Wissenschaftliche Beiträge
aus dem Tectum Verlag

Reihe Rechtswissenschaften

Wissenschaftliche Beiträge
aus dem Tectum Verlag

Reihe Rechtswissenschaften
Band 99

Carla Christine Tiberi

Einladungen und Geschenke
im Zusammenhang mit Fußballspielen

Eine Untersuchung der rechtlichen, steuerlichen und
regulatorischen Problemstellungen

Tectum Verlag

Carla Christine Tiberi

Einladungen und Geschenke im Zusammenhang mit Fußballspielen

Eine Untersuchung der rechtlichen, steuerlichen und regulatorischen Problemstellungen

Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag

Reihe: Rechtswissenschaften; Bd. 99

 

© Tectum Verlag–ein Verlag in der Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2018

ePub: 978-3-8288-6912-7

(Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Werk unter der ISBN 978-3-8288-4074-4 im Tectum Verlag ersschienen.)

ISSN: 1861-7875

 

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

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Vorwort und Danksagung

Die vorliegende Arbeit wurde im Fachbereich Wirtschaft & Recht an der Rheinischen Fachhochschule Köln im Rahmen des Masterstudiengangs Compliance and Corporate Securities (LL.M.) im Sommersemester 2017 als Masterarbeit angenommen.

Mein herzlicher Dank gilt meinem Lebensgefährten, der mich während des gesamten Studiums mit Zuspruch und unendlicher Geduld unterstützt hat und mir die notwendige Zeit für dieses Projekt gegeben hat.

 

