Die Autorin

Louise L.Hay begann ihre Arbeit, als sie bei der Selbstheilung ihrer eigenen Krebserkrankung erfuhr, welche Bedeutung eine positive Lebenseinstellung für den Heilungsprozess haben kann. Ihre ersten Bücher stellten in den Achtzigerjahren eine Revolution für das Selbstverständnis von Aids- und anderen Schwerstkranken dar. Seitdem hat sie mit ihrer Methode der positiven Selbstbeeinflussung mehr als 50 Millionen Menschen in über 30 Ländern der Welt geholfen. Um ihr Werk ist mit Hay House ein eigener Verlag entstanden, der heute in den USA zu den wichtigsten Vorreitern alternativer Gesundheitslehren und eines neuen humanen Umgangs mit menschlichen Problemen gehört. Ihr Name wurde zum Synonym für die Aktivierung von Selbstheilungskräften zur Unterstützung jeder ärztlichen Therapie. Sie lebt in Kalifornien.

 

Von Louise L. Hay sind in unserem Hause erschienen:

 

Gesundheit für Körper und Seele (Allegria)
Meditation für Körper und Seele (Allegria)
Licht für Körper und Seele (Allegria)

 

Das Beste, was mir je passiert ist
Gesundheit für Körper und Seele
Wahre Kraft kommt von innen
Aufbruch ins Licht
Balance für Körper und Seele
Gute Gedanken für jeden Tag
Die Kraft einer Frau
Du bist dein Heiler!
Das Leben lieben
Du selbst bist die Antwort
Die innere Ruhe finden
Das große Buch der heilenden Gedanken
Das große Buch der wahren Kraft

 

Balance für Körper und Seele (CD)
Gedanken der Kraft (CD)
Liebe statt Angst (CD)
Du bist dein Heiler! (CD)
Heilende Gedanken für Körper und Seele (CD)
Verzeihen ist Leben (CD)

 

Ihr Weg zum erfüllten Leben (DVD)

 

Du bist dein Heiler! (Kartendeck)
Körper und Seele (Kartendeck)
Glück und Weisheit (Kartendeck)
Jeden Tag gut drauf (Kartendeck)
Du kannst es! (Kartendeck)

Louise L. Hay

Die Kraft einer Frau

Aus dem Amerikanischen übertragen
von Thomas Görden

Ullstein

Besuchen Sie uns im Internet:
www.ullstein-taschenbuch.de


Allegria im Ullstein Taschenbuch
Herausgegeben von Michael Görden

Aus dem Amerikanischen von Thomas Görden

Titel der Originalausgabe
EMPOWERING WOMEN
Erschienen bei Hay House, Inc. Carlsbad, CA

Neuausgabe im Ullstein Taschenbuch
1. Auflage August 2004
6. Auflage 2010
© der deutschen Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2004
© der deutschsprachigen Ausgabe 1997 by
Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München
© der Originalausgabe 1997 by Louise L. Hay
Umschlaggestaltung: FranklDesign, München
Titelabbildung: Ulrike M. Bürger, München
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-8437-0811-1

Zitat

Es ist an der Zeit,
daß Frauen die Schranken der Selbstbegrenzung
überwinden.
Sie können viel mehr sein,
als Sie je für möglich gehalten hätten.
Sie können ein Leben führen,
in dem sich Ihre kühnsten Träume verwirklichen.

Über dieses Buch

Etwas Altes, etwas Neues. Dieses Buch, das Frauen dazu ermutigen soll, ihr wahres Potential zu leben, enthält einige meiner früheren und viele neue Ideen. Indem wir uns immer wieder die Grundlagen vor Augen führen und ihnen zugleich Neues hinzufügen, erschaffen wir ein solides Fundament für die Zukunft. Frauen dabei zu helfen, die Kontrolle über ihr Leben zu bekommen und ihre Fähigkeiten zu entfalten, ist das Beste, was wir für den Planeten tun können. Wenn Frauen unterdrückt werden, wird die Welt dadurch ärmer. Wenn Frauen gewinnen, gewinnen wir alle.

