HANDBUCH EIGENTUMSWOHNUNG

Annette Schaller Werner Siepe Thomas Wieke

LIEBE LESERIN,
LIEBER LESER

Das Leben in der selbstgenutzten Eigentumswohnung ist in Deutschland weit verbreitet. Etwa 14 Prozent aller Haushalte hierzulande besitzen eine Eigentumswohnung, stellt das Statistische Bundesamt fest. Das sind etwa 5,8 Millionen Wohnungen. Hinzu kommen über vier Millionen weitere, die vermietet sind, also als Kapitalanlage dienen. Der Trend zum „Eigentum auf der Etage“ ist ungebrochen.

Unser Handbuch Eigentumswohnung wendet sich sowohl an Selbstnutzer als auch an Kapitalanleger. Für beide Gruppen von Wohneigentümern steht der individuelle Nutzen ihrer Eigentumswohnung im Vordergrund, wenn auch aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Wir wollen Ihnen hier alle notwendigen Informationen rund um Kauf, Finanzierung, Verwaltung, Vermietung und Bewertung vermitteln. Tipps aus der Praxis der Autoren sowie nützliche Checklisten, Tabellen und Beispielrechnungen sollen Ihnen dabei helfen.

Wer eine Eigentumswohnung kaufen will, muss sich bei der Suche und Auswahl nach einer geeigneten und preiswerten Eigentumswohnung viel Mühe geben. Der ausführliche Fahrplan für Käufer, der vor allem beim Kauf von älteren Eigentumswohnungen aus zweiter Hand unverzichtbar ist, hilft Ihnen dabei.

Die nun bereits seit Jahren niedrigen Zinsen für Hypothekendarlehen erleichtern Ihnen den Einstieg trotz gestiegener Immobilienpreise. Eine maßgerechte und individuelle Finanzierung über Banken sorgt für Sicherheit. Für Selbstnutzer gibt es darüber hinaus eine Fülle von weiteren finanziellen Hilfen.

Mit dem Kauf und der Finanzierung einer Eigentumswohnung ist es aber nicht getan. An der Verwaltung geht kein Weg vorbei – egal, ob Sie Ihre Eigentumswohnung selbst nutzen oder an Dritte vermieten. In die Art der Nutzung Ihrer Wohnung selbst redet Ihnen grundsätzlich keiner rein. Um das Gemeinschaftseigentum sollten Sie sich als Mitglied der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft im eigenen Interesse aber auch kümmern. Viel Arbeit nimmt Ihnen dabei eine professionelle Hausverwaltung ab.

Wichtig sind für Wohneigentümer verständlicherweise die laufenden Kosten, also das an die Hausverwaltung monatlich zu zahlende Hausgeld sowie die Jahresabrechnung über sämtliche angefallenen Bewirtschaftungskosten, also über Betriebs-, Verwaltungs- und Instandhaltungskosten. Vermieter können zwar die Betriebskosten auf ihre Mieter umlegen, aber nicht die Verwaltungs- und Instandhaltungskosten.

Was ist Ihr Immobilienanteil eigentlich wert? Diese Frage stellt sich insbesondere, wenn Sie Ihre Eigentumswohnung später einmal verkaufen möchten. Bei der Bewertung des erzielbaren Marktpreises geht man üblicherweise von Vergleichswerten aus. Zusätzlich spielt bei Wohnungen in Selbstnutzung der Sachwert eine Rolle und bei Kapitalanlegern der Ertragswert.

Welche Maßnahmen zur Werterhaltung und Wertsteigerung zu empfehlen sind, erfahren Sie hier. Dazu gehören die Renovierung, Modernisierung und energetische Sanierung des Gemeinschaftseigentums und des Sondereigentums Wohnung.

Und wenn Sie einmal schnell verständliche Erklärungen wichtiger Fachbegriffe rund um die Eigentumswohnung brauchen, schlagen Sie einfach im ausführlichen Glossar nach.

INHALTSVERZEICHNIS

VOM NUTZEN EINER EIGENTUMSWOHNUNG

Wie entstand das Wohnungseigentum?

Die Probleme der Aristokraten

Ein Blick zurück

Vorläufer: Das Stockwerkseigentum

Lösung: Das Wohnungseigentumsgesetz

In der DDR

Wohneigentum als Altersvorsorge

Selbstnutzer oder Kapitalanleger

Förderung des Wohneigentums

Wohneigentum als Schonvermögen in Notlagen

Eingriffe in Wohneigentum bei Sonderfällen

Höhere Steuern und mehr Bürokratie

Vom Mieter zum Selbstnutzer

Selbstgenutzte Eigenheime

Eigentumsförderung

Wohn-Riester-Rente löst Eigenheimzulage ab

Gründe für den Erwerb eines Eigenheims

Eigentumswohnung statt Einfamilienhaus

Hände weg vom Miet- oder Optionskauf

Die vermietete Eigentumswohnung

Mietobjekte

Kapitalanlage in eine vermietete Eigentumswohnung

Anlageziele

Rahmenbedingungen

Schrottimmobilien und geschlossene Immobilienfonds

Wechselnde Nutzungsphasen

Erst Selbstnutzung, dann Vermietung

Erst Vermietung, dann Selbstnutzung

Vorübergehende Vermietung oder Selbstnutzung

SUCHEN UND KAUFEN: DER FAHRPLAN

Der Wohnungsmarkt in Deutschland

Gebrauchte Wohnung oder Neubau?

Besichtigung und Prüfung

Der Musterfahrplan

Alles allein?

Das Käufer- oder Bauherrenprofil

Das eigene Raumprogramm

Gewerbe in den eigenen Räumen?

Das Gebäude

Konstruktion und Material

Bauepochen

Der Standort

Allgemeine Faktoren

In die Zukunft denken

Die eigene Vermögensanalyse

Kassensturz

Wie viel Zeit haben Sie?

Der Preis ist nicht alles

Strategische Analyse

Von der Entscheidung zum Vertrag

Eine Wohnung bauen

Eine Wohnung kaufen

Der Weg zum Vertrag

Was steht im Grundbuch?

Rangfragen

Was steht nicht im Grundbuch?

Notartermin

Auflassungsvormerkung (Eigentumsvormerkung)

Die Finanzierung richtig planen

Magisches Dreieck der Finanzierungsziele

Niedriger Zinsaufwand

Aktuelle Zinskonditionen

Die beste Zinsbindung wählen

Hohe Zinsaufschläge vermeiden

Planmäßige Entschuldung

Die tragbare Belastung

Eckdaten für Ihre Finanzierung

Darlehensanfrage und -angebot

Die Kreditverhandlung

Bonitätsprüfung und Schufa-Auskunft

Kreditgespräch auf gleicher Augenhöhe

Beleihungsprüfung der Bank

Der Darlehensvertrag

Bestellung und Eintragung der Grundschulden

Grundschuld statt Hypothek

Persönliche Haftung

Eventuelle Zusatzsicherheiten

Auszahlung des Darlehens

EIGENTUMSWOHNUNG FÜR SELBSTNUTZER

Vergleich „Eigentum statt Miete“

Finanzierung für Selbstnutzer

Hohe Eigenkapitalquote

Eigenkapitalersatzmittel

KfW-Mittel für Selbstnutzer

Finanzierungs-Mix für Selbstnutzer

KfW-Mittel für Sanierung und Energieersparnis

Wohn-Riester

Nachgelagerte Besteuerung der Wohn-Riester-Rente

Finanzielle und steuerliche Hilfen

Steuervergütung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen

Steuerersparnis für häusliches Arbeitszimmer

Denkmal-Abschreibung

Bausparförderung

Lastenzuschuss für bedürftige Selbstnutzer

Bafa-Zuschuss für neue Ökoheizung

Mittel von Ländern, Kommunen und Kirchen

Belastung aus Bewirtschaftung

Betriebskosten

Verwaltungskosten

Instandhaltungskosten und -rücklagen

Belastung aus Bewirtschaftungskosten

Gesamtbelastung aus Bewirtschaftung und Kapitaldienst

Sinkende Belastung durch Sondertilgungen

VERMIETETE WOHNUNG ALS KAPITALANLAGE

Von der Miete zur Rendite

Mietrenditen brutto und netto

Vermietete Wohnung richtig finanzieren

Niedrige Eigenkapitalquote

Niedriger Tilgungssatz

Zinsbindungsdauer 10 Jahre

Belastung aus Kapitaldienst

Steuern sparen als Vermieter

Steuerersparnisse durch Verluste aus Vermietung

Steuern sparen mit Verlusten

Steuerpflichtige Mieteinnahmen inklusive Umlagen

Steuerlicher Schuldzinsenabzug

Steuerlich abzugsfähige Bewirtschaftungskosten

Steuerlich abzugsfähige Abschreibungen (inklusive Denkmalschutz-AfA)

Steuerfreier Veräußerungsgewinn bei Verkauf

Vermietung und Bewirtschaftung

Objektauswahl

Mietersuche und -auswahl

Mietpreiskalkulation

Mietvertrag

Betriebskostenabrechnung und Mietverwaltung

Kündigung wegen Eigenbedarfs des Vermieters

Vorgehen bei Mietrückständen

VERWALTUNG VON EIGENTUMSWOHNUNGEN

Grundlagen für die Verwaltung

Der Aufteilungsplan

Die Teilungserklärung

Die Gemeinschaftsordnung

Das Gemeinschaftseigentum verwalten

Rechtliche Grundlagen

Neue Rechtsbeziehungen in der Gemeinschaft

Die Organe der Verwaltung

Verwaltung durch die Wohnungseigentümer

Bauliche Veränderungen und Kostentragungspflichten

Verwaltung durch den Wohnungseigentumsverwalter

Gesetzlich unabdingbare Aufgaben

Vermögensbericht

Aufgaben und Befugnisse des Verwalters

Verwaltungsmaßnahmen von untergeordneter Bedeutung

Bestellung und Verwaltervertrag

Verwaltung in Eigenverantwortung oder durch den Profi?

Verwaltung durch den Verwaltungsbeirat

Verwaltung des Sondereigentums

WAS IST MEINE WOHNUNG WERT?

Überschlag oder Gutachten?

Wie wird der Wert bestimmt?

Das Vergleichswertverfahren

Das Ertragswertverfahren

Das Sachwertverfahren

Wertmindernde Faktoren

Wertsteigernde Maßnahmen

Die Aufwertung der Wohnung: Planung

Bestandspläne beschaffen

Bestandspläne prüfen

Neue Bestandspläne erstellen

Bestandsplan, Entwurfsplan, Genehmigungsplanung

Fachleute – Sachverständige – Experten

Die Maßnahmen- und Leistungsbeschreibung

Ausführungsplanung

Ausschreibung und Einholen der Angebote

Das Bauvertragsrecht

Die Vergabe der Arbeiten

Bauleitung und Qualitätskontrolle

Der Bauzeitenplan

Das Bautagebuch

Bauleitung

Qualitätssicherung

Abnahme und Dokumentation

Dokumentation – mehr als eine Formalie

Energieeffizient im Bestand

Neuralgischer Punkt: Die Fenster

Kontrollierte Wohnraumlüftung

Fassadendämmung oder Innendämmung

Energieausweis im Bestand

Nachrüstpflichten

In guten und in schlechten Zeiten

Was geschieht im finanziellen Härtefall?

SERVICE

Glossar

Literatur

Register

VOM NUTZEN EINER EIGENTUMSWOHNUNG

Unter den Begriff Eigenheim fällt neben dem selbstbewohnten Ein- oder Zweifamilienhaus auch die selbstgenutzte Eigentumswohnung.

Der Trend zum Wohnungseigentum hält an. Nach einer Allensbach-Umfrage vor einigen Jahren liegt das Eigenheim als Baustein der Altersvorsorge sowohl bei der Beliebtheit als auch bei der Frage nach einer besonders sicheren Form der Altersvorsorge bei den Bundesbürgern an erster Stelle.

Unter Eigenheim sind die vom Wohnungseigentümer selbstbewohnten und damit eigenen vier Wände zu verstehen. Zum Eigenheim in diesem Sinne zählt neben dem selbstbewohnten Ein- oder Zweifamilienhaus auch die selbstgenutzte Eigentumswohnung. Drei Viertel der Selbstnutzer wohnen in einem Ein- oder Zweifamilienhaus und ein Viertel in einer Eigentumswohnung.

Erstaunlicherweise liegt die vermietete Wohnimmobilie, also die vermietete Eigentumswohnung oder das Miethaus, bei der Beliebtheit der Altersvorsorgeformen nach dem Eigenheim und Bausparen bereits an dritter Stelle und bei der Bewertung der finanziellen Sicherheit mit immer noch 32 Prozent hinter dem Eigenheim (52 Prozent), der gesetzlichen Rente (45 Prozent) und der betrieblichen Rente (35 Prozent) an vierter Stelle.

WIE ENTSTAND DAS WOHNUNGSEIGENTUM?

Das Eigentum an einer Wohnung ist ein relativ junges Rechtskonstrukt. Es entstand in Deutschland erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit dem Wohnungseigentumsgesetz von 1951 wurden in der Bundesrepublik Deutschland die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen. In der DDR, wo es zwar auch privat genutztes Wohneigentum und in den Fünfzigerjahren sogar zeitweilig das Bausparen gab, war das Privateigentum an einer einzelnen Wohnung hingegen unbekannt.

Das Eigentum an einer Wohnung in einem Gebäude, das mehrere Wohnungen umfasst, wäre nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch eigentlich nicht möglich. Denn – vereinfacht gesprochen – das Gebäude und der Grund, auf dem es steht, bilden eine untrennbare Einheit. Aus § 93 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), der „Wesentliche Bestandteile einer Sache“ definiert, geht hervor: „Bestandteile einer Sache, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche Bestandteile), können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.“ Und auf das Verhältnis von Grundstück und Gebäude bezogen heißt es in § 94 BGB ausdrücklich: „Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude … Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.“

Ein Gebäude ist in der Regel (Ausnahmen davon gibt es natürlich) nicht aus einzelnen Wohnungen quasi modular zusammengesetzt, sondern ein Ganzes, das nicht real in mehrere kleinere Einheiten, also eben Wohnungen, zerlegt werden kann. Genauso unmöglich ist, das Grundstück, auf dem das gesamte Gebäude steht, real den einzelnen Wohneinheiten zuzuordnen. Auf welchem Teil des Grundstücks ruht beispielsweise die Wohnung im dritten Obergeschoss rechts? Natürlich auf derselben Fläche wie auch die Wohneinheiten unter dieser Wohnung vom Erdgeschoss bis zum zweiten Obergeschoss. Eine Realteilung wäre hier gar nicht möglich. Auch dass sich ein Gebäude, das mit dem Grundstück fest verbunden ist, vom Grund und Boden real nicht trennen lässt, ohne das Gebäude wesentlich zu verändern oder gar zu zerstören, leuchtet ein. Von dem Sonderfall, dass man mit aufwendigen technischen Hilfsmitteln ein komplettes Gebäude von seinem Fundament trennen und an eine andere Stelle versetzen kann, darf in diesem Zusammenhang abgesehen werden.

Der § 93 BGB verbietet nun aber, an wesentlichen Bestandteilen einer Sache besondere Rechte zu begründen. Darum hat das Wohnungseigentumsgesetz 1951 eine Abweichung vom BGB ausdrücklich festgeschrieben. Dazu musste zunächst das Wohnungseigentum, das es bis dahin gar nicht gab, juristisch definiert werden. „Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört“, heißt es in § 1 des Gesetzes.

Damit unterscheidet sich die Wohneigentümergemeinschaft substanziell von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer anderen Personengesellschaft. Auch zu Eigentümergemeinschaften in anderen europäischen Ländern gibt es Unterschiede. So existiert in Dänemark neben der ejerbolig (Eigentumswohnung) auch die private andelsbolig (Anteilswohnung) – sie wird manchmal unzutreffend als „Genossenschaftswohnung“ übersetzt. Man erwirbt zum Beispiel für umgerechnet 140 000 Euro Anteile am Vermögen der andelsboligforening (der Wohnungsanteilsgemeinschaft) und damit gleichzeitig das Recht, eine Zweizimmerwohnung von 60 Quadratmetern zu nutzen. Das Nutzungsentgelt im gewählten Beispiel ist wesentlich geringer als der Mietzins für eine vergleichbare Wohnung (im gewählten Beispiel etwa umgerechnet 220 Euro). Der Nutzer erwirbt aber kein Eigentumsrecht an der Wohnung selbst, sondern nur Anteile am Gesamtvermögen der Anteilsgemeinschaft und einen Nutzungsanspruch für die Wohnung.

Eine der ältesten Eigentümergemeinschaften bewohnte die Burg Eltz.

Die Probleme der Aristokraten

Schon im Mittelalter standen Adelsfamilien manchmal vor der Tatsache, dass mehrere Erben ein und dieselbe unteilbare Sache besaßen – seit altdeutscher Zeit existierte das Rechtsinstitut der Ganerbschaft.

Erbten beispielsweise mehrere Zweige einer Familie eine Burg gemeinschaftlich, so konnten sie auch nur gemeinschaftlich darüber verfügen. Auf der sogenannten Ganerbenburg mussten die verschiedenen Erben miteinander auskommen, bis zu einem gewissen Grad kooperieren, um nebeneinander friedlich zu koexistieren. Um den Alltag des Nebeneinanders verschiedener Familienzweige, die Fragen der Zugangswege und der Nutzungsrechte an gemeinschaftlichen Bauteilen zu regeln, wurde meist ein sogenannter Burgfrieden geschlossen – dieses Rechtsinstitut ist als Begriff (beispielsweise für innerbetriebliche Kompromisse) in unseren alltäglichen Sprachgebrauch eingegangen. Burgfriedensverträge entsprachen in mancher Hinsicht den heutigen Teilungserklärungen, die das Wohnungseigentum begründen.

Die vielleicht bekannteste Ganerbenburg ist die Burg Eltz in Rheinland-Pfalz. Ihr Bild zierte einst die Rückseite der 500-DM-Banknote.

Hier erbten 1268 drei Linien der Familie die Burg gemeinschaftlich und mussten sich miteinander arrangieren: Eltz vom Goldenen Löwen (Kempenich), Eltz vom Silbernen Löwen (Rübenach) und Eltz von den Büffelhörnern (Rodendorf). Die drei Familienzweige bewohnten einerseits separate Teile der Burg, nutzten aber auch andere Teile der Anlage als Gemeinschaftseigentum. Die von den Büffelhörnern starben 1440 aus; ihr Anteil wurde unter die beiden Löwenfamilien aufgeteilt. Aber erst 1815 kaufte ein Goldener Löwe die Anteile eines Silbernen Löwen und brachte damit die gesamte Burg in seinen eigenen Besitz.

Ein Blick zurück

Deutschland ist ein Mieterland. Das selbstgenutzte Wohneigentum ist hier weniger verbreitet als bei manchen unserer west- und nordeuropäischen Nachbarn. Das ist zunächst einmal kein Werturteil, sondern nur die Beschreibung europäischer Verschiedenartigkeit. Und diese Verschiedenartigkeit hat historische Ursachen. Für Deutschlands besondere Situation erlangen mindestens zwei dieser Ursachen besondere Bedeutung.

Die erste Ursache liegt im späten 19. Jahrhundert. Nach den Einigungskriegen 1864 (gegen Dänemark), 1866 (gegen Österreich) und 1870/71 (gegen Frankreich) und der Reichsgründung entwickelte sich Deutschland zur Industrienation. Zwischen 1880 und 1900 entstanden die großen industriellen Ballungszentren. Deren Arbeitskräftehunger ließ viele Städte fast explosionsartig anschwellen. Um 1900 war Deutschland schon ein Mieterland. Der Massenwohnungsbau namentlich in den Großstädten, der um 1880 verstärkt eingesetzt hatte, trug dem enormen Arbeitskräftebedarf der forcierten Industrialisierung Rechnung. Die Einwohnerzahl von Berlin überschritt 1877 die Millionengrenze; 1890 wohnten 1 578 794 Menschen in Berlin, 1905 waren es 2 040 148. Nach dem Zusammenschluss mit den umliegenden Städten und Gemeinden zu „Groß-Berlin“ stieg die Einwohnerschaft sprunghaft, 1925 überschritt sie die Viermillionengrenze.

In den meisten Industriestädten zeigte sich ein ähnliches Bild. Die Einwohnerschaft von Essen verdoppelte sich innerhalb eines Jahrzehnts von 1895 bis 1905. Die Einwohnerzahl Hamburgs wuchs von 323 000 im Jahr 1890 auf 705 000 im Jahr 1900 und überschritt 1912 die Millionengrenze.

Die zuziehenden Arbeitskräfte hätten weder genügend Fläche vorgefunden, um sich darauf ihre eigenen Häuser zu bauen, noch wären sie dazu wirtschaftlich in der Lage gewesen. Der Wohnungsbedarf wurde überwiegend mit Geschossbauten befriedigt. Wegen der Gleichförmigkeit der Bebauung, der hohen Bebauungsdichte und der oftmals sehr spartanischen Ausstattung sprach man von Mietskasernen. Ganze Stadtquartiere wurden damit bebaut. Die hygienischen Verhältnisse waren oftmals schwierig, und die Ordnungspolizei hatte mehr als einmal Anlass, gegen unzumutbare gesundheitsschädliche Wohnverhältnisse einzuschreiten. Der Grafiker Heinrich Zille wurde um 1900 zum bekannten künstlerischen Chronisten der prekären Wohnverhältnisse Berlins.

Auch die Akten der Baupolizeibehörden sind voll von Klagen und behördlichen Eingriffen wegen unerlaubter Überbauung, unzureichender Lüftung, miserabler Sanitäreinrichtungen, nicht genehmigter Gewerbebetriebe und vieler anderer Mängel, die das Leben in den Mietskasernen um 1900 kennzeichnen. In den übrigen Großstädten des Deutschen Reiches sah es nicht grundlegend anders aus.

Der Anteil des genossenschaftlichen Wohnungsbaus war bis zum Ersten Weltkrieg noch relativ gering. Die sehr schnelle, gewissermaßen nachzuholende Industrialisierung Deutschlands hatte eine extreme Zunahme der Bevölkerungskonzentration zur Folge, und die wurde in wilhelminischer Zeit überwiegend vom privat finanzierten Mietwohnungsbau aufgefangen. Das ist eine Besonderheit gegenüber den europäischen Nachbarstaaten, in denen sich andere Eigentumsformen auch in den Großstädten schon früher durchsetzten.

Eine zweite Ursache ist der deutsche Mietwohnungsmarkt selbst. Er ist zwar reguliert, aber er funktioniert im europäischen Vergleich außerordentlich gut. Über Jahrzehnte ist es mittels Gesetzgebung und fiskalischer Steuerung gelungen, einen Interessenausgleich zwischen den Marktteilnehmern zu erreichen und dieses Gleichgewicht bei allen Schwankungen und trotz starker Interessenskonflikte in den Ballungsgebieten bis heute zu erhalten. Der Wohnungsmarkt besitzt in Deutschland eine starke soziale Komponente, aber er lebt nicht ausschließlich von diesen Sozialbindungen. Im europäischen Vergleich besitzen Mietwohnungen in Deutschland auch einen hohen Standard.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in den Westzonen für 14,6 Millionen Haushalte nur 9,4 Millionen Wohnungen. Der Fehlbestand war im Grunde noch größer, denn in die Summe der „Wohnungen“ waren Behelfsheime wie Baracken und Gartenlauben eingeschlossen. Fünf Personen teilten sich statistisch gesehen eine Wohnung, pro Person standen 15 Quadratmeter Wohnraum zur Verfügung. Drei alternative Wege der Wohnungsbauförderung boten sich an:

Förderung über die Bauträger,

Förderung über das Gebäude (Objektförderung),

Förderung der Mieterkaufkraft (Subjektförderung).

Man entschied sich für den Weg der Objektförderung. Aus Haushaltsmitteln des Bundes wurden zinslose Baudarlehen mit Tilgungsfristen von 30 bis 35 Jahren an private Investoren vergeben. Im Gegenzug verlangte man den Investoren für die Dauer der Förderung eine Sozialbindung ab:

Die geförderten Wohnungen durften nur an solche Haushalte vermietet werden, deren Einkommen bestimmte Grenzen nicht überschritt.

Anders als in der Zeit vor 1933 war die Förderung nicht mehr nur auf Unternehmen beschränkt, die eine Gemeinnützigkeit langfristig garantierten.

Diese Direktsubventionen trieben den sozialen Wohnungsbau innerhalb kurzer Zeit an. Damit war aber auch der Anteil der privaten Bautätigkeit im Wohnungsbau von Anfang an sehr hoch und stieg in der Folgezeit weiter an: In der Mobilisierung privater Investoren für den Mietwohnungsbau liegt die zweite historische Ursache dafür, dass in (West-)Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg ein dynamischer Mietwohnungsmarkt entstand. Dazu trug auch die flexible Handhabung der Mietpreisbindung bei, die in Deutschland die Marktmechanismen nicht aushebelte. Der sozialpartnerschaftliche Kompromiss bestand darin, dass die Investoren etwas verdienen und die Mieter dennoch günstig wohnen konnten. In anderen europäischen Ländern wie beispielsweise Großbritannien führten starre Regulierungen der Wohnungsmieten dazu, dass sich private Investoren mehr und mehr aus dem Mietwohnungsmarkt zurückzogen und die „Sozialwohnung“ zu etwas Anrüchigem wurde, das ihre Bewohner regelrecht stigmatisierte.

