (Es liegt jetzt ein gelber Schimmer drauf.) Wie die nur herunterschaut. Als hätt er ihr eben was angetan. Als wüßte sie, was die Leut alle reden.

„Wo sind die Kinder?“

„Der Ferry ist auf einem Ausflug mit der Schule. Und die Hanni sitzt auf ihrem Zimmer und lernt. Mit der Notburga.“

„So, schon wieder mit der Notburga. Na, gehen Sie nur, da kann ja die Hanni nachher den Tisch abräumen.“

„Ists was Arges mit dem Pfarrer?“

„Ach, gar nichts. Der hat sich nur den Fuß verstaucht.“

„Na, wird er einmal den Madeln nicht nachsteigen können.“

Sie, Fräulein Toni, ists wahr, daß IhrHerr Doktor beim Pfarrer war?“

„Was weiß denn ich.“

„Laufens nicht so, es regnet ja nimmer.“

„Ich hab keine Zeit.“

„Aber er ist doch grad erst nachhaus gekommen.“

„Krankenbesuch.“

„Na sehen Sie. Erst schmeißt er die Leut hinaus in einem, man kann sagen: heiligen Moment, und noch dazu den Herrn Pfarrer selbst, der wird schon gewußt haben, warum, waren Sie nicht auch dabei, er soll ja geschrien haben, bis zum Heberger hin hat mans gehört.“

„Wissens was, Frau Wurzer, leckens mich am Arsch.“

Und die Votruba, diese ordinäre Person, diese freche Böhmin, lauft einfach davon. Geschlitzte Augen hat sie und Haare aus Stroh und ein rotes Seidenkleid, eine Gestalt wie ein Faßl, aber hohe Stöckel dazu.

Eigentlich ist es merkwürdig, daß die Hanni jetzt gar nicht mehr schwimmen geht. Sie wird doch nicht allein baden. Dazu ist die Strömung zu stark. Und er hat es strengstens verboten. So viel väterliche Autorität hat er gerade noch. Obwohl er überhaupt nicht gern etwas verbietet. Da unten rast eben wieder ein D-Zug nach dem Westen. Von dem kleinen Mansardenfenster aus sieht man das regenverhangene Tal. Der Fluß ist grau, die Felder breit. Wenn nur der Schädl nicht wär, dieser kleine dicke behäbige Berg. Der schluckt die Bahnen, der Horizont schrumpft plötzlich ein und dann weiß man nichts mehr von der Welt, die jenseits liegt und in der die Sonne untergeht.

Eigentlich wäre es noch Zeit, mit dem Nachmittagszug nach Wien zu fahren. Das Land dehnt sich so offen nach Osten hin. Alice wäre froh. Sie ist immer zuhause, immer anzutreffen. Ob sie wohl jeden Sonntag denkt, daß er kommt? Eigentlich will er ja jeden Sonntag kommen. Nun kam er aber schon seit Wochen nicht. Auch heute nicht. Es regnet. Und das Hemd hat keine Knöpfe. Gustl, Gustl, sei doch nicht so faul. Aber diese Mansarde ist einsam, da merkt wirklich niemand, ob und wie lange man schläft. Deshalb ist er nach ihrem Tode heraufgezogen mit Büchern und Pfeifen. Eigentlich müßte er auch hier ein Bild von ihr an der Wand hängen haben. Er schließt die Augen.

Was soll er nur mit dem Pfarrer machen? Er wird die Behandlung morgen einem Kollegen übergeben. Heute haben die Eingeborenen wieder einmal was zu tratschen. Karten und Bier. Prosit, Herr Nachbar! Habens schon gehört? Arme Johanna. Den Pfarrer hat er nicht an sie herangelassen, als es zu Ende ging. Und in die Stadt hat er sie geschleppt, zu einem Juden noch dazu, anstatt sie zum Weileis zu bringen oder vielleicht auch zur Gottesmutter von Maria Blut. Und der Jud hat sie operiert und daran ist sie gestorben. Amen.

Er wirft sich auf die Seite, daß das Sofa kracht. Verflucht noch einmal. Wär er doch nur nach Wien gefahren. Diese Eingeborenen. Eigentlich sollt er sich das alles nicht gefallen lassen. Er hat doch nichts getan. Er ist doch nicht schuldig. Schuldig. Tropfen klopfen an die Scheiben. Schuldig. Schuldig. Man muß ja nicht immer was tun, um schuldig zu sein. Schuldig. Schlaf nicht, Gustl, vielleicht versäumst du was.

Ich möcht jetzt gern wieder nachhaus.“ – „Ja warum denn? Wir haben doch eben erst angefangen.“

Notburga antwortet nicht. Sie hebt den Kopf und schaut mit schwimmenden Augen gegen die Decke, als ob dort der Himmel wär mit allen seinen Heiligen. Da sieht Hanni nur in ihre französische Grammatik hinein: „Du bist eine Idiotin, Notburga.“

Sie sagt das sehr oft. Und Notburga läßt es sich schweigend gefallen. Weil sie nämlich so demütig ist. Zuhause hört sie allerdings auch nicht viel anderes. Nun ist der Bruder, der Vinzenz, zwar fort, hat endlich einen Posten gefunden, ein Glück für das Mädel, der ließ sich ja bedienen von hinten nach vorn, sogar die Filzpantoffeln mußte sie ihm bringen. Aber weil sie so demütig ist, braucht sie nicht davonzulaufen, wenn sie den Vater oben in seiner Mansarde hört. Sicher hat er sich wieder auf das Sofa gelegt, es ist alt und wacklig und macht einen Krach, sooft er sich nur umdreht. Vormittag war er baden, hat selber den Pfahlbau geputzt und gekehrt und ist in der Sonne gelegen und geschwommen. Schwimmen können. Die Weiden glitzern. Leise und ziehend zischt der Strom. Eiskalt das Wasser. Schmeißt einen an die Steine, wenn man heraus will.

