Relative Solmisation

Malte Heygster

Relative Solmisation

Grundlagen · Materialien · Unterrichtsverfahren

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Bestellnummer SDP 60

ISBN 978-3-7957-8608-3

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Als Printausgabe erschienen unter der Bestellnummer ED 21037

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Inhalt

Vorwort

I.  Allgemeines zum Unterricht mit relativer Solmisation

1.    Wirkungsweise der relativen Solmisation

2.    Grundzüge der Methodik und Didaktik

3.    Diversitäts- und Nukleusverfahren

II.  Unterricht mit relativer Solmisation

1.    Unterrichtsinhalte der Grundbildung in Musikschule, Grundschule und Kinderchor

1.1   Tonkreis s-m (Rufterz)

1.2   Rhythmus

1.3   Tonkreis l-s-m (Leiermelodik)

1.4   Textlieder werden in Solmisation übertragen (theoriefreie Analyse)

1.5   Tonkreis l-s-m-r

1.6   Tonkreis d’-l-s-m-r (vollständige Pentatonik ohne Grundton d )

1.7   Tonkreis l-s-m-r-d (vollständige Pentatonik mit Grundton d )

1.8   Tonkreis d’-l-s-m-r-d (Pentatonik)

1.9   Tonkreis d’-l-s-m-r-d-l,-s, (vollständige Pentatonik)

1.10 Tonkreis s-f-m-r-d (Dur-Pentachord)

1.11 Tonkreis l-s-f-m-r-d (Dur-Hexachord)

1.12 Tonkreis Dur r’-d’-t-l-s-f-m-r-d-t,-l,-s,-f, (vollständig unalterierte Diatonik)

1.13 Tonkreis Moll l-s(si)-f-m-r-d-t,-l,

1.14 Tonkreis zwischen Dur und Moll changierend

1.15 Tonkreis Kirchentonarten

1.16 Tonkreis Chromatik

1.17 Tonalitätsfreie Musik

2.    Andere Unterrichte mit Solmisation

2.1   Vorschulalter

2.2   Unterricht in weiterführenden Schulen

2.3   Instrumentalunterricht

2.4   Theorie

3.    Chor

3.1   Solmisieren im Chor

3.2   Einstimmig mit Einsingmelodien

3.3   Mehrstimmig

3.4   Rückungen (Verschieben) von Akkorden

3.5   Atonale Chormusik solmisiert

III.  Begriffe, Definitionen und Hintergründe in Stichworten von A bis Z

IV.  Anhang

Klaviersätze

Verzeichnis der textierten Lieder

Vorwort

Solmisationsgestützter Unterricht – uralt nach seiner Entstehungsgeschichte und brandaktuell in seiner heutigen Methodik – verwendet Verfahren, die den hohen qualitativen Ansprüchen eines jeden Musikunterrichts in der Gruppe, Klasse oder einzeln genügen. Daher ist die solmisationsgestützte Methodik heute in mehr Chören, Musikschulen und Musikhochschulen sowie in mehr Kindergärten, Schulen und Universitäten fester Bestandteil des Ausbildungsangebots als vor zehn Jahren. Das liegt sicher auch daran, dass die relative Solmisation gleichermaßen eine Gänsehaut auslösen und intellektuelles Musikverstehen begründen kann. In Zusammenarbeit mit Manfred Grunenberg erschien 1998 unser Handbuch der relativen Solmisation. Seit dieser Zeit haben wir durch das Unterrichten in Musikschulen, Universitäten und Musikhochschulen sowie in Lehrgängen und Projekten für alle musikpädagogischen Ziele viele Erfahrungen gesammelt, die ein neues Erkennen und Definieren des Themas entstehen ließen.

Die Diskussion über Musikunterricht hat sich erweitert. Von der Pädagogik wird heute mehr systematische Qualität gefordert. Die allgemeine Pädagogik, die Neurowissenschaften, die kognitive Psychologie und andere Wissenschaften haben mit ihrer Forschung die Musikpädagogik bereichert und die Vielfalt didaktischer Verfahren noch wachsen lassen. Mit dem heute stärkeren Interesse der Gesellschaft an kultureller Bildung ist die Musikpädagogik auch zu einem politischen Thema geworden. Sie steht auf dem Prüfstand und ringt um zeitgemäße Wege der Musikvermittlung an möglichst viele Menschen jeden Alters. Wir wollen zu diesen Entwicklungen einen Beitrag leisten.

Mit der vorliegenden Neuauflage des Handbuchs unter dem veränderten Titel Relative Solmisation ist nun ein überwiegend neues Buch entstanden. Es befasst sich mit gesungenem und mit instrumentalem Musizieren. Es stellt die Verläufe dar, die in allen Unterrichtsformen das Spüren, Ausüben und Verstehen von Musik bewirken. Es beschreibt ebenso die Vorgänge, die zu elementarem Musikwahrnehmen führen wie die der Verinnerlichung komplexer musikalischer Zusammenhänge.