Louise L. Hay

Einleitung

 

 

 

»Etwas Neues und Frisches hervorzubringen funktioniert viel besser, wenn man gleichzeitig mit dem Erträumen des Neuen das Bisherige aufmerksam vervollständigt und zum Abschluß bringt.«

Christiane Northrup

Einleitung

Zuallererst: Denken Sie immer daran, daß alle Lehrer nur Sprungbretter auf dem Weg Ihrer Persönlichkeitsentwicklung sind. Das gilt auch für mich. Ich bin keine Heilerin; ich heile niemanden. Ich bin hier, um Ihnen, indem ich meine Ideen mit Ihnen teile, dabei zu helfen, Ihr Potential zu entdecken und ein Leben nach Ihren Wünschen zu führen. Ich empfehle Ihnen dringend, viele Bücher zu lesen und von vielen Lehrern zu lernen, denn kein Mensch und kein System kennt alle Antworten. Das Leben ist zu gewaltig, um es völlig zu verstehen, und das Leben selbst wächst und entfaltet sich unaufhörlich. Ziehen Sie also den bestmöglichen Nutzen aus diesem Buch. Absorbieren Sie diese Ideen, nutzen Sie sie und gehen Sie dann weiter zu anderen Lehrern. Seien Sie stets bestrebt, Ihr Verständnis des Lebens zu erweitern und zu vertiefen.

Allen Frauen, auch Ihnen und mir, sind von Kindheit an Schuldgefühle eingeredet worden. Wir wurden von unseren Eltern und von der Gesellschaft auf bestimmte Denk- und Verhaltensweisen programmiert, darauf, eine Frau zu sein, mit allen Regeln, Erwartungen und Frustrationen, die das mit sich bringt. Einige von uns sind sehr zufrieden damit, diese Rolle zu spielen. Viele von uns sind es nicht.

Das Leben vollzieht sich in Wellen, in Lernerfahrungen und Evolutionsphasen. Gegenwärtig befinden wir uns in einer wunderbaren Phase der Evolution. Lange Zeit hindurch waren die Frauen völlig den Launen und Glaubensvorstellungen der Männer ausgeliefert. Uns wurde gesagt, was wir tun könnten, wann wir es tun könnten und wie. Ich weiß noch, daß mir in meiner Kindheit beigebracht wurde, stets zwei Schritte hinter einem Mann zu gehen, zu ihm aufzuschauen und ihn zu fragen: »Was soll ich denken, und was soll ich tun?« Das wurde mir nicht wörtlich so beigebracht, aber ich beobachtete meine Mutter, und da sie sich so verhielt, erlernte ich dieses Verhalten von ihr. Sie war dazu erzogen worden, Männern widerspruchslos zu gehorchen. Daher akzeptierte sie Gewalt und Mißbrauch als normal, und das tat ich auch. Das ist ein perfektes Beispiel dafür, wie wir unsere Verhaltensmuster erlernen – indem wir die Verhaltensweisen und Denkmuster unserer Eltern übernehmen und wiederholen.

Es dauerte lange, bis ich erkannte, daß ein solches Verhalten keineswegs normal war, und daß ich es als Frau nicht verdiente, auf eine solche Weise behandelt zu werden. Während ich allmählich mein inneres System von Glaubenssätzen – mein Bewußtsein – veränderte, entwickelte ich Selbstachtung und Selbstvertrauen. Gleichzeitig veränderte sich auch meine Umwelt, und ich zog nicht länger Männer an, die dominant und gewalttätig waren. Selbstwertgefühl und Selbstachtung sind das Wichtigste, was eine Frau besitzen kann. Wenn wir noch nicht über diese beiden Eigenschaften verfügen, dann müssen wir sie unbedingt entwickeln. Besitzen wir ein starkes Selbstwertgefühl, werden wir keine Situationen akzeptieren, in denen wir uns in einer Opferrolle befinden und mißbraucht werden. Wir lassen nur dann zu, daß andere uns beherrschen und bevormunden, wenn wir innerlich akzeptieren und glauben, wir wären »nicht gut genug« oder wertlos.