Vorläufer: Das Stockwerkseigentum

Der Prager Schriftsteller und promovierte Jurist Max Brod (1884–1968) beschreibt in seinem Roman „Ein Sommer, den man sich zurückwünscht“ die Verhältnisse im Jahr 1899; er beschreibt unter anderem eine Besonderheit, ein bestimmtes Wohngebäude, an das sich der Romanheld erinnert: „Es war ein sogenanntes ‚Teilhaus’; denn in diesem Stadtviertel, nur hier, gab es noch die Besonderheit, die später den Grundbüchern und Juristen einige Kopfschmerzen machte: Man konnte auch einzelne Stockwerke erwerben, ohne den Boden selbst in Eigentum zu bekommen. Man lebte also eigentlich im wahren Sinn der Worte in der Luft, in einem Luftschloss.“

Das hier leicht ironisch beschriebene Eigentumsverhältnis war früher unter dem Namen Stockwerkseigentum bekannt. Nicht nur in Österreich-Ungarn, auch im Deutschen Reich – besonders in Süddeutschland, im früheren Geltungsbereich des Code civile – gab es das Stockwerkseigentum, das Eigentum an einem Gebäudeteil ohne das zugehörige Grundeigentum. 1900 beseitigte das Bürgerliche Gesetzbuch die Möglichkeit, Stockwerkseigentum neu zu begründen. Das bestehende Stockwerkseigentum wurde damit aber nicht automatisch aufgehoben. In der Mehrzahl der Fälle hat man in den folgenden Jahren die Rechtsverhältnisse an die Normen des Bürgerlichen Gesetzbuchs angepasst, in einzelnen Fällen unterblieb das aber, und die eigentlich unmögliche Eigentumsform bestand fort – oftmals ohne dass die Nutzer davon wussten. Das ist auch nachvollziehbar, wenn man unterstellt, dass innerfamiliäre Regelungen den scharfen Blick ins Grundbuch obsolet machten. Wenn aber der Familienfrieden einmal gestört war und ein Rechtsstreit um eine Immobilie entstand, lebten die längst tot geglaubten Rechtsverhältnisse wieder auf und führten durch die Instanzen das Leben eines gleichsam juristischen „Wiedergängers“.

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg lebte die Idee des Stockwerkseigentums wieder auf.

Wo ist solches Stockwerkseigentum potenziell heute noch anzutreffen? Im württembergischen Landesteil Hohenzollern betrifft es zum Beispiel die Keller. Reicht der Keller des eigenen Hauses teilweise unter das Haus des Nachbarn, mit oder ohne Verbindung zu dem darüber befindlichen Gebäude, so durfte von der Existenz eines Stockwerkseigentums ausgegangen werden, wenn der Keller nur vom eigenen Haus aus zugänglich war.

Relativ häufig musste Stockwerkseigentum auch angenommen werden, wenn bei aneinandergebauten Häusern eine Überbauung der Grundstücksgrenze vorgenommen worden war. Häufig standen ja die Gebäude schon Jahrzehnte oder Jahrhunderte, bevor im 19. Jahrhundert die Vermesser loszogen und neue Kataster erstellten.

Gerade bei vermeintlichen „Schnäppchenhäusern“ kann man auf Überraschungen stoßen. So ist oft nicht nur die Bausubstanz über Jahrzehnte vernachlässigt worden, sondern auch die juristische Substanz. Das bemerkte zum Beispiel eine junge Familie, die ein Doppelhaus mit zugehörigem geteilten ehemaligen Stallgebäude erwarb und im Grundbuch den Vermerk fand: „Ohne den ganzen Keller.“ Der ungeteilte Keller unter den Stallungen hatte, wie sich herausstellte, einen anderen Eigentümer, dessen Eigentum mit dem Vermerk „Keller unter dem Stall“ beschrieben war. Zuweilen wird noch heute um Zahlungen aus der Ablösung von Rechten an Gebäuden gestritten, die schon vor Jahrzehnten abgerissen wurden.

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg lebte die Idee des Stockwerkseigentums wieder auf. Nach 1945 (namentlich vor der Währungsreform) stellte man verschiedene Überlegungen an, wie der Wiederaufbau der zerstörten Wohnungen in Deutschland am besten zu finanzieren sei. „Es muss ein Weg gefunden werden, um den dann noch vorhandenen Besitzern von verhältnismäßig kleinen Kapitalien dazu zu verhelfen, Grundbesitz zu erwerben und damit die Finanzierung des Wiederaufbaus zu sichern. Dieses könnte im Wege des Erwerbs einer Wohnung oder einer Etage erfolgen. Voraussetzung hierfür ist die Schaffung von Stockwerkseigentum“ hieß es in einem Beitrag der Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 13. Juni 1946. Bei diesen Überlegungen war auch bereits daran gedacht worden, intakte (beispielsweise am Stadtrand gelegene) und im Gemeindeeigentum befindliche Wohnanlagen etagenweise an die Mieter zu verkaufen, um auf diese Weise Geldmittel für den Aufbau der zerstörten Innenstädte zu beschaffen. Als Modell stellt der Verfasser die Eigentumsverhältnisse in den westeuropäischen Staaten vor, in denen sich das Stockwerkseigentum großen Zuspruchs erfreue, sich bewährt habe und gesellschaftlich weitgehend akzeptiert sei.

Der Unterschied zwischen dem Stockwerkseigentum und der heute üblichen Form des Wohnungseigentums besteht – einfach gesprochen – im Verhältnis mehrerer Eigentümer zu einer Sache. Beim Stockwerkseigentum wird eine Sache, also ein Gebäude, real geteilt (was nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch dem Grundsatz nach nicht möglich ist). Jeder einzelne Eigentümer hat dann das volle Eigentumsrecht an dem ihm gehörigen Teil des Hauses, während ihm an den Teilen der anderen Eigentümer keinerlei Recht zukommt. Eine solche Regelung schließt nicht aus, dass gewisse Gebäudeteile (beispielsweise der Keller oder das Dach) dennoch als Gemeinschaftseigentum aller Eigentümer behandelt werden.

Begriffsverwirrung bei Eigentumswohnungen

Im allgemeinen Sprachgebrauch und in der Literatur werden die Begriffe Eigentumswohnung und Wohnungseigentum weitgehend gleichwertig verwendet. Beide Begriffe sind aber eigentlich nicht identisch.

Eigentumswohnung ist ein Sachbegriff; er bezeichnet ein Objekt, das hergestellt, erworben oder veräußert werden soll. Im Wohnungseigentumsgesetz kommt dieser Begriff nicht vor. Doch erwies sich der Begriff „Eigentumswohnung“ als so griffig und nützlich (und letztlich unverzichtbar), dass er 1994 in das 2. Wohnungsbaugesetz aufgenommen wurde. Dieses Gesetz (außer Kraft gesetzt 2002) definiert: „Eine Eigentumswohnung ist eine Wohnung, an der Wohnungseigentum nach den Vorschriften des Ersten Teils des Wohnungseigentumsgesetzes begründet ist.“

Wohnungseigentum dagegen ist der Rechtsbegriff, der den Sachbegriff „Eigentumswohnung“ juristisch definiert.

Lösung: Das Wohnungseigentumsgesetz

Mit dem Wohnungseigentumsgesetz von 1951 fand man in der Bundesrepublik Deutschland schließlich eine Alternative, die nicht das alte Stockwerkseigentum im Sinne einer Realteilung wieder aufleben ließ, sondern das „Sondereigentum an einer Wohnung“ schuf, das nur „in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört“ bestand. Das Programm, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln, setzte sich als Trend der allmählichen Veränderung der Eigentumsverhältnisse dennoch durch.

Die Rechtsform des Wohnungseigentums begründet ein echtes, reales Eigentum. Erstmals seit dem Jahr 1900 (dem Jahr der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs) war damit eine Möglichkeit eröffnet worden, selbstständiges Eigentum an allen Teilen eines Gebäudes zu bilden. Über dieses Eigentum kann der Eigentümer frei verfügen, es also auch veräußern, selbstständig belasten, vermieten oder vererben.

Beim heutigen Wohnungseigentum verfügt jeder Eigentümer über einen definierten Anteil an der ungeteilten Sache (den Miteigentumsanteil), verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung.

Das österreichische Wohnungseigentumsgesetz von 1948 regelt, dass jedem Eigentümer eine Quote an der gesamten Liegenschaft zusteht, also an allem, was diese Liegenschaft ausmacht, auch eine Quote an jeder Wohnung, wobei jedem Eigentümer das dingliche Recht eingeräumt wird, eine bestimmte abgeschlossene Wohnung (oder sonstige Räumlichkeit) ausschließlich zu benutzen und darüber allein zu verfügen, ohne dass damit eine Realteilung vorgenommen worden wäre.

Für das Wohnungseigentum von Bedeutung ist die Eigentümergemeinschaft. Diese Gemeinschaft ergibt sich notwendig aus dem Miteigentum aller Wohnungseigentümer am Grundstück und an allen dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienenden Teilen des Gebäudes. Es sind die Miteigentümer am Gemeinschaftseigentum, die sich quasi gegenseitig Sondereigentum an ihrer Wohnung einräumen. Dadurch wird der Umfang des Gemeinschaftseigentums entsprechend eingeengt. Darum ist das Wohnungseigentum für den Eigentümer rechtlich gesehen ein durch eigenes Sondereigentum gestärktes und durch fremdes Sondereigentum geschwächtes Miteigentum nach Bruchteilen.

In der DDR

In der DDR gab es zwischen 1949 und 1990 keine dem Wohnungseigentum vergleichbare Eigentumsform. Entgegen dem weit verbreiteten Irrtum, sämtlicher Grund und Boden sei sogenanntes Volkseigentum gewesen, gab es privates Eigentum an Grundstücken und den darauf befindlichen Gebäuden sehr wohl. Aber zwei wesentliche Unterschiede bestimmten das Immobilienrecht in der DDR. So fügte § 287 des DDR-Zivilgesetzbuchs (ZGB) dem Eigentumsrecht ein Nutzungsrecht hinzu: „Bürgern kann zur Errichtung und persönlichen Nutzung eines Eigenheims oder eines anderen persönlichen Bedürfnissen dienenden Gebäudes an volkseigenen Grundstücken ein Nutzungsrecht verliehen werden.“ Diese Verleihung eines Nutzungsrechts setzt voraus, dass eine Trennung von Grundstück und den darauf befindlichen Baulichkeiten rechtlich möglich ist. Und in der Tat sagte § 295, Abs. 1 ZGB zwar: „Das Eigentum am Grundstück umfasst den Boden und die mit dem Boden fest verbundenen Gebäude und Anlagen sowie die Anpflanzungen.“ Aber Absatz 2 verfügte: „Durch Rechtsvorschriften kann festgelegt werden, dass selbstständiges Eigentum an Gebäuden und Anlagen unabhängig vom Eigentum am Boden bestehen kann. Für die Rechte an solchen Gebäuden und Anlagen sind die Bestimmungen über Grundstücke entsprechend anzuwenden, soweit nichts anderes festgelegt ist.“

Gerade diese Trennung von Grundstück und Gebäude und die „verliehenen“ Nutzungsrechte an Grundstücken führten nach der Vereinigung und der Übernahme des Rechtssystems der Bundesrepublik Deutschland zu Rechtsunsicherheiten und zu zahlreichen Härtefällen bei ostdeutschen „Häuslebauern“. Denn das Problem bei der Verleihung von Nutzungsrechten war nicht der Akt der Verleihung selbst, sondern das sogenannte Volkseigentum, an dem Nutzungsrechte verliehen wurden. Dieses Volkseigentum war oft genug nur angemaßtes Eigentum. Nach der Wiedervereinigung wurde die Trennung von Grundeigentum und Eigentum am Gebäude wieder aufgehoben.

Die Schaffung von Wohnungseigentum ist auch in der DDR bis 1989 immer wieder einmal von Experten diskutiert worden. Aber die Wohnung als Eigentum passte wohl politisch nicht in ein System, das die Wohnung als – nahezu kostenlose – Sozialleistung des Staates für seine Bürger herauszustellen wünschte. Vielleicht spielten auch die negativen Erfahrungen mit, die man in den Fünfzigerjahren mit dem Bausparen gemacht hatte. Die Hoffnung, den Kaufkraftüberhang der Bevölkerung in den Wohnungsbau umzulenken, war schon nach wenigen Jahren gescheitert, weil den Bausparverträgen seitens der Bauwirtschaft weder ausreichend Material noch Baukapazität gegenüberstanden. So wurde das Experiment Bausparen – in der Bundesrepublik eine der tragenden Säulen für den Immobilienerwerb – in der DDR stillschweigend zu Grabe getragen.

