W. Scott-Elliot: Lemuria und Atlantis
W. Scott-Elliot
Aquamarin Verlag
1. Auflage 2020
© Aquamarin Verlag GmbH
Voglherd 1 • D-85567 Grafing
Neubearbeitete Auflage der Ausgaben
von Max Altmann/Th. Grieben (Leipzig 1925)
www.aquamarin-verlag.de
Umschlaggestaltung: Annette Wagner unter Verwendung eines Gemäldes von IVOI / Bad Kreuznach (www.ivoi.de)
ISBN 978-3-96861-103-7
INHALT
Vorwort
Das untergegangene Lemuria
Beweise, welche die Geologie und die Verteilung lebender und ausgestorbener Tiere und Pflanzen liefern
Beweise aus archaischen Aufzeichnungen
Die wahrscheinliche Dauer des Weltteils Lemuria
Die Karten
Kriechtiere und Nadelwälder
Der Mensch
Größe und Beschaffenheit des menschlichen Körpers
Das Sehorgan
Beschreibung des Lemuria-Menschen
Arten der Fortpflanzung
Lemurier, die gegenwärtig noch die Erde bewohnen
Die Sünde der Verstandlosen
Ursprung der pithekoiden und anthropoiden Affen
Der Ursprung der Sprache
Der erste Mord
Die Künste
Die Lehrer der Lemurier
Handwerkliche Fähigkeiten
Große Städte und Statuen
Religion
Der Untergang von Lemuria
Die Gründung der atlantischen Menschheit
Die Loge der Initiation
Teil 2 · Atlantis
Vorwort
Einleitung
Bestätigende Zeugnisse
Geschichte der Atlantis
Die Völker von Atlantis
Schlusswort
VORWORT
Das Ziel, welches dieses Buch verfolgt, ist nicht so sehr, neue, Aufsehen erregende Nachrichten von den verschollenen Weltteilen Lemuria und Atlantis und deren Einwohnern zu bringen, als vielmehr dasjenige, was die »Geheimlehre« und andere Schriften uns von diesen überfluteten Ländern berichten, durch Beweise zu bestätigen, die aus der Geologie, dem Studium über die Verteilung lebender und ausgestorbener Pflanzen und Tiere sowie aus dem physischen Entwicklungsprozess der unteren Naturreiche geschöpft sind.
DAS UNTERGEGANGENE LEMURIA
Es ist von der Wissenschaft allgemein anerkannt, dass das, was jetzt feste Erdoberfläche ist, einst Meeresgrund war, und was jetzt Meeresgrund ist, einst trockenes Land war. In einigen Fällen waren die Geologen sogar imstande, die Stellen der Oberfläche genau zu bezeichnen, auf denen diese Hebungen und Senkungen stattfanden. Trotzdem hat die Gelehrtenwelt bis dato dem untergegangenen Weltteil Atlantis nur geringen Glauben geschenkt, hingegen wurde von jeher angenommen, dass in vorhistorischer Zeit ein ausgedehnter südlicher Weltteil existiert habe, dem der Name Lemuria beigelegt wurde.