Heute widme ich mich in meiner Arbeit ganz der Aufgabe, Frauen dabei zu helfen, alles zu werden, was sie sein können, und in dieser Welt wirkliche Gleichberechtigung zu erreichen. Ich möchte dazu beitragen, daß alle Frauen Selbstliebe, Selbstachtung und ein starkes Selbstwertgefühl entwickeln und einen machtvollen Platz in dieser Gesellschaft einnehmen. Dabei geht es nicht darum, Männer in irgendeiner Weise herabzusetzen, sondern eine wirkliche Gleichheit zwischen den Geschlechtern zu erreichen, von der beide gleichermaßen profitieren.

Während Sie dieses Buch lesen und mit ihm arbeiten, sollten Sie immer daran denken, daß Veränderungen im Denken und Verhalten Zeit brauchen. Wie lange dauert es? Sie könnten fragen: Wie rasch können wir neue Ideen aufnehmen und akzeptieren? Das ist bei jedem Menschen anders. Behindern Sie Ihre persönlichen Fortschritte also nicht dadurch, daß sie sich einen zu eng gesteckten Zeitrahmen setzen. Machen Sie Ihre Arbeit einfach so gut Sie können, dann wird Sie das Universum mit seinem grenzenlosen Wissen in die richtige Richtung führen. Schritt für Schritt, von Augenblick zu Augenblick, von Tag zu Tag bringt uns beharrliches Üben dorthin, wo wir gerne sein möchten.

1. KAPITEL

Den Anfang machen:
Wir haben viel zu tun und
viel zu lernen

Ich möchte Ihnen an einem perfekten Beispiel veranschaulichen, wie Frauen in der Vergangenheit programmiert worden sind. Hier ist ein Auszug aus einem Hauswirtschaftslehrbuch aus den fünfziger Jahren. Wortwörtlich steht dort folgendes:

  1. Bereiten Sie pünktlich das Abendessen zu. Planen Sie rechtzeitig, am besten schon am Abend zuvor, um zur rechten Zeit eine köstliche Mahlzeit für ihn bereithalten zu können. Dadurch spürt er, daß Sie an ihn gedacht haben und für seine Bedürfnisse sorgen. Die meisten Männer sind hungrig, wenn sie nach Hause kommen, und die Aussicht auf eine gute Mahlzeit ist Teil der herzlichen Begrüßung, die sie daheim brauchen.
  2. Bereiten Sie sich selbst vor. Nehmen Sie sich 15 Minuten Zeit, sich auszuruhen, damit Sie gut erholt sind, wenn er nach Hause kommt. Frischen Sie Ihr Make-up auf, stecken Sie sich eine Schleife ins Haar und achten Sie auf ein frisches Äußeres. Er hat gerade einen Tag umgeben von lauter von der Arbeit erschöpften Leuten hinter sich. Seien Sie fröhlich und interessanter für ihn. Nach einem langweiligen Tag freut er sich über etwas Aufmunterung.
  3. Schaffen Sie Ordnung im Haus. Gehen Sie, kurz bevor er eintrifft, noch einmal durch die Zimmer und heben Sie Schulbücher, Spielzeug, Papier usw. auf. Wischen Sie dann mit einem Staubtuch über die Tische. Dann wird Ihr Mann das Gefühl haben, in einem sicheren Hafen der Ruhe und Ordnung angelangt zu sein, und auch Sie werden sich gleich viel besser fühlen.
  4. Bereiten Sie die Kinder vor. Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit, um den Kindern Gesicht und Hände zu waschen (wenn sie noch klein sind), sie zu kämmen, und ihnen, falls nötig, saubere Kleidung anzuziehen. Sie sind kleine Schätze, und er möchte gerne, daß sie diese Rolle auch spielen, wenn er heimkommt.
  5. Sorgen Sie für Ruhe. Wenn er eintrifft, sollte er nicht durch den Lärm von Waschmaschine, Wäschetrockner, Geschirrspüler oder Staubsauger belästigt werden. Versuchen Sie, die Kinder dazu zu bringen, daß sie leise sind. Freuen Sie sich, ihn zu sehen. Begrüßen Sie ihn mit einem warmherzigen Lächeln.
  6. Was Sie unbedingt vermeiden sollten: Behelligen Sie ihn bei seiner Ankunft nicht mit Problemen und Klagen. Beschweren Sie sich nicht, wenn er zu spät zum Essen kommt. Gemessen daran, was er an diesem Tag möglicherweise durchgemacht hat, ist das von geringer Bedeutung. Sorgen Sie dafür, daß er sich wohlfühlt. Bieten Sie ihm einen bequemen Sessel an oder schlagen Sie ihm vor, daß er sich einen Moment im Schlafzimmer niederlegt. Halten Sie, je nach Bedarf, etwas Kühles oder Warmes zu trinken für ihn bereit. Schütteln Sie ihm das Kissen auf und bieten Sie an, ihm die Schuhe auszuziehen. Sprechen Sie mit leiser, sanfter, beruhigender, angenehmer Stimme. Ermöglichen Sie es ihm, sich zu entspannen und abzuschalten.
  7. Hören Sie ihm zu. Es gibt gewiß ein Dutzend Dinge, die Sie ihm gerne erzählen möchten, aber der Moment, wenn er nach Hause kommt, ist dafür nicht der richtige Zeitpunkt. Lassen Sie zuerst ihn erzählen.
  8. Der Abend sollte ganz ihm gehören. Beklagen Sie sich niemals, wenn er Sie nicht zum Essen oder anderen angenehmen Zerstreuungen ausführt. Versuchen Sie stattdessen, seine Welt harter Arbeit und ständiger Anspannung zu verstehen, und sein Bedürfnis, abzuschalten und sich auszuruhen.

An keiner dieser Verhaltensweisen ist etwas auszusetzen, WENN es das ist, was Sie gerne tun möchten. Führen Sie sich aber vor Augen, daß fast alle jungen Frauen damals darauf programmiert wurden, alle ihre persönlichen Bedürfnisse völlig zu leugnen, um ihre Ehemänner zufriedenzustellen. Das wurde von einer »guten Frau« erwartet. Das war großartig für die Männer, aber weit weniger großartig für die Frauen. Es ist an uns Frauen heute, unserem Leben eine neue Richtung zu geben. Wir können uns selbst neu erfinden, indem wir lernen, alles in Frage zu stellen, sogar solche Dinge, die normaler Bestandteil unserer Alltagsroutine zu sein scheinen: Kochen, Putzen, Kinderbetreuung, Besorgungen zu Fuß oder mit dem Auto erledigen. Alle Dinge, die wir schon seit sehr langer Zeit ganz automatisch tun, sollten einer kritischen Betrachtung unterzogen werden.

Wollen wir den Rest unseres Lebens genau so verbringen, wie wir es bislang getan haben, wobei lediglich einige Tätigkeiten mit der Zeit wegfallen?