WOHNEIGENTUM ALS ALTERSVORSORGE

Die letzte Volks- und Wohnungszählung im Jahr 2011 – die nächste ist für 2021 geplant – hat ergeben: Man zählte 9,3 Millionen Eigentumswohnungen. Das sind rund 43 Prozent mehr als zuvor angenommen. Jede vierte von Eigentümern oder Mietern genutzte Wohnung ist eine Eigentumswohnung. Die Anzahl der Eigentumswohnungen in privater Hand ist mehr als doppelt so hoch wie die Zahl der Genossenschafts- und Gemeindewohnungen.

Die in den 1990er-Jahren bereits totgesagte Eigentumswohnung lebt wieder auf. Vor allem in Großstädten stellt sie für viele Kaufinteressenten schon aus Kostengründen oft die einzige Alternative zu einem Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhaus dar.

Selbstnutzer oder Kapitalanleger

Rund 5,8 Millionen Eigentumswohnungen werden von den Eigentümern selbstbewohnt. Das ist mehr als die Hälfte aller Eigentumswohnungen. Rund 4,3 Millionen Eigentumswohnungen sind vermietet.

Zu den Selbstnutzern als der einen Hälfte von Nutzern gesellt sich also die andere Hälfte der Kapitalanleger, die ihre Eigentumswohnung vermieten. Auch wenn Selbstnutzer und Kapitalanleger im Einzelnen unterschiedliche Interessen haben, eint sie doch das gemeinsame Interesse an einer kostengünstigen Bewirtschaftung und einer guten Verwaltung ihrer Eigentumswohnanlage. Darüber hinaus bilden sowohl Selbstnutzer als auch Kapitalanleger Wohneigentum und damit Grundvermögen, das zum Geldvermögen hinzukommt.

Unter dem Gesichtspunkt der privaten Altersvorsorge stellt die selbstgenutzte oder vermietete Eigentumswohnung zunächst Altersvermögen dar, das zum Beginn des Ruhestands möglichst schuldenfrei sein sollte. Eine schuldenfreie Eigentumswohnung bietet beiden – Selbstnutzern und Kapitalanlegern – im Alter unterschiedliche Vorteile. Der Selbstnutzer genießt das miet- und schuldenfreie Wohnen. Außer der Mietersparnis kommt ihm zugute, dass er seine Hypothekendarlehen vollständig abgetragen hat und weder Zinsen noch Tilgung an seine Bank zahlen muss.

Der Kapitalanleger und Vermieter profitiert mit einer schuldenfreien Eigentumswohnung im Alter vom Mietertrag. Die Mieteinnahmen verschaffen ihm nach Abzug der laufenden Betriebs-, Instandhaltungs- und Verwaltungskosten eine willkommene Zusatzrente.

Förderung des Wohneigentums

Bund, Länder, Kommunen und Kirchen haben sich insbesondere die finanzielle Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums auf ihre Fahnen geschrieben. Die Wohn-Riester-Rente für Selbstnutzer hat die frühere Eigenheimzulage abgelöst und bietet eine günstige Möglichkeit zur schnelleren Entschuldung.

Bundesländer und Kommunen vergeben zinsgünstige Fördermittel in erster Linie an einkommensschwächere Familien mit Kindern, die ihr Einfamilienhaus oder ihre Eigentumswohnung selbst nutzen.

Einige Länder wie Nordrhein-Westfalen bieten Familien, die bereits Mittel aus dem Wohnungsförderungsgesetz erhalten haben, in finanziellen Notlagen zusätzlich auch eine spezielle Wohneigentums sicherungshilfe an. Sie soll helfen, das Wohneigentum der Betroffenen zu erhalten und einer Zwangsversteigerung vorzubeugen.

Unter dem Gesichtspunkt der privaten Altersvorsorge stellt die selbstgenutzte oder vermietete Eigentumswohnung zunächst Altersvermögen dar, das zum Beginn des Ruhestands möglichst schuldenfrei sein sollte.

Auf den wenig bekannten Lastenzuschuss haben Selbstnutzer einen Rechtsanspruch, falls ihre monatliche Belastung für Kapitaldienst und Bewirtschaftung im Verhältnis zu ihrem Einkommen bestimmte Grenzen überschreitet. Der Lastenzuschuss für bedürftige Wohnungseigentümer ist quasi das Gegenstück zum Mietzuschuss für bedürftige Mieter. Beides wird im Wohngeldgesetz geregelt. Vor allem Selbstnutzer von Eigentumswohnungen, die Einkommenseinbußen durch Arbeitslosigkeit, eine länger andauernde Erkrankung oder Berufsunfähigkeit erleiden, sollten den Weg zum örtlichen Wohnungsamt nicht scheuen. Dort ist auch die Wohngeldfibel erhältlich, der alle weiteren Details für den Erhalt eines monatlichen Lastenzuschusses zur selbstgenutzten Eigentumswohnung zu entnehmen sind.

Die finanziellen Hilfen durch die staatliche KfW Bankengruppe (KfW) gibt es nicht nur für selbstbewohntes, sondern auch für vermietetes Wohneigentum. Unabhängig vom Einkommen hat darauf jeder Wohneigentümer Anspruch, sofern er die Voraussetzungen für die Kreditprogramme erfüllt.

Wohneigentum als Schonvermögen in Notlagen

Langzeitarbeitslose mit Anspruch auf Arbeitslosengeld II (üblicherweise als Hartz IV bezeichnet) müssen ihre selbstgenutzte Eigentumswohnung nicht verkaufen, sofern diese angemessen ist und eine von der Bewohnerzahl abhängige Wohnfläche (zum Beispiel 80 Quadratmeter für ein bis zwei Personen, 100 Quadratmeter für drei Personen plus 20 Quadratmeter für jede weitere Person) nicht überschreitet. Dies hat das Bundessozialgericht bereits Ende 2008 entschieden.

Selbstgenutztes und zugleich schuldenfreies Wohneigentum gilt, sofern es angemessen ist, somit als Schonvermögen. Hartz-IV-Bezieher mit einer selbstgenutzten Eigentumswohnung erhalten infolge der Mietersparnis allerdings nur den Regelsatz von monatlich 439 Euro ab 2021 sowie die Erstattung der angemessenen Bewirtschaftungskosten, sofern ihre Eigentumswohnung bereits schuldenfrei ist. Gleiches gilt für Personen, die eine Grundsicherung wegen Alters oder wegen einer dauernden Erwerbsminderung beziehen.

Eine selbstgenutzte Eigentumswohnung bleibt nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. XII ZB 269/12) beim Elternunterhalt vor dem Zugriff des Sozialamts geschützt, wenn pflegebedürftige Eltern die Kosten für das Pflegeheim nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können und das grundsätzlich unterhaltspflichtige Kind eine schuldenfreie Eigentumswohnung selbstbewohnt. Im Streitfall hatte das Sozialamt den Wert der Eigentumswohnung auf 115 000 Euro geschätzt und forderte eine Verwertung, um die bisher von der Sozialhilfe getragenen Kosten in Höhe von rund 17 000 Euro erstattet zu bekommen.

Dies lehnte der BGH mit der Begründung ab, dass die vom Sohn der pflegebedürftigen Mutter selbstgenutzte Eigentumswohnung angemessen sei und nicht verkauft werden müsse. Lediglich der in Höhe der Mietersparnis errechnete Wohnvorteil von monatlich 339 Euro muss dem erzielbaren Nettoeinkommen hinzugerechnet werden. Sofern aber auch nach Hinzurechnung dieses Wohnvorteils der Mindestbehalt von monatlich 1 500 Euro vom unterhaltspflichtigen Sohn nicht überschritten wird, entfällt jegliche Zahlung von Unterhalt an das Sozialamt.

Kaufnebenkosten oft über 10 Prozent

Die meisten Bundesländer haben die Grunderwerbsteuer in den vergangenen Jahren von 3,5 Prozent auf 5,0 bis 6,5 Prozent des Kaufpreises erhöht.

Eingriffe in Wohneigentum bei Sonderfällen

Wohneigentum genießt als Vermögen zwar grundsätzlich einen hohen Schutz. Dennoch kann es in Sonderfällen zu Eingriffen kommen, die bis zum Verlust des Wohneigentums führen. Dazu zählen beispielsweise:

Zwangsversteigerung einer Eigentumswohnung auf Antrag der Gläubigerbank, wenn der Wohneigentümer mit seinen Zins- und Tilgungsraten in Rückstand geraten ist

Teilungsversteigerung einer Eigentumswohnung auf Antrag eines Miteigentümers (z. B. geschiedener Ehegatte oder Miterbe), da die Gemeinschaft nach Scheidung oder Erbfall aufgehoben werden soll

Entziehung des Wohneigentums auf Antrag der Wohnungseigentümergemeinschaft, da der Eigentümer schwere Verfehlungen begangen hat oder hohe Hausgeldrückstände angefallen sind.

Einige Länder wie Nordrhein-Westfalen und Berlin versuchen mithilfe von Wohnungsaufsichtsgesetzen oder verschärften Zweckentfremdungsverordnungen, unerwünschte Zustände (zum Beispiel längerer Leerstand, Überbelegung oder Fehlbelegung, Verwahrlosung von Wohnraum) durch hohe Ordnungsstrafen für Eigentümer zu bekämpfen. Als Selbstnutzer oder Vermieter einer Eigentumswohnung werden Sie es schon im eigenen Interesse zu solchen Auswüchsen gar nicht kommen lassen. Möglicherweise wird Ihnen dies aber unberechtigterweise von Behörden vorgeworfen, die auf entsprechendes Anschwärzen von Anwohnern reagieren. Hierbei sollten Sie einen kühlen Kopf bewahren und mit höflicher Hartnäckigkeit begründen, dass Sie sich nichts haben zuschulden kommen lassen.

Höhere Steuern und mehr Bürokratie

Seit der Föderalismusreform von 2006 können die Bundesländer die Höhe der Grunderwerbsteuer von seinerzeit 3,5 Prozent des Immobilienkaufpreises (bis Ende 1996 sogar nur 2 Prozent) selbst festsetzen. Inzwischen haben dies bis auf Bayern und Sachsen alle übrigen Bundesländer genutzt, um die Steuersätze teilweise drastisch anzuheben.

In fünf Bundesländern liegt die Grunderwerbsteuer bei 5 Prozent (siehe Tabelle auf Seite 22). Die fünf Spitzenreiter unter den Bundesländern verlangen sogar 6,5 Prozent. Nur die Bundesländer Bayern und Sachsen begnügen sich noch mit 3,5 Prozent.

Käufer von Eigentumswohnungen müssen für Kaufnebenkosten wie Grunderwerbsteuer sowie Notar- und Grundbuchgebühren somit bis zu 8 Prozent einkalkulieren. Kommt dann noch der Anteil der Maklerprovision von maximal 3,57 Prozent des Kaufpreises hinzu, müssen Sie in der Spitze rund 11,5 Prozent des Kaufpreises allein für „Papierkosten“ zahlen.

Auch gestandene Wohneigentümer werden von ihren Gemeinden oder Städten über eine höhere Grundsteuer zur Kasse gebeten. Dies geschieht typischerweise durch Ratsbeschlüsse über die Anhebung der Grundsteuerhebesätze.

Selbstnutzer sind von der höheren Grundsteuer direkt im eigenen Geldbeutel betroffen. Nur Vermieter von Eigentumswohnungen können die höhere Grundsteuer auf ihre Mieter abwälzen, sofern dies im Mietvertrag vereinbart ist. Dies schlägt mit höheren Nebenkosten für die Mieter zu Buche.

Mit höheren Steuern ist es aber nicht getan. Über immer mehr Bürokratie stöhnen viele Wohneigentümer. Ständig werden neue Verordnungen erlassen.

VERORDNUNGEN RUND UM DAS WOHNEIGENTUM Darüber sollten Sie als Wohneigentümer Bescheid wissen:

Trinkwasserverordnung mit Prüfung des aus den Leitungshähnen fließenden Trinkwassers auf Legionellen alle drei Jahre

Verordnung über die Prüfung von Abwasserleitungen (beispielsweise müssen in Nordrhein-Westfalen Abwasserleitungen auf dem Grundstück ab 2015 alle zehn Jahre daraufhin überprüft werden, ob sie dicht sind)

Verordnung über Anlagen mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV), wonach Auffangwannen rund um Heizöltanks alle zehn Jahre auf Dichtigkeit überprüft werden müssen

Gebäudeenergiegesetz