Den methodischen Abläufen im solmisationsgestützten Unterrichten wird in diesem Buch noch mehr Platz eingeräumt als im Handbuch des Jahres 1998. Im I. Teil werden Grundzüge der Didaktik formuliert, im umfangreichen II. Teil Unterrichtswege beschrieben und Unterrichtsmaterialien für jeden Tonkreis vorgelegt. Weitergehende Definitionen und theoretische Hintergründe liefert der III. Teil. In der Hoffnung, dass sich die Wirkung der relativen Solmisation aus der Anschaulichkeit der Anwendungen mit klingenden Beispielen erschließt, wird die Praxis vor die erklärende Theorie gestellt. Denn auch die Lernenden im Unterricht erleben zunächst methodische Abfolgen und die aus ihnen folgenden Aktivitäten, um zuletzt die Theorie zu begreifen. Ein Grundsatz der (solmisationsgestützten) Methodik lautet, dass Kompetenzen sich durch Handeln aufbauen, nicht durch Erklärung.

Alle im Buch beschriebenen Unterrichtsabläufe sind vielfach und von zahlreichen Lehrkräften, Chorleiterinnen und Chorleitern erprobt. Die teilweise sehr detaillierten Ausformulierungen unterrichtlicher Vorgänge sollen Kleinschrittigkeit und grundlegende Logik beispielhafter Lösungen aufzeigen. Auch die genauesten Beschreibungen geben jedoch einen wesentlichen Bestandteil von Unterricht nicht wieder: die persönliche Färbung des Unterrichtsgeschehens durch die Unterrichtenden, die Lernenden und die Unterrichtssituation. Für die Leserinnen und Leser bleiben die Abläufe graue Theorie, bis sie sie durchgespielt, mit ihrer Individualität verknüpft und mit Lernenden angewandt haben. Dabei werden die Abläufe wahrscheinlich abgewandelt.

Nicht für alle Lieder und Melodien werden methodische Vorschläge geliefert. Selbst Finden ist immer besser. Das Vermitteln von Musik verträgt und verlangt unerschöpflich viele Ausformungen. Unterrichtsstile ändern sich mit der Zeit. Aber die Forderung nach durchdachten Abläufen und pädagogischer Zugewandtheit ist unabhängig vom Zeitstil. Dieses Buch beschreibt Methoden der praktischen Musikvermittlung. Es berichtet systematisch von Erfahrungen und Erlebnissen und zieht aus ihnen theoretische Schlüsse. Aber es erhebt keinesfalls den Anspruch, alle praktischen und wissenschaftlichen Aspekte der solmisationsgestützten Methodik vollständig zu erfassen.

Der historische Begriff »Solmisation« ist aus der alten Benennung der Rufterz sol-mi entstanden. Aus Gründen der Sanglichkeit sind diese Silben schon im 19. Jahrhundert in so-mi umgewandelt worden. Demnach müsste der korrekte Name für den Überbegriff »Somisation« heißen. Jedoch hat sich weltweit der Name »Solmisation« so stark eingeprägt, dass er nicht ersetzt werden soll.

Manfred Grunenberg konnte sich am vorliegenden Buch Relative Solmisation nicht mehr als Autor beteiligen, weil seine neue Berufsausrichtung ihm dafür keinen Raum lässt. Er hat jedoch die Entstehung durch sorgfältiges Lesen der Manuskripte begleitet und wertvolle Anregungen gegeben, für die ich ihm herzlich danke.

Alle Inhalte dieses Buches habe ich gemeinsam mit anderen und von anderen gelernt. Im Kollegium der Musik- und Kunstschule Bielefeld haben wir die Grundsätze der kodályschen Musikpädagogik in einer zweijährigen Fortbildung von dem Budapester Hochschullehrer Gábor Friss erfahren. Mit verändertem Denken haben wir danach als Team die Erkenntnisse weiterverarbeitet und als Praktiker laufend den Bedürfnissen der Kinder und der Zeit angepasst.

Die Kinder in Musik- und allgemeinbildenden Schulen, Chorsängerinnen und -sänger, die Studierenden in Hochschulen und Universitäten, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Mitdozenten von Kursen und musikpädagogischen Projekten, alle haben mit ihrem kritischen oder beifälligen Echo mein Nachdenken und die Lust an immer neuem Ausprobieren angeregt. Ihnen allen möchte ich dafür danken, nicht zuletzt dem unermüdlichen und kreativen Lektor dieses Buches, Joachim Klück. Für die Arbeit an dem Buch wurde mir wieder der Rücken freigehalten, großer Dank an Hella.