„Was machst denn, Notburga?“

„Nur bissel Ordnung.“

Und wirklich, sie räumt Hannis Sachen weg, die Windjacke hängt sie in den Schrank, das angebissene Butterbrot bringt sie in die Küche, sie hebt Papierschnitzel vom Fußboden auf, zieht einen Kamm zwischen den Büchern hervor, und nun schichtet sie diese Bücher auch noch, ihre gelben Hände sind feucht, ihr Daumen hinterläßt einen Fleck auf dem Tisch.

Hanni steht langsam auf und öffnet das Fenster. Es regnet sanft, aber hinter dem Schädl ist ein großes Stück Himmel durchsichtig blau. Die Kleider kleben einem am Leib, auch das Hemd. Die Fingernägel sind schmutzig, das kommt von der Trauer. Alles Schwarze färbt ja ab in dieser Hitze. Schwimmen, schwimmen. Aber man kann doch nicht schwimmen im Fluß, wenn die Mutter eben erst im Grabe liegt. Und der Vater ist braun gebrannt und crawlt wie ein Bub. Nein, nein, nie mehr, oder vielleicht doch, in einem Jahr oder in zwei Jahren oder –

„Nun geh ich also. Grüß dich Gott, Hanni.“

„Wo willst denn hin?“ (Hanni dreht sich nicht um.)

„Nachhause. Ich möcht auch noch der Mutter helfen.“

„So. Wie gehts denn deiner Mutter jetzt?“

„Oh danke. Viel besser.“

„Ist es wahr, daß sie beim Weileis war?“ (Hanni beugt sich zum Fenster hinaus.)

„Ja, das auch.“

„Wieso denn, das auch?“

„Der Herr Weileis allein kann meiner Mutter nicht helfen.“

Hanni dreht sich um, viereckig steht sie da, breit und bös: „Na wer denn noch? Du vielleicht?“

„Ja“, sagt das dumme Ding, und die schwimmenden Augen leuchten, als hätte sie sich eben einen Heiligenschein aufgesetzt.

„Jetzt hör aber auf.“

„Bei der heiligen Therese bin ich gewesen, vorige Woche, in Konnersreuth. Du glaubst es nicht. Wie ich sie nur gesehen hab und die Mauer berührt –“

„Schweig still!“ schreit die Hanni.

Und obwohl sie weiß, daß das Mädel doch eine Idiotin ist, die glaubt ja alles, die glaubt auch, Asthma heilt man mit Beten oder mit einem Wunderstock, und obwohl sie selber sonst so vernünftig ist und überlegen und aufgeklärt, wirft sie sich, kaum daß die andre fort ist, über den Tisch und heult darauf los, in die französische Grammatik hinein. Es ist eben sehr heiß und sehr gewitterig, aber das geht doch nicht, das darf doch nicht sein, wenn die dicke Wirtin jetzt plötzlich nicht mehr so pfeift, wenn sie den Gästen das Essen bringt, daß alle meinen, es ist der Wind von einem Theater, so daß sie lieber gleich in der Küche bleibt, wenn die jetzt gesund wird, diese Person, diese gräßliche, fette, durch den Weileis, die Therese oder sonst eine Zauberei – nein, nein, nein –

Sie hebt den Kopf, die Sonne scheint breit durch das Fenster herein und im Spiegel gegenüber leuchten die Locken goldig über dem schwarzen Kleid –

Weil die Hermin also wirklich im Bett liegt – den ganzen Vormittag hat sie gekotzt – steht die Toni schon wieder in der Küche und wäscht die Kindersachen, die Mannsbilder können sichs ja schließlich selber machen, sie ist nicht nur für andre Leut auf der Welt und obendrein noch an einem Sonntag. Der Bettgeher, der Krowott, ist mit seinen Kokosbusserln beim Ringelspiel in der Au, der Wipplinger muß mit dem Karli spazieren gehn, das heißt, wenn er inzwischen nicht doch ganz woanders steckt. Nur der Pepi ist bei der Hermin, weil er noch so klein ist und hustet und einen Ausschlag hat am Kopf.

„Jesus, Maria und Josef – Toni, Toni, wie kommst du denn zu so was?“

Toni wischt sich den Schaum von den Armen, aber nicht spritzen, das rote Seidenkleid hängt daneben über einem Sessel, sie ist im Hemd, rosa ist es, Trikot, liegt eng an den festen Brüsten. Mit dem Fuß stößt sie die Tür auf. In dem Ehebett liegt die Hermin, grau das Kissen, grau das Gesicht. Die Mauer gegenüber blendet. Es regnet also gar nicht mehr.

„Was schreist denn so, Hermin?“

Die Schwester hält ihr etwas Kleines, Rotes hin. Oh verflucht! Der Saufratz, der Pepi, hat schon wieder in ihrer Tasche gekramt.

„Gib her, es beißt nicht.“

„Ein Hakenkreuz. Wo hast denn das her?“

„Leg es in meine Tasche zurück, ich bin ja ganz naß. So was findet sich jetzt leicht.“ (Und sie steht wieder an der Rumpel, aber die Tür ist offen geblieben.)

