Mathilda Grace

KLEINE HÄPPCHEN

 

 

Kleine Häppchen

2. Auflage, Februar 2019

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

© 2019 Mathilda Grace

Am Chursbusch 12, 44879 Bochum

Text: Mathilda Grace 2015/2018

Foto: Engin_Akyurt; Pixabay

Coverdesign: Mathilda Grace

 

Web: www.mathilda-grace.de

 

Alle Rechte vorbehalten. Auszug und Nachdruck, auch einzelner Teile, nur mit Genehmigung der Autorin.

 

Sämtliche Personen und Handlungen sind frei erfunden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kurzgeschichtensammlung

 

 

Liebe Leserin, Lieber Leser,

 

ohne deine Unterstützung und Wertschätzung meiner Arbeit könnte ich nicht in meinem Traumberuf arbeiten.

 

Mit deinem Kauf dieses E-Books schaffst du die Grundlage für viele weitere Geschichten aus meiner Feder, die dir in Zukunft hoffentlich wundervolle Lesestunden bescheren werden.

 

Dankeschön.

 

Liebe Grüße

Mathilda Grace

 

 

Eine Sammlung von 19 Kurzgeschichten in Anlehnung an meine Ostküsten-Reihe. Die Charaktere werden sich von Geschichte zu Geschichte abwechseln. Es gibt dabei keinen genauen Plan oder gar eine feste Storyline.

 

 

Bislang unveröffentlicht:

 

1. Happy Halloween

2. Der Baum ist weg

 

 

Danksagung

 

Ein großes Dankeschön gilt zuallererst meinen Lesern, die seit dem Jahr 2009 die Geschichten meiner Ostküsten-Reihe mit wachsender Begeisterung begleiten und es jedes Mal kaum erwarten konnten, wenn wieder ein Abenteuer rund um Adrian und seine riesige Wahlfamilie anstand.

 

Weiterhin bedanke ich mich bei meinen geduldigen Fehlerfindeln, die es mit mir wahrlich nie leicht haben. Ich sage nur: Kommasetzung & Bandwurmsätze.

 

Auch meiner Familie gilt mein Dank, weil sie mich immer unterstützt, obwohl ich über das Schreiben regelmäßig vergesse sie anzurufen, bis Mum sich dann irgendwann zu fragen beginnt, ob ich vielleicht schon tot unterm Schreibtisch liege. Ich bin furchtbar, ich weiß. ;-)

 

Liebe Grüße

eure Matty

 

 

Süßes oder es gibt Saures

(wahlweise auch einen Tritt in den Hintern)

 

Eigentlich hat Adrian Quinlan nichts gegen Halloween. Eigentlich findet er das Fest der Geister, Untoten und Kürbisse sogar ganz lustig. Doch seit Anfang Oktober treibt irgendjemand seltsame Scherze mit ihm und als dann in seiner Garage eine Leiche hängt, wird aus dem anfänglichen Spaß plötzlich gruseliger Ernst.

 

 

Kapitel 1

 

»Hast du den Kürbis verstellt?«

»Hm?«, fragt David zerstreut und starrt mit gerunzelter Stirn auf die unfertige Skizze neben seinem Frühstücksteller. Er arbeitet seit Wochen an dem herbstlichen Landschaftsbild, das müsste der elfte oder zwölfte Versuch sein, aber irgendetwas stört ihn jedes Mal daran und er kommt einfach nicht darauf.

»Der Kürbis auf unserer Veranda. Hast du ihn auf die andere Türseite gestellt?«

»Wieso sollte ich?«, murmelt er irritiert und beißt von seinem Toast ab.

Einem trockenen Toast und das fällt ihm dann auch auf. Er verzieht das Gesicht und bringt mich damit zum Grinsen. Ich verkneife mir allerdings jeden Kommentar, während ich zusehe, wie er Erdbeermarmelade auf dem Toast verteilt und dann erneut abbeißt. Dieses Mal folgt ein genüssliches Seufzen, das bei mir augenblicklich für Platzprobleme in der Hose sorgt.

Leider habe ich keine Zeit für mehr, ich bin eh schon spät dran. Nick bringt mich um, wenn er die Eröffnung für den Prozess allein machen muss. Er und Tristan sind im Stress, denn Halloween steht vor der Tür und sie sind mit den Zwillingen zu einer familiären Kostümparty in Cumberland eingeladen.

Was natürlich auch für uns gilt. Isabell ist gestern mit Tristan und seinen Jungs vorgefahren, wir folgen ihnen heute Abend, denn der Termin für den Mordprozess war mir einfach zu wichtig. Unser Mandant ist unschuldig, davon bin ich überzeugt, und ich werde nicht zulassen, dass der Mann wegen schlampiger Polizeiermittlungen verurteilt wird, nur weil er schwarz und arm ist.

»Wenn du mich weiterhin so anstarrst, schaffst du es garantiert nicht pünktlich ins Büro, und ich möchte mir nicht in meinen schlimmsten Albträumen vorstellen, was Nick dann mit dir anstellt«, reißt mich Davids belustigte Stimme aus den Gedanken und ich kann leider Gottes nicht verhindern, dass ich rot werde, weil er mich dabei erwischt hat, wie ich seine Lippen anschmachte. Wir haben irgendwie zu wenig Sex in letzter Zeit.

»Ich sehe dir an, was du denkst, aber das muss leider bis nach Halloween warten.«

Ich weiß, ich weiß. Murrend trinke ich meinen Kaffee aus und erhebe mich. »Nicht mal Zeit für einen Quickie hat man«, nörgle ich und drücke David einen Kuss auf seinen lachenden Mund, ehe ich aus dem Haus flüchte, bevor ich etwas Dummes tue und über ihn herfalle.

Auf der Veranda fällt mein Blick unwillkürlich auf unseren ausgehöhlten Kürbis, der gestern früh definitiv noch auf der anderen Türseite stand. Ich weiß nicht, ob es wirklich Zufall ist, aber in den vergangenen Wochen sind ein paar dieser ominösen Zufälle passiert, die außer mir irgendwie niemand zu bemerken scheint, und ich bin nicht sicher, ob das gut oder schlecht ist.

Ich bin definitiv überarbeitet, aber vor Weihnachten kann ich mir das Thema Urlaub abschminken, denn die Kanzlei erstickt in Arbeit. Nick hat acht offene Fälle auf dem Tisch liegen, ich aktuell sieben. Ein freier Tag oder ein, zwei Wochen sind da einfach nicht drin.

Das Garagentor ist offen.

Merkwürdig. Ich hatte es letzte Nacht zugeschlossen, da bin ich mir sicher. Mein Magen rumort leise, als ich das Tor vorsichtig öffne und einen Blick riskiere.

Es ist nichts zu sehen. Abgesehen von einer Leiche, die an der Decke baumelt.

Was zur Hölle ...?

Mein Aktenkoffer landet mit einem Poltern auf dem Boden neben mir und ich bin schon auf dem Weg zurück ins Haus, während ich noch nach meinem Handy suche.

David sieht verblüfft auf, als ich in die Küche stürme. »Hast du etwas vergessen?«

»In der Garage hängt eine Leiche.«

»Das ist nicht lustig«, erklärt David, nachdem er mich einen Moment sprachlos angestarrt hat.