Bielefeld, im März 2012Malte Heygster

I.Allgemeines zum Unterricht mit relativer Solmisation

1.  Wirkungsweise der relativen Solmisation

Die relative Solmisation singt Melodien auf Silben:

Die Silben verweisen auf innere Zusammenhänge der Musik. Der Sinn der Silben erschließt sich beim Singen, zunehmend bei mehrfachem Singen. Noch deutlicher zeigt er sich, wenn gleiche Silbenfolgen in anderen Melodien auftreten. Die Silben benennen einzelne Töne. Jedoch gibt die Silbenfolge auch den Zusammenhalt der ganzen Melodie zu erkennen, die Silben sind musizierbares Material. Die relative Solmisation eignet sich gleichermaßen zu elementarem Musizieren wie zur Wiedergabe großer Kunst.

Die gehörte Melodie wird zunächst in ihrer Ganzheit wahrgenommen. Bei wiederholtem Hören und Singen bekommen Einzelheiten der Melodie ihre Bedeutung. Die Verbindung von so nach fa klingt anders als die von fa nach mi. Auch wirkt mi-re nicht wie re-do, obwohl beide Tonverbindungen gleiche Intervalle darstellen. Jede Tonverbindung hat ihre eigene klingende Färbung, ihre musikalische Identität aus dem tonalen Zusammenhang. Jeweils zwei Silben bilden den Namen für die Verbindung zweier Töne zueinander, für die Tonbeziehung.

Sie ist ein wesentlicher Träger musikalischer Emotionen. Die Silbenfolge für die Tonbeziehung prägt sich schneller ein als ihr eigentlicher Klang. Bei häufigem Singen und Hören tragen aber die Silben den eigentlichen Klang der Tonbeziehung, nämlich den tonalen Affekt (→ diatonischen Affekt), in die Wahrnehmung und in die Erinnerung. Dann wird eine Tonverbindung auch ohne Silben in ihrem Zusammenhang erkannt.

Die tonalen Affekte finden sich in jeder Tonhöhe wieder. Die Tonfolge so-fa-mi-re-mi beispielsweise hat in jeder Tonart trotz der unterschiedlichen Tonhöhe eine identische Wirkung:

Vertraute tonale Affekte werden auch in neuen Melodien wiedererkannt. Verinnerlichtes Tonmaterial lässt eine unbekannte Musik mit gleichem Material nie völlig fremd erscheinen. Das ist einer der Hauptgründe für das Singen mit Solmisationssilben. Ist die oben angeführte Melodie verinnerlicht, wird auch die folgende Tonfolge Vertrautheit auslösen:

Die relative Solmisation verdeutlicht die Verwandtschaft von Melodien mit gleichem Tonmaterial. Die Rufterz (5–3) erklingt in vielen Kinderliedern. Hänschen klein und die Spott-Arie des Figaro auf den jugendlichen Cherubin Non più andrai (Nun vergiss leises Fleh’n) aus Mozarts Oper Die Hochzeit des Figaro bestehen beide aus der Rufterz und der darunterliegenden kleinen Terz:

Auch Mussorgsky wählt die Rufterz zur Charakterisierung spielender Kinder:

Die Tonbeziehungen einzeln mit Silben zu benennen bedeutet, sie zu unterscheiden. Das Singen auf Silben schafft Empfindsamkeit für die Verschiedenartigkeit der Tonbeziehungen. Es bewirkt ein Wiedererkennen der Unterschiede, wenn diese auch meistens nicht sofort auf die Ebene bewussten Wahrnehmens gelangen.

Das Tonsystem der Diatonik besteht aus physikalisch zu erklärenden Naturgegebenheiten, die für künstlerische Ziele geformt werden. Es hat nur sieben Stammtöne, entsprechend kommt die Solmisation mit sieben Stammsilben aus. Dieses Tonmaterial bildet ein klangliches Beziehungssystem, in dem jeder Ton eine Funktion hat, etwa der Grundton mit seiner das Ende einer Melodie anzeigenden Wirkung (Finalwirkung). Die relative Solmisation hat also nicht nur die Aufgabe, einzelne Tonbeziehungen durch Benennung fasslich zu machen. Mehr noch drückt sie die Funktionalität aller Tonbeziehungen zueinander aus. Die Tonleiter, der Dreiklang und andere Patterns sind systematische Darstellungen des diatonischen Tonmaterials. Sie sind wie ein Gerüst, in das jede Melodie eingehängt ist und dort ihren Halt findet. Die Vokabeln der relativen Solmisation benennen sowohl das Gerüst als auch seine künstlerischen Ausformungen.

Wer das gesamte diatonische Gerüst verinnerlicht hat, begegnet in jeder diatonischen Melodie und Harmonie den vertrauten Bausteinen und Emotionsträgern. Keine unbekannte Musik ist dann vollständig fremd, höchstens überraschend, und das Erstaunen darüber kommt auf, wie die Komponisten das begrenzte Tonmaterial zu immer anderen musikalischen Aussagen formen. So wachsen die musikalische Genussfähigkeit und der Sachverstand gleichermaßen.