„Fangt das jetzt bei euch auch schon an?“

„Am Abort hab ichs gfunden.“

„Na hörst. Und wer hats denn verloren?“

„Der Adalbert kanns nicht gewesen sein, der war ja schon zwei Monate nicht zuhaus.“

„Also der Ferry.“

„Was weiß denn ich. Ist ein Kreuz mit den Buben.“

„Du Toni, das mußt dem Herrn Doktor sagen.“

„Ja freilich. Der hat schon genug auf seinem Buckel.“

„Du Toni – hast ihm, hast ihm von mir was erzählt?“

Toni rumpelt, die Seife spritzt, ein dicker Patzen auf dem Seidenkleid.

„Du Toni –“

„Er hat nichts gesagt.“

„Es ist ganz gewiß, da gibt es jetzt keinen Zweifel mehr.“

„Was wirst denn machen?“ (Toni steht in der Tür, nun ist auch die Mauer drüben grau.)

„Der Wipplinger sagt, es ist bald aus mit der Kurzarbeit. Die arbeiten überhaupt nicht mehr. Aber wenn beim Kapeller drüben die Urkraft draußen ist oder wie das heißt, dann will der Schellbach keine Konserven mehr machen, sondern ein Filiale oder wie das heißt. Dann regnets Millionen. Pepi, gib Ruh und geh herunter, gleich liegst wieder da.“

„Was wirst machen?“

„Ja mein. Ich weiß nicht.“ Und die Hermin legt den Kopf auf die Seite, schließt die Augen, wie eine Tote schaut sie aus.

Toni zuckt die Achseln. Also alleweil warten die noch auf Wunder. Millionen solls regnen. Ja, Schnecken. Sie spült die Wäsche, sie windet sie aus. Es wird schon dunkel. Der kleine Pepi weint nebenan.

Sie wird den Ferry fragen, den Lausbuben, ob er das Hakenkreuz verloren hat. Vom Großen, vom Adalbert, weiß sies schon lange. Der arme Herr Doktor. Erst sagens ihm nach, er hat die Frau umgebracht, mit einer giftigen Medizin, dann bringen ihm die Buben das Dreckzeug ins Haus. Ist immer so ein guter Mensch gewesen, hat keinem was zuleid getan. Und die Frau, die hat den Krebs gehabt, den hätt der Weileis auch nicht weggezaubert. Die Hermin, die meint, da kommt einer, erfindet die Urkraft oder wie der Schwindel heißt, und alles ist gut. Wo ist denn nur die Waschleine? Im Hof wird man bald gar nichts mehr sehen. Und es stinkt schon wieder nach faulen Eiern. Das ist diese Konservenfabrik. Der Kapeller wird das Kraut auch nicht fett machen. Überhaupt, die Leut sind jetzt alle verrückt. Wollen den Doktor erst in ihre Kirchen jagen, ehe er ihnen in ihren Hals schauen darf. Das hats doch früher gar nicht gegeben. Ja früher. Die schlechten Zeiten sind an allem schuld.

„Toni, wo gehst denn hin?“

„In den Hof hinunter. Wäsch aufhängen.“

Aber nein, nicht möglich, das glaubt doch kein Mensch.“

„Und ich sags, wies ist, ich habs selber gehört. Der ganze Ort spricht ja davon. Und was dem Herrn Zimmerl, dem Bäckermeister, seine Schwester ist, sie sagt, der Zimmerl hat ihn gesehen, mit eigenen Augen, über den Marktplatz ist er gelaufen, geradewegs ins Stift hinein. Ist ein Bettler am Brunnen gestanden, glaubens, er hat ihm was gegeben, ja freilich, nicht fünf Groschen, nicht zwei und nicht einen. Der Zimmerl hat ganz recht, so sind diese Roten. Immer nurs Maul aufreißen, wenn man den andern was abzwacken kann. Aber selber – und der Pfarrer hat ihn nicht einmal rausgeschmissen. Sie wissen ja, wie der Pater Lambert ist, der nimmts nicht genau, der ist imstand und ist noch nett zu so einem Menschen. Die Kirche braucht eigentlich andere Leute. Und schließlich, ein verstauchter Fuß, was ist da schon dabei. Da holt man doch nicht gleich den nächsten Arzt. Mein Mann war selbstverständlich gleich nachmittag drüben, wir sind früh nachhaus gekommen bei diesem Regen, und mein Mann meint –“

Doktor Brunnbacher fährt herum. Da hat er den Skis und den Pagat und spielt mit dem Bürgermeister (ich bitte, mit dem Bürgermeister) und dem Primarius und noch einem vierten sein Tarock im Extrazimmer vom Stiftskeller, aber die Weiber geben ja keine Ruhe nicht.

„Was ist denn, Franzi?“ (Wie bös er schaut.)

„Weißt, Lina, ich möcht noch ein Bier.“

Und sie muß ihm ein Krügl bestellen, obwohl sie ganz dagegen ist, aber sie kann doch nicht streiten vor den Herren. Im Gastzimmer nebenan sieht man fast nichts vor lauter Rauch, ein Pikkolo tritt ihr auf die Hühneraugen, es riecht nach Kraut, nach Bratensauce, nach verschüttetem Bier. Die Kellner laufen durcheinander mit schwitzenden Schläfen und alle Leute reden so laut. Aber was ist denn das? Jeder dreht sich um, Stühle rücken und auf einmal wird es still, ganz still wie in der Kirche, wenn der Ministrant läutet und es soll jetzt die Wandlung kommen.