Beweise, welche die Geologie und die Verteilung lebender und ausgestorbener Tiere und Pflanzen liefern
»Die Entwicklungsgeschichte der Erde zeigt uns, dass die Verteilung von Land und Wasser an ihrer Oberfläche sich in ewigem und ununterbrochenem Wechsel befindet. Überall finden infolge von geologischen Veränderungen des Erdinnern, vorzugsweise aber durch ausgedehnte Faltenbildung der oberflächlichen Erdrinde, Hebungen und Senkungen des Bodens statt, bald hier, bald dort stärker hervortretend oder nachlassend. Wenn dieselben auch so langsam geschehen, dass sie im Laufe des Jahrhunderts die Meeresküste nur um wenige Zoll oder selbst nur um ein paar Linien heben oder senken, so bewirken sie doch im Laufe langer Zeiträume erstaunliche Resultate. Und an langen, an unermesslich langen Zeiträumen hat es in der Erdgeschichte niemals gefehlt. Im Laufe der vielen Millionen Jahre, seit schon organisches Leben auf der Erde existiert, haben Land und Meer beständig um die Herrschaft gestritten. Küstenländer und Inseln sind im Meer versunken und neue sind aus seinem Schoß emporgestiegen. Seen und Meere sind langsam gehoben worden und ausgetrocknet, und neue Wasserbecken sind durch Senkung des Bodens entstanden. Halbinseln wurden zu Inseln, indem die schmale Landzunge, die sie mit dem Festland verband, unter Wasser sank. Die Inseln eines Archipels wurden zu Spitzen einer zusammenhängenden Gebirgskette, wenn der ganze Boden ihres Meeres bedeutend gehoben wurde.«
»So war einst das Mittelmeer ein Binnensee, als noch an Stelle der Gibraltarstraße Afrika durch eine Landenge mit Spanien zusammenhing. Noch früher, als auch Sizilien mit Tunis durch einen Landrücken verbunden war, bildete dasselbe sogar zwei geschlossene Seebecken, ein östliches und ein westliches; die Bewohner beider sind noch heute teilweise verschieden. England hat mit dem europäischen Festland selbst während der neueren Erdgeschichte, als schon Menschen existierten, wiederholt zusammengehangen und ist wiederholt davon getrennt worden. Sogar Europa und Nordamerika haben unmittelbar in Zusammenhang gestanden. Die Sundasee gehörte früher zum indischen Kontinent, und die zahlreichen kleinen Inseln, die heute in derselben zerstreut liegen, waren bloß die höchsten Kuppen der Gebirge jenes Kontinentes. Der indische Ozean existierte in Form eines Kontinents, der von den Sunda-Inseln längs des südlichen Asiens sich bis zur Ostküste von Afrika erstreckte. Dieser einstige große Kontinent, den der Engländer Sclater wegen der für ihn charakteristischen Halbaffen Lemuria genannt hat, ist vielleicht die Wiege des Menschengeschlechts gewesen, das aus anthropoiden Affen sich dort hervorbildete.1 Ganz besonders interessant aber ist der wichtigste Nachweis, welchen Alfred Wallace mit Hilfe chorologischer Tatsachen geführt hat, dass der heutige malaysische Archipel eigentlich aus zwei ganz verschiedenen Abteilungen besteht. Die westliche Abteilung, der indo-malaysische Archipel, umfasst die großen Inseln Borneo, Java und Sumatra und hing früher durch Malakka mit dem asiatischen Festland und wahrscheinlich auch mit dem eben genannten Lemuria zusammen. Die östliche Abteilung dagegen, den austral-malaysischen Archipel, Sulawesi, die Molukken, Neuguinea, die Salomons-Inseln usw. umfassend, stand früher mit Australien in unmittelbarem Zusammenhang. Beide Abteilungen waren vormals zwei durch eine Meerenge getrennte Kontinente, sind aber jetzt größtenteils unter den Meeresspiegel gesunken. Die Lage jener früheren Meerenge, deren Südende zwischen Bali und Lombok hindurchgeht, hat Wallace bloß aufgrund seiner genauen chorologischen Beobachtungen in der scharfsinnigsten Weise fest zu bestimmen vermocht. Noch heute bildet diese tiefe Meerenge, obwohl nur fünfzehn Seemeilen breit, eine scharfe Grenze zwischen den beiden kleinen Inseln Bali und Lombok; die Tierwelt des ersteren gehört größtenteils zu Hinterindien, diejenige des letzteren zu Australien.«2
Wie oben angegeben, war es Sclater, der zuerst den Namen Lemuria aufbrachte, dazu durch die Annahme veranlasst, dass aller Wahrscheinlichkeit nach sich die Tiere des Lemuriden-Typus auf diesem Weltteil entwickelten.