Mainz, im April 2018

Carla Christine Tiberi

Inhalt

Vorwort und Danksagung

1 Einleitung

1.1 Problemstellung, Zielsetzung und Forschungsfrage

1.2 Vorgehensweise

2 Überblick über die Beteiligen

2.1 Unternehmen der Privatwirtschaft

2.2 Fußballvereine und Fußballverbände

2.3 Amtsträger, Politiker und weitere Personen dieses Personenkreises

2.3.1 Amtsträger

2.3.2 Amtsträgern gleichgestellte für den öffentlichen Dienst besonders verpflichtete Personen

2.3.3 Erweiterung des Amtsträgerbegriffs

2.3.4 Notwendigkeit der Prüfung der Amtsträgereigenschaft

3 Strafrechtliche, steuerliche und regulatorische Probleme für die Beteiligten

3.1 Die Entscheidung in Sachen EnBW

3.1.1 Zusammenfassung und Darstellung der Entscheidung

3.1.2 Besprechung und kritische Würdigung der Entscheidung

3.1.3 Zwischenfazit

3.2 Strafrechtliche Probleme – Korruption

3.2.1 Verschiedene Begriffsbestimmungen von Korruption

3.2.2 Allgemeingültige Merkmale von Korruption

3.2.3 Taugliche Täter der Korruption

3.2.4 Beispiel eines Dreiecksverhältnisses von Korruption

3.2.5 Zwischenfazit, eigene Schlussfolgerung und Definition

3.3 Strafrechtliche Probleme – Öffentliche Korruption §§ 331 ff. StGB

3.3.1 Geschütztes Rechtsgut

3.3.2 Tauglicher Täterkreis

3.4 Strafrechtliche Probleme – Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr § 299 StGB

3.4.1 Relevanz von Bestechlichkeit und Bestechung in der Praxis

3.4.2 Geschütztes Rechtsgut

3.4.3 Tauglicher Täterkreis

3.5 Steuerliche Probleme

3.6 Regulatorische Probleme

4 Einladungen und Geschenke unter korruptiven Geschichtspunkten

4.1 Verwirklichung der Bestechung gem. § 299 StGB durch Einladungen und Geschenke

4.1.1 Fordern, Sich versprechen lassen, Annehmen

4.1.2 Anbieten, Versprechen, Gewähren

4.1.3 Der Vorteil

4.1.4 Weitere Vorteilsarten

4.1.5 Die Unrechtsvereinbarung

4.1.6 Unlautere Bevorzugung im Wettbewerb

4.1.7 Bezug von Waren und Dienstleistungen

4.2 Verwirklichung der öffentlichen Korruptionsdelikte gem. §§ 331 ff. StGB durch Einladungen und Geschenke

4.2.1 Verwirklichung durch „Anfüttern“

4.2.2 Verwirklichung durch Schmiergeldzahlungen

4.2.3 Verwirklichung durch Bestechungszuwendungen

5 Restriktionen

5.1 Einschränkungen durch Merkmal der Sozialadäquanz

5.1.1 Kritische Betrachtung der Sozialadäquanz

5.1.2 Sozialadäquanz im Fußball

5.2 Einschränkungen durch Merkmal der Geringfügigkeit

5.3 Einschränkung durch Merkmal der Unlauterkeit

5.4 Einschränkungen durch im Sport existierende Richtlinien

6 Hilfe durch Compliance

6.1 Begriff der Compliance

6.2 Begriff der Criminal Compliance

6.3 Rechtspflicht zu Compliance

6.3.1 Legalitätspflicht

6.3.2 Siemens/ Neubürger Urteil

6.3.3 ARAG/ Garmenbeck Urteil und Business Judgement Rule

6.3.4 Lederspray Urteil

6.3.5 Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK)

6.3.6 Ausländische Rechtsgrundlagen

6.4 Faktische Pflicht zu Compliance

7 Compliance für Fußballvereine

7.1 Prof-Fußballvereine

7.2 Profi-Fußballvereine als e. V.

7.3 Pflichten der Profi-Fußballvereine

7.4 Risiken im Profi-Fußball

7.5 Pflicht der Profi-Fußballvereine als e. V.

7.5.1 Wesentliche Aussagen des Neubürger-Urteils mit Blick auf Vereine

7.5.2 Faktische Übertragbarkeit des Neubürger-Urteils auf Vereine

7.5.3 Zusammenfassung

7.6 Zwischenfazit zur Compliance-Pflicht für Fußballvereine

7.7 Maßnahmen und Wirkung der Criminal Compliance im Fußball

7.8 Probleme und Grenzen der Korruptionsbekämpfung im Fußball

8 Praxistipps für den Umgang mit Geschenken und Einladungen

8.1 Umgang auf Ebene der normalen Mitarbeiter

8.2 Umgang auf Ebene der Geschäftsführungsmitglieder

8.3 Umgang auf Ebene der Amtsträger

8.4 Frage nach dem Zeitpunkt der Einladung

8.5 Frage nach Wertgrenzen

8.6 Frage nach Sozialadäquanz

8.7 Art der Veranstaltung und den mit der Einladung verbundenen Zweck

8.8 Frage nach Art und Weise der Einladung und Transparenz

8.9 Entwicklung von Checklisten/ Flussdiagrammen

8.10 Entwicklung einer eigenen Helpcard

9 Zusammenfassung und Würdigung der Ergebnisse

Abbildungsverzeichnis und Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Quellenverzeichnis

§ 299 Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr

1 Einleitung

Eine Einladung zu einem Fußballspiel und dazu noch einen Schal des Lieblingsclubs! Wer würde sich darüber nicht freuen?

Eine solche Einladung verbunden mit einem Geschenk wird in Deutschland häufig ausgesprochen, und genauso häufig fragen sich sowohl die Einladenden und Eingeladenen ob sie diese Einladung überhaupt aussprechen bzw. annehmen dürfen.

Welche Probleme könnten auf mich oder mein Unternehmen zukommen? Habe ich mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen oder mit steuerlichen Nachteilen? Oder gibt es vielleicht Unternehmensregeln, die eine Teilnahme an einer solchen Veranstaltung beschränken?

Viele Fragen gehen den Beteiligten durch den Kopf, die ohne weiteres gar nicht beantwortet werden können.