»Siehst du mich etwa lachen?«, frage ich trocken und meine Finger zittern so heftig, dass ich es nicht schaffe, 911 zu wählen. Himmel noch mal, ich brauche wirklich ein paar freie Tage.

»Ich sehe nach.«

»Auf gar keinen Fall!«, fahre ich ihn an. »Das ist viel zu gefährlich.«

»Adrian, wie soll denn jemand eine Leiche in unserer Garage aufhängen können? Sie war abgeschlossen.«

»War sie nicht.«

»Was?«, fragt er verdutzt.

»Das Tor stand ein Stück offen.«

»Aber du hast es doch geschlossen.« David räuspert sich und ich weiß, was er als nächstes sagen will.

»Ja, ich habe das Tor gestern Abend geschlossen und danach abgeschlossen. Ich bin überarbeitet, nicht senil.«

»Adrian ...«

»Was?« Ich lasse verärgert das Handy sinken, um ihn wütend anzusehen. »Willst du mir jetzt auch erzählen, dass ich nur ein bisschen überspannt bin, so wie Nick es getan hat, als das mit der Tarantel war.«

»Welche Tarantel?«

Ups, davon habe ich ihm nichts erzählt. Mist. »Letzte Woche saß eine Tarantel mitten auf meinem Schreibtisch, als ich morgens ins Büro kam. Als ich Nick geholt habe, war sie weg.«

»Habt ihr sie gefunden?«

»Nein. Und Nick glaubt mittlerweile, ich hätte mir das bloß eingebildet, weil wir uns letztens diesen blöden Film über die Viecher angesehen haben.«

David erhebt sich und ist eindeutig sauer. »Also hast du einfach beschlossen, mir nichts davon zu sagen, weil ich dir bestimmt auch nicht geglaubt hätte, sehe ich das richtig?«

»Äh ...«

»Darüber unterhalten wir uns später. Jetzt gehen wir raus, sehen uns die Leiche an und rufen die Polizei.«

 

Die Garage ist leer.

Bis auf meinen Aktenkoffer, der auf der Motorhaube des BMW steht. Wie kommt er da hin? Ich hatte ihn fallenlassen, verdammt noch mal. Was ist hier eigentlich los? David wirft mir einen Blick zu, der eine Mischung aus einer Frage und leichter Sorge ist, während er sich umsieht und natürlich nichts findet. Er bleibt auf Höhe des Aktenkoffers neben meinem Wagen stehen und sieht mich nachdenklich an.

»Adrian, sei nicht sauer, aber vielleicht solltest du dir wirklich ein freies Wochenende gönnen.«

»Nein.«

»Adrian ...«

Mein warnender Blick lässt ihn verstummen. »Ich bin nicht verrückt und ich bilde mir das auch nicht alles ein. Weder die Tarantel noch den Kürbis oder diese Leiche. Von den anderen Dingen ganz zu schweigen. Krawatten verschwinden nicht einfach, schon gar nicht aus einem verschlossenen Auto. Und mein Parfüm hat sich auch nicht von selbst auf unseren Badezimmerfliesen verteilt, ebenso ist der Käfer freiwillig in den Salat gehüpft und dieses Klopfen in den Wänden ...«

»Klopfen in den Wänden?«, unterbricht David mich irritiert und ich ziehe eine Grimasse, als mir einfällt, dass ich ihm das auch nicht erzählt habe, weil ich dachte, ich hätte mich verhört. Die Leitungen und Rohre in unserem Haus machen ab und an Geräusche, das ist nichts Neues, aber ein anhaltendes und rhythmisches Klopfen gehört üblicherweise nicht dazu.

Als das mit der Krawatte und dem Parfüm passierte, glaubte ich anfangs wirklich noch an Zufälle. Immerhin ist morgen Halloween und es wäre nicht das erste Mal, dass man sich im Oktober in unserer Familie gemeine Streiche spielt. Nur scheinen weder David noch Isabell etwas bemerkt zu haben und ich glaube auch nicht, dass sie eine Leiche in die Garage hängen würden.

Davids Irritation ist längst einem beunruhigten Blick gewichen, als ich zu Ende erzählt habe. »Du hast dir als Anwalt nicht nur Freunde gemacht. Vielleicht ...«

Mein Kopfschütteln unterbricht ihn. Natürlich habe ich daran schon gedacht, aber das Parfüm lag auf dem Boden in unserem Badezimmer und dieses Klopfen kam ebenfalls von irgendwo aus dem Haus. Es gab keinerlei Einbruchsspuren an den Fenstern oder Türen, das habe ich längst überprüft.

»Ist sonst noch was passiert?«, will David daraufhin wissen und greift nach meinem Aktenkoffer, um ihn mir zu geben. »Was zum …?«

Er lässt ihn mit einem angewiderten Laut fallen und hebt seine Hand. Wir ziehen beide erschrocken die Luft ein, denn seine Finger sind rot. Ist das etwa …?

»Ach du Scheiße«, keucht David entsetzt und reagiert instinktiv, indem er sich die Hand an der Hose abwischt. Sein Blick findet meinen und als ich die Angst in seinen Augen aufflackern sehe, hält mich nichts mehr davon ab, das Handy zu nehmen und 911 zu wählen.

 

 

Kapitel 2

 

Die Polizei beschlagnahmt den Aktenkoffer und kann schon kurz darauf Entwarnung geben. Es ist Kunstblut. Ein harmloser Streich, nennt es der Beamte, wenn auch nicht im Mindesten lustig für uns. Und für ihn auch nicht, denn als ich ihm erzähle, was in den letzten Wochen noch alles vorgefallen ist, hört er auf zu grinsen und nimmt die Sache ernster.

Er fragt nach Feinden und wütenden Mandanten, ich zähle jeden auf, der mir einfällt, egal ob er im Knast sitzt oder nicht. Die Liste wird lang und eine Stunde später zieht Detective Banner wieder los, mit der Mahnung, die nächsten Tage ganz genau auf verschlossene Fenster und Türen zu achten. Zudem soll ich es vermeiden, irgendwo alleine hinzugehen und das dürfte bei der anstehenden Familienparty in Cumberland kein Problem sein.

Als mir dann endlich einfällt, dass ich eigentlich vor Gericht sein müsste, ist es natürlich längst zu spät. Nick verzichtet allerdings darauf, mir den Kopf abzureißen, nachdem er erfahren hat, was bei uns los ist.

Stattdessen befiehlt er mir, gefälligst mit dem Arsch zu Hause zu bleiben – O-Ton Nick –, auf David und mich aufzupassen und für die große Halloweensause in Cumberland zu packen. Er will uns später abholen und den Fahrer spielen. Aber vorher will er noch mal mein Büro nach der ominösen Tarantel absuchen lassen, sicher ist sicher, und vor allem, bei Gericht einige Termine auf den November verschieben.