Die Heberger, die Wirtin, die Frau Therese, die schon lang überhaupt niemand mehr gesehen hat, sie ist nur noch im Bett gelegen und hat gesagt, sie überlebt es nicht und sie erstickt, beim nächsten Anfall erstickt sie bestimmt, die Heberger geht, nein, schreitet mit einem riesigen Tablett über dem riesigen Busen langsam zwischen den Tischen durch, die teilt die Schüsseln aus, nickt den Gästen zu, alle lauschen sie, kein Pfeifen ist zu hören, aber wo, und wenn einer schnauft, so ist es der dicke Inspektor am Nebentisch. Frau Therese Heberger, geborene Krückelhuber, seit Jahren leidend an unheilbarem Asthma, ist gesund. Das hat der Weileis gemacht.

„Wo ist denn mein Bier, Lina?“

„Nicht bös sein, Franzi, das hab ich vergessen. Aber wißt ihr schon das Neueste –“

Nein, die Herren haben nur ihre Karten im Kopf und vielleicht auch noch die Politik. Keiner hört ihr richtig zu, ihr Mann ist nur bös, daß er sein Bier nicht hat.

Man kann sagen, was man will, aber so ein Weileis bringt viel Geld ins Land.“ (Der Bürgermeister leckt sich die glatten Lippen über dem schneeweißen, seidigen Spitzbart.)

„Wir in Österreich können ganz gut ein paar Wunder brauchen.“ (Der Primarius verzieht keine Miene. Man weiß nie, ob er es ernst meint oder nicht. Dafür hat er auch einen interessanten Kopf.)

„Und wir haben ja auch noch den Kapeller.“ (Der vierte ist ein ganz kleiner Beamter, der redet nur mit.)

Doktor Brunnbacher trinkt sein Bier. Er ist ein aufrichtiger Mensch, ein gradliniger, bitte, er sagt, was er sich denkt, besonders wenns um seine Heimat geht. „Heut erst hab ich es in der Zeitung gelesen, in Genf, da reden sie überhaupt nur mehr von uns und auch in London und in Paris. Wir sind eben ein Brennpunkt des europäischen Gleichgewichtes.“

„Ein Gleichgewicht hat keinen Brennpunkt.“ (Der vierte wird langsam unverschämt, wenn er auch noch so sanft und bescheiden spricht.)

„Und wenn sie uns keine Kredite geben, dann sind sie eben selber lackiert.“ (Doktor Brunnbacher antwortet dem vierten gar nicht.)

Der Bürgermeister teilt langsam mit sehr weichen weißen Händen die Karten aus. „Es geht jetzt aufwärts, meine Herren. Ob Sie mirs glauben oder nicht. Neue Kräfte regen sich. Man spürt es besonders hier auf dem Lande. Die Roten haben bald ausgespielt.“

„Recht haben Sie, Herr Bürgermeister. Noch ein Bier, Lina! Und unsre Naturschönheiten und die Kunst und der Fremdenverkehr. Und wo wir doch so sympathisch sind.“

Der vierte wird ganz klein, so wild schaut der Brunnbacher auf ihn aus wasserhellen Augen. Mein Gott, er hat es doch nicht bös gemeint, das mit dem Brennpunkt und dem Gleichgewicht. Oder ist der Doktor vielleicht besoffen? Er nickt ihm halt auf jeden Fall zu. „Gewiß, Herr Doktor, ganz gewiß, neue Kräfte regen sich hier auf dem Lande. Die werden noch schauen, die Herrschaften in Wien.“

In der Schwemme unten aber kreischt die Reindl. Sie hat einen Schwips, einen kleinen Schwips, mein Gott, so ein Schwips an einem Sommersonntag ist doch keine Sünde, der steht einem Mädchen so halbwegs, wenn es noch jung ist und Temperament hat und ein neues Kleid aus rosa Tüll. Sie liegt zurückgelehnt in ihrem Sessel, die Haarnadeln fallen aus der Gretchenfrisur, bald werden die Zöpfe über die Schultern hängen.

Alle schauen sie an. So eine lächerliche Person. Jeden Sonntag dieselbe Komödie. Wo ist denn ihr Bruder, der Oberlehrer, damit er sie nachhause bringt. Den Mund hat sie offen, zwischen je zwei Zähnen hätte ein dritter Platz und grünlich schimmern sie, diese Zähne. Und was sie spricht. An keinem läßt sie ein gutes Haar. Sogar über den Pfarrer zieht sie los, obwohl ihn doch gerade heute beinah der Schlag getroffen hätte.

„Ja wo, der Schlag. Der ist pumperlgsund. Und holt sich einen Gottlosen als Arzt. Eine Schande ist das für unsern ganzen Ort. Wir sollten uns bei der Diözese beschweren. Erst schickt man uns so einen Menschen, so einen Lüstling –“

„Aber Fräulein Mitzi!“

Die Reindl ist plötzlich ganz ernst. Vielleicht hat die gar keinen Schwips, sondern tut nur so. Sie beugt sich vor, stützt sich mit beiden Ellenbogen auf den Tisch und starrt hinein in ihr leeres Weinglas.

„Ich weiß genau, warum wir ihn bekommen haben. Aber ich red nichts. Ich werde mir nicht die Zunge verbrennen.“

Ganz still wird es. Alle wissen, was sie meint. Der Pater Lambert war früher einmal ein großer Mann in der Stadt, der hätte vielleicht sogar noch Erzbischof werden können, aber da war so eine Geschichte mit einer Hochzeit und einer Braut, einer sehr jungen und gräflichen, und diese Braut hat er in den Popo gezwickt, wenns wahr ist, mein Gott, was die Menschen immer reden, und Genaues hat keiner noch darüber erfahren.