Aber wie kommt es überhaupt zu solchen Einladungen und Geschenken im Zusammenhang mit Fußballspielen? Nun, Unternehmen wollen gute, erfolgreiche und profitable Geschäfte machen und möglichst langfristig Erfolg haben. Geschenke und Einladungen können dabei legitime und durchaus angemessene Mittel zum Ausdruck einer Wertschätzung oder auch zur Stärkung von Geschäftsbeziehungen sein.

Bei einer Einladung zu einem Fußballspiel und/oder der Übergabe eines Geschenks kann die aufgelockerte Situation dem besseren Kennenlernen dienen und gleichzeitig für eine Information des potentiellen Kunden oder Bestandskunden über Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens genutzt werden.

Was sollte also gegen ein Neujahrsgeschenk, eine Einladung zum Essen oder wie hier die Einladung zum gemeinsamen Besuch eines Fußballspiels sprechen? Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft – oder nicht?

Ganz so einfach ist die Beurteilung leider nicht, denn es dürfte mittlerweile bekannt sein, dass zumindest exzessive oder unangemessene Einladungen und Geschenke nicht erlaubt sind.

Bedeutet dies nun im Umkehrschluss, dass es gar nicht mehr erlaubt ist, mit seinen Geschäftspartnern, Kunden oder potentiellen neuen Kunden zu einem gemeinsamen Fußballspiel zu gehen? Darf eine Einladung zum Essen überhaupt noch ausgesprochen werden, oder wandert man dafür direkt ins Gefängnis?

1.1 Problemstellung, Zielsetzung und Forschungsfrage

Problemstellung

Diese Kontroverse sowie die dazugehörigen rechtlichen, steuerrechtlichen und regulatorischen Aspekte sollen Thema der Arbeit sein und näher beleuchtet werden.

Nach Einführung des § 299 StGB1 im Kernstrafrecht im Jahr 1997 ist die Diskussion erneut entfacht, wo die Grenze zwischen einem straflosen Geschenk und einer strafbaren Bestechung zu ziehen ist.2 Seither hat diese Diskussion nichts an ihrer Aktualität eingebüßt. Zumal „Korruptionsdelikte“ im StGB bereits zuvor durch die Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung und Bestechlichkeit bzw. Bestechung von Amtsträgern in den §§ 331 ff. StGB verortet waren.3

Seit 1997 muss nun auch im privatwirtschaftlichen Verkehr noch dezidierter entschieden werden, ob eine bisher übliche Geschäftspraktik, z. B. die Überreichung oder Annahme von Geschenken und Einladungen, eine strafbare Bestechungshandlung darstellt oder nicht. So kann beispielsweise die von einem Kunden zu Weihnachten verschenkte Weinflasche toleriert, die Einladung zu einem Fußballspiel aber kritisch betrachtet werden.

Für den Geschäftsmann in der Praxis stellen sich folgende Fragen: Wie verhalte ich mich in Bezug auf Geschenke und Einladungen richtig? Was ist in diesem Zusammenhang richtig und falsch? Anhand welcher Kriterien kann und muss ich dies beurteilen? Und was passiert, wenn ich etwas falsch mache?

Das sind Fragen über Fragen, die berechtigterweise gestellt werden, und die den Anwender in der Praxis allzu häufig vor schwierige Sachverhalte stellt, die nicht immer eindeutig beurteilt und entschieden werden können.

An dieser Stelle kann eine Brücke zur Compliance geschlagen werden, denn Compliance kann dabei helfen, rechtstreues Verhalten zu unterstützen. Eigentlich bedeutet Compliance nämlich nichts anderes als „Regeltreue“ und greift damit einen elementaren Grundsatz der Geschäftswelt und des Sports auf.

Jede Sportart wird von einem Regelwerk bestimmt, und nur die Einhaltung dieser Regeln sichert den zentralen Fair-Play-Gedanken als immanenten Wert des Sports. Eine Verknüpfung von Compliance und Sport erscheint somit nicht nur sinnvoll, sondern kann sogar dabei helfen, den positiven Eindruck des Sports zu bewahren.

Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es daher, für Unternehmen, die öffentliche Hand, Privatpersonen und (Fußball-)Vereine Möglichkeiten zu entwickeln und aufzuzeigen, wie sie sich anlässlich von Geschenken und Einladungen im Zusammenhang mit Fußballspielen rechtstreu und compliant verhalten können.

Es soll dem Anwender in der Praxis möglich gemacht werden zu verstehen, wo die Schwierigkeiten und Fallstricke bei der Beurteilung der Sachverhalte rund um Geschenke und Einladungen im Zusammenhang mit Fußballspielen liegen und wie diese Beurteilungen möglichst praxisgerecht durchgeführt werden können, ohne ein Experte auf dem Gebiet der Rechtswissenschaften, der Steuerberatung oder Regulatorik zu sein.

Forschungsfrage

Wo liegt also die Grenze des Zulässigen für Geschenke und Einladungen im Zusammenhang mit Fußballspielen? Wie und inwieweit können Hilfsmittel entwickelt und umgesetzt werden, damit der Umgang mit Geschenken und Einladungen klar und verständlich geregelt werden kann?

Abgrenzung und Detaillierung der Forschungsfrage

In diesem Zusammenhang ist eine differenzierende Klärung der notwendigen Begrifflichkeiten notwendig. Auch eine Darstellung der Struktur des Vorteilbegriffs ist für die richtige Einschätzung der fraglichen Sachverhalte des § 299 StGB erforderlich. Es soll im Rahmen dieser Arbeit allerdings keine umfassende Untersuchung dieser Sachverhalte zu § 299 StGB erfolgen.

Vielmehr soll eine praktikable Abgrenzung von strafbaren und nicht strafbaren Vorteilen herausgearbeitet werden.

1.2 Vorgehensweise

Qualitative Forschungsmethode mit deduktivem (Top-down-)Ansatz

Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird zunächst eine Darstellung der Beteiligten sowie der wichtigsten Begriffe, wie Korruption, Amtsträgereigenschaft, Vorteilsbegriff sowie Bestechung und Bestechlichkeit im Geschäftsverkehr, erfolgen.

Es wird dann untersucht, auf welcher Basis z. B. Vereine, Privatpersonen und Unternehmen verpflichtet sein können, Compliance-Regeln einzuhalten.

Im Rahmen der Untersuchung werden auch Sozialadäquanz und Transparenz in Bezug auf Geschenke und Einladungen im Zusammenhang mit Fußballspielen erörtert. Hier soll herausgefunden werden, wie und inwieweit diese Themen Einfluss auf die Beurteilung der Zulässigkeit von Geschenken und Einladungen haben.

Es wird weiterhin einen Überblick über steuerrechtliche Themen geben, da auch hierzu in der Praxis oft Unklarheit herrscht.

Weiterhin wird ein Exkurs in die Finanzdienstleistungsbranche und die dort einzuhaltenden regulatorischen Vorgaben erfolgt.

Es soll kurz dargestellt werden, ob die in der Finanzdienstleistungsbranche notwendigen Vorgehensweisen bezüglich Geschenken und Einladungen gegebenenfalls auf die Privatwirtschaft und die öffentliche Hand übertragen werden können.

Aus dem Zusammenspiel dieser Aspekte ergeben sich dann die praktischen Hinweise und Checklisten für die Beteiligten im Zusammenhang mit Fußballspielen.

1 Strafgesetzbuch

2 Vasilikou, Zuwendungen im geschäftlichen Verkehr, 21.

3 Beckemper in Beckemper und Rotsch, Criminal Compliance, 367, Rn 3.

2 Überblick über die Beteiligen

Für eine Einladung oder die Übergabe eines Geschenks werden immer mindestens zwei unterschiedliche Parteien benötigt. Eine Partei spricht die Einladung aus oder übergibt das Geschenk, während die andere Partei in der Empfängerrolle ist.

