Zweite korrigierte und überarbeitete Auflage, 2020

YOGA-DIARY.DE

INHALTSVERZEICHNIS

„Immer und überall ist das Abenteuer eine Reise ins Unbekannte, jenseits des Schleiers des Bekannten und Vertrauten, sind die Kräfte, die an der Grenze wachen, bedrohlich, es mit ihnen aufzunehmen ist riskant. Immer und überall aber vergeht auch die Gefahr von jedem, der Berufung und Mut mitbringt.“

Joseph Campbell

EINLEITUNG

Der Weg der Spiritualität ist einer, den viele gehen, doch Richtungen gibt es viele. Und jeder nimmt seinen eigenen Pfad. Am Anfang ist da dieser Ruf. Nach dem Sinn des Lebens, nach anhaltender Glückseligkeit, nach Wachstum oder Frieden. Und dann beginnt die aktive Reise. Eine Reise die sowohl innen, als auch außen stattfindet. Auf dem Weg zu unserem wahren Selbst begegnen uns Mentoren, Gehilfen, Schatten und negative Erfahrungen, wir verlieren alte Beziehungen und gewinnen dafür neue. Wir begegnen unseren eigenen Schatten, Ängsten und Schwellenhütern, die uns zweifeln lassen, ob wir überhaupt auf dem richtigen Weg sind. Dann stoßen wir auf alte Blockaden, auf Monster und andere Stolperfallen. Die inneren Reinigungsprozesse können manchmal sehr schmerzhaft sein. Wir fallen tief, lassen uns Zeit und dann haben wir unsere Stärke wieder. Wir stehen weder auf und gehen weiter.

Diese Phasen des spirituellen Weges, die jeder kennt, der sich auf diesen Weg begeben hat, gleichen auch den Stufen der Heldenreise.

Denn jede Geschichte ist anders und doch haben die meisten Geschichten eine ähnliche Struktur – darum geht es im Model der Heldenreise. Sie basiert auf der Theorie der Archetypen des kollektiven Unterbewusstseins von C.G. Jung und Joseph Campbell, der auf Basis dieser und auch von tausenden von Sagen, Mythen und Geschichten, eine Meta-Geschichten-Struktur herausgearbeitet hat.

Jede spirituelle Entwicklung gleicht in einem gewissen Rahmen auch der Heldenreise. Auf dem spirituellen Pfad stoßen wir alle auf ähnliche Herausforderungen, auf die gleichen Fragen und darum soll es in diesem Buch gehen.

Dieses Buch ist für alle, die sich ebenfalls auf den Weg gemacht haben – in die Tiefe ihres Lebens, ihres Bewusstseins und ihrer Seele. Es ist eine spirituelle Heldenreise, bei der wir am Ende alle nach Heim kehren.

DAS MODELL DER HELDENREISE

Durch meinen Beruf als Filmemacherin habe ich mich ausführlich mit dem Model Heldenreise beschäftigt. Sie ist eine universelle Formel aller Geschichten, Mythen und Märchen, die tiefe Wahrheit in sich tragen, und welche sich auch auf unsere persönlichen Geschichten aus unserem Leben anwendbar sind.

Die Quelle, sozusagen das Fundament, worauf die Heldenreise aufgebaut ist, sind die Archetypen von Carl Gustav Jung, einem Schüler Freuds, der das Unterbewusstsein erforschte. Er fand heraus, dass es ein universelles Unterbewusstsein gibt, und dass Symbole, bestimmte Charaktere und Menschentypen in jeder Kultur existieren. Um nur einige Beispiele zu nennen: der Held, der Mentor, der Schatten, der Böse.

Joseph Campbell hat sein gesamtes Leben dieser Theorie geweiht. Er hat alle Geschichten dieser Welt gesammelt und miteinander verglichen und erstaunliche Parallelen entdeckt. Der Sinn aller Geschichten ist die Vermittlung einer kollektiven, höheren Wahrheit. Denn durch die Erfahrungen des Helden, lernen die Zuhörer/ Leser/ Zuschauer auch etwas für ihr eigenes Leben und die universelle Menschlichkeit, Moral und Ethik.