„Fräulein Reindl, Sie sollten sich schämen.“

„Ich mich schämen, Sie alter Gamsbock, Sie. Warum sollte denn ich mich auf einmal schämen. Ich hab ja nichts gesagt, oder hab ich vielleicht was gesagt? Wenn ich sag, daß es eine Schande ist, daß unser Pfarrer keinen anständigen Doktor nicht hat –“

„Aber Fräulein Mitzi, es war doch kein anderer da.“

„So. Kein anderer war da. Und wissen Sie, was ich getan hätt. Ich wär zum Telefon gegangen, kein zehn Roß hätten mich zurückgehalten, ich hätte dem Weileis telefoniert.“

Ja, ja, so ist sie eben, diese Reindl Mitzi. Immer will sie gleich ganz hoch hinaus – –

„Aber was ist denn das? Wer kommt denn da herein? Hallo! Ober! Ober! Schauns Ihnen das Gstell da an.“

„Seit wann laßt ihr denn jeden Vagabunden in euer Lokal?“

„Man sitzt ja schließlich im Keller des Stifts, und zwar des Stifts von Maria Blut.“

„Wie der nur ausschaut.“

„Geh hörst, ich fürcht mich.“

„Na, Gott sei Dank, der Ober schmeißt ihn raus.“

„Er will aber nicht.“

„Da werden wir gleich helfen.“

„So laßt ihn doch, hier sind ja Kellner genug.“

„Nicht einmal ein Hemd hat der Kerl am Leib. Die Haare hängen ihm in die Augen –“

„Was will er? Was? Was hat er gesagt?“

„Ein Viertel Wein will er zahlen.“

„Also so was.“

„Ein Gast ist er, hat er gesagt.“

„Da hat mans. Man soll nie einem Bettler was geben.“

„Hast gesehen. Hast gesehen. Jetzt hat er den Ober gehaut.“

„Also so was.“

„Jetzt habens ihn aber. Stell dich nur auf den Sessel, Pupperl, da siehst es genau. Schmeißt ihn raus. So schmeißt ihn doch schon endlich raus.“

„Na also, jetzt gehts. Da ist aber auch der Gendarm.“

Weil es so heiß war im Haus und das Nachtmahl nicht schmecken wollte (er hat aber auch geschlafen bis halb sechs) und weil die Hanni verweinte Augen hatte und der Ferry wieder einmal verbockt war und keine Antwort gab, daß er an den frechen Brief von Adalbert denken mußte (seit zehn Tagen in der Brieftasche und nur einmal gelesen) und weil die Johanna von der Wand aus ihrem schwarzen Rahmen auf ihn herabsah mit vorwurfsvollem Blick, rennt er jetzt noch herum in den Straßen. Am Himmel große, sehr klare Sterne. Man könnte sehen, ob der alte Meyer-Löw nicht zuhause ist, vielleicht hat er Lust auf eine Partie Schach. Aber nein, alle Fenster sind dunkel, da ist er also nach Wien gefahren. Ach, wenn er doch nur auch gefahren wäre. Der Holunder, wohl noch naß, duftet betäubend, Kirchenglocken, halb zehn, paar Schritte klatschen auf das Pflaster, unter dem Haustor quietscht ein Mädel. Es bleibt nichts übrig, als nachhaus zurückzukehren (armer Gustl) und mit einem Schmöker ins Bett zu gehen (fauler Gustl), morgen gibt es wieder Ärger mit dem Direktor der Krankenkasse und irgendwas mit den verfluchten Zetteln stimmt nicht ganz (dummer Gustl). Er wird den Herrschaften hier den ganzen Krempel hinschmeißen, ich habe die Ehre und auf Wiedersehen, er wird Schiffsarzt, er fährt hinaus in die Welt. Eingeborene gibt es auch woanders, die Fremden kennt man nicht, die gehen einen nichts an.

Auf der andern Seite der Straße, eben an der Laterne vorbei, treibt der Gendarm einen Mann wie ein Stück Vieh. Dem hängen die Haare über das Gesicht.

Ein Griff in die Tasche, unter dem Taschentuch noch immer die zwanzig Schilling. Kein Kleingeld (pfui Gustl). Aber der Vagabund ist ja auch schon um die nächste Ecke getrieben worden. Und überdies, dem Mann ist nicht zu helfen, den hat die Gendarmerie, die hohe Obrigkeit, den gibt sie nicht mehr her. Da kann man nichts machen (aber Gustl?).

II.

Was war das? Ein Pfeifen? Ein Pfiff? Eine Lokomotive?

Notburga fährt auf. Nein, sie hat sich nicht geirrt. Das kann nicht die Mutter gewesen sein. Heilige Maria! Durch die Tür dringt aus dem Nebenzimmer das langsame Schnarchen des Vaters. Die Mutter war es nicht. Notburga faltet die Hände. Heilige Therese! So ist ihr Bittgang nicht umsonst gewesen. Und sie legt sich wieder zurück.

Die Arme gekreuzt über der Decke. Das hat sie der Mutter versprechen müssen, als sie noch klein war. Anders ist es nämlich eine Sünde. Immer wieder kriechen diese Arme im Schlaf unter die Decke, denn sie frieren, diese Arme unter den langen Nachthemdärmeln. Obwohl das Fenster geschlossen ist. Hanni sagt, das ist ungebildet, und Kulturmenschen schlafen bei offenen Fenstern, sogar im Winter. Kulturmenschen baden aber auch nackt oder beinahe wie nackt im Fluß. Notburga faltet wieder die Hände. Sie muß an den Doktor denken, der seiner Frau die Letzte Ölung verwehrt hat, der seine Kinder nicht zur Kirche läßt und zur Hölle erzieht. Wenn er ihr einfällt mit seinem breiten braunen Gesicht, seinen viereckigen Zähnen, dann denkt sie immer weiter an ihn, viel zu lang, viel zu viel, sie hat sich doch eigentlich nur entschlossen, der Hanni beizustehen, weil die jetzt leider ohne Mutter ist und ganz ausgeliefert so einem Vater. Im Nebenzimmer knarrt das Ehebett, die Luft ist dick und dunstig. Der Vater schnarcht. Natürlich schnarcht er nur. Er wirft sich herum in seinem Bett. Er hat eben so einen unruhigen Schlaf.