Weibliches Selbstvertrauen aufbauen bedeutet nicht, Männer herabzusetzen. Auf die Männer einzudreschen ist genauso schlimm wie das Verhalten jener Männer, die Frauen unterdrücken und schikanieren. Darauf sollten wir uns gar nicht erst einlassen. Ein solches Verhalten bewirkt lediglich, daß wir alle in Schuldzuweisungen steckenbleiben, und ich glaube, damit haben wir uns lange genug aufgehalten. Wenn wir uns selbst, den Männern oder der Gesellschaft die Schuld für alle Probleme in unserem Leben geben, bewirkt das nur, daß wir uns ohnmächtig fühlen. Schuldzuweisungen sind immer ein Ausdruck von Ohnmachtsgefühlen. Das Beste, was wir für die Männer in unserer Welt tun können, ist, aufzuhören die Opferrolle zu spielen und stattdessen unser Leben selbst in die Hand zu nehmen. Ein Mensch mit Selbstachtung wird auch von den anderen respektiert.

Ich habe großes Mitgefühl mit den Männern und den Schwierigkeiten, denen sie sich im Leben gegenübersehen. Sie stecken gleichfalls in ihrer Rolle fest, müssen große Lasten tragen und enormem Druck standhalten. Von Kind an wird Männern beigebracht, nicht zu weinen und keine Emotionen zu zeigen. Man erzieht sie dazu, ihre Gefühle zurückzuhalten. Meines Erachtens ist das eine Form von Kindesmißbrauch und Folter. Es ist kein Wunder, daß die Männer dann als Erwachsene so viel Zorn ausdrücken. Zudem leiden die meisten Männer darunter, nie eine gute Beziehung zu ihrem Vater gehabt zu haben. Wenn Sie einen Mann weinen sehen wollen, sollten Sie ihn einmal in einer Umgebung, wo er sich sicher fühlt, von seinem Vater erzählen lassen. Für gewöhnlich steigt in Männern sehr viel Traurigkeit hoch, wenn sie über all die ungesagten Dinge zwischen ihnen und ihrem Vater sprechen, und darüber, wie sehr sie sich eine andere Kindheit gewünscht hätten. Wie sehr sie sich danach sehnten, von ihren Vätern zu hören, sie seien liebenswerte und wertvolle Menschen.

Wir Frauen wurden in unserer Kultur einer Gehirnwäsche unterzogen, die uns einredete, wir müßten, um »gut« zu sein, die Bedürfnisse aller anderen Personen über unsere eigenen stellen. Viele von uns haben ihr Leben damit zugebracht, die Erwartungen anderer zu erfüllen, statt ihr eigenes Wesen zum Ausdruck zu bringen. Viele Frauen sind tief verbittert, weil sie sich aus Pflichtgefühl dazu gezwungen fühlen, sich für andere aufzuopfern. Kein Wunder, daß so viele Frauen unter Erschöpfung leiden. Berufstätige Mütter müssen zwei Vollzeitjobs bewältigen – einen im Büro und einen anderen, der beginnt, wenn sie nach Hause kommen: sich um ihre Familie kümmern. Selbstaufopferung tötet jene, die sich aufopfern.

Wir sollten es nicht erst zu einer körperlichen Erkrankung kommen lassen, ehe wir uns etwas Ruhe gönnen. Ich glaube, viele Krankheiten von Frauen sind einfach ein Weg, eine Zeitlang ausspannen zu können. Eine Krankheit ist die einzige Entschuldigung, die viele Frauen sich durchgehen lassen, um einmal vorübergehend von ihren Pflichten entbunden zu sein. Erst wenn sie wirklich auf der Nase liegen, sind sie imstande, nein zu sagen.

Wir Frauen müssen uns klarmachen – es uns wirklich bewußtmachen –, daß wir keine Bürger zweiter Klasse sind. Dieser Mythos wird von bestimmten Teilen der Gesellschaft aufrechterhalten, aber er ist blanker Unsinn! Die Seele kennt keine Minderwertigkeit; die Seele kennt überhaupt keine Geschlechtsunterschiede. Wir müssen lernen, unser eigenes Leben und unsere eigenen Fähigkeiten ebenso wertzuschätzen, wie man uns gelehrt hat, den Wert anderer Menschen zu sehen. Als die feministische Bewegung ihren Anfang nahm, waren die Frauen so wütend über die Ungerechtigkeiten, unter denen sie litten, daß sie den Männern die Schuld an allem gaben. Das war damals ganz in Ordnung. Die Frauen mußten zuerst einmal ihrem Ärger Luft machen – für eine gewisse Zeit. Das war eine Art Therapie. Wenn Sie zu einem Therapeuten gehen, um den Mißbrauch aufzuarbeiten, den Sie als Kind erlitten, dann ist es zunächst nötig, diese Gefühle zu artikulieren, ehe eine Heilung möglich wird.

