Korean Air betreibt zehn Exemplare der A380, des größten Verkehrsflugzeugs der Welt.
Das aktuelle Typentaschenbuch
Die riesigen Dimensionen der „Triple Seven“-Antriebe werden auf dieser Aufnahme einer 777-200 der Emirates Airline besonders deutlich.
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Boeing 757
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Boeing 777
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BAe Jetstream
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COMAC C919
DHC-6 Twin Otter
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Dornier 328/328JET
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Embraer ERJ-145-Familie
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Fokker 70
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Saab 340
Saab 2000
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Die französische Caravelle war eine der ersten erfolgreichen europäischen Nachkriegsentwicklungen.
Airbus Die europäische Luftfahrtindustrie hat seit dem Zweiten Weltkrieg einen Konzentrationsprozess durchlebt, der zunächst innerhalb der einzelnen Länder und in den vergangenen gut 40 Jahren auch grenzüberschreitend das Gesicht dieser Branche tiefgreifend verändert hat. Nach 1945 versuchten die Flugzeughersteller der europäischen Länder mit unterschiedlichem Erfolg, an die Vorkriegszeit anzuknüpfen. Viele der erfahrenen deutschen Konstrukteure waren mehr oder weniger freiwillig in die UdSSR oder die USA gegangen beziehungsweise in andere Länder emigriert, zumal der Flugzeugbau in ihrem Heimatland bis auf weiteres verboten war. Daher blieb das Feld in Europa größtenteils den Siegernationen Großbritannien und Frankreich überlassen. Von der Vickers Viscount mit Turbopropantrieb und dem zweistrahligen Kurzstreckenjet Sud-Est Caravelle einmal abgesehen, konnte jedoch kaum eines der Flugzeuge mit größeren Verkaufszahlen aufwarten. Das gilt auch für die in Deutschland entwickelten Passagierjets wie die 152 aus Dresden oder die in Bremen produzierte VFW 614. Deutlich erfolgreicher war der holländische Hersteller Fokker mit seiner F27-Turboprop, die nicht zuletzt dank ihrer Vielseitigkeit Käufer in aller Welt fand. Viele der anderen Entwürfe orientierten sich dagegen zu stark an den Bedürfnissen der jeweiligen nationalen Fluggesellschaften, um auch außerhalb des Heimatlandes Käufer zu finden. Entsprechend sank die Bedeutung europäischer Hersteller im Vergleich zu den großen US-amerikanischen Konzernen wie Boeing und Douglas. Nach und nach wuchs bei den Verantwortlichen in Industrie und Politik die Erkenntnis, dass die Zukunft nur in einer grenzüberschreitenden Kooperation liegen konnte. In der Tat hatte es – trotz vielfach vorhandener Animositäten – bereits einige Mut machende Beispiele erfolgreicher Zusammenarbeit gegeben, beispielsweise als Sud-Est für die Caravelle-Prototypen praktisch das Cockpit der britischen de Havilland Comet übernahm und natürlich beim Überschallprojekt Concorde.
Schon Mitte der 1960er-Jahre gab es erste Kontakte zwischen britischen, deutschen und französischen Stellen, bei denen Entwicklung und Bau eines neuen Verkehrsflugzeugs im Mittelpunkt standen. In Deutschland wurde Anfang Juli 1965 zunächst eine „Studiengruppe Airbus“ und dann am 23. Dezember desselben Jahres die „Arbeitsgemeinschaft Airbus“ gegründet, an der die damals noch selbstständigen Unternehmen Bölkow, Dornier, Messerschmitt, HFB, Siebel/ATG und VFW beteiligt waren. Im September 1967 ging daraus die Deutsche Airbus GmbH hervor, die für den deutschen Anteil an einem geplanten europäischen Passagierflugzeug, das zu jener Zeit immer konkretere Formen annahm, verantwortlich sein sollte. Auf französischer Seite wurde schließlich Sud Aviation für diese Aufgabe ausgewählt. Das staatliche Unternehmen hatte zuvor gemeinsam mit dem unabhängigen Hersteller Dassault an einem „Galion“ genannten eigenen Entwurf gearbeitet, während die ebenfalls staatliche Nord Aviation zusammen mit der privaten – und bald darauf mit Dassault fusionierten – Firma Breguet sowie mit Hawker Siddeley aus Großbritannien ein Projekt namens HBN-100 vorgelegt hatte.
Überhaupt, die Briten: Sie waren die große Unbekannte in der Airbus-Gleichung. Ursprünglich sollten sie einen 37,5-prozentigen Anteil an dem geplanten Flugzeugprogramm, das zu diesem Zeitpunkt bereits die Bezeichnung A300 trug, übernehmen. Ebenso wie die Franzosen, während für die Deutschen die restlichen 25 Prozent vorgesehen waren. Der Airbus stand und fiel mit der staatlichen Unterstützung, und die würde es von britischer Seite nur mit einem Rolls-Royce-Antrieb geben, weshalb das – allerdings erst noch zu entwickelnde – RB207 als Triebwerk für das zweistrahlige Großraumflugzeug ausgewählt wurde.
Doch Anfang 1969 verabschiedete sich die englische Seite aus dem Vorhaben. Die offizielle Begründung lautete, das geplante Programm sei letztlich aussichtslos und unrentabel. In Wirklichkeit glaubte man wohl, auf den Airbus verzichten zu können. Schließlich war das RB211 gerade als Antrieb der geplanten Lockheed TriStar ausgewählt worden, und auf der Insel hegte man damals wie heute im Zweifel eher transatlantische als europäische Ambitionen.
Dem in Deutschland entwickelten Regionalflugzeug VFW 614 war kein großer Erfolg beschieden.
Es sah ganz danach aus, als sollte das Projekt eines europäischen Großraumflugzeugs scheitern, bevor es richtig begonnen worden war, doch in diesem kritischen Moment stellten sich die Bundesregierung und speziell die Minister Franz-Josef Strauß, Karl Schiller und Klaus von Dohnanyi hinter das Programm, und am 29. Mai 1969 wurde der sogenannte „Airbus-Vertrag“ unterzeichnet. Er sah vor, dass sich Deutschland und Frankreich zu gleichen Teilen an der Entwicklung des Airbus A300 beteiligen sollten. Zu diesem Zweck wurde am 18. Dezember 1970 die Firma Airbus Industrie als Interessengemeinschaft französischen Rechts (GIE) gegründet. Anteilseigner waren die Société Nationale Industrielle Aérospatiale (SNIAS, später nur noch Aérospatiale), die aus der Fusion von Nord Aviation, Sud Aviation und SEREB hervorgegangen war, und die Deutsche Airbus, die nach der Restrukturierung der deutschen Luftfahrtindustrie in den Jahren 1968 und 1969 nur noch aus Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) und VFW-Fokker bestand. Die beiden Partner sollten als eigenständige Unternehmen bestehen bleiben und quasi als Zulieferer für Airbus Industrie fungieren, die wiederum für die Entwicklung und Vermarktung der Flugzeuge – beziehungsweise anfänglich natürlich nur der A300 – verantwortlich sein würde.
Dieses Konstrukt hatte fast genau drei Jahrzehnte Bestand, auch wenn sich die Eigentumsverhältnisse zwischenzeitlich änderten. So stieg bereits 1971 die spanische CASA mit einem 4,2-prozentige Anteil ein, und ab 1979 waren die Briten mit im Boot. Ganz draußen waren sie ohnehin nie, denn trotz des fehlenden staatlichen Rückhalts hatte sich Hawker-Siddeley als Zulieferer der Tragflächen am A300-Programm beteiligt. Nun erwarb die neu gegründete British Aerospace, in der 1978 die British Aircraft Corporation, Hawker-Siddeley und Scottish Aviation zusammengeschlossen worden waren, 20 Prozent der Anteile an Airbus Industrie; Deutsche Airbus und Aérospatiale hielten von da an noch je 37,9 Prozent.
Im Jahr 2000 fusionierten Aérospatiale-Matra, CASA und DaimlerChrysler Aerospace (Dasa), in der zwischenzeitlich praktisch die komplette deutsche Großluftfahrtindustrie aufgegangen war, zur European Aeronautic Defence and Space Company (EADS). Und ein Jahr später wurde aus dem Konsortium Airbus Industrie die Airbus S.A.S., die zu 80 Prozent der EADS und zu 20 Prozent dem British-Aerospace-Nachfolger BAE Systems gehörte. Damit war Airbus zwar endlich ein „richtiges“ Unternehmen, dem tatsächlich alle seine Werke auch gehörten, doch der Preis dafür war eine – politisch gewollte – komplizierte Führungsstruktur beim Hauptanteilseigner EADS mit jeweils zwei Vorstandsund Verwaltungsratsvorsitzenden.
Das Jahr 2006 war mit Sicherheit eines der turbulentesten in der Geschichte des europäischen Herstellers. Probleme beim Bau der A380 führten zu beträchtlichen Lieferverzögerungen, verärgerten Kunden und Verlusten in Milliardenhöhe. EADS-Chef Forgeard und der Airbus-CEO Gustav Humbert mussten ihren Hut nehmen, Humbert-Nachfolger Christian Streiff warf nach nur drei Monaten das Handtuch. Louis Gallois, bis dahin einer der beiden EADS-CEOs, übernahm zusätzlich den Chefposten bei Airbus, was eine stärkere Anbindung der Hersteller an den Mutterkonzern mit sich brachte. Eine Veränderung, die auch dadurch erleichtert wurde, dass die EADS, die seit Anfang 2014 Airbus Group bzw. seit 2. Juni 2015 Airbus Group SE heißt, im September 2006 die bis dahin von BAE Systems gehaltenen 20 Prozent an Airbus erwarb und somit zur alleinigen Eigentümerin wurde.
Mit dem Erstflug der A300 im Jahr 1972 begann die Airbus-Erfolgsgeschichte.
Nur zwölf Exemplare des riesigen Flugboots Boeing 314 wurden gebaut und an Pan Am und TWA geliefert.
Boeing Was Erfahrung im Bau von Verkehrsflugzeugen angeht, kann es wohl kein Hersteller mit Boeing aufnehmen. Seit mehr als 100 Jahren existiert das Unternehmen, das am 15. Juli 1916 von William E. Boeing, dem Sohn des in Hohenlimburg geborenen und 1868 in die USA ausgewanderten Kaufmanns Wilhelm Böing, in Seattle als Pacific Aero Products Company gegründet wurde. Als erstes Flugzeug entstand der Doppeldecker B&W, benannt nach Boeing und seinem Freund, dem Ingenieur und Marine-Offizier George Conrad Westervelt. Nur zwei Exemplare wurden gebaut, doch schon der nächste Entwurf, das Model C, stieß auf großes Interesse der US-Marine, die nach dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg 50 Serienflugzeuge bestellten. Nach Kriegsende litt das junge Unternehmen wie so viele seiner Konkurrenten unter mangelnder Nachfrage, die durch das Überangebot an gebrauchten Militärflugzeugen noch verstärkt wurde. Hätte Boeing sich in diesen Jahren das „Hobby“ Flugzeugbau nicht leisten wollen und können, wäre die Geschichte der Boeing Airplane Company, wie das Unternehmen seit 1917 hieß, zu diesem Zeitpunkt wohl beendet gewesen.
Etwa ab Mitte der 1920er-Jahre kam das Geschäft wieder in Schwung, und in der Folge wurde Boeing zu einem der wichtigsten Hersteller von Jagdflugzeugen für die Army (eine eigenständige Luftwaffe gab es damals noch nicht) und die Marine der Vereinigten Staaten. Trotz der militärischen Aufträge verlor William Boeing, der sich bereits 1922 aus dem eigentlichen Tagesgeschäft zurückgezogen hatte, den zivilen Markt nie völlig aus dem Blick, und als ab 1926 die Postbeförderung innerhalb der USA privatisiert wurde, war seine Firma mit dabei. Und zwar in Gestalt der eigens zu diesem Zweck gegründeten Boeing Air Transport (BAT), die mit dem ebenfalls speziell für diese Aufgabe entworfenen Model 40A an den Start ging. Es konnte nicht nur Post, sondern – in einer allerdings sehr beengten Kabine – auch schon Passagiere befördern, was zusätzliche Einnahmen versprach. Das nachfolgende Model 80 war dagegen von vornherein als Verkehrsflugzeug konzipiert, als Doppeldecker mit starrem Fahrwerk aber im Prinzip schon bei Indienststellung veraltet.
Das konnte von der ab 1933 gebauten Boeing 247 nicht behauptet werden, die einen stromlinienförmig gestalteten, vollständig aus Metall gefertigten Rumpf mit einem Einziehfahrwerk und bei späteren Versionen mit einem Verstellpropeller verband und als erstes wirklich modernes Verkehrsflugzeug galt.
Allerdings war sie mit Platz für nur zehn Passagiere etwas klein, und das große Geschäft machte in den Folgejahren Douglas mit den gleichfalls modernen, aber größeren Modellen DC-2 und vor allem DC-3. Auch zwei anderen zivilen Boeing-Entwürfen aus den 1930er-Jahren war kein großer kommerzieller Erfolg beschieden, obwohl sie technisch absolut auf der Höhe der Zeit waren. Von dem riesigen Flugboot 314 wurden nur zwölf Exemplare gebaut, von dem Model 307, das den Beinamen „Stratoliner“ trug und als erstes Passagierflugzeug über eine Druckkabine verfügte, gar nur zehn. Der Zweite Weltkrieg machte zunächst alle Hoffnungen auf große Verkaufszahlen zunichte. Allerdings nur, was die kommerzielle Luftfahrt betraf. Denn der „Stratoliner“ basierte auf dem Model 299, das als B-17 zu einem der berühmtesten und meistgebauten Bomber aller Zeiten werden sollte. Sein Nachfolger B-29 wiederum diente als Ausgangspunkt für das erste Boeing-Verkehrsflugzeug der Nachkriegszeit: Das Model 377 „Stratocruiser“ war zwar nicht unbedingt eine Schönheit, dennoch gelang es dem Hersteller, insgesamt 56 Exemplare zu verkaufen. Bis zu 100 Passagiere fanden in der Boeing 377, die im Unterdeck über eine Lounge verfügte, Platz.
Die Boeing 307 verfügte als erstes Verkehrsflugzeug über eine Druckkabine.
Es ist wohl eine Ironie der Geschichte, dass dieses letzte Boeing-Verkehrsflugzeug mit Kolbenantrieb rund drei Jahrzehnte später „Geburtshelfer“ für die Produkte des großen Konkurrenten Airbus spielen sollte. Die „Super Guppys“, Umbauten ausgedienter „Stratocruiser“ beziehungsweise der ähnlichen Fracht- und Tankflugzeuge C-97/KC-97, transportierten nämlich Airbus-Bauteile von den über Europa verstreuten Werken zur Endmontage nach Toulouse.
Wer nach 1945 ein Langstreckenverkehrsflugzeug suchte, kaufte es in der Regel bei Douglas oder Lockheed. Boeing spielte zu dieser Zeit – „Stratocruiser“ hin oder her – auf dem zivilen Markt keine große Rolle. Ganz anders sah das auf dem Militärsektor aus, wo der Hersteller aus Seattle mit der B-47 und der B-52 nacheinander zwei der wichtigsten Bomber des Kalten Krieges entwickelte und produzierte. Bei der B-47 verwendete Boeing zum ersten Mal stark gepfeilte Tragflächen und kombinierte sie mit den neuen Düsentriebwerken. Es schien nur folgerichtig, dieses Konzept auch auf ein Passagierflugzeug zu übertragen. 1954 stellte das Unternehmen das Model 367-80, vielfach schlicht als „Dash 80“ bezeichnet, vor – den auf eigenes Risiko gebauten Prototypen eines vierstrahligen Flugzeugs, das sowohl die veralteten KC-97-Tankflugzeuge der Air Force ablösen als auch eine neue Ära in der zivilen Luftfahrt einläuten sollte. Und so kam es dann auch. Nach diversen Modifikationen entstanden einerseits die C-135/KC-135 für die Streitkräfte und andererseits die 707, das erste in wirklich bedeutenden Stückzahlen gefertigte Düsenverkehrsflugzeug. Die Boeing 707 erlaubte ihrem Erbauer nicht nur die Rückkehr ins Zivilgeschäft, sondern legte auch den Grundstein für den Aufstieg Boeings zum wichtigsten Luft- und Raumfahrtkonzern der Welt. Eine kluge Produktpolitik, das Gespür dafür, zum richtigen Zeitpunkt das richtige Flugzeug auf den Markt zu bringen, und gelegentlich – wie bei der 747 – auch der Mut, notfalls das ganze Unternehmen aufs Spiel zu setzen, waren kennzeichnend für die folgenden Jahrzehnte, in denen nach und nach fast alle Konkurrenten die Segel streichen beziehungsweise im Falle von McDonnell Douglas unter das Dach des Boeing-Konzerns schlüpfen mussten.
Die Boeing 707 war das erste in großen Stückzahlen gebaute Düsenverkehrsflugzeug.
Allerdings unterschätzte man auch in Seattle lange Zeit die Gefahr, die auf der anderen Seite des Atlantiks in Gestalt von Airbus heranwuchs. Die Erfolge der Europäer, speziell mit der A320-Familie und dann mit dem Doppelprogramm A330/A340, schienen Boeing Ende der 1990er-Jahre zu lähmen. Mit Ausnahme der 777, die 1994 zum ersten Mal gestartet war, bestand die Produktpalette aus Flugzeugen, deren Jungfernflüge allesamt 20 oder mehr Jahre zurücklagen. Nachdem verschiedene Versuche, verbesserte Versionen von 767 und 747 aufzulegen, ebenso gescheitert waren wie das Vorhaben, mit dem „Sonic Cruiser“ einen nahezu schallschnellen und sehr futuristisch aussehenden Entwurf auf den Markt zu bringen, gelang schließlich mit der 787 der lang erhoffte Befreiungsschlag. Auch wenn das Programm mit zahllosen Problemen zu kämpfen hatte, sodass die Indienststellung der ersten Flugzeuge rund drei Jahre später als geplant erfolgte, zeigt das große Interesse der Fluggesellschaften, dass Boeing wieder einmal den „richtigen Riecher“ gehabt hatte.
Zu den interessantesten Produkten im Bombardier-Portfolio gehört das Feuerlöschflugzeug 415.
Bombardier ist in gewisser Weise ein Paradoxon, denn der kanadische Konzern ist gleichzeitig einer der ältesten wie jüngsten Flugzeughersteller der Welt. Von Joseph-Armand Bombardier im Jahr 1942 als L’Auto-Neige Bombardier Limitée gegründet, produzierte die Firma in den Anfangsjahren getreu ihrem Namen vor allem Schneemobile. Ins Luftfahrtgeschäft stieg das 1967 in Bombardier Limited umbenannte Unternehmen dagegen erst 1986 ein, 22 Jahre nach dem Tod des Firmengründers, als mit der Übernahme von Canadair der Geschäftsbereich Bombardier Aerospace ins Leben gerufen wurde. Canadair wiederum war 1944 von der kanadischen Regierung gegründet worden, um Flugboote für die Streitkräfte zu bauen, gehörte später zu General Dynamics und wurde 1976 erneut von der Regierung gekauft. Im selben Jahr übernahm das Unternehmen die Rechte an dem von Bill Lear konzipierten Widebody-Businessjet LearStar 600. Er ging als CL-600 Challenger in Serie und war nicht nur Ausgangspunkt einer ganzen Serie erfolgreicher Geschäftsreiseflugzeuge, sondern bildete auch die Basis für den Canadair Regional Jet, der ein ganz neues Marktsegment begründete und entscheidend dazu beitrug, dass Bombardier zum immerhin drittgrößten Flugzeughersteller der Welt aufstieg.
Nach der Übernahme von Canadair erwarb Bombardier in den Folgejahren weitere traditionsreiche Hersteller. Als erstes war 1989 Short Brothers aus dem nordirischen Belfast an der Reihe, einer der ältesten Flugzeugproduzenten überhaupt. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts hatten die Brüder Eustace and Oswald Short – später stieß noch Horace hinzu – mit dem Verkauf von Gasballonen den Einstieg ins Luftfahrtgeschäft gewagt, und noch vor dem Ersten Weltkrieg nahmen sie mit der Lizenzproduktion von Entwürfen der Gebrüder Wright die Herstellung von Flugzeugen auf. Das anfänglich im Südosten Englands beheimatete Unternehmen wurde seit den 1920er-Jahren des vorigen Jahrhunderts vor allem als Hersteller großer Flugboote bekannt, die unter anderem auf den Langstreckenverbindungen von Imperial Airways und deren Nachfolgerin BOAC und im Zweiten Weltkrieg bei der U-Boot-Jagd zum Einsatz kamen. 1943 wurde Shorts von der britischen Regierung übernommen und mit Harland and Wolff zur Short Brothers and Harland Ltd. fusioniert. In den 1960er-Jahren entstand im nordirischen Belfast, wo nach Kriegsende sämtliche Aktivitäten konzentriert worden waren, die Shorts Skyvan, ein klobiges, aber nichtsdestotrotz – oder gerade deswegen – erfolgreiches Frachtflugzeug, aus dem später mit den Modellen 330 und 360 zwei Regionalflugzeuge hervorgehen sollten.
1977 änderte der Hersteller seinen Namen wieder in Short Brothers. Sieben Jahre später wurde das Unternehmen nach dem Verkauf der letzten Regierungsanteile privatisiert und 1989 schließlich von Bombardier übernommen. Eigene Flugzeuge entstanden seither nicht mehr in Belfast, aber Shorts war innerhalb von Bombardier Aerospace nach wie vor wichtiger Lieferant von Komponenten für diverse Regionalflugzeug- und Businessjet-Programme, fertigte aber auch Teile für andere Hersteller.
Bombardier ist sehr erfolgreich im Bereich der Geschäftsluftfahrt aktiv und produziert unter anderem den Learjet 70.
Nur ein Jahr nach Shorts wurde auch Learjet Teil von Bombardier Aerospace. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Businessjet-Hersteller aus Wichita im US-Bundesstaat Kansas, dessen Name zum Synonym für geschäftlich genutzte Flugzeuge geworden ist, bereits eine bewegte Karriere mit diversen Eigentümern hinter sich. Ende der 1950er-Jahre von William P. Lear als Swiss American Aviation Corporation in der Schweiz gegründet, zog das Unternehmen 1962 nach Wichita um und wurde im darauf folgenden Jahr in Lear Jet Corporation umbenannt. Ebenfalls 1963 startete der erste von vielen Learjets, der Prototyp des Model 23, zu seinem Jungfernflug. 1966 änderte der Hersteller seinen Namen in Lear Jet Industries Inc., nur um ein Jahr später mehrheitlich von der Gates Rubber Company übernommen zu werden. 1969 zog sich der Firmengründer Bill Lear zurück, und der Hersteller firmierte fortan als Gates Learjet. In den Folgejahren entstand eine ganze Reihe neuer Learjets, auch wenn die Fertigung zwischen 1984 und 1986 kurzzeitig komplett eingestellt wurde. 1987 wechselte erneut der Besitzer; dieses Mal kaufte Integrated Acquisitions den Hersteller, dessen Name im darauf folgenden Jahr in Learjet Corporation geändert wurde. 1990 schließlich erweiterte Bombardier die eigene Produktpalette durch die Übernahme von Learjet und wurde damit zu einem der bedeutendsten Hersteller von Businessjets weltweit.
Komplettiert wurde die „Sammlung“ 1992, als Bombardier auch noch de Havilland Canada erwarb. 1928 als Ableger der britischen de Havilland Aircraft ins Leben gerufen, produzierte das Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg eine ganze Reihe von erfolgreichen und bekannten Eigenentwicklungen. Modelle wie DHC-2 „Beaver“, DHC-3 „Otter“ oder DHC-6 „Twin Otter“ fanden aufgrund ihrer Vielseitigkeit und Robustheit, die ihren Einsatz auch in unzugänglichen Gebieten und unter rauen Bedingungen gestatteten, viele Käufer.
Waren die ersten Entwürfe vorrangig für die Streitkräfte oder die Buschfliegerei gedacht, wurde die „Twin Otter“ bereits – nicht nur, aber auch – als Verkehrsflugzeug konzipiert. Die nachfolgenden Modelle DHC-7 (Dash 7) und Dash 8 waren dagegen von vornherein für diese Rolle vorgesehen, allerdings wurde nur die Dash 8 auch weiterhin produziert, nachdem de Havilland Canada 1988 von Boeing übernommen worden war. Daran änderte sich auch nichts, als der US-Hersteller seine Neuerwerbung bereits 1992 an Bombardier weiterveräußerte. Diese Aufkäufe haben aus einem Unternehmen, das bei seiner Gründung mit Luftfahrt nichts am Hut hatte, einen der bedeutendsten Hersteller von Flugzeugen für die Verkehrs- und Geschäftsluftfahrt gemacht. Dabei hat sich Bombardier keinesfalls auf den Lorbeeren der eingegliederten Firmen ausgeruht, sondern die Produktpalette kontinuierlich erweitert. So wurde das Feuerlöschflugzeug CL-215, ursprünglich von Canadair produziert, zur Bombardier 415 mit Turboprop-Triebwerken und moderner Avionik weiterentwickelt. Bei den Businessjets deckt man mittlerweile fast das komplette Spektrum ab, und im Regionalbereich kamen auf Turbopropseite die Q400 sowie bei den Jets CRJ700, CRJ900 und CRJ1000 hinzu.
Allerdings hat die seit geraumer Zeit praktisch nicht mehr existente Nachfrage nach „klassischen“ 50-sitzigen Regionaljets Bombardier als Pionier in diesem Segement besonders stark getroffen. Zumal sie nicht durch entsprechende Stückzahlen bei den 70- und 90-Sitzern und das wieder wachsende Interesse an Turboprop-Regionalflugzeugen kompensiert werden konnte. Da half es auch nicht, dass der kanadische Hersteller mit der CSeries den Einstieg in den Markt der Standardrumpf-Passagierflugzeuge wagte. Folgerichtig trennt man sich ab Ende 2017 zunächst von der CSeries, dann von der Q400 und schließlich auch von der CRJ-Serie, so dass die am 2. Mai 2019 in Bombardier Aviation umbenannte Luftfahrtsparte des Bombardier-Konzerns künftig ausschließlich Geschäftsreiseflugzeuge herstellen wird.
Die Regionaljets der CRJ-Baureihe werden auch nach dem Verkauf des Programms an Mitsubishi in Montreal endmontiert.
Die EMB 120 mit Turboprop-Antrieb wurde von Anfang an für den zivilen Markt konzipiert.
Embraer Die Geschichte Embraers ist der beste Beweis, dass ein Neuling nur mit massiver staatlicher Unterstützung Aufnahme in den Kreis der etablierten Flugzeughersteller finden kann. Sie ist aber auch ein Musterbeispiel dafür, wie ein ehemals staatliches Unternehmen erfolgreich – und allem Anschein nach dauerhaft erfolgreich – privatisiert werden kann. Die Fliegerei hat in Brasilien Tradition. Nicht nur, weil mit Alberto Santos-Dumont einer der ersten Flugpioniere aus dem südamerikanischen Land stammte. So wurden in den 1920er-Jahren mit deutscher Unterstützung erste Fluggesellschaften gegründet, mit deren Hilfe die riesigen Entfernungen zwischen den Städten entlang der Atlantikküste innerhalb von Stunden statt wie zuvor innerhalb von Tagen oder Wochen zurückgelegt werden konnten. Eine eigene Luftfahrtindustrie gab es zu jener Zeit noch nicht in Brasilien, doch das sollte sich spätestens im Jahr 1953 mit der Gründung eines nationalen militärischen Forschungszentrums für Luft- und Raumfahrt (CTA) ändern. In den Folgejahren entstanden, speziell unter Federführung des zugehörigen Forschungs- und Entwicklungsinstituts IPD (heute IAE) mehrere Flugzeug- und Hubschrauberprojekte, die zwar allesamt nicht kommerziell umgesetzt wurden, aber dem Land wichtiges Know-how vermittelten.
Ab 1965 wurde beim IPD ein zweimotoriges Flugzeug mit Turboprop-Antrieb entwickelt, das den Namen Bandeirante trug und 1968 zum ersten Mal flog. Für die industrielle Produktion wurde – auch mangels privater Interessenten – im Juli 1969 vom Luftfahrtministerium die Firma Embraer (Empresa Brasileira de Aeronáutica S.A.) gegründet.
Im Januar des folgenden Jahres nahm das junge Unternehmen die Arbeit auf, und 1971 schließlich lief die Serienfertigung der EMB 110 Bandeirante an. Die ersten Exemplare gingen im Februar 1973 an die brasilianische Luftwaffe, aber bereits wenig später setzten auch die heimischen Fluggesellschaften Transbrasil und VASP das neue Regionalflugzeug ein. Erste Exporte folgten 1977. Bereits 1974 hatte Embraer ein Abkommen mit Piper über die Lizenzfertigung diverser ein- und zweimotoriger Modelle unterzeichnet, und im Oktober 1976 startete die EMB 121 Xingu, ein zweimotoriges Geschäftsreiseflugzeug mit Turbopropantrieb und die erste wirklich eigenständige Embraer-Entwicklung, zu ihrem Jungfernflug. 1980 schließlich begannen die Arbeiten an der EMB 120 Brasilia, die anders als die Bandeirante von vornherein ausschließlich auf den zivilen Markt ausgerichtet war und vor allem in Nordamerika, wohin 1985 auch die ersten Auslieferungen erfolgten, sehr populär wurde. Parallel zu diesen kommerziellen Erfolgen sorgte auch der brasilianische Staat für das Wohlergehen seines wichtigsten Flugzeugherstellers. So wurde ihm die Fertigung der anderweitig entwickelten Modelle Urupema (ein Segelflugzeug) und Ipanema (ein Sprühflugzeug für die Landwirtschaft, das auch heute noch produziert wird) ebenso übertragen wie die Lizenzproduktion des italienischen Militärtrainers MB-326. Ab 1981 verschaffte das mit den Firmen Aeritalia und Aermacchi (beide aus Italien und heute Teil des Leonardo-Konzerns) entwickelte Kampfflugzeug AMX Embraer Zugang zu neuesten Technologien, die sich später als nützlich erweisen sollten.
Embraers Hauptwerk liegt in São José dos Campos, eine gute Stunde von São Paulo entfernt.
Zunächst musste Embraer jedoch die größte Krise der Unternehmensgeschichte überstehen. Der Kalte Krieg, der immer wieder für Nachfrage nach Militärflugzeugen gesorgt hatte, ging zu Ende, gleichzeitig kürzte die Regierung – nicht zuletzt aufgrund der leeren Staatskasse – die Unterstützung, so dass es Embraer an finanziellen Mitteln für die Entwicklung des geplanten 50-sitzigen Regionaljets EMB-145 fehlte. Die Zahl der Mitarbeiter sank innerhalb kürzester Zeit von fast 14.000 auf unter 10.000, und die Zukunft des Flugzeugherstellers war mehr als ungewiss. Das änderte sich 1994, als im Zuge der Privatisierung mehrere Finanzinstitute und Pensionsfonds die Mehrheit an dem Unternehmen übernahmen und mit Mauricio Botelho ein erfahrener Geschäftsmann, der seinen Mangel an Luftfahrterfahrung durch seinen Elan und sein Verkaufstalent mehr als wettmachte, das Ruder in die Hand nahm. Nachdem sich eine Reihe von Zulieferern als Risikopartner an der Entwicklung beteiligt hatten, konnte auch die Finanzierung der EMB-145 (später ERJ 145) auf solide Beine gestellt werden, und der Verkaufserfolg des zur exakt richtigen Zeit auf den Markt kommenden Regionaljets etablierte Embraer endgültig in der Spitzengruppe der Flugzeughersteller.
Eine Position, die das Unternehmen in den Folgejahren geschickt zu festigen verstand. Beispielsweise 1999 durch den Einstieg einer Gruppe französischer Luftfahrtunternehmen, darunter Aerospatiale, Dassault und Snecma, die 20 Prozent der Aktien übernahmen. Im selben Jahr wurde die Entwicklung einer komplett neuen Familie von Flugzeugen für zwischen 70 und 118 Passagieren angekündigt (die „E-Jets“ Embraer 170, 175, 190 und 195), und 2000 folgte der Einstieg in die Geschäftsluftfahrt, als der Businessjet Legacy auf Basis der ERJ 135 vorgestellt wurde. Mit der Präsentation der Neuentwicklungen Phenom 100 und 300 im Jahr 2005, der Lineage 1000 (eine modifizierte Embraer 190) zwölf Monate später und dann der Legacy 450 und 500 im Jahr 2008 wurden diese Aktivitäten noch ausgebaut. Diese Ausweitung des Produktportfolios, dank der das Unternehmensschicksal nicht mehr einzig von der Entwicklung eines Marktsegments abhängig ist, die Einrichtung einer zweiten ERJ-145-Endmontagelinie im Rahmen eines Joint Ventures mit der chinesischen AVIC I, der Einstieg beim portugiesischen Hersteller OGMA und eine Vereinfachung der Aktienstruktur im Frühjahr 2006 sollten Garanten dafür sein, dass Embraer auch in Zukunft eine gewichtige Rolle im (Verkehrs-)Flugzeugbau spielt. Doch der Einstieg von Airbus in Bombardiers CSeries-Programm änderte die Situation in der Branche grundlegend, und es kam zu Gesprächen zwischen Boeing und Embraer über eine Zusammenarbeit. Schließlich wurde 2018 die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens beschlossen, in das Embraer seine Verkehrsflugzeug-Baureihen einbringen und an dem der brasilianische Hersteller 20 Prozent der Anteile halten sollte. Doch im April 2020 kündigte Boeing überraschend die Vereinbarung, und Embraer muss sich einen neuen Partner suchen.
Die E-Jets: Embraer 170, 175, 190 und 195 bieten Platz für zwischen 70 und 118 Passagiere.