Man könnte auch ein Vaterunser beten. Oder den Englischen Gruß. Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft und sie empfing von dem Heiligen Geiste. Der Fensterrahmen ist ein schwarzes Kreuz. Gegrüßet seist du Maria, du bist voll der Gnade. Bitt für uns. Arme Sünder.

Wenn der Vinzenz nicht wiederkommt, wenn er diesmal in seiner Stellung bleibt in dem großen Restaurant mit den vielen Spiegeln und falschen Blumen an der Umsteigstation, wenn der Vinzenz endlich durchhält und ein braver und anständiger Kellner wird (er meint es ja gut, nur hat er immer so eigene Ideen), so behält sie sein Zimmer, und wenn sie erst ein paar Monate hier geschlafen hat und nie mehr bei den Eltern drin, so gewöhnt sie sich daran durchzuschlafen, die ganze Nacht durchzuschlafen, ohne aufzuwachen, was ja nur eine schlechte und häßliche Gewohnheit ist. Vergib uns unsre Schulden. Die Mutter keucht. Ihr Atem pfeift. Ja, ja, ja, das ist es wieder, trotzdem der Weileis ihr geholfen hat und die heilige Therese noch dazu. Den Kopf möchte Notburga unter die Decke stecken. Aber das darf man nicht. Sie schließt die Augen, sehnt sich nach kalten Kirchenfliesen.

Also, ich sags wies ist, ich war heut bei der Heberger drüben, die ganze Stadt redet ja schon davon, und, ob Sies glauben oder nicht, die Frau ist gesund, ich sags, wies ist, da hört keiner mehr was, nicht einmal wie bei einem Schnupfen.“

„Ein Puri, ein Petersil und die gelben Rüben dort.“

„Ja, ja, Fräulein Anna, so wartens doch, Sie sehn ja, ich bedien erst hier, und ich red halt so mit der Heberger, auch vom Buben, vom Vinzenz, haben wir gesprochen –“

„Und eine Sellerie, aber nur ein Stückel.“

„– der hat jetzt eine Stelle, also das glaubt man nicht. Der Mensch ist gemacht. Ich bitt Sie, das ist eine große Station, dort steigen die feinsten Herrschaften um, sogar Engländer und Leut aus Amerika.“

„Frau Birnstingel, ich brauch noch zwei Paradeiser.“

„So nehmen Sies doch, suchens Ihnen aus, was Sie wollen, Sie sehen ja, ich bedien hier noch.“

Und die ungeduldige Person, die Neunteufel, die immer tut, als ging es sie nichts an, was man so redet im Gemüseladen, klaubt sich selber ihr Grünzeug zusammen. Die Exzellenz ist aber auch heikel, die hat die Neunteufel schon seit zehn Jahren im Haus, die hat sie abgerichtet, wie Damen eben abrichten können, die Neunteufel wird kein Büschel Grünzeug nehmen, die sucht es sich aus, Stück für Stück, die paßt nicht auf, was die Leute reden, mich gehts nichts an, ja was geht sie denn nachher was an, und ob sie selber von den großartigen Suppen kriegt? Mager ist sie wie der leibhaftige Suppenkasper.

Exzellenz staubt heute schon zum zweitenmal das Silber ab auf der Kredenz. Was soll sie auch machen, wenn die Neunteufel ewig nicht vom Einkaufen nachhause kommt? Sicher tratscht sie wieder in der Gemüsehandlung, die Birnstingel läßt ja die Mädeln gar nicht mehr weg. Und Exzellenz ist heut schlecht gelaunt. Der Tassi hat viermal gehustet in der Nacht, sie hätt ihn nicht sollen in die Schule lassen, aber sie hat verschlafen. Und überhaupt, der Bub macht ihr Sorgen, so zart, wie er ist, und dann noch alle die Dummheiten. Einen Vater tät er brauchen und nicht eine alte Großmutter, die schon gar nicht mehr in diese Welt gehört, überhaupt, was ist das für eine Welt, heutzutag. Und man solls nicht ernst nehmen, was die Kinder machen, aber was sich nicht gehört, das gehört sich nicht, Himmelkreuzdonnerwetter, was ist denn das, hat der silberne Elefant mit der Obstschüssel richtig wieder das eine Bein nicht fest, der Haxen wackelt, ja, ja, der wackelt, und war doch eben erst beim Silberschmied gewesen, das Viech, und der Bub, ja, der Bub, wie kommt ein Materni, Tassilo von Materni, zu einem Hakenkreuz, wenns auch nur in einem Schulheft gemalt war, das gehört sich nicht, alles dieser moderne Unfug, das kommt, wenn die Gesellschaft keinen Halt mehr hat, erst das Unglück mit der Lilli, der eigenen Tochter, ganz wirr wird man, wenn man so dran denkt, beinah noch schlimmer, als daß dem armen Tassi sein Vater gefallen ist, ganz wirr wird man, der Elefant soll heut noch zum Silberschmied kommen, das braucht eben eine starke Hand, die Jugend und die Gesellschaft nämlich, eine Ordnung braucht das und eine Disziplin, und soll denn heut nicht die Reindl kommen, es ist doch Mittwoch, der Tassi hat keine ganzen Socken mehr – und die drei neuen Hemden, sie vergißt aber auch jetzt schon alles, konfus, konfus, hat der Exzellenzherr immer gesagt, ein braver Mann, Gott hab ihn selig, der tät den Buben jetzt bei den Ohren nehmen.

