Bücher von Harry Eilenstein:
Band 1: Götter und Mythen im Alten Ägypten (432 S.)
Band 2: Die altägyptische Religion – Ursprünge, Kult und Magie (396 S.)
Band 1: Die Struktur des kabbalistischen Lebensbaumes (370 S.)
Band 2: Der kabbalistische Lebensbaum als Forschungshilfsmittel (580 S.)
Band 3: Der kabbalistische Lebensbaum als spirituelle Landkarte (520 S.)
Kontakt: www.HarryEilenstein.de / Harry.Eilenstein@web.de
Impressum: Copyright: 2011 by Harry Eilenstein – Alle Rechte, insbesondere auch das der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors und des Verlages (nicht als Fotokopie, Mikrofilm, auf elektronischen Datenträgern oder im Internet) reproduziert, übersetzt, gespeichert oder verbreitet werden.
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783741262586
Die Beschreibungen der mythologischen Motive in diesem Lexikon sind die Zusammenfassungen der Ergebnisse der ausführlichen Betrachtungen dieser Motive in den Bänden 3-80 dieser Reihe. Es finden sich daher in diesem Lexikon so gut wie keine Begründungen für die dargestellten Deutungen, Qualitäten und Zusammenhänge. Auch die indogermanische und evtl. jung- und altsteinzeitliche Vorgeschichte ist nicht mit einbezogen worden, da dies die einzelnen Beschreibungen sehr viel größer hätte werden lassen.
Die genaueren Informationen über die einzelnen Themen und die detaillierten Begründungen ihrer Deutungen sowie die Texe und Funde, auf denen sie beruhen, sind in dem entsprechenden Band aus dieser Reihe zu finden. Die Bände 3-80 sind die „Wurzel“ dieses Lexikons, das nur die Essenz der Betrachtungen in diesen Bänden enthält.
Am Ende dieses Buches findet sich ein alphabetisches Verzeichnis der Themen – sowohl der Stichworte in diesem Lexikon als auch der Kapitel in Band 3-80, da beides identisch miteinander ist.
1 Die „1“ hatte bei den Germanen keine Symbolik – es sei denn, man würde die Egozentrik des Individuums, die mit aller ihr zur Verfügung stehenden Kraft, die eigene Freiheit und die eigene Willensdurchsetzung sowie die eigene Ehre (die mit den beiden ersten Punkten identisch ist), als eine Symbolik der „1“ ansehen.
2 Durch den Dual neben dem Singular und dem Plural ist die Zweizahl schon rein grammatikalisch ein fester Bestandteil der germanischen Kultur gewesen.
Der Urgegensatz in der Mythologie ist das Feuer von Muspelheim im Süden und das Eis von Niflheim im Norden. Sie entsprechen vermutlich Tag und Nacht, Sommer und Winter sowie Diesseits und Jenseits.
Dieser Gegensatz erscheint auch als die zweifache Göttin – die Mutter im Diesseits und die Wiedergeburts-Mutter im Jenseits. In den Sagas erscheint sie als zwei Riesinnen oder zwei Zauberinnen.
Dieser Gegensatz wurde sowohl bei der Göttin Hel als auch bei manchen Berserkern als eine zweifarbige Haut dargestellt: blau-schwarz für den Tod und die normale Farbe bzw. rot für das Leben.
Der dynamische Aspekt dieses Urgegensatzes in den alten, Tyr-zentrierten Mythen (bis 500 n.Chr.) ist der Kampf zwischen dem Sommergott Tyr und dem Wintergott Loki, der die Jahreszeiten entstehen läßt.
Die beiden Söhne des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr („Alcis“) erscheinen ab 500 n.Chr. in den Odin-zentrierten Mythen als zwei Boten des Tyr-Gudmund, zwei Jünglinge, zwei Brüder, zwei Schlangen (Totengeister), zwei Zwerge (Totengeister), zwei Schmiede (sie schmieden im Jenseits Tyrs Schwert neu), zwei Zauberer (die Tyr-Söhne sind zauberkundig), zwei Raben (Seelenvögel) und als zwei Wölfe (Ulfhedinn-Krieger).
Die beiden Ziegenböcke vor Thors Wagen und die beiden Katzen vor Freyas Wagen sind Analogien zu den beiden Schimmeln vor dem Sonnen-Streitwagen des Tyr.
In Zaubersprüchen wurden manchmal Aussagen durch Verdoppelung verstärkt. Auch bei Grüßen findet sich oft der zweifache Gruß – entsprechend dem deutschen „Wie geht's? Wie steht's?“
3 Ursprünglich ist die dreimalige Darstellung eines Ereignisses oder einer Tat der Hinweis darauf gewesen, daß es sich um einen endlosen, zyklischen Vorgang handelt. Dies betraf insbesondere die allmorgendliche Wiedergeburt der Sonne bzw. des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr.
Durch diese Symbolik wurde der ehemalige Göttervater Tyr zu einem dreiköpfigen Riesen und später zu einem „dreifaltigen Gott“ und zu drei Göttern, die schließlich zu den Repräsentanten der drei Stände geworden sind. Diese drei Götter erscheinen auch als drei Brüder oder als drei Söhne. Eine sehr späte Variante sind die drei Kinder oder die drei Ungeheuer.
Da die Göttin die Sonne allmorgendlich wiedergebiert, wurde auch sie in die Symbolik der „3“ miteinbezogen und erscheint folglich als dreiköpfige Göttin wie auf einem der beiden Goldhörner von Gallehus oder als drei Göttinnen, die wie die drei Nornen Schwestern sein können.
Die drei Sommermonate waren die Herrschaftszeit des Sonnengott-Göttervaters Tyr – in den neun Wintermonaten herrschte in den alten Mythen der Gott Loki. Daraus ist die Symbolik der drei Monate, Jahre, Winter, Tage und Nächte geworden, die einen bedeutsamen Zeitabschnitt darstellen. Die Erinnerung an den Ursprung dieser „drei Zeitabschnitte“ ist fast überall so gut wie vollständig verblaßt.
Aus der generellen Verflachung der ursprünglichen Bedeutung der „3“ zu einem allgemeinen Adjektiv mit der Bedeutung „wichtig, richtig“ ist in den Sagas die dreifache Handlung, das dreifache Ereignis und die dreifache Formel sowie die drei Gegenstände entstanden. Es haben sich allerdings einige Hinweise darauf erhalten, daß diese Verdreifachung einst im Kult eine wichtige Rolle gespielt haben wird.
Die drei Beine mancher vierbeiniger Tiere in den Mythen und in der Magie sind ein Hinweis auf die Jenseitsreise und auf den Tod. Diese Symbolik entspricht den drei Köpfen des Tyr und der Jenseitsgöttin.
Schließlich ist die „3“ zu einem allgemeinen Zauberwort bzw. zu einer Zauberzahl geworden, das sich auch in vielen Märchen findet.