Der Jüngling Mozart konnte die geheim gehaltene Messe in der Sixtinischen Kapelle nur deshalb nach dem Hören niederschreiben, weil er mit dem diatonischen Tonsystem innigst vertraut war. Eine indische oder balinesische Musik wäre wohl auch für sein Gedächtnis nicht zu erfassen gewesen. Mit relativer Solmisation werden die tonalen Zusammenhänge gezielt in die Wahrnehmung geführt. Theoretischer Umgang mit Musik strebt Ähnliches an. Mit der Solmisation gelingt es allerdings, die Welt der Diatonik theoriefrei zu verinnerlichen. Ihre Sinnlichkeit und ihr ästhetischer Reiz wirken unmittelbar, sie bereiten das spätere Verstehen vor.

Solmisationsgestützte Methodik wird eingesetzt, damit Musik intensiver erfahren und kompetenter wiedergegeben werden kann. Jedoch ist das Verinnerlichen der Silben kein eigenständiges Lernziel. Der methodische Auftrag besteht nicht einfach darin, Melodien zu solmisieren. Das Solmisieren ermöglicht spürendes Wahrnehmen und Verstehen und schafft damit, das zu vermitteln, was an der Musik wesentlich ist. Es wird von den Menschen → affektiv aufgenommen. Das Vermitteln von Solmisation entbindet die Lehrenden allerdings nicht von den üblichen Aufgaben des Musikunterrichtens. Solmisation gibt ihnen aber die Chance, die Lernenden noch näher an die Musik heranzuführen. Solmisationsgestützte Musikpädagogik fordert von den Lehrenden aufwendige Gründlichkeit beim didaktischen Denken und Vorbereiten, bei der Auswahl und beim Üben der Lieder und Melodien. Sie setzt voraus, dass sich die Lehrenden musikalische und methodische Intensität »zutrauen«, dann aber auch, dass sie sich »trauen«, diese Intensität bei den Lernenden durchzusetzen. Lehrkräfte fragen gelegentlich, ob solche Dichte des Unterrichtens in unserer Zeit von den Lernenden aufgenommen werde, ob sie überhaupt für die geforderte Konzentration und Systematik offen seien. Sie fragen, ob sie nicht mit solch systematischer Arbeit einen Aufwand betreiben, der im robusten Schulalltag keine Wurzeln schlagen könne. Wenn sie sich dennoch entscheiden, ganz oder teilweise den Weg über die Solmisation mit ihrer methodischen Beharrlichkeit zu gehen, sind sie meist überrascht, wie dankbar und erfolgreich die Lernenden reagieren. Sie erkennen dann, dass die aufwendige Methodik des Hinführens zu intensivem Spüren den Lernenden hilft, aus der Zerstreutheit des Alltags zur Konzentration zu kommen. Insofern gibt die Methodik mit relativer Solmisation Antworten auf drängende Probleme der Zeit.

2.  Grundzüge der Methodik und Didaktik

Musikpädagogik will Wahrnehmung auslösen. Zu diesem Zweck lässt sie die Lernenden eine Melodie immer wieder hören, singen und spielen. Die → häufige Begegnung mit Melodien ist ein wesentliches Merkmal auch der solmisationsgestützten Methodik. Durch sie vertieft sich oberflächliches Hören, die Melodie dringt tief in die Wahrnehmung ein und verankert sich in der Erinnerung.

Häufige Wiederholungen sind Lernenden dann zuzumuten, wenn wechselnde Wahrnehmungsziele beim Hören und Singen angeboten werden. Dazu eignen sich Handlungen der elementaren Musik- und Bewegungspädagogik, ebenso die Handgesten der Solmisation und Instrumentalbewegungen. Die Handlungen sind methodische Werkzeuge zur Verinnerlichung der Musik. Sie machen das Hören zu einer Aktivität. Danach wird eine Melodie auch ohne Aufforderung in der inneren Klangvorstellung auftauchen; die Lernenden singen sie oder »denken« sie auch nur.