Zu Beginn muss daher festgestellt werden, wer Geschenke und Einladungen im Zusammenhang mit Fußballspielen übergeben bzw. aussprechen und empfangen kann. Hierbei können die Beteiligten in den meisten Fällen sowohl auf Geber- als auch auf Empfängerseite stehen. Einer Unterscheidung bedarf es diesbezüglich zunächst nicht.

2.1 Unternehmen der Privatwirtschaft

An erster Stelle sind hier Unternehmen der Privatwirtschaft zu nennen, die durch ihre Mitarbeiter, Geschäftsführer oder Vorstände sowohl Geber als auch Empfänger von Einladungen und Geschenken sein können. Hierunter fallen auch Selbständige wie z. B. Rechtsanwälte, Ärzte, Steuerberater oder andere freie Berufe, sofern sie nicht durch anderweitige Sondervereinbarungen der Gruppe der besonders verpflichteten Personen angehören (s. unten).

2.2 Fußballvereine und Fußballverbände

Auch Fußballvereine und Verbände können selbstverständlich an der Übergabe von Geschenken und Einladungen im Zusammenhang mit Fußballspielen beteiligt sein. Meistens sind die Vereine und Verbände zwar auf der Geberseite zu finden, nicht selten jedoch können auch Mitarbeiter, Spieler oder Vorstände der Vereine und Verbände von anderen Vereinen oder Verbänden eingeladen oder beschenkt werden.

2.3 Amtsträger, Politiker und weitere Personen dieses Personenkreises

Weitere Beteiligte können Amtsträger oder andere gleichgestellte, für den öffentlichen Dienst besonders verpflichtete Personen sein. Hier muss geklärt werden, wer Amtsträger sein kann. Hintergrund ist, dass tauglicher Täter der strafbewährten Vorteilsannahme gem. § 331 Abs. 1 StGB lediglich ein Amtsträger oder eine im Sinne des Strafrechts den Amtsträgern gleichgestellte, für den öffentlichen Dienst besonders verpflichtete Person sein kann. Diese Begriffe sind in § 11 Nr. 2 und Nr. 4 StGB definiert.4

2.3.1 Amtsträger

Fraglich ist, was genau unter einem Amtsträger zu verstehen ist. Amtsträger ist, wer nach deutschem Recht Beamter, Richter oder eine Person in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB).

Der Amtsträgerbegriff umfasst dabei in- und ausländische Staatsbedienstete oder Mitarbeiter und leitende Angestellte eines staatlich beherrschten oder kontrollierten Unternehmens.5

Beispiele sind die Mitglieder der Bundesregierung und der Landesregierungen sowie Parlamentarische Staatssekretäre, Inhaber politischer Ämter, einschließlich exekutiver und legislativer Amtsinhaber, sowie Personen, die für ein politisches Amt kandidieren.

2.3.2 Amtsträgern gleichgestellte für den öffentlichen Dienst besonders verpflichtete Personen

In § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2c StGB wird von „gleichgestellten für den öffentlichen Dienst besonders verpflichteten Personen“ gesprochen. Hier ist zu klären, um welche Personen es sich handelt und wie diese Personen erkannt werden können.

Amtsträger ist demnach auch, wer nach deutschem Recht auf sonstige Weise dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2c StGB).6 Entscheidend sind die Art der zu bewältigenden Aufgaben und die wesentliche staatliche Einflussnahme.7

Darunter fallen Mitarbeiter öffentlich-rechtlicher Institute wie z. B. Landesbanken und Sparkassen. Angestellte von rechtsfähigen Körperschaften werden ebenso von der Definition erfasst wie Angestellte von Anstalten des öffentlichen Rechts, z. B. Kreise und Gemeinden, gesetzliche Krankenkassen, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (ZDF), berufsständische Versorgungswerke und Krankenhäuser.