4 Die Symbolik der Zahl „4“ ist vollständig durch die vier Himmelsrichtungen geprägt worden. Diese vier Richtungen wurden mithilfe des Sonnenlaufs festgelegt, der wiederum als Gleichnis zum Leben der Menschen angesehen wurde.
Sonnengleichnis | |||
Richtung | Sonnenstand | Tageszeit | Mensch |
Osten | Sonnenaufgang | Morgen | Geburt |
Süden | Sonnenhochstand | Mittag | Leben |
Westen | Sonnenuntergang | Abend | Tod |
Norden | Sonne im Jenseits | Nacht | Ahn |
Osten | Sonnenaufgang | Morgen | Wiedergeburt |
Diese vier Haupt-Himmelsrichtungen wurden oft noch durch die vier Neben-Himmelsrichtungen NO, NW, SO und SW ergänzt. Sie entsprechen in etwa den Aufgangs- und Untergangspunkten der Sonne zu den beiden Sonnenwenden.
Aus dieser grundlegenden Sonnen-abhängigen Orientierung in der Welt entstand das Bild eines Kreises mit dem Kreuz der vier Hauptrichtungen bzw. mit dem achtstrahligne Stern der vier Haupt- und der vier Nebenrichtungen als Symbol des Sonnenlaufes und auch der Sonne selber. Manchmal wurde das Kreuz auch ohne Kreis dargestellt, wobei dann die Ecken manchmal umgebogen bzw. abgeknickt wurden, um den Lauf der Sonne anzudeuten („Swastika“).
Diese drei Symbole finden sich alle auch in den skandinavischen Steinritzungen, auf den Sonnenscheiben, auf den Goldhüten der Priester in der frühen germanischen Religion, auf den Bildsteinen, auf Schildbeschlägen, auf der Statuette eines meditierenden Schamanen-Priesters, auf Wandteppichen und auf Runensteinen.
Aus diesem grundlegenden, durch den Sonnenlauf strukturierten Lageplan der Welt („Kreuz-Kreis“) leitet sich das Motiv der vier Himmelsträger ab, das sich bereits in den Felsritzungen findet und in der schriftlichen Überlieferungen zu den vier nach den Himmelsrichtungen benannten Zwergen Austri, Sudri, Westri und Nordri geworden sind, die den Schädel des Urriesen Ymir, also das Himmelsgewölbe, tragen.
Diese vier Zwerge schmiedeten auch Freyas goldenen Halsreif Brisingamen, der selber ein Symbol der Sonne und der Wiedergeburt gewesen ist. Dieser Halsreif erscheint in den Mythen und Sagas auch als Fullas goldener Haarreif, als Odins Goldring Draupnir, als vierteiliger Ring und als ein von vier Zwergen geschmiedeter Ring.
Die Namen der vier Himmelsträger
Sonnenstand | vier Zwerge, die Ymirs Schädel tragen | vier Hirsche unter dem Weltenbaum | vier Zwerge, mit denen sich Freya vereint |
Morgen = (Wieder-)Geburt |
Austri – Östlicher |
Durathror – Schlummer-Kämpfer |
Berling – Bären-Mann |
Mittag = Leben, Stärke |
Sudri – Südlicher |
Dunneir – der über das Feuer geht |
Alfrigg – All-König |
Abend = Tod |
Westri – Westlicher |
Dain – Gestorbener |
Grer – Grauer |
Nacht = Jenseits |
Nordri – Nördlicher |
Dwalin – Schlafender |
Dvalin – Schläfer |
Aufgrund der Wiederzeugungssymbolik, bei der sich der ehemalige Sonnengott-Göttervater Tyr mit einem Stier oder Hirsch und auch alle anderen Toten mit einem männlichen Herdentier identifizierten, erscheinen die vier Himmelsträger (die sich im Jenseits, d.h. vermutlich auf dem Utgard-Bergring rings um Midgard befinden), auch als vier Stiere, als vier Hirsche oder vier Eber. Die vier Stiere sind die Kinder der Freya-Gefion und eines Riesen im Jenseits, der mit großer Wahrscheinlichkeit Tyr ist. Die vier Himmelsträger sind somit Söhne der Freya und des Tyr, d.h. entweder der vervierfachte Tyr oder seine verdoppelten Alcis-Zwillingssöhne.
Die Vereinigung der Freya mit den vier Himmelsträger-Zwergen ist vermutlich eine Umdeutung der Wiederzeugung des Tyr mit ihr sowie seiner anschließenden Wiedergeburt durch sie.
Die Erschaffung der Insel Seeland durch Freya-Gefion und ihre vier Stier-Söhne ist vermutlich eine verkleinerte Version der Erschaffung der Welt, bei der die vier Himmelsträger eine „tragende Funktion“ haben.
Der Kreuz-Kreis als Weltplan und Sonnensymbol hat verschiedene weitere Symbole hervorgebracht:
In einigen Fällen ist auch der achtstrahlige Kreuz-Kreis als Inspiration für weitere Symboliken und Strukturen benutzt worden (siehe dazu auch das Kapitel „8“ in diesem Band):
5 Die „5“ könnte eine Zahl des Jenseits gewesen sein. Aufgrund der geringen Anzahl von Teststellen, an der die „5“ erwähnt wird, ist diese Deutung jedoch bei weitem nicht so gut gesichert wie z.B. die Symbolik der „3“, der „4“ oder der „9“. Während die „9“ den Tod und das Jenseits allgemein darstellt, könnte die „5“ einen rituellen Bezug haben.
Der fünfstrahlige Stern („Pentagramm“) scheint den Germanen und auch bei den Kelten und Römern, die die Nachbarn und auch die nächsten Verwandten der Germanen sind, nicht bekannt gewesen zu sein.
6 Es gibt zwar auch bei den Kelten, Römern und Griechen vereinzelte Darstellungen von sechsblättrigen Blüten und von sechspeichigen Rädern, aber das reicht vermutlich nur für die Annahme einer künstlerischen Beeinflussung der Kelten und Germanen durch die Griechen und Thraker, die diese Motive vor allem auf ihren Münzen verwendet haben, aus.
7 Die Symbolik der „7“ stammt von den sieben Planten ab und wurde von den Germanen aus der griechisch-römisch-christlichen Tradition der Astrologie übernommen und findet sich in den frühen Texten nur sehr selten.
Diese Zahl wurde daher in dem Sinne von „vollständig“ und etwas unspezifischer von „alle“ wie ein Adjektiv verwendet. Noch unspezifischer ist die Bedeutung „viele“. Die Symbolik von „Zyklus“ oder ungenauer „bedeutungsvolle Zeitspanne“ hat die „7“ von der „12“ übernommen, die die andere wichtige Zahl in der Astrologie ist.