Wenn wir aber genügend Zeit bekommen, diese Gefühle auszudrücken, schwingt das Pendel zu einer ausgewogeneren Haltung zurück. Das ist es, was gegenwärtig mit den Frauen geschieht. Es ist an der Zeit, daß wir Wut und Schuldzuweisungen hinter uns lassen, die Opferrolle und die Ohnmacht. Heute ist es an der Zeit, daß wir Frauen unsere persönliche Macht erkennen und Gebrauch von ihr machen. Wir sollten jetzt damit beginnen, für uns selbst zu denken und jene Welt der Gleichberechtigung zu erschaffen, von der wir sagen, daß wir sie haben wollen.

Wenn wir als Frauen lernen, auf positive Weise für uns selbst zu sorgen, Selbstachtung und ein gutes Selbstwertgefühl zu entwickeln, wird das Leben für alle menschlichen Wesen, die Männer eingeschlossen, einen Quantensprung in die richtige Richtung machen. Dann wird es Respekt und Liebe zwischen den Geschlechtern geben, und Männer und Frauen werden einander ehren. Wir werden lernen, daß mehr als genug für alle da ist, und daß wir uns gegenseitig segnen und fördern können. Ich glaube daran, daß wir eine Welt erschaffen können, in der es möglich ist, einander gefahrlos zu lieben und gemeinsam ein glückliches, ganzheitliches Leben zu führen.

Lange Zeit wollten wir Frauen größere Selbstbestimmung. Heute steht es uns frei, alles zu werden, was wir gerne sein möchten. Ja, es gibt immer noch viel Ungerechtigkeit in der Bezahlung und der rechtlichen Stellung von Mann und Frau. Wenn wir unsere Rechte einfordern, müssen wir nach wie vor oft vor Gericht ziehen. Und die Gesetze wurden für Männer gemacht. In der Rechtsprechung wird immer noch darüber geredet, was ein vernünftiger Mann tun würde, selbst bei Vergewaltigungsfällen!

Ich empfehle, daß die Frauen eine politische Kampagne mit dem Ziel starten, die Gesetze so umzuschreiben, daß Männer und Frauen wirklich gleichbehandelt werden. Wir Frauen verfügen über eine enorme kollektive Macht, wenn wir uns eines Themas ernsthaft annehmen. Die gebündelte Energie von Frauen, die sich einer gemeinsamen Sache verschreiben, kann ehrfurchtgebietend sein. Vor fünfundsiebzig Jahren kämpften Frauen für ihr Wahlrecht. Heute können wir in jedes öffentliche Amt gewählt werden.

Ich ermutige Frauen dazu, politische Ämter anzustreben. Wir gehören in die Politik – das ist ein offenes Feld für uns. Es gibt dort nicht die in vielen Privatunternehmen üblichen Beschränkungen. Wenn wir unsere Gesetze und unsere Regierungen gestalten wollen, so daß sie die Frauen ebenso unterstützen wie die Männer, dann müssen wir uns in diesem Bereich engagieren. Wir können ganz unten bei der politischen Basisarbeit anfangen. Wir brauchen nicht erst eine jahrelange Ausbildung, um uns politisch zu betätigen. Frauen können in einer politischen Karriere außerordentlich viel bewirken.

