Oliver Pötzsch
illustriert von Sibylle Hammer
Thienemann
Für meine Kinder Niklas und Lily, für die einige
dieser Geschichten einst als Betthupferl gedacht waren –
und für meine Neffen und Nichten Juri, Zeno,
Rosa, Olivia und die noch Kommenden, die sie hoffentlich
irgendwann von ihren Eltern vorgelesen bekommen.
Inhaltsverzeichnis
Willkommen in Ritter Kunos Welt! 6
Der Schatz auf der Insel 19
Turnier auf Burg Kettenstrumpf 35
Der unsichtbare Zauberer 50
Das verschwundene Zauberbuch 60
Der schwarze Drachenzahn 71
Von Trollen gefangen 82
Absturz in den Drachenbergen 96
Der ssssenssssationelle Zirkus Kettenstrumpf 108
Der große Knödelkrieg 122
Das Gespenst unter der Brücke 134
Besuch aus den Bergen 146
Feuer im Feenwald 161
Silvester auf Burg Kettenstrumpf 171
Landkarte Feenland Ost 186
Ritter Kunos Welt!
Willkommen in
Hinter dem großen Wald und den hohen Drachen-
bergen, so weit weg, dass nicht einmal Flugzeuge
und Raketen hinkommen, liegt das Feenland. In ei-
ner Ecke des Feenlands, im Feenland Ost, da wohnt
der Ritter Kuno Kettenstrumpf. Er hat eine Burg mit
einem Burggraben, mit einer Zugbrücke und vier ho-
hen Türmen. Außen herum ist der Feenwald, durch
den mitten hindurch eine Straße von der Burg in die
Stadt Waldheim führt. Dort kauft der Ritter Kuno
Kettenstrumpf immer ein. Wurst, Käse und Him-
beerlimonade und vor allem sehr viel Schokolade.
Im Feenland gibt es Elfen und Trolle, Drachen und
Räuber, böse Zauberer und liebreizende Burgfräu-
lein. Und alle erleben sie fast jeden Tag die unglaub-
lichsten Abenteuer …
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Kuno Kettenstrumpf …
… ist ein Ritter ohne Furcht und Tadel. Er liebt Schwertkämpfe,
das Burgfräulein Konstanze und Schokoladenkuchen. Mit sei-
nem Pferd Rosinante zieht er in die Welt hinaus und lehrt die
Bösewichter das Fürchten, so wie es schon sein Urgroßvater Ka-
simir Kettenstrumpf getan hat. Der größte Schatz der Ketten-
strumpfs ist die magische Silberlanze, die sich seit Urzeiten
in Familienbesitz befindet. Es heißt, sie mache unbesieg-
bar. Doch die Lanze ist verschollen, eigentlich, so lange
Kuno denken kann. Nicht nur er, sondern auch sei-
ne schlimmsten Feinde, der Räuber Rasputin und
der böse Zauberer Balduin, suchen nach ihr.
Prinz Nepomuk …
… wohnt mit Ritter Kuno auf Burg Kettenstrumpf. Er lebt im
Südflügel der Burg und besitzt einen Kleiderschrank, der so groß
wie der ganze Pferdestall ist. Nepomuk zieht sich gerne schick an
und hält sich selbst oft für den tollsten aller Prinzen, ist ansons-
ten aber ein prima Kumpel. Streitereien gibt es höchstens um
das Burgfräulein Konstanze. Nepomuk mag Konstanze nämlich
auch sehr gern, blitzt bei ihr aber ständig ab. Wenn er nicht ge-
rade mit Kuno zu Abenteuern aufbricht, düst er am liebsten mit
seinem schnellen Skateboard die Burgmauer entlang.
Burgfräulein Konstanze …
… ist schön wie ein Sonnenaufgang in den Drachenbergen und
sie ist Kunos heimliche Liebe. Irgendwann möchte sie den Rit-
ter heiraten, aber davor muss er erst einmal mit dem ständigen
Kämpfen, dem Zaubererärgern und Räuberjagen aufhören. Auf
Burg Kettenstrumpf ist Konstanze für das leibliche Wohl zustän-
dig, ihre selbst gebackenen Plätzchen sind die besten im ganzen
Feenland. Außerdem schlichtet sie so manchen Streit zwischen
den Freunden. Gerne sitzt sie auf dem Balkon ihres Turms,
kämmt ihr blondes Haar und singt mit den Nachtigallen um die
Wette.
Elf Aurin …
… ist Ritter Kunos Kampfgefährte. Gemeinsam haben sie schon
so manches gefährliche Abenteuer bestanden. Aurin wohnt in ei-
nem selbst gebauten Baumhaus am Weidensee. Mit seinen Pfei-
len trifft der Elf jedes noch so kleine Astloch, ohne dafür üben
zu müssen. Viel lieber aber spielt er auf seiner selbst geschnitz-
ten Harfe. Leider muss Kuno bei seinen Liedern oft einschlafen.
Dann ist der Elf beleidigt und zieht sich zum Schmollen in sein
Baumhaus zurück.
Zauberer Balduin …
… ist Ritter Kunos größter Feind. Der böse Zauberer hat es auf
die Silberlanze der Kettenstrumpfs abgesehen. Immer wieder
lässt er sich neue Gemeinheiten einfallen, um sie zu finden und
zu stehlen. Er weiß nämlich nicht, dass Kuno selber auf der Su-
che nach der Lanze ist. Bei seinen finsteren Plänen hilft Balduin
manchmal sein kleiner, Feuer speiender Hausdrache Gogol, den
der Zauberer als Ofen- und Kerzenanzünder abgerichtet hat. Bal-
duin wohnt in einem düsteren Schloss oben in den entlegenen
Drachenbergen.
Räuber Rasputin …
… hat einen struppigen Bart, eine Augenbinde und einen ras-
selnden Säbel. Alle haben Angst vor ihm, weil er der gefährlichs-
te Räuber des ganzen Waldes ist. Er wirkt immer sehr grimmig,
ist aber eigentlich nur fürchterlich einsam. Rasputin wohnt in
einer dunklen Höhle im Wald und lauert arglosen Reisenden an
der Straße nach Waldheim auf. Nur vor Kuno Kettenstrumpf
fürchtet er sich, weil der ihm einmal mit seinem Schwert den
Bart abrasiert hat. Das war Rasputin ziemlich unangenehm, da
er ohne Bart nämlich ziemlich harmlos aussieht.
Fee Laureana …
… ist die Herrin über den Feenwald. Sie kümmert sich um die
Pflanzen und Tiere des Waldes und braut Medizin gegen Bauch-
schmerzen und Hühneraugen. In ihrem alten Zauberbuch ste-
hen viele mächtige Zaubersprüche, die Ritter Kuno und seine
Freunde schon manches Mal gerettet haben. Meist sammelt Lau-
reana Kräuter im Wald, von denen nur sie allein weiß, wozu sie
nützlich sind.
Drache Dragobert …
… ist der größte Drache in den Drachenbergen.
Kuno hat ihn einst aus den Fängen des
Zauberers Balduin befreit. Seitdem hilft
er dem Ritter, sooft er kann. Auf seinem
bequemen Rücken fliegen die Freunde
bisweilen zu den entlegensten
Orten des Feenlands.
Adler Arthur …
… ist bekannt für seinen
Heißhunger auf Süßigkeiten.
Deswegen besucht er gerne den
Ritter auf seiner Burg und nascht
dort von Konstanzes Plätzchen, die
sie immer für ihn bereithält. Als flie-
gender Bote hat Arthur Kuno schon oft
gute Dienste erwiesen. Es gibt keinen,
der schneller und höher fliegen kann.
Die Trolle …
… sind groß wie Bäume, stark wie Riesen und dumm wie ein
Stück Fels. Man sollte sich vor ihnen aber auf alle Fälle in Acht
nehmen. Wehe dem Reisenden, der ein Stück Schokolade bei
sich hat! Schokolade lieben Trolle nämlich noch mehr als Berg-
kiesel und süßen Steinstaub.
Der Schatz auf der Insel
An einem schönen Sonntagmorgen im Frühling
beschloss der Ritter Kuno Kettenstrumpf, Frühjahrs-
putz zu machen und den finsteren Burgkeller auf-
zuräumen. Er trank seinen Morgenkakao aus, seufzte
noch einmal tief, dann ging er mit einem Riesen-
besen und einer ebenso großen Schaufel die Treppe
hinunter.