 

»Vielleicht war es ja doch nur ein Scherz«, sagt David gegen Mittag, während er vor dem Kleiderschrank steht und mir über die Schulter einen Blick zuwirft, der mir ziemlich deutlich zeigt, dass er selbst nicht daran glaubt. »Okay, kein sehr guter, ich gebe es zu, und wenn Isa mit den Zwillingen nicht schon weg wäre, hätte ich die drei in Verdacht.«

»Nicht mal die Zwillinge würden so weit gehen, Trey. Halloweenscherze hin oder her, Kunstblut an meinem Aktenkoffer und eine aufgehängte Leiche in der Garage gehen eindeutig zu weit.«

»Die Cops haben nichts gefunden. Keine Spuren von einem Toten.«

»Eine Puppe?«, schlage ich vor und räume die bereits ausgesuchte Unterwäsche in meinen Koffer. »Witzig ist es deswegen noch lange nicht.«

»Das habe ich auch nicht ges... Oh mein Gott.«

»Was ist?« Ich fahre alarmiert zu ihm herum. David ist leichenblass und hält einen weißen Briefumschlag in der Hand, auf dem eine schaurige Fratze abgedruckt ist. »Woher hast du den?«

»Aus deinem blauen Jackett.«

»Das kann gar nicht sein, der Anzug war bis gestern Abend in der Reinigung« sage ich und sehe ihn nervös schlucken. »Ich rufe Detective Banner an.«

»Sollen wir ihn nicht vorher aufmachen?«

»Nein.« Ich schüttelte mit dem Kopf. Das könnte sonst etwas sein, bis hin zu einer Bombe. Auf gar keinen Fall will ich, dass David diesen Umschlag öffnet. »Leg' ihn auf den Boden und komm her. Aber langsam.«

»Du glaubst doch nicht …?«

Er bricht ab, als ihm klar wird, was ich vermute, und während ich dem Detective erzähle, was wir hier gerade entdeckt haben, sterbe ich gefühlte eintausend Tode, bis David den Brief nicht mehr in seinen Fingern hält und in sicherer Entfernung von dem Umschlag neben mir steht.

 

»Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.«

Der Cop läuft in unserer Küche auf und ab und wirft David und mir abwechselnd nachdenkliche Blicke zu. Seit zwei Stunden ist er wieder da und nachdem sich der Inhalt des Umschlags als harmloses Halloween-Gedicht entpuppt hat, sind wir alle etwas ruhiger. Wobei ruhig nicht das richtige Wort dafür ist, denn langsam frage ich mich ernsthaft, was das Ganze soll. Und damit stehe ich nicht allein da.

»Verstehen Sie das bitte nicht falsch, aber eine Bombe oder Morddrohung fände ich logischer.«

»Wie bitte?«, fragt David entrüstet und der Cop hebt entschuldigend seine Hände.

»Ich sagte doch, bitte nicht falsch verstehen, denn für einen albernen Scherz geht das viel zu weit. Dieses Gedicht ist mir zu harmlos, um nicht auffällig zu sein. Ich meine ...« Er nimmt das Blatt Papier vom Tisch und zitiert daraus:

 

»Sobald die Turmuhr Mitternacht schlägt,

ein Jeder eine Maske trägt.

Ein dunkles Grauen schleicht von Haus zu Haus,

es fordert die Lebenden heraus.

Auf eine sternenklare Nacht,

bald sind die Toten wieder wach.

Wenn Geister durch die Straßen ziehen,

freut euch, bald ist Halloween.«

 

Banner sieht frustriert aus. »Das kann alles bedeuten oder gar nichts. Aber Sie sind nun mal einer der besten Anwälte der Stadt und Sie haben Feinde. Einen solchen Aufwand betreibt nach meiner Erfahrung niemand, der Ihnen zu Halloween nur einen Streich spielen will.«

»Also wird Adrian bedroht?«, fragt David leise und flucht unflätig, als der Detective ratlos mit den Schultern zuckt. »Ein Schulterzucken? Mehr fällt Ihnen nicht dazu ein? Was für ein Bulle sind Sie eigentlich?«

Ich kann ihn verstehen, aber das hilft uns leider auch nicht weiter. »Trey ...«

»Na ist doch wahr«, schimpft er und erhebt sich. Als mir klar wird, dass er Kaffee machen will, unterdrücke ich ein Schaudern und nehme ihm die Packung mit dem Pulver ab. »Ich kann das«, murrt er daraufhin und wenn ich jetzt nicht aufpasse, was ich sage, fliegen hier gleich die Fetzen, das erkenne ich an seinem Gesichtsausdruck deutlich.

»Natürlich«, stimme ich David daher nachsichtig zu und tue harmlos, als er mich böse anguckt.

»Pfft«, macht er schließlich beleidigt und verlässt die Küche mit einem: »Ich packe unsere Koffer zu Ende.«

»Wenn Sie damit einverstanden sind, schicke ich über Halloween vermehrt Streifen zu ihrem Haus, um nach dem Rechten zu sehen. Ich bezweifle zwar, dass etwas passiert, solange Sie nicht da sind, aber sicher ist sicher.« Banner faltet den Brief mitsamt der Tüte zusammen, in die er ihn gleich nach seinem Eintreffen gesteckt hat. Er hofft auf verwertbare Spuren oder Fingerabdrücke, aber ich bezweifle, dass er etwas finden wird. »Am liebsten würde ich Ihnen Begleitschutz geben, allerdings dürfte das ohne eindeutige Bedrohung schwierig werden.«

»Wir sind ab heute Abend über 20 Leute. Wenn dort irgendwer an uns rankommen will, müsste er schon das Haus in die Luft jagen«, versuche ich zu scherzen, doch das geht nach hinten los, denn der Detective sieht mich nur ernst an. »Sie hätten wenigstens so tun können, als würden Sie darüber lachen.« Mir ist jegliche Lust auf Kaffee vergangen, daher stelle ich das Pulver zurück in den Schrank.

Banner seufzt leise. »Ich habe nicht viel Humor, vor allem nicht an Halloween, denn das hier ...«, Er hebt die Hand mit dem Brief ein Stück an, »... sagt mir, dass Sie in Gefahr sind.«

 

Das hätte er mir nicht extra sagen müssen, das weiß ich auch so. Jeder in meiner Familie weiß es mittlerweile, denn als Nick am frühen Abend bei uns eintrudelt – der restliche Nachmittag verging ohne weitere Vorfälle – hat er Tristan am Telefon, dem gar nicht gefällt, dass wir mit dem Auto nachkommen wollen.

In und um Cumberland herum herrscht seit Stunden ein erstklassiges Halloweenwetter, inklusive Sprühregen und derart dicken Nebelschwaden, das die Sichtweite an manchen Stellen unter fünfzig Metern beträgt. Niemand von uns hat vergessen, dass genau so ein Herbstwetter Connor einmal fast den Tod gebracht hat.

Wir werden allerdings, im Gegensatz zu ihm damals, zu dritt unterwegs sein.

Hoffentlich hilft das.

 

 

Kapitel 3

 

Nach Dreiviertel der Strecke wird der Nebel plötzlich so zäh und undurchdringlich, dass Nick beschließt, eine Pause einzulegen. Auch wenn wir gut durchgekommen und nur noch etwa eine halbe Stunde von Cumberland entfernt sind, müssen wir uns nicht abhetzen. Bei diesem Wetter ist es besser, dass jeder von uns hellwach und vor allem aufmerksam ist, was die Straße angeht.

Wir passieren im Schneckentempo ein Schild, das uns zu einer Raststätte mit angeschlossenem Restaurant und Motel führt. Notfalls könnten wir dort übernachten, aber ich glaube, ein Kaffee, etwas zu essen und ein längerer Spaziergang an der frischen Luft werden ausreichen, um heute noch ans Ziel zu kommen.