8 In der Zeit von 1800 v.Chr. bis 500 n.Chr. hat die Sonne in den Darstellungen oft 8, 16 oder 32 Strahlen und ist meistens 8-geteilt. Diese 8-Teilung findet sich auf den Sonnenscheiben, auf den Böden von Gefäßen, auf Schilden und auf den „Goldhüten“ der damaligen (Sonnen-)Priester. Die Bestattungen der Fürsten wurden zumindestens um 1000 v.Chr. gemeinsam von 8 Priestern durchgeführt (Darstellungen im Hügelgrab von Kivik).
Auf dem Schmuck, den Kronen und den Schildern der Merowinger, die zwischen 400 n. Chr. und 750 n. Chr. die Fürsten der Franken gewesen sind, findet sich ebenfalls sehr oft die 8-Teilung.
Diese 8-Teilung war fest mit der Sonne und somit auch mit dem damaligen Sonnengott-Göttervater Tyr und über ihn auch mit dem Königtum verbunden. In der Odin-zentrierten germanischen Religion ab ca. 500 n.Chr. tritt die „8“ deutlich seltener als „Kult-Zahl“ auf.
Einige Nachklänge dieser alten religiösen 8-Teilung finden sich in den Sagas bei den 8 Asinnen, den 8 Walküren unter der Eiche (Weltenbaum), den acht jungen Frauen im Tempel, den 8 Männern bei der Bestattung des Beowulf, den 8 geopferten Männern bei der Bestattung des Sigurd, den acht Armen des Tyr-Starkad, den 8 Kesseln des Tyr-Hymir, acht „Asen-Runen“ in einem Zauberspruch, und in der germanisch-christlichen Vorstellung, daß der erste Mensch (Adam) aus 8 Elementen erschaffen wurde.
Die „8“ symbolisierte auch die Zeit in der Unterwelt: Tyr-Wieland und seine beiden Brüdern leben 8 Jahre mit den drei Walküren zusammen, Brünhild ist 8 Nächte mit Sigurd zusammen, Odin ist 8 Nächte lang bei Agnar (Tyr) zwischen mehreren Feuern gefangen, Loki verbrachte 8 Jahre „unter der Erde“, und Tyr-Helgi erscheint mit den beiden Grimen (seine Alcis-Söhne) 8 Tage nach Weihnachten, d.h. nach dem Jul-Fest, an dem die Sonne wiedergeboren wird .
Die „8“ bezeichnet auch die Entfernung des Jenseits vom Diesseits: Tyr-Thrym verbarg Thors Hammer 8 Rasten tief unter der Erde.
Generell war alles, was 8-fach oder 8-teilig war, vollkommen: Von dem Jenseitsreise-Ring Draupnir (Sonnen-Symbol) tropfen jeden neunte Nacht 8 gleiche Ringe ab, ein Mann sollte 8 Fähigkeiten haben, und die vollkommene Strophe hat 8 Verse …
Evtl. hatte auch der 8-eckige Würfel im Tafl-Spiel diese Symbolik – aber das ist unsicher. Er könnte dann die Sonne dargestellt haben: Es rollt und hat 8 „Hörner“ (Horn = Ecke, Kante, und evtl. auch „Strahl“).
Ob die 4 Männer und ihre Frauen in dem Edda-Prolog und die 4 Männer und ihre Frauen in der Gauti-Saga einen germanischen Ursprung haben, läßt sich kaum noch feststellen, da sich diese Symbolik sowohl in der Bibel als auch den meisten anderen alten Kulturen von Afrika über Asien bis hin zu den Indianern findet …
Odins Roß Sleipnir hat zwar 8 Beine und ist das vollkommene Pferd, aber die doppelte Anzahl seiner Beine ist dadurch entstanden, daß die beiden Alscis-Pferdesöhne vor dem Streitwagen des Tyr zu einem Roß zusammengefaßt worden sind. Manchmal fügen sich auch zwei unabhängige Entwicklungen zu einer einzigen schlüssigen Symbolik zusammen.
Bisweilen hat sich die Symbolik der „8“ jedoch auch zu einem „beeindruckend viel“ oder „beeindruckend wenig“ abgeflacht: das Verspeisen von 8 Lachsen durch Loki, das Fahren von 8 Schiffen oder das Töten eines Bären im Alter von erst 8 Jahren.
Die „8“ ist primär die Zahl der Vollkommenheit und sekundär vor allem die Zahl der Sonne und des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr. Schließlich leitete sich von den Tyr-Mythen die Verwendung der „8“ zur Charakterisierung der Unterwelt ab (allnächtliche Jenseitsreise des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr).
Die ursprüngliche Symbolik der „8“ ist dadurch entstanden, daß die Menschen bis in die späte Jungsteinzeit und ins frühe Königtum hinein ein binäres Zahlensystem benutzt haben, in der jede Zahl aus der 1, der 2, der 4 und der 8 zusammengesetzt wurden – größere genaue Zahlen als ca. 12 wurden nicht verwendet. In diesem Zusammenhang ist die „8“ die „große, runde, vollständige, vollkommene Zahl“. Binär gesprochen ist eine „5“ z.B. „4+1“ und eine „11“ ist eine „8+4+1“.
9 Die Zahl „9“ ist bei den Germanen das Symbol des Jenseits. Sie findet sich in vielfacher Weise im Zusammenhang mit der Unterwelt. Die „9“ ist geradezu ein Adjektiv mit der Bedeutung „zum Jenseits gehörend“.
Zunächst einmal ist der Weg in das Jenseits neun Schritte lang, dauert neun Nächte und wird durch neun Flüsse versperrt. Das Jenseits selber liegt neun Rasten tief unter der Erde. Auch der Mistelzweig, mit dem Baldur getötet wurde, liegt in der Unterwelt in einem Kasten, der mit neun Schlössern verschlossen ist.
Dann gibt es neun Unterwelten bzw. Himmel. Die „9“ bedeutet in diesen Fällen nicht, daß es tatsächlich neun Welten gibt, sondern daß die betreffende Welt die „Neun-Welt“, d.h. die Unterwelt ist.
Die beiden Säulen des Tores zum Jenseits, also des „Seelenweg-Tores“ („öndvegisula“), haben 3·3=9 Querschichten, was ein Hinweis auf das Jenseits sein wird. Bei einer Totenbeschwörung wurde ein Mandala aus 3·3=9 Quadraten auf den Boden gemalt.
Die Totengöttin hat 900 Köpfe, d.h. sie gehört zum Jenseits („9“) und sie ist von großer Wichtigkeit („100“). Diese Totengöttin ist auch die Wiedergeburtsmutter des Sonnengott-Göttervaters Tyr, der auch als Njörd, Ägir, Gymir und Heimdall erscheint. In dieser Rolle erscheint die Jenseitsgöttin in neunfacher Gestalt – die „neun Mütter des Heimdall“. Sie wurde auch die „neun Töchter“ oder die „neun Schwestern“ genannt, die sich zu Meeresgeistern und schließlich zu den „Nöte, Naudir, Nodde, Nesso, Noicor“ genannten Krankheitsgeistern weiterentwickelt haben.