Tief und noch viel tiefer musste Kuno hinabsteigen,
vorbei an Küche, Kerkerloch und verstaubten
Weinfässern, denn der Burgkeller ist
der älteste Teil der Burg Ketten-
strumpf. Hier haben vor langer
Zeit Drachen gespielt und Spinnen,
so groß wie Fußbälle, ihre Netze
gewebt. Drachen und Spin-
nen gibt es dort unten schon
lange nicht mehr, dafür aber
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jede Menge Gerümpel. Immer, wenn der Ritter nicht
weiß, wo er ein Ding hinstellen soll, dann lagert er
es in diesem Keller. Deshalb sieht es dort unten ganz
fürchterlich aus. Es liegen alte Matratzen und Kut-
schenräder herum, rostige Schwerter, zerbroche-
ne Spiegel und kaputte Rüstungen, verstaubte Bil-
der von Kunos Urgroßvater Kasimir Ketten strumpf,
Truhen mit quietschenden Schlössern und noch vie-
les mehr.
Den ganzen Vormittag kehrte, schrubbte und putz-
te Kuno. Dazwischen machte er immer wieder lan-
ge Pausen, weil er irgendein spannendes Buch oder
einen merkwürdigen Gegenstand gefunden hatte,
von dem er nicht wusste, wozu dieser eigentlich
diente.
Gerade als Kuno ein paar leere Limonaden-
flaschen in den Mülleimer werfen wollte,
bemerkte er, dass in einer der Flaschen
ein vergilbter Zettel steckte. Vorsich-
tig zog er ihn heraus und traute
seinen Augen kaum: Der Zet-
tel war eine alte Schatz-
karte von seinem
Urgroßvater Kasimir Kettenstrumpf höchstpersön-
lich! Eine verschmierte Zeichnung befand sich da rauf,
darunter standen ein paar krakelige Buchstaben, die
Kuno im Kellerdunkel nur mit viel Mühe entziffern
konnte. Sofort schlug sein Herz schneller. Auf der
kleinen unbewohnten Insel im Weidensee war offen-
bar eine Schatztruhe vergraben!
»Hm, vielleicht ist in der Truhe ja die magische
Silberlanze«, murmelte Kuno Kettenstrumpf nach-
denklich. Der Ritter suchte die Lanze schon so lange,
wie er denken konnte, und hatte bislang geglaubt,
sein schussliger Urgroßvater habe sie bei irgend-
einem seiner vielen Abenteuer verloren. Nur noch
ein verblichenes Gemälde von Kasimir mit der Lanze
in der Hand, drüben in der Waffenkammer, zeugte
von ihrer einstigen Pracht. Was aber, wenn der alte
Kettenstrumpf die Wunderwaffe auf der Insel ver-
steckt hatte?
»Da muss ich sofort hin und nachsehen!«, rief der
Ritter.
Schnell schwang er sich auf sein Pferd Rosinante
und ritt auf der Straße nach Waldheim hin zum Wei-
densee, wo einer seiner besten Freunde, der Elf Au-
rin, wohnte. Aurin hatte sich in einer großen Weide
direkt am Ufer ein Baumhaus gebaut. Jeden Abend
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saß er dort und spielte auf
seiner Harfe Schlaflieder für
alle Tiere, die noch nicht ein-
schlafen konnten. Gerade
eben übte er ein besonders
schlafmütziges Lied, das so
müde machte, dass sogar den Fischen tags-
über die Augen zufielen.
»He, Aurin!«, rief Kuno ganz aufgeregt und
von dem langen Ritt aus der Puste. »Schau mal,
was ich gefunden habe!«
Der Elf war zuerst ein bisschen beleidigt, dass man
ihn beim Harfespielen störte, doch dann be-
trachtete er verwundert die Schatzkarte.
»Wenn die Silberlanze wirklich dort
versteckt ist, dann müssen wir sie sofort
holen, bevor der Räuber oder der Zaube-
rer davon Wind bekommen«, flüsterte
Aurin schließlich.
Kuno nickte grimmig. Er wusste, dass seine größ-
ten Widersacher nur darauf warteten, sich die Lanze
unter den Nagel zu reißen. Mit ihr wollten sie über
das gesamte Feenland herrschen und sogar der Son-
ne befehlen, wann sie auf- und unterzugehen habe.
Das durfte auf keinen Fall geschehen!
»Egal, was uns auf der Insel erwartet, wir werden