»Diese Voraussetzung«, schreibt A. R. Wallace, »ist berechtigt und höchst wahrscheinlich und zugleich ein Beweis, wie das Studium der Verteilung einer Fauna uns in den Stand setzt, die Geographie vergangener Jahrhunderte wieder herzustellen.« – »Dieser Weltteil war sicherlich eine zoologische Urregion zu einer weit entlegenen geologischen Epoche. Doch was diese Epoche war und wo sich die Grenzen dieser Region befanden, das sind wir nicht fähig anzugeben. Sollte man annehmen dürfen, dass alle Länder, in denen sich Lemuriden vorfinden, zu dieser Region gehörten, so müssten wir dieselbe von Westafrika bis Burma, Südchina und Sulawesi ausdehnen, ein Umfang, den der Weltteil wohl auch wahrscheinlich hatte.«3
»Wir hatten schon Gelegenheit«, schreibt er an anderen Orten, »einer Verbindung zwischen dieser Unterregion (der äthiopischen) und Madagaskar zu gedenken, zur Erklärung der Verteilung des Lemuridentypus und anderer interessanter Verwandtschaften dieser beiden Gegenden. Indiens Geologie bestätigt diese Ansicht, indem sie uns zeigt, wie Sri Lanka und Südindien meistens aus Granit und altem metamorphischen Gestein besteht, während die größere Hälfte der Halbinsel Tertiärformation mit wenig eingestreutem Sekundärgestein aufweist. Daraus geht deutlich hervor, dass während des größten Teils der Tertiärzeit4 Sri Lanka und Südindien im Norden von einem ausgedehnten Meer begrenzt wurden und wahrscheinlich zu dem großen südlichen Weltteil oder einer großen Südinsel gehörten. Die zahlreichen und merkwürdigen Fälle von Verwandtschaft mit Malaysia begründen wiederum eine engere Verbindung mit diesen Inseln, die wohl in einer folgenden Zeit stattfand. Als dann, bedeutend später, sich die großen Flächen und Ebenen Indiens bildeten und die reiche, hoch entwickelte Himalaya-chinesische Fauna dadurch eine ununterbrochene Landverbindung gewann, fand sehr bald eine Einwanderung neuer Arten statt, und viele der weniger entwickelten Formen von Säugetieren und Vögeln starben aus. Bei Kriechtieren und Insekten war der Kampf ums Dasein weniger scharf, oder die älteren Formen hatten sich zu sehr den Verhältnissen angepasst, um verdrängt zu werden, so dass diese Gruppen allein uns die Reste des überschwemmten Südkontinents bewahrten.«5
Nach der Behauptung, dass während des ganzen Verlaufs der Tertiärzeit und während eines Teils der Sekundärperiode sich wohl die größte Ländermasse der Erdoberfläche auf der nördlichen Halbkugel befand, fährt Wallace folgendermaßen fort: »Es scheint, dass die südliche Hemisphäre drei bedeutende und sehr alte Landstriche besaß, die von Zeit zu Zeit ihre Ausdehnung wechselten, doch dabei immer getrennt blieben und mehr oder weniger durch unser heutiges Australien, Südafrika und Südamerika dargestellt sind. In diese Lande ergossen sich nacheinander neue Lebenserscheinungen, wenn zeitweise bald der eine, bald der andere Teil mit den Nordlanden verbunden war.«6
Obgleich Wallace, um wohl einige Folgerungen gegen Dr. Hartlaubs Kritik zu verteidigen, späterhin die Notwendigkeit der Annahme eines solchen Kontinents verneinte, berührt das doch keineswegs die Erkenntnis der Hebungen und eines großen Teils der Erdoberfläche, die er oben feststellte. Auch bleiben die Folgerungen bestehen, die er aus der anerkannten Verwandtschaft zwischen lebender und ausgestorbener Fauna zieht.
Die folgenden Stellen aus einer höchst interessanten Broschüre E. F. Blandfords, die er in der Geologischen Gesellschaft vortrug, behandeln den Gegenstand noch ausführlicher.7
»Die Ähnlichkeiten zwischen den fossilen Überresten sowohl von Tieren als auch von Pflanzen der Beaufortgruppe in Afrika und den Panchets und Kathmis Indiens sind derart, dass sie eine frühere Landverbindung der beiden Länder voraussetzen lassen. Jedoch hört die Ähnlichkeit der afrikanischen und indischen Versteinerungen mit der permischen und Triaszeit durchaus nicht auf. Die Pflanzenlager der Uitenhagegruppe gaben uns elf Formen, von denen Tate zwei mit den indischen Rajmahalpflanzen identifizierte. Zwar warten die Jurafossilien Indiens, mit wenigen Ausnahmen, noch auf ihre Erforschung, jedoch wissen wir, wie sehr die Ähnlichkeit gewisser Versteinerungen von Cutch mit afrikanischen Formen Dr. Stoliczka in Erstaunen setzte; auch bewiesen Dr. Stoliczka und Griesbach, dass der größte Teil der Kreideversteinerungen des Umtafuniflusses in Natal (22 von 35 beschriebenen Formen) mit südindischen Spezies identisch sind. Die indischen Gesteinsschichten mit Pflanzenresten und die Schichten der Karoo und eines Teils von Uistenhage in Afrika sind aber aller Wahrscheinlichkeit nach Süßwasserniederschläge, und beide beweisen somit das Vorhandensein eines sie umgebenden ausgedehnten Festlandes, aus dessen Abgängen sich diese Niederschläge bildeten. War zwischen diesen beiden Regionen ununterbrochenes Festland? Kann irgendetwas in der physischen Geographie des indischen Ozeans eine Idee der Ausdehnung dieses Weltteils geben? Und ferner, welche Verbindung bestand zwischen diesem Land und Australien, das, wie wir annehmen müssen, auch schon zur permischen Periode existierte? Hat die Fauna und Flora Afrikas, Indiens und der zwischenliegenden Inseln Eigentümlichkeiten, die eine frühere Verbindung zwischen Afrika, Indien und den malaysischen Halbinseln voraussetzen lassen? Alle diese Fragen sind durchaus nicht neu, sie beschäftigten schon lange einige indische und europäische Naturforscher, von denen ich nur meinen Bruder Blandford und Dr. Stoliczka erwähnen will. Ihre Voraussetzungen gründeten sich auf die Verwandtschaft und teilweise Identität der Fauna und Flora der Vorzeit sowie auf die große Ähnlichkeit der jetzt existierenden Formen, welche Andrew, Murrah, Searles, B. Wood jun. und Pr. Huxley veranlassten, einen Weltteil anzunehmen, der in der Miozänzeit einen Teil des Indischen Ozeans ausfüllte. In dieser kleinen Abhandlung kann ich natürlich nichts weiter tun, als zu versuchen, einiges zur näheren Bestimmung der Ausdehnung und Existenz dieses Weltteils beizutragen.«
»Was den geographischen Beweis betrifft, so zeigt ein Blick auf die Karte, dass nahe der Westküste Indiens bis zu den Seychellen, Madagaskar und Mauritius sich eine Reihe von Korallenriffen und Bänken hinzieht, einschließlich der Adasbank, der Lakkediven, Malediven, Chagosgruppe und der Saya de Mulha, welche alle erlauben, die Existenz überschwemmter Gebirgsketten anzunehmen. Darwin beschreibt z. B. die Seychellen, als lägen sie auf einem ausgedehnten, ziemlich ebenen, erhöhten Untergrund, der eine Tiefe von 30-40 Faden aufweist, so dass man sie trotz der sie umgebenden Risse als die richtige Fortsetzung dieser überschwemmten Gebirgssache ansehen kann. Weiter nach Westen zu sind die Cosmoledo und Comorogruppen aus Bänken und Inseln mit umgebenden Felsenriffen gebildet, die