Die germanisch-christliche Variante dieser neun Frauen sind „neun Engel“ gewesen.
Der Sonnengott-Göttervater Tyr-Thrivaldi hat im Gegensatz zur Jenseitsgöttin „nur“ neun Köpfe. Als Lehmriese ist er neun Rasten hoch. In den Sagas erscheint er als die zwei Neunlinge eines Königs, von denen die ersten neun sterben (Tod des Tyr) und die zweiten neun überleben (Wiedergeburt des Tyr). Aufgrund der Identifikation des Tyr und der Könige bei ihrer Jenseitsreise mit einem Stier findet sich in dem Grabschatz des Merowinger-Königs Childerich ein goldener Stierkopf mit einer neunblättrigen Blüte auf der Stirn.
Die Zeit des Aufenthaltes in der Unterwelt, also der Winter, die Nacht und die Schamanen-Jenseitsreise, dauert neun Winter, Jahre, Nächte oder Tage. Entsprechend dieser Symbolik bringt der neunte Tag einer Schlacht den Tod. König Heidrek, der eine Saga-Variante des Tyr ist, wird durch neun Sklaven ermordet – in der Übertragung dieser Symbolik auf Odin tötet Odin auf seiner Jenseitsreise neun Knechte (um die Überlegenheit des Odin über Tyr zu demonstrieren).
Es gibt keinen Hinweis darauf, daß es einen Zusammenhang zwischen dem neunteiligen Jenseitsaufenthalt und den den neun Monaten der Schwangerschaft gegeben hat. Vermutlich konnte auf die „vollkommene 8“ der Sonne nur noch der abendliche bzw. herbstliche Tod der Sonne, also die Jenseitsreise, folgen …
Auch im Kult findet sich die „9“, wenn es um den Bezug zum Jenseits geht: neun Opfer und neun Ritualkessel.
Das Wissen der Schamanen über die Jenseitsreise ist in neun Zauberliedern zusammengefaßt worden – was eigentlich nicht „neun Lieder“, sondern „das eine Jenseits-Zauberlied“ bedeutet. Später hat sich davon das neunmaligen Singen von Zauberliedern abgeleitet. Zwei ganz späte Varianten dieses Motivs sind die „neun Fertigkeiten“ eines Mannes und die Reise in neun Länder (um diese zu plündern).
Da die Krankheitsgeister in neunfacher Gestalt auftraten, benutzte man auch neun Heilkräuter oder neun Amulette (Thors-Hammer) gegen sie. Ein magischer Schutz-Goldring besaß neun Gravuren.
10 Die „10“ hat die Bedeutung „viele, ausreichende Anzahl“. Sie unterscheidet sich von der „100“, die „sehr viele; sehr große Anzahl“ bedeutet.
11 Die „11“ ist eine Zahl des Mangels der Richtigkeit der „12“, die durch „-1“ entsteht – ähnlich der „13“, die die Zerstörung der Richtigkeit der „12“ durch „+1“ darstellt. Die „11“ hat jedoch als „Adjektiv“ nur eine geringe Rolle gespielt.
12 Die Zahl „12“ stellt den „vollständigen Kreis“ und auch den „vollständigen Zyklus“ dar.
Gruppen von 12 Göttern, Göttinnen, Berserkern usw. sind bei den Germanen recht weit verbreitet.
Der Ursprung der „12“ wird das mesopotamische Duodezimalssytem und der mit ihm zusammenhängende zwölfteilige Tierkreis sein, der dann u.a. auch die Zwölfzahl der Apostel geprägt hat, die wiederum im christlichen Bereich die Zwölfzahl haben populär werden lassen.
Die „12“ ist bei den Germanen eng an die Männer gebunden: die Gruppe von 12 Asen, viele verschiedene Gruppen von 12 Männern, zwölf Richter beim Thing, die Volljährigkeit mit 12 Jahren und die Helden mit der Kraft von 12 Männern.
13 Das „Dreizehnte“ ist das, was die vollkommene Ordnung und Richtigkeit der „12“ (Asen) stört – insbesondere Loki und die Riesen.
Es wird nach der Christianisierung auch eine Assoziation zu Judas Ischariot gegeben haben, der nach seinem Ausscheiden aus dem Kreis der Apostel und seinem Ersetzen durch Matthias zu einem „dreizehnten Apostel“ wurde.
14 Die Zahl „14“ scheint bei den Germanen keine ausgeprägte symbolische Bedeutung gehabt zu haben.
Denkbar wären „14 Tage“ als halber Mondzyklus gewesen oder ein neuerer „Import“ der Symbolik der sieben Planeten aus dem Mittelmeer-Bereich.
16 Die Zahl „16“ hat vermutlich dieselbe Symbolik wie die „8“ und stellt das „Runde, Vollständige, Richtige“ dar.
18 Die „18“ ist manchmal eine „2·9“ und teilt dann die Symbolik der „9“.
20 Es ist fraglich, ob die „20“ eine besondere Bedeutung hatte. Sie ist in zwei Fällen an die Stelle der sonst in den betreffenden Zusammenhängen üblichen „12“ getreten – evtl. als eine Form der Steigerung.
22 Die „22“ wurde möglicherweise mit Loki und dem Winter assoziiert.
23 Die „23“ Flüsse rings um die Götterwelt sind möglicherweise 24 Flüsse (2·12) gewesen, bei denen einer in der Aufzählung übersehen worden ist.
24 Die „12“ ist eine „runde, vollständige Gruppe“ – die „24“ ist eine „große, runde, vollständige Gruppe“.
Der Ursprung dieser Symbolik liegt in dem zwölfteiligen Tierkreis aus dem Mittelmeer-Bereich, von dem sich auch die 12 Tag-Stunden und die 12 Nacht-Stunden, die zusammen die 24 Stunden eines Tages sind, ableiten.
28 Die Zahl „28“ findet sich auf der Sonnenscheibe des Sonnenwagens von Trundholm, auf einer Felsritzung und auf einem Freya-Amulett. Die „28“ steht vermutlich für die 28 Tage des Mondzyklus.
30 Die „30“ ist wie die „300“ eine „große 3“ (siehe die Symbolik der „3“).
32 Die Zahl „32“ ist eine Erweiterung der „8“ (4·8) und wird daher deren Symbolik der Vollkommenheit teilen.
33 Diese Zahl wird wie die „30“ eine „große 3“ sein.
36 Die „36“ setzt sich aus drei „12“ zusammen. Die „12“ hat die Bedeutung von „vollständiger Kreis“ sowie „Richtigkeit“ und die „3“ hat die Bedeutung „Zyklus“. Daraus ergibt sich der „richtige Zyklus“, also die Vollständigkeit des Todes und der Wiedergeburt des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr.
37 Die „37“ findet sich nur als Gesamtanzahl der Flüssen im Diesseits, in der Götterwelt und im Jenseits und hat recht sicher keine symbolische Bedeutung.