Also, da ist sie ja endlich, die Neunteufel, und hinter ihr steht auch schon die Reindl.

Nicht bös sein, Exzellenz, ich hab mich verspätet, Exzellenz, ich bleib bissel länger, Exzellenz, ich hab nämlich einen Auftrag gehabt, Exzellenz, vom Erzherzog.“

Exzellenz betrachtet die Reindl durch das Lorgnon. Ja, sie trägt ein schwarzes Seidenkleid unter dem speckigen Mantel. Beim Erzherzog war sie. Nun, mit Domestiken spricht man nicht und natürlich auch nicht mit Hausnäherinnen. „Schon gut, Fräulein Mitzi.“

Exzellenz geht in die Küche und schimpft mit der Neunteufel, weil das Grünzeug nicht frisch genug ist. Und gestern, die Gerösteten, da war schon wieder Abschöpffett dabei. (Schimpf du nur, ich hör gar nicht hin.) Und ob der Tassi sein Butterbrot mitgenommen hat? Und wie er gehustet hat, heut in der Nacht.

„Die Birnstingel sagt, was die Heberger ist, die war wirklich beim Weileis.“

„So, also mit der Birnstingel habens wieder getratscht.“

Die Anna bindet sich die Küchenschürze um. So sind sie eben, diese Gnädigen. Das kennt sie schon seit dreißig Jahren. Gar nicht hinhören.

Da steht aber auch schon die Reindl Mitzi in der Küche, weil sie den 80er Zwirn nämlich nicht finden kann. Oh ja. Und von der Heberger, das weiß man schon. So wie die ist, die ist imstand und fangt sich auch mit dem Weileis was an, die tut ja alleweil nur so fromm, gerade weil sie so verrückt ist und mannstoll dazu, nur ihren Alten, den kann sie nicht ausstehen, da geht ihr gleich die Luft aus, wenn der ihr nur in die Nähe kommt –.

„Aber Fräulein Mitzi!“

„Bitte sehr, Exzellenz, ich will gewiß nichts gesagt haben. Der Mann ist nur so dick und häufig etwas angeheitert, aber der Weileis, das ist ein Schenie, das weiß ein jeder, geht doch sogar der Erzherzog zu ihm.“

„Der Erzherzog!“ – Exzellenz setzt sich auf einen Stuhl. Nein, nein, nein, mit Dienstboten soll man nicht reden und schon gar nicht mit Hausnäherinnen. „Der Erzherzog? Also, wer hat denn das wieder erzählt?“

„Ich habs vom Liebold, vom Kammerdiener. Wie ich heut dem Erzherzog die Hemden bring, feinste Seide, blauweiß gestreift, aber schon sehr zerflickt, wenn ich denk, wie das ist, zu diesen Zeiten, und bei den allerhöchsten Herrschaften –“

„Fräulein Reindl, die Hemden des Barons interessieren mich nicht“, und hinaus rauscht sie, die Exzellenz, durch die schmale Küchentür. Denn wenn er, der Erzherzog, wie sie hier alle sagen, auch wirklich ein Sohn vom seligen Erzherzog Otto ist und daher kaiserliches Blut hat und mit Goldradeln herumkutschieren sollte, so geht das die Domestiken nichts an, die haben ihn zu nennen, wie er sich nennt, einfach Baron, Herr Baron vielmehr, alles andere ist eine Unverschämtheit. Wenn sie nur wüßte, ob er es war, mit dem sie einmal einen Walzer getanzt hat in Laibach, Ljubljana heißt es heute in der Saurepublik und den Serben gehört es noch obendrein. Ein schöner Mensch war er gewesen, ganz wie sein Vater, wenn es nur wirklich derselbe war, sie hat eben seit jeher so ein schlechtes Gedächtnis.

Schau Anselm, iß, so ein guter Krautstrudel. Hast ihn doch sonst immer so gern.“

„Laß ihn, Papa, wenn er nun einmal keinen Hunger hat.“

„War was los? Hast dich in der Schule geärgert? Sag es mir, Anselm. Da läßt du deinen Krautstrudel stehen und schluckst den ganzen Ärger hinunter. Spuck den Ärger aus und iß ein paar Bissen.“

Daniel Meyer faltet seine Serviette zusammen. Er hätte zwar gerne selbst noch ein Stück Krautstrudel gegessen, aber der Alte ist wieder einmal unmöglich. Wenn ein Kind nicht essen will, soll man es in Ruhe lassen. Ärger in der Schule. Lächerlich. Was hat ein achtjähriges Kind schon für Ärger.

„Na also, jetzt rutscht er. Und heut abend gehen wir beide ins Kino. Ein Indianerfilm.“

Daniel Meyer schiebt den Stuhl vom Tisch und zündet seine Zigarre an. Der Bub vor ihm hat einen roten Kopf und Tränen in den Augen. Kommt sich wichtig vor, weil der Großvater solche Geschichten mit ihm macht, anstatt zu sagen: jetzt iß, oder laß es. Er, der Vater, hat ja nichts zu reden, muß froh sein, wenn man überhaupt Notiz von ihm nimmt.