Die hier aufgeführten Beispiele sind keinesfalls abschließend, und in Zweifelsfällen ist mit der Compliance-Abteilung zu klären, ob eine Person als Amtsträger zu behandeln ist.

Als genereller Merkposten kann aber gelten: Personen, die als Amtsträger in Betracht kommen, sind es meistens auch.

2.3.3 Erweiterung des Amtsträgerbegriffs

Wo sich die ursprünglich staatliche Leistungsverwaltung zur Ausführung der Daseinsvorsorge privatrechtlicher Organisationsformen bedient, sind Amtsträger ebenfalls zu finden. Hierdurch hat eine Erweiterung des Amtsträgerbegriffs stattgefunden.

Die Abgrenzung, wann genau eine Amtsträgereigenschaft bereits vorliegt, ist an einigen Stellen sehr schwer vorzunehmen.

Amtsträger können z. B. Angestellte kommunaler Einrichtungen sein, die als Krankenhausträger oder Energieversorger eine eigentlich öffentliche Aufgabe wahrnehmen. Allerdings wird die Organisation z. B. in Form einer GmbH geführt, die nicht sogleich auf einen Amtsträger schließen lässt. Auch Angestellte von Giroverbänden und Sparkassen zählen dazu, sofern diese als öffentlich-rechtliche Sparkassen ausgestaltet sind.8

Zumindest leitende Angestellte von Sparkassen nehmen aufgrund ihrer Tätigkeit im Rahmen des öffentlichen Auftrags der Sparkassen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c) StGB wahr. Sie werden nur dann nicht als Amtsträger tätig, wenn sie Geschäfte tätigen, die von der Zweck- und Zielsetzung der Sparkasse völlig unabhängig sind. Dies dürfte auf Bankgeschäfte, der gerade als originärer Tätigkeitsbereich der Sparkassen gilt, kaum zutreffen.9

2.3.4 Notwendigkeit der Prüfung der Amtsträgereigenschaft

Die Weite und manchmal Undurchsichtigkeit des Amtsträgerbegriffs bedeutet für Unternehmen, dass im Rahmen des Geschäftsbetriebes geprüft werden muss, ob Geschäftspartner ggf. als Amtsträger identifiziert werden können bzw. müssen. Aufgrund der Strafandrohung in den §§ 331 ff. StGB von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe erscheint eine gute Kenntnis der Rechtslage und genaue Beurteilung der Amtsträgereigenschaft immanent wichtig.

In der Praxis weisen Amtsträger mittlerweile häufig auf den Umstand hin, dass sie als Amtsträger oder als für den öffentlichen Dienst besonders verpflichtete Personen gelten. Dennoch muss oft im Einzelfall geprüft werden, ob es sich bei dem Geschäftskontakt um einen Amtsträger handelt oder nicht, um sich dementsprechend verhalten zu können.

Der Amtsträgerbegriff ist folglich ein sehr weit und komplex zu bestimmender Umstand undführt in der Praxis trotz aller Verbesserungen im Umgang immer noch zu schwierigen Abgrenzungen.

Die Geschäftskontakte sind auf jeden Fall gehalten und gut beraten, wenn sie immer einen prüfenden Blick auf diesen Umstand haben.

4 Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, § 299 Rn 13,16.

5 Ein Unternehmen gilt als staatlich oder staatlich kontrolliert, wenn (i) der Staat mehr als 50 % des Unternehmens besitzt oder (ii) der Staat die Kontrolle über das Unternehmen ausübt oder (iii) der Staat von dem Unternehmen profitiert oder es subventioniert.

6 BGBl. I 1997, S. 2038.

7 Beckemper und Rotsch, Criminal Compliance, 372 m. w. N. Rathgeber, Criminal Compliance, 115.

8 Rathgeber, Criminal Compliance, 116f. m. w. N.

9 Ebd., 116 m. w. N.

3 Strafrechtliche, steuerliche und regulatorische Probleme für die Beteiligten

Nachdem die möglichen Beteiligten genannt wurden, stellt sich nun die Frage, welche möglichen Probleme für die Beteiligten im Zusammenhang mit Geschenken und Einladungen anlässlich von Fußballspielen entstehen können.