40 „40 Stäbe“ ist ein Name für das Jenseits gewesen und bezeichnet vermutlich das Utgard-Gebirge am Rande der Welt.
Die Zahl „40“ setzt sich aus der „4“ der Himmelsrichtungen und der Himmelsträger-Zwerge sowie aus der „10“ mit der Bedeutung „viel“ zusammen, woraus sich ein Kreis von Himmelsträgern ergibt – das Utgard-Gebirge.
46 Die Zahl „46“ hat ihrem Auftreten in den Texten zufolge möglicherweise eine Symbolik gehabt, aber sie ist leider nicht bekannt.
48 Die „48“ ist die Anzahl der Richter beim isländischen Zentralgericht („Fünftes Thing“), zu dem jedes Viertel Islands 12 Richter entsandte. Die „48“ entstand somit aus den beiden Zahlen „4“ und „12“, die beide eine ausgeprägte Symbolik haben.
72 Die „72“ entsteht vermutlich durch eine Multiplikation: „9·8“, d.h. durch die Kombination der beiden Qualitäten „Jenseits“ und „Vollkommenheit“. Sie ist daher eine passende Zahl für Opfer und für Jenseitsreisen, als die sie auch erscheint.
80 Die „80“ ist die „Vielzahl der Richtigkeit“: eine Vielzahl von gewonnen Zweikämpfen, die als Gottesurteil aufgefaßt wurden und somit eine Methode waren, die Richtigkeit zu erkennen.
90 Die „90“ ist die „Vielzahl des Todes“: eine Vielzahl von gewonnen Kämpfen und der Tod nach einer Vielzahl von Jahren.
99 Vermutlich ist die „99“ eine vergrößerte „9“, da sie sich auf Opfer und somit auf das Jenseits bezieht.
100 Die „100“ bezeichnet eine große Anzahl von Dingen, eine lange Zeitspanne („100 Jahre“) und eine Heeres-Einheit von 100 Mann.
Wie die Symbolik der „300“ zeigt, ist die „100“ auch die (maximale) Lebensdauer eines Menschen.
Die „100“ wurde auch zur „Vergrößerung“ anderer Zahlen benutzt – so konnte man mithilfe der „100“ z.B. aus dem Adjektiv „7“ eine „große 7“, d.h. eine „700“ machen – der Superlativ des Adjektivs „7“.
In den Texten muß man die „100“ von der „großen 100“, d.h. der „120“ unterscheiden.
120 Die „120“ hatte sehr wahrscheinlich dieselbe Symbolik der Größe und Fülle wie die „100“.
300 Die „300“ ist eine „große 3“ und wird letztlich auf die Herrschaft des Tyr während der 3 Sommermonate zurückgehen, an deren Ende er von Loki getötet wurde und in die Unterwelt ging. Dieses Motiv wurde später zu dem Motiv „Thor erschlägt Tyr-Riesen“ umgewandelt.
Es finden sich mehrere Sagas, in denen ein Mann drei Leben lang, d.h. 300 Jahre lang lebt. Auch dies ist eine Erinnerung an den endlosen (100) Zyklus (3) des Todes und der Wiedergeburt des Sonnengott-Göttervaters Tyr.
540 Die Zahl „540“, die sich bei den Germanen in dem architektonischen Aufbau der Halle des Göttervaters Tyr/Odin/Thor findet, hat möglicherweise ihren Ursprung in der mit „5“ multiplizierten heiligen Zahl „108“, die sich vor allem in Indien findet und „rund, ganz, vollständig, viele, Entwicklungsweg, Jenseitsreise“ bedeutet. Sie stammt möglicherweise aus einem in 108 Teile eingeteilten Weg des Sonne, der auch durch das Diesseits und durch das Jenseits führt. Die „108“ ist aus der „11·22·33 = 1·2·2·3·3·3 = 108“ entstanden.
Diese Sonnen/Jenseitsreise-Symbolik würde durchaus zu dem Göttervater passen. Es ist jedoch unklar, warum die „108“ von den Germanen mit der „5“ zu „540“ multipliziert worden ist.
700 Die „700“ ist eine „große 7“ und teilt die Symbolik der „7“. Diese ist wiederum die aus dem Mittelmeerraum stammende neuere Variante der Zahl des Zyklus und des Runden, Vollständigen, die die ältere „8“ ersetzt hat.
800 Die „800“ ist das mythologische und mathematische Produkt aus den beiden Zahlen bzw. Qualitäten „8“, d.h. „Vollkommenheit“ und „100“, d.h. „große Anzahl“: Das Ergebnis ist die „große Anzahl an Vollkommenen“ oder das „große Vollkommene“.
900 Die „900“ verkörpert das „Große im Jenseits“: die Jenseitsgöttin.
1.200 Die Zahl „1200“ setzt sich aus der „12“ und aus der „100“ zusammen und ist eine „große 12“, d.h. eine „runde, vollkommene Menge“ (12), die zudem noch sehr groß ist (100).
10.000 Die „10.000“ hat keine eigene Symbolik. Ihre Bedeutung ergibt sich jedoch aus der folgenden Multiplikation: „100“ (sehr viele) · „100“ (sehr viele) = „10.000“ (sehr, sehr viele).
432.000 „432.000“ ist die größte Zahl in den Mythen der Germanen. Sie wird sehr wahrscheinlich keine eigene Symbolik gehabt haben, sondern sich aus lediglich im Laufe der Zeit aus verschiedenen „Mythologie-systematischen“ Überlegungen der Skalden und Goden ergeben haben.
Sie läßt sich wie folgt aufschlüsseln: „4·108·1000 = 432.000“. Die Zahl „432.000“ ist also sehr groß (1000), bezieht sich auf etwas Heiliges und Vollkommenes (108) und wirkt in alle vier Himmelsrichtungen (4). Eine passende Zahl und Qualität für das Heer des Odin, das aus 432.000 Kriegern besteht: Odin beherrscht die vier Weltgegenden (4) durch sein riesiges (1000) und vollkommenes (108) Heer …
„8+1 = 9 = 8+1“ Die Rechnung „8+1=9“ stellt vermutlich den Vorgang der Wiedergeburt des Göttervaters dar:
Der Göttervater („1“) stirbt am Abend und verliert dabei seine Vollkommenheit („8“): Fenrir beißt seine Hand ab, Loki-Nidud durchschneidet seine Kniesehnen (Wieland-Lied) und acht seiner neun Kessel werden zerstört (Hymir-Lied).
Der Göttervater („1“) wird am Morgen von neun Göttinnen („1+8“) wiedergeboren und erlangt dadurch seine Vollkommenheit („8“) zurück: Von Draupnir (1) träufeln acht neue Ringe (8) ab (=9).
Ac-Rune Die Rune „Ac“ bedeutet „Eiche“. Die Eiche wurde wegen ihrer Eicheln, die als Schweinefutter dienten, sowie wegen ihres Holzes, das man im Schiffsbau verwendete, geschätzt.