„So, und da hast du noch eine Banane.“

Der Alte spricht überhaupt nur mehr mit dem Kleinen bei Tisch. Läßt seinen Sohn (einen erwachsenen Menschen, Erben und Mitinhaber der Kanzlei) nicht zu Wort kommen, nicht hier, nicht woanders. Den ganzen Vormittag hatte er keine Zeit. Da waren die Klienten. Die gehen vor. Diese Quadratschädel von Bauern. Heut war auch der Heberger da. Und der Baron. Was der wohl wollte. Am längsten aber brauchte der Doktor, der Lohmann. Und nun beim Mittagessen, wenn man ihm endlich was sagen will, hört der Alte weg, tut absichtlich, als ob er nichts merkte. Wenn die Sache nur nicht so wichtig wäre, so verflucht wichtig. Und da kommt auch schon der schwarze Kaffee.

„Du bist jetzt fertig, Anselm, du kannst also gehen.“

„Aber Daniel, so laß doch das Kind.“

„Ich, ich möchte mit dir sprechen, Papa.“

„So? Jetzt gleich? Sofort nach dem Essen?“ Und der Alte sieht ihn an, von der Seite her, wie einen lächerlichen Narren, über den man sich lustig macht. Das schwarze Käppchen sitzt schief auf der massigen Glatze, und seit er sich den Bart wachsen ließ, sieht er aus wie ein Patriarch, der sich selber nicht ernst nimmt. Das Käppchen trägt er ununterbrochen, seit man ihm das erste Hakenkreuz an die Kanzleitür gemalt hat („Nehmen Sie es weg“, hat er damals zu der Stenotypistin gesagt, „wir sind doch kein Klosett“, und die Person hat das weiter erzählt) – dieses Käppchen ist auch so eine Übertriebenheit und nicht eben angenehm für einen smarten Sohn, der Karriere machen will. Schließlich, man lebt doch nicht im Orient, man hat sich anzupassen.

Also, endlich ist der Bub gegangen, sie sind allein, der Alte saugt an seiner Pfeife, könnte doch selbst zu fragen beginnen.

„Mir paßt das nicht, Daniel, mir paßt das nicht.“

„Was denn, Papa?“

„Du wirst sehen, Daniel, sie ruinieren uns das Kind. Um uns ist ja weiter kein Schad, aber bei einem Kind, ich schau da nicht zu.“

„Ich verstehe dich nicht, Papa.“

„Da war heut schon wieder was los in der Schule. Wenn er nicht mehr spricht, dann muß es ganz arg sein.“

„Willst du ihn vielleicht nach Palästina schicken?“

„Wär nicht das Dümmste.“ Der Alte sieht wieder von der Seite her auf den Sohn, lauernd, listig, verschlagen. „Da dürfen wir aber nicht erst unsere Moneten zu den Schellbachs tragen.“

„Du weißt also schon?“

„Bei den Schellbachs stinken nicht nur die Konserven. Du hast keine gute Nase, Daniel.“ Er steht auf. Er wird damit die Sache doch nicht für erledigt halten.

„Also erlaube mir, Papa –“

„Ich erlaub dir gar nichts. Denn wenn du sagst: erlaube mir, dann steckt immer eine Dummheit dahinter.“

„Du weißt doch noch gar nicht –“

„Natürlich weiß ich. War doch heut erst der Heberger bei mir. Der war der sechste. Und nach ihm auch noch der Baron. Wollen alle ihr Geld, weil das eh nichts mehr wert ist, in die Schellbachschen Konserven stecken, weil das nebbich bald keine Konserven mehr sind, sondern die Raumkraft vom Herrn Kapeller. Und alle erzählen sie mir, mein Sohn, das ist der neueste Compagnon. Und mein Sohn möcht das sein, weil er doch ein Esel ist, ein jüdischer Esel, das ist das Schlimmste, und weil er den eingebornen Gojim gern den Gefallen tun möcht, wo doch der feine Herr Primarius ist der Schwager vom Schellbach, dreimal bankrott und Kurzlöhne und wie der Schwindel heißt.“

„Schon gut, Papa. Dann brauchen wir nicht weiter drüber zu reden.“

„Von mir aus nicht. Hab ich denn angefangen?“

Und der Alte stützt sich auf seinen Stock, die Unterlippe schiebt er vor, gar keinen Sinn, länger mit ihm zu verhandeln, boshaft ist er und eigensinnig, gibt sein Geld nicht her, gibt dem Sohn keine Gelegenheit, sich zu bewegen. So bleibt er stehen, unbeweglich wie die schweren schwarzen Möbel in dem kühlen Speisezimmer, bis der Junge mit einem Gruß zur Tür draußen ist.

Ich bitte Euer Hochwürden um den heiligen Segen, daß ich meine Sünden reuig und aufrichtig beichten möge –“

Ja, ja, schon gut, was wimmert die denn so, natürlich die Heberger, die hats aber eilig, ihre paar Sünden loszuwerden, war doch eben erst da.

„Ich armer sündiger Mensch beichte und bekenne vor Gott und Euer Hochwürden, daß ich seit meiner letzten Beicht am 4. Juni dieses Jahres folgende Sünden begangen –“

Der verstauchte Knöchel juckt noch immer. Weils auch so viel daran herumgewaschen haben. So was reizt die Haut. Also unmäßig war sie, die Alte, und zornig. Im Beichtstuhl ist es kühl, aber dumpf. Der Kirchendiener hat schon wieder Weihwasser ausgegossen. Keine anständige Luft.