»Gehen wir rein?«, fragt Nick, nachdem er geparkt hat und öffnet die Wagentür. »Ich könnte etwas zu essen vertragen.«

»Ich würde mir vorher lieber ein bisschen die Beine vertre-ten«, antwortet David und ich schließe mich dem Vorschlag an. Ich sitze schon im Büro zu viel auf meiner Kehrseite, da brauche ich jetzt nicht vom Autositz auf einen Restaurantstuhl wechseln. »Aber zuerst muss ich ganz eilig wohin. Nick, ich würde sterben für einen heißen Kakao.«

Nick lacht und sieht mich fragend an. Mein knappes Nicken ist ihm Antwort genug. »Okay, ich besorge uns was zu trinken. Wir können später entscheiden, ob wir etwas essen. Bin gleich zurück.«

Weg ist er und nach einem ausgiebigen Kuss für mich schlägt David den Weg zu den Toiletten ein. Ich strecke mich in aller Ruhe und beschließe ein wenig durch den Nebel zu spazieren. Solange ich in direkter Sichtweite des Restaurants bleibe, laufe ich kaum Gefahr über den Haufen gefahren zu werden. Ein Automotor ist auch bei dichtem Nebel nicht zu überhören.

Der Parkplatz der Raststätte ist ziemlich leer und der langsam über den Boden wabernde Nebel verleiht dem Restaurant, vor dessen Eingangstür beleuchtete Kürbisse stehen, einen gruseligen Charme. Es sieht klasse aus und ich entschließe mich, für Isabell ein paar Bilder davon zu machen. Unsere Kleine ist verrückt nach Halloween.

Ich krame mein Handy aus der Tasche und suche mir einen guten Standort, als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung ausmache. Stirnrunzelnd nehme ich den Arm runter und sehe nach links.

Um als nächstes irritiert zu blinzeln.

Da sitzt ein breit grinsendes Skelett mit Hut auf dem Kopf auf einer Parkbank und winkt mir zu.

Es trägt einen Turnschuh, ansonsten ist es ein Skelett. Mit blutig aussehenden Muskelsträngen, die an seinen Knochen herabhängen.

Ach du Schande, dieses Ding hat sogar Augen. Drehe ich jetzt durch oder sehe ich das wirklich?

»Guten Abend, Fremder.«

Ich blinzle erneut.

Hat das Skelett gerade zu mir gesprochen? Nein. Das dürfte ein Ding der Unmöglichkeit sein. Wir haben zwar Halloween, aber ein Skelett auf einer alten Bank an einer Highway-Raststätte, ist selbst mir zu schräg. Ich brauche dringend einen starken Kaffee oder wahlweise ein, zwei Tage Schlaf und dann geht’s mir wieder gut.

»Bist du immer so unhöflich?«, fragt das Skelett und bei jedem Wort bewegt sich sein Kiefer. Das Ding spricht eindeutig mit mir.

Okay, damit ist es amtlich. Ich bin durchgedreht.

»Teurer Zwirn, Fremder. Passt gut zu meinem Hut.«

Findet er? Na von mir aus.

»Du könntest ruhig mal einen Ton von dir geben, ehe noch jemand auf die Idee kommt, dass du tot bist.«

»Du bist tot«, rutscht mir heraus und das findet mein Gegenüber verdammt lustig, denn er/es/keine Ahnung lacht dreckig.

»Natürlich bin ich tot, was hast du denn gedacht?«

Hallo? Sehe ich aus, als rede ich täglich mit Skeletten, die auf Bänken sitzen? »Skelette reden nicht.«

»Behauptet wer? Morgen ist Halloween. Da rassle ich beizeiten sogar mit Ketten.«

»Ich dachte, das machen Geister«, wundere ich mich und frage mich im nächsten Moment, wieso ich mit dem Ding eigentlich rede.

Das Skelett winkt lässig ab. »Warum sollte ich denen immer allen Spaß gönnen? Ich kann gut mit Ketten.«

»Und mit Hüten«, fällt mir ein.

»Nicht wahr?«, freut sich meine Wahnvorstellung aus Knochen und seufzt zufrieden.

Ob es hilft, wenn ich mir einfach den Mund zuhalte? Ach, was soll's. Verrückt bin ich schon, da kann ich auch mit einem Skelett auf einer alten Bank reden. Wenn ich so darüber nachdenke … Hey, ich bin bestimmt in einer Pfütze ausgerutscht und liege genau in diesem Moment bewusstlos auf dem Parkplatz. Das wird es sein. Ich bin nicht verrückt, sondern außer Gefecht gesetzt.

Da fällt mir ein … »Wieso trägst du eigentlich einen Turnschuh?«

Das Skelett rollt einmal die Augen um 360 Grad, mir wird schon vom Zugucken schwindelig. »Das war so ein blöder Unfall. Ich kriege das Ding nicht ab, seit ich tot bin. Willst du mal ziehen? Vielleicht ...«

Auf gar keinen Fall! »Nein!«

»Ja, ja. Ein Feigling, genau wie die anderen«, stichelt das Skelett hämisch, schlägt die Beine übereinander und lehnt sich gemütlich auf der Bank zurück. »Ihr Lebenden habt einfach keinen Mumm in den Knochen.«

Ich werde mit diesem Toten garantiert kein Gespräch über Mut führen. Hallo? Das ist ein verdammtes Skelett, dass da vor mir sitzt, keine Reinkarnation von Abraham Lincoln. Der Mann hatte definitiv jede Menge Mumm in den Knochen.

»Welche anderen?«, will ich wissen und das Skelett macht eine weitläufige Geste mit der Hand.

»Die, die schon hier waren. Ich sitze immer auf dieser Bank. Ab und zu kommt an Halloween einer vorbei, sieht mich und denkt, er wäre irre. Ist lustig anzusehen, wenn sie dann anfangen mit sich selbst reden.« Das Ding kichert und ich muss ein Schaudern unterdrücken. »Ich wette meinen schicken Hut, dass du mich für eine nette Wahnvorstellung hältst.«

Ich werde ihm lieber nicht erzählen, dass ich glaube, bewusstlos auf dem Boden zu liegen. Wer weiß, was ihm dazu einfällt. Nein, danke. Es gibt Fragen im Leben, auf deren Beantwortung ich problemlos verzichten kann.

»Ich bin nur ein bisschen überarbeitet.«

»Sicher. Deswegen stehst du auch auf dem Rastplatz eines Highways und redest mit einem Toten.«

Pah. Halloween hin oder her, ich lasse mich nicht von einem Skelett beleidigen. »Willst du dich etwa darüber beschweren? Du hast mich doch angequatscht.«

»Klar, warum auch nicht? Mir war langweilig. Dieses Jahr ist nichts los. Zu schlechtes Wetter.« Das Skelett verneigt sich spöttisch. »Nun denn, es wird Zeit zu gehen, Fremder.«

Ich blinzle, als das Ding Anstalten macht sich von der Bank zu erheben. Und damit ist der Zenit überschritten, mir gehen endgültig die Nerven durch. Ich kreische los und weiche schockiert zurück, um zu Tode erschrocken zusammenzuzucken, als sich auf einmal zwei Hände auf meine Schultern legen.

»Happy Halloween!«, ruft mir David ins Ohr und ehe ich mich von dem Schrecken erholen kann, stolpert Nick lachend hinter einem der Bäume hervor, die in der Nähe der Bank stehen. Er hält einen viereckigen Kasten in den Fingern, betätigt einen Joystick und das Skelett sinkt zurück auf die Bank.