Eine mythologische Bedeutung der Rune ist nicht bekannt – auch wenn eine Assoziation zu Thor denkbar wäre, da der indogermanische Donnergott fest mit der Eiche verbunden gewesen ist („Donar-Eiche“).
Adler Der Adler ist der Seelenvogel des Göttervaters, d.h. bis 500 n.Chr. der des Tyr (Thiazi, Wieland, Hymir u.a.) und danach der des Odin.
In den Tyr-Mythen sitzt der Adler auf dem Hügelgrab am westlichen Horizont (Hraesvelgr), in dem Tyr am Abend bzw. im Herbst bestattet wird, sowie auf seinem Hügelgrab im Osten, aus dem am Morgen bzw. im Frühjahr zurückkehrt. Ein Alternativbild ist der Adler auf dem Baum, da auch der Weltenbaum ein Weg zwischen den beiden Welten Diesseits und Jenseits war. Ein später Nachklang des Motivs des Tyr-Adlers ist der Adler, der nach dem Ragnarök über die Welt fliegt.
An diesem Hügelgrab, der in den Sagas „Adler-Stein“, „Adler-Heim“ oder „Adler-Hügel“ genannt wurde, wurde dem Tyr geopfert (Thiazi-Mythe). Man konnte aufgrund dieses Motivs die Hügelgräber auch generell als „Adler-Klippe“ umschreiben. Diese Opferungen wurden von den „Adler-Priestern“ und „Adler-Priesterinnen“ durchgeführt, wobei hier „Adler“ gleichbedeutend mit „Tyr“ ist. Das Urbild der Tyr/Adler-Priester ist Franmar, der sich in einen Adler verwandeln konnte.
Von diesem Baum bzw. von diesem Hügelgrab kommen der Tyr-Adler und die Alcis-Raben, um den Toten ins Jenseits zu holen. Der Adler des Tyr bzw. des Odin kommt auch zu denen geflogen, die einen rituellen Einweihungs-(Beinahe)Tod sterben (Runenstein von Ardre). In diesen Zusammenhang gehört vermutlich auch der Pfeilschuß auf einen Adler (Egil, Thorstein), der in den Odin-Mythen durch die Weihung der Männer, die ins Jenseitsreisen wollten, durch Odins Speer trat.
Diesen mit seinen Fittichen schlagende Tyr-Adler am Horizont, der „Hraesvelgr“ („Leichenreißer“) genannt wurde, sah man auch als der Verursacher des Windes an. Die Vorstellung des Wind-Adlers hat sich bis in das Mittelalter hinein gehalten, wobei man die Windrichtung auch mit dem Schlachtenglück (das ursprünglich durch Tyr bestimmt wurde) assoziierte.
Das Motiv des Adlers, der eine Ente oder einen Fisch schlägt, ist der siegreiche Tyr (Goldhörner von Gallehus). Ein Alternativ-Motiv ist der Löwenkopf-Mann, der einen Fisch schlägt.
Der Adler-Name „Alter“ bezieht sich auf den alten Tyr, der stirbt und dann zu einem Adler-Seelenvogel wird. Auch der Männernamen „Alfen-Adler“ bezieht sich auf Tyrs Adler, da Tyr der Alfen-König ist. Der „Adler-Wanderer“ (Sonne) und der „Adler-Maskenhelm“ sind Männernamen, die ebenfalls aus den Tyr-Mythen stammen werden.
Die Verwandlung von zwei Kämpfern erst in zwei Hunde und dann in zwei Adler stammt vermutlich auch aus den Tyr-Mythen, da Tyr nicht nur einen Adler als Seelenvogel hat, sondern als Krieger auch die Gestalt eines Wolfes („Fenrir“) bzw. Hundes gehabt hat.
Der Adler-Name „Streit-Anfacher“ ist hingegen ein Odin-Name. Auch der Adler-Name „Blind-Weiser“ gehört zu Odin, da dieser einäugige Ase ein (Halb-)Blinder ist. Die Runen auf den Krallen des Adlers zeigen allgemein, daß der Adler in den Mythen wichtig gewesen ist (Sigdrifa-Lied).
Die Hinrichtungs- und Folter-Methode, die „Adler in den Rücken ritzen“ genannt wurde, könnte aus früheren Menschenopfern an Tyr stammen – zumindestens wäre dies die einfachste Erklärung für das Adlermotiv in diesem Zusammenhang.
In den Kenningarn wird der Adler vor allem zur Umschreibung von „Krieger“, „Kampf“, „Blut“, „Leichen“ u.ä. benutzt, die alle daran ansetzen, daß der Adler die Leichen auf den Schlachtfeldern frißt.
Dem Adler des Tyr wurde unter dem Weltenbaum auf einem flachen Stein ein Stier geopfert, dessen Fleisch anschließend von dem Priester oder der Priesterin in einem Kessel gekocht wurde (Thiazi-Mythe u.a.). Manchmal wurden auf diesem Stein vermutlich auch Menschen geopfert.
Der Weltenbaum und auch der Opferstein standen auf oder neben dem Hügelgrab des Tyr, der als Adler auf diesem Hügel, auf dem Opferstein oder auf dem Wipfel des Baumes saß.
Adler auf dem Weltenbaum Der Adler auf dem Weltenbaum ist der Seelenvogel des Göttervaters Tyr bzw. später Odin.
Adler bei der Einweihung Bei der Einweihung wurde dem Einzuweihenden von dem Adler des Göttervaters Tyr-Odin in der Gestalt eines Hrungnir-Herzens ein Segen überbracht (Runenstein von Ardre). Dieser Segen wird ursprünglich die Sonne selber bzw. die Verbundenheit mit dem Sonnengott-Göttervater Tyr gewesen sein.
Adler des Zauberers Franmar Die Astralreise von Zauberern wurde als Verwandlung in einen Adler dargestellt.
Adlergestalt des Hraesvelgr Hraesvelgr („Leichenreißer“) ist ein Name für den Seelenvogel-Adler des Göttervaters Tyr.
Adlergestalt des Odin Der Adler ist der Seelenvogel des Odin. Er ist allgemein der Seelenvogel der indogermanischen Götterväter, da er der größte und stärkste Vogel ist.
Adlergestalt des Thiazi Der Adler, in dessen Gestalt der Riese Thiazi erscheint, ist der Seelenvogel des Tyr-Thiazi. Sowohl der Riese als auch der Adler ist die Gestalt des Sonnengott-Göttervaters während seines nächtlichen bzw. winterlichen Aufenthaltes im Jenseits.
Adlertraum der Kostbera Der Adler war der Bote des Göttervaters an diejenigen, die mit ihm verbunden waren – entweder durch eine Einweihung oder durch eine Krönung. Beide Formen waren im Wesentlichen eine Jenseitsreise (Astralreise) zu dem Göttervater.
