Zum Buch
Vulkane werfen Rauchwolken in den Sternenhimmel, Filipa denkt über Kinderfreiheit nach, während Carlo Fruchtspieße auf dem Empfang der Schweizer Botschaft reicht, die Frage nach Gerechtigkeit spiegelt sich in den Straßen Mumbais wider und ein junger Amerikaner findet seine Sinnhaftigkeit auf dem Burning Man Festival in der Wüste Nevadas.
Das Buch spricht Menschen an, die mutig ihren eigenen Lebensweg bestreiten, viele Stolpersteine bereits erfolgreich gemeistert und auch schmerzhafte Verluste kraftvoll bewältigt haben. Menschen, die sich trotz oder vor allem wegen ihrer inneren Stärke immer wieder auch in Momenten der Verletzlichkeit und Unsicherheit befinden.
Wie am besten mit dem alltäglichen Lebenswahnsinn umgehen? Dazu gehören Fragen zum Lebensglück und wie viel wir „müssen“ genauso wie Gedanken als Hamster im Arbeitsrad zu laufen, wie viele Stories wir uns „nur“ selbst erzählen und ob wir auf die Frage nach dem Lebens-Purpose nicht doch pfeifen sollten.
Weitere Informationen zu Corinna-Rosa Falkenberg findest Du am Ende des Buches.
Impressum
Dieses Buch ist auch als e-book erhältlich.
Ein besonderer Dank geht an meine Mutter.
Originalausgabe
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Alle Rechte vorbehalten
Copyright © 2020 Dr. Corinna-Rosa Falkenberg
Lektorat: Dr. Florentine Heeckt
Typographie, Buchsatz & Cover: Dr. Corinna-Rosa Falkenberg
Druck & Bindung: BoD Books on Demand GmbH
Printed in Germany
ISBN: 978-3-750491892
www.stories.falkenberg.world
Für die Weltenbummlerin, Cinderella und Rabaukin,
die das Leben mit all seinen bunten Verrücktheiten liebt
und auf keinen einzigen Tag verzichten möchte.
„Und es kam der Tag,
da das Risiko, in der Knospe zu verharren,
schmerzlicher wurde
als das Risiko, zu blühen.“
- Anaïs Ninh -
Ich bin eine neugierige Abenteurerin und war mit meinem Rucksack bereits in meinen Zwanzigern auf den Philippinen, in Burma zu einer Zeit, als die Menschen in Rangun noch keine Jeanshosen trugen, und als Schülerin im tiefen Busch Afrikas. Für die Vereinten Nationen habe ich in New York gearbeitet, eine NGO gegründet und gehe heute in einem großen Unternehmen einem internationalen Job nach.
Ich reise weiter sehr viel, liebe es, Neues zu probieren und ins Unbekannte einzusteigen. Oft verliere ich mich dabei. Auch in meinen Gedanken. Im Kopfkino. Laufe gegen Wände und könnte mir den Knall oft ersparen.
Ich liebe und werde geliebt, wurde blutend verlassen und habe verlassen, ich weine und lache, hatte schmerzende Operationen und ungute Unfälle.
Das Leben hat sich mir von seiner dunklen, aber auch von seiner Schokoladenseite gezeigt. Die ganze Farbpalette eben.
Ich experimentiere, versuche mich, gewinne und scheitere großartig. Stets auf der Suche nach Erfahrungen, die mich meiner persönlichen Wahrheit näher bringen.
Dabei fülle ich bereits seit Jahren die Seiten meines Notizbuches. Manchmal sind es nur Gedankenstücke, dann ganze Geschichten oder auch Zeichnungen. Für dieses Buch will ich sie alle nochmals durchgehen.
Dabei spüre ich Magensausen.
Ich mache mich auf eine Ladung Spannung gefasst und wähle für diese Aufgabe ein sonniges Herbstwochenende. Lege die Textdrucke und einen roten Stift auf meinen Schoß und beginne zu lesen.
Peu à peu erinnere ich mich wieder daran, wo ich mich beim Schreiben der Geschichten in meinem Leben befunden habe. Intensive Flashbacks in eine bereits vergangene Zeit.
Beim Durchlesen der gesammelten Erzählungen und Notizen fällt mir auf, dass das Leben tatsächlich verrückt ist, ich aber auch ein wenig verrückt nach dem Leben bin.
Crazy for Life eben.
Und mir wird bewusst, dass das, was ich wirklich ganz fest vom Leben weiß, keinem zeitlichen Verfallsdatum unterliegt. Das, was ich über die Jahre hinweg als wichtig empfunden habe, ist es noch heute für mich. Ich werde in meinem Leben (hoffentlich) nie aufhören dazu zu lernen.
Dieses Buch enthält Erlebnisse, über die ich weinen und lachen musste, und Erfahrungen, die ich zunächst nicht wahrhaben oder ernst nehmen wollte, aber auf die ich doch wieder zurückkam. Es enthält viel, wonach ich mein Leben ausrichte und es gerne sogar noch mehr möchte.
Aber es gelingt mir nicht immer gleich gut, die Erkenntnisse auch tatsächlich zu leben. Darüber zu schreiben ist einfacher.
Sobald auch du dir die Frage stellst, was du denn vom Leben weißt und dich auf die Suche nach Antworten machst, passiert etwas ganz Einzigartiges: Du wirst dich Stück für Stück selbst finden.
Sich vollkommen und komplett zu finden, geht wahrscheinlich nie, aber ein wenig ist machbar, denn diese Reise zu dir selbst ist das schönste Geschenk, das du dir machen kannst. Es ist deine eigene Wahrheit. Und das Beste ist, wenn du diese Erkenntnisse mit den Menschen, die du liebst, in deinem Leben teilen und weiter entdecken kannst.
Ich wünsche mir von Herzen, dass das Buch auch dich zu dieser Suche nach dir selbst inspiriert.
Deine Corinna-Rosa
Eine weitere Nacht auf dem kalten, kargen Wüstenboden in meinem Wurfzelt auf dem Burning Man Festival in der Wüste Nevadas an der Westküste der USA liegt hinter mir.
Ich hatte alles Greifbare angezogen, über- und untergelegt und dennoch konnte ich teilweise vor Kälte nicht schlafen.
Als ich ein entferntes, lautes Geräusch wahrnehme, erhebe ich mich schließlich und sitze kurze Zeit später auf meinem Fahrrad. Ich radele vorbei an ruhigen Campern, stillen Zelten und passiere dabei ein paar andere Frühaufsteher.
Gerade überhole ich einen nackten Mann mit einem Bäuchlein und einem kleinen, wackelnden Penis auf einem pinken Plüschrad, der in Seelenruhe neben mir her radelt. Die Stimmung ist friedlich, unberührt und frei.
Ich sauge die Energie auf.
*
Die Playa, der Kern des Festivals, ist tagsüber so anders als nachts. Es gibt kein grelles Licht, keine laute Musik und zu dieser Uhrzeit auch nur wenige Menschen. Die Berge zeichnen sich am Wüstenhorizont ab und ergeben mit den unzähligen Kunstskulpturen dazwischen einen faszinierenden Ausblick.
Zu meiner Linken entdecke ich einen umgebauten Golfwagen, der ausschaut wie ein mehrere Meter langer goldener Goldfisch, der Schuppen trägt, die in der Morgensonne froh glänzen.
Vor mir tummelt sich nun ein erster bunter Stelzenläufer, der sich in Richtung sprechender Solarblechblumen bewegt.
Dahinter sehe ich ein echtes silberfarbenes Flugzeug, das senkrecht und mit der Spitze nach unten in den Wüstenboden gerammt zu sein scheint und zu meiner Rechten gibt es eine Reihe von Autos, die mittels einer starken Metallstange so aufeinander gereiht wurden, als würden sie fliegen.
Als ich die Szenerie beobachte, kommt mir der Gedanke: „Wäre doch so mehr das echte Leben! “
Hätte das Leben außerhalb der Playa an sich doch nur mehr Witz, Kunst und Spaß so wie hier.
Eine Art Wonderland für Erwachsene.
Weniger Konventionen und mehr von dem, was wir wirklich sein wollen, aber uns so selten zutrauen.
Ein Schlaraffenland.
*
Ich steuere nun auf eine britische Telefonbox der älteren Generation zu, deren Tür entfernt worden ist. Darin entdecke ich ein zitronengelbes Telefon, das mittels Schnur mit der Wählbox verbunden ist.
Bevor ich eintrete, blicke ich empor und sehe ein großes Holzschild.
Darauf steht in schwarzer, schöner Schrift geschrieben: “Speak to God”.
Weil ich das lange nicht mehr gemacht habe, trete ich ein, greife zum Hörer und erzähle.
Wie lange ich geblieben bin, weiß ich nicht.
Ich erzähle und spreche so lange, bis mir die Worte ausgehen und finde Antworten in der Stille des Empfängers.
Interludino
wenn ich mal wieder nicht weiter weiß,
so in meinem leben und überhaupt,
dann frage ich mich gelegentlich,
was wären denn die alternativen,
wenn ich den nächsten schritt
und das damit verbundene risiko nicht
eingehen würde?
und dann erscheint oft ganz klar vor mir,
wie ich mich zu entscheiden habe und
was zu tun ist.
Einer meiner Lebensgrundsätze besteht darin, tief in das Leben einzutauchen und es mit all seiner Intensität und seiner Farbgebung maximal zu erfahren.
Nun können Grundsätze nicht immer strikt gelebt werden, deshalb heißen sie auch Grundsätze: Es gibt Ausnahmen von der Regel.
Der Versuch, sich an ihnen auszurichten, ist das, worauf es ankommt. Dabei ist es unerheblich, wo und wie wir das machen. Hauptsache, wir tun es.
So habe ich vor kurzem das erste Mal allein im Zelt auf einer einsamen Naturwiese geschlafen, Tantra erlernt und Tango getanzt bis zum frühen Morgenerwachen. Wirklich keine dieser Taten fühlte sich zu Beginn gut für mich an. Auch wusste ich nicht, was als nächstes passiert: Kommt das Wildschwein, blamiere ich mich wenig bekleidet vor fremden Menschen oder auf hohen Tangoschuhen?
Aber das ist die große Welt da draußen. Sie ist voll von Unbekanntem, Überraschungen, Vitalität, Energie, Flow, Action und Erregung.
Spannend ist, dass ich mich stets dann als echten Teil vom Leben fühle, wenn ich mich mit meiner Umwelt verbinde, mit ihr in Resonanz gehe und mich auf sie einlasse.
Wenn ich die Welt erteste und erlebe.
*
Vielleicht passiert Leben nicht immer im Konzernjob, auf dem Sofa oder vor dem Laptop? Auch nicht hinter Büchern, Zeitungen und Magazinen und erst recht nicht vor TV Serien oder im Versteck einer verstrittenen Beziehung?
Das sind Komfortzonen. Sie sind so gemütlich, entspannt und sicher.
Der Bereich außerhalb der Komfortzonen dagegen kann verdammt kalt, hart, unfair, beängstigend und noch so viel mehr sein.
Das, was außerhalb unserer Zone der Bequemlichkeit liegt, kennen wir nicht. Und es ist das Unbekannte, das uns typischerweise Angst macht.
Wir denken, der Bereich außerhalb unserer Gewohnheiten könnte wie ein dunkles Loch sein, in das wir unendlich tief fallen ohne je wieder Licht zu sehen. Sind wir in diesem Zustand kommt der Tunnelblick, unser eingeschränkter Weltblick und wir sitzen auf unserem Status Quo fest, klammern uns an ihn und suchen den Halt darin.
Das ist letztlich aber ein Irrtum in unserer Denkweise, denn wir wissen in Wirklichkeit gar nicht, ob das Unbekannte so dunkel ist, wie wir meinen.
Vielleicht besteht es einzig aus Sonnenlicht.
Vielleicht ist es leicht, befreiend und fröhlich.
Was dann?
*
Warum wir unsere Komfortzonen hin und wieder verlassen könnten, um tief in das Leben einzutauchen?
Weil genau dort das Leben beginnt und wir nur dort spüren, tatsächlich am Leben zu sein. Weil nur dort wieder Energie in unseren Körper fließt und uns aus dem halbtoten Schlaf des Alltagstrotts wachrüttelt.
Es ist wie ein Kick, der unsere Batterie wieder lädt.
In das Leben einzutauchen ist einfach: Initiativen gründen, daran teilnehmen und sie unterstützen. Nicht von der Ferne zuschauen, wie der Besucher eines Rockkonzerts etwa, sondern einsteigen, Musiker werden und selbst die Instrumente des Lebens spielen.
Unsere Hände dürfen dabei gerne schmutzig werden.
Vielleicht tut es manchmal auch weh, weil wir an Grenzen stoßen? Dann ist es eben so. Kann Schmerz nicht hin und wieder auch heilsam sein?
Wir sollten dabei sein, neue Dinge zu versuchen, uns etwa an einer Gemeinschaftsgärtnerei beteiligen, an Fremde schöne Worte richten, ins Büro laufen und das Auto zu Hause stehen lassen, ehrenamtlich arbeiten, ein Dinner organisieren und dazu gemischt Freunde und Bekannte einladen.
Das Leben ist einzigartig, wunderbar und vielfältig und wir dürfen so viel wir uns wünschen von den verschiedenen Blüten, die das Leben in sich trägt, erkunden und erleben.
Auch tut es gut, neben dem Broterwerb Interessen zu verfolgen, mit denen wir weder Geld verdienen, noch berühmt werden können. Dinge, die wir einfach nur gerne tun. Und mit etwas Glück helfen sie sogar anderen.
Balsam für die Seele.
Was immer es ist, es ist wichtig, sich am Leben zu beteiligen und mit dem Flow zu gehen, sich darauf einzulassen. Tief in das Leben einzutauchen.
Natürlich auch nicht immer, denn ein „immer“ ist in den wenigsten Fällen gut und alles Extreme ist nicht bedenkenlos.
Aber wir sollten lachen, weinen und tanzen so oft wir können. Wir sollten Glitzersterne versprühen, über unsere Fehler schmunzeln und uns vom Sommergewitter verzaubern lassen.
Für das Leben in uns, denn „mehr“ ist es vielleicht nicht.
Interludino
der schmerz gehört dazu,
er macht uns aus,
und uns menschlich.
es ist ein irrtum,
zu glauben,
es ginge ohne im leben.
Ich ziehe meine Beine näher an meinen Körper und versuche unter dem schmalen Dach der Kirchenpforte Schutz vor dem einsetzenden Regen zu finden.
Das gelingt leider nur bedingt. Meine Knie schauen nach wie vor so weit unter dem Schutzdach hervor, dass sich die ersten Regentropfen darauf zu versammeln beginnen, nur um dann in kleinen Gruppen den Weg hinunter an meinen Beinen zu finden.
Ich sitze auf den engen Stufen eines Seiteneingangs einer italienischen Kirche im Stadtteil Trastevere in Rom.