»Ihr ward das? Die Tarantel, der Kürbis, die Leiche in der Garage ...« Ich weiß nicht, ob meine Stimme genauso heftig vor Wut zittert, wie ich es tue, aber im Grunde ist es sowieso egal. Ich bin stinksauer. »Habt ihr sie noch alle?«, schreie ich die zwei an. »Ich denke seit Wochen, dass ich spinne und plötzlich sieht es sogar danach aus, als wäre ein Irrer hint… hmpf.«

Davids Lippen pressen sich auf meinen Mund und er legte beide Arme um mich, bevor ich mich losreißen und Nick und ihn weiter zur Minna machen kann. Das ist ja wohl der Gipfel der Frechheit, mich so zu verarschen.

Mir Angst zu machen, denn ja, ich gebe zu, ich hatte Angst. Und ich habe jetzt jedes Recht wütend auf diese beiden Spinner zu sein, nur leider kennt mich David zu gut und weiß, wie er mich besänftigen kann. Auch wenn ich es gar nicht will, das stetige sanfte Streicheln seiner Hände über meinen Rücken beruhigt mich und lässt die Wut nach und nach in den Hintergrund treten.

Meine Lippen prickeln und sehnen sich nach mehr, als er mich endlich freigibt und verschmitzt ansieht. »Du darfst nicht sauer auf uns sein, wir haben dir nur deinen Wunsch erfüllt.«

»Bitte?«, empöre ich mich und das entlockt David ein Schmunzeln, bevor er mir einen albernen Schmatzer auf die Nasenspitze gibt und fragt: »Was hast du letztes Jahr an Halloween zu mir gesagt?«

Ich habe keine Ahnung, wovon er redet. »Was?«

»Was gäbe ich nicht alles darum, mich mal wieder so richtig zu gruseln?«, fragt er mich und es dauert einige Zeit, bis mir dämmert, wann ich das gesagt habe.

Wir waren im letzten Jahr an Halloween im Kino. Ein Horrorfilm, über den ich mich mächtig geärgert habe, da ich schon nach 15 Minuten wusste, wer der Mörder ist. Draußen vor dem Kino fielen dann besagte Wörter und David hat sie in die Tat umgesetzt. Und zwar in einer Art und Weise, für die ich ihm einen Oscar verleihen würde. Ein sprechendes Skelett. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass ich darauf reingefallen bin. Auf alles. Und gegruselt habe ich mich. Sogar ziemlich stark, das kann ich leider nicht abstreiten.

»Ich sollte dir den Arsch versohlen. Rein aus Prinzip schon«, grolle ich unernst und muss grinsen, als David sich lachend an mich lehnt. »Das war nicht lustig.«

»Du wolltest dich doch gruseln. Ich habe dir nur den Wunsch erfüllt.«

»Pah«, murre ich und sehe zu Nick. »Wie hast du das überhaupt gemacht?«

»Ein Stimmverzerrer und sehr viel Elektronik. Mein neuer Freund hier war sauteuer«, antwortet Nick feixend und klopft dem Skelett auf die Schulter. »War eigentlich ganz leicht. Ich musste zwar ein paar Wochen üben, bis ich wusste, wie ich Joe Skeletti bedienen kann, vor allem, damit die Mundbewegungen zu meinen Worten passen, aber dein Mädchenkreischen war den Aufwand wert.«

Joe Skeletti? Mädchenkreischen? Ich bringe ihn um. Und ich werde ihn ausführlich quälen. Aber vorher will ich Antworten. »Und was ist mit diesem Detective? Oder besser gesagt, wer steckt in der Sache noch mit drin?«

Nick grinst breit. »Jeder. Die ganze Familie, damit es echt wirkt. Und der liebe Detective war auch von Anfang an eingeweiht. Er hatte die Idee mit der Tarantel, es ist nämlich seine. Und er schuldete mir einen Gefallen, weil ich vor sieben Jahren seinen Bruder vertreten habe. Max Banner, der verunglückte Dieb, erinnerst du dich?«

Der Groschen fällt und Nick setzt sich neben das Skelett auf die Bank, als ich fluche, während David schon wieder oder eher immer noch am Lachen ist »Das kriegst du wieder.«

»Süßes oder es gibt Saures, mein Schatz«, stichelt er und flüchtet glucksend vor mir, als ich ihm einen Tritt in seinen frechen Hintern verpassen will. »Wahlweise darf es auch ein Tritt in den Hintern sein. Aber nur einer und ohne Schuhe, die sind mir dafür viel zu dreckig.«

Na warte. Ich werde ihn bei nächster Gelegenheit im Spielzimmer ans Bett fesseln, und zwar für mindestens eine Woche. Aber vorher ... Ich lächle ihn betont harmlos an. »Komm mal her, Trey, ich muss dir dringend sagen, dass ich dich liebe.«

»Hältst du mich für dämlich?«, fragt er grinsend und rettet sich zu Nick, der sich einen Arm des Skeletts um die Schulter gelegt hat und mittlerweile den Hut trägt.

Das werde ich der Bande heimzahlen. Nächstes Jahr ist schließlich auch wieder Halloween. Mal sehen, was mir dazu einfällt, verdient haben sie es auf jeden Fall. So jung bin ich nun auch nicht mehr. Ich hätte vor Schreck tot umfallen können. Ein lebendes Skelett, also wirklich. Mein armes Herz.

Ich stemme meine Hände in die Seiten und werfe den beiden finstere Blicke zu, was sie leider nicht sonderlich beeindruckt. Typisch. »Ihr seid unmöglich.«

»Wissen wir«, kontern sie synchron und brechen in schallendes Gelächter aus, als ich stöhnend die Augen gen Nachthimmel verdrehe.

Wer so eine verrückte Familie hat, braucht echt keine Feinde mehr.

 

 

Spiel mit mir

 

Es gibt Gelegenheiten, da möchte Adrian Quinlan seinem jungen Lover Nick für dessen trotziges Verhalten am liebsten den Hintern versohlen. Doch anstatt genau das zu tun, entscheidet er sich für eine subtilere Methode, um Nick klarzumachen, dass Vorstellung und Realität zwei Paar Schuhe sind, die einem nicht automatisch passen müssen.

 

 

Kapitel 1

 

»Ostereier suchen?«

»Ja.«

Nick sah ihn misstrauisch an. »Ist das so ein Code für irgendwas, den ich nicht verstehe?«

Adrian schüttelte den Kopf, dabei war es eben genau das und Nick würde diese Tatsache begreifen, sobald sie Freitagabend den Club betreten hatten. Es war dringend an der Zeit Nick einen Denkzettel zu verpassen und die kleine, aber feine Osterparty im Dreamers war dafür in seinen Augen perfekt geeignet. Wer ihn immerzu damit nervte, die Art von Spielen spielen zu wollen, für die er im Grunde überhaupt nicht bereit war, der musste damit rechnen, eines Tages vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.