Auf diese Weise wird musikalischer Besitz erworben. Er führt zu einer individuellen Bindung an die Musik. »Meine« Musik hat eine Wirkung auf mich, die ich annehme und die mich bewegt. Musikpädagogik begnügt sich nicht damit, zu lehren, wie eine Melodie wiedergegeben wird. Vielmehr will sie vorher die Melodie an die lernende Person binden. Die vokale oder instrumentale Technik des Wiedergebens der Melodie ist dann nur ein weiterführender Schritt, der seine Plausibilität und Leichtigkeit aus dieser Bindung erhält. Wenn eine dozierende Lehrkraft ausschließlich auf das Zuhören baut, festigen sich lediglich Bruchteile von Unterrichtsinhalten in der Erinnerung. Das bestätigt den bewährten musikpädagogischen Grundsatz, nach dem Lernzuwachs nicht durch Zuhören, sondern durch Handeln entsteht. Schon Konfuzius hat 500 Jahre v. Chr. diese Erkenntnis für alles Lernen formuliert.1 Die Musikpädagogik hat die besondere Chance, ihre sämtlichen Inhalte durch körperliche Aktionen sinnlich wahrnehmbar zu machen, damit in der Erinnerung zu verankern und schließlich in die Verstandesebene gelangen zu lassen. Handelnde Aktivität als Lernmittel ist auch deshalb erfolgreich, weil die selbst durchgeführte Aktion den Lernenden die Identifikation mit dem Inhalt erleichtert. Dem Lernvorgang wird der Beigeschmack der aufnötigenden Anordnung genommen, wenn er zu selbstbestimmter Aktivität der Lernenden führt. Während die Unterrichtsinhalte durch »Eintrichtern«, »Belernen« und »Schulen« vielleicht fremd bleiben, können Lernende durch eigenes Tun die Inhalte in eine Beziehung zu sich selbst setzen.

Wenn die Wahrnehmung des Klangs vorrangiges Ziel der Musikpädagogik ist, kommt der Quelle des Klangs eine große Bedeutung zu. Wie gelangt der Klang zu den lernenden Personen? Anfangs sind die Lehrenden die Quelle des Klangs. Eine Melodie wird vorge-sungen. Das ist der Idealfall der Klangvermittlung, weil die Stimme personenbezogen ist und die Melodie auf sinnliche Weise präsentiert.

Dazu muss die Lehrkraft keine gute oder ausgebildete Stimme haben. Aber sie bekennt sich mit ihrem Singen zu ihrer Musik, sie offenbart Identifikation und Freude. Methodik (mit relativer Solmisation) ist erfolgreich, wenn Lehrkräfte ihre Person in die Waagschale werfen, indem sie deutlich machen, dass sie den Stoff nicht nur »abspulen«, sondern von ihm berührt sind. Mit ihrer Stimme wenden sie sich unmittelbar an die Lernenden und geben zu verstehen, dass sie wichtig nehmen und lieben, was sie lehren. Sie formen damit auch die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden. Musikpädagogik will die Musik mit dem Menschen verbinden.

Die Lehrkraft soll eine Melodie nur dann vermitteln, wenn sie selbst eine gute Beziehung zu der Musik hergestellt hat, was ein aufwendiges Verfahren sein kann. Die erste Zuneigung zu einer Musik ist dabei ebenso unzuverlässig wie die erste Abneigung. Die Eignung einer Musik für den Unterricht stellt sich oft erst heraus, wenn die Lehrkraft sie lange Zeit für sich gesungen, methodische Verfahren mit ihr durchdacht und ausprobiert, sie mit ihrem Instrument gespielt und anderen vorgesungen hat. Dann kann sie die Musik auswendig darstellen, sie ist ohne Notenblatt authentischer.

Eine Melodie und ihre Töne bestehen aus Material, das mit den Sinnen wahrgenommen werden will. Das Erspüren von Musik (→ affektive Wahrnehmung) ist musikpädagogisch immer das erste Ziel, wenn es auch zum Lösen mancher musikalischer Aufgaben gar nicht befähigt. Der wesentliche Anteil von Musik gelangt zum Menschen über die affektive Wahrnehmung. Das wird deutlich, wenn hochkomplexe Musik ohne fachliches Wissen genussvoll aufgenommen wird. Ein Publikum kann kompositionstechnische Zusammenhänge erfassen, ohne die Regeln zu verstehen.

Das für Musik »zuständige« Sinnesorgan ist das Ohr. Musikpädagogische Verfahren sind erfolgreich, wenn die Musik unmittelbar in das Ohr und in die weitergehende Sinneswahrnehmung gelangt, der unmittelbare Klang hat immer Vorrang vor der Erklärung. Über die Sinne wird Musik vom Menschen direkt aufgenommen. Die persönliche Beziehung zu einer Melodie, die Inbesitznahme kann sich nur aus dem unmittelbaren sinnlichen Klang ergeben. Eine Erklärung musikalischer Vorgänge ist dagegen wie ein Bericht über Musik, weil sie Sinneseindrücke nur mittelbar vermittelt. Auch Noten, sie sind ja nur → Stellvertreter des Klangs, wirken zunächst nicht sinnlich. Die solmisationsgestützte Methodik kann jedoch dafür sorgen, dass die Noten an den Klang erinnern, ja sogar, dass die Noten Emotionen auslösen.