MEINE EIGENE HELDENREISE

Meine gewohnte Welt war der stressige Alltag einer Redaktion. Ich arbeitete für das Fernsehen und überarbeitete mich täglich so sehr, dass es zu einem schrecklichen Unfall kam. Dieser zwang mich durch meine plötzliche Bewegungslosigkeit, nach innen zu schauen und mich auf das Wichtige im Leben zu besinnen. So begann meine Heldenreise und ich begab mich auf die Suche nach dem Glück. Meine persönliche Heldenreise wurde zu einer äußeren Reise um die Welt, durch 12 Länder und die die tiefen Schichten meiner Seele. Denn alle Mängel, an mir nagenden Unzulänglichkeiten und ungeklärten Probleme, ließ ich nicht, wie zunächst erwartet, zu Hause, sondern nahm sie mit auf meine Weltreise mit. Zunächst versuchte ich, vor der wichtigen Auseinandersetzung wegzulaufen, mich zu vergessen und mich einfach zu amüsieren, doch letztendlich gab es keinen anderen Weg, als mich allen meinen Schatten zu stellen, den Ängsten ins Gesicht zu schauen. Nach fünf Monaten fand ich schließlich, dass was ich gesucht hatte. Ich hatte mein Elixier, meinen persönlichen heiligen Gral, gefunden: spirituelle Praxis. Durch regelmäßiges Yoga und Meditation, die Begegnung mit meinem Guru Amma und alle die Erfahrungen, die ich in Indien gemacht habe, kehrte ich in die gewohnte Welt zurück und war nicht mehr die Gleiche. Die neugewonnene Spiritualität in meinem Leben, war wie ein Elixier, welches mein Leben bis heute bereichert und positiv in eine angenehme Richtung lenkt. Im Inneren entdeckte ich, was ich mein ganzes Leben im Außen gesucht hatte. Und nun stand ich vor einer neuen Heldenreise.

Kapitel 1

DIE GEWOHNTE WELT

STUFE 1

Die „gewohnte Welt“ ist sowohl der Anfang, als auch das Ende einer archetypischen Helden-Geschichte. Die Heldenreise Modell ähnelt also einem Kreislauf. In diesem Abschnitt soll es aber ausschließlich um den Beginn der Geschichte gehen.

Die meisten Geschichten lassen den Helden aus seiner gewohnten alltäglichen Umgebung in eine andersartige, neue und fremde Welt aufbrechen.“ (Vogler. Odyssee des Drehbuchschreibers. S. 57)

START: UNSER ZU HAUSE

So beginnt die Heldenreise zu Hause, oder in einer Umgebung, die sicher und vertraut erscheint. Es ist sozusagen unsere Komfortzone. Der Ort, den wir zu Hause nennen, wo wir einfach sein können, wer wir sind.

BUDDHA LEBTE IN EINEM „GOLDENEN“ SCHLOSS

Buddha beispielsweise war ein Königssohn und lebte in einem großen Schloss. Es hatte einen großen Garten, das köstlichste Essen, teure Kleider, wunderschöne Frauen, die ihm dienten und hofften ihn zu heiraten. Er lebte in diesem geschützten Raum und hatte kaum Wissen, was außerhalb dieser „gewohnten Welt“ noch existiert. Aber eine Langeweile und Unzufriedenheit hatte sich in seinen Alltag eingeschlichen. Etwas in ihm drängte nach Veränderung. Der Weise Asita hatte sein Schicksal prophezeit, doch sein Vater schwor sich alles zu versuchen, um den Thronfolger zu halten. Doch obwohl der König seinen Sohn mit vielen Frauen und weltlichen Sinnesgenüssen immer mehr verwöhnte, wurde es Siddhartha zunehmend langweilig. All dieses Weltliche begehrte er nicht mehr. Er wurde zunehmend neugierig auf die Welt, die hinter den Toren seines Palastes auf ihn wartete.

ETWAS IST FAUL IN DER GEWOHNTEN HEILEN WELT

Am Anfang der Geschichte lernen wir erst mal die gewohnte Welt des Helden kennen. Man sieht den Helden in seinem oft sehr gemütlichen und sicheren, aber etwas langweiligen Alltag. Alles ist gut und schön, doch der Held, weiß, dass er dort leider keine Entwicklungsmöglichkeit mehr hat. Er/Sie ist wohlbehütet, aber gleichzeitig gebunden und unfrei, ja unterschwellig auch gefangen. Nur so stößt der Ruf zum Abenteuer auf fruchtbaren Boden.

Diese sichere Welt stellt einen großen Kontrast zu der neuen, spannenden, abenteuerlustigen Welt, die sich dem Helden bald eröffnen wird.

DEINE EIGENE HELDENREISE

HAUSAUFGABE NR. 1.