Joachim Stiller

Grundriss der Philosophie IV - Ontologie

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Titel

Seinsontologie - Sein und Seiendes

Wesensmetaphysik - Die Essenz-Akzidens-Lehre

Prozessontologie - Die Akt-Potenz-Lehre

Grundlagen einer Metamorphosenlehre

Die neue Sprachontologie

Impressum neobooks

Seinsontologie - Sein und Seiendes


„Der Begriff Sein (griechisch einai, lateinisch esse - Infinitiv) bedeutet in der Philosophie Dasein, Gegebensein, In-der-Welt-sein, etwas Allgemeines, allem Zugrundeliegendes, aber auch das alles umfassende Höchste (Gott). Im Gegensatz dazu kennzeichnet der Begriff des Seienden (griechisch to on, mittellateinisch ens - Partizip) einzelne Gegenstände oder Tatsachen. Seiendes kann auch die Gesamtheit des Existierenden, also „die ganze Welt“, bezeichnen, solange dies räumlich und zeitlich bestimmbar ist. Sein ist hingegen das unveränderliche, zeitlose, umfassende Wesen (griechisch ousia, lateinisch essentia) sowohl einzelner Gegenstände als auch der Welt als Ganzes.

Die Begriffe „Seiendes“ und „Sein“ stehen in einem Spannungsverhältnis, da jedem Seiendem in irgendeiner Weise ein Sein zukommt. Seiendes ist im Werden vergänglich. Seiendes ist gewordenes Mögliches. Die Untersuchung des Wesens von allem Seienden ist Hauptgegenstand der Ontologie. Ein weiteres Thema ist die Abgrenzung des Seienden zum Nichtseienden. So betont jede Form des Realismus, dass es sich vor allem beim sinnlich Gegebenen um Seiendes handelt, dagegen bei bloß Gedachtem eher um Nichtseiendes. Seiendes setzt eine existierende Welt von Gegenständen, Eigenschaften oder Beziehungen voraus. Im Gegensatz dazu sehen die verschiedenen Formen des Idealismus das eigentlich Seiende in der Innenwelt des rein gedanklich Vorgestellten, während gerade die Realität einer Außenwelt bestritten und für bloßen Schein gehalten wird.