Selbst wenn Musiktheorie gelehrt wird, bleibt die affektive Wahrnehmung oberstes Ziel musikpädagogischer Arbeit. Nur intellektuelles Verstehen ohne Spüren wird der Musik nicht gerecht. Erst das Gespürthaben lässt umfassendes Verstehen von Musik zu. Verstehendes, bewusstes, kognitives Wahrnehmen entwickelt sich aus dem affektiven Wahrnehmen und bezieht es mit ein. Natürlich hat die Musikpädagogik den Auftrag, die Musik auch der Verstandesebene zuzuführen. Der Bildungsauftrag fordert zu Recht, dass musikalische Wahrnehmung und Aktivität zwei Säulen haben muss, das Spüren und das Verstehen.

Die Lehrenden stellen sicher, dass zu frühe Anforderungen an die kognitive Ebene nicht den so wichtigen Prozess des individuellen, erspürenden Findens unterbrechen. Er muss ja die Bindung an die Musik erst auslösen. Musiklehrkräfte neigen dazu, den Weg des Findens durch Erklärungen abkürzen zu wollen. Das ist eine Störung des Entstehungsprozesses der individuellen Beziehung, weil die Erklärung eine ganz andere Wahrnehmungsebene verlangt. Dadurch entstünde nur ein äußerliches, musiktechnisches Verstehen ohne sinnliche Verankerung. Im anderen Fall aber lösen die Lehrkräfte mit methodischer Fantasie immer neue affektive Zugänge zur Musik aus und der Weg zum Verstehen öffnet sich von allein.

Die Stimme als Quelle zu nutzen und auf diese Weise Persönliches an die Lernenden zu übermitteln, ist der Anfang. Mit dieser Grunderfahrung werden Melodien und → Patterns gelernt. Wenn ein Pattern zum Besitz geworden ist, kann es auch in anderen Erscheinungsformen als der gesungenen wiedererkannt und sinnlich empfunden werden. Diese sind dann Stellvertreter des Klangs: Die Stimme wird durch den Instrumentalklang, durch Handgesten oder ganz abstrakt durch Notation ersetzt. Wenn die Lernenden die Patterns in gesungener Form schätzen, werden auch die Stellvertreter das angenehme Gefühl der Vertrautheit herbeiführen.

Ein abwärtsgerichteter Molldreiklang etwa, durch Singen von Liedern und Melodien bekannt, wird durch die sprachlich-sangliche Kodierung mi-do-la, benennbar und damit konkret. Er wird Besitz. Die Notation des Dreiklangs wird so vermittelt, dass Klang, Tonnamen und Schriftbild in der Vorstellung miteinander verschmelzen. Die Sympathie der Lernenden für den Klang wird sich auf die Schrift übertragen. Die Schrift wird eine Klangvorstellung auslösen ( → Lesen). Wenn die Silben der relativen Solmisation genutzt werden, um

Musik unmittelbar durch den Klang der gesungenen Stimme wirken zu lassen,

zusammenhängende musikalische Gestalten2 ausdrucksvoll zu musizieren,

über das eigene Singen eine »leibhafte«3 Beziehung zu Musik aufzubauen und

Zusammenhänge von Einzelheiten mit dem Ganzen spürbar und verständlich zu machen,

können sie für alle musikpädagogischen Ziele gute Dienste leisten.

3.  Diversitäts- und Nukleusverfahren

Um zu Begegnungen und Erfahrungen mit Musik zu führen, um musikalische Kompetenzen zu vermitteln, kann die Musikpädagogik ein buntes Angebot aus vielen Musikbereichen, Musikformen und -stilen vorlegen. Mit einem solchen Diversitätsverfahren entsteht eine Vorahnung vom Reichtum der Musik. Die Lernenden verinnerlichen aus einer bunten Vielfalt das, was sie anspricht, was ihrer Neigung und ihrem Erfahrungsstand entspricht. Kinder holen sich auf diese Weise von Geburt an ihre Erfahrungen. Die Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnisse entwickeln sich auf eher chaotische Weise, nicht über planende Systematik. Das ist das natürliche Lernen, es spielt eine gewaltige Rolle für alle Menschen. Es bleibt lebenslang ein ergiebiger Weg zu menschlicher Bildung und Weiterentwicklung.

Lehrkräfte, die sich des Diversitätsverfahrens bedienen, verlassen sich nicht nur auf die Kraft ihrer Unterrichtsverläufe. Sie bestehen vielmehr weder darauf, mit ihrer unterrichtlichen Energie allein die Entwicklung zu bestimmen, noch beschränken sie sich darauf, ihre Inhalte mit methodischer Beharrlichkeit tief zu verankern. Sie haben im Blick, dass auch die Einflüsse der Umwelt die Lernenden prägen, und verlassen sich darauf, dass sich die Mosaiksteine der vielen Einflüsse schließlich zu einem stimmigen Bild zusammenfügen werden.