Aelrun Der Name der Walküre „Aelrun“ bedeutet „Geheimnis des Ritual-Tranks“. Sie wird durch ihren Namen als die Walküre, die den Toten bei ihrer Ankunft im Jenseits das Horn mit Bier („Ale“) bzw. Met reicht, bezeichnet.
Sie wird als die Frau des Egil angesehen, der einer von drei Gefährten ist und einen der drei Stände repräsentiert – wahrscheinlich ursprünglich den der Priester, aber später dann den der Krieger. Die Zuordnung hat sich dadurch verschoben, daß Tyr-Wieland vom Krieger zum Handwerker (Jenseitsschmied) wurde und zudem Odin in seiner Person den Priester und den Krieger zu einem Stand zusammengefaßt hat.
Aelruns Vater Kari, der König von Frankreich, wird ursprünglich wohl der ehemalige Göttervater Tyr als „König des Diesseits“ gewesen sein. Tyr erscheint ansonsten im Wieland-Lied nur als der „Jenseitsschmied“, also der tote Göttervater, der sein bei seinem Tod zerbrochenes Schwert in der Unterwelt (Jenseitsinsel) neuschmiedet. Tyrs Gegner Loki tritt in diesem Lied als der König Nidud auf.
Wie die Abbildung auf dem Runenkästchen von Auzon zeigt, wurde Aelrun auch als Priesterin-Zauberin angesehen – sie sitzt in einem Tempel.
Der Ursprung dieser Walküre wird die Göttin Freya als die Wiederzeugungs-Geliebte des Göttervaters im Jenseits gewesen sein (siehe „Wiederzeugung„).
Aesc-Rune Der Name der Rune „Aesc“ bedeutet „Esche“. Da „Esche“ eine beliebte Heiti für „Speer“ und „Speer“ zudem eine Heiti für „Krieger“ ist, kann „Esche“ zusätzlich auch diese beiden Bedeutungen haben.
Auch eine Assoziation zu der Weltesche Yggdrasil ist denkbar.
Affe „Affe“ war ein Schimpfwort für Dummheit und Minderwertigkeit.
Agdi Jarl Agdi ist eine Weiterentwicklung des Riesenkönigs Geirröd, der wiederum der ehemalige Göttervater Tyr im Jenseits ist. Die beiden Alcis-Söhne des Tyr-Riesen Geirröd wurden zu zwei Riesen umgedeutet, die den Jarl Agdi begleiten.
Ägir Der Riese Ägir ist das Meer bzw. der Herr des Meeres. Er ist identisch mit Hler und Gymir.
Ägir ist eng mit dem Metbrauen und dem Braukessel verbunden, den er von Tyrs Vater Hymir erhalten hat. Das Met-Fest findet im Spätsommer statt.
Da Ägir der Nachfolger des Hymir als Besitzer des Kessels ist und Hymir der Vater des Tyr ist, sind sowohl der Kessel als auch der Göttermet auch mit dem Göttervater Tyr verknüpft gewesen. Auch Tyrs Nachfolger Odin ist eng mit dem Göttermet verbunden, den er von der Riesin Gunnlöd holt.
Ägirs Frau ist Ran, die von den seefahrenden Wikingern gefürchtete Göttin der Wasserunterwelt.
Das Gold wurde oft „Ägirs Feuer“ genannt, weil die Germanen den Göttern dadurch Gold Opferten, daß sie es in tiefen Wassern versenkten, wo es wie Feuer leuchtete. Dieses Gold ist insbesondere Odins goldener Ring Draupnir, Freyas Kette/ Halsreif und Fullas goldener Haarreif, die alle Symbole der Jenseitsreise sind.
Die neun Schwestern, die als Rans und Ägirs Töchter und auch als Menglöds Mädchen auftreten, sind letztlich ebenfalls die Jenseits-Riesin, die ihre neunfache Gestalt wohl vor allem aufgrund der Jenseitssymbolik der „9“ erhalten hat.
Der Sohn der neun Töchter des Ägir und der Ran ist der Ase Heimdall, der auch einige Charakterzüge eines Sonnengott-Göttervaters besitzt. Er entspricht somit dem Beli Gymir-Sohn.
Menglöds Mädchen sind eine Vervielfältigung der Menglöd selber, deren Name eine Bezeichnung der Freya ist. Ihr Geliebter Svipdag zeigt durch seinen Namen, der „Tagesanbruch“ bedeutet, daß auch er eine Form des Sonnengott-Göttervaters ist.
Die Vorstellungen über den Meeres-Riesen sind vor allem durch den Sonnengott-Göttervater geprägt worden, der am Abend im Meer versinkt, d.h. stirbt, und am Morgen wieder aus ihm aufsteigt, also wiedergeboren wird.
Durch die enge Verbindung des Meeres-Riesen mit dem Göttervater hat auch der Meeres-Riese selber Charakterzüge des Göttervaters erhalten. Nach Ägir, dessen Name „Schrecklicher“ und ursprünglich Tyr als Kriegsgott bezeichnet haben wird, ist auch der Ögishelm („Schreckenshelm“) benannt worden. Auch das Schwert des Tyr findet sich bei Ägir wieder: sein Name konnte als Heiti für „Schwert“ benutzt werden und seine Halle wurde von „leuchtendem Gold“ erhellt, das in Walhalla noch als „leuchtende Schwerter“ erscheint – dies ist ursprünglich das leuchtende goldene Sonnenschwert des Tyr gewesen, das auch der Tyr-Riese Surtur in seiner Hand hält.
Das Motiv des Meeres, also des Reiches des Ägir, als Unterwelt ist eine der ältesten Jenseitsvorstellungen überhaupt. Sie läßt sich bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgen.
Agnar „Agnar“ bedeutet „Schreckens-Heer“ oder „Waffen-Heer“ und ist einer der Beinamen des jungen Tyr am Morgen bzw. im Frühjahr, der von Hel wiedergeborenen worden ist.
Im Zusammenhang mit Agnar wird der alte Tyr „Geirröd“ genannt.
Die Göttin als Wiederzeugungs-Geliebte wird dem jungen Tyr zugeordnet und ist die junge Göttin Freya, die als die Schwester des Tyr angesehen wird.
Die Göttin als Wiedergeburts-Mutter wird dem alten Tyr zugeordnet und ist die alte Göttin Hel, die als die Schwester des Tyr angesehen wird. Dies Motiv findet sich auch in der späteren Auffassung wieder, daß Hel und der Fenris-Wolf Geschwister sind, da Fenrir die Gestalt des Tyr als Wolfskrieger ist – entsprechend dem Geri und dem Freki, die ursprünglich die beiden Söhne des Tyr in Wolfskrieger-Gestalt gewesen sind.
Ahnen Die Ahnen halfen ihren Nachkommen mit Rat und Tat. Der übliche Fall ist die Bitte eines Mannes an einen seiner männlichen Vorfahren. Diese „Totenbeschwörungen„ werden „Utiseta„ („Draußensitzen„) genannt und fanden in der Regel am (Hügel-)Grab des betreffenden Toten statt. Meist wurde Hilfe im Kampf erbeten.