Hier lassen sich die folgenden drei Problemkreise definieren:

1. Strafrechtliche Probleme

2. Steuerliche Probleme

3. Regulatorische Probleme

Als wichtigster Problemkreis erscheint zunächst der strafrechtliche Bereich, da beim Verwirklichen der entsprechenden Tatbestände empfindliche Strafen drohen. Die Entscheidung in Sachen EnBW kann als Einstieg dienen, um zu zeigen dass Einladungen und Geschenke im Zusammenhang mit Fußballspielen eine große Bedeutung in der strafrechtlichen Beurteilung haben können.

3.1 Die Entscheidung in Sachen EnBW

Als Problemaufriss dient die Entscheidung des BGH in Sachen Energie Baden-Württemberg-AG (fortan: EnBW) wegen der Strafbarkeit von Unternehmern, die Amtsträger zu Sportveranstaltungen oder vergleichbaren Events einladen. Daraus entsteht die strafrechtliche Problematik, inwieweit durch diese Einladung der Tatbestand der Vorteilsgewährung verwirklicht wird.

Gegenstand der Anklage war der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns EnBW – wegen Vorteilsgewährung durch die Vergabe von Eintrittskarten zur Fußball-WM 2006 in Deutschland.10

3.1.1 Zusammenfassung und Darstellung der Entscheidung

In seiner Entscheidung kommt der BGH zu dem Schluss, dass der Angeklagte von den Vorwürfen der Vorteilsgewährung in sieben Fällen freizusprechen war. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe konnte damit weder erfolgreich auf die Verletzung formellen noch materiellen Rechts gestützt werden und wurde vom BGH verworfen.

Der BGH merkte in seiner Entscheidung11 vom 14.10.2008 allerdings an, dass es an „trennscharfen Konturen“ zur Unterscheidung von verbotenem und erlaubtem Verhalten fehle. In den Leitsätzen zu seiner Entscheidung schreibt er:

„Die für eine Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB erforderliche (angestrebte) Unrechtsvereinbarung setzt voraus, dass der Vorteilsgeber mit dem Ziel handelt, auf die künftige Dienstausübung des Amtsträgers Einfluss zu nehmen und/oder seine vergangene Dienstausübung zu honorieren, wobei eine solche dienstliche Tätigkeit nach seinen Vorstellungen nicht – noch nicht einmal in groben Umrissen – konkretisiert sein muss. (BGHSt)“.12

In die Würdigung, ob eine solche Unrechtsvereinbarung vorliegt, fließen laut BGH neben der Plausibilität einer anderen Zielsetzung auch die Stellung des Amtsträgers, die Beziehung des Vorteilsgebers zu dessen dienstlichen Aufgaben, die Vorgehensweise bei dem Angebot, dem Versprechen oder dem Gewähren von Vorteilen (Heimlichkeit oder Transparenz) sowie die Art, der Wert und die Zahl solcher Vorteile ein.13

Laut BGH lagen ausreichende, den Angeklagten erheblich belastende Indizien vor, die berechtigten Anlass zu einer gegen ihn gerichteten Anklage gegeben hatten. Aufgrund der noch ungesicherten Rechtslage bestand auch ein erhöhtes Interesse daran, eine höchstrichterliche Entscheidung herbeizuführen.14

Nach Ansicht des BGH ging das Landgericht aber dennoch rechtsfehlerfrei davon aus, dass trotz dieser belastenden Indizien der Angeklagte die Versendung der Gutscheine nicht veranlasste, um eventuelle dienstliche Tätigkeiten der bedachten Amtsträger zu honorieren oder zu beeinflussen.15 Im Ergebnis bleibt es daher bei dem Freispruch des Angeklagten.

3.1.2 Besprechung und kritische Würdigung der Entscheidung