uns schon recht nahe zu den Küsten Afrikas und Madagaskars bringen. So ist sehr wahrscheinlich, dass wir in dieser Kette von Hebungen, Bänken und Grenzriffen die Lage angezeigt finden, welche diese Gebirgskette der Vorzeit einnahm, die wohl als das Rückgrat eines spätprimären, sekundären und tertiären Landstriches angesehen werden kann und bei demselben die gleiche Rolle spielte wie das Alpen- und Himalaya-System im europäisch-asiatischen Weltteil und das Felsengebirge mit den Anden in Nord- und Südamerika. Da es wünschenswert ist, dieses Land der Sekundärzeit zu benennen, schlage ich vor, ihm den Namen Indo-Ozeania zu geben (doch wurde seitdem der Name, den Dr. Sclater vorschlug, nämlich Lemuria, so ziemlich allgemein angenommen). Pr. Huxley stützte sich auf eine paläontologische Basis, wenn er annahm, dass in der Miozänperiode eine Landverbindung in dieser Region (oder vielmehr zwischen Abyssinien und Indien) stattfand. Aus dem Dargelegten wird deutlich, dass ich seine Existenz weit früher annehme.8 Wo seine Senkung lag, dafür haben wir nur eine Möglichkeit anzunehmen, die auf sein Nordende hinweist, und zwar schon nach den großen Basaltergießungen des Dekhan. Diese riesenhaften Schichten vulkanischen Gesteins liegen im Osten der Ghats- und der Sakyadrikette merkwürdig horizontal, aber im Westen derselben ziehen sie sich seewärts, so dass die Bombayinsel aus den oberen Teilen dieser Schichtung gebildet wird. Dies beweist nur, dass die westliche Senkung in der Tertiärzeit stattfand. Für diese Strecke ist Pr. Huxleys Annahme ganz im Einklang mit den geologischen Beweisen.«
Nachdem nun der Autor recht ausführlich die nahe Verwandtschaft vieler Arten der Fauna in diesen Ländern beschrieben hat (Löwe, Hyäne, Schakal, Leopard, Antilope, Gazelle, Sandhuhn, indischer Habicht, einige Landmollusken und besonders die Lemuriden und geschuppten Ameisenfresser), fährt er folgendermaßen fort:
»Paläontologie, physische Geographie, Geologie sowie die Beobachtung der Verteilung der lebenden Tiere und Pflanzen geben also zusammenwirkend Zeugnisse für die einstmalige engere Verbindung von Afrika und Indien, mit Einschluss der tropischen Inseln des Indischen Ozeans. Dieses Indo-Ozeanien muss wenigstens schon im Anfang der permischen Periode bestanden haben bis herab zum Ende der Miozänperiode (wie Pr. Huxley meint).9 Südafrika und die Indische Halbinsel sind Überreste dieses Landes der Vorzeit. Es wird wohl nicht immer diese ganze lange Zeit hindurch im Zusammenhang bestanden haben. Die Kreidefelsen Südindiens und Afrikas sowie Marinschichten der Juraformationen dieser Länder bezeugen in der Tat, dass einige Teile derselben kürzere oder längere Zeit hindurch überschwemmt waren, doch scheinen solche Unterbrechungen der Verbindung nicht dauernd gewesen zu sein, denn Wallace’s Forschungen im Osten haben gezeigt, welche unüberwindliche Schranke auch ein ganz schmaler Meeresarm der Verbreitung von Landtieren entgegensetzt. In ältester Zeit muss dieses Land mit Australien in Verbindung gestanden haben und in der Tertiärperiode mit Malayana, da die malesischen Formen den afrikanischen verwandt, aber in manchen Fällen von den indischen verschieden sind. Doch ist uns die Geologie der östlichen Halbinsel zu wenig bekannt, um bestimmen zu können, in welcher Epoche es mit Indo-Ozeanien verbunden war. Theobald hat die Anwesenheit von Trias, Kreide und Nummulithgestein in den arabischen Küstengebirgen nachgewiesen, und es ist bekannt, dass kohleführende Kalkfelsen sich südlich von Moulmein finden, während das Gebirge östlich vom Irawaddy aus Spättertiärgestein besteht. Hieraus scheint hervorzugehen, dass ein bedeutender Teil der malaysischen Halbinsel während des größten Teils der Sekundär- und Eozänperiode vom Meer eingenommen war. Felsen mit Pflanzenresten aus der Raniganj-Periode wurden in den Ausläufern des Sikkim-Himalaya angezeigt. Dieses Land der Vorzeit muss sich also bis zum Norden des heutigen Gangesdelta erstreckt haben. Kohle sowohl aus der Kreide- als auch aus der Tertiärzeit findet sich in den Khasihügeln und im oberen Assam, doch in beiden Fällen zugleich mit Meeresablagerungen, so dass es scheint, als hätten die Grenzen von Land und Meer zur Kreide- und Eozänzeit hin- und hergeschwankt. Im Nordwesten Indiens beweisen die ausgedehnten Lagerungen von Kreide und Nummulithgestein, die sich weithin nach Belutchistan und Persien ziehen und zur Bildung des Nordwesthimalaya beitragen, dass in der Mezolith- und Eozänzeit Indien mit Westasien nicht direkt verbunden war, während die Jurafelsen von Cutch, der Saltkette und des nördlichen Himalaya zeigen, dass in der vorhergehenden Periode das Meer einen großen Teil der Indus-Niederung anfüllte. Trias, Kohle und bedeutend jüngere Seeablagerungen am Himalaya sprechen wiederum dafür, dass von alters her bis zur Erhebung dieses ungeheuren Gebirges ein großer Teil desselben Meeresgrund war.
»Wollen wir also die Ansichten, die in dieser Schrift ausgesprochen sind, zusammenfassen, so finden wir:
1. Dass die pflanzenführenden Schichten indischer Gebirge eine ununterbrochene Landverbindung anzeigen, die mit Ausnahme nur einiger lokaler Fälle von der permischen bis zur späten Juraperiode bestand. Sie mag sogar schon viel früher vorhanden gewesen sein.«
»2. Während der frühpermischen bis zur Nachpliozänzeit herrschte ein kaltes Klima selbst bis zu tiefen Breitengraden herab, und ich neige zur Meinung, dass ein Gleiches auf beiden Hemisphären stattfand. Mit Abnahme der Kälte verteilten sich die Flora und Reptilfaune der Permzeit auf Afrika, Indien und wohl auch auf Australien, doch mag die Flora schon früher in Australien bestanden haben und verbreitete sich nur alsdann.«
»3. In der permischen Epoche hingen Indien, Südafrika und Australien durch den Weltteil Indo-Ozeania zusammen, und die beiden ersten Länder blieben, wahrscheinlich mit nur sehr kurzen Unterbrechungen, bis zum Ende der Miozänperiode verbunden. Während des letzten Teils dieses Zeitraums hingen sie auch mit Malayana zusammen.«
»4. Gleich einigen Vorgängern bin ich auch der Meinung, dass die Lage dieses Landes durch die Reihe Korallenriffe und Bänke bestimmt wird, die sich heutzutage zwischen dem arabischen Meer und Ostafrika befinden.«
»5. Bis zum Ende der Nummulithepoche bestand zwischen Indien und Westasien keine oder doch nur für sehr kurze Zeit eine dauernde direkte Verbindung.«
In der Besprechung, welche dem Vortrag dieser Schrift folgte, war Pr. Ramsey mit dem Verfasser einverstanden, was den Zusammenhang Afrikas, Indiens und Australiens in geologischen Epochen betraf.
Woodward freute sich zu hören, dass der Verfasser neue Beweise aus der versteinerten Flora der indischen Sekundärschichten für die Existenz eines überschwemmten Weltteils der Urzeit geliefert habe, was die Ansichten Huxleys, Sclaters und anderer neu bestätigte, was ja auch schon Darwin bei seinen Erforschungen der Korallenriffe geahnt hatte.
»Von den jetzt existierenden fünf Weltteilen«, schreibt Ernst Haeckel in seinem großen Werk der natürlichen Schöpfungsgeschichte, »kann weder Australien, noch Amerika, noch Europa diese Urheimat oder das so genannte »Paradies«, die »Wiege des Menschengeschlechts«, sein. Vielmehr deuten die meisten Anzeichen auf das südliche Asien. Außer dem südlichen Asien könnte von den gegenwärtigen Festländern nur noch Afrika in Frage kommen. Außerdem schienen bis vor kurzem eine Menge von Anzeichen (besonders chorologische Tatsachen) darauf hinzudeuten, dass die Urheimat des Menschen ein jetzt unter den Spiegel des Indischen Ozeans gesunkener Kontinent sei, welcher sich im Süden des jetzigen Asiens (und wahrscheinlich mit ihm in direktem Zusammenhang) einerseits östlich bis nach Hinterindien und den Sunda-Inseln, andererseits westlich bis nach Madagaskar und dem südöstlichen Afrika erstreckte. Wir haben schon früher erwähnt, dass viele Tatsachen der Tier- und Pflanzen-Geographie die frühere Existenz eines solchen südindischen Kontinents sehr wahrscheinlich machen. Derselbe ist von dem Engländer Sclater wegen der für ihn charakteristischen Halbaffen Lemuria genannt worden. Wenn wir dieses Lemuria als Urheimat annehmen wollten, so ließe sich daraus am leichtesten die geographische Verbreitung der divergierenden Menschenarten durch Wanderung erklären.«
In einem späteren Werk, »Die Abstammung des Menschen«, behauptet Haeckel, die Existenz Lemurias zu irgendeiner sehr frühen Zeit der Erdgeschichte sei eine unleugbare Tatsache.
Der folgende Auszug aus Dr. Hartlaubs Schriften mag diesen Teil der Beweise für die Existenz des untergegangenen Lemuria beschließen.10
»Vor 35 Jahren bemerkte Isidore Geoffrey St. Hilaire, dass, wenn man Madagaskar nur nach zoologischen Zeugnissen beurteilen wollte, ohne seiner geographischen Lage Rechnung zu tragen, es scheinen würde, als ob es weder zu Asien noch zu Afrika gehöre, sondern von beiden verschieden sei und sozusagen einen vierten Kontinent für sich bilde. Und die Fauna dieses vierten Kontinents würde viel verschiedener von dem so nahen Afrika sein als vom fernen Indien. Mit diesen Worten, deren Richtigkeit und Schärfe spätere Forschungen in immer helleres Licht stellten, wirft der französische Naturforscher zunächst das interessante Problem auf, für dessen Lösung in jüngster Zeit eine Hypothese vorgeschlagen wurde, die sich auf wissenschaftlicher Basis aufbaut. Denn dieser vierte Weltteil des Isidore Geoffrey St. Hilaire ist dasselbe wie Sclaters Lemuria – das versunkene Land, welches Teile von Afrika enthielt und sich östlich bis Südindien und Sri Lanka hinzog, dessen höchste Bergspitzen wir in den Vulkanen Bourbons und Mauritius und der mittleren Gebirgskette Madagaskars erblicken, – der letzte Zufluchtsort der Lemuriden, die es einst bevölkerten.«
Beweise aus archaischen Aufzeichnungen
Die weiteren Zeugnisse für die Existenz Lemurias und dessen Bewohner schöpfen wir aus derselben Quelle und mit derselben Methode, die wir auch beim Schreiben der »Geschichte der Atlantis« anwandten. Auch in diesem Fall genoss der Verfasser wiederum den Vorzug, Kopien von zwei Karten zu erhalten, von denen die eine Lemuria und die anliegenden Länder während der Zeit seiner größten Ausdehnung darstellt. Die andere gibt die Umrisse dieses Weltteils nach den Katastrophen wieder, die ihn zu zerstückeln begannen, aber noch lange vor dem Enduntergang.
Es wurde nie behauptet, dass die Karten der Atlantis unfehlbar wä