In den Mythen wurde das Utiseta mit der Jenseitsreise des Schamanen vermischt, wodurch die Beschwörung der Seherin (die Göttin Hel) durch Odin entstand.
Aus den konkreten Ahnen der Menschen wurden die Zwerge und Alfen und aus den Ahnen der Götter die Riesen. Die Trolle waren eine durch die Angst vor dem Tod verzerrte Mischung aus beiden Arten von Ahnen.
Neben der punktuellen Verbindung zu den Ahnen beim Utiseta gab es auch die permanente Verbindung mit einem Ahnen durch das Übernehmen von dessen Namen, in dem sein „persönliches Glück„ enthalten war, das auf den Nachkommen überging, der den Namen seines Ahnes trug. Vor diesem Hintergrund erleichterte der allgemein übliche Namenszusatz „Sohn/Tochter des ...„ nicht nur die Erkennung, um wen es sich handelt, sondern er schuf auch eine Verbindung des/der Betreffenden zu seinem/ihrem Vater.
Es bestand generell der Wunsch nach einer festen Verbindung zu dem eigenen Vater und zu der gesamten Sippe, da man nur von dort Rat und Hilfe erwarten konnte. Dieser Wunsch drückt sich u.a. in dem beliebten Namen „Olaf„ aus, den man etwas freier als „der eng mit seinen Ahnen verbunden ist„ übersetzen könnte.
Ein Sonderfall ist die Ahnenreihe von Königen, die mit dem Göttervater (Odin, Yngvi-Freyr, Heimdall) beginnen und die daher unter dem persönlichen Schutz eines dieser Götter stehen.
Ai Der Name des Zwerges „Ai“ bedeutet „Urgroßvater“ – vermutlich im Sinne von „Urahn“. Er erscheint einmal in der Sippe des Durin und einmal in der Sippe des Dwalin, was sicherlich daran liegt, daß der Urgroßvater ein wichtiger Ahn gewesen ist.
Da nur „Ai“ („Urgroßvater“) und „Eikinskjald“ („Eichenschild“) als Nachkommen des Dwalin und auch als Nachkommen des Durin genannt werden, ist es recht wahrscheinlich, daß „Ai Eikinskjaldi“, also „Urgroßvater Eichenschild“ der Sonnengott-Göttervater Tyr mit seinem Sonnenschild ist. Als Zwerg wäre Tyr dann vermutlich der Schildgott Ullr in der Unterwelt.
Der Name des Zwerges „Nar“, der zweimal als Nachkomme des Durin genannt wird, bedeutet „Leiche“. wenn man diese drei doppelten Namen kombiniert, erhält man „Nar Ai Eikinskjaldi“, d.h. „der tote Urgroßvater Eichenschild“ – was eine recht präzise Beschreibung des Tyr in der Unterwelt ist.
Aki „Aki“ bedeutet „Väterchen“. Er ist der ehemalige Göttervater Tyr, der im Jenseits zu dem Mann der Jenseitsgöttin wird, die in der Ragnars-Saga in ihrem gefürchteten Hel-Aspekt unter dem Namen „Grima“ erscheint.
Aki ist in der Darstellung in dieser Saga nur noch eine Karikatur des Göttervaters, der ganz von seiner dominanten Frau beherrscht wird.
Aki wird schon durch seinen Beinamen „der Böse„ deutlich charakterisiert. Da er zudem ein „hinterhältiger Berater„ wie Bikki am Hofe des Jörmunrek (Völsungensage) ist, ist es recht sicher, daß die Wurzel des Aki die Rolle des Loki in dem endlosen zyklischen Kampf zwischen Tyr und Loki ist.
Aki erscheint in dieser Saga ausschließlich als Gegner des Halfdan, der deutlich als Sagen-Variante des Tyr erkennbar ist: Er ist ein Königssohn, er flieht vor dem Mörder seines Vaters (Loki), er wird von einer Frau im Wald (Jenseitsgöttin) aufgezogen), er reist in eine Höhle im Jenseits, in der er Hilfe von der Riesin Brana (Jenseitsgöttin) erhält, er rettet die Zwillingssöhne (Alcis) des Angantyr von Schottland (Tyr) und seine beiden Ziehbrüder heißen Sigurd und Sigmund, die in der Völsungen-Saga den alten und den jungen Tyr verkörpern.
Halfdan hat daneben jedoch auch die Mythen des Thor übernommen, da Thor um ca. 500 n.Chr. an die Stelle des jungen, wiedergeborenen Tyr getreten ist: Er tötet zwei Riesinnen (Grip und Gjalp) sowie in einer Höhle auch deren Eltern (Tyr-Geirröd; Tyr-Grendel und seine Mutter).
Aki kann als Gegenspieler dieses Tyr-Helden nur eine Sagen-Variante des Loki sein.
Aki unterliegt dem Halfdan insgesamt sechsmal. Seine Intrigen gegen Halfdan bestehen aus: 1. einer Verleumdung, 2. einem Schwimmwettkampf, 3. einem Turnier, 4. der versuchten Verführung von Halfdans Schwester, 5. der Vergiftung und der versuchten Verbrennung des Halfdan, und 6. der Behauptung, Halfdan habe die Königstochter geschwängert.
Die beiden Kämpfe werden Varianten des Kampfes zwischen Tyr und Loki sein. Die Verleumdungen stammen vermutlich aus den Vorstellungen über Loki aus der Zeit nach der Absetzung des Tyr als Göttervater – in dieser Epoche ist er der ewige Störenfried wie dies z.B. in dem Lied „Lokasenna„ geschildert wird. Der Vorwurf der Schwängerung der Königstochter (der sich auch in der Völsungensaga bei Swanhild findet) könne auf die Wiederzeugung zurückgehen und die versuchte Verbrennung des Halfdan könnte ihre Wurzel evtl. in der Feuerbestattung haben, was jedoch sehr unsicher ist. Auch in der Nibelungensaga findet sich ein solcher „Hallenbrand„ – was damals allerdings keine seltenes Vorkommnis gewesen ist.
Die Verstümmelung des Halfdan an Aki wirkt wie eine drastische Variante des Todes des Jörmunrek (ein Tyr-Nachfolger), dem Hamdir und Sörli die Hände und die Füße abgeschlagen haben.
Alban Alban („Weißer, Alf“) ist ein Zwerg, der eine Jungfrau in einen Kerker einsperrt und zwei „hohle Berge“ (Hügelgräber) besitzt. Er will sich mit der Jungfrau vereinen (Wiederzeugung). Ein Engel befreit jedoch die Jungfrau – dies ist ein christliches Motiv.
Alban ist somit ein Zwerg in einem Hügelgrab bei der (versuchten und mißglückten) Wiederzeugung).
Alberich