Es wäre widersinnig, das Lernen als einen von der Umwelt abgekoppelten Vorgang betreiben zu wollen. Oft ist es schwer auszumachen, ob der Unterricht oder die Umwelt für die Entwicklung der Lernenden wichtiger ist. In der Musikpädagogik hat diese Erkenntnis bisweilen eine geringe Rolle gespielt, obwohl die musikalische Umwelt immer schon und heute in besonderer Weise wirksam war und ist. Wäre dann das Diversitätsverfahren ideal für musikalisches Lernen? Tatsächlich nutzt die Musikpädagogik es kaum in reiner Form. Dies hat zwei wesentliche Gründe:

1.Um in die komplexe Wahrnehmungs- und Technikwelt der Musik »einsteigen« zu können, brauchen Lernende am Beginn die gesammelte Konzentration auf ein einfaches Modell als Ausgangspunkt der Entwicklung von Fertigkeiten und Fähigkeiten.

2.Mit dem Diversitätsverfahren entstehen die Fertigkeiten und Fähigkeiten unkontrolliert. Es ist schwer abzuschätzen, auf welchem Weg und in welcher Zeit die Fähigkeiten und Kenntnisse stabil werden. Manche Erwartungen unserer Gesellschaft an die Musikpädagogik lassen kein Vertrauen in dieses Verfahren aufkommen, zumal befürchtet wird, dass dessen Ergebnisse Spitzenleistungen ausschließen.

Daher ist die musikalische Ausbildung fast immer eine Mischform aus dem Diversitäts- und dem Nukleusverfahren, das an den Anfang der Ausbildung einen markanten exemplarischen Lerninhalt, einen Kern (Nukleus) stellt. Sorgfältige Unterrichtskonzeptionierung legt in der Folge um den Kern herum weitere Inhalte, die die Fertigkeiten und Fähigkeiten konsequent aufbauen. Der Nukleus kann ein leicht zu erkennendes kleines Lied, eine einfache Melodie oder auch ein einfacher Rhythmus sein. »Leicht« bedeutet hier: kurze Dauer, geringtöniges Tonmaterial, wenige Rhythmuswerte. Damit werden systematisch drei Fähigkeiten aufgebaut und gefestigt: Musik wahrzunehmen, sie wiederzugeben und in der Erinnerung zu speichern. So verzichtet das Nukleusverfahren zunächst darauf, die glanzvolle Reichhaltigkeit der musikalischen Welt vorzuführen. Dafür liefert es die Möglichkeit, einen kleinen Ausschnitt aus der Vielfalt sehr gründlich kennenzulernen. Die Lernenden schaffen es schnell, die Kerngestalt wahrzunehmen und eigenständig wiederzugeben. Dieses Können führt zur Internalisierung; eine persönliche Beziehung zu der Musik, musikalischer Besitz entsteht. Ist der Kern verinnerlicht, fügt das Nukleusverfahren weiterführende Unterrichtsinhalte hinzu, deren neue Anteile kleiner sind als die Schnittmenge mit dem bereits verinnerlichten Kern.

Üblicherweise versucht sich die Musikpädagogik mit dem aufbauenden Nukleusverfahren, schon allein weil am Anfang eben nur eine Musik stehen kann. Peter Röbke und Natalia Ardila-Mantilla weisen allerdings mit den Begriffen »wildes Lernen«4 und »informelles Lernen« darauf hin, dass ausschließlich unterrichtlich gesteuertes und ausschließlich geplantes Lernen kaum funktionieren kann. Wir wissen heute, dass das Können und Handeln der Lernenden zu großen Teilen nicht ein Produkt gezielten Unterrichts ist, sondern mindestens im gleichen Ausmaß durch andere Beeinflussungen entsteht.

Tatsächlich wäre es utopisch und sinnlos, nach dem Anfang ein System des stur folgerichtigen Aufbaus aller Bereiche der musikalischen Ausbildung »durchziehen« zu wollen, dazu sind sie zu vielschichtig und zu stark verwoben. Alle Schulbücher und Instrumentalschulen zeugen von der Unmöglichkeit dieses Ziels. Auch entspräche ein durchgehendes Nukleusverfahren nicht den Lernbedürfnissen der meisten Lernenden (vgl. dazu Röbke/Ardila-Mantilla). Daher entstehen in der musikalischen Ausbildung immer Mischformen aus dem Diversitäts- und dem Nukleusverfahren.