Außerdem wollte er Nick diesen Floh rechtzeitig aus dem Ohr ziehen, bevor er irgendwann an den Falschen geriet, der ein Nein möglicherweise nicht akzeptierte. Sie gingen zwar nur miteinander ins Bett, aber Adrian fühlte sich dennoch immer mehr für Nick verantwortlich. Vor allem für dessen Wohlergehen, seit er ihn in jener Nacht, die sein und Nicks Leben ziemlich verändert hatte, aus der Bar mit zu sich genommen hatte. Also würde er sich darum kümmern, dass sein junger Lover seine eigenen Grenzen erkannte und sie nicht überschritt.

So sehr ihn Nicks große Klappe ansonsten amüsierte, in diesem Bereich konnte das schnell gefährlich werden, und da Nick seine bisherigen Warnungen lachend in den Wind geschlagen hatte, würde er ihm eben auf die harte Tour begreiflich machen, dass ein BDSM-Club nichts für ihn war.

»Du verarscht mich doch.«

»Es ist eine Osterparty in einem exklusiven Club. Wer liegt mir denn seit Wochen damit in den Ohren, dass er sich unbedingt einen BDSM-Club ansehen will?«

Nicks misstrauischer Blick wandelte sich plötzlich in einen interessierten. »Ernsthaft jetzt?«

Adrian nickte. »Ja, ernsthaft. Wir gehen hin, du siehst dich um und wenn es dir gefällt, spielen wir eine Weile. Ein paar Regeln gibt es allerdings, an die du dich halten wirst. Falls nicht, sind wir dort schneller wieder weg, als du meinen Namen schreien kannst.«

»Welche?«, fragte Nick wissbegierig und Adrian trug seine leere Kaffeetasse zur Spüle, ehe er antwortete.

»Du ziehst an, was ich dir hinlege«, sagte er und fing an, das saubere Geschirr aus dem Geschirrspüler in die Schränke zu räumen. »Im Club herrscht Dresscode. Von der teuren Sorte, damit wir uns richtig verstehen. Also kaufe ich das Passende und du trägst es. Du wirst keinen Tropfen Alkohol trinken und du nimmst auch nichts an, das man dir anbietet. Du bist mit mir dort. Ich bezahle. Ich bestimme.«

Nick murrte leise. »Ich soll Drinks ablehnen? Vergiss es, ich bin doch nicht blöde. Danach hältst du mir dann wieder vor, ich soll mich höflicher benehmen.«

Adrian verkniff sich ein lautes Aufstöhnen, während er die letzte Tasse einräumte und die Tür schloss, ehe er sich wieder zu Nick umdrehte. Wieso hatte er sich bloß mit diesem halben Kind eingelassen? Die Frage stellte er sich nicht zum ersten Mal, denn Nick war erschreckend naiv für sein Alter. Und er war jung. Eigentlich zu jung, um ihn ins Dreamers mitzunehmen, aber jetzt noch einen Rückzieher machen, kam nicht infrage.

»Die Einladung zu einem gemeinsamen Drink ist in einem Etablissement wie diesem niemals gleichzusetzen mit einer Einladung auf einen netten Plausch an der Bar. Dort wird rund um die Uhr gespielt, und zwar nicht so harmlos, wie ich das mit dir tue. Wer zu einer Party ins Dreamers geht, ist auf der Suche nach Eiern. Nach echten, an denen ein Top oder Master dranhängt, der bedeutend mehr als Kuscheln im Sinn hat.«

Nick runzelte die Stirn. »Und was ist, wenn mal einer Nein sagt?«

»Hat er Pech gehabt«, antwortete Adrian schlicht und war mehr als versucht, das Ganze abzublasen, als Nick blass wurde, doch er tat es nicht.  Stattdessen sah er ihn ernst an. »Erinnerst du dich, als ich dir erklärte, dass ein Nein nicht immer Nein heißt?«

Nick entspannte sich wieder. »Ach so, du meinst, sie haben an den Abenden Safewords.«

»Nein, das haben sie nicht. Wie auch, wenn man sich nie zuvor gesehen hat? Wer dort hingeht, muss danach fragen und das macht er besser, bevor er geknebelt am Andreaskreuz hängt.« Adrian wiegte nachdenklich den Kopf. »Und ich fange an zu glauben, dass das eine blöde Idee ist. Wir gehen nicht hin.«

»Oh doch, wir gehen da hin«, widersprach Nick wie erwartet heftig und ballte beide Hände zu Fäusten. »Du hast es versprochen und ...« Er brach ab, um im nächsten Moment herausfordernd zu grinsen. »Meine Einladung ist in meiner Jacke, du hast sie mir vorhin gegeben. Ich kann allein hingehen. Du musst nicht mitkommen, wenn du nicht willst.«

Adrian verbot sich einen triumphierenden Blick. Nick war in manchen Dingen wirklich furchtbar berechenbar, doch das würde ihm hoffentlich schon bald vergehen. In spätestens zwei Tagen, genauer gesagt. Adrian nickte.

»Also gut, wie du willst. Freitag, Punkt 19 Uhr, stehst du geduscht und rasiert vor meiner Tür. Sei pünktlich.« Er deutete zur Tür. »Und jetzt muss ich arbeiten.«

»Du wirfst mich raus?«, fragte Nick ungläubig und murrte einen Fluch, als Adrian erneut, wortlos diesmal, zur Tür deutete, da er erstens wirklich noch zu arbeiten hatte und es zweitens Zeit war, dass Nick lernte, wer in ihrer Beziehung das Sagen hatte.

 

 

Kapitel 2

 

»Die Hose ist zu eng.«

»Nein, ist sie nicht.«

Adrian schlug Nick tadelnd auf die Finger, als der zum wiederholten Male seinen Schritt richten wollte. Er musste sich mächtig das Lachen verkneifen, weil die von ihm ausgesuchte Hose nicht zu eng, sondern einfach nur gut geschnitten war. Eng anliegend, aus weichem Stoff und in einem tiefen Blau, das Nicks Augen glich, hatte er ohne zu zögern mehrere hundert Dollar ausgegeben, um Nick für diesen Abend einzukleiden. Das weiße Hemd dazu war hingegen ein Schnäppchen gewesen. Schwarze Lederschuhe rundeten das Bild ab und passten zu seinen eigenen Schuhen, die das einzige waren, was er mit Nick gemein hätte, denn Adrian trug schwarz. Abgesehen von einer rostroten Krawatte mit Ziernaht.

»Ich werde mir die Eier abquetschen.«

»Keine Sorge, ich bringe sie später wieder in Form«, erklärte Adrian trocken und grinste dreckig, als Nick ihn verdattert ansah und dunkelrot anlief, als um sie herum Gelächter aufbrandete.

Selbst der Einlasser konnte sein Amüsement nicht vor ihnen verbergen, während er ihre Karten abriss und sie in den Club winkte. Adrian ließ Nick den Vortritt, denn dessen Hintern sah in der Hose einfach umwerfend aus. Wenn er heute schon den Lehrer spielte, wollte er seinen Augen zumindest einen hübschen Anblick gönnen, weil Adrian bezweifelte, dass Nick nach diesem Abend Lust auf eine heiße Nummer haben würde. Spätestens, wenn sie sich den Keller ansahen, wo Zuschauer jederzeit und gern gesehen waren, würde der Abend für sie gelaufen sein. Sofern sie überhaupt bis in den Keller kamen, denn bereits jetzt, im harmlosen Clubbereich mit einer Bar, versteckten und offen einsehbaren Sitznischen und einer gut gefüllten Tanzfläche, wirkte Nick auf einmal mehr unbehaglich als neugierig.

»Ach du … Der ist ja nackt.«

Nick folgte mit fassungslosem Blick einem jungen Mann, der gerade alt genug schien, um in so einen Club hineingelassen zu werden, ohne Ärger mit der Polizei zu riskieren. Er trug ein Halsband, ein deutliches Zeichen dafür, dass er nicht allein hier war. Gott sei Dank, dachte Adrian insgeheim und nahm Nicks Hand, um ihn weiter in den Clubraum zu führen. Er wollte zur Bar, um für sie Cola zu ordern, doch bereits nach wenigen Schritten zog Nick an seiner Hand und blieb stehen.

»Hat der wirklich Hasenohren auf dem Kopf?«

Adrian folgte Nicks verblüfftem Blick und lachte, ehe er einen Arm um Nicks Hüfte legte, da ihm bewusst war, dass man sie beobachtete, seit sie das Dreamers betreten hatten. Und einige der besitzergreifenden Blicke gefielen ihm ganz und gar nicht. Nick gehörte zu ihm, basta.

»Es ist Ostern«, sagte er und deutete auf einen Mann ein paar Meter weiter, der zwar einen sehr edlen Anzug trug, aber trotzdem das Ostermotto aufgegriffen hatte. »Sieh mal.«

Nick schaute zu besagtem Mann, der einen Schal um den Hals trug, auf dem eindeutig Hasen und bunte Eier gestickt waren. »Das sieht bescheuert aus.«

»Auf Mottopartys darf es albern zugehen. Da drüben steht jemand auf Lack und Leder.« Adrian deutete mit der Hand nach links und versteckte sein breites Grinsen, als Nick wie erhofft der Mund offenstehen blieb. »Und? Wäre der was für dich und deine Neugier?«

Nick schüttelte umgehend den Kopf, etwas anderes hätte Adrian auch gewundert. Allerdings war der Mann in schwarzer Lederkluft, der gerade mit einem hübschen Kerl in Weiß tanzte, ohnehin nicht mehr frei, erkannte er kurz darauf, denn ein düsterer Blick vom anderen Ende der Tanzfläche sprach Bände. Offensichtlich ein Duo auf der Suche nach einem dritten Partner für die Nacht.

Ein Finger tippte auf seine Schulter und Adrian roch ein ihm bekanntes Aftershave, ehe er Gelegenheit hatte, sich umzudrehen. »Hallo, Marcus.«

»Du bist tatsächlich gekommen. Und nicht allein. Er ist verdammt niedlich.«

Adrian drehte sich mit Nick im Arm zu Marcus Wells um, dem Besitzer des Dreamers, mit dem er vor einiger Zeit angenehme Nächte verbracht hatte, und dem er die Einladung zu dieser Party verdankte. Sie gaben sich die Hände, doch Marcus' Blick war mit deutlichem Interesse auf Nick gerichtet.

»Keine Chance, Marcus«, sagte Adrian und zog eine Braue hoch, als der ihn musternd ansah. »Muss ich mich etwa wiederholen?«

Marcus fing an zu lachen und schüttelte den Kopf. »Du bist ein Bastard. Verrätst du mir wenigstens seinen Namen?«

»Nein!« Das galt Nick, der seinen Mund mit einem verwunderten Blick wieder schloss. Adrian sah zurück zu Marcus, der anerkennend nickte. Er beschloss, seinen Status eindeutig klarzumachen. »Unverkäuflich, Marcus. Absolut unverkäuflich.«

»Schade. Aber zu akzeptieren. Genießt den Abend.«

»Wer war das denn?«, fragte Nick leise, als sie wieder unter sich waren. Im nächsten Moment wurde ihm ein finsterer Blick zugeworfen. »Und was soll das bedeuten, unverkäuflich?«

»Das bedeutet, dass du mir gehörst und er gefälligst die Finger von dir zu lassen hat.« Nicks erstauntes »Oh.« kommentierte Adrian nicht weiter. »Marcus Wells ist ein ehrlicher, fairer Geschäftsmann, der sich allerdings nicht zu fein ist, anderen Leuten ihre Partner, Partnerinnen oder Sklaven auszuspannen, falls sich ihm die passende Gelegenheit bietet. Er fährt zweigleisig und er bekommt jeden in sein Bett, falls es niemanden gibt, der ihn davon abhält, was ich soeben getan habe. Marcus gehört dieser Club.«

Nick sah ihn mit gerunzelter Stirn an. »Ihr hattet mal was miteinander, oder?«

»Ein paar Nächte«, gab Adrian gelassen zu. »Er lädt mich seither regelmäßig zu seinen Partys ein. Das ist das erste Mal, dass ich eine Einladung angenommen habe.«

Nick nickte, doch dann schien ihm auf einmal etwas einzufallen, das ihn hochgradig verärgerte, denn Adrian hatte keine Gelegenheit zu reagieren, als Nick ihn erbost von sich stieß. »Verbiete mir nie wieder den Mund. Ich bin ja wohl alt genug, um mich selbst vorzustellen!«

Adrian packte Nick im Nacken und zog ihn zu sich, bevor Nick zwischen den übrigen Gästen in der Menge verschwinden konnte, denn das würde ihn auf direktem Weg in ein Spielzimmer oder gleich runter in den Keller führen. Für die anderen Gäste wäre das kein Problem gewesen, denn sie kannten die Regeln im Dreamers. Nick hingegen hatte keine Ahnung, dass herrenlose Subs und Männer, die ohne Begleitung zu den exklusiven Partys erschienen, als Freiwild für jedermann galten, bis sie den Club wieder verließen.

»Du schaffst es nicht mal bis zur Bar, Nick, und das ist kein Versprechen, sondern eine Warnung.«

Nick starrte ihn irritiert an. »Wovon redest du?«

»Sieh dich um«, befahl Adrian und lockerte den Griff, um es Nick zu ermöglichen seinen Kopf zu drehen, was der dann auch tat. Mit einem mehr als unwilligen Blick, der sich jedoch schnell in einen alarmierten verwandelte.

Adrian wusste wieso, denn die Blicke in den Nischen und von allein anwesenden Männern an der Bar, waren mittlerweile unübersehbar. Sie wollten Nick. Für diese Nacht. Manche vielleicht sogar für mehr als das. Wenn er Nick jetzt gehenließ, würde der in weniger als einer Minute von einer Schar von Männern umringt sein, die ihm alles versprochen oder angeboten hätten, um ihn in ihr Bett oder das nächste Spielzimmer zu bekommen.

Adrian wartete, bis Nick ihn wieder ansah. Jetzt hatte er es endlich begriffen, erkannte Adrian und war fühlbar erleichtert. »Du wolltest spielen, Nick. Das ist die Welt, nach der du neugierig warst. Gefällt sie dir immer noch? Ist es das, was du dir vorgestellt hast? Ist es immer noch spannend und aufregend? Willst du immer noch mehr? Willst du mit einem von diesen Männern mitgehen?«

Nick schluckte nervös, gab sich dann aber einen Ruck und schüttelte den Kopf: »Nein.«

»Ich weiß«, sagte Adrian leise und ließ Nicks Nacken los, um stattdessen nach dessen Händen zu greifen und ihn mit sich auf die Tanzfläche zu ziehen. »Wenn dir in den kommenden Minuten jemand den Hintern tätschelt, nicht erschrecken«, warnte er und lachte, als Nick ihn fast schon entsetzt ansah. Dann zwinkerte er ihm zu und das half, denn Nick begann zu grinsen. Schief zwar, aber er tat es, ehe er sich an ihn schmiegte und zuließ, dass Adrian ihn im Takt der Musik zu führen begann.

»Niemand wird dich anrühren, solange du an meiner Seite bist. So sind die Regeln und sie halten sich daran. Das tut ein guter Spieler immer. Aber es gibt andere, die das nicht tun. Denen egal ist, was du willst oder was du nicht willst. Und das darfst du nie vergessen, wenn du dich vielleicht doch dazu entscheidest es auszuprobieren, hast du verstanden?«

»Ja«, antwortete Nick sofort und drängte sich dichter gegen ihn. »Es tut mir leid«, sagte er schließlich, als das erste Lied zu Ende ging, und wollte von ihm abrücken, doch Adrian ließ es nicht zu.

Für ihn war Nick immer noch viel zu angespannt, das spürte er in jeder seiner Bewegungen, und darum tanzte er weiter mit ihm. Ein Lied. Zwei … Vier. Und endlich begann Nick, sich in seiner Umarmung zu entspannen. Darauf hatte Adrian gewartet. Jetzt konnte er mit ihm darüber reden und ihm erklären, wieso sie heute Abend wirklich in diesem Club waren.

»Dir muss gar nichts leidtun«, sagte er und streichelte Nick in sanften Berührungen über den Rücken. »Du bist jung, neugierig und sehr aufgeschlossen. Das ist nichts Schlechtes, aber du musst erkennen, wo deine Grenzen sind. Das Dreamers ist ein harter Spielplatz. Wer hierher kommt, will sich anbieten oder er ist auf der Suche nach jemandem, der sich ihm anbietet. Hier geht es um Sex. Um schmutzigen Sex, harten Sex, Sex abseits jeder Norm oder Normalität. Das ist nichts für mich und auch nicht für dich, Nick. Ich habe dich hergebracht, damit du das begreifst. Damit du die Blicke siehst, die sie dir von allen Seiten zuwerfen, und verstehst, dass das nichts für dich ist. Hätte ich dir das einfach gesagt, hättest du mir nicht geglaubt.«

»Mistkerl«, nörgelte Nick und boxte ihm leicht in die Seite, als Adrian leise lachte.

»Brutaler Kerl. Es ist nicht falsch, spielen zu wollen, merk' dir das. Aber du solltest erst mal ausloten, was du tatsächlich magst und nicht, was du nur machst, um mir zu gefallen.«

Nick zuckte ertappt zusammen und Adrian verpasste ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. »Dachtest du etwa, ich merke das nicht?«

»Ich war wirklich neugierig … Na ja, auf manches … Aber nicht auf so was wie hier.«

»Das weiß ich, Nick, und ich hätte dich auch niemals hergebracht, wenn du mich nicht derart genervt hättest. Solche Clubs sind nichts für dich. Für uns. Wer es mag, bitte. Jedem das Seine, ich kann es gar nicht oft genug sagen.« Adrian zog sich zurück, bis er Nick ins Gesicht sehen konnte. »Lass uns gehen.«

»Ich müsste vorher noch wohin.« Nick tippte sich mit dem Finger gegen die Stirn, als Adrian Anstalten machte ihm zu folgen. »Adrian, ich will nur aufs Klo. Als ob ich da gleich von einer Horde Kerle überfallen werde. Jetzt übertreibst du aber echt.«

Das tat er nicht, aber das würde Nick gleich merken. Also sparte er sich die Diskussion darüber, sie hatten für einen Abend schon genug Blicke auf sich gezogen, und ließ Nick gehen. Er würde ihm folgen, sobald Nick außer Sicht war. Der Duft von Marcus' Aftershave ließ ihn im nächsten Moment aufmerken.

»Eine Lehrstunde in meinem Club? Ausgerechnet an einem Abend wie diesem? Du hattest schon bessere Ideen, Quinlan.«

Er sah sich nicht zu Marcus um, sondern behielt Nick im Auge. Und damit war er nicht allein, genau wie er es zuvor vermutet hatte. Dreißig Sekunden, mehr Zeit gab er sich nicht, während Nick sich durch die Paare auf der Tanzfläche in Richtung Toiletten schob.

»Auf die sanfte Tour hätte er es niemals verstanden. Er ist mir in einigen Dingen zu ähnlich. Es war sicherer ihn herzubringen und es ihm zu zeigen, als hinterher die Scherben aufzusammeln, weil ihm jemand gegen seinen Willen an die Klamotten gegangen ist.«

»Was gleich passieren wird, wenn du ihn noch länger allein lässt. Brauchst du Hilfe?«

»Das fragst du nur, weil du zu jenen gehörst, die ihm an die Klamotten wollen«, konterte Adrian trocken und warf einem Mann in Lederkluft einen warnenden Blick zu, als der ihn fragend ansah und dabei mit der Hand zu Nick deutete. Sein darauffolgendes und sehr energisches Kopfschütteln wurde mit einem Lachen und dem Heben eines Bierglases kommentiert.

»Der halbe Club würde ihn am liebsten auffressen. Er ist wirklich ein hübscher Kerl, Adrian, kannst du es mir verdenken, dass ich ihn haben will?«

»Nein. Zu beidem übrigens.«

»Sturer Bock.« Marcus klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. »Na los, rette deinen Kleinen. Sonst geht er heute mit mir nach Hause.«

»Wunschträume sollen etwas sehr Schönes sein, habe ich mir sagen lassen.« Adrian grinste, als Marcus hinter ihm abfällig schnaubte, und setzte sich in Bewegung.

 

 

Kapitel 3

 

Er kam gerade rechtzeitig. Nick stand mit in die Seite gestemmten Händen in den Toilettenräumen. Stinksauer und am Ende seiner Geduld, sah er zwei Hünen an, die Adrian ziemlich schnell als das Duo auf der Suche nach einem dritten Bettpartner wiedererkannte. Beide Männer lachten, als Nick sich bedeutsam gegen die Stirn tippte.

»Sehe ich aus, als hätte ich Interesse daran, mir von euch den Hintern versohlen zu lassen? Auf so was stehe ich überhaupt nicht.«

»Warum bist du dann hier, Kleiner?«

»Für eine Unterrichtsstunde im Lernen und vor allem Begreifen von Grenzen«, nahm Adrian Nick die Antwort ab und fand sich umgehend zwei grünen Augenpaaren gegenüber, die ihn amüsiert musterten. Sie warteten auf weitere Details, begriff er und schüttelte milde lächelnd den Kopf. »Ihr kommt zu spät. Er hat es verstanden und er gehört zu mir.«

»Du teilst nicht?«

Adrian schüttelte erneut den Kopf. »Einen so heißen Kerl wie ihn? Niemals.«

»Schade«, murmelte der Tänzer von vorhin, bevor er nach hinten sah, Nick frech zuzwinkerte und danach mit seinem Partner die Toilettenräume verließ.

»Meine Fresse«, fluchte Nick und trat kopfschüttelnd ans Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. »Ich komme mir langsam vor wie auf einem Basar. Fehlte nur noch, dass sie anfangen mit dir um mich zu feilschen.«