Wußten Sie, daß Eleanor Roosevelt 1935 ein Gesetz durch den Kongreß brachte, wodurch vorgeschrieben wurde, daß jedes neu erbaute Haus eine Innentoilette und ein Badezimmer haben mußte? Viele männliche Kongreßabgeordnete widersprachen und sagten: »Wie will man denn noch die Reichen von den Armen unterscheiden, wenn alle Badezimmer haben?« Heute halten wir eingebaute Badezimmer für selbstverständlich und denken gar nicht mehr darüber nach, daß eine energische Frau dieses Gesetz durch den Kongreß boxte. Wenn wir Frauen die Dinge in die Hand nehmen, können wir Berge versetzen, und die Welt wird dadurch ein lebenswerterer Ort.

Wir haben schon viel erreicht, das sollten wir uns immer wieder vor Augen führen. Während der Kolonialzeit war der Mann der unumschränkte Monarch des Haushaltes, und jeder Ungehorsam von Ehefrau, Kindern oder Dienstboten wurde mit der Peitsche bestraft. In den 1850er Jahren konnte keine angesehene Frau es sich gestatten, Sex zu genießen. Ja, wir haben eine Menge überwunden und stehen gerade erst am Anfang dieser neuen Phase unserer Evolution. Es gibt für uns viel zu tun und viel zu lernen. Frauen können sich heute ungeahnte Freiheiten erobern, und wir brauchen neue schöpferische Lösungen für alle Frauen, einschließlich der Frauen, die allein leben.

2. KAPITEL

Wie die Werbung
die weibliche Selbstachtung
untergräbt

In der Werbebranche wird unser mangelndes Selbstwertgefühl schamlos ausgenutzt, um uns dazu zu bringen, bestimmte Produkte zu kaufen. Die unterschwellige Botschaft der meisten Anzeigen und Spots lautet: »Du bist nicht gut genug... und die anderen werden dich nur akzeptieren, wenn du unser Produkt kaufst.« Daß die Werbung uns auf diese Weise bearbeitet, lassen wir nur deshalb zu, weil wir selbst davon überzeugt sind, etwas sei mit uns nicht in Ordnung und bedürfe der Korrektur von außen. Wir sollten damit aufhören, ihnen ihre Versuche abzukaufen, uns Minderwertigkeitskomplexe einzureden.

Ein besonders beliebtes Angriffsziel der Werbung ist unser Körper. Wegen der negativen Glaubenssätze bezüglich unseres Körpers, die uns von der Gesellschaft und der ständig auf uns einprasselnden Werbung eingeimpft wurden, des ständigen »so wie du bist, bist du nicht gut genug«, ist es kein Wunder, daß die meisten von uns ihren Körper nicht lieben. Wieviele von uns können wirklich von sich behaupten, daß sie ihr Gesäß lieben? Es bereitet uns schließlich schon Probleme genug, unsere Nase und unsere Hüften zu akzeptieren. Ich frage mich, in welchem Alter wir lernen, unser Selbstwertgefühl mit dem Aussehen unseres Körpers gleichzusetzen. Kleinkinder haben niemals das Gefühl, wegen ihres Hüftumfangs nicht gut genug zu sein!

Als verletzliche Teenager werden wir mit Werbung bombardiert, die versucht, unsere Selbstachtung zu untergraben und uns einzureden, wir brauchten dieses und jenes Produkt, um attraktiv zu sein und von anderen akzeptiert zu werden. Darum sind die Mädchen im Teenageralter jene Gruppe in unserer Gesellschaft, die über das geringste Selbstwertgefühl verfügt. In vielen Fällen begleitet uns dieses geringe Selbstwertgefühl ins Erwachsenenleben. Für die Tabakindustrie sind weibliche Teenager ein bevorzugtes Werbeziel, weil die Tabakkonzerne wissen, daß sie höchstwahrscheinlich eine lebenslange Kundschaft gewinnen, wenn sie Menschen mit geringer Selbstachtung zu Süchtigen machen. Wie können wir zulassen, daß sie unseren Kindern etwas Derartiges antun?