Der Nukleus solmisationsgestützten Unterrichtens ist eine kurze Melodie in einem geringtönigen → Tonkreis. Die Erfahrungen der Lernenden mit den musikalischen Parametern wachsen dann durch behutsame Ausweitung des Ton- und Rhythmusmaterials. Ebenso legt die solmisationsgestützte Methodik die Entwicklung der emotionalen und intellektuellen Wahrnehmung planmäßig an. Im Nukleusverfahren treffen die Lernenden anfangs auf einfache Lieder mit niedriger → Reizschwelle, auf die Musik mit zunehmend vielfältigerem Ausdruck folgt. Die Vielfalt und Buntheit wird aus der Erfahrung mit dem Einfachen intensiver erlebt, vielleicht sogar intensiver als beim Diversitätsverfahren. So bietet solmisationsgestützte Musikpädagogik einen roten Faden für den langfristigen Unterrichtsverlauf. Der konsequente Aufbau der Wahrnehmung von erst wenigen und zunehmend mehr Tonbeziehungen bis zur Zwölftönigkeit bildet eine stützende Struktur für Lernende und Lehrende. Sie ordnet den Unterrichtsverlauf, schafft Ruhe im Lernen und lässt dabei alle Freiheiten der Literatur- und Methodenwahl. Eine den Unterricht erfrischende Wirkung haben dann vom roten Faden abweichende »diverse« Unterrichtsinhalte. Sie geben dem Lernen zusätzlichen Schwung. Der Wechsel verdeutlicht die Qualitäten beider Verfahren. Die folgerichtige Konsequenz des einen gefällt als »ruhiges Fahrwasser«, während der häufige Richtungswechsel des anderen munter macht. Beides wird von den Lernenden erkannt und geschätzt.

Die schließlich erzielte Vertrautheit mit allen Silben und Tonbeziehungen wird genutzt, um Modulationen und Melodien, Formen und Farben, Stimmungen und Bedeutungen in der Musik aller Stile wiederzugeben, zu erkennen, einzuordnen und wertzuschätzen. Der ästhetische Reiz der Solmisation verknüpft in jedem Stadium musikalischen Handelns die sinnliche mit der verstehenden Wahrnehmung.

II.Unterricht mit relativer Solmisation

1.  Unterrichtsinhalte der Grundbildung in Musikschule, Grundschule und Kinderchor

Grundbildung5 für Kinder oder Erwachsene braucht das Diversitätsverfahren mit Liedern für alle Anlässe und Stimmungen, mit Kinderliedern, Musik aus den Charts, Instrumentalmusik, »Omaliedern« … Jedoch lieben Kinder wie Erwachsene auch die Intensität des Nukleusverfahrens. Es dient daher in Mischform mit dem Diversitätsverfahren als Richtschnur für solmisationsgestützten Unterricht. Dieses Buch beschreibt überwiegend das Verankern und Erweitern des Nukleus. Solmisationsgestützte Grundbildung beginnt das Nukleusverfahren mit textierten Liedern und solmisierten Melodien eines eingeschränkten Tonkreises, meistens des Tonkreises der Rufterz so-mi, dem 5. und dem 3. Ton der Durtonleiter. Manche Lehrkräfte wählen für den Anfang auch die drei ersten Töne der Durtonleiter abwärts, mi-re-do.

Die hier angeführten Lieder sind Vorschläge, die sich im Unterricht bewährt haben. Sie können durch andere Lieder des gleichen Tonkreises ersetzt werden. Es werden zudem sehr viele Melodien pro Tonkreis angegeben, die keineswegs alle mit den Kindern gelernt werden sollen. Sie dienen der Auswahl oder der Anregung zum selbst Finden. Wenn eine Melodie und zwei bis drei Textlieder pro Tonkreis zum Besitz der Lernenden werden, schafft das erfahrungsgemäß eine gute Basis für die weiteren Lernschritte.

Hier werden methodische Vorschläge beschrieben, die zunächst die Wahrnehmung und dann die Wiedergabe von Musik durch Singen und Spielen auslösen, beginnend mit den Unterrichtsinhalten einer ersten Stunde. Dem folgen Schritte, die eine eingehende Vertrautheit mit der Melodie fordern, also für viel spätere Stunden aufzusparen sind. Schließlich werden in diesem Kapitel auch Lernschritte beschrieben, die erst zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt und erst nach ausführlicher musikalischer Vorbildung einen Sinn ergeben. Theoretische Hinweise werden den methodischen Anregungen angefügt, wenn sie zur Anwendung der Verfahren unmittelbar benötigt werden. Weiterführende theoretische Erläuterungen finden sich im dritten Teil; Verweise dorthin sind mit einem Pfeil (→) gekennzeichnet.

1.1.Tonkreis s-m (Rufterz)

Der Tonkreis »Rufterz« enthält die Tonverbindung so-mi (5. und 3. Ton einer Durtonleiter) und dessen Umkehrung mi-so; geschrieben in → Buchstabennotation (Buno): s-m bzw. m-s .

Zwei didaktische Modelle

1. Das Steinspiel

Lernziele:

Eigenes Handeln von Musik bestimmen lassen; einen Melodieverlauf als Form erkennen; einen Spannungsbogen empfinden; Metrum spüren; die Rufterz in ihrer Kodierung als s-m erfahren; gezieltes Aufmerken; ruhevolles Umgehen mit Musik; Singen; Musik besitzen; Musik genießen; Genießen von einfachen Reizen; Musik als Gemeinschaftsaktion empfinden; allmähliches Erspüren musikalischer Zusammenhänge …

Die Steinmelodie: