herausgegeben von Wulf Bertram

Johann Caspar Rüegg

Die Herz-Hirn-Connection

Wie Emotionen, Denken und Stress unser Herz beeinflussen

Prof. Dr. med. Johann Caspar Rüegg, Ph. D.

Haagackerweg 10

69493 Hirschberg

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Besonderer Hinweis:

Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben, insbesondere zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren, immer nur dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches entsprechen können. Hinsichtlich der angegebenen Empfehlungen zur Therapie und der Auswahl sowie Dosierung von Medikamenten wurde die größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichwohl werden die Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Fragliche Unstimmigkeiten sollten bitte im allgemeinen Interesse dem Verlag mitgeteilt werden. Der Benutzer selbst bleibt verantwortlich für jede diagnostische oder therapeutische Applikation, Medikation und Dosierung.

In diesem Buch sind eingetragene Warenzeichen (geschützte Warennamen) nicht besonders kenntlich gemacht. Es kann also aus dem Fehlen eines entsprechenden Hinweises nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Das Werk mit allen seinen Teilen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert werden.

© 2013 by Schattauer GmbH, Hölderlinstraße 3, 70174 Stuttgart, Germany

E-Mail: info@schattauer.de

Internet: www.schattauer.de

Printed in Germany

Lektorat: Volker Drüke, Münster

Umschlagabbildung: © i3alda – Fotolia.com

Umschlaggestaltung: Medienfabrik, Hölderlinstraße 38, 70174 Stuttgart

Satz: am-productions GmbH, Wiesloch

Druck und Einband: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten/Allgäu

ISBN 978-3-7945-2882-0

Für meine Familie

Vorwort

Ein tiefer Blick ins Herz: Wahrhaftig, das ist das Innere meines Herzens, das sind die Herzhöhlen und die Herzklappen, was ich auf dem Bildschirm des modernen 3-D-Echokardiographen erkenne. Im Sekundentakt – oder noch etwas schneller – gehen die Klappen auf und zu, die muskulösen Herzwände bewegen sich kräftig und regelmäßig. So also schlägt mein Herz nun seit über 82 Jahren – rastlos und bisher etwa 3 Milliarden Mal. „Ihr Herz ist gesund“, sagt der Kardiologe, und das erfüllt mich mit großer Dankbarkeit und – Ehrfurcht, aber auch mit Respekt vor den Leistungen der Medizin. Unwillkürlich fallen mir auch die kontraktilen Proteine ein, diese winzigen molekularen Motoren in den Herzmuskelzellen, die mein Herz unermüdlich bewegen. Dem Studium der Funktionsweise und Regulation dieser Nanomotoren habe ich Jahrzehnte meines Forscherlebens gewidmet.

Das Herz des Menschen ist aber nicht nur eine außerordentlich leistungsfähige und langlebige „Pumpe“, es ist auch ein sensibles Organ, das auf unser seelisches Erleben reagiert. Mehr als jedes andere Organ unseres Körpers repräsentiert es den Einfluss des Psychischen auf das Somatische. So wurde das Herz in vielen Kulturen zum Symbol für die Seele, was in Mythen und Märchen, in Gedichten und Liedern, aber auch in unzähligen Redewendungen zum Ausdruck kommt – und dies nicht nur, wenn wir jemandem „aus dem Herzen sprechen“. Gedanken und Gefühle können im wahrsten Sinne „zu Herzen gehen“. So bleibt uns „vor Schreck fast das Herz stehen“, und bei Trauer wird einem „schwer ums Herz“. Stress kann den Blutdruck erhöhen. Zwischen Herzinsuffizienz und Depression besteht ein gut erforschter Zusammenhang, und Trauer kann tatsächlich ein „Broken-Heart-Syndrom“ hervorrufen. Kurz, das menschliche Herz ist mit der Psyche aufs Engste verbunden – und natürlich mit ihrem materiellen Träger, dem Gehirn. Die „Herz-Hirn-Connection“ ist deshalb auch das zentrale Thema dieses Buches, das sich als roter Faden durch fast alle Kapitel zieht.

Auf das einführende Kapitel „Herz und Seele“ folgt eine kurze Synopsis der Anatomie und Physiologie des gesunden und kranken Herzens – eine, wie ich glaube, auch für medizinische Laien verständliche Betriebsführung. Wer schon mit der Architektur, der Feinstruktur und den Funktionen des zentralen Kreislauforgans weitgehend vertraut ist, wird vermutlich direkt zu den psycho-(neuro-)kardiologischen Kapiteln springen. Sie stehen in einem inneren Zusammenhang, können aber auch einzeln gelesen werden. Meine Ausführungen sollen darlegen, wie Emotionen und unser Geist („mind“) – unser Gehirn – die Gesundheit von Herz und Kreislauf beeinflussen können und umgekehrt. Heute verstehen wir beispielsweise bis ins molekulare Detail, auf welche Weise Trauer die Symptome des „gebrochenen Herzens“ erzeugt und was dabei im Gehirn geschieht. Die Psychosomatik des Herzens ist also eine Disziplin, die auch naturwissenschaftlichen Ansprüchen genügen kann.

Das war nicht immer so. Viktor von Weizsäcker und andere berühmte Pioniere der Psychosomatik waren der Meinung, in der „Organsprache“ des Körpers drückten sich verdrängte seelische Konflikte, Nöte und Wünsche aus, und körperlichen Symptomen und Krankheiten, auch Herzerkrankungen, wurde deshalb Symbolcharakter zugeschrieben. „Krankheit als Symbol“ wurde zum Schlagwort. Wie viele meiner Züricher Kommilitonen hat mich als Medizinstudent von Weizsäckers Anthropologie („Der kranke Mensch“) begeistert. Das änderte sich jedoch unter dem Einfluss meines Doktorvaters, des großen Physiologen, Psychophysiologen und Hirnforschers Walter Rudolf Hess (1881–1973, Nobelpreis 1949). Ich wurde Muskelforscher; später widmete ich mich vor allem der Erforschung der Muskulatur des Herzens und ihrer Regulation. Dass dabei auch Emotionen – Gemütsbewegungen – eine zentrale Rolle spielen, wusste schon William Harvey (1578–1652), der Entdecker des Blutkreislaufs. Harvey schrieb: „Jede Gemütserregung, die entweder von Schmerz oder Lust, Hoffnung oder Furcht begleitet wird, ist die Ursache einer Erregung, deren Einfluss sich bis auf das Herz erstreckt“ (s. Kap. 1). Unser Herz ist eine sehr sensible Pumpe!

Wie schon in „Mind & Body“ möchte ich mit meinen Essays einen Beitrag zur Überbrückung der Kluft zwischen einer rein somatisch orientierten Medizin und einem „ganzheitlichen“, psychosomatischen Krankheitsverständnis leisten. Diesem Buch liegt ein intensives Studium des ausgezeichneten, von Christoph Herrmann-Lingen und Kollegen herausgegebenen Werkes „Psychokardiologie“ zugrunde; die einschlägige Fachliteratur konnte ich bis Ende 2011 berücksichtigen und außerdem auf Teile von zwei meiner 2010 in der „Frankfurter Rundschau“ veröffentlichten Aufsätze zurückgreifen. Für wertvolle Literaturhinweise und Kommentare danke ich Kollegen und Kolleginnen, insbesondere Michael Feld, Peter Heinl, Isabel und Arnt Kristen, Gabriele Pfitzer, Gerd Rudolf, Marcus Schaub und, nicht zuletzt, Heiner Schirmer für seine Anregungen und die hilfreichen Gespräche. Ebenso gilt mein großer Dank Wulf Bertram und seinem Team vom Schattauer Verlag, Petra Mülker, Alina Piasny und Franziska Billmann sowie Volker Drüke, für die hervorragende kreative Zusammenarbeit. Meinem Sohn Christian bin ich, wie immer, für den IT-Support dankbar. Und vor allem danke ich meiner Frau Elvi – unserer Familie ist dieses Buch gewidmet – von ganzem Herzen.

Hirschberg, im Herbst 2012     Johann Caspar Rüegg

Inhalt

1 Herz und Seele

Eine Einführung

2 Zur Biologie des Herzens

Eine Tour d’Horizon

3 Was das Herz antreibt

Kalzium & Co.

4 Die sensible Pumpe

Wie Emotionen das Herz erschüttern

5 Herzattacken

Stress und Ärger gehen zu Herzen

6 Bluthochdruck und Stress

Gesundheit beginnt im Kopf

7 Herzschwäche und Depression

Warum Bewegung guttut

8 Funktionelle Herzbeschwerden

Wenn das Herz schmerzt und der Arzt „nichts“ findet

Personenverzeichnis

Sachverzeichnis

Die von Wulf Bertram herausgegebene Reihe „Wissen & Leben“ vereint eine Kollektion ebenso unterhaltsamer wie anspruchsvoller Essays aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Naturwissenschaft und Naturphilosophie. Wissenschaftler von internationaler Reputation vermitteln mit Engagement (und offensichtlichem Vergnügen beim Schreiben!) die faszinierenden Ergebnisse moderner Forschung und Theoriebildung.

Die bisher erschienenen Bände der Reihe:

Thomas Bergner:

Unsere Gefühle – Die Sprache des Selbst

Hans Biedermann:

Die Drillinge des Doktor Freud

Valentin Braitenberg:

Das Bild der Welt im Kopf – Eine Naturgeschichte des Geistes Information – der Geist in der Natur

Carsten Bresch:

Evolution – Was bleibt von Gott?

Alois Burkhard:

Achtsamkeit – Entscheidung für einen neuen Weg

Peter Fiedler:

Verhaltenstherapie mon amour – Mythos, Fiktion, Wirklichkeit

Heinz Hilbrecht:

Meditation und Gehirn – Alte Weisheit und moderne Wissenschaft

Reinhart Lempp:

Generation 2.0 und die Kinder von morgen – aus der Sicht eines Kinder- und Jugendpsychiaters

Michael Metzner:

Achtsamkeit und Humor

Jürgen G. Meyer:

Darwin, Mendel, Lamarck & Co. – Die Partitur der Evolution zum Homo sapiens

Johann Caspar Rüegg:

Mind & Body – Wie unser Gehirn die Gesundheit beeinflusst

Die Herz-Hirn-Connection – Wie Emotionen, Denken und Stress unser Herz beeinflussen

Manfred Spitzer:

Aufklärung 2.0 – Gehirnforschung als Selbsterkenntnis

Dopamin & Käsekuchen – Hirnforschung à la carte

Nichtstun, Flirten, Küssen – und andere Leistungen des Gehirns

Imitieren, Kommunizieren, Korrumpieren – Das (un)soziale Gehirn

Manfred Spitzer und Wulf Bertram:

Hirnforschung für Neu(ro)gierige – Braintertainment 2.0